Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1026290.pdf
Größe
93 kB
Erstellt
18.05.15, 12:00
Aktualisiert
25.07.16, 15:02
Stichworte
Inhalt der Datei
Ratsversammlung
Änderungsantrag Nr. VI-A-01218-ÄA-002
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Ratsversammlung
17.06.2015
Zuständigkeit
Beschlussfassung
Eingereicht von
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion DIE LINKE
SPD-Fraktion
Betreff
Maßnahmen gegen Schulpflichtverweigerung (V/A 442/13)
Beschlussvorschlag:
Alternativvorschlag im Sinne des Verwaltungsstandpunktes:
1.
Schulpflichtverletzungen sind auf Grundlage der bestehenden Regelungen von Beginn an
konsequent nachzuverfolgen. Führt bei stunden- und tageweisem Fehlen die unmittelbare
Verständigung zwischen Schule und Schüler/-in bzw. Erziehungsberechtigten nicht zu einem
geregelten Schulbesuch, werden die zuständigen Behörden und Einrichtungen unverzüglich
einbezogen, um einer Verstetigung und Verfestigung dieses Verhaltens vorzubeugen.
2.
Schulsozialarbeit wirkt vor allem präventiv als ein Bestandteil im Rahmen der Bemühungen
zur Senkung der Schulabbrecherquote. Ergänzende Angebote zielen in Zusammenarbeit mit
Schule, Eltern und der Sächsischen Bildungsagentur auf die Integration von
Schulpflichtverweigerern in das Bildungssystem ab. Die Auswahl der Träger der Jugendhilfe zur
Durchführung der Schulsozialarbeit erfolgt im Rahmen der Kinder- und Jugendförderung auf
Grundlage von Leistungsbeschreibungen und einer Auswertung vorangegangener
Leistungszeiträume.
Sachverhalt:
Zu Beschlussvorschlag 1. des Antrags:
Die Stadt Leipzig und die Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig (SBAL), sehen sich in
gemeinsamer Verantwortung, die Bildungswege der Leipziger Kinder, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen an den Schulen der Stadt (in staatlicher, kommunaler oder freier Trägerschaft)
bestmöglich zu sichern. In Zusammenarbeit mit weiteren Partnern, wie Jobcenter Leipzig Agentur für
Arbeit Leipzig, Ordnungsamt, Gesundheitsamt oder Polizei werden Handlungsschritte zur
Verringerung von Schulabbrüchen bzw. Schulverweigerung abgeleitet. Diese sind vorrangig
pädagogisch geprägt, aber auch organisatorisch-rechtlicher Natur. So wurde u. a. ein einheitliches
Verfahren bei Ordnungswidrigkeitsverletzungen festgelegt und zur Umsetzung gebracht.
Zu Beschlussvorschlag 2.1 des Antrags:
Die Sächsische Verwaltungsvorschrift (VwV) zur Zurückdrängung von Schulpflichtverletzungen und
Schulverweigerungen bildet seit ihrem Inkrafttreten 2002 eine Basis und Orientierung für die
Entwicklung eines abgestimmten Vorgehens von Jugendhilfe und Schule bei Schulpflichtverletzung.
Ziel dieser Vorschrift ist die frühzeitige Reaktion auf Fehlzeiten von Schülerinnen und Schülern der
öffentlichen Schulen (ab der zweiten Unterrichtstunde) und ein Fördern des Zusammenwirkens
verschiedener Fachkräfte in Abhängigkeit von der Häufigkeit und der Dauer des Fehlens. Die VwV
ist ohne direkten Schulartbezug die formale Ausführungsbestimmung der oberen Dienstbehörde an
die Handelnden u. a. zur Erfassen von Schulversäumnissen, Information der Eltern und
Elternberatung, Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens.
Anhand ausgewählter Leipziger Schulen wurde geprüft, an welcher Stelle die VwV greift und wo
Lücken sind. Um die Schulen mit standardisierten Instrumenten bei der Einleitung von Ordnungsund Disziplinarmaßnahmen zu unterstützen wurde das Formular für die Anzeige eines Verstoßes
gegen das Schulgesetz für den Freistaat Sachsen überarbeitet und 2013 über das Schulportal der
SBAL sowie im Schulinformationssystem der Stadt Leipzig ins Verfahren gegeben. Die Wirksamkeit
der Anwendung wird im Rahmen der regulären Arbeitsbeziehungen der o. g. Partner überprüft.
Innerhalb der Schulleiterberatungen des Amtes für Jugend, Familie und Bildung und der
Dienstberatungen für die Schulsachbearbeiter/-innen wird regelmäßig für die kontinuierliche
Anwendung der Regelungen und Verfahren sensibilisiert.
Eine zügige Verfahrensführung und damit eine zeitnahe Ahndung aller angezeigten Anzeigen zu
Schulpflichtverletzungen werden selbstverständlich angestrebt, jedoch beeinflussen z.B. zu
wahrende Anhörungs- und Einspruchsfristen und vorhandene Personalressourcen die
Bearbeitungsdauer.
Eine Zuständigkeit der Polizei ergibt sich, wenn diese eigenständig den Verdacht einer
Schulpflichtverletzung feststellt und sofortiges Tätigwerden angezeigt ist. Die zwangsweise
Zuführung von Schüler/-innen zur Schule durch die Polizei stellt eine Maßnahme dar, „die
zweckmäßigerweise nur dann in Betracht gezogen werden sollte, wenn dadurch „eine
Wiederholungsgefahr weitgehend ausgeschlossen werden kann“ (vgl. VwV Schulverweigerer). Als
pädagogische Maßnahme zeigt sie häufig keinen Erfolg.
Zu Beschlussvorschlag 2.2 des Antrags:
Für den erfolgreichen Umgang mit Schulversäumnissen ist ein abgestimmtes Vorgehen aus
frühzeitiger Information der Erziehungsberechtigten über das Fehlen der Kinder im Unterricht, einer
ordnungsgemäßen Dokumentation und Buchführung der Schulversäumnisse, gemeinsamer
Reflexion und Aufklärung der Ursachen des schulmeidenden Verhaltens und einer individuellen
Maßnahmeplanung unter Einbezug relevanter Partner wichtig.
Für Kinder und Jugendliche, die an den Anforderungen der Schule scheitern oder zu scheitern
drohen, können Angebote der Schulsozialarbeit eine Hilfestellung sein. Die Inanspruchnahme von
Schulsozialarbeit entbindet aber in keinem Fall Schule, Familie, Träger von Erziehungshilfe- und
Jugendhilfeleistungen, Unternehmen (in Praxisphasen) sowie sonstige Helfer und Institutionen von
ihren Aufgaben und Verantwortlichkeiten.
Ziele der Schulsozialarbeit sind vor allem die soziale Integration der Schüler/-innen, die
Unterstüzung bei der Bewältigung individueller Problemlagen und Hilfe bei der Entwicklung einer
Lebens- und Berufsperspektive, die Verbesserung des Klassen- und Schulklimas und die Förderung
von Eigeninitiative, sozialer Kompetenz und Mitbestimmung.
Die Stadt Leipzig hat sich im Bereich Schulsozialarbeit für freie Träger entschieden, die nicht der
Schulleitung weisungsgebunden sind und daher eine größere Interessenwahrnehmung für den/die
Schüler/-in gewährleisten. Wird ein freier Träger durch das Amt für Jugend, Familie und Bildung
beauftragt (im Rahmen von Interessenbekundungen als auch in der laufenden Förderung), werden
diese Leistungsbeschreibungen, welche nach einem vorgegebenen Raster zur qualifizierten
Antragstellung erstellt sind, sowie das eingereichte Finanzierungskonzept, einer Bewertung
unterzogen. Orientiert an den Fachstandards für die Schulsozialarbeit wird auf Grundlage der
Leistungsbeschreibung die Zielerreichung durch den Träger geprüft.
Neben Schulsozialarbeiter/-innen und Berufseinstiegsbegleiter/-innen, die dem Problem direkt an
der Schule entgegentreten, arbeiten Schulverweigererprojekte, wie "Take Off", „Job Set“, "Youth
Start" sowie zwei Projekte im Rahmen von „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ (Nachfolgeprogramm
zur „Schulverweigerung - Die 2. Chance“). Ziel ist die Reintegration der teilnehmenden
Jugendlichen in das Bildungssystem (Schule oder berufsvorbereitende Maßnahmen). Bei
erfolgreicher Teilnahme am Projekt erhalten die Teilnehmer/-innen ein Schulabgangszeugnis, das
Voraussetzung zur Aunahme einer berufsbildenden bzw. berufsvorbereitenden Maßnahme ist und
somit die Rückführung in die Regelinstitutionen bedeutet.
Die Projekte eröffnen durch ihre teilweise oder vollständige Durchführung an einem
außerschulischen Lernort einen alternativen Zugang zum Lernen. Wesentlich ist dabei eine enge
Zusammenarbeit mit den delegierenden Schulen und den Familien der Schülerinnen und Schüler.
Kooperierende Netzwerke im Wohn- und Schulumfeld der betroffenen Kinder und Jugendlichen
werden aktiviert oder etabliert und gestärkt, so dass sie in den Phasen der Reintegration eng
zusammenarbeiten können. Beispielhaft zu nennen ist die Arbeit mit dem Familiensystem im Projekt
„Pro Schulabschluss“ der PLAN L gGmbH sowie „Chance Plus“ der IB Mitte gGmbH im Rahmen des
Bundesprogramms „JUGEND STÄRKEN im Quartier“. Seit 01.01.2015 arbeiten beide Träger
systematisch und ganzheitlich mit Fokus auf Schüler-Lehrer-Eltern-Sozialraum zur Sicherung von
Bildungsund
Schulerfolg
benachteiligter
Schüler/-innen.
Projektbestandteile
sind
Clearing/niedrigschwellige Beratung und Kompetenzfeststellung, Casemanagement, Elternarbeit,
Netzwerkarbeit sowie die konkrete Verortung an Schule und die Zusammenarbeit mit Lehrkräften
und weiterem pädagogisch/psychologischem Personal an und außerhalb von Schule. Eingebunden
sind Schüler/-innen ab 12 Jahren an sechs Leipziger Schulen (84. Schule, 94. Schule, Schule zur
Lernförderung Grünau, Arwed-Rossbach-Schule, 16. Schule, 125. Schule).