Daten
Kommune
Leipzig
Dateiname
1015232.pdf
Größe
86 kB
Erstellt
12.01.15, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 12:49
Stichworte
Inhalt der Datei
Änderungsantrag Nr. DS-00523/14-ÄA-001
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Ratsversammlung
Zuständigkeit
Bestätigung
Eingereicht von
CDU-Fraktion
Betreff
Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum
Beschluss:
Beschlusspunkt 2 wird wie folgt geändert:
Die Planungsgrundsätze...
werden mit folgender Änderung beschlossen:
Abschnitt 3 „Stadt- und umweltverträgliche Organisation des Verkehrs fördern“
Neufassung 2. Absatz
Die Stadt Leipzig hält an den Zielen für die Entwicklung der stadtverträglichen und
umweltfreundlichen Verkehrsarten fest, gleichwohl kommt dem Wirtschaftsverkehr als
Grundlage für Wertschöpfung, Wohlstand und Wachstum besondere Priorität zu.
(der Rest des Absatzes wird gestrichen)
Prüfung der Übereinstimmung mit den strategischen Zielen:
Begründung:
Dieser Antrag soll die Belange und Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs herausstellen und die
bisherige übertriebene Fixierung auf die Kennzahl Modal Split beenden.
Wirtschaftsverkehr ist die Grundlage für Wertschöpfung, Wohlstand und Wachstum.
Zu Recht schließt der STEP in diesen nicht nur den Güterwirtschaftsverkehr, sondern auch den
Personenwirtschaftsverkehr ein. Zu letzterem gehören z.B. der Handwerker, der beim Kunden
seinen Auftrag erledigt und dafür in der Regel auf einen Kleintransporter angewiesen ist, ebenso wie
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der Pflegedienst mit seinem Kleinwagen, der durch seine Pflegeleistung hochbetagten Senioren das
weitere Wohnen in vertrauter Umgebung ermöglicht.
Der Grundirrtum dieses STEP ist die Annahme, dass durch Reduzierung des privaten MIV der
Wirtschaftsverkehr mehr Raum erhält. Diese Annahme überschätzt das tatsächliche
Reduzierungspotenzial und lässt die vielfache Angewiesenheit auf den eigenen Pkw außer acht,
Angewiesenheit etwa aufgrund Arbeitsort bzw. Arbeitszeiten, aufgrund peripherer Wohnlage mit
ungenügender ÖPNV-Erschließung, aufgrund Behinderung oder altersbedingt eingeschränkter
Beweglichkeit und so weiter...
Die Faustformel „weniger MIV = bessere Bedingungen für den Wirtschaftsverkehr“ ist
insofern eine realitätsferne Wunschvorstellung.
Eine Reduzierung des MIV unter den Bedingungen einer wachsenden Stadt mit hoher Zahl von
Einpendlern kann durch Angebotspolitik oder durch Behinderungs- und Verbotspolitik erfolgen.
Eine Angebotspolitik unter den o.g. Bedingungen erfordert einen immensen Investitions- und
Zuschussbedarf, insbesondere für den ÖPNV, der bereits jetzt auf wichtigen Straßenbahnstrecken
(z.B. Linien 10/11) im Berufsverkehr selbst bei 5-Minuten-Takt an seiner Kapazitätsgrenze steht.
Ob dieser Investitions- und Zuschussbedarf finanziell bewältigt werden kann, erscheint uns fraglich.
Somit ist also der Weg in eine Behinderungs- und Verbotspolitik absehbar, wird von der
Stadtverwaltung bereits eingeschlagen und von Interessengruppen medial weiter vorbereitet.
Fakt ist: privater MIV und Wirtschaftsverkehr teilen sich denselben Straßenraum und in
Wohngebieten denselben Parkraum. Staus und stockender Verkehr treffen den Wirtschaftsverkehr
genauso wie den privaten MIV. Parkplatzmangel in Wohngebieten trifft die Anwohner genauso wie
dort tätige Handwerker und Pflegedienste. Letztere sogar mit besonderer Härte, indem sie wertvolle
Arbeitszeit für die Parkplatzsuche verschwenden müssen. Insofern ist städtisch geduldeter oder gar
geförderter Parkplatzmangel auch unsozial und arbeitnehmerfeindlich.
Die Belange des MIV und des Wirtschaftsverkehrs sind somit untrennbar miteinander
verbunden und lassen sich nicht gegeneinander ausspielen.
Die Fixierung dieses STEP auf die Kennziffer Modal Split ist nicht zielführend.
Dieser ist nur eine von mehreren Einflussgrößen und bildet für sich allein genommen das reale
Verkehrsgeschehen nur unzureichend ab. Zuallererst wird das Verkehrsaufkommen von
Einwohnerzahlen, Wirtschaftskraft und Einpendlerzahlen einer Stadt bestimmt.
Wir sind eine wachsende Stadt und wollen dies auch in Zukunft bleiben.
Dieses Wachstum ist gewollt, führt aber naturgemäß auch zu höherem Verkehrsaufkommen.
An zweiter Stelle ergibt sich das Verkehrsaufkommen aus der durchschnittlichen Zahl und Länge der
zurückgelegten Wege pro Person/Haushalt.
Diese resultieren aus einer Vielzahl von Variablen: eine positive Arbeitsmarktentwicklung führt zu
mehr Berufsverkehr (was bei Anstieg von Heimarbeit kompensiert werden könnte), höhere
Schülerzahlen führen zu mehr Ausbildungsverkehr. Die demographische Entwicklung lässt eine
Zunahme der ambulanten Pflege erwarten. Absehbar ist auch ein weiterer Wandel im
Einkaufsverhalten mit Zunahme beim Online-Shopping und mehr Lieferdiensten des stationären
Einzelhandels, also insgesamt mehr Auslieferverkehr in den Wohngebieten.
Der Modal Split als Aufteilung der zurückgelegten Wege steht insofern erst am Ende dieses
Wirkungsgefüges und sollte daher nicht ideologisch überhöht werden.
Gleichwohl sehen wir nach den bisherigen Erfahrungen, dass der Zielwert von nur noch 25%
MIV dafür missbraucht wird, um jegliche Behinderung des Autoverkehrs zu rechtfertigen.
Besonders zu kritisieren ist das nachträgliche Heruntersetzen des MIV-Zielwertes durch die
Stadtverwaltung nach Ende des Beteiligungsverfahrens. Begründet wurde dieser Schritt im
wesentlichen damit, dass eine Zielwertübereinstimmung mit dem Klimaschutzprogramm hergestellt
werden müsse.
Darin liegt ein schwerwiegender Denkfehler: aus Sicht des Klimaschutzes muss der MIV differenziert
werden, vom klassischen MIV auf Basis von Verbrennungsmotoren mit CO2-Ausstoß bis zu
Elektromobilität auf Basis erneuerbarer Energien, die CO2-Neutral und damit klimaschonend ist.
Somit ist für die Klimaschutzbilanz Elektromobilität auf Basis erneuerbarer Energien aus dem
klassischen MIV herauszurechnen und dem Umweltverbund zuzuordnen.
Gleiches gilt im übrigen auch für die Themen Lärmschutz und Luftreinhaltung.
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Angesichts des Zeithorizontes 2025 ist die Entwicklung der Elektromobilität schwer vorauszusagen,
gleichwohl bedarf es hier belastbarer Prognosewerte.
Insofern ist das Klimaschutzprogramm nachzubessern.
Bis dahin sollte auch aufgrund dieser Unwägbarkeiten auf Modal Split-Zielwerte im STEP Verkehr
verzichtet werden.
Anlagen:
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