Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1020433.pdf
Größe
77 kB
Erstellt
02.02.15, 12:00
Aktualisiert
13.06.18, 10:06
Stichworte
Inhalt der Datei
Verwaltungsstandpunkt Nr. WA-00808/14-VSP-001
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Zuständigkeit
Dienstberatung des Oberbürgermeisters
16.03.2015
Bestätigung
Eingereicht von
Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport
Betreff
Wildtiere auf städtischem Gebiet - Zunahme der Populationen u. a. von Nutrias,
Waschbären und Wildschweinen
Rechtliche Konsequenzen
Der gemäß Ursprungsantrag gefasste Beschluss wäre
Rechtswidrig und/oder
Zustimmung
X Nachteilig für die Stadt Leipzig.
x Ablehnung
Zustimmung mit Ergänzung
Ablehnung, da bereits Verwaltungshandeln
Alternativvorschlag
Sachstandsbericht
Der Antrag muß abgelehnt werden.
Begründung:
1. Wildlebende Tiere sind entsprechend § 960 BGB herrenlos. Das bedeutet, dass es weder eine natürliche
noch juristische Personen gibt, die entsprechend dem BGB für wildlebende Tiere verantwortlich ist oder für
diese haftet.
Weiterhin wird der Umgang mit bestimmten Tiergruppen oder Tierarten in verschiedenen
Gesetzen geregelt. Ein Großteil der wildlebenden Tiere in unserer Stadt unterliegt dem
Bundesjagdgesetz und dem Sächsischen Landesjagdgesetz.
Die Durchsetzung dieser Gesetze ist Aufgabe der Jagdbehörden als Auftragshandlung des
Freistaates Sachsen.
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Damit ist die Regelung des Umgangs mit dem Jagdrecht unterliegenden Wildtieren eine
originäre Aufgabe der Behörden und durch den Gesetzgeber vorgegeben. Die
Notwendigkeit konzeptioneller Regelungen, die über die gesetzlichen Regelungen
hinausgehen, besteht nicht.
2. Weiterhin ist für einen Großteil der geforderten Inhalte eine Erfüllung nicht möglich. Das
begründet sich wie folgt:
Es ist nicht möglich, seriöse, belastbare Zählungen oder Schätzungen der Bestände der
meisten Wildtierarten vorzunehmen. Das betrifft auch Nutrias und Waschbären. Diese Tiere
haben von Natur aus eine versteckte Lebensweise (Nutrias tauchen viel und leben in
Höhlen, Waschbären leben in Höhlen und auch in den Wipfeln der Bäume).
Weiterhin schwanken die Populationen der meisten Wildtierarten erheblich während des
laufenden Kalenderjahres. Das bedeutet, selbst wenn es möglich wäre, annähernd genaue
Zahlen zu gewinnen, wären diese Zahlen schon in der Regel nach wenigen Tagen nicht
mehr aktuell (im Frühjahr und Sommer steigt die Population stark durch die hohe Zahl der
Jungtiere an, im Winter ist vor allem bei Nutrias ein starkes Abnehmen der Population zu
verzeichnen).
Die Verantwortlichen für die Tierarten sind nach verschiedenen Gesetzlichkeiten und damit
behördlichen Zuständigkeiten geregelt. Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, fallen unter
die Verantwortlichkeit der Jagdbehörden. Tiere, die dem Naturschutzrecht unterliegen, fallen
unter die Verantwortlichkeit der Naturschutzbehörden. Auf Grund der gesetzlichen
Regelungen ist eine Benennung von Verantwortlichen seitens der Fachverwaltung nicht
erforderlich.
Die jeweils zuständigen Behörden beurteilen auch, soweit dies erforderlich und/oder
möglich ist, die Auswirkungen der Wildtiere auf den Naturhaushalt und auf ihre
Lebensräume. So wird z. B. von der Unteren Jagdbehörde der Stadt Leipzig zusammen mit
dem Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt und der Landestalsperrenverwaltung
regelmäßig die Situation entlang von Gewässern I. Ordnung und II. Ordnung geprüft, um die
Auswirkungen von Nutriapopulationen und Bisamrattenpopulationen auf die Sicherheit der
Hochwasserschutzanlagen zu beobachten.
Die Abnahme von Vogelpopulationen durch Nestraub der Waschbären wird immer wieder in
der Literatur erwähnt, ist denkbar, kann aber nur in Einzelfällen eindeutig (z. B.
Waschbären) zugeordnet werden.
Wenn es nicht möglich ist, belastbare Bestandszahlen zu ermitteln, ist es erst recht nicht
möglich, sinnvolle Zahlen als Obergrenze einer Population anzugeben. Unumstritten ist,
dass das Füttern die Populationsdichte und -ausdehnung der meisten diskutierten
Wildtierarten, wie Waschbären, Nutrias und Fuchs, begünstigt und fördert. Somit wäre ein
Unterlassen des Fütterns eine wirksame Methode der Bestandsregulierung im Sinne der
natürlichen Lebensumstände der Tiere.
Die Obere Jagdbehörde als Aufsichtsbehörde der Stadt Leipzig hat informiert, dass der § 27
Sächs.LJagdG in Bezug auf das bestehende Fütterungsverbot für die dem Jagdrecht
unterliegenden Wildarten auch in befriedeten Bezirken, also auch entlang der Flüsse in der
bebauten Lage, gilt.
Diese Information wurde in der Stadt Leipzig geprüft und die Rechtsauffassung der
Aufsichtsbehörde bestätigt. Es ist davon auszugehen, dass die offizielle schriftliche
Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde (Obere Jagdbehörde) zeitnah folgt.
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Damit besteht ein rechtliches Instrumentarium, zumindest in Bezug auf die dem Jagdrecht
unterliegenden Tiere, das Füttern der Tiere einzuschränken.
Vordergründig sollte aber hier nicht mit OWiG-Verfahren gearbeitet werden (entsprechend §
37 SächsLJagdG stellt das Füttern von Wildtieren, die dem Jagdrecht unterliegen,
außerhalb von Notzeiten eine Ordnungswidrigkeit dar), sondern es ist auf Kommunikation
und Aufklärung zu orientieren. Entsprechende Möglichkeiten wurden bereits geprüft und
schon teilweise umgesetzt. So existieren bereits auf der Homepage der Stadt Leipzig Flyer
zu Nutrias und Waschbären, sukzessiv werden diese durch Flyer über andere wichtige
Wildtierarten ergänzt.
Tiersichere Verschlüsse von Müllcontainern sind sicherlich für Privathaushalte zu
empfehlen. Bei öffentlichen Müllcontainern steht Aufwand und Nutzen in einem
zweifelhaften Verhältnis. Im Übrigen wird dadurch die Gebrauchsfähigkeit von
Müllcontainern erheblich eingeschränkt.
Eine Dezimierung der Bestände, also die Jagd in befriedeten Bezirken, ist kein geeignetes
Mittel zu einer flächendeckenden Regulierung der Populationen der wichtigsten
Wildtierarten. Einerseits ist die Bejagungsmöglichkeit in befriedeten Bezirken beschränkt,
das betrifft sowohl die Mittel als auch den Umfang, andererseits reagieren die meisten
Tierarten auf den Bejagungsdruck durch höhere Vermehrungsraten.
Die punktuelle Beseitigung von Problemtieren wird seit Jahren praktiziert, ist in der Regel
erfolgreich und hat sich bewährt.
Das Umsetzen von Wildtieren ist entsprechend von jagdrechtlichen Regelungen verboten (§
28 BJagdG und § 29 SächsLJagdG). Im Übrigen stellt sich die fachliche Frage, wohin diese
Tiere verbracht werden sollten.
Die Möglichkeiten der Kommunikation in Kindergärten und Schulen sollten genutzt werden,
teilweise wurde dies in der Vergangenheit bereits durchgeführt. Dabei ist zu beachten, dass
die Lehrpläne der Schulen durch den Freistaat Sachsen aufgestellt werden und die Stadt
Leipzig also keine Möglichkeit hat, gezielt großflächig Lehrstoff mit bestimmten Inhalten an
den Schulen zu vermitteln.
Die Öffentlichkeits- und Pressearbeit ist ein weiteres, wichtiges Instrument zur Information
und Aufklärung der Bevölkerung. Es hat sich in den vergangenen Wochen aber gezeigt,
dass Grenzen bestehen, fachlich-rechtlich wünschenswerte Inhalte ungekürzt und für die
breite Bürgerschaft verständlich in der Presse zu veröffentlichen.
Im Resümee ist festzustellen, dass das gegenständliche Konzept auf Grund der
bestehenden rechtlichen Regelungen nicht erforderlich ist. Ein Großteil der gewünschten
Inhalte ist nicht durchführbar. Aufklärungsarbeit über einen artgerechten und
naturverträglichen Umgang seitens der Bevölkerung mit in der Stadt wildlebenden Tieren
erscheint als das Mittel der Wahl, wird weitergeführt und im Rahmen der gegebenen
Möglichkeiten ausgebaut.
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
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