Daten
Kommune
Leipzig
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1013858.pdf
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Erstellt
05.01.15, 12:00
Aktualisiert
06.12.18, 12:46
Stichworte
Inhalt der Datei
Einwohneranfrage Nr. VI-EF-00861
Status: öffentlich
Beratungsfolge:
Gremium
Termin
Ratsversammlung
21.01.2015
Zuständigkeit
mündliche Beantwortung
Eingereicht von
Richard Gauch, Verantwortung für Flüchtlinge e.V.
Betreff
Eintragung in das Goldene Buch
Vorwort:
Ungarn ist ein Beispiel dafür, wie ein Demokratisierungsprozess entgleisen kann, wenn
gewissenlose Populisten die Oberhand gewinnen. Darum sollten wir dies als Gefahr für die
Demokratie auch hierzulande ernst nehmen!
Seit 2010 regiert die völkische Regierungskoalition, bestehend aus der Fidesz-Bürgerunion und der
Christlich-Demokratischen Partei (KDNP) mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Ungarn. Es muss
erwähnt werden, dass die extrem rechte Partei Jobbik bei den letzten Parlamentswahlen ebenfalls
äußerst stark, nämlich als drittstärkste Partei mit fast 13% ins Parlament kam. Bei den Parlaments-,
Europa- und Kommunalwahlen 2014 wurden der Rechtstrend und die Radikalisierung der
Gesellschaft bestätigt. Zwar fiel die absolute Mehrheit der Regierungsparteien etwas schwächer aus
als vier Jahren zuvor , aber die rechtsextreme Partei Jobbik etablierte sich als zweit stärkste
politische Kraft im Lande.
Da sowohl die Regierungskoalition, als auch Jobbik die gleiche völkische Ideologie haben, ist es im
Zusammenhang mit Ungarn nicht aufschlussreich, über einen „rechten Rand“ zu sprechen, da das,
was gemeinhin die extrem rechte Ideologie oder die Ideologie der so genannten „Neuen Rechten“
ausmacht, nämlich die völkische, in Ungarn Mainstream ist.
Nation und Europa
So teilen beide die Einstellung, dass die ungarische Nation eine völkische (ung.: népnemzeti), d.h.
eine kulturell und blutmäßige und organisch entstandene Abstammungsgemeinschaft, eben eine
Volksgemeinschaft, ein Volkstum der Magyaren sei. Die Blut- und Bodenthese ist nicht nur
Kernelement der Ideologie von Jobbik, sondern auch der Regierung. Diese Ideologie ist
revanchistisch und imperialistisch, da sie unter „Nation“ ein größeres Gebiet versteht, als das, was
innerhalb der gegenwärtigen Landesgrenzen liegt, was zugleich die Infragestellung des sog.
„Schandfriedens“ von Trianon (1920) bedeutet. Entsprechend dieser Auffassung der Nation wird das
Idealbild von Europa deklariert als ein „Europa der Nationen“ aufgefasst, mit anderen Begriffen ein
„Europa der Vaterländer“, das ein Nebeneinander von homogenen Volksgemeinschaften annimmt.
In der Forschung wird diese Auffassung oder diese Europakonzeption „Ethnopluralismus“ oder
Neorassismus genannt. Nach dem Faschismusforscher Roger Griffin ist das Konzept „Europa der
Nationen“ faschistisch.
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Mediengesetz, Grundgesetz
Die reaktionäre Wende fand ihren Ausdruck in Ungarn bereits im Mediengesetz, das am 01. 01.
2011 in Kraft trat. In der sogenannten „Medienverfassung“, die als eine Art Präambel des
Mediengesetzes aufgefasst werden kann, ist neben dem Minderheitenschutz auch der „Schutz der
Mehrheit“ vorgeschrieben. Die Präambel des genau ein Jahr später (01. 01. 2012) in Kraft
getretenen neuen „Grundgesetzes“ stützt sich auf die völkische Nation. Aus der Präambel ist der
Begriff Republik verschwunden, Ungarn heisst jetzt konsequent „Magyarenland“. In der völkischen
Kommunikation zählt nicht das Individuum, sondern das nationale Kollektiv. Im Gegensatz etwa zum
deutschen Grundgesetz, in dem die Unantastbarkeit der Menschenwürde betont wird, ist in der
Präambel des ungarischen Grundgesetzes von „nationalem Glaubensbekenntnis“ die Rede. Die
daraus folgende Sakralisierung der Nation ist in Ungarn äußerst lebendig und schlägt sich vor allem
in der Verbreitung des Neuheidentums nieder. Obwohl in der Präambel die christlichen Werte
hervorgehoben werden, ist das Grundgesetz somit mitnichten christlich, sondern völkisch und
letztlich heidnisch. In der Präambel steht auch, dass die „Heilige Krone“ die Kontinuität mit der
früheren, "historischen Verfassung" sowie die "Einheit der Nation" symbolisiere. Wenn man aber
diese Hinweise aus der Kulturgeschichte kennt, dann weiß man, dass es hier um die "Lehre der
Heiligen Ungarischen Krone" geht, eine Lebensraumideologie im Karpatenbecken.
Die Menschenrechtsverletzungen können also aus dem Grundgesetz abgeleitet werden.
Aus der völkischen Auffassung des Grundgesetzes folgt, dass Mindenheitenpolitik Volkstumspolitik
ist. Das heisst, dass zwar der Schutz des „Zigeunertums“ oder des „Judentums“ betont werden,
doch der strukturelle Antisemitismus und der strukturelle Antiziganismus werden nicht nur nicht
eingedämmt, sondern sogar gefördert.
Aus der Tatsache, dass die Mehrheit (die „Volksgemeinschaft“) schützenswert ist, ergibt sich die
bereits auf die Rechtspraxis übertragene Täter-Opfer-Umkehr, nach der Minderheiten wegen
„Volksverhetzung und Magyarenfeindlichkeit“ verurteilt wurden.
Nach dem neuen Grundgesetz sei in Ungarn 1944, mit der Besetzung durch Deutschland, die
Rechtskontinuität unterbrochen worden. Es wird auf die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg
zurückgegriffen und propagiert, Ungarn sei nicht nur bis zum Abzug der Roten Armee (1991),
sondern eigentlich bis zu den Parlamentswahlen 2010 ein besetztes, letztlich „fremdbestimmtes“
Land gewesen („fremdbestimmt“ = antisemitische Konnnotation: „zionistic occupied“).
Das neue Staatsbürgerschaftsgesetz
Das neue Staatsbürgerschaftgesetz das dem Ius-Sanguinis-Prinzip folgt, bezieht die im Ausland
lebenden VolkstumsmagyarInnen inzwischen nicht nur kulturell, sondern auch rechtlich-administrativ
in den Nationsbegriff. VolkstumsmagyarInnen können demnach auch dann die ungarische
Staatsbürgerschaft erhalten, wenn sie nicht in Ungarn leben.
Infolge der völkischen Staatsbürgerschafts- und Sozialpolitik wurde die auf etwa 10 Mio. geschätzte
Bevölkerung Ungarns in den letzten vier Jahren nach ethnischen Gesichtspunkten regelrecht
umstrukturiert. Während auf der einen Seite über eine halbe Million AuslandsmagyarInnen die
ungarische Staatsbürgerschaft erhielten, so dass sie auch im Sozialsystem wahrnehmbar sind,
fielen in der gleichen Zeit innerhalb des Landes infolge der rassistischen, vor allem
antiziganistischen Sozialpolitik etwa genau so viele aus dem sozialen Netz, während etwa noch
einmal genau so viele (regierungskritische Linksliberale oder rassistisch Bedrohte) das Land
verlassen mussten. Zugleich wächst der Homogenisierungsdruck auf die Andersdenkenden im
Land. Durch das neue menschenunwürdige Sozialgesetz leben heute zudem etwa vier Millionen
Menschen unterhalb der Armutsgrenze.
Sozialdarwinismus, Bildungs- und Kulturpolitik
Neben den verschiedenen Formen von Rassismen wird auch der Sozialdarwinismus in Ungarn
institutionell befeuert. Dies zeigt sich nicht nur in einem Boom revisionistischer historischer Bezüge
wie beispielsweise Würdigungen für das langjährige ungarische Staatsoberhaupt Miklós Horthy, der
bereits weit vor dem 2. Weltkrieg antijüdische Gesetze erließ und Mitverantwortung am Holocaust
gegen die ungarischen JüdInnen trug. Im Nationalen Grundlehrplan (NAT) werden zudem
antisemitische Schriftsteller der Zwischenkriegszeit als Lektüre empfohlen. Antisemitische und
revisionistische Historiker und Journalisten sowie rechtsradikale Künstler werden staatlich gefördert
und ausgezeichnet. Der 2011 ausgezeichnete Journalist Zsolt Bayer schrieb im Fidesz-nahen
Rechtsaußenblatt „Magyar Hírlap“: „Ein bedeutender Teil der Zigeuner ist nicht geeignet, unter
Menschen zu leben. Sie sind Tiere. Diese Tiere sollen nicht sein dürfen. In keiner Weise. Das muss
gelöst werden - sofort und egal wie.“
Medien
Ein Medienpluralismus und ein freier Informationsfluss existieren de facto nicht mehr, selbst die
„öffentlich-rechtlichen“ Medien sind völkisch gleichgeschaltet. Oppositionelle kommen in ihnen kaum
zu Wort, im Gegenteil, gegen sie wird gehetzt, so dass „Linksliberale“ inzwischen das gemeinsame
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Feindbild von Fidesz-KDNP und Jobbik sind. Es gibt einen einzigen oppositionellen Fernsehsender
und zwei Radiosender, die jedoch nur in Budapest oder nur übers Internet zu empfangen sind. Das
Internet ist frei und ist somit Schauplatz der oppositionellen Aktivitäten schlechthin, so z.B. das
Facebook.
Wahlgesetz
Das neue Wahlgesetz und die Neuordnung der Wahlbezirke in Ungarn bringen eindeutig der
Regierungskoalition in Vorteil. Die von der Fidesz vorgeschlagene WählerInnenregistrierung richtet
sich vor allem gegen soziale deklassierte, mehrheitlich auf dem Land lebende Roma und ist eine
Hürde bei der Ausübung der demokratischen Teilhabe. Nach der Analyse von Kim Lane Scheppele
(https://www.law.upenn.edu/cf/faculty/kscheppe/) unterscheidet das neue Wahlgesetz verschiedene
Kategorien der StaatsbürgerInnen. Durch das Nationalitätenwahlgesetz, von dem vor allem Roma
und Romnja betroffen sind, werden diese gezwungen, entweder den Vertreter, die Vertreterin ihrer
nationalen Minderheit oder eine Partei zu wählen. Haben sie sich für eine Version entschieden,
müssen sie für immer dabei bleiben, sie können sich nicht entregistieren. Andere Wahlberechtigte
trifft dieses Gesetz nicht. Die AuslandsmagyarInnen in den Nachbarländern können sich online für
die Wahlen registrieren lassen und können per Briefwahl wählen, während die in den letzten Jahren
ausgewanderten Wahlberechtigten bei der online Registrierung viel mehr Hürden nehmen müssen
und persönlich an den Auslandsvertretungen erscheinen müssen. Gehindert werden sie durch
falsche Informationen seitens der Behörden.
Wohl diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Regierungskoalition noch immer die
Wählermehrheit für sich behaupten kann.
Feindbilder – Antisemitismus, Homophobie
In der Gesamtkommunikation der Regierung sind immer wieder antisemitische Konnotationen zu
entdecken, vor allem, dass die Linken fremdbestimmt seien. In der Fachliteratur heisst dies die
Annahme einer „zionistic occupied“ (zionistisch besetzten) Partei, und im Hintergrund dieser
Konnotation steckt der „Mythos vom jüdischen Kommunismus“. Linke Politiker werden immer wieder
von Regierungsmitgliedern antisemitisch angegriffen, und auch die liberale Intelligenz oder liberale
Journalisten gehören zu den Feindbildern der Regierung. Da das Grundgesetz nur die Ehe zwischen
Mann und Frau anerkennt, folgt daraus die homophobe Haltung der Regierung.
Der antisemitische, antiziganistische und homophobe Hass richtet sich außer den jüdischen
Gemeinden auch gegen Linke und Linksliberale, gegen Roma und Romnja, gegen Arme und
Obdachlose sowie gegen die LGBTQ-Community.
Antiziganismus
Nicht nur, dass die Angehörigen der größten Minderheit Europas in Ungarn in großer Armut,
ausgegrenzt von Bildung, Gesundheitsvorsorge und gesellschaftlicher Teilhabe leben. Die völkische
Regierung treibt die Diskriminierung und Ausgrenzung mit faktischen Sondergesetzen auf die Spitze.
Bürgerrechtsorganisationen sprechen bereits von tagtäglichen Menschenrechteverletzungen von
Amts wegen.
Maßnahmen, die sich vor allem gegen Roma richten:
Die Auszahlung von Sozialhilfe wird seit 2012 an den Zwang zu gemeinnütziger Arbeit und
Ordnungskontrollen in Wohnungen geknüpft, das Pflichtschulalter wurde auf das Ende des 15.
Lebensjahres herabgesetzt, junge Frauen unter 18 bekommen keine Erstgeburtshilfe („unter 18
haben die ihren Platz in der Schulbank“), an manchen Orten dürfen Romakinder am
Schwimmunterricht nicht teilnehmen, weil sie „das Wasser verschmutzen“, in Roma Ghettos, mit
Häusern ohne Wasseranschluss wurden letzten Sommer öffentliche Brunnen gesperrt, um den
„übermäßigen Wasserverbrauch“ einzudämmen, und zu alledem hat Superminister Balog die
„liebevolle Segregation“ von Romakindern eingeführt. Das bedeutet nach der Meinung des
Bürgerrechtlers Aladár Horváth nicht die erwünschte Emanzipation, sondern die Ausbildung einer
Gruppe, die loyal ist gegenüber der gegenwärtigen Regierung und die perspektivisch als
Multiplikator die völkische Idee verbreiten soll. Diese junge Elite verbreite bereits heute
antiziganistische Stereotype. (diese Maßnahme wurde zwar gerade als verfassungswidrig erklärt,
doch eingeführt ist sie dennoch).
Auch Arme und Obdachlose werden tagtäglich kriminalisiert, sie erfahren einen strukturellen
Rassismus. Ein 2011 Jahr erlassenes Gesetz legitimiert die Vertreibung von Wohnungslosen aus
dem öffentlichen Raum. Für die Betroffenen bedeutet dies heftige Geldstrafen, Inhaftierung und
Gewalt durch Sicherheitsdienste und Behörden. Nachdem das Verfassungsgericht auch dieses
Gesetz kassiert hatte, hat das de facto-Verbot der Wohnungslosigkeit seit März 2013
Verfassungsrang.
Die menschenrechtswidrige offizielle ungarische Politik bestärkt die, die ihre menschenfeindlichen
Einstellungen in Gewalt umsetzen. 2013 wurden die drei Mörder von sechs Roma zu lebenslangen
Haftstrafen verurteilt. Wie im Fall des Nationalsozialistischen Untergrund in Deutschland
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bescheinigen BeobachterInnen des Prozesses den Behörden ein inkonsequentes und rassistisch
gefärbtes Vorgehen bei den Ermittlungen. Die ungarische Gesellschaft habe auf die rassistischen
Gewalttaten „im Großen und Ganzen gleichgültig und verschlossen“ reagiert, so der Bürgerrechtler
Aladár Horváth.
Paramilitärs
Die mangelnde Abgrenzung der Fidesz von der neonazistischen Jobbik-Partei, die Roma mit der
eigenes gegründeten paramilitärischen „Neue ungarischen Garde“ (trotz ihres rechtskräftigen
Verbotes 2009) weiterhin einschüchtert, schlägt sich unter anderem in der Erweiterung der Rechte
paramilitärischer Bürgerwehren nieder (mit dieser Gesetzesnovellierung wurde das Recht auf
bewaffneten Selbstschutz auf eigenem Grund und Boden eingeführt).
NGO-s, universale christliche Kirchen, Opposition
Die Arbeit von demokratischen NGOs wird administrativ behindert oder juristisch verfolgt, während
paramilitärische Organisationen nicht nur weiter agieren, sondern sich aufrüsten und
Trainingscamps abhalten dürfen. Da der Universalismus als Feindbild gilt, werden nicht-völkische,
universal-christliche Gemeinden an ihrer Arbeit gehindert. Die Opposition ist gesplittert. Die
Splitterung erfolgt jeweils entlang der ideologischen Linie völkisch-weniger-völkisch oder völkischnicht-völkisch. Es gibt jedoch kaum Gruppierungen, die sich dem immensen ethnonationalistischen
Sog dezidiert widersetzen und konsequent die universalen Menschenrechte vertreten. Selbst die
Gruppen, die die Bezeichnung „antifaschistisch“ in ihren Namen tragen, vertreten einen regressiven
Antikapitalismus und einen „Antisemitismus von Links“, ja sie sind alle – mehr oder weniger –
antizionistich-israelfeindlich eingestellt.
5. März 2014
Magdalena Marsovszky
Lehrbeauftragte Hochschule Fulda – Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften, Mitglied im
Villigster Forschungsforum zu Nationalsozialismus, Rassismus und Antisemitismus e.V.
(http://forschungsforum.net/user/107)
Am 30.07.2014, dem Referat Protokoll und somit dem OBM zur Kenntnis gestellt:
Die Rede zur Beendigung der liberalen Demokratie in Ungarn durch den ungarischen
Ministerpräsidenten Viktor Orban:
In der Welt herrscht ein Wettrennen darum, wer (…) jenen Staat erfindet, der am ehesten dazu in
der Lage ist, eine Nation international erfolgreich zu machen. (…) Das „Schlager-Thema“ im
allgemeinen Denken ist es, jene Systeme zu verstehen, die nicht westlich, die nicht liberal, die keine
liberalen Demokratien, die vielleicht sogar nicht einmal Demokratien sind, die aber dennoch
Nationen erfolgreich machen. Die „Stars“ in den internationalen Analysen sind nämlich Singapur,
China, Indien, Russland, die Türkei. (…) Das, was wir in den letzten vier Jahren gemacht haben und
was wir in den nächsten vier Jahren machen werden, ist tatsächlich auch von daher zu
interpretieren. Indem wir uns von den in Westeuropa akzeptierten Dogmen und Ideologien lossagen
und uns von ihnen unabhängig machen, suchen wir (….) jene Form der Gemeinschaftsorganisation,
jenen neuen ungarischen Staat, die dazu in der Lage sind, unsere Gemeinschaften mit einer
jahrzehntelangen Perspektive im großen Wettrennen der Welt wettbewerbsfähig zu machen.
Bisher kannten wir drei Formen der Staatsorganisation: den Nationalstaat, den liberalen Staat und
den Wohlfahrtsstaat. Die Frage lautet nun: was kommt als nächstes? Die ungarische Antwort darauf
lautet: es dürfte das Zeitalter des arbeitsbasierten Staates folgen. Wir wollen eine arbeitsbasierte
Gesellschaft organisieren, die – wie ich schon früher erwähnte – das Odium auf sich nimmt, dass sie
offen ausspricht, dass sie hinsichtlich ihres Charakters keine liberale Demokratie ist.
(…)
Mit den liberalen Prinzipien und Methoden der Organisierung einer Gesellschaft und überhaupt mit
dem liberalen Verständnis von Gesellschaft müssen wir brechen. (…)
Ich bin gegen jene europäische Politik, die die Einwanderung akzeptiert und unterstützt. Das muss
man entschieden, klar und nüchtern aussprechen. Ich konnte das noch nicht zur europäischen
Position machen, weil man mich immer überstimmt. (…) Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem die
ethnischen Grundlagen der Nationalstaaten in Frage gestellt werden. Wollen wir das ?
Am 4. August 2014, dem Referat Protokoll und somit dem OBM zur Kenntnis gestellt:
Der ungarische Superminister Zoltán Balog bestreitet Aspekte des Roma Holocaust
Staatliche Geschichtsfälschung auf neuen Höhen: Ausgerechnet anlässlich des Roma-HolocaustGedenktages erklärte der für die Romaintegration zuständige Minister Zoltán Balog, aus Ungarn
habe es keine Deportationen von Roma in die Vernichtungslager der Nazis gegeben. Kritiker sehen
den Straftatsbestand der partiellen Holocaustleugnung erfüllt.
Als „Porajmos“ (dt. „das Verschlingen“) wird in Romanes der Genozid an den Sinti und Roma
während der Zeit des Nationalsozialismus bezeichnet. Am 2. August 1944 wurden fast 3000 Sinti
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und Roma im KZ Auschwitz-Birkenau von den Nazis ermordet, darunter viele aus Ungarn. Historiker
gehen europaweit von über 100 000 Opfern aus.
Jedes Jahr am 2. August wird in Ungarn an die Opfer des Porajmos erinnert, auch von staatlicher
Seite.
Minister für Humanressourcen Zoltán Balog (Fidesz), der auch für die Romaintegration zuständig ist,
erklärte anlässlich des Gedenktags im staatlichen Kossuth Radio, aus Ungarn habe es keine
Deportationen von Roma in die Vernichtungslager der Nazis gegeben, und eine übertriebene
Opfermentalität erzeuge Schizophrenie wie im Fall der jüdischen Holocaustüberlebenden und ihren
Nachkommen. Die größte Tragödie für die Roma, so Balog, sei weniger der Holocaust, sondern
dass sie ein “Volk ohne Geschichte” seien. Im Kontext der Mordserie an Roma 2008/09, deren
letzter Mord ausgerechnet am 2.August 2009 verübt wurde, sagte Balog “ironisch”, “die Mörder
besaßen offenbar einen Sinn für Stil, ihren Haß auf diese Volksgruppe auf diese Weise zu zeigen.”
http://hungarianfreepress.com/2014/08/04/zoltan-balog-denies-aspects-of-roma-holocaust-and-saysvictimhood-leads-to-schizophrenia/
Eine Eintragung eines Vertreter der jetzigen ungarischen Regierung kann nicht für richtig geheißen
werden. Dabei geht es uns nicht um die Kritik an konkreten Personen, sondern um eine Kritik an den
politischen Veränderungen, die von der ungarischen Regierung in den letzten Jahren auf den Weg
gebracht wurden und für die jeder Repräsentant des ungarischen Staates Verantwortung trägt.
Burkhard Jung stellte klar: „Niemand kann in Leipzig unwidersprochen Reklame für ein
pseudodemokratisches Regime machen.“
(LVZ 20.09.2012)
Die Wahrheit:
9. Oktober 2014 – Der Ungarische Staatspräsident, Vertreter der rassistischen, antisemitischen,
demokratiefeindlichen und Teile des Holocaust leugnenden, der neofaschistisch eingestellten
Ungarischen Regierung, Dr. János Áder, darf sich in Anwesenheit des Leipziger
Oberbürgermeisters, Burkhard Jung, in das Goldene Buch der Stadt Leipzig eintragen.
In Deutschland werden Gruppen und Parteien, bei denen Rassismus, Antisemitismus,
Fremdenfeindlichkeit, Demokratiefeindlichkeit und selbst Teile des Holocaust leugnendes Verhalten
vorliegt, berechtigter Weise als Neofaschisten bezeichnet! Dieses Prinzip der öffentlichen
Darstellung dieses Personenkreises sollte und darf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
auch auf die derzeitige ungarische Regierung angewandt werden.
Einwohneranfrage
Warum haben Sie, Herr Oberbürgermeister, trotz Wissens um die rassistische, antisemitische,
demokratiefeindliche und Teile des Holocaust leugnende, neofaschistische Einstellung der
ungarischen Regierung ganz persönlich entschieden, deren offiziellen Vertreter, den ungarischen
Staatspräsidenten Janos Áder, in das „Goldene Buch der Stadt Leipzig“ eintragen lassen?
Unterfragen:
1. Haben Sie die Absicht der Eintragung von Janos Áder als Vertreter der rassistischen,
antisemitischen, demokratiefeindlichen und neofaschistischen ungarischen Regierung in das
Goldene Buch der Stadt Leipzig im Vorfeld mit dem Ältestenrat abgesprochen?
2. Im Jahr 2012 haben sie den Standpunkt vertreten, dass „niemand in Leipzig unwidersprochen
Reklame für ein pseudodemokratisches Regime machen kann.“ Was waren dennoch Ihre ganz
persönlichen Beweggründe, zwei Jahre später das Gegenteil zu tun und den Vertreter der
rassistischen, antisemitischen, demokratiefeindlichen und Teile des Holocaust leugnende und
neofaschistisch eingestellten ungarischen Regierung in das „Goldene Buch“ der Stadt Leipzig
eintragen zu lassen?
3. Werden Sie die Eintragung des Vertreters der rassistischen, antisemitischen,
demokratiefeindlichen und Teile des Holocaust leugnenden und neofaschistisch eingestellten
ungarischen Regierung aus dem „Goldene Buch“ der Stadt Leipzig entfernen?
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