Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1031830.pdf
Größe
72 kB
Erstellt
08.07.15, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 13:32
Stichworte
Inhalt der Datei
Änderungsantrag Nr. VI-A-01258-ÄA-003
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Eingereicht von
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Betreff
Schongauer Straße 41
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
Nachteilig für die Stadt Leipzig.
Zustimmung
Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Beschluss:
Alternativvorschlag im Sinne des VSP:
Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, mit dem Eigentümer die Verhandlungen weiterzuführen, um
zu versuchen, eine möglichst einvernehmliche Lösung herbeizuführen, welche einerseits die
Belastungen für die Senioren den Umständen entsprechend so gering als möglich hält und die
andererseits den planungs- und baurechtlich anzuwendenden Rechtsvorschriften genügt.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
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Sachverhalt:
Vorauszuschicken ist:
Die Verwaltung bedauert die Problemlage um die Wohnanlage Schongauer Straße 41 und die
Auswirkungen auf die dort wohnenden Senioren außerordentlich. Im Wissen um die mit einem
Wohnsitzwechsel gerade für alte Menschen verbundenen Belastungen hat die Verwaltung in der
Vergangenheit intensive Bemühungen unternommen, um mit dem Eigentümer und Betreiber eine für
alle Betroffenen und Beteiligten bestmögliche Lösung zu befördern. Leider blieb dies vor allem auf
Grund der ausgebliebenen Mitwirkung des ehemaligen Eigentümers ohne Erfolg.
In Kenntnis der Problemlage wurde auch eine entsprechend groß bemessene Duldungszeit für die
Nutzungsaufgabe bemessen, um den bestmöglich Übergang für die einzelnen Mieter zu erreichen.
Aktuell gibt es neue Kontakte auch mit dem jetzigen Eigentümer und dessen Rechtsvertretern, in
denen die unterschiedlichen Sichtweisen und die Möglichkeit einer Lösung erörtet werden.
Anfang März dieses Jahres wurde den Bewohnern der Amalie Wohnanlage in der Schongauer
Straße 41 eine Duldungsverfügung zugestellt, die zum Inhalt hat, dass die rechtswidrig zum
dauerhaften Wohnen genutzten Räumlichkeiten im Objekt bis zum 01.04.2016 aufzugeben und die
Nutzungsuntersagung für dauerhaftes Wohnen an den Eigentümer zu dulden sind.
Mit dem Antrag soll nun die Verwaltung beauftragt werden eine Lösung zu finden, die einerseits den
derzeitigen Bewohnern den dauerhaften Verbleib in diesem Objekt ermöglicht und die andererseits
ausschließt, dass weitere Neuvermietungen vorgenommen und eine Präzedenzfallwirkung für
gleichgeartete Sachverhalte geschaffen wird.
Für die Stadtverwaltung ist eine solche Lösung nicht erkennbar und der Antrag muss daher
abgelehnt werden. Zur Begründung wie folgt:
Ein dauerhafter Verbleib der derzeitigen Mieter im Objekt ist zeitlich nicht einzugrenzen, da das zu
erwartende Lebensalter der Bewohner natürlicherweise nicht zu bestimmen ist. Eine Wohndauer von
weiteren 10, 20 oder mehr Jahren muss erwartet werden und käme keiner temporären Duldung,
sondern einer faktischen Genehmigung dauerhaften Wohnens gleich.
Eine solche Duldung würde dem Vermieter einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil
verschaffen. Aus dem verfassungsrechtlich manifestierten Grundsatz der Gleichbehandlung
resultierend, kann seitens der zum Handeln nach dem Gesetz verpflichteten Verwaltung nicht
hingenommen werden, dass man demjenigen ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem
rechtstreuen Bürger belässt, der ohne die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu erfüllen, eine
Nutzung vornimmt und damit die vorgeschriebene präventive Kontrolle der Bauaufsicht unterläuft.
Die mögliche und in diesem Fall gegebene Betroffenheit Dritter vom notwendigen Handeln der
Verwaltung gegen den Rechtsverletzer, kann ggf. zivilrechtliche Ansprüche der im Vertrauen auf das
rechtskonforme Handeln des Rechtsverletzers einen Vertrag mit ihm eingegangenen Dritten gegen
ihn begründen, jedoch keine dauerhafte Duldung der Rechtsverletzung durch die Verwaltung.
Die auf die Lebenszeit der derzeitigen Bewohner beschränkte Duldung wäre auch im Hinblick auf
den Kontrollaufwand nicht praktikabel. Auch das Verhalten des Vermieters war bisher gegenläufig,
der zudem keine Duldung der derzeitigen Mieter, sondern eine generelle Zulässigkeit des Objektes
für dauerhaftes Wohnen anstrebt. Auch nach Zustellung der Nutzungsuntersagung wurden bis in die
allerjüngste Zeit eine ganze Reihe weiterer Mietverträge abgeschlossen, die bereits Mitte 2014
vereinbarte Übergabe eine vollständigen Mieterverzeichnisses an die Verwaltung hat es durch den
Vermieter bisher nicht gegeben. Eine ernsthafte und wirksame Kontrolle, dass keine neuen Mieter
hinzukommen, ist so nicht möglich.
Auch für den Eigentümer dürfte dies keine anstrebenswerte Lösung sein, da eine Duldung der
aktuellen Bewohner auf Lebenszeit ohne Zuzug neuer Bewohner beim Freiwerden von
Appartements, die Gesamtkonstruktion aus Betreutem Wohnen und Pflegeangeboten ab einem
bestimmten Punkt als wohl nicht mehr darstellbar erscheinen lässt.
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Eine „Humanitäre Einzelfalllösung“ ist keine im Baurecht gegebene Kategorie. Der hier gegebene
Sachverhalt kann nicht von möglichen anderen, gleichartigen Sachverhalten abgegrenzt, eine
Präzedenzfallwirkung somit nicht vermieden werden. Dies gilt, soweit man nicht auf das
verfassungsrechtliche Gebot zurückgreift, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt, mithin einem
Dritten nicht ebenfalls gestattet werden müsste, was jemand anderem unrechtmäßigerweise
zugestanden wurde. Allerdings kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass es möglich wäre,
im Einzelfall wissentlich einer unrechtmäßigen Nutzung zuzustimmen, da dies dem Willkürverbot
staatlichem Handelns widerspräche.
Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Baurecht unterschiedliche Baugebietskategorien definiert,
aus denen sich unterschiedliche rechtliche Schutzansprüche generieren. So entstehen aus
Wohnungen z. B. auch Abwehransprüche gegen gewerbegebietstypische Belastungen. Umgekehrt
haben Eigentümer und Nutzer einer Baugebietskategorie, so auch von Gewerbegebieten, einen
Gebietserhaltungsanspruch, d. h. darauf, dass die ihnen dort baurechtlich zustehenden
Gestaltungsmöglichkeiten nicht durch die Genehmigung in dieser Baugebietskategorie unzulässiger
Nutzungen beschnitten werden. Daraus könnten wiederum Schadenersatzansprüche entstehen.
Konkret hieße das: Wenn sich beispielsweise ein Ballsportverein in der Nachbarschaft ansiedeln
wollte, könnten sich aus der (noch) vorhandenen Dauerwohnnutzung in der Amalie Wohnanlage
Abwehransprüche gegen diese Ansiedlung (z. B aus Gründen der Lärmbelästigung) ergeben,
obwohl die Sportnutzung den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 170 entspricht. Die
unrechtmäßige Nutzung würde somit einer rechtmäßigen Nutzung den Zugang zur Umgebung des
Standortes verwehren. Das Auftreten derartiger Disparitäten sollte unbedingt vermieden werden, da
damit dem Unrecht Recht verliehen, dem rechtskonform handelnden Bürger und in der Folge einer
planerisch gewollten, geordneten Entwicklung des Areals der Boden entzogen würde.
Anlagen:
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