Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1033960.pdf
Größe
314 kB
Erstellt
12.08.15, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 13:37
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Verwaltungsstandpunkt Nr. VI-A-01425-VSP-001
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Bestätigung
Verwaltungsausschuss
2. Lesung
Ratsversammlung
16.09.2015
Beschlussfassung
Eingereicht von
Oberbürgermeister
Betreff
Stadtwerke Leipzig GmbH aktiv gegen Subventionen für britisches Atomkraftwerk
Hinkley Point C
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
Zustimmung
x
Nachteilig für die Stadt Leipzig.
x Ablehnung zu 2.
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
Alternativvorschlag zu 1.
Sachstandsbericht
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
Seite 1/5
Zu 1. : Alternativvorschlag
Der Stadtrat der Stadt Leipzig spricht sich vor dem Hintergrund klimaschutzpolitischer
Zielstellungen gegen die staatlichen Subventionen für den Bau des britischen
Atomkraftwerks Hinkley Point C aus.
Eine Aufforderung des Stadtrates der Stadt Leipzig an die Stadtwerke Leipzig GmbH, sich öffentlich
gegen die Subventionen für den Bau der beiden zusätzlichen Meiler in Hinkley Point C zu
positionieren, könnte formal nur mittels Gesellschafterweisung und mittelbar über die LVV erfolgen.
Dies, bzw. ein etwaiger Beitritt zur Klage anderer Institutionen oder Unternehmen sollte jedoch vor
folgendem Hintergrund nicht erfolgen:
In kommunalpolitischer Hinsicht unterliegt die Stadtwerke Leipzig GmbH einem Neutralitätsgebot. In
Ausdruck dessen hat sich die Stadtwerke Leipzig GmbH wiederholt im Zusammenhang mit Fragen
der nationalen Energiewende auch für den sogenannten Erzeugungsmix ausgesprochen und keine
expliziten Brennstoffpräferenzen geäußert. Vor dem Hintergrund, dass die Stadtwerke Leipzig
GmbH von nationaler und EU-rechtlicher Normsetzung bzw. Gesetzgebung im Energiebereich nicht
unmaßgeblich abhängt, ist die Beibehaltung einer politischen Neutralität der Stadtwerke Leipzig
GmbH als nur ein Akteur des Energiemarktes in Europa insgesamt empfehlenswert. Alternativ bleibt
es natürlich dem Stadtrat unbenommen, sich in Bezug auf diesen Sachverhalt selbst. Z.B. in Form
des Alternativvorschlages) zu positionieren.
Zu 2.: Ablehnung
Für einzelne kommunale Unternehmen ist es nicht sinnvoll, sich an Klagen gegen EU-Entscheidungen zu beteiligen, die sie nicht direkt nachweislich betreffen und zudem auch nicht seitens der
jeweiligen nationalen Regierungen und/oder zumindest Branchen-Spitzenverbände insge-samt
flankiert werden. Dies ist im vorliegenden Fall weder seitens der Bundesregierung noch seitens der
kommunalen Spitzen- oder Branchenverbände erfolgt bzw. angedacht. Zur diesbe-züglichen
Hintergrundinformation der Erörterungen auf Bundesebene sei auf Anlage 1 verwiesen.
Die mit einem Beitritt zur Klage bzw. aktiven Unterstützung derselben verbunden Risiken für die SW
Leipzig und/oder die Stadt sollten vor dem Hintergrund der aktuellen Sachlage nicht eingegangen
werden:
Die Ausgestaltung der Energieversorgung eines EU-Mitgliedstaates ist diesem selbst überlassen –
sofern damit nicht nachweislich gegen bestehendes EU-Recht verstoßen wird. Letzteres wird im
vorliegenden Fall seitens mehrerer Institutionen, Mitgliedsstaaten und Unternehmen mit Sitz
innerhalb der EU in Zweifel gezogen und eine höchstrichterliche Überprüfung der zugrundeliegenden Entscheidung der EU-Kommission angestrebt. Die Bewilligungsentscheidung der EUKommission vom 08.10.2014 für staatliche Beihilfen in obigem Zusammenhang beruht auf Art. 288
Abs. 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Es handelt sich um
eine Entscheidung, welche an einen bestimmten Adressaten gerichtet ist und nur für diesen
verbindlich ist.
Will ein Unternehmen, das nicht unmittelbarer Adressat einer Kommissions-entscheidung ist, gegen
eine solche Entscheidung gerichtlich vorgehen, muss es nachweisen, dass es unmittelbar und
individuell von dieser Entscheidung betroffen ist. Die Entscheidung muss formell das Unternehmen
wegen bestimmter Eigenschaften oder besonderer, aus dem Kreis aller übrigen Akteure
heraushebender Umstände berühren und daher in ähnlicher Weise individualisierbar sein wie beim
Adressaten selbst. Eine Darlegung pauschaler Gründe und/oder potentieller Folgen reicht hier nicht
aus. Die Nachweisführung dürfte nur schwerlich gelingen.
Seite 2/5
Seitens der Stadtwerke Leipzig liegen diesbezüglich keine konkreten unternehmensbezogenen
Indikationen vor. Die Stadtwerke Leipzig waren weder in das Bewilligungsverfahren der EUKommission involviert, noch können die Folgen aus der EU-Kommissionsentscheidung
unternehmens-bezogen quantitativ und qualitativ abgeschätzt werden. Dementsprechend besteht
das Risiko, dass im Falle einer Klage des SW-Leipzig in diesem Zusammenhang, andere rechtliche
Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft in Deutschland, die durchaus auch Vorteile für die
Stadtwerke Leipzig beinhalten (z.B. EEG), von anderen Marktakteuren aus anderen EU-Ländern
angegriffen würden. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Gegenzug
einzelfallbezogen Finanzbeziehungen zwischen öffentlicher Hand und ihren Unternehmen auch in
Deutschland bzw. vor Ort im Detail Gegenstand EU-rechtlicher Überprüfungen werden können.
Dieses Risiko sollte Leipzig vermeiden.
Zwischenzeitlich hat die Republik Österreich Klage eingereicht. Im Gegenzug hat die britische
Regierung bereits angekündigt, Subventionen in Österreich an staatliche Unternehmen einer
gesonderten Bewertung unterziehen zu wollen und angedeutet, diese bzw. deren Zustandekommen
und Rechtmäßigkeit ebenfalls auf EU-Ebene überprüfen zu lassen.
Im Ergebnis können Rechtsunsicherheiten im Markt und nicht gewollte Folgewirkungen im
Zusammenhang mit der Finanzierung öffentlicher Unternehmen in klageführenden Mitgliedsländern
und/oder Städten nicht ausgeschlossen werden. Eine aktive Rolle der Stadtwerke Leipzig in diesem
Zusammenhang sollte, nicht zuletzt vor diesem Hintergrund, wohl überlegt sein und wird nicht
empfohlen. Der Verlauf der Klage der Republik Österreich bzw. der Sammelklage gegen die
Subventionsentscheidung der EU-Kommission sollte abgewartet werden. Ein Ratsbeschluss mit
Gesellschafterweisung für einen Streitbeitritt der Stadtwerke Leipzig GmbH zur Sammelklage ist vor
dem geschilderten Hintergrund und damit zudem ggf. zudem zu erwartenden Prozess- und
Gerichtskosten, nicht zu empfehlen.
Anlagen (2)
Seite 3/5
Hintergrundinfos
Hinkley Point C
Das Kernkraftwerk Hinkley Point liegt an der Südwestküste von England in der Grafschaft
Somerset. Zusätzlich zu den seit 1965 bestehenden Anlagen Hinkley Point A (stillgelegt) und
Hinkley Point B (in Betrieb) sollen mit dem Kraftwerksblock C zwei weitere Reaktoren entstehen.
Mit dem Bau sind die französische Firma Électricité de France (EDF), zwei chinesische Partner
(China General Nuclear Power sowie China National Nuclear Group und der Kraftwerksbauer
Areva beauftragt. Die gesamten Kosten des Projekts belaufen sich laut EU-Kommission auf
umgerechnet etwa 43 Milliarden Euro.
Hinkley Point C wäre das erste AKW-Bauprojekt in Großbritannien seit mehr als 20 Jahren und
der erste Reaktorneubau in Europa seit der Katastrophe von Fukushima, Das AKW Hinkley
Point C soll planmäßig 2023 ans Netz gehen und rund 60 Jahre laufen. Die zwei Reaktoren vom
Typ EPR („Europäischer Druckwasserreaktor“) sollen eine Gesamtleistung von 3.260 Megawatt
haben und damit sieben Prozent der britischen Elektrizitätsproduktion abdecken. In Frankreich
und Finnland sind derzeit Reaktoren des gleichen Typs im Bau, die aber erhebliche
Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen verzeichnen.
Die britische Regierung plant, für jede Kilowattstunde Atomstrom aus Hinkley Point C eine
garantierte Vergütung von umgerechnet knapp 11 Cent zu zahlen – plus Inflationsausgleich für
35 Jahre. Diese garantierte Vergütung ist rund dreimal so hoch wie der Marktpreis. Sie ist
bereits ohne Inflationsausgleich deutlich höher als die deutsche EEG-Vergütung für Strom aus
Windkraft- oder großen Photovoltaikanlagen. Neben der Garantievergütung verspricht der
britische Staat eine Kreditbürgschaft, um die Finanzierungskosten für den AKW-Bau zu senken.
Insgesamt belaufen sich die geplanten britischen Beihilfen für Hinkley Point C, ohne die das
Projekt nicht finanzierbar wäre, auf umgerechnet 22 Milliarden Euro. Ohne diese massive
Subventionierung wäre der Bau von Atomkraftwerken nicht möglich.
Auswirkungen von Hinkley Point C auf den deutschen Strommarkt
Wegen der hohen Förderung kann Hinkley Point C seinen Strom äußerst günstig anbieten und
sogar bei negativen Marktpreisen Gewinne erzielen. Als Folge sinkt der Strompreis sowohl in
Großbritannien als auch – durch grenzüberschreitenden Stromtransfer und -handel innerhalb
der EU – in Deutschland. Laut Gutachten würde, je nach Ausbau der grenzüberschreitenden
Leitungskapazitäten zwischen den EU-Staaten, der durchschnittliche deutsche
Großhandelspreis für Strom allein durch den Betrieb von Hinkley Point C zwischen 10 und 30
Cent pro Megawattstunde sinken. In der Spitze sinkt der Preis demnach sogar um 40 Cent.
Dieser Preiseffekt hat Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von
engagierten Ökostromanbietern in Deutschland und läutet nach Einschätzung der Kanzlei
Becker Büttner Held auch wegen des „Blueprint“- Effekts das Ende des Strombinnenmarktes
ein. Denn im Gegensatz zu Versorgern, die Graustrom an der Börse beschaffen, sinken die
Beschaffungskosten dieser Anbieter, die ihren Strom in der „Sonstigen Direktvermarktung“ zu
fixen Preisen direkt bei den Anlagenbetreibern einkaufen, nicht. Dieser Wettbewerbsnachteil
kann im Fall von Greenpeace Energy insgesamt eine bis zu sechsstellige Summe ausmachen.
Seite 1 von 2
Hinkley Point C wird auch Folgen für das EEG-Umlagesystem in Deutschland haben. Denn
dieses deckt die Differenzkosten, die sich aus der EEG-Förderung einer Ökostromanlage und
dem Verkaufswert des Stroms an der Börse ergeben. Je niedriger die Marktpreise, zu denen
eine EEG-Anlage ihren Strom vermarkten kann, desto mehr erhöhen sich die Differenzkosten,
die auf die Letztverbraucher umgelegt werden und durch diese zu tragen sind.
Der Preiseffekt durch Hinkley Point C dürfte das EEG-Konto deshalb jedes Jahr mit
Millionenbeträgen belasten, in der Spitze bis zu 17 Millionen Euro in einem Jahr. Folge ist eine
leichte, aber spürbare Erhöhung der EEG-Umlage für alle Verbraucher. Auch wenn bei der
Strompreisbildung noch weitere Effekte zu beachten sind, ist aus Sicht von Greenpeace Energy
die Erhöhung der EEG-Kosten durch Hinkley Point C ein Skandal.
Die beschriebenen Preiseffekte lassen sich bereits unter Annahme der heutigen
Netzinfrastruktur auf dem europäischen Strommarkt feststellen. Diese Auswirkungen verstärken
sich deutlich, wenn die grenzüberschreitenden Stromleitungen (Grenzkuppelstellen) im Zuge
einer stärkeren europäischen Marktkopplung (Energieunion) in den kommenden Jahrzehnten
massiv ausgebaut werden. Zudem kann sich die beschriebene Wirkung von Hinkley Point C auf
den deutschen Strommarkt vervielfachen, wenn im Rahmen des Juncker-Investitionsplans
weitere AKW-Projekte in Großbritannien und anderen europäischen Staaten realisiert werden.
Nichtigkeitsklage und Verfahren vor dem EU-Gericht
Gegen die Entscheidung der EU-Kommission kann beim Gericht der Europäischen Union, einer
Unterinstanz des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg Klage eingelegt werden.
Die Einreichung einer so genannten „Nichtigkeitsklage“ ist innerhalb einer achtwöchigen Frist
möglich, die in der Regel mit der Veröffentlichung der Beihilfegenehmigung im Amtsblatt der EU
beginnt. Das eigentliche Verfahren beginnt mit der Zulassung der Nichtigkeitsklage.
Klageberechtigt sind einerseits Mitgliedsstaaten der EU wie zum Beispiel Österreich, das eine
Klage gegen die Beihilfeentscheidung angekündigt hat und dabei von Luxemburg unterstützt
wird. Die Staaten sind „privilegierte Klageberechtigte“ und müssen keine besonderen
Voraussetzungen oder spezifischen Interessen vorweisen, damit ihre Klage zugelassen wird.
Auch Unternehmen/Wettbewerber können gegen die Beihilfeentscheidung klagen. Im
vorliegenden Fall ist durchaus auch die vorherige Beteiligung im Konsultationsverfahren der EUKommission zu Hinkley Point C wichtig, wenngleich kein Ausschlussgrund besteht, wenn
Unternehmen sich im Prüfverfahren zunächst nicht beteiligt haben. Greenpeace Energy hatte
sich in 2014 mit einer offiziellen Stellungnahme beteiligt.
Pressekontakt
Christoph Rasch
Politik und Kommunikation
Greenpeace Energy eG
Telefon 040 / 808 110 – 658
christoph.rasch@greenpeace-energy.de
www.greenpeace-energy.de
Seite 2 von 2
Deutscher Bundestag
Drucksache
18. Wahlperiode
18/5240
17.06.2015
Antwort
der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer,
Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/5005 –
Beihilfebeschluss der Europäischen Kommission für den britischen
Atomkraftwerks-Neubau Hinkley Point C
Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r
Im Oktober 2014 bewilligte die alte Europäische Kommission die staatliche
Beihilfe für den britischen Atomkraftwerks-Neubau Hinkley Point C (Support
SA.34947). Der Beschluss erlaubt es der britischen Regierung, dem künftigen
Betreiber einen fixen Strompreis von rund 12 Cent je Kilowattstunde über
einen Zeitraum von 35 Jahren zuzusichern sowie Inflationszuschläge und
Kreditgarantien zu garantieren. Zusätzlich sichert der Staat dem Betreiber
Kompensationszahlungen zu, sollte in den kommenden Jahren ein Atomausstieg vollzogen werden. Angesichts der ungeklärten Frage der Atommüll-Endlagerung und insbesondere der unbeherrschbaren Risiken von Atomenergie ist
die milliardenschwere Subventionierung eines Atomkraftwerks aus Sicht der
Fragesteller unverantwortlich. Zusätzlich widerspricht sie dem europäischen
Wettbewerbsrecht und benachteiligt auch deutsche Ökostrom-Anbieter. Das
gleichzeitige Absenken der Börsenstrompreise durch den billig subventionierten Strom aus Großbritannien führt ebenfalls zu einer unnötigen Erhöhung der
Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Am 28. April 2015 ist
nun die Übersetzung des Kommissionsbeschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) erschienen. Damit ist die Entscheidung offiziell und es beginnt eine zweimonatige Frist, in der eine Klage gegen die Entscheidung vor
dem zuständigen Gerichtshof in Luxemburg eingelegt werden kann. Greenpeace Energy bereitet eine Klage gegen den Beschluss mit der österreichischen
oekostrom AG und mehreren deutschen Stadtwerken vor. Auf staatlicher
Ebene will Österreich gegen die von der Europäischen Kommission genehmigten Beihilfen juristisch vorgehen. Luxemburg wird diese Klage unterstützen.
Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom
10. Juni 2015 übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Drucksache 18/5240
–2–
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g
Die Bundesregierung verfolgt mit der Energiewende bekanntlich eine andere
Energiemix-Strategie als z. B. Großbritannien. Es gibt zwischen dem Deutschen
Bundestag und der Bundesregierung Konsens in der grundsätzlichen Bewertung, dass Kernenergie zur Stromerzeugung auch in Europa künftig möglichst
keine Rolle mehr spielen sollte. Die Bundesregierung lehnt eine EU-Förderung
oder einen europäischen Förderrahmen für Kernkraftwerke entschieden ab und
hat sich zuletzt im Rahmen laufender Beratungen zur Energieunion sowie zur
Juncker-Investitionsinitiative („European Fund for Strategic Investment“, EFSI)
gegenüber der Europäischen Kommission und ihren europäischen Partnern mit
Nachdruck gegen die Schaffung einer solchen Möglichkeit eingesetzt. Die Bundesregierung setzt sich ferner entschieden dafür ein, dass EU-Förderung nur für
Technologien gewährt wird, die aus Sicht der Bundesregierung sicher, nachhaltig und kohlenstoffarm sind. Das beinhaltet vor allem Innovationen im Bereich
der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Aber jeder Mitgliedstaat
kann gemäß Artikel 194 AEUV letztlich frei über seinen nationalen Energiemix
entscheiden – das ist ein wichtiger Grundsatz europäischer Energiepolitik. Dazu
gehört auch die Frage, inwieweit einzelne Mitgliedstaaten Kernkraftwerke
durch nationale Maßnahmen unterstützen. Daher geht es bei dem Kommissionsbeschluss zu Hinkley Point C vor allem um eine Beihilfe-Rechtsfrage.
Die Bundesregierung hat den Beihilfebeschluss der hier zuständigen Europäischen Kommission vom 8. Oktober 2014 faktisch und rechtlich analysiert.
Die Europäische Kommission stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen auf die
folgenden Erwägungen: Als Rechtsgrundlage führt sie Artikel 107 Absatz 3
Buchstabe c AEUV an. Diese Rechtsgrundlage, die auch Großbritannien bei der
Notifizierung herangezogen hatte, ist als allgemeine, vertragsunmittelbare
Grundlage einer möglichen Rechtfertigung („Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige“) grundsätzlich eröffnet. Einschlägiges Sekundäroder Tertiärrecht z. B. in Form von Beihilfeleitlinien oder -rahmen besteht nicht.
Die neuen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Europäischen Kommission
aus dem Jahr 2014 enthalten, nicht zuletzt aufgrund der Intervention der Bundesregierung, gerade keine erleichterten Genehmigungsvoraussetzungen für
Kernenergie-Beihilfen. Die Europäische Kommission setzt sich in der Entscheidung intensiv mit dem Recht der Mitgliedstaaten auseinander, ihren nationalen
Energiemix souverän gestalten zu können (Artikel 194 AEUV). Sodann hat die
Europäische Kommission zunächst, nach Darstellung der Maßnahme im Einzelnen, ausführlich die Tatbestandsmerkmale einer Beihilfe gemäß Artikel 107
AEUV geprüft und subsumiert. Auch auf der Rechtfertigungsebene, also der
Prüfung des Ziels im gemeinsamen Interesse (hier: Förderung gewisser Wirtschaftszweige sowie zugleich Beitrag zu den Zielen der Diversifizierung und Sicherung der Energieversorgung), sind nach Auffassung der Bundesregierung
keine offensichtlichen, evidenten Rechtsfehler erkennbar. Auch allgemeine beihilferechtliche Grundsätze, die es zu beachten gilt, sind von der Europäischen
Kommission geprüft und als erfüllt angesehen worden, wie etwa Anreizeffekt,
Minimumprinzip, Notwendigkeit, Geeignetheit, Angemessenheit, weitgehende
Begrenzung von negativen Wettbewerbsfolgen und das Verbot der Überkompensation. Das Prüfverfahren der Europäischen Kommission als solches entsprach hinsichtlich Ablauf, Dauer, Umfang und Intensität dem üblichen Vorgehen bei komplexen Beihilfemaßnahmen; es gab bereits vor dem Jahr 2012
informelle Vorabkontakte zwischen Mitgliedstaat und der Europäischen Kommission, eine Vorprüfung, ein förmliches Prüfverfahren und letztlich eine Kollegiumsentscheidung der Europäischen Kommission. Diese Analyse ergibt, dass
es – unabhängig von der politischen Bewertung von Kernkraftförderung in der
EU – im Beschlusstext selbst keine beihilferechtlichen Aussagen gibt, die nach
hiesiger Ansicht so offensichtlich fehlerhaft sind, dass eine Nichtigkeitsklage
hinreichend erfolgversprechend wäre.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
–3–
1. Liegt nach Ansicht der Bundesregierung in der Förderung der Atomkraft
ein gemeinschaftliches Interesse der EU-Mitgliedstaaten vor, das die
Beihilfegenehmigung des Atomkraftwerks-Neubaus Hinkley Point C rechtfertigt, und wenn ja, warum (bitte ausführlich begründen)?
Ob im Beihilfefall Hinkley Point C Ziele von gemeinsamem Interesse vorliegen,
ist von der Europäischen Kommission in ihrem Beschluss vom 8. Oktober 2014
erörtert, abgewogen und im Ergebnis bejaht worden. Diesem Ergebnis liegt eine
intensive, mehrjährige Prüfung der Europäischen Kommission zugrunde. Deren
Details sind der Bundesregierung nicht bekannt, da die Bundesregierung nicht
am Verfahren beteiligt war. Hinsichtlich der Auffassung der Bundesregierung
wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
2. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass durch die Subventionierung
von Hinkley Point C eine den energie- und umweltschutzpolitischen Zielen
der EU gerecht werdende Innovationsförderung stattfindet (bitte ausführlich begründen)?
Die Stromerzeugung aus Kernenergie als solche ist unfraglich keine neue Technologie; die ablehnende Position der Bundesregierung hierzu und zur künftigen
Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung in der Europäischen Union ist bekannt.
3. Liegt nach Auffassung der Bundesregierung bei Neubauvorhaben in der
Atomkraft eine Marktstörung vor, die die Beihilfegenehmigung des Atomkraftwerks-Neubaus Hinkley Point C rechtfertigt, und wenn ja, warum
(bitte ausführlich begründen)?
Ob eine Marktstörung vorliegt, die den Neubau von Kernkraftwerken rechtfertigt, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. Diese Prüfung obliegt zunächst
der zuständigen Behörde. Bei Hinkley Point C hat die Europäische Kommission
in ihrem Beschluss vom 8. Oktober 2014 auch diese Frage mit Blick auf die Verhältnisse im Vereinigten Königreich erörtert und bewertet. Hinsichtlich der Auffassung der Bundesregierung wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung
verwiesen.
4. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass Neubauprojekte im Energiebereich, aufgrund einer Kombination aus sehr hohen Investitionskosten,
langen Bauzeiten und einer langen Betriebsdauer zur Deckung dieser Kosten einem zu hohen Finanzierungsrisiko unterliegen, als dass sie staatlich
gefördert werden sollten, und wenn nein, warum (bitte ausführlich begründen)?
Ob Neubauprojekte im Energiebereich generell einem zu hohen Finanzierungsrisiko unterliegen, als dass sie staatlich gefördert werden sollten, kann nicht
allgemein beantwortet werden, sondern muss im Einzelfall geprüft und bewertet
werden. Diese Fragestellung ist auch Bestandteil der jeweiligen Prüfung der
Europäischen Kommission im EU-Beihilfebereich.
Drucksache 18/5240
Drucksache 18/5240
–4–
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Inwiefern ist nach Auffassung der Bundesregierung bei Marktstörungen in
der EU, die sich nur durch staatliche Beihilfen beheben lassen, auch die
Geschwindigkeit des zur Marktstörungsbehebung gewählten Instruments
relevant (bitte ausführlich begründen)?
Die Geschwindigkeit der Marktstörungsbehebung ist ein relevanter Aspekt, der
jeweils projektbezogen zu prüfen und zu bewerten ist. Neben der Geschwindigkeit der Marktstörungsbehebung dürften aber etliche andere Parameter, wie z. B.
die gewählte Beihilfeart, die jeweilige Beihilfeintensität und die Marktauswirkungen, zu berücksichtigen und in die Abwägung einzubeziehen sein.
6. Welche Energieformen stuft die Bundesregierung als CO2-neutral und umweltschutzgerecht ein (bitte ausführlich begründen)?
Grundsätzlich gibt es keine Energieerzeugungstechnologie, die vollständig
CO2-neutral ist. So verursacht z. B. der Abbau von Uran, aber auch die Herstellung von Windrädern und Photovoltaikanlagen CO2-Emissionen. Was den unmittelbaren Prozess der Energieerzeugung angeht, liegen vor allem erneuerbare
Energien nahe am Kriterium der CO2-Neutralität. Die in der Frage angesprochene Umweltschutzgerechtigkeit verlangt aber mehr als nur die Betrachtung
und Bewertung anhand eines singulären Kriteriums. So spielen die Risikobewertung sowie Fragen der Abfallentsorgung/Endlagerung insbesondere bei der
Bewertung der Kernenergie eine wichtige Rolle. Fragen der Luft- und Wasserverschmutzung, des Naturschutzes, des Immissionsschutzes oder der Landschaftsnutzung sind weitere Aspekte einer umfassenden Betrachtung, die bei der
Bewertung von Energieträgern relevant sind. Die Summe dieser Betrachtung hat
in Deutschland zu der Entscheidung geführt, aus der Nutzung der Kernenergie
zur Stromerzeugung auszusteigen.
7. Sieht die Bundesregierung in der Förderung und dem Ausbau von Atomkraft eine geeignete bzw. sinnvolle Form zur Verringerung der CO2-Emissionen (vgl. Umweltinstitut München e. V., „AKW – Kein Klimaretter.
Atomkraft und globale Erwärmung“, 2013)?
Nein.
8. Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Beihilfeintensität der von Großbritannien beabsichtigten staatlichen Garantie hinreichend durch die Europäische Kommission geprüft worden, und falls nein, welche Konsequenzen
zieht die Bundesregierung daraus für die Anfechtbarkeit der Entscheidung
(bitte ausführlich begründen)?
Die Beihilfeintensität im Beihilfefall Hinkley Point C ist von der Europäischen
Kommission in ihrem Beschluss vom 8. Oktober 2014 erörtert, abgewogen und
im Ergebnis als zulässig erachtet worden. Hinsichtlich der Auffassung der Bundesregierung wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
–5–
9. Ist nach Ansicht der Bundesregierung das Engagement der chinesischen
Unternehmen als (Mit-)Eigentümer und Betreiber von Hinkley Point C
durch die Europäische Kommission hinreichend geprüft worden, und falls
nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus für die Anfechtbarkeit der Entscheidung (bitte ausführlich begründen)?
Das Engagement von chinesischen Unternehmen war ausweislich des Beschlusses zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens vom 18. Dezember 2013 auch
der Europäischen Kommission bekannt. Ob und inwieweit diese Tatsache im
Rahmen der Prüfung der Europäischen Kommission eine Rolle gespielt hat, ist
der Bundesregierung nicht bekannt, da die Bundesregierung nicht am Verfahren
beteiligt war.
10. Ist nach Ansicht der Bundesregierung während der Kommissionsprüfung
eine klare Abgrenzung zu den Leitlinien für EU-Unternehmen in Schwierigkeiten vorgenommen worden, und falls nein, welche Konsequenzen
zieht die Bunderegierung daraus für die Anfechtbarkeit der Entscheidung
(bitte ausführlich begründen)?
Dem Beschluss der Europäischen Kommission liegt eine intensive, mehrjährige
Prüfung zugrunde. Deren Details sind der Bundesregierung nicht bekannt, da die
Bundesregierung nicht am Verfahren beteiligt war.
11. Ist nach Ansicht der Bundesregierung einer öffentlichen und transparenten
Projektausschreibung für Unternehmen im Bewerberverfahren genügend
Rechnung getragen worden, obwohl Großbritannien lediglich Projektträger darauf hingewiesen hat, sich an der Diskussion über die Investitionsverträge zu beteiligen (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union vom
28. April 2015, L 109/70)?
Die Frage der Projektausschreibung im Beihilfefall Hinkley Point C ist im
Beschluss der Europäischen Kommission vom 8. Oktober 2014 an mehreren
Stellen erörtert und auch bewertet worden. Hinsichtlich der Auffassung der
Bundesregierung wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
12. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass das Kraftwerk frühestens im Jahr 2023 ans Netz gehen
kann, ein Versorgungsengpass aber bereits ab dem Jahr 2020 prognostiziert wird, insbesondere auch unter Berücksichtigung endlicher Uranreserven und Importabhängigkeiten (vgl. Ofgem, Electricity Capacity
Assessment Report 2013)?
Die Bundesregierung kann beide genannten Jahreszahlen nicht aus eigenem
Wissen bestätigen oder verifizieren, daher kann sie daraus auch keine Schlussfolgerungen und Konsequenzen ziehen.
13. Ist der Bundesregierung bekannt, wie die weiteren EPR-Neubauvorhaben
in Frankreich und Finnland (Flamanville respektive Olkiluoto) finanziert
wurden bzw. werden, insbesondere in Bezug auf staatliche Beihilfe?
Zur jeweiligen Finanzierungsstruktur der Projekte hat die Bundesregierung über
öffentlich verfügbare Informationen hinaus keine eigenen Erkenntnisse. Hinsichtlich möglicher staatlicher Beihilfen ist der Bundesregierung lediglich der
Beschluss der Europäischen Kommission C 45/2006 zum finnischen Projekt
Olkiluoto 3 aus dem Jahr 2007 bekannt.
Drucksache 18/5240
Drucksache 18/5240
–6–
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
14. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass durch die Subventionierung
des Atomkraftwerks-Neubaus Hinkley Point C ein Präzedenzfall in Europa geschaffen wird, dem weitere Subventionierungsvorhaben in Europa
folgen werden, und wenn ja, welche Position bezieht sie dazu (bitte ausführlich begründen)?
Unabhängig von Hinkley Point C gab und gibt es in etlichen anderen Mitgliedstaaten Kernkraftwerksprojekte bzw. Diskussionen darüber. Jeder Mitgliedstaat
kann gemäß Artikel 194 AEUV frei über seinen nationalen Energiemix entscheiden – das ist ein wichtiger Grundsatz europäischer Energiepolitik. Die
Bundesregierung sieht für die in der Frage geäußerte Befürchtung gegenwärtig
keinen Anlass.
15. Könnte laut Ansicht der Bundesregierung die Beihilfe im Fall von Hinkley
Point C zu einer Verzerrung bei Investitionsentscheidungen führen und
alternative Investitionen, beispielsweise in erneuerbare Energien, behindern oder verdrängen (bitte ausführlich begründen)?
Investitionsentscheidungen im Energiebereich sind regelmäßig von einer Vielzahl z. B. von energiewirtschaftlichen, juristischen, technischen, haushalterischen und politischen Parametern abhängig, so dass Aussagen über den möglichen Einfluss einer einzelnen Beihilfe spekulativ wären.
16. Welche Auswirkungen wird nach Ansicht der Bundesregierung der subventionierte Betrieb von Hinkley Point C auf den deutschen Strommarkt
haben (bitte ausführlich begründen), und welche diesbezüglichen Aussagen, Schreiben, Positionen etc. deutscher Energieversorgungsunternehmen, Verbände etc. sind der Bundesregierung bekannt?
Informationen darüber, wie sich ein einzelnes geplantes Kraftwerk in Großbritannien von der Größe und Technologie von Hinkley Point C auf den deutschen Strommarkt auswirken kann, liegen der Bundesregierung nicht vor.
17. Welche Gespräche hat die Bundesregierung mit wem und mit welchem
Inhalt zur Beihilfeentscheidung Hinkley Point C geführt?
Das Thema ist Gegenstand der politisch/öffentlichen Diskussion gewesen. Auf
die Bundestagsdebatten u. a. vom 8. Oktober 2014, 16. Oktober 2015 und
26. März 2015 wird hierzu verwiesen. Im Übrigen kann die Frage in der gestellten allgemeinen Form nicht differenziert beantwortet werden.
18. Hat die Bundesregierung deutsche Energieunternehmen unterstützt, Klage
gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission einzureichen, vor
dem Hintergrund, dass auch deutsche Unternehmen durch den Strompreis
durch die Subventionierung von Hinkley Point C betroffen sind, und falls
nein, warum nicht?
Sofern deutsche Energieunternehmen direkt betroffen sind und gegen den Kommissionsbeschluss klagen wollen, ist hierfür die Unterstützung der Bundesregierung nicht notwendig.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
–7–
19. Welche Folgen wird laut Ansicht der Bundesregierung der subventionierte
Betrieb von Hinkley Point C auf das EEG-Umlagesystem in Deutschland
haben (bitte ausführlich begründen)?
Die Bundesregierung geht davon aus, dass der subventionierte Betrieb von Hinkley Point C keine messbaren Auswirkungen auf das EEG-Umlagesystem in
Deutschland haben wird.
20. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen durch den subventionierten Betrieb von Hinkley Point C auf
a) Anbieter erneuerbarer Energien, und
b) Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen in Deutschland ein?
Die Bundesregierung geht davon aus, dass der subventionierte Betrieb von
Hinkley Point C keine messbaren Auswirkungen auf a) Anbieter erneuerbarer
Energien und b) Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen in Deutschland haben wird.
21. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der deutsche Strommarkt hier durch preisdämpfende Effekte beeinträchtigt wird, wie in
einem vorliegenden Gutachten von Greenpeace Energy (2015) berechnet?
Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen.
22. Welche Konsequenzen und Aktivitäten haben sich für die Bundesregierung aus der Kritik des Bundesministers für Wirtschaft und Energie,
Sigmar Gabriel, ergeben, nachdem er sich auf einem Treffen der EUEnergieminister am 5. März 2015 gegen die staatliche Subventionierung
neuer Atomprojekte in Europa ausgesprochen und den Widerstand
Deutschlands gegen entsprechende Vorhaben angekündigt hat (vgl. dpaMeldung vom 5. März 2015 „Gabriel warnt vor Steuergeldern für Atomkraft in Europa“)?
Die Bundesregierung lehnt eine EU-Förderung oder einen europäischen Förderrahmen für Kernkraftwerke entschieden ab und hat sich zuletzt im Rahmen laufender Beratungen zur Energieunion sowie zur Juncker-Investitionsinitiative
(„European Fund for Strategic Investment“) gegenüber der Europäischen Kommission und ihren europäischen Partnern mit Nachdruck gegen die Schaffung
einer solchen Möglichkeit eingesetzt. Gleichzeitig respektiert die Bundesregierung die im europäischen Primärrecht verankerte Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten bezüglich des nationalen Energiemix. Dies betrifft auch souveräne Entscheidungen einzelner Mitgliedstaaten zugunsten einer nationalen Förderung
von Kernenergie. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die
nationale Förderung für erneuerbare Energien insbesondere im Bereich des
EU-Beihilferechts keinesfalls schärferen Überprüfungen unterliegen darf, als
die Förderung etwa von Kernkraftwerken. Die Bundesregierung hat diese klare
politische Erwartungshaltung gegenüber der Europäischen Kommission mehrfach deutlich gemacht. Denn zwischen diesen Technologien besteht der wesentliche Unterschied, dass es für erneuerbare Energien gemeinsame verbindliche
Ziele der EU gibt, während die Nutzung der Kernenergie zwischen den Mitgliedstaaten hoch umstritten bleibt. Die Bundesregierung setzt sich ferner entschieden dafür ein, dass EU-Förderung nur für Technologien gewährt wird, die
aus Sicht der Bundesregierung sicher, nachhaltig und kohlenstoffarm sind. Das
beinhaltet vor allem Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien und
der Energieeffizienz.
Drucksache 18/5240
Drucksache 18/5240
–8–
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
23. Inwieweit befürchtet die Bundesregierung einen Dominoeffekt auf Nachbarstaaten wie Polen, die Tschechische Republik und Ungarn, die nun ähnliche Beihilfesysteme, wie den Contract for Difference (CfD), einführen
könnten, um nach britischem Modell neue Atomkraftwerke zu subventionieren?
Auf die Antworten zu den Fragen 14 und 15 wird verwiesen.
24. Welche politischen und rechtlichen Maßnahmen bereitet die Bundesregierung im Verhältnis zu diesen Ländern vor, um zu verhindern, dass verstärkt hochsubventionierter Atomstrom aus mehreren Nachbarländern die
deutsche Energiewende konterkariert?
Die ablehnende Position der Bundesregierung zur künftigen Nutzung von
Atomstrom in der Europäischen Union ist allen Mitgliedstaaten hinlänglich
bekannt. Die Bundesregierung befindet sich daher auf allen Ebenen in einem aktiven Energiedialog insbesondere mit unseren Nachbarstaaten. Dabei setzt sich
die Bundesregierung dafür ein, dass in der EU-Energiepolitik der Ausbau der
erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz Schwerpunkte
bilden, dass die diesbezüglich beschlossenen Ziele von allen Mitgliedstaaten
ambitioniert umgesetzt werden und dass Kernenergie keine Förderung durch
EU-Mittel erhält. Die Bundesregierung wirbt bei den Mitgliedstaaten der EU für
die Energieeffizienz und erneuerbare Energien und tritt im Rahmen der Energieunion mit Nachdruck für einen robusten und verlässlichen Steuerungsprozess
(„Governance“) ein, der das Erreichen der Ziele in diesen Bereichen sicherstellt.
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333