Daten
Kommune
Leipzig
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24.09.18, 15:15
Aktualisiert
13.12.18, 07:56
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RATSVERSAMMLUNG VOM 27. SEPTEMBER 2018
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Eröffnung und Begrüßung
Bürgermeister Bonew: Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Fortsetzung der Sitzung der
Ratsversammlung vom 19.09.2018 und begrüße
alle Stadträtinnen und Stadträte, Journalistinnen
und Journalisten sowie weitere Gäste.
Die Niederschrift der heutigen Sitzung wird von
Herrn Keller und Frau Gabelmann unterzeichnet. - Gibt es dagegen Einwände? - Ich sehe, das
ist nicht der Fall.
Die Tagesordnung wurde im Amtsblatt Nr. 16 am
15.09.2018 bekannt gemacht.
Entschuldigt haben sich von der CDU-Fraktion
Frau Dr. Heymann, Frau Niermann, Herr Tornau,
Herr Lehmann, Herr Zeitler und Herr Heinrich, von
der Fraktion DIE LINKE Herr Grosser, Frau
Lange, Frau Nagel, Herr Pellmann und Herr
Schlegel, von der SPD-Fraktion Herr Walter, Frau
Wohlfarth und Frau Glöckner sowie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr von der Heide.
Ich verweise auf § 20 der Sächsischen Gemeindeordnung im Falle von möglichen Befangenheiten.
Ich bitte die Stadträtinnen und Stadträte, die die
Sitzung vorzeitig verlassen müssen, das entsprechend mitzuteilen.
2
Feststellung der Beschlussfähigkeit
Um 16.00 Uhr waren 38 Stadträtinnen und Stadträte anwesend. Das entspricht 53 Prozent. Damit
sind wir beschlussfähig.
3
Feststellung der Tagesordnung
Da wir in der Sitzung am 19.09. die Tagesordnung
nicht in Gänze abgearbeitet haben, setzen wir
heute fort. Folgende Tagesordnungspunkte wurden bereits am 19.09. behandelt und müssen
heute nicht mehr aufgerufen werden: TOP 4 bis
17.17, TOP 18 bis 21.3, TOP 21.5, 21.7, 21.8,
TOP 21.22 bis 21.25 sowie die Vorlage im nichtöffentlichen Teil.
TOP 21.4 wird nach TOP 21.32 aufgerufen.
Ich erinnere an die vereinbarten Redezeiten: der
erste Redner einer Fraktion fünf Minuten, jeder
weitere Redner derselben Fraktion zwei Minuten.
Gibt es von Ihnen noch Ergänzungen oder Bemerkungen zur Tagesordnung? - Das ist nicht der
Fall. Dann stelle ich die Tagesordnung sowie die
ordnungsgemäße Ladung fest.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 17.18 auf:
17.18 Quartiersentwicklung
„Eutritzscher
Freiladebahnhof“: Masterplan und ergänzender städtebaulicher Vertrag (VIA-06105-NF-03)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Einreicher: SPD-Fraktion
17.18.2 Petition: Kostenlose Übertragung der
öffentlichen Flächen beim Bauprojekt
Eutritzscher Freiladebahnhof (VI-P06198-DS-01)
Einreicher: Petitionsausschuss
17.18.1 dazu VSP (VI-A-06105-NF-01-VSP-02)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Herr Elschner bringt den Antrag ein.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Bonew, in Vertretung von
Oberbürgermeister Jung! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Sehr geehrte Gäste und Zuseher am Livestream! „Man braucht eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt.“ Diesen Satz sagte der
grüne Spitzenkandidat Ludwig Hartmann im gestrigen großen TV-Duell zur Bayerischen Landtagswahl. - Wie recht er mit diesem Satz doch hat!
Die Antragstellerinnen, die Fraktionen DIE LINKE,
die SPD-Fraktion und meine Fraktion, denken mit,
bevor die Bagger kommen sollen. Die Antragstellerinnen kontrollieren die Verwaltung, unterstützen diese und gestalten auch mit. Das ist unser
Auftrag als Stadträtinnen und Stadträte. Wir nicken nicht einfach mal so irgendeine Hinterzimmerpolitik ab, im Gegenteil.
Im Sinne der kooperativen Baulandentwicklung
und weil wir die bislang durchgeführte Bürgerbeteiligung und die bisher erzielten Ergebnisse in
Bezug auf die Quartiersentwickung auf dem ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhof ernst nehmen, haben wir drei Fraktionen diesen Antrag gestellt. Wir nehmen uns der Sorgen und Nöte der
Clubbetreiber an, nehmen Gewerbetreibende mit
ihren Belangen erst und auch die Teilnehmenden
beim Nachbarschaftsforum, die ihr entgegengebrachtes Vertrauen nicht enttäuscht wissen möchten.
Kolleginnen und Kollegen Stadträte, als Antragstellerinnen sprechen wir uns für am Gemeinwohl
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
orientierte Grundstücksübertragungen auf dem
Gelände des ehemaligen Freiladebahnhofs aus;
denn durch eine höhere Dichte und ein mehr an
Bruttogeschossfläche, die wir drei Antragstellerinnen ausdrücklich begrüßen, wird mehr Platz für
Wohnen und Arbeiten in dem neuen Stadtquartier
geschaffen.
Zum Ausgleich dieses wirtschaftlich nicht unerheblichen Vorteils, den die Vorhabenträgerin
dadurch erhält, sprechen wir uns gleichzeitig für
eine Übertragung von bestimmten Baufeldern und
Flächen aus, weil damit natürlich auch die Anforderungen an die Infrastruktur steigen.
Mit der Sicherung von Gemeinbedarfsflächen soll
und muss unseres Erachtens die Stadt die gestalterische Möglichkeit erhalten, in diesem neuen
Stadtquartier mit einer Kulturmeile, einem Sportpark sowie der Beförderung experimentellen
Wohnens, idealerweise im Sinne kooperativer
Wohnprojekte, wichtige stadtentwicklungspolitische Ziele verwirklichen zu können.
Im Gegenzug ist es natürlich richtig, wenn in den
weiteren Planungen und Verhandlungen auch der
erkennbare Mehrbedarf an Einzelhandelsflächen
und einzelhandelsnahen Dienstleistungen mit abgehandelt wird. So, denke ich, funktioniert im besten Sinne ein Interessenausgleich.
Die Neufassung des Verwaltungsstandpunkts, die
erst gestern Nachmittag im ALLRIS veröffentlicht
wurde, zeigt: Unser Antrag mit seiner Intention
war nicht umsonst. Er war richtig und wichtig.
Wir drei Fraktionen können in Bezug auf die uns
bisher vorliegenden Verhandlungsergebnisse von
einem ersten größeren Teilerfolg sprechen:
Die Grundstücksübertragungen an die Stadt für
kulturelle, soziale und innovative Einrichtungen
als sogenannte Wohnfolgeeinrichtungen werden
kommen.
Die Vorhabenträgerin wird auf eigene Kosten die
Instandsetzung und Herrichtung der Gebäude
„Lokschuppen“ und „Ladeschuppen“ nach mittlerem üblichem Standard für Wohnfolgeeinrichtungen übernehmen.
Auch bei der Erbringung von Planungsleistungen
wird es künftig eine klare Regelung geben für den
Fall, dass nicht fristgerecht erfüllt wird; denn - und
das muss an dieser Stelle auch gesagt werden -:
Der Masterplan hätte bereits im zweiten Quartal
2018 vom Stadtrat beschlossen werden müssen.
Es ist nicht erkennbar, jedenfalls aus meiner Sicht
nicht, dass für den Verzug die Stadtverwaltung
hätte verantwortlich gemacht werden können.
In Bezug auf das von uns geforderte ökologische
Konzept und Vorzeigequartier begrüßen wir An-
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tragstellerinnen, dass nicht nur die Regenwasserversickerung, das Stadtklima, die Begrünung im
Allgemeinen und die Dachbegrünung im Besonderen eine gewichtige Rolle spielen, sondern
auch die Mobilität in diesen Sachzusammenhang
fällt. Und so fordere ich Anstrengungen dahin gehend ein, dass es in der Umsetzung zu einer qualitätsvollen Radverkehrsverbindung entlang der
Bahnstrecke kommt.
Erst letzte Woche, liebe Kollegen und Kolleginnen, sind Sie mehrheitlich dem Grünen-Antrag
gefolgt, dass die Stadt Leipzig Mitglied im Förderverein Bundesstiftung Baukultur e. V. werden soll.
Bekanntlich soll das neue Stadtquartier nicht nur
hochwertig, sondern auch lebendig und nutzerorientiert gestaltet werden. In Zusammenhang mit
der Entstehung dieses neuen Stadtquartiers wird
abermals deutlich, wie wichtig das Thema Baukultur mit all seinen Facetten ist. Deshalb ist es zu
begrüßen, dass es ein verbindliches und für den
Vorhabenträger verpflichtendes Gestaltungshandbuch geben soll.
In Bezug auf das Bürgerbeteiligungsverfahren
gab es einige Irritationen: Werden die Ergebnisse
der Bürgerbeteiligung etwa umgeschrieben? Warum wurde das Protokoll zum letzten Nachbarschaftsforum so lange nicht veröffentlicht? Es liegt
uns mittlerweile vor. Aber diese aufgeworfenen
Fragen zeigen uns, wie wichtig es ist, dass sich
Stadt und Vorhabenträgerin noch einmal über die
Rahmenbedingungen, Inhalte und Vorgehensweisen genau verständigen. Und: Bevor es endgültige Festlegungen dazu gibt, bitte koppeln Sie,
Frau Bürgermeisterin Dubrau, die Vorabergebnisse dem Fachausschuss Stadtentwicklung und
Bau rück! Gute Bürgerbeteiligung lebt von Vertrauen. Das bisher von den Teilnehmenden entgegengebrachte Vertrauen darf nicht fahrlässig beschädigt werden.
Das experimentelle Wohnen wollen Stadt und
Vorhabenträgerin weiter prüfen. Das begrüßen
wir. Die Messen sind also noch nicht gänzlich gesungen bei diesem Thema. An dieser Stelle
bringe ich doch noch mal rein vorsorglich unseren
Vorschlag ein, dass bestimmte Grundstücksübertragungen doch bitte zum Zwecke der Konzeptvergabe im Erbbaurecht durch die Stadt erfolgen
mögen, weil Konzeptvergaben im Erbbaurecht
durch eine Kommune eben auch eine bodenpreisdämpfende Wirkung zukommt.
Meine Damen und Herren, große Teile des Verwaltungsstandpunkts gehen in der Neufassung
unseres Antrags auf. In Bezug auf Sportpark und
Erhaltung der Clubs werden meine Nachredner*innen sicherlich noch detaillierter Stellung
nehmen. Ich darf uns, den Stadtrat, jedenfalls bitten, der Neufassung des Antrags der Fraktionen
DIE LINKE, SPD und Bündnis 90/Die Grünen zuzustimmen, damit die Quartiersentwicklung am
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Freiladebahnhof im Sinne der kooperativen Baulandentwicklung auch künftig zielorientiert und
vertrauensvoll weitergehen kann. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Die
nächste Wortmeldung kam von Herrn Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr
Bonew! Werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Werte Bürgermeister! Werte Gäste auf der
Tribüne! Ich möchte meine Rede mit einem Zitat
beginnen:
Wenn Sie 250 Millionen Euro haben,
dann schmeißen Sie das Geld zum
Fenster raus, und es kommt zur Tür wieder rein. Sie kaufen Autos, die werden
mehr wert. Sie kaufen Häuser, die werden mehr wert. Sie gehen in Gold, das
wird mehr wert.
Dieses Zitat stammt von Christoph Gröner, Vorsitzender und Begründer der CG Gruppe. Es sei ihm
gegönnt, dass er viel Geld verdient. Am Freiladebahnhof waren wir als Stadt leider nicht in der
Lage, die Grundstücke selber zu kaufen, sondern
haben das einem Privaten überlassen. Von daher
müssen und können wir auch gut damit leben,
wenn er Geld in dieser Sache verdient. Die Rahmenbedingungen in Leipzig stimmen. Leipzig
wächst und ist eine der attraktivsten Großstädte
in Deutschland.
Auch wir wollen, dass es am Eutritzscher Freiladebahnhof weitergeht, und haben mit unserem
gemeinsamen Antrag für neuen Schwung gesorgt. Das zeigt auch der Verwaltungsstandpunkt.
In der Tat ist vieles bereits aufgegangen.
Wir haben auch viel Gutes im städtebaulichen
Vertrag im April beschlossen. Auch hierfür ein Lob
an die Stadtverwaltung! Darin wurde geregelt:
Grünflächen werden kostenfrei übertragen. Teile
der Flächen für Kitas und Schulen werden kostenfrei übertragen. Es werden Teile der Kosten für
den Bau von Kitas und Schulen übernommen. Es
wurde beschlossen, dass ein ökologischer Stadtteil entwickelt wird. Das soll jetzt noch einmal konkretisiert werden. Es fand auch eine umfangreiche
Bürgerbeteiligung statt, in der die Bürgerinnen
und Bürger ihre Wünsche geäußert haben.
Im Laufe der Zeit kann es immer mal auch zu Veränderungen kommen; richtig. Die Quadratmeterzahlen sollen deutlich erhöht werden. Das bedeutet: mehr Wohnraum, auch mehr preisgedämpfter
Wohnraum, aber auch viel mehr Gewerbeflächen.
Indirekt geht aus dem Verwaltungsstandpunkt
hervor, dass sehr viel mehr Einzelhandelsflächen
geschaffen werden sollen, was eigentlich dem
STEP Zentren widerspricht. Dafür müssen wir
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eine Lösung suchen, auch im Entgegenkommen
gegenüber dem Investor.
Wir sollten uns als Stadtrat gerade bei einem so
bedeutenden Projekt wie diesem bewusst sein,
dass dieses Quartier eine weit darüber hinausgehende Ausstrahlung entfalten wird. Wir sollten da
durchaus selbstbewusst auftreten. Die kooperative Baulandentwicklung ist ein sehr gutes Instrument. Ich glaube, es ist sehr gut, dass wir die gewählt haben. Mehr Wohn- und Gewerbeflächen
bedeuten eine höhere Dichte. Das ist vor dem
Hintergrund der Innen- vor Außenentwicklung zu
unterstützen. Das Projekt wird noch attraktiver für
den Investor. Ich bin schon der Meinung: Bei 15
Prozent mehr Gewerbeflächen können wir auch
ein Stück weit Entgegenkommen von ihm erwarten.
Was wollen wir konkret? Es wurde ja etwas aufgebauscht, wir würden extrem viel von dem Investor verlangen. Wenn man es herunterbricht, ging
es uns konkret um die Kulturflächen und die Übertragung der Flächen für den Sportpark sowie um
den Lokschuppen und um experimentelles Wohnen. Zu vielen Punkten nimmt der neue Verwaltungsstandpunkt Stellung.
Beim experimentellen Wohnen müssen wir noch
sehen, was die Verhandlungen letztendlich ergeben. Die Verwaltung schreibt selbst: Man prüft gemeinsam mit dem Investor, welche Möglichkeiten
sich diesbezüglich finden lassen, auch um den Interessen des Stadtrats zu entsprechen. Wichtig
ist: Mit experimentellem Wohnen meinen wir nicht
Wohnungen im Hochpreissegment. So wie die
bisherigen Planungen aussehen, würde es aber
genau dazu führen. Wer sich den Bebauungsplan
anguckt, stellt fest, dass das quasi in sich geschlossene Gebiete, eventuell sogar abgesperrte
Gebiete werden sollen. Ich glaube, da muss noch
einmal nachverhandelt werden.
Wir wollen, dass es weitergeht. Wir wollen natürlich auch die Grundstücke für Kitas und Schulen.
Wir wollen die Schulplätze, wir wollen die Kitaplätze.
Worüber am meisten in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist die Kulturmeile. Ja, wir würden uns
wünschen, wenn „So&So“ und „TV-Club“, die
beide nur noch für eine befristete Zeit auf dem Gelände bleiben dürfen, dort bleiben könnten. Wir
glauben auch, dass das möglich ist. Im Leipziger
Süden befindet sich das „Absturz“ in unmittelbarer
Nähe zur Wohnbebauung. Das „Flowerpower“ ist
in einem Wohnhaus. „Noels Ballroom“ ist in einem
Wohnhaus. Das „UT Connewitz“ ist in einem
Wohnhaus. Das „Werk 2“ ist in unmittelbarer Nähe
zur Wohnbebauung. Überall geht’s. Warum soll es
dort keine Lösung geben?
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Es wurde ja berichtet, dass zumindest der eine
Club einen wackligen Mietvertrag eingegangen
ist, auf den wir aber letztendlich keinen Einfluss
haben. Wenn der Investor es will, dann zieht er
das durch, aber dann nicht mit meiner Zustimmung, mit meiner moralischen Unterstützung.
Wenn er das durchzieht, muss er auch die persönliche Verantwortung dafür übernehmen. Dann
muss er sagen: Ich habe keinen Bock auf einen
Sportpark, der ist mir zu laut. Ich habe keinen
Bock auf einen Club, der ist mir zu laut. Ich will
Gewinnmaximum. - Dann soll er das auch aussprechen, nicht aber uns als Stadtrat vors Loch
schieben.
Heute stand in der Zeitung, man habe sich mit
77 Unternehmen geeinigt und eine gute Lösung
gefunden. - Wissen Sie, wie viele Unternehmen
tatsächlich ein Angebot der CG Gruppe für ein
Objekt angenommen haben? Null! Null Unternehmen haben ein Angebot der CG Gruppe tatsächlich angenommen. Nun kann man spekulieren,
warum das so ist. Vielleicht waren ja auch viele
Alibiangebote darunter. Wenn man ein Objekt wie
einen Club mit einer Fläche von nur 8 x 10 Quadratmeter anbietet, ist es vielleicht auch logisch,
dass da nichts kommt. Wie gesagt, ich werde dafür nicht die Verantwortung übernehmen, wenn
die Clubs dort verschwinden. Diese Verantwortung muss der Vorhabenträger selbst übernehmen. Wenn er das so will, muss er es halt tun.
Wir versuchen es aber jetzt noch einmal. Mit der
Neufassung unseres Antrags, in die wir faktisch
den Verwaltungsstandpunkt übernommen haben,
fordern wir noch einmal einen Beschluss im Stadtrat zu dem dann qualifizierten - oder wie immer
man das nennen will - städtebaulichen Vertrag.
Wir möchten über den Masterplan abstimmen, optimalerweise bis Jahresende. Ich glaube, es
kommt auch dem Investor, der dort oben sitzt, entgegen, dass das möglichst schnell über die Bühne
geht und wir hier im Stadtrat darüber abstimmen.
Alles andere sind erst einmal nur Appelle, Wünsche, die wir als Verhandlungsauftrag gerne mitgeben.
Wir haben noch eine Formulierung im Antrag geändert, weil uns gesagt wurde, dass „einzuschreiten“ eventuell juristisch schwierig sein könnte.
Deswegen heißt es jetzt: „Die Stadtverwaltung
setzt sich ein ...“, was bedeutet: Die Stadtverwaltung versucht, noch einmal mit dem Investor zu
reden, ob die Mietverträge wenigstens so lange
verlängert werden können, bis dort tatsächlich die
Bagger rollen. Wir wissen alle, wie lange ein BPlan-Verfahren dauert und es tatsächlich losgeht.
Ich bin davon überzeugt, dass wir selbstbewusst
auftreten sollten. Leipzig ist eine tolle, eine prosperierende Stadt. Die Stadt ist attraktiv für Investorinnen und Investoren. Dieses Projekt wird auch
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mit den von uns gewünschten und erhofften weiteren Anpassungen zu einem Erfolg für die CG
Gruppe. Ich bin davon überzeugt, dass auch bei
diesem Projekt für die CG Gruppe deutlich mehr
Geld zur Tür hereinkommt, als sie zum Fenster
hinauswerfen wird.
Ich bitte Sie daher um Zustimmung zur Neufassung des gemeinsamen Antrags von SPD, Linken
und Grünen. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Frau
Riekewald, bitte.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister! Werte Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste! Schaut man sich
auf der eigens von der CG Gruppe für den Bebauungsplan eingerichteten Internetseite Leipzig416
um, könnte man meinen, dieses Projekt ist ein
Vorzeigeprojekt bezüglich Bürgerbeteiligung. Es
gibt sogar ein Video, in dem die Leipziger Bevölkerung explizit um Ideen und Rückmeldungen zur
Entwicklung des Areals gebeten wird. Es gibt viele
eingerichtete Beteiligungsmöglichkeiten, wie zum
Beispiel das Nachbarschaftsforum oder Bürgerworkshops.
Allein, was nutzt die Einrichtung solcher Möglichkeiten, wenn man den Eindruck gewinnt, dass die
CG Gruppe mit den Diskussionsergebnissen machen kann, was sie will? Die Entwicklungen im
Sommer mit der Kündigung des „So&So“, mit den
Entmietungen der Gewerbeflächen oder aber mit
der Ankündigung des Umzugs des „TV-Clubs“ zeigen, dass die CG Gruppe Tatsachen schafft, die
in keiner Weise mit den Ergebnissen des umfangreichen Bürgerbeteiligungsprozesses zusammenpassen. Die durchaus sehr umfangreiche und
gute Beteiligung der Öffentlichkeit im Nachbarschaftsforum wurde mit dem Vorgehen der CG
Gruppe ad absurdum geführt.
Wir als LINKE haben den Eindruck, dass es der
CG Gruppe nicht um die gemeinsame Entwicklung eines Wohnquartiers geht, sondern ganz allein um die Durchsetzung von Gewinnmaximierung und Profitstreben. Man will das Areal so entwickeln, dass es möglichst viel Geld in die Kassen
spült, ohne Rücksicht auf die Interessen von anderen zu nehmen. Anders können wir uns jedenfalls dieses Verhalten nicht erklären; denn für den
Fortschritt des Projektes waren die Kündigungen
auf keinen Fall notwendig.
Es geht in unserem gemeinsamen Antrag nicht
darum, das Projekt zu stoppen oder aufzuhalten.
Im Gegenteil: Wir möchten wieder dahin zurückkommen, dass Stadtverwaltung und CG Gruppe
dasselbe Ziel haben. Dieses Ziel wurde übrigens
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schon im ursprünglichen städtebaulichen Vertrag
definiert - ich zitiere -:
eine gemischte Nutzungsstruktur aus
Wohnen unterschiedlicher Wohn- und
Eigentumsformen, aus Gemeinbedarfsund Wohnfolgeeinrichtungen, aus öffentlichen und privaten Freiräumen sowie
aus mit dem Wohnen verträglichen gewerblichen Nutzungen.
Wir sind der Meinung: Dieses Ziel können wir nur
erreichen, wenn wir das Areal gemeinsam mit den
Akteuren vor Ort entwickeln und nicht erst mal alles plattmachen und im Nachgang neu entwickeln.
Natürlich ist es das gute Recht der CG Gruppe,
für die Durchsetzung ihrer Ziele zu kämpfen. Das
ist im Kapitalismus so. Aber es ist genauso das
gute Recht und sogar die Pflicht eines Stadtrats,
die Interessen der Bevölkerung zu vertreten und
das Beste für die Stadt zu erreichen, nicht für den
Investor. Dies versuchen wir mit unserem Antrag.
Noch einmal: Es geht hier um einen Verhandlungsauftrag an den Oberbürgermeister. Zumindest das ist ja wohl seine Aufgabe, diesen Verhandlungsauftrag des Stadtrats zu erfüllen.
Noch ein Wort zum Verwaltungsstandpunkt. Es
wurde gerade schon gesagt: Uns soll ins Stammbuch geschrieben werden, dass wir uns nicht in
privatrechtliche Verträge einmischen dürfen. Meiner Meinung ist das nicht nötig. Das hatten wir
auch gar nicht vor; im Gegenteil: Wenn die CG
Gruppe jemanden kündigen will, muss sie allein
die Verantwortung dafür übernehmen. Deswegen
haben wir diesen Passus in die Neufassung unseres gemeinsamen Antrags nicht übernommen. Er
steht also nicht zur Abstimmung, dafür aber, dass
wir als Stadtrat das letzte Wort über den ausverhandelten Vertrag haben wollen. Das hatte die
Stadtverwaltung übrigens in ihrem Verwaltungsstandpunkt vergessen. Wir hoffen auf eine breite
Mehrheit für unseren Antrag. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Als
Nächster Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Erster Bürgermeister Bonew! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Am Mittwoch vor einer Woche hatte
mein Fraktionskollege René Hobusch in die Ratsversammlung einen Antrag zur Tagesordnung
eingebracht mit der Intention, dieses Thema zu
vertagen. Unabhängig davon, was heute entschieden wird, kann man, glaube ich, festhalten,
dass dies ein sehr richtiger und wichtiger Antrag
gewesen ist und dass es gut war, dass der Stadtrat dem Ansinnen der Freibeuter, dieses Thema
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zu vertagen, gefolgt ist. Denn das, was heute sowohl von der Verwaltung als auch von den Antragstellern auf dem Tisch liegt, unterscheidet sich
ganz erheblich von dem, worüber wir letzten Mittwoch hätten abstimmen müssen.
Es ist deutlich geworden, dass man, wenn man
verhandelt, wie es der Oberbürgermeister offensichtlich inzwischen getan hat - sonst wäre eine
solche Detailtiefe nicht möglich gewesen -, das
Ergebnis nicht schon zu Beginn der Verhandlungen feststehen kann. Auch die Antragsteller haben jetzt erkannt, dass man nicht in Verhandlungen gehen und zum Beispiel als Maßgabe, quasi
als Bedingung, schon vorab festschreiben kann,
zu welchem Preis Grundstücke übertragen werden müssen, nämlich zum Preis null. Das war ja
die Abstimmungsgrundlage vor einer Woche. Insofern hat sich doch Erhebliches geändert.
Selbstverständlich ist es das gute Recht eines Investors, im Rahmen eines solchen Prozesses zu
versuchen, seinen Gewinn zu maximieren. Das ist
ganz normales Investorenverhalten. Es ist selbstverständlich auch das gute Recht der Stadt, der
Kommune, in einem solchen Prozess ihre Interessen zu maximieren. Deswegen ist es sinnvoll, in
einem solchen Stadium in einen Verhandlungsprozess einzutreten. Wir als Fraktion und auch ich
hatten grundsätzlich nichts dagegen, zu verhandeln; im Gegenteil. Das Problem, das wir gesehen
haben, war: Was ist eine Verhandlung wert, wenn
das Ergebnis derselben quasi per Beschlusstext
im Stadtrat von vornherein festgeschrieben wird?
Insofern haben wir heute eine andere Situation.
Wir haben weitgehend Verhandlungsergebnisse,
über die wir heute abstimmen können. Der Antrag
der drei Fraktionen und der Verwaltungsstandpunkt haben sich materiell eigentlich nur in der
Frage des experimentellen Wohnens unterschieden. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, dass
das in Regie des Investors erfolgen soll, während
die Antragsteller ursprünglich vorgeschlagen hatten, dass die Stadt diese Grundstücke ebenfalls
erwerben soll.
Kurz vor Beginn der Ratsversammlung heute
wurde eine Neufassung dieses Antrags vorgelegt,
aus der genau dieser eine materielle Unterschied
hinsichtlich des experimentellen Wohnens nun
herausgefallen ist. Also könnte man vermuten,
dass in beiden Papieren jetzt dasselbe drinsteht.
Ich fühle mich aber überfordert, liebe Kolleginnen
und Kollegen, vier Seiten Text, in denen nicht eine
einzige Änderung zu irgendeinem vorherigen Stadium gekennzeichnet ist, hier und heute abzustimmen. Wir tragen als Stadträte Verantwortung
für das, was wir entscheiden, und das ist mir
schlechterdings hier nicht möglich. Wir werden
daher mehrheitlich dem Verwaltungsstandpunkt
zustimmen, weil wir diesen prüfen konnten und
ihn für sachgerecht halten.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Ich will gar nicht ausschließen, dass der Antrag,
wie er jetzt von den drei Fraktionen vorgelegt worden ist, ebenfalls zustimmungsfähig ist. Aber ich
bitte Sie herzlich um Verständnis dafür, dass dies
innerhalb von fünf oder zehn Minuten vor einer
Ratsversammlung ohne Kennzeichnung der Änderungen nicht möglich war. Man muss das schon
in Ruhe durchlesen und die unterschiedlichen
Fassungen miteinander vergleichen. Wenn man
eigene Grundstücksgeschäfte tätigt, geht man
zum Notar, und der Notar liest einem das ganz
langsam vor, damit man es auch versteht. Wir sollen jetzt vier Seiten Text abstimmen, wo es auch
um Grundstücksgeschäfte in erheblicher Größenordnung geht, ohne das letztendlich nachvollziehen zu können.
Deswegen werden die Freibeuter mehrheitlich
dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen. Wenn
Sie das nächste Mal vier Seiten Text auf den Tisch
legen, sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Änderungen kennzeichnen. Bei zwei, drei Sätzen ist das kein Problem, aber bei vier Seiten ist
man doch überfordert. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Als
Nächster Herr Haas für die CDU-Fraktion.
Stadtrat Haas (CDU): Vielen Dank. - Herr Bürgermeister! Meine Damen und Herren Bürgermeister!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat!
Verehrte Gäste und Zuschauer am Livestream!
Wollen wir uns als Vertragspartner Stadt Leipzig
immer berechenbar zeigen? Wir als CDU-Fraktion
sagen: Ja.
Die Verwaltung sollte für ein erstmals gerühmtes
Bürgerbeteiligungsprojekt auf dem Gelände des
ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhofs nachträglich Veränderungen verhandeln und auch herbeiführen. Anlass dafür war die Nichtverlängerung eines Mietvertrags, der eh befristet war, mit
dem Club „So&So“. Sicher, es wurde von dem Unternehmen mehreren Mietern auf dem Gelände
gekündigt. Dies, meine Damen und Herren, ist jedoch eine privatrechtliche Angelegenheit des Investors und seinen Vertragspartnern. Doch die
Antragsteller gingen in der Vergangenheit noch
etwas weiter und hatten neue Ideen dahin gehend, dass man sich Grundstücke auch schenken
lassen kann. Das kann man machen, muss man
aber nicht.
Was ist bisher konkret geschehen? In einem in
dieser Stadt noch nie dagewesenen Umfang
wurde ein Beteiligungsverfahren durchgeführt,
welches auch nach abschließender Jury-Sitzung
zum städtebaulichen Entwurf immer noch besteht. Auch das Nachbarschaftsforum, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nach wie vor am Leben.
Das Verfahren und den sich daraus ergebenden
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Vertrag haben wir hier im Stadtrat beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen Einreicher dieses
Antrags, zu diesem Zeitpunkt wäre es wichtig und
vielleicht sogar richtig gewesen, Wünsche noch
einmal auf den Prüfstand zu stellen. Zu diesem
Zeitpunkt! Zu Beginn des Verfahrens wurde umfänglich über alles öffentlich diskutiert. Dort hätte
sich der Club „So&So“, wie es andere getan haben, melden können und wäre auch in die weitere
Entwicklung einbezogen worden.
Die Verhandlungen haben zu einem Ergebnis geführt: Wir bekommen mehr Wohnungen als ursprünglich geplant; die braucht Leipzig. Der gewünschte Anteil an sozial gefördertem Wohnraum
ist zu 100 Prozent erfüllt worden. Und: Es wird
mehr Grün geben als einst geplant.
Wenn diesem Antrag zur Durchsetzung der kostenlosen Übertragung von Flächen zugestimmt
würde, müssten wir auf viel Freiraum und Grün
verzichten. Ich habe große Bedenken, meine Damen und Herren, wenn wir das hier heute beschließen. Wie werden wir draußen wahrgenommen? Wird es in Zukunft überhaupt noch möglich
sein, solche großen Beteiligungsverfahren mit Investoren durchzuführen? Ich sage Ihnen: Wir als
Stadt werden nicht mehr als Partner, sondern als
schwieriger Verhandlungspartner wahrgenommen.
Frau Dubrau, ich hörte davon, dass es am Montag
ein Gespräch gab, an dem der Oberbürgermeister, der Investor und Vertreter Ihres Dezernats teilgenommen haben. Dort hat man Einigung erzielt.
Daraus ist der hier jetzt vorliegende Verwaltungsstandpunkt 02 entstanden.
Ich bin bei dem Kollegen der Freibeuter und sage:
Heute, kurz vor der Ratsversammlung, legt man
uns eine wieder geänderte Form des Antrags vor.
Ich bin als Stadtrat immer ein Fan davon, dass
man Verträge, die man geschlossen hat, und Einigungen, die man erzielt hat, auch einhält. Für
mich ist die Antragsfassung 03, wie sie jetzt vorliegt, wieder eine Rolle rückwärts.
Meine Damen und Herren, eine Stadt muss als
verlässlicher Partner wahrgenommen werden.
Das ist das, was wir als CDU einfordern: unser Erscheinungsbild nach außen. Wir als CDU-Fraktion
werden dem Antrag in der Fassung 03 nicht zustimmen. Wir machen uns den VSP 02 zu eigen
und stellen diesen zur Abstimmung. - Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Ich bitte
Frau Kollegin Dubrau, zu versuchen, uns inhaltlich eine Brücke zu bauen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Die Beschlusspunkte 5 und 6 der Neufassung des
Antrags interpretieren wir so, dass die Antragsteller den Oberbürgermeister beauftragen, innerhalb
seiner Organisationshoheit ein Amt zu suchen,
was er für zuständig erachtet.
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Erster
Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte, Bürgermeister und Gäste auf der Tribüne! Es wurde
eben gesagt, man sei überzeugt, dass der Investor dieses Grundstück entwickeln und die dort vorgesehenen Wohnungen, Dienstleistungseinrichtungen, Schulen, Grünflächen, Straßen bauen
wird. Auch ich bin davon überzeugt, dass diese
Baumaßnahme tatsächlich so realisiert wird, und
zwar mit hohem Tempo. Das haben die bisherigen
gemeinsamen Planungen gezeigt. Das hat der
sehr ausführliche Prozess der Bürgerbeteiligung
gezeigt, der auf Wunsch des Investors fortgeführt
werden soll. Das zeigt auch das Schreiben, das
uns am Montag von Vertretern des Investors übergeben wurde. Ich möchte nur einen einzigen Satz
zitieren:
Die Qualität der Kooperation mit den Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowohl mit
Blick auf die frühzeitige Abstimmung wie
auch in puncto Qualität und konstruktive
Debatte sucht ihresgleichen.
Sie können mir glauben, ich kenne eine Menge
Verfahren in vielen Städten Deutschlands. Vorhaben, die in dieser Intensität öffentlich diskutiert
und nach einem so strengen Verfahren durchgeführt werden, suchen wirklich ihresgleichen.
Ich komme jetzt zum Antrag. Als Erstes: Es geht
nicht darum, einen Vertrag, den Sie beschlossen
haben, ad acta zu legen und einen neuen Vertrag
zu schließen. Es geht vielmehr darum, einen Vertrag, der zu Beginn einer Maßnahme beschlossen
und entsprechend unterzeichnet worden ist, mit
Punkten, die sich im Laufe des Verfahrens noch
ergeben haben, zu präzisieren.
Der erste Vertrag wurde noch vor dem Wettbewerb geschlossen. In der Zwischenzeit ist der
Wettbewerb gelaufen, und wir arbeiten mit höchster Kraft am Masterplan. Während dieser Zeit ist
vieles weitgehend präzisiert und in eine Fassung
gebracht worden, was dann, wenn der Masterplan
in diesem Gremium hier beschlossen ist, in einen
zu beschließenden Bebauungsplan einfließen
wird.
Im Rahmen der Planung hat sich herausgestellt:
Es kann ein Mehr an Wohnungen geben. Es kann
ein Mehr an Gewerbe geben. Es wird auch ein
Mehr an Infrastruktur geben. Es gibt eine Qualifizierung der Freiflächen. Es gibt eine neue Diskussion zum Thema Einzelhandel. Es wird sicher
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mehr Einzelhandel geben als ursprünglich angedacht. Das heißt: Es gibt viele Punkte, die für den
Investor eine sehr positive Entwicklung darstellen,
aber auch Punkte, die sich für uns als Stadt positiv
darstellen. Jetzt geht es darum, diese Punkte verbindlich in einer Präzisierung des ersten Vertrags
darzustellen und zu beschließen.
Um was geht es im Einzelnen? Sie haben von uns
einen Verwaltungsstandpunkt erhalten. Dieser
Verwaltungsstandpunkt ist mit den Investoren abgestimmt worden. Dazu gibt es auch ein Schreiben von der CG Gruppe, in dem dargelegt wird,
dass sie mit diesen Punkten einverstanden sind.
Schauen wir uns jetzt die Neufassung des Antrags der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, DIE
LINKE und SPD an! Ich will hier kurz den Unterschied zum Verwaltungsstandpunkt darstellen:
Der Beschlusspunkt 1 ist identisch mit dem Verwaltungsstandpunkt.
Der Beschlusspunkt 2 sieht vor, keine Information
an den Stadtrat zu geben, sondern fordert eine
Beschlussfassung. Das ist aus unserer Sicht unkritisch; es geht nur um ein Thema. Allerdings soll
diese verknüpft werden mit der Beschlussfassung
des Masterplans. Wir würden das gern entkoppeln, weil der Masterplan vermutlich etwas später
vorgelegt wird. Es wäre sinnvoll, den Vertrag früher auszufertigen und Ihnen zur Beschlussfassung vorzulegen. Wir würden das aber als Protokollnotiz entsprechend aufnehmen. - Ich sehe bei
den einbringenden Fraktionen Einverständnis.
Der Beschlusspunkt 3 ist weitgehend identisch.
Es fehlt der Verweis auf die fehlende städtische
Eingriffsmöglichkeit in schuldrechtliche Verhältnisse. Das ist aber unkritisch, weil die Gesetzeslage das eh vorsieht. Alles andere wurde dort
übernommen.
Der Beschlusspunkt 4 beinhaltet einen Auftrag an
die Stadtverwaltung. Hier geht es darum, Umsetzungsmöglichkeiten für die Clubs zu finden und
eine entsprechend verlängerte Zeitschiene zu ermöglichen. Das ist ein Auftrag. Wir bemühen uns
an dieser Stelle. Insofern ist auch dieses unkritisch.
In Beschlusspunkt 5 geht es um die Sicherstellung betrieblich angemessener Umsetzungsmöglichkeiten. Es wird um eine Regelung gebeten,
dass das Amt für Wirtschaftsförderung ein Controlling sicherstellt. Auch das ist ein Verhandlungsauftrag. Insofern können wir das bestätigen.
In Beschlusspunkt 6 geht es ebenfalls um einen
Verhandlungsauftrag.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Insofern können wir allen Punkten, die in der Neufassung des Antrags festgehalten sind, zustimmen, abgesehen von der einen Veränderung, die
ich angesprochen hatte.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ich muss noch einmal nachfragen: Wie trennen wir: Soll im vierten Quartal der Masterplan oder die Ausgestaltung des städtebaulichen Vertrags beschlossen werden?
Bürgermeisterin Dubrau: Ich gehe davon aus,
dass wir den Vertrag im vierten Quartal 2018 beschließen können. Der Masterplan wird - wir müssen ihn ja erst durch die Verwaltung bringen - vermutlich erst in der Januar- oder Februar-Sitzung
vorgelegt werden können.
Bürgermeister Bonew: Gut. - Könnten die Einreicher damit leben, dass im Beschlussvorschlag
2 die Formulierung „gemeinsam mit der Masterplanung“ gestrichen wird, wenn die Verwaltung zu
Protokoll gibt: „Der Masterplan wird spätestens im
ersten Quartal 2019 vorgelegt“?
Bürgermeisterin Dubrau: Wir bemühen uns.
Bürgermeister Bonew: Bemühen tun wir uns immer. Also wann kommt das?
Bürgermeisterin Dubrau: Der Masterplan
kommt vermutlich erst im ersten Quartal nächsten
Jahres.
Bürgermeister Bonew: Das geben wir hier so zu
Protokoll: Der Masterplan kommt im ersten Quartal 2019.
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Bürgermeister Bonew: Dann hätte sich Herr
Haas sicherlich schon vorher für befangen erklärt.
Stadtrat Haas (CDU): Wenn mir dort noch ein
Grundstück gehören würde, hätte ich Befangenheit erklärt; vollkommen richtig.
Bürgermeister Bonew: Zu Protokoll: Herr Dyck
hat Befangenheit erklärt und nimmt nicht an der
Abstimmung teil.
Herr Morlok.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Vielen Dank, Frau
Dubrau, für Ihre Ausführungen. Dadurch sind die
Unterschiede hinsichtlich der beiden Texte etwas
klarer geworden. Ich habe noch eine Frage zu den
Beschlusspunkten 4 und 5. Wie würden Sie als
Verwaltung diese Punkte interpretieren, so sie
denn so beschlossen werden? Sie hatten sinngemäß gesagt: Das sind Aufträge, etwas zu tun, sich
um etwas zu bemühen. Ich sage es mal im Sinne
der rechtlichen Bemühensklausel: Ein Erfolg ist
nicht geschuldet. - Wenn Sie das so verstehen,
wäre es sicherlich wichtig, wenn auch der Antragsteller der Auffassung ist, dass das eine Bemühensklausel ist, ein Ergebnis also nicht geschuldet ist. Dann könnte man dem auch zustimmen;
aber das wäre die Grundvoraussetzung dafür.
Bürgermeister Bonew: Herr Zenker.
Stadtrat Zenker (SPD): Ich vermute, im Juristendeutsch heißt das Bemühensklausel. Wenn uns
der, ich sage mal, aufgepimpte Vertrag zur Beschlussfassung vorgelegt wird, können wir prüfen:
Was wurde erreicht und was nicht? Dann stimmen
wir hier darüber ab.
Herr Weber.
Bürgermeister Bonew: Frau Gabelmann.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Ich habe noch eine
Nachfrage an Sie, Herr Haas. Als es seinerzeit
schon einmal um dieses Gelände ging, hatten Sie,
Herr Haas, gesagt, dass Sie in unmittelbarer
Nähe ein Grundstück haben. Ich weiß nicht, ob
das immer noch der Fall ist. Wenn ja, dürfte es da
eine gewisse Befangenheit geben. Vielleicht können Sie das noch einmal aufklären. Wenn das der
Fall sein sollte, bitte ich die Stadtverwaltung, das
beim Abstimmungsergebnis mit zu berücksichtigen. - Vielen Dank.
Stadträtin Gabelmann (Freibeuter): Ich möchte
an zweierlei erinnern. Erstens. Es gab ein vorbildliches Beteiligungsverfahren in Form des Nachbarschaftsforums; ja. Deswegen ist das Nachbarschaftsforum, dem unter anderen auch ich angehöre, umso überraschter, dass mit „kultureller Nutzung“ niemals das „So&So“ und der „TV-Club“ gemeint war, sondern offenbar eher eine Teestube
oder Kaffeekränzchensalon oder was auch immer. - Das ist die eine Sache.
Zweitens. Herr Haas, Sie haben durchaus recht:
An Zusagen und Vereinbarungen hat man sich zu
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
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halten. Insofern erwarte ich, dass sich der Investor an die Zusage und die Vereinbarung hält, die
er ganz zu Anfang, in der ersten Aufschlagsrunde,
getätigt hat, nämlich: Der „TV-Club“ bleibt.
Wir stimmen nun über den Antrag 6105-NF-03 ab.
In Beschlusspunkt 2 wird die Formulierung „gemeinsam mit dem Masterplan“ gestrichen, weil wir
zu Protokoll gegeben haben, dass der Masterplan
erst im ersten Quartal 2019 vorgelegt wird.
Bürgermeister Bonew: Frau Dubrau noch mal.
Bitte geben Sie Ihr Votum zu den Beschlusspunkten 1 bis 3 elektronisch ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Bürgermeisterin Dubrau: Ich war bei dieser
Runde nicht dabei. Nach meiner Information sollte
der „TV-Club“ so lange bleiben, bis die Bauarbeiten dort tatsächlich beginnen.
Abstimmung: 33 dafür, 15 dagegen, keine Enthaltungen.
Es gibt da ein rechtliches Problem. Es besteht ein
großer Unterschied zwischen den Clubs, die Anfang der 90er-Jahre entstanden sind und Bestandsschutz genießen, sofern sie nicht von Eigentümern der Umgebung herausgeklagt werden,
und der Neuansiedlung einer großen Diskothek.
Nach heutiger Gesetzgebung sind selbst in einem
urbanen Gebiet solche kerngebietstypischen Nutzungen mitten in einem Wohngebiet nicht mehr
genehmigungsfähig. Das heißt: Uns als Behörde
war von vornherein klar, dass für eine TechnoDisco ein neuer Ort gefunden werden muss, der
nicht mitten in einem Wohngebiet liegt, auch wenn
es dort zusätzlich ein paar Einkaufseinrichtungen
und einen kleinen Anteil an Gewerbe gibt.
Bürgermeister Bonew: Ich sehe keine weiteren
Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Zuerst lasse ich über die Petition abstimmen. Der
Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses
lautet: Die Petition wird berücksichtigt. - Gibt es
Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig beschlossen.
Die CDU-Fraktion hat sich den Verwaltungsstandpunkt zu eigen gemacht und stellt diesen zur Abstimmung. Bitte schalten Sie Ihr elektronisches
Abstimmgerät ein und geben Sie dazu Ihr Votum
ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 19 dafür, 29 dagegen, eine Enthaltung.
Herr Hobusch, zur Geschäftsordnung.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Ich stelle den Geschäftsordnungsantrag, die Punkte 1 bis 3 separat von den Punkten 4 bis 6 der Neufassung 03
des Antrags abzustimmen.
Bürgermeister Bonew: Gut. Dem komme ich
nach.
Geben Sie bitte jetzt Ihr Votum zu den Beschlusspunkten 4, 5 und 6 ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 31 dafür, 18 dagegen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 21.6 auf, eine für
unsere Stadt sehr wichtige Vorlage:
21.6
Mobilitätsstrategie 2030 für Leipzig (VIDS-03902-NF-02)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
21.6.1 dazu ÄA (VI-DS-03902-NF-02-ÄA-01)
Einreicher: Mitglieder des zbA Verkehr und
Mobilität
Frau Kollegin Dubrau, bitte.
Bürgermeisterin Dubrau: Sehr geehrter Erster
Bürgermeister! Sehr geehrte Stadträte und Bürgermeister! Sehr geehrte Gäste! „Mobilitätsstrategie 2030 für Leipzig“ - ein großes Thema, ein sehr
wichtiges Thema für diese Stadt. Seit Anfang
2016 fand auf Grundlage eines Ratsbeschlusses
ein sehr umfangreicher und sehr arbeitsintensiver
Prozess zur Untersuchung von mindestens drei
Szenarien zur Weiterentwicklung des ÖPNV in
Leipzig als wesentlicher Bestandteil der Fortschreibung des Nahverkehrsplans statt.
Im Oktober 2017 startete zu dieser Vorlage eine
breite Öffentlichkeitsbeteiligung. Neben der Onlinebeteiligung fanden Diskussionen der Szenarien in Workshops mit Interessengruppen sowie
mit Stadträten statt. Auch ein zeitweilig beratender Ausschuss Verkehr und Mobilität hat sich gegründet, und die Schwerpunkte wurden dargestellt.
Der Prozess soll nunmehr mit Kenntnisnahme
dieser Vorlage und der erarbeiteten sechs Szenarien zum Abschluss gebracht werden und die
nächste Arbeitsphase, nämlich die Ableitung der
Umsetzung der konkreten Maßnahmen, eingeleitet werden.
Was waren Verfahren und Inhalt bisher? Wir hatten einen ergebnisoffenen Szenarienprozess, in
dem letztendlich alle Verkehrsarten und nicht nur
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
der ÖPNV, wie ursprünglich beschlossen, gleichermaßen in einem integrierten Ansatz berücksichtigt wurden, sicher ein Weg in die richtige Richtung.
Grundlage der Szenarien ist die Vision für Leipzig,
Mobilität sicher, zuverlässig, sauber, bezahlbar
und als Möglichkeit der Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen zu gestalten. Weitere Grundlagen
und Rahmenbedingungen waren der Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum, das
Fachkonzept Nachhaltige Mobilität im Integrierten
Stadtentwicklungskonzept „INSEK 2030“ und natürlich die aktualisierte Bevölkerungsprognose.
Durch die Betrachtung der entsprechenden Rahmenbedingungen mit stadtweiter Auswirkung und
die Definition der Einflussfaktoren der zukünftigen
Mobilität für Leipzig wurden zunächst Rohszenarien entwickelt, verdichtet und plausibilisiert, sodass letztendlich die sechs in der Vorlage ausgeführten Szenarien entstanden sind, die sich mit allen Verkehrsträgern befassen.
Auf der Grundlage festgelegter objektiver Bewertungskriterien wurden diese Szenarien qualitativ
und quantitativ mit dem Zeithorizont 2030 bewertet. Außerdem wurden die Auswirkungen auf den
ÖPNV zur Untersetzung des neuen Nahverkehrsplans auf dem Zeithorizont 2024 abgebildet. Es
wurden sowohl die Abhängigkeiten als auch die
Auswirkungen unterschiedlicher Handlungsoptionen auf die gesamtstädtische Mobilität nachvollziehbar gemacht. Dabei wurde deutlich, dass sich
aus Ressourcengründen nicht alles gleichzeitig
und mit gleicher Priorität umsetzen lässt und dass
es unter den Bedingungen des Bevölkerungswachstums großer Anstrengungen bedarf, die
heute im Grundsatz guten Mobilitätsmöglichkeiten in Leipzig aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln.
Um nur zwei offensichtliche Beispiele zu nennen:
Ein reines Fortführungsszenario des bisherigen
Handelns würde nicht mit der steigenden Mobilitätsnachfrage Schritt halten können. Die Mobilitätsqualität, zum Beispiel die durchschnittlichen
Fahrzeiten, würde sich gegenüber dem heutigen
Status quo deutlich verschlechtern. Das kann
nicht in unserem Sinne sein. Und: Ein Szenario
mit Fahrpreiskonstanz im ÖPNV ist ohne bisher
nicht existierende externe Finanzierungsquellen
allein aus der Stadtkasse heraus nicht finanzierbar.
Fazit: Der Szenarienprozess hat sich als eine sehr
wertvolle Methode bei der Strategieentwicklung
erwiesen und gerade im Hinblick auf die Ausrichtung der Verkehrspolitik verdeutlicht, welche Möglichkeiten es für die langfristige Gestaltung der
Mobilität in einer wachsenden Stadt gibt und welche Schritte es hierfür umzusetzen gilt.
S e i t e | 10
Der vorliegende Änderungsantrag des zeitweilig
beratenden Ausschusses Verkehr und Mobilität,
der kurzgesagt eine Beschlussfassung des Nachhaltigkeitsszenarios vorsieht, ist aus Sicht der
Verwaltung sehr zu begrüßen.
Ich möchte sehr gern meinen ausdrücklichen
Dank an Sie, sehr geehrte Stadträtinnen und
Stadträte, aussprechen, die Sie in diesem intensiven und fachlich tiefgreifenden Prozess eingetreten sind und sich so umfangreich mit dem Mobilitätsthema auseinandergesetzt haben. Auch dieses ist, glaube ich, etwas Besonderes in dieser
Stadt. Dass Sie dabei zu einem gemeinsamen
Antrag gefunden haben, ist ein ebenso beachtlicher wie guter Beitrag kommunaler Gestaltungskraft. So Sie diesen Ergänzungsantrag beschließen, geht es mit den darin formulierten Arbeitsaufträgen erst richtig los. Für die Begleitung und Gestaltung ist der zeitweilig beratende Ausschuss
Verkehr und Mobilität aus Sicht der Verwaltung
ein sehr gutes und geeignetes Instrument. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Die erste
Wortmeldung kam von Herrn Morlok. Er spricht in
seiner Eigenschaft als Sprecher des zeitweilig beratenden Ausschusses.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Bonew! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Frau Dubrau, ich kann nahtlos an das anknüpfen,
was Sie gesagt haben zur Beschreibung der Aktivitäten, bis die Szenarien auf dem Tisch lagen.
Der Auftrag des Ausschusses war ja, mit diesen
Szenarien umzugehen. Ich spreche jetzt für den
Ausschuss und möchte auch für die Stadträtinnen
und Stadträte, aber auch für die Öffentlichkeit
nachvollziehbar machen, mit welchen Themen wir
uns beschäftigt haben und warum wir genau zu
diesem Ergebnis gekommen sind.
Für den Szenarienprozess waren viele Rahmenbedingungen im Vorfeld ausgearbeitet und festgestellt worden. Das Erste, was wir gemacht haben,
war, zu fragen: Stimmen diese Rahmenbedingungen? Denn wenn die Rahmenbedingungen nicht
stimmen, stimmen auch die Szenarien, die am
Ende herauskommen, nicht. Das haben wir uns in
einem ersten Schritt angeschaut und sind zu dem
Ergebnis gekommen, dass die Rahmenbedingungen passend sind und wir mit den Szenarien, so
wie sie vorliegen, arbeiten können.
In einem zweiten Schritt haben wir uns darauf verständigt, Fragen der Finanzierung erst einmal zurückzustellen, und haben in einem dritten Schritt
das aufgegriffen, was Sie, Frau Dubrau, hier auch
gesagt haben, nämlich dass die beiden Fortführungsszenarien für uns keine Lösung sein können
und haben diese verworfen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Wir sind in der Sitzung im April etwas tiefer in die
Materie eingestiegen und haben festgestellt, dass
es bereits eine ganze Reihe von Projekten gibt,
mit denen diese Szenarien untersetzt sind. Wir
mussten allerdings feststellen, dass es sich bei
diesen Projekten im Wesentlichen um Ideensammlungen handelt, dass es für diese Projekte
keine Vorplanungen gibt, dass deswegen auch
die verkehrliche Wirksamkeit dieser Projekte noch
nicht geprüft ist und dass sie auch nicht priorisiert
sind. Man hatte diese Projekte abgeleitet von der
Einwohnerentwicklung der Stadt und von einem
Modal Split, wie wir es im Nachhaltigkeitsszenario
haben, zum Beispiel 23 Prozent in 2030, 20 Prozent in 2024, und sich gefragt: Was muss man
tun, damit diese Kapazitäten im Rahmen des
ÖPNV darstellbar sind? Dafür hat man die entsprechenden Projekte entwickelt, die, wie gesagt,
noch nicht auf ihre verkehrliche Wirksamkeit untersucht sind.
In einer weiteren Sitzung haben wir uns die Projekte näher angeschaut und festgestellt, dass sie,
wenn man die verschiedenen Szenarien betrachtet, additiv sind. Also: Fortführungsszenario, Fahrradstadt-Szenario, ÖPNV-Vorrang-Szenario oder
Nachhaltigkeitsszenario sind gekennzeichnet
durch zusätzliche Projekte und nicht durch andere
Projekte. Wenn man sich also zum Beispiel für
das ÖPNV-Vorrang-Szenario entscheidet und
nachher doch auf das Nachhaltigkeitsszenario
umswitcht, hat man nicht irgendwas investiert,
was im Nachhaltigkeitsszenario vergeblich wäre.
Alles ist additiv, mit Ausnahme des Gemeinschaftsszenarios und des Tunnels, weil der natürlich ganz andere Lösungen bedingen würde.
In einer Sitzung im Juni haben wir die Frage der
Projekte vertieft und waren eigentlich mit der Diskussion so weit durch. Es stand die Frage im
Raum: Wie gehen wir weiter vor? Wollen wir für
die Beschlussfassung einen Verwaltungsvorschlag haben, oder wollen wir selber einen Vorschlag erarbeiten? Wir haben uns dafür entschieden, selbst einen Vorschlag zu erarbeiten. Es war
im Rahmen der Diskussion schon deutlich geworden, dass er in Richtung ÖPNV-Vorrang-Szenario
oder Nachhaltigkeitsszenario gehen wird. So haben wir uns in die Sommerpause verabschiedet.
Uns allen war klar, dass etwas passieren muss;
denn von selbst entsteht ein solcher Antrag nicht.
Ende Juli hat mich Herr von der Heide angerufen
und auf den Punkt hingewiesen, dass ohne unser
Zutun dieser Antrag nicht entstehen wird, und hat
auch erste Formulierungsvorschläge gemacht.
Wir beide haben über diese Formulierungsvorschläge diskutiert und sind dann auf die Fraktionen zugegangen, haben Änderungswünsche und
Änderungsvorschläge anderer Fraktionen mit aufgenommen und in einer Sitzung im August über
den Beschlusstext diskutiert. Wir haben festge-
S e i t e | 11
stellt, dass dieser Text grundsätzlich von allen beteiligten Fraktionen mitgetragen werden kann. Es
war aber wichtig, auch formal, im Ausschuss allen
Fraktionen noch einmal eine Diskussion über den
Text zu ermöglichen. Deswegen haben wir uns
vertagt bis zum 13. September. Am 13. September ist der Beschlusstext, der Ihnen heute vorliegt,
so beschlossen worden.
Im Ergebnis haben wir das politische Bekenntnis
zum Nachhaltigkeitsszenario ausgesprochen. Wir
verlangen aber auch Vorplanungen und die Priorisierung bis Ende 2019. Das ist erforderlich, um
in den Planungsprozess mit den Fördermitteln
einzusteigen. Wir haben auch gesagt: Wir wollen
die Dinge im Jahr 2022 evaluieren, einfach weil
bisher nur Projektideen vorliegen und noch keine
Planungen.
Wir weisen bei der Finanzierung darauf hin, dass
insgesamt circa 1 Milliarde Euro offen ist. Nun ist
es Ihr gutes Recht, zu sagen: Letzte Woche hat
Herr Bonew den Haushalt eingebracht. Wie kann
man so etwas vorschlagen, wenn 1 Milliarde Euro
noch offen ist? Das möchte ich kurz darstellen.
Die Differenz zwischen dem Nachhaltigkeitsszenario und dem ÖPNV-Vorrang-Szenario in Bezug
auf deren jeweiligen finanziellen Bedarf bis 2024
ist lediglich 50 Millionen Euro; das sind 10 Millionen Euro pro Jahr. Das halten wir für vertretbar,
gerade weil wir ja im Jahr 2022 eine Evaluierung
durchführen wollen und danach gegebenenfalls
noch einmal neu entscheiden können. Die Großprojekte, die im Zusammenhang mit den Szenarien umgesetzt werden sollen, haben einen sehr
langen Genehmigungs- und Planungsvorlauf, aus
Erfahrung acht bis zehn Jahre, sodass die große
Menge des Geldes sowieso nicht vor 2030 ausgegeben werden muss.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Fördermittelkulisse ist momentan gut. Deswegen haben wir gute Chancen, auch Fördermittel zu akquirieren. Wenn wir schnell zu Ergebnissen kommen, wenn die Vorplanungen schnell auf den
Tisch kommen, wenn wir gemeinsam in einer
Sprache sprechen und um Fördermittel werben,
dann haben wir eine gute Chance, dass wir die
Stadt in puncto Verkehr einen wichtigen Schritt
voranbringen.
Ich möchte mich zum Abschluss bei Ihnen, sehr
geehrter Herr Jana, bedanken. Sie hatten sich
zum Ende der letzten Sitzung beim Ausschuss für
die gute und kollegiale Zusammenarbeit bedankt.
Ich möchte diesen Dank gern zurückgeben. Wir
haben uns von der Verwaltung immer gut informiert gefühlt. Wir haben die Vorlagen zu den Sitzungen immer so rechtzeitig bekommen, dass wir
uns gründlich auch übers Wochenende einarbeiten konnten. Das war eine sehr gute Zusammenarbeit, die wesentlich zum Gelingen des Projektes
beigetragen hat.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Ich bitte Sie im Namen der Mitglieder des zeitweilig beratenden Ausschusses um Zustimmung zu
unserem Änderungsantrag. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. Was doch
alles möglich ist! - Herr Dyck.
Stadtrat Dyck (SPD): Herr Bürgermeister! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt einen
Satz in der Geschichte der alten Bundesrepublik,
von dem man durchaus behaupten kann, dass er
es bis in die Leitkultur geschafft hat, nämlich:
„Freie Fahrt für freie Bürger.“ Dieser Satz wurde
1974 vom ADAC kreiert. Da ist es nicht mehr weit
bis zur autogerechten Stadt. Es gibt auch in unserer Stadt eine ganze Reihe von Interessen, die
dieses Ziel selbst heute noch für opportun halten.
Wie Städte aussehen, die sich diesem Diktat unterworfen haben, wissen wir alle: vielfach zerstörte Stadtstrukturen ohne Lebensqualität im öffentlichen Raum.
Es ist ein erstes Paradoxon, dass Leipzig in der
Zeit der Stagnation, etwa nach der Olympiabewerbung, wirtschaftlich zu schwach war, diesem
damals noch vorhandenen Mainstream zu folgen
und weitere Trassen durch die Stadt zu schlagen - ein positiver Ausgangspunkt für heute.
Ein zweites Paradoxon liegt in der Erkenntnis,
dass „Freie Fahrt für freie Bürger“ nur mit weniger
privatem Autoverkehr möglich ist, sowohl absolut
als auch relativ im Modal Split.
Diesen Erkenntnissen folgen wir mit der heutigen
Beschlussfassung. Wir sind übrigens nicht die
erste Stadt, in der neben dem Gefühl auch das
Wissen um sich greift, dass nicht der PS-Stärkste
das alleinige Recht auf freie Fahrt besitzt, weil damit die Rechte anderer eingeschränkt werden.
Kopenhagen setzt auf den Radverkehr mit breiten
Radwegen ins Umland. Wien setzt auf das 365Euro-Jahresticket, um Fahrgäste in den ÖPNV zu
locken. Zürich setzt wie die gesamte Schweiz auf
die Schiene. Paris sperrt gleich mal eine Straße
an der Seine für Autos. Weitere Beispiele sind
London, Helsinki, Madrid. Also: Wir sind im Kreise
der großen Metropolen gut vertreten. Überall tut
sich etwas.
Das Ende des städtischen Straßenverkehrs, wie
wir ihn heute kennen, ist unausweichlich. Wir
müssen handeln, und wir wollen handeln. Das hat
auch etwas mit stofflicher Physik zu tun: Wo ein
Auto steht, kann kein zweites Auto sein. Man
sollte sich mal vergewissern: Wo früher zwei Golfs
standen, hat heute gerade mal ein SUV Platz.
Meine Damen und Herren, mit der Konzentration
auf das Nachhaltigkeitsszenario - eigentlich ein
völlig irreführender Begriff; vielleicht finden wir
S e i t e | 12
noch einen besseren - wagen wir einen kleinen
Schritt in das nächste Jahrzehnt und streifen ein
Korsett, eine Zwangsjacke, ab, in welches wir
uns, also die Bürger dieser Stadt, teils freiwillig,
teils aus Mangel an Alternativen selbst gesteckt
haben. Es war ja auch und ist es noch so bequem,
so lange man frei fahren kann. Diese Zeiten werden aber auch in unserer Stadt bald vorbei sein.
Verkehrssysteme kollabieren, wenn sie verstopfen. Wir sind zum Handeln aufgefordert und gezwungen.
Nachhaltigkeitsszenario bedeutet vor allem: Das
erwartete steigende Verkehrsauskommen muss
größtenteils in den Umweltverbund gelenkt werden. Daraus folgen Netzausbau und Angebotserweiterung im ÖPNV bei politisch gewollten nur
moderaten Preissteigerungen. Der Umweltverbund erhält bei der Aufteilung des Verkehrsraums
eine höhere Priorität. Das heißt auch Konzentration des Straßenausbaus auf infrastrukturelle Entflechtungen. Und wir beschäftigen uns auch mit
der Parksituation in den Wohngebieten.
Das alles ist so leicht dahingesagt, aber das wird
ein Umdenken in der Stadtgesellschaft und bei
den Entscheidern erfordern, mehr als wir uns das
heute vorstellen können, weil die Freiheitsgrade
des einen die Beschränkungen des anderen sind.
Wir sollten deshalb auch deutlich aussprechen
und dafür auch einstehen: Der mobilisierte Individualverkehr wird in den nächsten zehn Jahren
Schritt für Schritt behindert werden, auch um den
Wirtschaftsverkehr nicht einzuschränken. Und:
An anderer Stelle werden Bürgerinitiativen entstehen, die neue Straßenbahntrassen verhindern
wollen. Am Ende hoffen wir, dass die Lebensqualität der Bürger steigt und der öffentliche Raum in
einer enger werdenden Stadt neue Perspektiven
erhält. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Die
Nächste auf meiner Rednerliste ist Frau Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Erster Bürgermeister! Sehr geehrte
Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich halte jetzt die
Rede von Daniel von der Heide, der heute planmäßig nicht zugegen sein kann. - Wer hätte das
gedacht, dass wir so einmütig einen Grundsatzbeschluss zur Mobilität treffen können? Mit dem
Szenarienprozess und dem heutigen Beschluss
können wir vielleicht noch verhindern, dass wir
beim Thema Mobilität dahin kommen, wo wir bei
Schulen und Kitas schon sind: Wir bauen kurzfristig irgendwie und irgendwo, weil wir aufgrund des
Zeitdrucks keine Chance mehr haben, Standorte,
Bauweisen und anderes abzuwägen und umsichtig zu planen. Auch beim Thema Mobilität sind wir
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
leider nicht mehr allzu weit davon entfernt. Das
haben die Diskussionen im zeitweilig beratenden
Ausschuss deutlich gezeigt. Es spricht für die Arbeit des Ausschusses inklusive stets pünktlicher
und umfassender Zuarbeiten von Verwaltung und
LVB, dass wir genau dies herausarbeiten konnten
und damit einen konstruktiven Umgang gefunden
haben.
Ob wir ein Nachhaltigkeitsszenario finanziert bekommen - die Summen in unserem Antrag sind ja
enorm -, wird letztlich davon abhängen, ob es gelingt, entsprechende Fördermittel zu akquirieren;
Herr Morlok ging schon darauf ein. Da muss man
sich nichts vormachen, egal wie der städtische
Haushalt aussieht. Keine andere deutsche Großstadt - und so wird man es zum Beispiel auch
Herrn Kretschmer, wenn er Anfang Oktober nach
Leipzig kommt, erzählen müssen - hat einen Szenarienprozess durchlaufen und kann deswegen
so deutlich und so langfristig die Investitionsnotwendigkeiten darstellen und aufzeigen, was passiert, wenn man nichts macht. Daraus muss man
doch was machen können. Das wird aber nur gemeinsam, im Zusammenspiel von Verwaltung,
Politik und Interessenverbänden, gelingen.
Ein Beschluss im weitgehenden Konsens ist
schon mal eine richtig gute Voraussetzung. Heute
haben wir uns alle hier ein bisschen lieb. Wir von
Bündnis 90/Die Grünen zollen den Kolleginnen
und Kollegen der CDU durchaus Respekt dafür,
dass sie sich im Szenarienprozess von anfänglicher Totalverweigerung doch noch auf einen konstruktiven Pfad begeben haben. Klar ist aber
auch, dass der Beschluss heute nicht das Ende
aller Diskussionen über die Mobilitätspolitik in
Leipzig sein wird. Spätestens dann, wenn der von
uns hier heute geforderte Maßnahmenplan vorliegt, wird es mit Sicherheit weitere intensive Diskussionen geben.
Es bleibt zu hoffen, dass das Bewusstsein erhalten bleibt, dass wir alle gemeinsam gegen die
Wand fahren, wenn wir das große Ganze aus den
Augen verlieren, nur um uns über ein paar Radfahrstreifen zu streiten. Natürlich können wir uns
auch über Radfahrstreifen streiten, solange wir an
der Strategie und der Förderung weiterhin gemeinsam arbeiten.
Zuletzt an die Stadtspitze, heute vertreten durch
den Ersten Bürgermeister: Wir hoffen wirklich,
dass Sie die strategische Bedeutung der Planungen, die nächstes Jahr signifikant vorangetrieben
werden müssen, verstanden haben, den Beschlusstext ernst nehmen und tatsächlich die Personalbedarfe für diese Planungen eruieren und in
den Haushaltsplan aufnehmen. Sie erhalten von
uns dafür den politischen Auftrag. Es ist auch Ihre
Verantwortung, dass wir beim Thema Mobilität
nicht in dieselbe Situation geraten wie bei den
Schulen und Kitas. Wir als Politik können einen
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Willen artikulieren und wie in diesem Fall einen
Weg aufzeigen; aber die Umsetzung bleibt nun
einmal Aufgabe der Verwaltung und ist zunächst
einmal Verantwortung der Stadtspitze.
Auch wir danken allen Beteiligten für die konstruktive Arbeit im zeitweilig beratenden Ausschuss
und hier noch einmal Herrn Morlok, der diesen unseren Beschlussvorschlag mit großem Engagement maßgeblich vorangetrieben hat. - Danke.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Frau
Riekewald, bitte.
Stadträtin Riekewald (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister! Werte Stadträtinnen und Stadträte! Werte Gäste am Livestream
und auf der Tribüne! Was lange währt, wird
manchmal wirklich gut. Ich glaube, beim Thema
Mobilitätsszenarien ist das so. Seit Ende des Jahres 2017 lagen dem Stadtrat sechs mögliche Szenarien vor, in welchen aufgezeigt wird, wie sich
der Verkehr in Leipzig bei bestimmten Weichenstellungen entwickeln wird. Diese Szenarien reichen vom Fortführungsszenario, wo alles so
bleibt, wie es ist, bis hin zum Gemeinschaftsszenario, wo der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr einen Spitzenwert von 28 Prozent erreicht.
Wir als LINKE sind zu diesen Szenarien bei mehreren Veranstaltungen mit den Leipzigerinnen und
Leipzigern ins Gespräch gekommen. Es war
schon erstaunlich: Die Mehrheit konnte und wollte
genau differenzieren: Von diesem Szenario würde
ich am meisten profieren, und von diesem Szenario würde die Stadt insgesamt am meisten profitieren. - Bei der Umsetzungsfrage wurde dann oft
das Szenario, wo der Verkehr in der Stadt für alle
besser wird, bevorzugt.
Interessant bei den Gesprächen war auch, dass
mit den vorliegenden Szenarien endlich auch die
Argumentation „Im Moment ist doch alles gut; machen wir weiter wie bisher“ vom Tisch ist. Aus den
Fortführungsszenarien geht eindeutig hervor,
dass dies eben nicht funktionieren wird; im Gegenteil: Auch mit der Entscheidung für eines der
Fortführungsszenarien müssten wir mehr Geld in
die Hand nehmen als bisher, würden aber trotzdem Verschlechterungen im Leipziger Verkehr
nicht verhindern können.
So ist es vielleicht nicht erstaunlich, dass wir als
LINKE relativ schnell beim Nachhaltigkeitsszenario angekommen waren. Natürlich ist es kein Geheimnis, dass wir uns auch die Umsetzung des
Gemeinschaftsszenarios sehr gut hätten vorstellen können. Gerade den Aspekt einer solidarischen Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs, wie er in diesem Szenario vorgesehen ist, finden wir natürlich super. Als Ziel halten
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
wir an einer solchen Finanzierung auch weiterhin
fest.
Heute geht es allerdings um die Weichenstellungen bis zum Jahr 2030. Das sind nur noch zwölf
Jahre. Umso wichtiger war die Diskussion im Ausschuss. Hier wurde klar, dass wir besser heute als
morgen mit den Planungen anfangen müssen. An
dieser Stelle noch mal vielen Dank an Herrn Jana
und sein Team, welches jede noch so kleine Detailfrage beantwortet hat.
Der Kompromiss, den wir heute beschließen wollen, heißt also: Nachhaltigkeitsszenario. Wir denken, dass dies ein guter Mittelweg ist; denn mit
dem Nachhaltigkeitsszenario ist es möglich, den
Lärm und den Schmutz in unseren Straßen zu reduzieren und damit die Stadt für alle lebenswerter
zu gestalten. Wir halten an dem im STEP Verkehr
und öffentlicher Raum festgelegten Ziel fest, den
Anteil des Umweltverbundes - ÖPNV, Rad, Fuß auf 70 Prozent zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es vor allem Angebotssteigerungen und -verbesserungen im ÖPNV und im Radverkehr. Aber auch in den Fußverkehr muss investiert werden.
Im Szenario werden auch Aussagen gemacht, wie
viel Geld für die notwendigen Investitionen benötigt wird. Mit diesen möglichen Investitionen haben wir uns im zeitweilig beratenden Ausschuss
sehr intensiv beschäftigt. Stand heute klafft noch
eine enorme Lücke zwischen den geplanten und
den tatsächlich erforderlichen Mitteln. Dieses
Thema ist für DIE LINKE in Stadtrat nicht neu. Wir
fordern seit Jahren, dass mehr Geld in die Finanzierung der LVB fließen muss. Die Untersuchungen geben uns recht: Im heute zu beschließenden
Szenario gehen die Experten von mindestens
72 Millionen Euro aus, die die LVB jährlich zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigten. Wir alle wissen:
Im Moment bekommt die LVB 45 Millionen Euro
aus dem Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag.
Genau diese Diskussion werden wir in der Ratsversammlung im Oktober führen.
Ich bin jedenfalls froh, dass wir uns im Ausschuss
einstimmig auf diesen Änderungsantrag einigen
konnten, und hoffe auf dasselbe Ergebnis hier im
Rat. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Als Nächster Herr Rothkegel, bitte.
Stadtrat Rothkegel (CDU): Sehr geehrter Herr
Erster Bürgermeister Bonew! Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister! Werte Stadträtinnen und Stadträte! Liebe Gäste! Ich weiß nicht, ob
man die Stunden zählen kann, in denen sich Bürgerinnen und Bürger, Stadträtinnen und Stadträte,
Verwaltungsmitarbeiter und Sachverständige mit
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dem Thema „Zukunft der Mobilität in dieser Stadt“
beschäftigt haben. Das zeigt natürlich auch, welche Bedeutung ein leichtgängiger und leistungsfähiger Verkehr für jede Verkehrsart in jeder Lebenslage für unsere Stadt hat.
Es war sicher wenig erquicklich, dass die vorliegenden Szenarien zwar auf durchaus plausiblen
Trendaussagen beruhten, aber nicht mit nachvollziehbaren und durch das persönliche Erleben
nachprüfbaren Maßnahmen untersetzt waren.
Auch der zeitweilig beratende Ausschuss musste
unweigerlich an diese Grenzen stoßen. Dies war
auch der Anlass für unseren vor Monaten gestellten Antrag. Wir wollten nachprüfbare Maßnahmenvorschläge und deren Bewertung gemäß der
vereinbarten Grundsätze sehen. Wir waren damit
wohl etwas voreilig, der Zeit voraus. Darum werden wir unseren Antrag zunächst ruhen lassen.
Nun zu dem in Rede stehenden Änderungsantrag
des zeitweilig beratenden Ausschusses. Damit
die Verwaltung eine Arbeitsgrundlage bekommt
und sich zügig und effektiv mit untersetzenden
Maßnahmenvorschlägen befassen kann, bedurfte
es der Konzentration auf eines der sechs Szenarien. Herr Morlok hat die Faktoren umfangreich
dargestellt, warum wir uns im zeitweilig beratenden Ausschuss dazu durchgerungen haben, uns
für ein Szenario zu entscheiden. Das Szenario der
Nachhaltigkeit, das auf den bisherigen Überlegungen basiert, lässt erwarten, dass die Anforderungen an einen flüssigen Verkehr für die Mehrheit der Leipziger Bürger erfüllt werden können.
Wir teilen die Auffassung, dass das Nachhaltigkeitsszenario das günstigste Szenario ist. Ich
freue mich besonders, dass wir im zeitweilig beratenden Ausschuss eine gemeinsame, einhellige
Meinung zu diesem Nachhaltigkeitsszenario erzielen konnten. Es ist ein gutes Zeichen, wenn der
Stadtrat aufzeigt, wohin der Weg gehen soll. Ich
denke, das ist auch wichtig bei diesem Thema.
Nun ist es an der Verwaltung, gemäß unseres gemeinsamen Antrags einen Zeit- und Maßnahmenplan zu erarbeiten, der auf diesem Szenario basiert. Nur so können wir das Diskutieren über Mutmaßungen beenden und konkreten Maßnahmen
zur Umsetzung verhelfen, die unserer wachsenden und multimodalen Stadt gerecht werden.
Wir werden als Fraktion sehr genau darauf achten, dass sich die Bedingungen für alle Verkehrsarten nicht verschlechtern. Wir wünschen uns
eine ideologiefreie Debatte, die der Entwicklung
der Mobilität, der Attraktivität unserer Stadt und
den Belangen der Wirtschaft gleichermaßen gerecht wird. Ein Ausspielen einzelner Verkehrsträger gegeneinander und die Behinderung einzelner Verkehrsarten werden uns in einer wachsenden Stadt nicht weiterbringen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Wir wollen durch Angebote, nicht durch Regulierungen das Mobilitätsverhalten der Bürger verändern. Eben wurde schon die Stadt Kopenhagen
genannt. Ich glaube, sie ist ein gutes Beispiel, hat
sie doch im Moment schon 28 Prozent Fahrradverkehr. Sie hat das über neue Angebote geschafft; aber ich weiß, dass sie auch 1 Milliarde
Euro in Fußwege investiert hat. Es liegt an uns,
die Investitionen dafür auf den Weg zu bringen.
Es liegen sehr viel Arbeit und große Investitionen
vor uns, damit wir eine umweltgerechte, möglichst
wirtschaftliche und funktionierende Mobilität für
unsere Stadt erhalten und entwickeln können. Mit
der Entscheidung zum Nachhaltigkeitsszenario ist
nur ein Anfang gemacht. - Danke.
Bürgermeister Bonew: Als Nächstes noch mal
Herr Morlok, jetzt für die Fraktion Freibeuter.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Herr Bonew! Ich mache es kurz,
aber ich wollte eine etwas pointiertere politische
Bewertung nicht mit dem Bericht des zeitweilig
beratenden Ausschusses verknüpfen. Deswegen
diese Trennung.
Uns als Fraktion ist es in einigen Punkten nicht
leicht gefallen, diesem Kompromiss zuzustimmen. Wir sind der Auffassung: Wenn eine Fahrpreissteigerung um 2 Prozent, wie es vorgesehen
ist, mit Einnahmeausfällen von 130 Millionen Euro
verbunden ist, dann ist das viel Geld. Für dieses
Geld könnte man einige Schulen bauen und auch
viele Straßenbahnen kaufen. Deshalb ist uns die
Entscheidung schwergefallen. Wir haben dem
dennoch aus zwei Gründen zugestimmt:
Zum einen, weil die Zeit drängt. Ich denke, das ist
auch in den Beiträgen der Kollegen, die sich hier
zu Wort gemeldet haben, deutlich geworden.
Wenn man die Fördermittelkulisse betrachtet,
kann man feststellen: Die ist richtig gut. Wenn
man den Stand von Projekten und Planungen in
Leipzig betrachtet, muss man allerdings ganz
nüchtern und hart formulieren: Wir haben eigentlich nichts, gar nichts. Frau Krefft hat zu Recht auf
die Probleme hingewiesen, die wir im Bereich
Schule und Kita momentan haben. Es ist allerhöchste Eisenbahn, im Bereich Verkehr Entscheidungen zu treffen, um zu vermeiden, dass wir dort
in dieselbe Situation geraten.
Zum anderen war uns wichtig, mit dem Nachhaltigkeitsszenario das Angebot zu machen, durch
einen gut ausgebauten ÖPNV die Leute zum Umstieg vom Auto in den ÖPNV zu bewegen, dies
also nicht durch Verbotsschilder oder Straßenraumverengungen zu tun.
Deswegen stimmen wir diesem Kompromiss zu.
S e i t e | 15
Der Beschluss, der heute hoffentlich einstimmig
gefasst wird, ist tatsächlich nur der erste Schritt.
Wie viel ein Kompromiss wert ist, zeigt sich dann,
wenn es konkret wird, wenn wir später vielleicht
doch noch mal über Fahrpreise oder die Realisierung von Projekten reden müssen. Das Stichwort
„Straßenbahn“ ist schon gefallen. Jeder fährt mit
der Straßenbahn. Aber in der Straße, in der er
wohnt, soll sie möglichst nicht fahren, weil dies
doch mit einer gewissen Lärmbelästigung verbunden ist. Wenn man dafür auch noch Bäume fällen
muss, wird es ganz schwierig. - Sie sehen, wo
mögliche Konfliktlinien sind. Der Kompromiss ist
dann gut, wenn er auch noch hält, wenn wir in den
nächsten Jahren hier im Stadtrat über solche Fragen diskutieren müssen.
Herr Oberbürgermeister, schön, dass Sie jetzt gekommen sind! Ich will Sie gleich auf einen Punkt
hinweisen, nämlich auf die Vorplanungen, die Sie
bis 2019 vorzulegen haben. Ich habe mir mal die
Mühe gemacht, die Projekte, die wir im Ausschuss diskutiert haben, durchzuzählen. Auf der
Projektliste stehen 27 Projekte. Das heißt: Sie,
Herr Oberbürgermeister, haben den Auftrag, dem
Stadtrat bis Ende 2019, also innerhalb von gut einem Jahr, Vorplanungen verbunden mit der Bewertung der verkehrlichen Wirksamkeit von
27 Projekten vorzulegen und sie in ihrer Abfolge
zu priorisieren.
Wir haben Ihnen als Ausschuss ein Angebot unterbreitet, auf das Sie zugreifen können, wenn Sie
der Auffassung sind, dass der Personalbestand in
der Verwaltung dafür nicht ausreicht. Ich appelliere an Sie, Herr Oberbürgermeister: Denken Sie
sehr gut über den Beschlusspunkt zum Personal
nach! Ausreden wie die, dass Sie dafür zu wenig
Stellen gehabt haben, wird Ihnen der Stadtrat in
Zukunft nicht mehr durchgehen lassen. - Vielen
Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Zum Abschluss der Debatte: Herr Keller.
Stadtrat Keller (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Der zeitweilig beratende Ausschuss Verkehr und
Mobilität war einer der effektivsten Ausschüsse,
die ich bisher kennenlernen durfte. Es wurde
sachlich gut gearbeitet. Vor allem die Verwaltung
hat uns sehr gut zugearbeitet und alles bis ins Detail gut verständlich erklärt, so zum Beispiel dass
die Mobilitätsszenarien mit verschiedenen Handlungsschwerpunkten unterlegt sind. Dabei fiel uns
auf, dass viele Szenarien ähnlich oder gleich unterlegt sind, während sich andere stark unterscheiden.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
S e i t e | 16
Für uns hing die Zustimmung davon ab, dass
nicht wie in der Vergangenheit mal hier etwas zurückgebaut und mal dort etwas aufgebaut wird,
sondern dass wir alle Stadtteile auf die Zukunft
gerichtet entwickeln und den Autoverkehr, umso
näher er der Stadt kommt, ausdünnen. Das heißt:
Wir müssen Lösungen anbieten. Das heißt: Das
Ring-Tangenten-System muss fertiggestellt werden. Das heißt: Der öffentliche Personennahverkehr muss erweitert werden. Das heißt auch: Der
öffentliche Personennahverkehr muss ertüchtigt
werden, bürgernah zu sein. Verspätungen, Ausfälle und fehlender Service dürfen nicht zur Regel
werden. Zurzeit ist es so, dass genau das aus unterschiedlichen Gründen überhandzunehmen
scheint.
zinern, Psychologen und Sozialarbeitern des Jugendamtes eine Aussage zu machen, ohne vor
Gericht gezerrt und dort mehrfach befragt zu werden. Ich finde, das ist ein enormer Durchbruch in
Deutschland. In Leipzig steht das erste dieser
Häuser, und ich hoffe, dass das Schule macht, um
Kinder zu schützen. Ich glaube, Sie werden mir
recht geben: Angesichts der Missbrauchsdebatte,
die wir gerade wieder erleben, und der unzähligen
Ereignisse in letzter Zeit ist das ein sehr gutes Zeichen, das von Leipzig ausgeht.
Wenn wir sagen: „Okay, wir wollen die große Lösung“, wie wir sie in diesem Ausschuss einstimmig beschlossen haben und die hoffentlich hier
heute auch viele mittragen werden, ist das, wenn
wir alle weiterhin gemeinsam daran arbeiten, eine
gute Lösung für die Zukunft. Ich bitte Sie zuzustimmen.
Und es gibt noch eine dritte gute Nachricht. Wie
Sie vielleicht schon gehört haben, wird die Europameisterschaft im Fußball 2024 in Deutschland
ausgetragen, und Leipzig wird Spielort.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Gibt es
weitere Wortwünsche? - Ich sehe, das ist nicht der
Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Da diese
Entscheidung für unsere Stadt von großem Gewicht ist, bitte ich Sie, Ihr Abstimmgerät zu nutzen.
Geben Sie jetzt Ihr Votum zum Änderungsantrag
der Mitglieder des zeitweilig beratenden Ausschusses ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 50 - 0 - 0.
Ich danke Ihnen für die konstruktive Zusammenarbeit und Diskussion.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Oberbürgermeister Jung)
Oberbürgermeister Jung: Vielen Dank, Kollege
Bonew, dass Sie mich in der ersten Stunde dieser
Sitzung hier vertreten haben.
Meine Damen und Herren, auch von mir einen
herzlichen Gruß in die Mitte! Neben diesen zentralen und wichtigen Entscheidungen, die wir hier
im Stadtrat treffen, sind noch zwei weitere wichtige Entscheidungen gefallen:
Erstens. Wir haben soeben im Beisein von Königin Sylvia von Schweden ein Childhood-House in
Leipzig eröffnet. Jetzt werden Sie fragen: Was ist
das? Das ist das erste Kinderschutzhaus in
Deutschland, in dem sexuell missbrauchten Kindern und Kindern, die Gewalt erfahren haben, die
Chance gegeben wird, mit einer einzigen Vernehmung unter Videobeobachtung von Polizei, Medi-
Die zweite Entscheidung betrifft mich persönlich.
Einige wird es freuen, einige werden es bedauern.
Ich werde Ihnen mindestens bis März 2020 erhalten bleiben.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 21.9 auf:
21.9 1. Änderung zum Bau- und Finanzierungsbeschluss VI-DS-04944 - Eigenbetrieb Oper Leipzig - M 16 - Modernisierung Dächer und Nordterrasse, 2. Bauabschnitt (VI-DS-04944-DS-02-NF-02)
Einreicher: Dezernat Kultur
Klare Vorvoten. - Wird das Wort gewünscht? - Gibt
es Gegenstimmen? - Enthaltungen?
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen nun zu einer weiteren sehr wichtigen
Vorlage:
21.10 Fortschreibung der Instrumente und
Maßnahmen des Wohnungspolitischen
Konzepts (VI-DS-05276)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
21.10.1 dazu ÄA (VI-DS-05276-ÄA-01)
Einreicher: SPD-Fraktion
21.10.2 dazu ÄA (VI-DS-05276-ÄA-02)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
21.10.3 dazu ÄA (VI-DS-05276-ÄA-03)
Einreicher: CDU-Fraktion
21.10.4 dazu ÄA (VI-DS-05276-ÄA-04)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
21.10.5 dazu ÄA (VI-DS-05276-ÄA-05)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Frau Dubrau, ich bitte um Einbringung.
Bürgermeisterin Dubrau: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Stadträte! Sehr geehrte Bürgermeister und Gäste! Ich hebe an zu einer etwas
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
längeren Einführung, auch aufgrund der Vielzahl
der Änderungsanträge; denn ich möchte zu jedem
Beschlussvorschlag die Verwaltungssicht noch
einmal mündlich darlegen.
Ebenso wie der Verkehr ist das Wohnen ein wichtiges Thema in unserer Stadt, über das heftig diskutiert wird. Es hat große Veränderungen in den
letzten Jahren gegeben, und es wird sie auch in
Zukunft geben. Anlass unserer Vorlage war die
Umsetzung von Beschlusspunkt 3 zum Wohnungspolitischen Konzept, das Sie 2015 beschlossen haben, hier insbesondere die Auseinandersetzung mit dem starken Wachstum und
die Prüfung der festgelegten Instrumente und
Maßnahmen unter dem Vorbehalt der Marktanspannung.
Der Leipziger Wohnungsmarkt ist angespannt.
Das hat auch der Freistaat dargestellt und bestätigt. Die Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts auf der räumlichen Schwerpunktsetzung für die wohnungspolitischen Instrumente und die Wirkungszusammenhänge mit anderen Fachkonzepten und Querschnittsthemen
ist ebenso Thema des Ihnen jetzt vorliegenden
Papiers wie die Veränderung der Rahmenbedingungen. Zum Beispiel wurden Leipzig über das im
Jahr 2017 aufgelegte Förderprogramm zur Schaffung von sozialem Wohnraum des Freistaats
Sachsen für die Jahre 2018 bis 2020 Fördermittel
für sozialen Wohnungsbau in Höhe von 20 Millionen Euro pro Jahr bewilligt, was einer Kapazität
von ungefähr 500 bis 550 Wohnungen jährlich
entspricht.
S e i t e | 17
Zweitens: die Darstellung des aktuellen Sach- und
Umsetzungsstandes der in Umsetzung befindlichen wohnungspolitischen Instrumente und Maßnahmen, wie zum Beispiel das Netzwerk „Leipziger Freiheit“.
Drittens: die Weiter- und Neuentwicklung von
wohnungspolitischen Instrumenten und Maßnahmen, wie zum Beispiel die Möglichkeit, Zweckentfremdungssatzungen zu erlassen und umzusetzen, gegebenenfalls auch soziale Erhaltungssatzungen zu erlassen. Letzteres war ja in der Vergangenheit schon ein großes Diskussionsthema.
Zur Vorlage der Verwaltung gibt es eine Vielzahl
von Änderungsanträgen. Ganz kurz vorab: Aus
unserer Sicht sollten die Beschlusspunkte des
SPD-Änderungsantrags 01 sowie die des Änderungsantrags 02 der Fraktion DIE LINKE einzeln
abgestimmt werden. Für die Änderungsanträge
03, 04 und 05 ist das aus unserer Sicht nicht notwendig. Aber da sind Sie natürlich frei; da ist nur
ein Vorschlag von unserer Seite.
Nun zur Verwaltungsmeinung zu den einzelnen
Beschlussvorschlägen der Änderungsanträge:
Zum Änderungsantrag 01 der SPD-Fraktion. Es
wird vorgeschlagen, Beschlusspunkt 3 wie folgt
zu ändern:
Das Kapitel 3 „Instrumente und Maßnahmen“ des Wohnungspolitischen Konzepts wird fortlaufend aktualisiert und
fortgeschrieben. Ein Bericht dazu erfolgt
jährlich im 4. Quartal.
Was ist Inhalt dieser Vorlage? Die mit dem Wohnungspolitischen Konzept beschlossenen wohnungspolitischen Leitlinien behalten weiterhin ihre
Gültigkeit, aber für die Umsetzung ist die Weiterund Neuentwicklung von wohnungspolitischen Instrumenten und Maßnahmen erforderlich, um sie
den jeweiligen Marktbedingungen anzupassen.
Dazu können wir unsere Zustimmung geben.
Daher werden in Kapitel 3 folgende Instrumente
und Maßnahmen des Wohnungspolitischen Konzepts festgeschrieben und zum Beschluss vorgelegt:
Hierzu findet im ersten Quartal 2019 ein
fachlicher Austausch mit den Mitgliedern
des Fachausschusses Stadtentwicklung
und Bau statt. Im Ergebnis werden dem
Rat im zweiten Quartal 2019 eine Stellungnahme zur Einschätzung der Instrumente zur Information und gegebenenfalls Beschlussvorschläge zur Einführung einzelner Instrumente vorgelegt.
Erstens: die Darstellung bereits gefasster Beschlüsse zu wohnungspolitischen Instrumentarien
und Maßnahmen sowie deren Weiterentwicklung.
Weiterentwicklung und Konkretisierung sind ganz
wichtig gegenüber dem Stand des Wohnungspolitischen Konzepts von 2015; denn es hat sich
seitdem viel verändert. So wurde zum Beispiel der
Beschluss gefasst, in allen neuen B-Plänen einen
Anteil von 30 Prozent sozialen Wohnungsbau
festzuschreiben; beim ersten Tagesordnungspunkt heute ging es ja auch um dieses Thema.
Die Eigentümerziele der LWB sind hier ebenso
festgehalten wie viele, viele andere Punkte, die
ich jetzt nicht alle benennen mag.
Des Weiteren sollen in Beschlusspunkt 3.1 diverse Punkte ergänzt werden. - Hierzu machen
wir einen Alternativvorschlag, der alle diese
Punkte aufnimmt, aber noch einen Satz hinzufügt,
nämlich:
In Beschlusspunkt 4 des Änderungsantrags der
SPD-Fraktion geht es um ein stadtweites Wohnungsmarkt-Screening. - An dieser Stelle empfehlen wir Ablehnung, da das bereits Verwaltungshandeln ist. Ein stadtweites Grobscreening als
Voruntersuchung für die Identifikation von Verdachtsräumen, die gegebenenfalls den Erlass sozialer Erhaltungssatzungen notwendig machen,
hat bereits stattgefunden. Die Ergebnisse liegen
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
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bereits auf dem Tisch, eine Vorlage ist in Arbeit.
Außerdem erfolgte im Februar 2018 eine Untersuchung in Zusammenhang mit der Beantragung
der Mietpreisbremse.
Die Stadtverwaltung prüft bis Ende 2018
Mittel und Wege, wie das Unternehmen
in die Lage versetzt wird, das Ziel von
40.000 Wohneinheiten zu erreichen …
Zum Änderungsantrag 02 der Fraktion DIE
LINKE. Darin wird vorgeschlagen, Beschlusspunkt 3 wie folgt zu verändern:
Dazu machen wir folgenden Alternativvorschlag:
Das Kapitel 3 „Instrumente und Maßnahmen“ des Wohnungspolitischen Konzepts wird alle zwei Jahre aktualisiert
und fortgeschrieben.
Da wir dem Vorschlag der SPD-Fraktion folgen
wollen, das jährlich zu tun, empfehlen wir, das
dementsprechend zu ändern.
In Punkt 3.1, Stadtplanung, soll folgender Satz ergänzt werden:
Je 1 000 Einwohner, die zuziehen, ist ein
Bedarf von 580 Wohnungen einzuplanen.
Ich vermute, die Rechnung war: 1,8 Einwohner
pro Wohnung. Dann kommt man auf diese Zahl. Das halten wir für zu einfach. Das Wohnungsverhalten der Bewohner unserer Stadt ist sehr viel
komplizierter. Hier muss sehr viel mehr berücksichtigt werden. Insofern würden wir an dieser
Stelle sagen, dass die Monitoringberichte Wohnen - der letzte ist von 2016/2017 - das sehr viel
präziser darstellen. Deshalb wird das unsererseits
abgelehnt.
Des Weiteren wird vorgeschlagen, den Satz „Zur
Gewährleistung einer großen Vielfalt an Wohnformen …“ zu streichen. - Ehrlich gesagt, wir Menschen sind sehr unterschiedlich, auch das Wohnverhalten der Menschen ist sehr unterschiedlich.
Viele von uns hier im Raum haben noch eine Zeit
erlebt, wo nur eine einzige Wohnform diejenige
welche war, in der alle wohnen wollten und sollten, und das war eine Neubauwohnung in der
„Platte“. Die Welt ist bunter. Insofern möchten wir
unsere Planungen gern bedarfsgerecht vornehmen.
In Punkt 3.2, Entwicklung und Vermarktung kommunaler Wohnbauflächen, soll die Formulierung
„insbesondere im Einfamilienhaussegment“ gestrichen werden. - Da knüpfe ich an den vorhergehenden Punkt an. Auch das würden wir ablehnen, zumal es schon Beschlüsse des Rates zum
Thema Einfamilienhaus gibt, ob in Knautkleeberg,
Knauthain oder Lindenthal, in denen eine bauträgerfreie Vermarktung vorgesehen ist. Insofern
wird das im Einzelfall auf der Tagesordnung sein.
In Punkt 3.3, Soziale Wohnraumversorgung, soll
als dritter Punkt ergänzt werden:
Die Stadtverwaltung prüft bis zum zweiten Quartal 2019 Mittel und Wege, wie
das Unternehmen in die Lage versetzt
wird, das Ziel von 40.000 Wohnungen zu
erreichen und informiert über das Prüfergebnis den Stadtrat.
Über einiges wird ja schon diskutiert. Im Moment
sieht es so aus, dass es nicht möglich sein wird,
dieses Wachstumsziel innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erreichen. Große Finanzierungszuschüsse vonseiten der Stadt
Leipzig wird es, denke ich, nicht geben können.
Außerdem ist im Moment die Fördersicherheit für
die folgenden Jahre nicht gegeben.
In Punkt 3.3, Entwicklung und Erprobung besonderer Wohnformen, soll ein zweiter Punkt ergänzt
werden:
Prüfung der Übernahme von Bürgschaften für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen
Dazu haben wir einen Alternativvorschlag, der an
sich den gleichen Inhalt, aber die formal richtige
Formulierung hat:
Prüfung der Übernahme von Vermietungssicherheiten für Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt
In Punkt 3.6, Umwandlungsverbot in sozialen Erhaltungsgebieten, soll noch etwas ergänzt werden. - Dazu haben wir folgenden Alternativvorschlag:
Die Darstellung des Umwandlungsgeschehens im Monitoringbericht wird geprüft.
Wir können das sowieso nicht allein machen;
dazu brauchen wir den Freistaat.
Zu Punkt 3.7, Mietspiegel, Betriebskostenspiegel
und Heizkostenspiegel, wird vorgeschlagen, den
Heizkostenspiegel jährlich vorzulegen. - An dieser
Stelle empfiehlt die Verwaltung Ablehnung. Der
Heizkostenspiegel wird alle zwei Jahre erstellt.
Das ist mit sehr großem Aufwand verbunden.
Sehr viele Akteure sind in die Erstellung eingebunden. Den Heizkostenspiegel jährlich zu machen, wäre aus unserer Sicht nicht sachgerecht.
Nun zum Änderungsantrag 03 der CDU-Fraktion,
der zwei Beschlussvorschläge enthält. In Punkt 5,
Stadtteil- und Projektentwicklung, geht es um die
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
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Verbesserung der Situation in den Großsiedlungen. - An dieser Stelle empfiehlt die Verwaltung
Ablehnung, da das bereits Verwaltungshandeln
ist. Es sind bereits konkrete Maßnahmen, wenn
auch nicht auf der Ebene des Wohnungspolitischen Konzepts, in diversen Papieren verankert,
zum Beispiel in den integrierten Stadtteilkonzepten und im INSEK. Dort wird auch dieses Thema
bearbeitet.
der Tribüne! Die Vorlage ist, auch wenn sie ein
wenig sperrig wirkt und schwer zu lesen ist, weshalb es schwierig war, dazu Änderungsanträge zu
formulieren, wichtig für unsere Stadt. Jeder kennt
die Entwicklung. Auch wenn im letzten Halbjahr
das Wachstum weniger stark ausfiel, muss man
konstatieren: Vom Juni letzten Jahres bis zum
Juni dieses Jahres sind 8.100 Einwohner dazugekommen.
Zu Punkt 3.8, Kommunikation und Kooperation,
wird vorgeschlagen: Pflege einer Kooperationsund Kommunikationskultur mit allen am Wohnungsmarkt beteiligten Akteuren. - Auch dazu sagen wir vonseiten der Verwaltung: Ablehnung, da
bereits Verwaltungshandeln. Sicher werden einige von Ihnen an einem der diversen Workshops
teilgenommen haben. Wir halten es immer für
ganz wichtig, dass alle Akteure mit am Tisch sitzen. Es ist unter Kapitel 3, Punkt 8, Seite 16, auch
ausgeführt, dass die Stadt zur Umsetzung der
Wohnungspolitischen Leitlinien auf eine breite Akteursbeteiligung angewiesen ist und daher die Kooperationen mit dem im Rahmen der Erarbeitung
des Wohnungspolitischen Konzepts beteiligten
Akteurskreis fortsetzt und weiter ausbaut. Also:
Die Kooperation mit allen Akteuren ist bereits geklärt.
Auch die Leerstandsquote kennen wir. Dazu gab
es Riesendiskussionen im Workshop am vergangenen Montag. Nun muss man angesichts der
Zahlen, die sowohl die Genossenschaft als auch
die LWB präsentiert haben, wissen, dass darunter
auch Wohnungen sind, die aktuell nicht vermietbar sind. Das hat auch die LWB im persönlichen
Gespräch bestätigt. Deswegen sind wir nach wie
vor der Meinung: Wir haben aktuell einen Leerstand von knapp 2 Prozent. - Herr Hobusch, Sie
können ja nachher noch Stellung beziehen, wie
Sie das aus der Sicht von Haus & Grund sehen.
Nun zum Änderungsantrag 05 der Fraktion DIE
LINKE. Hier heißt es im Beschlussvorschlag zu
Punkt 3.2:
Städtische Grundstücke, die durch Konzeptvergabe für den Wohnungsneubau
zur Verfügung gestellt werden, sollen im
Regelfall nur mehrgeschossig bebaut
werden.
Hier empfehlen wir Zustimmung.
Abschließend zum Änderungsantrag 06 der Fraktion DIE LINKE. Hier wird vorgeschlagen, Punkt 1
wie folgt zu ergänzen:
Unter den Bedingungen des Bevölkerungswachstums wächst die Stadt aus
ihren urbanen und Siedlungskernen.
Das ist das Grundsatzziel der Stadtentwicklung in
Leipzig. Das ist in der Leipzig Charta beschrieben.
Das ist auch Teil des INSEK. Insofern ist das aus
unserer Sicht zustimmungsmöglich.
Ich bedanke mich.
Oberbürgermeister Jung: Ich eröffne die Debatte. Zunächst hat Herr Zenker das Wort.
Stadtrat Zenker (SPD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Werte Bürgermeister! Werte Gäste auf
Dass die Leerstandsquote sinkt, hat auch mit den
Angebotspreisen zu tun. Diese sind zwischen
2012 und 2016 um 1,10 Euro gestiegen. Insbesondere große und kleine Wohnungen sind Mangelware. Ich bin der festen Überzeugung: Wir
müssen hier aktiv werden und uns intensiver kümmern. Es ist keine Zeit mehr zu verlieren. Wir müssen mutiger werden auch in Bezug auf die Umsetzung von Maßnahmen.
Wir hätten uns eine etwas ambitioniertere Fortschreibung gewünscht. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag dazu gestellt, in dem wir
eine ganze Reihe von Maßnahmen benennen, die
wir geschärft haben wollen, wie zum Beispiel ein
stärkerer Einsatz des Mittels der städtebaulichen
Entwicklung gemäß § 165 ff Baugesetzbuch, aber
auch die Schaffung eines Fonds für Belegrechte,
damit wir Belegrechte erwerben können, um im
Falle von drohender Wohnungslosigkeit schnell
reagieren zu können.
Sie hatten hier die Sicht der Verwaltung dargelegt.
Allerdings weiß ich nicht, wie Sie das gemeint haben, als Sie ausführten, dass Sie das prüfen werden. Wenn Sie das als Prüfauftrag in die Vorlage
übernehmen, gehen wir da mit. Auch beim Wohnungsmarkt-Screening gehen wir mit. Wir nehmen zur Kenntnis, dass das bereits stattgefunden
hat und die Vorlage zu den Ergebnissen in Arbeit
ist. Natürlich werden wir beobachten, wie es mit
der Mietpreisbremse weitergeht. Sie hatten gesagt: Die Grundlagen sind da, wenn die verschärfte Mietpreisbremse in Kraft tritt. Diese dann
zeitnah zu beschließen, ist uns wichtig. Wir müssen, sobald eine tatsächlich wirksame Mietpreisbremse in Kraft tritt, aktiv werden. Von daher tragen wir auch das mit und werden diesen Punkt
nicht zur Abstimmung stellen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Uns ist es wichtig, weiterhin eine intensive Diskussion dazu zu führen: mit den Partnern, den Wohnungsbauunternehmen, aber auch mit den Betroffenen und mit den Akteuren des Wohnungsmarktes. Ich bin davon überzeugt: Wir brauchen
Maßnahmen, die dazu beitragen, die Mietpreisentwicklung zu dämpfen. Dazu gehört zum Beispiel die Kappungsgrenze, die wir auf Antrag der
Grünen hier im Rat beschlossen haben. Wir brauchen Maßnahmen, damit weiterhin preiswerter
Wohnraum entsteht. Sie hatten angesprochen,
dass im Rahmen der kooperativen Baulandentwicklung in B-Plänen ein Anteil von 30 Prozent für
sozialen Wohnungsbau festgeschrieben ist. Das
ist eine Möglichkeit. Wir brauchen ein starkes
Wohnungsbauprogramm. Wir müssen Möglichkeiten finden, um uns Belegrechte für Notfälle zu
sichern. Man sollte ernsthaft prüfen, dazu einen
Fonds zu schaffen.
Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass Wohnraum bezahlbar bleibt, gerade auch in den Gebieten, wo jetzt die zweite Sanierungswelle bzw. die
erste richtige ansteht. Dort müssen wir tatsächlich
mit Erhaltungssatzungen arbeiten. Sie hatten
auch das Thema Zweckentfremdungsverbot angesprochen. Das wollen wir weiter vorantreiben.
Wir hoffen, dass die Kommune diesbezüglich den
Druck auf den Freistaat weiter aufrechterhält;
denn ohne ihn wird das nicht möglich sein.
Von daher werden wir der Vorlage der Verwaltung
einschließlich der übernommenen Änderungen,
wie von der Verwaltung eben vorgetragen, so zustimmen und bitten auch den Rat, das zu tun. Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Weber.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und
Herren Stadträte! Liebe Gäste auf der Tribüne!
Wir sprechen heute über die weiteren Maßnahmen zum Wohnungspolitischen Konzept und insbesondere darüber, wie wir mit dem derzeit angespannten Wohnungsmarkt umgehen. Schaut man
sich die Vorlage an und erinnert man sich an das,
was im Expertenworkshop vorgestellt und diskutiert wurde, muss man die Lage schon als dramatisch einschätzen, wenn auch noch nicht im Moment; aber sie wird sich in Zukunft dramatisch verschärfen.
An dieser Stelle ein paar Zahlen, um das ein bisschen einzubetten in das, was Herr Bonew in der
letzten Ratsversammlung dargelegt hat, nämlich
dass sich die Bevölkerungsentwicklung etwas abgeschwächt hat. Ich habe mir die aktuellen Zahlen
im Statistischen Quartalsbericht vom 30.06.2018
angeschaut. Vom 30.06.2017 bis zum 30.06.2018
S e i t e | 20
gab es einen Einwohnerzuwachs von 8.143 Personen. Die Bevölkerungszunahme hat also nicht
mehr die Dynamik, wie wir sie in den letzten Jahren hatten; aber sie ist immer noch deutlich.
Zur Leerstandsquote. Im Expertenworkshop am
Montag wurde nicht, wie Herr Zenker gesagt hat,
von 2 Prozent gesprochen, sondern von 1,5 Prozent. Ob nun 1,5 oder 3 Prozent: Das sollte uns
zu denken geben. Wir sollten im Hinterkopf haben: 2011 und 2012 lag die Leerstandsquote noch
bei 12 Prozent. Das ist die Dynamik, die wir feststellen müssen. Zuzug wird es weiter geben.
Leipzig ist ein Ballungszentrum. Leipzig ist eine
Schwarmstadt. Hier entstehen Arbeitsplätze.
Die Baufertigstellungen lagen 2017 bei 1.700
Wohnungen. Eigentlich notwendig gewesen wären 3.000 Wohneinheiten, um ein Stück weit mietpreisdämpfend zu wirken. Man muss sich immer
wieder vergegenwärtigen, dass das Nettohaushaltseinkommen - eine ganz wichtige Größe - bei
70 Prozent der Menschen in dieser Stadt bei unter
2.300 Euro netto liegt. 24 Prozent der Bevölkerung Leipzigs verdienen unter 1.100 Euro netto.
Das heißt: Diese Personengruppen wird es massiv treffen.
Die Bodenrichtwerte - wer den Grundstücksmarktbericht gelesen hat, der ja dieses Jahr öffentlich
war; in der Vergangenheit war das nicht so - haben sich von 2016 auf 2017 mehr als verdoppelt.
Wenn ich die Zahlen ins Verhältnis setze, schreie
ich: Wo ist hier der Alarmknopf, auf den ich draufhauen kann, damit auch der Letzte versteht, in
welcher Situation sich Leipzig befindet? Das wird
dazu führen, dass die Angebotsmieten deutlich
steigen werden. Der Druck auf die Bestandsmieten wird deutlich steigen. Die Mietspiegelwerte
werden ansteigen. Je mehr neue Wohnungen hinzukommen, desto mehr schlagen sich diese auch
im Mietspiegel nieder.
Nun zur Vorlage. Ein Punkt missfällt mir, nämlich
Punkt 3.1. Sie schreiben:
Bei anhaltend starkem Wachstum muss
die Zahl der jährlich neu geschaffenen
Wohnungen mittelfristig deutlich erhöht
werden.
Ich meine, wer so etwas schreibt, der hat aus meiner Sicht noch nicht den Gong gehört. Deswegen
haben wir in unserem Änderungsvorschlag formuliert: Eine belastbare Größe ist die Belegungszahl
pro Wohnung. Das sollte man auch so aufnehmen. Um den Zuwachs in dieser Stadt quasi messen können, muss eine entsprechend große Zahl
genannt werden.
Ich würde gern noch eine Änderung zu Protokoll
geben. In Beschlussvorschlag 2 unseres Antrags
soll nunmehr folgender Satz ergänzt werden:
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Je 1.000 Menschen Einwohnerzuwachs
ist ein Bedarf von 580 Wohnungen einzuplanen.
Ein weiterer Punkt liegt mir besonders am Herzen:
die Eigenheimstandorte. Sie haben mehrfach gesagt, sowohl hier im Stadtrat als auch in der Öffentlichkeit: Die Stadtverwaltung hat keine Planungskapazitäten. - Jetzt sagen Sie: Wir wollen
weiterhin Eigenheimstandorte beplanen bzw. ins
Leben rufen. Dafür hat die Stadtverwaltung doch
überhaupt keine Kapazitäten. Wir brauchen mehrgeschossigen Wohnungsbau. Der wird in den
meisten Fällen relativ gut erschlossen sein und
auch mit Kitas und Schulen ergänzt. Aber am
Stadtrand weiterhin wie wild Eigenheimstandorte
zu planen bzw. zu eröffnen, dafür fehlt es an Geld,
dafür fehlt es an Planern. Das passt einfach nicht
zusammen. - Dabei will ich es jetzt belassen.
Noch einmal zu den Punkten im Einzelnen. In
Punkt 1 können wir dem Vorschlag der Verwaltung folgen. Wir können auch Punkt 5 mit einer
Ergänzung des Datums, wie von Ihnen vorgeschlagen, folgen. Wenn Sie uns zu Punkt 6 noch
ein Datum nennen könnten, bis wann Sie die Prüfung von Bürgschaften abgeschlossen haben,
wäre ich Ihnen sehr dankbar. Denkbar wäre aus
meiner Sicht: Ende des ersten Quartals 2019.
Herr Professor Fabian, das ist eher Ihr Bereich.
Vielleicht können Sie sagen, auf welches Datum
wir uns diesbezüglich einigen könnten. Zu den
Punkten 7 und 8 würden wir unseren Änderungsauftrag aufrechterhalten. Dem SPD-Antrag können wir folgen bzw. der jetzt dazu dargelegten
Verwaltungsmeinung. Auch dem CDU-Antrag
können wir folgen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Hoffentlich habe ich
jetzt alles richtig mitgeschrieben. - Herr Weickert
hat das Wort.
Stadtrat Weickert (CDU): Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren Kollegen! Verehrte
Gäste! Wohnungspolitik ist zu einem zentralen
Thema unserer Auseinandersetzungen geworden. In einer intensiven Debatte zum Wohnungspolitischen Konzept und zu den Eigentümerzielen
der LWB haben wir dies gesehen. Als CDUFraktion haben wir dabei immer auf die Verantwortung der Politik hingewiesen, Investoren und
Vermieter nicht zu brüskieren, sondern sie mit ins
Boot zu holen, wenn es um die Weiterentwicklung
unseres Wohnungsmarktes geht. Denn mit einer
Mär muss ich hier einmal aufräumen: Nicht der
Stadtrat, auch nicht die Stadtverwaltung bauen
neue Wohnungen, sondern Wirtschaftsunternehmen, auf die wir angewiesen sind. Auch unsere
stadteigene Wohnungsbaugesellschaft kann nur
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neuen Wohnraum bauen, wenn wir ihr die Möglichkeit dazu geben.
Wohnen umfasst aus unserer Sicht mehr als nur
den reinen Neubau oder die Sanierung. Insbesondere in den Großbausiedlungen Grünau und
Paunsdorf haben wir immer noch einen relativ hohen Leerstand. Unsere Aufgabe muss es sein,
Rahmenbedingungen zu schaffen, die diesem
Leerstand entgegenwirken. Hier spreche ich von
guter Infrastruktur, Arbeitsplätzen, Verkehr, sozialer Infrastruktur und natürlich auch von kulturellen
Angeboten.
Frau Dubrau, Sie haben hier gesagt, es sei bereits
Verwaltungshandeln, diese Rahmenbedingungen
zu schaffen, und haben auf das INSEK, den STEP
Zentren usw. verwiesen. Mag ja sein, dass wir
diese Beschlüsse gefasst haben. Aber wie immer,
wenn wir hier Beschlüsse fassen, warte ich darauf, dass diese Beschlüsse auch vernünftig umgesetzt werden. Ich persönlich weiß nicht, wie
sich in Grünau und Paunsdorf in Zukunft noch
neues Gewerbe ansiedeln soll, damit wir auch
dort Arbeitsplätze schaffen, damit wir dort kurze
Wege zwischen Wohnen und Arbeit ermöglichen.
Insofern denke ich, Sie sollten da noch deutlich
nachlegen.
Eine wachsende Stadt bedarf wirtschaftlich guter
Rahmenbedingungen. Diese erreichen wir nicht,
indem wir uns auf den Standpunkt stellen, dass
Investoren böse sind und Geldverdienen etwas
Unrechtes ist. Gerade das Beispiel des Bayerischen Bahnhofs, das in der vergangenen Ratsversammlung Thema war, zeigt, was mit vermeintlich gut gemeinter Politik der rot-rot-grünen
Ratsmehrheit für die Leipziger und den Wohnungsmarkt erreicht wurde. Nichts! Nicht eine
Wohnung wird durch den Beschluss, den wir
letzte Woche gefasst haben, in Zukunft neu gebaut werden.
Es ist aus meiner Sicht auch verantwortungslos,
wenn hier immer wieder der Gegensatz zwischen
Politik und dem sogenannten Kapitalismus ins
Wort gehoben wird. Ihnen, Frau Riekewald, will
ich sagen: Ich weiß nicht, ob Sie es schon mitbekommen haben: Wir leben gar nicht mehr im Kapitalismus. Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft, und das ist ein ganz, ganz großer Unterschied. - Ich weiß, dass Sie das lustig finden. Aber
ich sage einmal so: Wenn es keine anständigen
Unternehmer und Bürger gäbe, die Steuern zahlen, könnten wir uns die ganze Chose hier nicht
leisten. Das sollten Sie sich mal hinter die Ohren
schreiben.
Nur weil wir das scharfe Schwert der Enteignung
ziehen, bauen sich an diesem Ort weder schneller
noch bessere Wohnungen. Das muss man zu
dem Vorhaben am Bayerischen Bahnhof auch
mal deutlich sagen. Und: Die Entschädigungen,
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
die wir in dem Fall zahlen müssten, werden uns in
unserer Flexibilität als Stadt einschränken, und
zwar dauerhaft. Solch ein Beschluss ist leider ein
schlechtes Signal an alle, die in Leipzig investieren wollen.
Herr Kollege Zenker, Sie haben vorhin gesagt:
Leipzig ist eine attraktive Stadt. - Da gebe ich
Ihnen recht. Das stellt auch keiner hier in Abrede.
Aber wir müssen uns doch mal die Frage stellen,
wie lange wir noch eine attraktive Stadt sein werden. Warum gab es denn diesen starken Zuzug
nach Leipzig? Weil die Wohnungen günstig waren, weil wir ausreichend Kitaplätze hatten, weil
wir ausreichend Schulplätze hatten. Das sind die
Gründe, warum Menschen nach Leipzig gezogen
sind. Wenn wir hier nicht unsere Hausaufgaben
machen, dann wird sich auch der Zuzug verringern. Das kann nicht in unserem Interesse sein.
Leipzig wird nicht per se eine mehr oder minder
für Zuzug attraktive Stadt bleiben, wenn sie dieses Angebot nicht mehr aufrechterhalten kann.
Das muss uns doch allen bewusst sein, so attraktiv wir Leipzig nach wie vor finden.
Der Wettbewerb wird hoch bleiben, insbesondere
auch der Wettbewerb, wenn es darum geht, Investitionen nach Leipzig zu holen. Es stellt sich
doch für jemanden, der Geld investieren will, das
er vielleicht auch nur einmal investieren kann, erst
einmal die Frage: Wo kann ich es am besten investieren? Wo bieten mir Verwaltung und Politik
beste Möglichkeiten, meine Projekte zu entwickeln und umzusetzen? Und da sehe ich ernsthaft
die Gefahr, gerade auch mit Blick auf die Debatte
zum Freiladebahnhof und der Politik, die hier teilweise gemacht wird, ob das in Zukunft noch
Leipzig sein wird. Das kann nicht im Interesse der
Leipziger sein. Wenn wir Vielfalt am Wohnungsmarkt wollen, brauchen wir echten Dialog und
Verständnis auch für die Interessen der Projektentwickler.
Wer etwas von sozialer Marktwirtschaft versteht
wie ich, kann Ihre Äußerungen, Frau Dubrau, die
Sie vor einer Woche in der LVZ getätigt haben, nur
mit Unverständnis kommentieren. Wenn die öffentliche Hand feststellt, dass Wohnungen knapper werden, passiert am Ende nur eines: Sie werden dadurch teurer. Und das kann nun wahrlich
nicht im Interesse der Leipziger sein.
Ich denke, wir müssen es schaffen, das Angebot
an Wohnungen so schnell als möglich und so gut
als möglich zu erhöhen, und zwar in allen Bereichen, ob das der etwas günstigere Wohnraum ist
oder ob es Luxuswohnungen sind. Denn eines
muss man auch mal deutlich sagen: Es ist doch
widersinnig, zu glauben, dass irgendein privates
Unternehmen am Bedarf des Marktes vorbei
bauen wird. Sie haben zu Recht zitiert, dass das
Einkommensniveau in Leipzig leider immer noch
auf einem relativ geringen Niveau ist. Es ist doch
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logisch, dass ein Investor nicht sagen wird: Ich
baue jetzt nur noch Wohnungen für 20 Euro kalt. Das wäre doch widersinnig. Deswegen: Sie betreiben aus meiner Sicht in dieser Sache billigen
Populismus, und der ist gefährlich. - Herzlichen
Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Elschner.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Kolleginnen und Kollegen
Stadträte! Herr Weickert, ich wünsche mir auch so
sehr die soziale Marktwirtschaft. Wir erleben das
zehnte Jahr einen Aufschwung in Deutschland,
und doch ist die soziale Spaltung in unserem Land
tiefer geworden.
Meine Damen und Herren, wir Grüne werden der
Vorlage zur Fortschreibung der Instrumente und
Maßnahmen des Wohnungspolitischen Konzepts
zustimmen. Sie werden sich sicherlich wundern,
warum es keinen Grünen-Änderungsantrag zu
dieser Vorlage gibt.
Die SPD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE haben dazu sehr gut vorgearbeitet. Dennoch hätte
ich mir gewünscht, dass ein wenig mehr Zeit geblieben wäre, diese vielen Vorschläge auch im
Ausschuss gründlich beraten zu können. Wir werden übrigens in großen Teilen den Änderungsanträgen von SPD und LINKEN zustimmen bzw. den
dazu vorgetragenen Verwaltungsstandpunkten.
Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen - Frau
Bürgermeisterin Dubrau sagte es bereits -: Wir
haben in Leipzig einen angespannten Wohnungsmarkt. Einige sprechen gar von Wohnungsnot.
Aus meiner Sicht bedarf das Thema Wohnen einer vertiefenden Diskussion. Eine vertiefende
Diskussion können wir im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau angesichts der Fülle von
Vorlagen und Anträgen kaum mehr leisten. Ich
würde mir wünschen, Kolleginnen und Kollegen,
im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau
noch einmal ganz genau zu besprechen, wie es
uns als Entscheidungsträger gemeinsam mit der
Verwaltung gelingen kann, diese vielen Herausforderungen anzugehen und die richtigen Prioritäten in Bezug auf den Einsatz von wohnungspolitischen Instrumenten zu setzen, auch vor dem Hintergrund, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben
werden kann.
Wir müssen darüber diskutieren, ob es nicht Sinn
macht, wie beim Verkehr geschehen, einen zeitweilig beratenden Ausschuss Wohnen einzusetzen. Das ist unser Gesprächsangebot, auch für
den Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau.
Ich würde mir wünschen, dass wir dann dort auch
konstruktive Diskussionen führen. - So weit mein
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Wortbeitrag zum Wohnungspolitischen Konzept.
Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Oberbürgermeister! Frau Beigeordnete Dubrau! Liebe Besucher
auf der Tribüne! Die Diskussion, die wir gerade
eben hier erlebt haben, zeigt doch eines: Von links
wird gesagt: Wir haben einen angespannten Wohnungsmarkt. Wir haben keine Wohnungen mehr,
die zur Verfügung stehen. Es wird sogar von Wohnungsnot gesprochen. - Liebe Kollegen von der
Union, lassen Sie mich Wasser in den Wein gießen: Wenn Sie von Wohnungen reden, reden Sie
ständig von Investoren.
Die Wahrheit in dieser Bundesrepublik ist - deswegen bin ich auch Präsident eines wohnungswirtschaftlichen Verbandes geworden -: Es gibt
4 Millionen Vermieter in diesem Land. 4 Millionen
Vermieter in diesem Land stellen 32 Millionen der
40 Millionen Wohneinheiten insgesamt zur Verfügung. Das heißt: Es gibt irgendwo in diesem Land
4 Millionen Menschen, die bis zu acht Wohneinheiten im Durchschnitt ihr eigen nennen. Für
diese wollen Sie Instrumente einführen. Für diese
wollen Sie die Mietpreisbremse auf Bundesebene
verschärfen. Für diese wollen Sie eine Mietpreisbremse in der Stadt Leipzig einführen.
Diese Eigentümer und Vermieter wollen Sie dafür
bestrafen, dass sie in der Regel einen Mieterwechsel dafür nutzen, Mietpreise anzupassen,
diejenigen, die Mietverhältnisse haben, die in der
Regel 10, 15 Jahre oder noch länger dauern, diejenigen, die häufig mit ihren Mietern noch unter einem Dach wohnen und sich täglich am Briefkasten begegnen, diejenigen, die den Moment nutzen, ein Mietverhältnis für 4,50 oder 5 Euro, das
in dieser Stadt noch sehr häufig zu finden ist, auf
5,50 Euro, vielleicht auch auf 6,50 Euro anzupassen, weil sie auch mal ein Stück weit von der Entwicklung dieser Stadt profitieren möchten, was
ihnen 20 Jahre einfach nicht möglich war auf einem nachholenden Mietmarkt, wo wir von Angebotsmieten von etwa 6,50 Euro, in der Realität
aber von Mieten im Durchschnitt von 5,80 oder
5,85 Euro sprechen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die Realität.
Sie wollen am liebsten noch weitere Daumenschrauben einführen. Sie wollen städtebauliche
Entwicklungsmaßnahmen einführen. Sie wollen
Baugebote prüfen. Sie wollen ein konsequentes
und weitgehendes Wahrnehmen von Vorkaufsrechten ausüben. Und Sie wollen - ich sagte es
bereits - eine Mietpreisbremse in dieser Stadt einführen.
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann
möchte ich aber auch, dass der Kämmerer dieser
Stadt uns erklärt, wo er denn die Haushaltspositionen verankert hat, dass solche Mittel und Instrumente tatsächlich auch ausgeübt werden können.
Ich sage Ihnen: Die Stadt Leipzig oder kein kommunales Unternehmen wird der bessere Unternehmer, der bessere Vermieter, auch nicht der
bessere Kleinvermieter in einem kleinteiligen
Wohnungsmarkt sein.
Wir werden dieser Vorlage, wie sie hier vorliegt,
und auch all Ihren Änderungsanträgen nicht zustimmen. Nichtsdestotrotz reiche ich hier einen
Änderungsantrag zum Antrag der SPD ein und
beantrage, die Punkte 1, 2, 3 und 7 in der Ergänzung zu Ziffer 1 zu streichen. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Zenker noch einmal.
Stadtrat Zenker (SPD): Nur ganz kurz. Das ist ein
Prüfauftrag, Herr Hobusch. Wir geben der Verwaltung Zeit, das zu prüfen. Dann wird auch der Kämmerer sagen, was er für finanzierbar hält und was
nicht.
Herr Weickert, Ihre Reden sind immer sehr pointiert. Aber Sie wissen auch: Zur Attraktivität einer
Stadt gehören neben den harten Faktoren „Wohnen, Kita, Schulen“ auch die weicheren Faktoren.
Auch die sind für Investoren von Bedeutung.
Wäre ein Vertreter Ihrer Fraktion auf der Clubtour
gewesen, hätte er in den Vorträgen gehört, wie
wichtig für Investoren, sei es SAP oder andere
große Investoren, auch Gewandhaus, Freizeitangebote, Grünanlagen, Sport, Clubs und weitere
Kultureinrichtungen sind. Auch das gehört dazu.
Noch ein weiterer Punkt. Sowohl Herr Haas als
auch Sie haben uns vorgeworfen, dass wir Änderungsanträge zum Thema Freiladebahnhof gestellt haben. Sie werfen uns vor, wir würden ausgehandelte Verträge nicht akzeptieren und hätten
als Politik noch Änderungswünsche. Ich weiß
nicht, ob Sie sich daran erinnern können: Es gab
eine durchaus weitreichende Vorlage der Verwaltung zum Bayerischen Bahnhof, die auch für den
Investor positiv gewesen wäre. Dazu hat Ihre
Fraktion einen Änderungsantrag gestellt, dem
mehrheitlich hier gefolgt wurde, auch von Teilen
meiner Fraktion, nämlich aus einem autoarmen
Quartier ein nichtautoarmes Quartier zu machen,
was weitreichende Konsequenzen hatte sowohl
für die Baukosten als auch die Umplanung des
Geländes. Vielleicht sind ja auch Sie mit daran
schuld, dass dort immer noch nicht gebaut wird.
Fragen Sie mal beim Investor nach!
Also: Schieben Sie nicht immer das, was Ihnen
nicht gefällt, auf uns oder auf die rot-rot-grüne
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Mehrheit hier im Stadtrat! Sie haben das Recht,
Änderungen an Plänen vorzunehmen, genauso
wie wir das Recht haben, zu sagen: Wir sind da
anderer Meinung und wollen Änderungen an Plänen vornehmen.
Auch zum Bayerischen Bahnhof lag eine Vorlage
der Verwaltung vor. Sie hatten einen Änderungsantrag dazu eingereicht. Dieser hat eine Mehrheit
hier gefunden. So ist nun mal Politik. Auch damit
müssen Investoren umgehen, egal ob das von Ihrer Seite kommt oder von unserer Seite. Ich würde
mich freuen, wenn das in Zukunft berücksichtigt
wird, statt hier einseitig darzustellen: Die bösen
Linken wollen die Investoren quälen. - Nein, auch
Sie quälen manchmal Investoren.
Oberbürgermeister Jung: Herr Haas.
Stadtrat Haas (CDU): Danke, Herr Oberbürgermeister. Ich mache es kurz, weil schon sehr viel
gesagt wurde. - Ich möchte noch einmal auf das
Thema Eigenheimstandorte eingehen, zu dem
Herr Weber hier ausgeführt hat. Herr Weber, Sie
sagten: wie wild am Stadtrand bauen. - Ich kann
mich gar nicht mehr daran erinnern, wann wir dort
in den letzten Jahren größere Baugebiete für Eigenheime ausgewiesen haben.
Sie sagen: Die Verwaltung hat keine Kapazitäten
und kein Geld. - Dann ist die Frau Baubürgermeisterin Dubrau dafür zuständig, Geld, Personal und
Kapazitäten heranzuschaffen, wie es die anderen
Bürgermeister in ihren Ressorts auch tun.
Ihnen dürfte doch auch bekannt sein, dass
40 Prozent der Deutschen sehr gern im Eigentum
leben. Wir wachsen jedes Jahr um rund 10.000
Einwohner, verlieren aber auch 10 bis 15 Prozent
der Menschen ans Umland. Das sind genau die,
lieber Herr Weber, die irgendwann mal in einer
Einraumwohnung angefangen haben, die dann
eine Freundin gefunden haben, die dann Kinder
bekommen haben, die deshalb in eine Dreiraumwohnung gezogen sind und die sich jetzt verändern und Eigentum schaffen möchten. Alle diese
Menschen verlieren wir gerade ans Umland: nach
Delitzsch, nach Eilenburg, nach Borna, überallhin.
Sie wollen diesen Menschen sagen: Du hast kein
Recht, dir hier deinen Lebenstraum zu erfüllen. Wir sind der Auffassung: Wir müssen Angebote
für alle schaffen. Wir dürfen nicht diejenigen, die
Häuser bauen wollen, ausgrenzen, indem wir sagen: Wir machen nur noch Geschosswohnungsbau. - Soll das nachher aussehen wie NeuGrünau III oder was? Dafür kann man überhaupt
nicht werben. Ich kann nur dazu aufrufen, alle zu
bedienen: Mieter im unterpreisigen Segment,
Mieter im hochpreisigen Segment, aber bitteschön auch diejenigen, die sich ein Häuschen am
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Stadtrand bauen wollen. 40 Prozent! - Danke
schön.
Oberbürgermeister Jung: Frau Witte.
Stadträtin Witte (Freibeuter): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Besucher auf der Tribüne!
Ich muss auch noch kurz etwas dazu sagen. Da
ich nur zwei Minuten habe, wird es ein bisschen
holzschnitzartig. - Als ich in 2013 oder 2014 - ich
weiß nicht mehr genau, in welchem Jahr es war hier an dieser Stelle stand und gesagt habe, dass
sich der Wohnungsmarkt dreht und wir die wohnungspolitischen Konzepte ändern müssen, bin
ich hier ausgelacht worden. Heute wird Panik verbreitet, indem behauptet wird, es gäbe Wohnungsnot. Nun könnten wir uns trefflich darüber
streiten, ob in Leipzig Wohnungsnot herrscht oder
der Wohnungsmarkt angespannt ist. Insgesamt
bewahrheitet sich mal wieder: Ein Blick in die
Glaskugel von Pia Witte ist oft besser als das Wissen der meisten Experten.
Nun zu den Anträgen, aber auch den Reden hier.
Ich will jetzt nicht sagen, ich habe Quatsch und
Unsinn gehört. Aber genauso wie ich nicht müde
werde, zu sagen, dass die arbeitsmarktpolitischen
Maßnahmen der Bundesagentur kontraproduktiv
sind und den Erwerbslosen nichts bringen, sage
ich auch weiterhin gebetsmühlenartig, dass die
Mietpreisbremse den Mietern nichts bringen wird.
Das ist ein ideologisches Placebo. Man gibt seinen Wählern ein kleines Stück Traubenzucker,
damit sie denken, dass etwas für sie getan wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen
pragmatische Lösungen, um den Wohnungsmarkt
zu entspannen. Da verweise ich auf die Expertenkommission der Bundesregierung, die vor ungefähr einem Monat festgestellt hat: Man sollte den
ganzen Quatsch lassen und die Vorschläge der
FDP umsetzen. Dann entspannt sich der Wohnungsmarkt. - Das ist so. Das können Sie nachlesen.
Zum Schluss noch ein kleines Bonmot, das ich
schon im Studium gelernt habe. Es kommt immer
wieder vor, das ist gar nicht so selten, dass, wenn
ein Vermieter, gerade auch ein Kleinvermieter, der
seine Mieter gut kennt oder im gleichen Haus
wohnt, seinem Mieter eine sozialverträgliche
Miete abverlangt, das Finanzamt kommt und sagt:
Die Miete ist viel zu niedrig. Bitte erhöhen Sie die
auf den ortsüblichen Standard! Weil: Wir wollen ja
auch ein bisschen davon partizipieren. Dieses
Geld, das das Finanzamt über die von ihr oktroyierte Mietpreiserhöhung einnimmt, nimmt die
Verwaltung gerne, um es dann an anderer Stelle
zu verteilen. - In diesem Sinne: Lasst uns pragmatisch an die Dinge herangehen!
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
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Oberbürgermeister Jung: Herr Weber noch einmal.
Haus bauen wollen und das als erstrebenswert
ansehen, links liegen. Die gehören nicht mehr zu
Ihrer Klientel. Kann man machen.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Da Sie mich direkt
angesprochen haben, Herr Haas: Ich glaube,
nein, ich bin mir sicher: Sie haben das Problem
noch nicht verstanden. Es müssen relativ viele
Wohneinheiten geschaffen werden. Der Wohnungsmarkt steht in unmittelbarer Konkurrenz mit
den öffentlichen Maßnahmen, die gerade auf die
Bauflächen gebracht werden wie Schulen, Kitas
etc. Wir suchen Bauunternehmen. Wir suchen
Planungskapazitäten. Und da sagen Sie: Ja, aber
wir wollen auch noch Eigenheime mitmachen. Dafür haben wir überhaupt nicht das Geld.
Ich will jetzt nicht über Maßnahmen referieren, die
die Bundesregierung diskutiert und die übrigens
die Union ständig in den Verhandlungen verrät
und zur Verhandlungsmasse macht. Ich möchte
einfach nur sagen: Lassen Sie uns in dieser Debatte hier in dieser Stadt, die eben keinen angespannten Wohnungsmarkt hat, wie das hier gezeichnet wird, zur Mäßigung zurückkommen!
Wir haben gerade eben die Mobilitätsstrategie beschlossen. Wenn wir das so machen, wie Sie es
gerne hätten, wenn wir also auch diese Gebiete
erschließen wollen, müssen wir dort auch öffentliche Infrastruktur wie Schulen und Kitas schaffen
und sie an den ÖPNV anbinden. Überall dort, wo
wir Eigenheimgebiete erschlossen haben, wird
gefordert: Wir wollen eine fußläufig erreichbare
Kita haben. Wir wollen fußläufig erreichbare
Schulen haben. - Diese Ihre Rechnung geht einfach nicht auf, auch vor dem Hintergrund der Situation, die wir aktuell in Leipzig haben.
Wissen Sie, was Leute erleben, die gerade eine
Einraum- oder eine Vierraumwohnung suchen?
Die haben richtig Probleme. Wenn dann noch im
Portemonnaie nicht genug Geld ist, dann sieht es
ganz, ganz schlecht für sie aus, hier in dieser
Stadt eine Wohnung zu finden. Und dann tritt genau der Fall ein, den Sie hier genannt haben:
Diese Leute müssen ins Umland ziehen, um überhaupt noch Wohnraum für sich zu finden bzw.
dessen Größe in Einklang zu bringen mit ihrer Familienplanung. - Danke.
Lassen Sie uns eher dafür einsetzen, liebe Kollegen von der Union, liebe Kollegen von der SPD,
dass die Feuerwehrfahrzeuge auch im Dachgeschoss anleitern können - das können sie nämlich
in Leipzig -, damit bei einem Dachgeschossausbau kein zweiter Rettungsweg nachgewiesen
werden muss! Damit können Sie Baukosten senken. Damit können Sie Mietkosten senken.
Setzen Sie sich dafür ein, dass nicht mehr an jeder noch so kleinen Stellschraube, sei es energetisch, im Schallschutz oder im Brandschutz, gedreht wird! Lassen Sie uns darüber reden! Lassen
Sie uns dafür Lösungen finden! Hören Sie auf, denen Daumenschrauben anzulegen, die das Rückgrat des sozialen Wohnungsmarktes sind! - Vielen
Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Haas.
Stadtrat Haas (CDU): Danke schön, Herr Oberbürgermeister. - Herr Weber, ich glaube, als
Mensch, der seit 40 Jahren in der Immobilienbranche tätig ist, der Projektentwicklungen macht und,
und, und, verstehe ich etwas von meinem Geschäft. Alles andere schenke ich mir jetzt, auch
weil Herr Hobusch genau das gesagt, was ich
Ihnen sonst auch gesagt hätte. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Hobusch.
Oberbürgermeister Jung: Herr Geisler.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Herr Weber, Sie
haben recht: Mit dem Bau von Einfamilienhäusern
löst man die Wohnungsnachfrage nicht. Aber ein
Häuschen mit Garten oder ein bisschen grüner
Wiese davor oder dahinter - Sie mögen das vielleicht spießig finden -, ist nun einmal der Traum
einer durchschnittlichen deutschen Angestelltenfamilie. Dass Sie für die nicht mehr eintreten, Herr
Weber, habe ich längst verstanden. Aber auch bei
der SPD scheint das nicht mehr der Fall zu sein,
wenn Frau Barley als Reaktion auf das Expertengutachten der Bundesregierung sagt: Wir stehen
an der Seite derer, die im Mieterverein sind. - Damit lassen Sie all jene, die sich mal eine Eigentumswohnung kaufen wollen und das als erstrebenswert ansehen, und all jene, die sich mal ein
Stadtrat Geisler (SPD): Das geht in dieselbe
Richtung. - Herr Weber, schauen Sie sich Lindenthal einmal an! Dort gibt es ausreichend Kitas.
Dort gibt es ausreichend ÖPNV. Die Schule dort
wird gerade ausgebaut; das ist ja Beschlusslage.
Wir haben innerorts Flächen, die der Gemeinderat
schon für Einfamilienhäuser vorgesehen hat.
Diese Lücken sollen geschlossen werden, wie
vom Rat schon beschlossen. Einfamilienhäuser
sind in den Randgemeinden durchaus nötig. Dafür braucht es Nullausbau der Infrastruktur. Im
Zweifelsfall reden wir hier auch über Sicherheit im
Alter. Eigentum in Form von Wohnungen oder Im-
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
mobilien ist eine Absicherung fürs Alter und heutzutage allemal besser, als sein Geld an der Börse
anzulegen.
Oberbürgermeister Jung: Ich denke, wir können
jetzt zur Abstimmung kommen.
Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion soll in der
Fassung des Verwaltungsstandpunkts abgestimmt werden. Herr Hobusch hatte dazu beantragt, die Punkte 1, 2, 3 und 7 zu streichen.
Wir beginnen also mit der Abstimmung über den
Änderungsantrag der Freibeuter zum Antrag der
SPD-Fraktion in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Ich bitte um Ihr elektronisches Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
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Oberbürgermeister Jung: Dann bitte ich um Ihr
Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 13 - 39 - 0.
Wie verhält es sich bei Punkt 3, Herr Weber?
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Punkt 3 halten wir
weiter aufrecht und bitten um Abstimmung.
Oberbürgermeister Jung: Bitte geben Sie zu
Punkt 3 Ihr Votum ab. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 13 - 38 - 0. Abgelehnt.
Nun zu Punkt 4.
Abstimmung: 20 - 32 - 0. Abgelehnt.
Nun zur Abstimmung über den Änderungsantrag
der SPD-Fraktion in der Fassung des Verwaltungsstandpunkts. Ich bitte um Ihr Votum. - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 32 - 20 - 0. So beschlossen.
Zur Abstimmung steht jetzt der Änderungsantrag
der Fraktion DIE LINKE. Dieser soll punktweise
abgestimmt werden. Herr Weber, bitte helfen Sie
mir! In Punkt 1 übernehmen Sie die Fassung des
Verwaltungsstandpunkts. - Gut. Dann übernehmen wir das in die Beschlussvorlage. Das brauchen wir nicht abstimmen.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Auch Punkt 4 halten wir aufrecht und bitten um Abstimmung.
Oberbürgermeister Jung: Dann bitte ich Sie um
Ihr Votum zu Punkt 4. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 13 - 39 - 0. Abgelehnt.
Jetzt kommen wir zu Punkt 5 in der Fassung des
Verwaltungsstandpunkts.
Punkt 2 halten Sie so aufrecht. - Bitte sprechen
Sie ins Mikrofon! Das ist auch für das Protokoll
wichtig.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): In Punkt 5 würden
wir genau den Verwaltungsstandpunkt übernehmen.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Es gilt die Fassung,
die ich vorhin vorgetragen habe:
Oberbürgermeister Jung: Dann übernehmen
wir diesen in die Beschlussvorlage. Darüber muss
nicht abgestimmt werden.
Je 1.000 Menschen Einwohnerzuwachs
ist ein Bedarf von 580 Wohnungen einzuplanen.
Oberbürgermeister Jung: So steht es doch auch
in Ihrem Antrag.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Nein, da heißt es:
„Je 1.000 Einwohner, die zuziehen …“ - Das ist
falsch. Es gibt ja nicht nur Menschen, die zuziehen, sondern auch welche, die wegziehen.
Oberbürgermeister Jung: Sie meinen, im Saldo.
Nun zu Punkt 6. Sie hatten um einen Terminvorschlag gebeten. Ich schlage Ihnen vor: drittes
Quartal 2019.
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Das können wir mittragen.
Oberbürgermeister Jung: Wir übernehmen in
die Beschlussvorlage - das zu Protokoll -:
Prüfung der Übernahme von Vermietersicherheiten für Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt
bis zum dritten Quartal 2019
Jetzt zu Punkt 7. Halten Sie den so aufrecht?
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Richtig.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Ja, das müssen wir
und das wollen wir, weil dazu noch ein Antrag im
Verfahren ist.
Oberbürgermeister Jung: Dann bitte ich um Ihr
Votum zu Punkt 7 des Änderungsantrags der
Fraktion DIE LINKE. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 13 - 37 - 0.
Wie sieht es bei Punkt 8 aus?
Stadtrat Weber (DIE LINKE): Auch diesen Punkt
erhalten wir aufrecht.
Oberbürgermeister Jung: Dann bitte ich um Ihr
Votum zu Punkt 8. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 13 - 39 - 0.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Änderungsantrag 03 der CDU-Fraktion. Ich bitte um
Ihr Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 27 - 21 - 4. So beschlossen.
Den Änderungsantrag 04 der Fraktion DIE LINKE
in der Neufassung 01 übernehme ich.
Den Änderungsantrag 05 der Fraktion DIE LINKE
übernehme ich ebenfalls.
Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über die
Vorlage insgesamt. Ich bitte um Ihr Votum. - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 42 - 3 - 6. So beschlossen.
Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 21.14:
21.14 Einführung der
05645-NF-03)
Gästetaxe
(VI-DS-
Einreicher: Dezernat Finanzen
21.14.1 dazu ÄA (-05645-NF-01-ÄA-01-NF-01)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
21.14.2 dazu ÄA (VI-DS-05645-NF-01-ÄA-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
21.14.3 dazu ÄA (VI-DS-05645-NF-01-ÄA-03)
Einreicher: SPD-Fraktion
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Herr Bonew, bitte.
Bürgermeister Bonew: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und
Herren Stadträte! Liebe Kollegen! Wir haben nach
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einem umfangreichen Prozess der Prüfung und
Erarbeitung und Beratung mit vielen Akteuren
Ihnen in der Sommerpause eine Vorlage zur Einführung einer Gästetaxe in der Stadt Leipzig zum
01.01.2019 vorgelegt. Ich gebe zu: Ich habe mich
über die daran anschließende Diskussion doch
sehr gewundert. Ich möchte das Haus noch einmal daran erinnern, dass die Verwaltung mit der
Vorlage dieser Gästetaxesatzung einem Stadtratsauftrag gefolgt ist. Wir haben Ihnen diese
Gästetaxesatzung vorgelegt, weil Sie seinerzeit
beschlossen haben, dass Sie eine Gästetaxe wollen.
Nach einem umfangreichen Abwägungsprozess
ob Beherbergungsteuer oder Gästetaxe haben
wir uns schweren Herzens dann doch entschlossen, die Gästetaxe einzuführen, weil: Mit einer
Gästetaxe erhalten wir eine Zweckbindung. Bei
aller Belastung, die wir damit insbesondere der
Hotelwirtschaft in dieser Stadt zumuten, können
wir mit einer Gästetaxe zweckgebunden für die
touristische Infrastruktur dieser Stadt etwas tun,
auch in Zeiten, wo unser Haushalt insbesondere
durch die Erfüllung der gesetzlichen Pflichtleistungen belastet ist.
Wir haben eine umfangreiche Kalkulation vorgenommen und denken, dass die Ihnen vorgelegte
Gästetaxesatzung auch der erwarteten rechtlichen Überprüfung beim Verwaltungsgericht und
beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen standhalten wird.
Nach ersten Diskussionen haben wir versucht, mit
der Neufassung eine Schärfung von Formulierungen hinzubekommen, und haben, was die Ermäßigungstatbestände angeht, den Kompromissvorschlag gemacht, dass Kinder und Jugendliche bis
zum vollendeten 18. Lebensjahr von der Gästetaxe befreit sind.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen:
Wir reden nur von Übernachtungen auswärtiger
Bürgerinnen und Bürger, die hier kostenpflichtig
übernachten. Das heißt: Von vornherein war ausgeschlossen, dass insbesondere Kleinkinder, die
in den meisten Hotels dieser Stadt eh nichts bezahlen, über die Gästetaxe bezahlen müssen.
Wir haben des Weiteren geschärft, dass Krankenhäuser, Pflegeheime etc., wie schon im Entwurf
der Verwaltung, von der Gästetaxe ausgenommen sind, weil sie explizit keine derartigen Beherbergungsbetriebe darstellen.
Wir mussten Ihnen am gestrigen Nachmittag noch
einmal eine Neufassung zumuten, in der wir unseren Vorschlag um einen sechsten Beschlusspunkt ergänzt haben. Dieser lautet wie folgt:
Die Stadtverwaltung wird ermächtigt,
den digitalen Gästetaxeprozess durch
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
unentgeltliche Bereitstellung von Signaturkomponenten bzw. Kartenlesegeräten
für die Beherbergungsbetriebe zu ermöglichen.
Dies nach der Abwägung, ob wir mit den jetzigen
Instrumenten einen vollelektronischen Gästetaxeprozess hinbekommen. Wenn wir ein Bürgerportal einführen - und wir wollen kein Papier bewegen -, müssen wir dem Hotelier eine Signaturkomponente bzw. ein Kartenlesegerät geben. Damit wir am Ende nicht so viele unterschiedliche
Kartenlesegeräte wie Beherbergungsbetriebe in
dieser Stadt haben, haben wir uns entschlossen,
dass die Verwaltung diese Kartenlesegeräte oder
Signaturkomponenten dem jeweiligen Beherbergungsbetrieb auf Antrag leihweise kostenlos zur
Verfügung stellt. Deshalb dieser Beschlusspunkt.
Laut ALLRIS liegen jetzt noch insgesamt drei Änderungsanträge vor. Ich mutmaße mal, dass die
beiden Änderungsanträge der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen sich erledigt haben. - Ich höre ein
Ja. Wunderbar!
Der jetzt noch im Verfahren befindliche ÄA-01-NF01 zielt insbesondere auf zwei Themen ab: Zum
einen die Aufnahme von zusätzlichen Befreiungstatbeständen. - Dazu sage ich: Das kann
man tun. Die Problematik wird sein, dass wir zum
jetzigen Zeitpunkt nicht wissen, wie sich die von
Ihnen vorgeschlagenen Befreiungstatbestände
auf die Einnahmen aus der Gästetaxe im Jahr
2019 auswirken. Es gibt keinerlei statistische Erhebungen, wie sich die Gäste unserer Stadt zusammensetzen.
Ich empfehle dem Stadtrat, dem nicht zuzustimmen, auch weil ich denke, dass wir, indem wir Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr von der Gästetaxe befreien, soziales Engagement zeigen. Schaut man sich an, wie das
andere Städte handhaben, stellt man fest: Dort
sind weitere Gruppen nicht von einer Gästetaxe
ausgenommen. Ich spreche von Städten unserer
Größenordnung; Meißen ist für mich keine Benchmark.
Äußerst problematisch sehe ich den Beschlusspunkt 6 im gemeinsamen Antrag der Fraktionen
Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und SPD.
Ausweislich eines von mir zu diesem Änderungstext beauftragten Gutachtens ist ein Staffeltarif rechtlich angreifbar und kann dazu führen,
dass unsere Gästetaxesatzung vom Oberverwaltungsgericht für nichtig erklärt wird.
Nun bin ich nicht naiv; ich weiß, dass, wenn drei
Fraktionen einen Antrag stellen, dieser eine Mehrheit hat. Es ist mir deshalb besonders wichtig,
diese Äußerung der Verwaltung im Protokoll der
heutigen Ratsversammlung zu finden: Ich kann
dem Stadtrat nicht empfehlen, diesen Antrag so
S e i t e | 28
zu beschließen. Sie erhöhen das Risiko, dass unsere Gästetaxesatzung vom Verwaltungsgericht
für nichtig erklärt wird.
Eine Bitte hätte ich noch. Unter Beschlusspunkt 4
beantragen Sie, dass eine Beschlussvorlage, wie
wir das Geld aus der Gästetaxesatzung verwenden, bis zum 31.12.2018 beschlossen werden
soll. Wenn wir uns darauf einigen könnten, dass
die Vorlage Ihnen von der Verwaltung im Dezember vorgelegt und sie in der Ratsversammlung im
Januar beschlossen wird, können wir da mitgehen. Ein Blick auf den Kalender zeigt: Um diese
Vorlage fristgemäß in die Ratsversammlung im
Dezember einzubringen, müsste sie schon zur
Dienstberatung am 17. Oktober fertig sein. Das ist
einfach nicht zu schaffen. Ich denke, nachdem wir
so lange gebraucht haben, reicht es aus, diese
Vorlage Mitte Januar zu beschließen. Bei der
Haushaltsbeschlussfassung am 01.02.2019 sind
auch immer noch Änderungen möglich. Wir müssen uns keine eilbedürftige Vorlage zur Dezember-Ratsversammlung gönnen.
Zusammenfassend: Trotz meiner Kritik insbesondere zu weiteren Ausnahmetatbeständen, denke
ich: Wir schaffen mit der Gästetaxesatzung eine
Gleichheit mit anderen touristischen Destinationen. Wir stärken die Einnahmebasis unserer
Stadt zweckgebunden für die touristische Infrastruktur unserer Stadt. Noch einmal: Ich bitte den
Stadtrat, keinen Staffeltarif zu beschließen.
Oberbürgermeister Jung: Ich eröffne die Debatte. Herr Wehmann beginnt.
Stadtrat Wehmann (DIE LINKE): Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bonew! Nach fast anderthalb Jahren der Ankündigung in den Informationsvorlagen der Verwaltung liegt die Drucksache zur
Einführung einer Gästetaxe dem Stadtrat nun zur
Abstimmung vor.
Ein Blick zurück. Seit 2010 tritt die Fraktion DIE
LINKE für eine Abgabe auf den Übernachtungspreis ein, damals mit dem Antrag zur Einführung
einer fünfprozentigen Abgabe auf den Nettoübernachtungspreis, kurz: Kulturförderabgabe genannt. Dies setzten wir im Jahr 2016 fort, indem
wir in unserem Antrag, wie in Dresden schon erfolgreich umgesetzt, die Einführung einer fünfprozentigen Beherbergungsteuer auf den Übernachtungspreis forderten. Das wäre die aus unserer
Sicht in Sachen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit auch heute noch bessere Variante zur Einführung der Gästetaxe, wenn auch mit den bekannten Nachteilen: keine Zweckbindung und keine
Einbindung der Geschäftsreisenden.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Warum setzen wir uns nun für eine Taxe auf Übernachtungen ein, die unsere Gäste mehrheitlich
mit 3 Euro pro Übernachtung, abgesehen von den
von uns beantragten Ausnahmen bzw. der Staffelung, zusätzlich belastet? Drei Gründe will ich hier
anführen:
A. Wir wollen, dass in touristische und kulturelle
Infrastruktur wesentlich stärker investiert wird, damit der Tourismusstandort für unsere Gäste noch
attraktiver und vor allem die Stadt Leipzig als
Ganzes gestärkt wird. Wir glauben, dass mit einer
noch besseren Infrastruktur in dem Bereich die
aktuellen Rekorde von Gäste- und Übernachtungszahlen noch überboten werden können.
B. Die strukturellen Probleme des Haushalts Herr Bonew hat es indirekt schon angesprochen können ein klein wenig entschärft werden. Wir sehen zwar auch, dass unsere eigenen Einnahmen,
die Steuern, erheblich steigen; zwischen 2012
und 2016 waren es um die 45 Prozent, das heißt:
85 Millionen Euro mehr. Allerdings erhöhten sich
die nominalen Ausgaben - 265 Millionen Euro deutlich schneller. Das heißt: Die Differenz zwischen eigenen Einnahmen und den Gesamtausgaben im Haushalt der Stadt wuchs im Vergleichszeitraum um 80 Millionen Euro. Und der
Trend setzt sich über die Haushalte 2017/2018
und 2019/2020 noch deutlicher fort und schließt
den Finanzhaushalt in deutlich stärkerem Maß
ein. Diesem müssen wir ein Stück weit begegnen.
Die Gästetaxe wird somit indirekt die bisherigen
und zukünftigen Haushalte der Stadt entlasten
können. In der damaligen Vorlage des Kämmerers stand, dass wir 50 Prozent Altprojekte und
50 Prozent Neuprojekte einführen wollen und dies
dementsprechend zu einer Entlastung im Haushalt führen kann.
C. Dazu kommt das immerwährende Problem:
Bund und Länder lösen die finanziellen Probleme
der Kommunen nicht. Eine gerechte Neuordnung
der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern
und Gemeinden fehlt. Der Grundsatz „Wer bestellt, zahlt“ gilt schon lange nicht mehr. Nur ein
Beispiel: Kitabaufinanzierung, Finanzhaushalt, Investitionen: Die Analyse von 72 neuen bzw. erweiterten Kitas ergab, dass in den Jahren 2013 bis
2017 von Bund und Land nicht einmal 10 Prozent
der Investitionssumme - Klammer auf: Fördermittel; Klammer zu - getragen wurden.
Meine Damen und Herren, richtig ist: Die Gästetaxe ist seriös und wichtig. Sie wird, sofern sie
heute vom Stadtrat beschlossen wird, einer einheitlichen Kalkulation in der Verwaltung folgen.
Aber sie ist auch eine finanzielle Krücke für die
Stadt Leipzig, mit der sich nicht gut, aber vielleicht
ein bisschen besser laufen lässt.
Ein Stück weit enttäuscht waren wir vom Beschlussvorschlag, den die Verwaltung kurz nach
S e i t e | 29
Beginn der Sommerpause ins Verfahren gebracht
hat. Nach über eineinhalb Jahren zähen Ringens
um das Projekt wurde uns ein Entwurf präsentiert,
der erstens ohne Ausnahmeregelungen, beispielsweise für Kinder und Jugendliche, Schüler,
Auszubildende und Studenten, auskommt, der
zweitens keine einzige Abstufung der Gästetaxe
gemessen an der Höhe des Übernachtungspreises und auch keinen Ansatz für eine Gästecard
beinhaltet und der drittens zwar die Einführung eines Forums Gästetaxe vorsieht, was allerdings
nicht die Beschlussfassung über gästetaxefähige
Projekte im Stadtrat ersetzen kann.
Die Verwaltung hat am vorletzten Freitag die
Drucksache in einzelnen Punkten angepasst, allerdings aus unserer Sicht nicht weit genug. Der
nun von den Fraktionen DIE LINKE, SPD und
Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Änderungsantrag nimmt unter anderem all diese Themen auf
und präzisiert und ergänzt den Beschlussvorschlag der Verwaltung erheblich. Klar ist, dass
sich mit unserem Antrag die ehemals prognostizierten Einnahmen - im Ursprungstext: 10 Millionen Euro, jetzt: 7,3 Millionen Euro - eher 6,5 Millionen Euro nähern werden.
Klar ist aber auch: Die Gästetaxe muss ein Stück
weit gerecht und emotional tragbar sein. Kein
Mensch versteht - Herr Bonew, Sie sind auf das
Thema „Abstufung der Höhe der Gästetaxe auf
den Übernachtungspreis“ eingegangen -, warum
nicht wenigstens eine Ermäßigungsstufe bezogen
auf den Übernachtungspreis möglich sein soll,
warum also die Gästetaxe auf einem Zeltplatz oder in einem Hostel genauso hoch sein muss wie
im Steigenberger Hotel. Dies ist unabhängig von
der finanziellen Seite der Thematik den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar, allerdings
auch rechtlich - da haben Sie recht - umstritten.
Aber es gibt genug Beispiele, auch gutachterliche
Beispiele, die das Thema nicht ausschließen, um
es ganz diplomatisch und vorsichtig zu formulieren.
Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE
LINKE wird der Einführung der Gästetaxe zustimmen, wenn der gemeinsame Änderungsantrag
der drei Fraktionen hier im Rat die Mehrheit findet. - Danke schön.
Oberbürgermeister Jung: Herr Oßwald.
Stadtrat Oßwald (SPD): Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister! Sehr geehrte Stadträtinnen
und Stadträte! Werte Gäste! Leipzig hat in den
letzten 20 Jahren auch als touristischer Standort
eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben.
Durch die Entwicklung der Neuseenlandschaft,
des Leipziger Zoos, der Sanierung des Völker-
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
schlachtdenkmals oder auch der reichen Kulturlandschaft mit Oper und Gewandhaus kommen
immer mehr Touristen aus dem In- und Ausland
nach Leipzig. Zählte Leipzig im Jahr 2001 noch
1,4 Millionen Übernachtungsgäste, so waren es
im Jahr 2017 3,2 Millionen; Tendenz weiter steigend. Und da sind die gebuchten Übernachtungen über Internetportale wie Airbnb noch gar nicht
mit enthalten.
Doch alle diese Maßnahmen haben viel Geld gekostet. Die Eigenanteile an diesen Investitionen
wurden aus Leipziger Steuermitteln finanziert. Mit
der Einführung einer Gästetaxe würden nun nicht
mehr die Leipziger allein mit der Finanzierung der
umfangreichen touristischen Infrastruktur belastet. Auch die vielen Touristen, die nach Leipzig
kommen, würden jetzt fair an den Kosten beteiligt.
Uns war wichtig, dass diese Abgabe sozialpolitisch ausgewogen gestaltet ist, um eine höhere
Akzeptanz bei unseren Gästen zu erreichen. Daher waren wir mit der Ursprungsvorlage der Verwaltung schon etwas unzufrieden, die allen Ernstes ohne jegliche Befreiungs- bzw. Ermäßigungstatbestände auskommen wollte. Jede Kurtaxesatzung bzw. Gästetaxesatzung in anderen Kommunen beinhaltet diese Ausnahmen, die teilweise
abgabepolitisch sogar geboten sind.
Daher haben wir gemeinsam mit Linken und Grünen wichtige Ausnahmetatbestände vorgeschlagen. Kinder, Studenten und Auszubildende sollen
von der Gästetaxe ausgenommen werden, und
Gäste, die einen Übernachtungspreis von bis zu
30 Euro zahlen, sollen nur einen abgesenkten
Beitrag entrichten.
Auf diesen Punkt will ich hier noch einmal eingehen, auch weil Herr Bonew betont hat, dass er das
ablehnt, weil er da rechtliche Risiken sieht. Ich
sage hier noch einmal ganz klar: Wir wollen keinen Staffeltarif. Es ist uns durchaus bewusst,
dass der bei einer Gästetaxe nicht möglich ist. Wir
schlagen auch keinen Prozentsatz vor. Wir schlagen auch nicht verschiedene Abstufungen vor.
Vielmehr sagen wir: Viele Gäste, die das das unterste Preissegment wählen - dabei handelt es
sich überwiegend um Jugendherbergen, Hostels,
Campingplätze -, haben finanziell nur beschränkte Ressourcen. Wir wollen diese Klientel
nicht übermäßig mit dieser Abgabe belasten. Das
ist ein klarer sozialpolitischer Ansatz, der aus unserer Sicht auch durch § 34 Absatz 2 Satz 4 Kommunalabgabengesetz gedeckt ist, der aus tourismuspolitischen und sozialpolitischen Gründen Ermäßigungstatbestände zulässt. Ich bringe hier
noch einmal klar zum Ausdruck: Wir wollen keinen
Staffeltarif, sondern wir wollen das unterste Preissegment davon ausnehmen, weil das sozialpolitisch geboten ist.
S e i t e | 30
Mit den zu erwartenden Mehreinnahmen von etwa
8 Millionen Euro pro Jahr sowie daran anknüpfenden Fördermitteln können zukünftig viele Projekte
auf dem Gebiet des Tourismus noch schneller
weiterentwickelt werden als geplant, weil die Einnahmen aus der Gästetaxe zweckgebunden in die
touristische Infrastruktur fließen müssen. Das
macht die Stadt sowohl für die Leipziger als auch
ihre Gäste noch attraktiver und stärkt den Kultur-,
Touristik- und Wirtschaftsstandort Leipzig.
Wenn es uns dann noch gelingt, gemeinsam mit
dem vorgeschlagenen Gremium Forum Gästetaxe eine ansprechende Gästecard zu entwickeln,
die Vergünstigungen bei Kultureinrichtungen, Sehenswürdigkeiten oder bei der Benutzung des
ÖPNV bietet, kommen durch die Gästetaxe zukünftig nicht weniger, sondern noch mehr Gäste
nach Leipzig. Davon bin ich fest überzeugt.
Stichwort „Forum Gästetaxe“. Ja wir finden es gut,
wenn die Tourismuswirtschaft hier eng miteinbezogen wird und sie die Verwaltung berät. Das erhöht zum einen die Akzeptanz der Abgabe auch
bei den betroffenen Betrieben; zum anderen können diese auch wichtiger Ideengeber sein, welche
Projekte ganz besonders im Fokus unserer Gäste
stehen. Doch über die Projekte selbst entscheidet
letztendlich der Stadtrat. Das ist uns wichtig. Das
haben wir mit unserem Änderungsantrag auch
noch mal ausdrücklich klargestellt.
Ein weiterer wichtiger Punkt der Vorlage sind die
vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erhöhung der
Rechtssicherheit der Abgabe. Gerade die Implementierung einer einheitlichen Methodik für die
Kalkulation der Taxe ist wichtig, damit diese Satzung auch vor Gerichten Bestand hat; denn es ist
so sicher wie das Amen in der Kirche, dass es einen Kläger gegen diese Gästetaxesatzung geben
wird. Das Hauptproblem wird nicht ein eventueller
Staffeltarif sein, sondern die Genauigkeit der Kalkulation. Deswegen muss die Verwaltung hier
noch ihre Hausaufgaben machen.
Zuletzt noch ein Satz zum bürokratischen Aufwand. Im Gegensatz zur Bettensteuer muss hier
nicht zwischen dienstlich und privat veranlassten
Übernachtungen unterschieden werden. Aufwendige Befragungen entfallen somit. Die Kosten
in der Verwaltung werden mit circa 450.000 Euro
beziffert, was bei einem Einnahmeaufkommen
von 8 Millionen Euro vertretbar ist.
Bitte stimmen Sie dieser Vorlage unter Beachtung
des gemeinsamen Änderungsantrags zu - zum
Nutzen Leipzigs und seiner Bürger, zum Nutzen
unserer Gäste, aber auch zum Nutzen unserer
Beherbergungsbetriebe, auch wenn der eine oder
andere das im Moment noch nicht so sieht.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Abschließend: Meine Fraktion hätte kein Problem
damit, wenn die Beschlussfassung der Vorlage
auf die Januar-Sitzung verschoben wird. Ich
nehme an, die anderen beiden Fraktionen werden
sich dazu auch noch äußern. - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Als Nächster Herr
Kühne.
Stadtrat Kühne (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren
Beigeordnete und Stadträte! Liebe Gäste! Um es
vorwegzunehmen: Meine Fraktion wird weder der
Vorlage noch den kosmetischen Änderungswünschen einiger Fraktionen zur Einführung einer
Gästetaxe zustimmen. Wir sind gegen einen zusätzlichen Griff in die Brieftaschen von Gästen,
die Leipzig besuchen.
Millionen von Gästen, die jährlich unsere Stadt
besuchen, lassen für den Besuch der zahlreich
vorhandenen kulturellen und historischen Stätten
Leipzigs sowie in Gastronomie und Hotellerie gutes Geld und hinterlassen Mehrwerte in unserer
Stadt.
Wenn die Vorlage heute so beschlossen wird, ist
schon jetzt absehbar, dass die erneute Anpassung des jetzigen Betrages von 3 Euro abzüglich
der Umsatzsteuer, die an das Finanzamt abgeführt werden muss, bald zur Diskussion stehen
wird.
Die geplante Gästetaxe verursacht erhebliche
Mehrkosten. Eine vierköpfige Familie beispielsweise muss dann für den verlängerten Wochenendbesuch in Leipzig mit erheblich höheren Kosmillioten planen. Da helfen auch die von den Fraktionen LINKE, SPD und Grüne eilig vorgeschlagenen Minimaländerungen für behinderte Menschen, Kinder und Jugendliche, Lehrlinge und
Studenten wenig.
Hier soll eine neue städtische Steuer, die wohl
sehr lange Bestand haben wird, ins Leben gerufen werden. Wir befürchten mit der Einführung
dieser Gästetaxe einen erheblichen Rückgang
der Besucherzahlen, die ja in den letzten Jahren
so erfreulich stark angestiegen waren. - Danke für
die Aufmerksamkeit.
Oberbürgermeister Jung: Frau Dr. Märtens.
Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Werte
Beigeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Gäste! Wie Herr Bonew richtig angemerkt
hat, sind die Änderungsanträge der Grünen-Frak-
S e i t e | 31
tion in dem gemeinsamen überfraktionellen Antrag aufgegangen. Ich möchte jetzt auch nicht
das. was die anderen beiden Fraktionsvertreter
unseres Antrags vorgetragen haben, wiederholen. Uns ist wichtig, dass wir auf der Einnahmeseite eine soziale Ausgeglichenheit haben.
Deswegen haben wir uns diesem Antrag angeschlossen.
Auf der Ausgabenseite geben wir dem Forum
Gästetaxe einen großen Vertrauensvorschuss.
Deswegen möchte ich hier betonen: Uns ist sehr
daran gelegen, möglichst viele Einrichtungen unserer Stadt zu unterstützen, nicht nur neu geplante touristische Attraktionen, die zum Beispiel
im wassertouristischen Nutzungskonzept geplant
sind, sondern auch viele kulturelle Einrichtungen,
die jetzt schon bestehen, nicht nur die kulturellen
Einrichtungen, die der Stadt gehören, sondern
auch die Einrichtungen der freien Szene, die Festivals, die Clubs. Darüber werden wir uns unterhalten müssen. Wir werden abwarten, wie das Forum zum ersten Mal entscheidet und was es uns
vorschlägt. Aber wir können jetzt schon sagen:
Diese Dinge sind uns wichtig.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok, bitte.
Stadtrat Morlok (Freibeuter): Herr Oberbürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
nehme mal das Ergebnis vorweg: Meine Fraktion
wird der Einführung der Gästetaxe mehrheitlich
nicht zustimmen, und das aus verschiedenen
Gründen.
Wir sind der Auffassung, dass die Einführung einer neuen Steuer, einer neuen Abgabe, um etwas
Geld in das Stadtsäckel zu füllen, ein Irrweg in der
Gemeindefinanzierung ist. Wir erkaufen uns das
mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand. Da es unterschiedliche Erhebungsgrundlagen gibt, wird
sehr viel Geld für Verwaltung ausgegeben. In diesem Fall müssen wir noch 19 Prozent Umsatzsteuer abdrücken. Ich gönne das natürlich jedem
Bundesfinanzminister und jedem Landesfinanzminister. Warum wir aber in Leipzig deren Arbeit
machen müssen, kann ich nicht richtig nachvollziehen. Also: Auch das überzeugt bei der Einführung der Gästetaxe nicht.
Es ist auch mitnichten so, dass die Touristen in
Leipzig sich an der Finanzierung der touristischen
Infrastruktur nicht beteiligen würden. Eine Vielzahl
der Infrastruktureinrichtungen ist mit Gebühren
belastet, die man bei der Nutzung zu bezahlen
hat. Wer dort hingeht, zahlt. Wer als Tourist dort
hingeht, zahlt auch.
Darüber hinaus zahlen die Touristen für ihre Übernachtung im Hotel. Über die Zahlung des Übernachtungspreises entsteht Ertrag und Gewinn bei
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
den Hotels. Diese bezahlen Steuern. Auch hiervon erhält die Kommune einen Anteil. Über diesen
Umweg beteiligen sich auch die Touristen an der
Finanzierung der Infrastruktur. Durch die Touristen werden Arbeitsplätze in Leipzig geschaffen.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in Hotels
beschäftigt. Auch dazu tragen Touristen bei.
Touristen gehen in der Regel auch mal abends essen in den vielen Gaststätten unserer Stadt. Auch
dort entstehen über den Umweg des Ertrags
Steuereinnahmen im Rahmen der Einkommensteuer. Durch das Abendessen im Restaurant tragen Touristen dazu bei, dass Leipzigerinnen und
Leipziger einen Arbeitsplatz haben und Geld verdienen können. Auch das sollten wir bei der Diskussion nicht vergessen.
Schaut man sich die Vorlage und die Ausnahmetatbestände, die heute wahrscheinlich eine Mehrheit finden werden, an, so ist dies ein weiterer
Grund, gegen die Einführung der Gästetaxe zu
stimmen. Wir haben hier Ausnahmetatbestände,
die sich nicht am Lebensalter festmachen. Diese
Ausnahmetatbestände, liebe Kolleginnen und
Kollegen, führen zu einem zusätzlichen Aufwand
bei den Hotels, weil sich eben nicht aus dem Meldeschein ergibt, ob jemand Schüler, Student oder
Auszubildender ist. Das heißt: Das muss jedes
Mal im Einzelfall vorgehalten und für die Abrechnung mit der Stadt Leipzig nachgewiesen werden.
Mit dieser Einführung bürden wir den Hotels einen
zusätzlichen Aufwand auf.
Die Gästetaxe ist im Hotelübernachtungspreis
nicht enthalten. Sie muss vor Ort beim Einchecken bezahlt werden. Das heißt also: Der Tourist,
der zu uns nach Leipzig kommt, weiß davon erst
mal nichts. Überlegen Sie mal Ihr persönliches
Verhalten! Prüfen Sie immer vorher im Internet, ob
es in der Kommune, wo Sie übernachten wollen,
eine Gästetaxesatzung gibt? Wahrscheinlich
nicht. Das erfahren Sie erst, wenn Sie im Hotel
einchecken. Wollen wir die Touristen, die zu uns
nach Leipzig kommen, damit begrüßen? Ist das
gut für die Stadt Leipzig? Ist das gut für das Image
der Stadt Leipzig? Auch da, liebe Kolleginnen und
Kollegen, kann man trefflich Zweifel anmelden.
Herr Bonew, es ehrt Sie, dass Sie das Thema
„Rechtswidrigkeit von Staffeltarifen“ hier in der
Ratsversammlung so deutlich angesprochen haben. Ich hätte es sonst auch getan. Es ist nun einmal so, dass wir diese Ausnahmetatbestände
eben nicht einführen können, weil die Gästetaxe
an der touristischen Nutzung ansetzt und nicht erklärbar ist, ob eine Person, die meinetwegen in einem günstigen Hotel oder einer Jugendherberge
übernachtet, die touristische Infrastruktur weniger
nutzt als eine Person, die in einem hochpreisigeren Objekt Unterkunft gefunden hat. Genau deswegen ist das rechtswidrig.
S e i t e | 32
Herr Bonew, das ehrt Sie auch deshalb, weil wir
uns in einer öffentlichen Ratsversammlung befinden. Ich bin gespannt, was Sie beim Verwaltungsgericht vortragen werden, wenn die Gästetaxe angegriffen wird und im Verfahren genau auf diese
Stellungnahme der Stadtverwaltung im Rahmen
dieser Stadtratssitzung verwiesen wird, dass das
mit rechtlichen Problemen verbunden ist. Wie wollen Sie angesichts dieser Äußerungen hier heute
in der Ratsversammlung ein Gericht dann vom
Gegenteil überzeugen? - Vielen Dank.
Oberbürgermeister Jung: Herr Morlok, ich habe
gehört: Herr Bonew hat gesagt: Risiko, nicht:
rechtswidrig. Also: Ein Risiko besteht.
Herr Kriegel.
Stadtrat Kriegel (AfD): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Beigeordnete! Sehr
geehrte Damen und Herren Stadträte! Liebe
Gäste und Pressevertreter! Im Haushalt der Stadt
Leipzig klafft ein erhebliches Loch. Da kommt natürlich eine zusätzliche Einnahmequelle sehr gelegen. Doch sollte man ausgerechnet die Kuh
melken, die mit einem Aufkommen von aktuell
über 3 Millionen Übernachtungen für uns steuermäßig eine gute Einnahmequelle in den letzten
Jahren war und ist? Hat sich hier im Stadtrat
schon mal jemand Gedanken darüber gemacht,
was ist, wenn uns das gleiche Schicksal droht wie
in der Landeshauptstadt Dresden? In Dresden
waren die Besucherzahlen nach Einführung der
dortigen Bettensteuer rückläufig.
Auch kann man als Gast mit der Abgabe über eine
Gästetaxe erwarten, dass man dafür auch etwas
bekommt. Außer dem Vorfinden einer wunderschönen Stadt, worüber wir uns alle einig sind,
wird der Gast aber keinen Mehrwert bzw. Vergünstigungen erhalten. Das sieht in anderen
Städten Deutschlands anders aus. Da werden unter anderem Vergünstigungen bei Besuchen von
Kultur- und Sportveranstaltungen geboten. Statt
gutzahlende Gäste unserer Stadt abzukassieren,
sollte man lieber Überlegungen anstellen, wie
man an anderen Stellen Gelder einsparen kann. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Oberbürgermeister Jung: Gestatten Sie mir
dazu einen Hinweis, Herr Kriegel, auch wenn Sie
das ärgern wird. Der Rückgang der Gäste in Dresden hatte nichts mit dieser Taxe zu tun, sondern
war das Ergebnis von Pegida. - Das muss ich sagen; denn das ist so.
Stadtrat Kriegel (AfD): Herr Oberbürgermeister,
ich möchte Ihnen keine Fake News unterstellen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Aber mit Verlaub, das ist nicht wahr. - Nein, das
ist nicht wahr. Ich habe das extra nicht in meine
Rede aufgenommen, weil ich das ja an dieser
Stelle schon einmal von Ihnen gehört habe. Das
ist einfach nicht wahr. Wie erklären Sie sich dann,
dass die Gästezahlen in Dresden wieder steigen,
obwohl es Pegida immer noch gibt?
Oberbürgermeister Jung: Entschuldigung, ich
muss ein ernstes Wort dazu sagen. Die Ereignisse von Chemnitz führen dazu, dass Kongressveranstalter anfragen, ob es hier in Leipzig sicher
ist und sie kommen können. Die Ereignisse von
Dresden in Zusammenhang mit Pegida haben
nachweislich dazu geführt, dass Reiseveranstalter Dresden meiden. Das müssen wir zur Kenntnis
nehmen. Ich kann nur sagen: Zeigen wir ein weltoffenes, internationales, gastfreundliches Sachsen! Dann haben wir auch kein Problem mit einer
Gästetaxe.
Herr Wehmann.
Stadtrat Wehmann (DIE LINKE): Herr Morlok,
ganz kurz eine inhaltliche Anmerkung zum Aufwand für die Hoteliers. Es ist richtig, dass Ausnahmetatbestände zu einem höheren Aufwand führen. Allerdings glauben wir, dass eine Kopie. beispielsweise des Schwerbehindertenausweises,
machbar erscheint. Klar, das ist Mehraufwand;
aber wir halten ihn für vertretbar.
Noch einmal zu dem sachlichen Thema: Abstimmung der entsprechenden Drucksache im Stadtrat, die Sie, Herr Bonew, dann ins Verfahren bringen. Auch uns würde das im Januar reichen. Das
heißt: Einbringung im Dezember. - Danke.
Oberbürgermeister Jung: Herr Bonew.
S e i t e | 33
haben, in ihrem hoteleigenen Meldeschein verarbeiten, ist der bürokratische Aufwand eingefangen. Der Meldeschein ist dann ein Jahr im Hotel
aufzubewahren. Das ergibt für unsere Außenprüfung die hohe Herausforderung, innerhalb eines
Jahres die Erhebung der Gästetaxe durch Stichproben zu überprüfen; aber das war es dann auch
für den Hotelier und auch für denjenigen, der eine
private Gästewohnung hat.
Ich freue mich, dass Sie, Herr Oßwald, klargestellt
haben, dass die einreichenden Fraktionen keinen
Staffeltarif wollen, sondern dass es sich hier aus
sozialpolitischen Erwägungen um einen Ermäßigungstatbestand handelt. Es ist ganz wichtig,
dass wir das jetzt so zu Protokoll nehmen.
Oberbürgermeister Jung: Dann kommen wir zur
Abstimmung.
Zunächst steht der gemeinsame Änderungsantrag der drei Fraktionen in der Fassung NF-01 zur
Abstimmung. - Herr Oßwald, habe ich es richtig
verstanden, dass Sie als Termin für die Beschlussfassung „Januar 2019“ akzeptieren? - Ja.
Sind die anderen beiden Fraktionen damit auch
einverstanden? - Ja. - Dann bitte ich jetzt um Ihr
Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 31 - 19 - 1. So beschlossen.
Nun zur Abstimmung über die Vorlage. Ich bitte
um Ihr Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 33 - 18 - 0. So beschlossen.
Herr Bonew, ich bitte Sie, jetzt wieder die Sitzungsleitung zu übernehmen. Die Königin hält
mich auf Trab.
(Übergabe der Sitzungsleitung an
Bürgermeister Bonew)
Bürgermeister Bonew: Ich bedanke mich für das
Entgegenkommen der drei einreichenden Fraktionen.
Bürgermeister Bonew: Dann wünsche ich Ihnen
einen schönen Abend mit der Königin. - Und das
in einer so bürgerlichen Stadt wie Leipzig!
Ich will noch mal etwas zum bürokratischen Aufwand sagen. Ich denke, wenn wir das elektronisch
hinbekommen, ist der bürokratische Aufwand vertretbar. Wir haben dazu intensive Diskussionen
mit den Hoteliers geführt und einen Weg gefunden. Wir werden einen sogenannten Leipziger
Meldeschein zur Verfügung stellen. Da das Bundesmeldegesetz keinen verpflichtenden Meldeschein vorgibt, hat jedes Hotel in dieser Stadt einen individuellen Meldeschein, den es frei drucken kann. Das musste ich auch erst lernen.
Wenn es uns gelingt, dass die Hoteliers beim
nächsten Druckauftrag der eigenen Meldescheine
unsere Bedarfe, die wir für die Gästetaxesatzung
Ich rufe Tagesordnungspunkt 21.15 auf:
21.15 Bebauungsplan Nr. 323.2 „Westlich
des Hauptbahnhofes, Teilbereich südlich der Parthe“; Stadtbezirk Mitte,
Ortsteil Zentrum-Ost; Billigungs- und
Auslegungsbeschluss (VI-DS-05656)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
21.15.1 dazu ÄA (VI-DS-05656-ÄA-01)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Es gibt eindeutige Vorvoten. - Der dazu vorliegende Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
S e i t e | 34
Die Grünen wird seitens der Verwaltung übernommen. Gibt es dennoch Wortwünsche? - Herr Elschner.
berührt unweigerlich das sich seit 1989 entwickelte Selbstverständnis unserer Stadt - man
kann auch sagen: ihre DNA - und ist zwangsläufig
von einer hohen Emotionalität geprägt.
Stadtrat Elschner (Bündnis 90/Die Grünen): Kolleginnen und Kollegen! Wunderbar, Herr Bonew,
dass der Antrag unserer Fraktion übernommen
wird. Wir werden dieser Vorlage auch zustimmen.
Dennoch möchte ich dem Rat berichten, dass ich
letzten Montag zusammen mit Jule Nagel auf der
Westseite des Hauptbahnhofs obdachlosen Menschen begegnet bin, die in Baracken und einigen
Gebäuden Unterkunft gefunden haben. Ich
möchte Sie bitten: Lassen Sie uns hier im Stadtrat
für dieses Thema sensibilisieren! Einige tun das
vielleicht als Wachstumsschmerz ab. Aber ich
hoffe, dass es Möglichkeiten gibt - Grüne und
Linke haben diesbezüglich einen Antrag eingereicht - und wir einvernehmlich eine Lösung finden
können, damit Menschen nicht einfach vor die
Haustür gesetzt werden, wenn sie einer Räumung
entgegensehen und nicht wissen, wohin. - Vielen
Dank.
Es bestand daher in den letzten Jahrzehnten - ja,
wir sprechen bei fast 30 Jahren mittlerweile von
dieser Größenordnung - hier im Rat Einvernehmen, und das vor allem bei den Parteien, die ihre
Wurzeln im Herbst 1989 haben, diese Themen mit
der entsprechenden Sorgfalt und mit Respekt zu
behandeln.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Ich sehe
keine weiteren Wortmeldungen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 21.16 auf, eine für
die Geschichte unserer Stadt wichtige Vorlage:
21.16 Veranstaltungen zum 30. Jahrestag der
Friedlichen Revolution am 9. Oktober
2019 (VI-DS-05678)
Einreicher: Dezernat Kultur
21.16.1 dazu ÄA (VI-DS-05678-ÄA-01-NF-02)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
21.16.2 dazu ÄA (VI-DS-05678-ÄA-03-NF-01)
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Einreicher: CDU-Fraktion
Einreicher: Fraktion Freibeuter und SPDFraktion
21.16.3 dazu VSP (VI-DS-05678-ÄA-03-NF-01VSP-01)
Einreicher: Oberbürgermeister
Gibt es Wortwünsche? - Herr Dyck.
Stadtrat Dyck (SPD): Herr Bürgermeister! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Jede Befassung mit Themen im Zusammenhang mit der
Friedlichen Revolution 1989 und vor allem mit den
Ereignissen am 9. Oktober hier im Rat als Diskussionsplattform, aber auch im öffentlichen Raum
Man kann mit Ratsbeschlüssen auch vieles falsch
machen. Warum sage ich das? Die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung ließ genau diese Sensibilität vermissen; Stichwort „Kuratorium mit Polizeipräsidenten und Sponsoren“.
Dass der Vorschlag für ein Kuratorium mit Einfluss
auf die Programmgestaltung „9. Oktober“ unterbreitet wurde, hat seinen Hintergrund in offensichtlichen Verwerfungen innerhalb der Initiative
„Tag der Friedlichen Revolution - Leipzig 9. Oktober“ und ihrem näheren Umfeld. Mit dem Kuratorium soll eine neue Verantwortungsebene geschaffen werden, ohne die Initiative, wie befürchtet, an den Rand zu drängen. Ich sage es hier im
Namen meiner Fraktion ausdrücklich: Wir brauchen euch.
Die auch öffentlich diskutierten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Initiative zur Ausgestaltung vor allem des Lichtfestes wurden oft unter
dem Begriff „Eventisierung des Lichtfestes“ zusammengefasst, der auch von einigen hier im Rat
aufgegriffen wurde. Ich glaube, der Begriff verkleistert den Konflikt. Die eigentliche Frage, die
nicht nur in der Initiative, sondern auch im weiter
zu fassenden politischen Raum diskutiert wird,
lautet eigentlich: Welche Botschaft ging und geht
zukünftig von der Bühne des Lichtfestes aus? Und
diese Frage ist verdammt politisch und wird unterschiedlich beantwortet und beantwortet werden
müssen.
Damit steht schon heute das zu schaffende Kuratorium als Beirat unter einer immensen Anspannung. Das hat auch der Diskussionsprozess hin
zum Text der heutigen Beschlussfassung gezeigt.
Dem Kuratorium zusammen mit der Initiative obliegt letztendlich die Aufgabe, die Erinnerung an
den Herbst 1989 mit den Entwicklungen in
Deutschland und Europa der letzten 30 Jahre mit
aktuellen Ereignissen und zukünftigen Erwartungen auszubalancieren. Oder anders ausgesprochen: Wie viel 1989 muss in der Reflexion sein,
ohne in ein museales Gedenken abzugleiten?
Das wird sehr schwer werden und nicht bei allen
Beteiligten und vor allem bei all den Nichtbeteiligten auf ungeteilte Zustimmung treffen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Warum sage ich das so deutlich? Nach 30 Jahren
verblassen zwangsläufig viele Erinnerungen an
den Herbst 1989, anderes wird überhöht. Ich sage
manchmal: 70.000 Demonstranten, 70.000 Meinungen. Somit sollte niemals eine Einzelperson oder ein Verein oder eine Gruppierung die alleinige
politische Interpretationshoheit über den Herbst
1989 beanspruchen dürfen. Die nachgewachsenen und nachwachsenden Generationen werden
auch ihre Stimme einfordern, und das ist auch gut
so. In vielen Dingen mit Blick auf 1989 beginnt
langsam die Zeit der Historiker.
Meine Damen und Herren, ich nehme mir das
Recht heraus, das so deutlich auszusprechen,
weil auch ich ein Zeitzeuge bin. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Als
Nächstes Frau Krefft, bitte.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Sehr
geehrter Herr Bonew! Sehr geehrte Stadträtinnen
und Stadträte, Gäste und Vertreter*innen der Medien! Es hat mich als Kind ganz intensiv beschäftigt, dass wenige Kilometer von mir entfernt Menschen in Unfreiheit leben. Entsprechend eingenommen war ich als 11-Jährige, als sich dort „drüben“ etwas tat, das größer und stärker wurde und
tatsächlich - tatsächlich! - zu Freiheit und Demokratie führte. Noch Weihnachten 1989 konnten wir
im Süden das nicht glauben. Da waren die Menschen in Leipzig schon an Runden Tischen an der
Arbeit und engagierten sich leidenschaftlich für
ihre Stadt.
Wir halten es als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
für hochbedeutend, immer wieder innezuhalten
und die Ereignisse von 1989/90 gegenwärtig zu
halten. Die Friedliche Revolution ist das demokratische Ereignis am Ausgang des 20. Jahrhunderts. Die Friedliche Revolution hat ein Vorher gescheiterte Aufstände, Verfolgung - und ein Danach. Danach wurde vieles und für viele alles anders.
Das Lichtfest neben Montagsgebet, Rede zur Demokratie, Preis für die Medienfreiheit und der Internationale Runde Tisch: Das Lichtfest macht die
Friedliche Revolution sinnlich erlebbar. Das Versammeln auf dem Augustusplatz, früher KarlMarx-Platz, der Gang um den Ring - hochemotionale Momente, die sinnlich erlebbar machen, welchen Mut die Menschen 1989 und in der Zeit davor aufgebracht haben.
Die Verknüpfung von Sinnlichkeit und Erinnern,
das ist das für mich bestechende Moment des
Lichtfestes. Aber das ist zuletzt verloren gegangen. Die Klarheit fehlt, und es droht Beliebigkeit.
S e i t e | 35
Es droht, dass es zum touristischen Event verkommt und es eben nicht für die Leipziger*innen
tatsächlich das Fest des Jahres ist.
Was also tun? Wir wollen das Lichtfest verstetigen. Wir wollen es zum Fest für die Leipziger*innen entwickeln, den Auftrag präziser fassen, und
wir wollen wirklich mehr Beteiligung möglich machen. Nicht allein das Geschehen auf der Bühne,
sondern der Gang um den Ring soll das Moment
werden: vom Friedensgebet über den Augustusplatz und dann um den Ring. Hier sollen mit
Lichtinstallationen auch Beiträge der Bürgergesellschaft beitragen zu Begegnungen, zu Austausch, zur Lebendigkeit der Erinnerungskultur
und wie 1989 heute in der Gegenwart trägt.
Mich bewegt dabei, wie intensiv junge Menschen
das Lichtfest wahrnehmen, besuchen und sich
einnehmen lassen, einnehmen lassen von dem
Mut, den die Menschen damals auf die Straße gebracht haben. - Danke.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Herr Maciejewski, bitte.
Stadtrat Maciejewski (CDU): Herr Bürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
CDU-Fraktion hatte bereits im Dezember 2017
eine Anfrage zu den Mitwirkungsmöglichkeiten
des Stadtrats bei der Programmgestaltung des
Lichtfestes am 9. Oktober gestellt und damit auch
hier im Rat eine Diskussion ausgelöst. Der Oberbürgermeister sagte damals - Zitat -:
Ich glaube, wir sind gut beraten gewesen, uns nicht in die inhaltliche Gestaltung und die künstlerische Umsetzung
einzumischen …
Wir als CDU-Fraktion haben das anders gesehen
und freuen uns, dass wir heute offenbar nicht
mehr die Einzigen sind, die das so sehen.
Der 9. Oktober ist ein städtischer Gedenktag; das
hat der Stadtrat beschlossen. Insbesondere das
Lichtfest sollte deshalb ein Fest für die Leipziger
sein und eben nicht zum touristischen Event werden. Es sollte auch kein Kunstfestival sein, sondern ein Fest der Erinnerung an 1989, wo durch
friedliche Demonstrationen das Ende einer sozialistischen Diktatur eingeleitet wurde.
Wir glauben, dass viele Leipziger mit der Art und
Weise, wie das Lichtfest in den letzten Jahren ablief, nicht mehr einverstanden sind und deshalb
auch nicht mehr hingehen. Seit Jahren stagniert
die Teilnehmerzahl, obwohl unsere Stadt ja bekanntlich wächst. Auch ich kenne viele, die zu
Hause bleiben mit der Begründung: Ich war damals auf dem Ring; aber das hier hat mit 1989
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
nichts mehr zu tun. - Die einen sagen diesen Satz
mit Frust, andere mit Resignation. Ich denke, wir
sollten das Augenmerk darauf richten, mit dem
Lichtfest als größter Veranstaltung zum 9. Oktober gerade diese Menschen wieder zu erreichen.
Wir sollten den 9. Oktober zum Anlass nehmen,
darüber nachzudenken, was „Wir sind das Volk“
und „Keine Gewalt“ tatsächlich bedeuten und was
Respekt bedeutet. Bezogen auf das Lichtfest
meine ich hier besonders den Respekt vor den
Menschen, die unter SED-Staat und Stasi-Überwachung gelitten haben, Respekt vor den Menschen, die 1989 demonstriert haben, Respekt vor
den Menschen, die zu Beginn der Montagsdemos
nicht wussten, ob sie heil nach Hause kommen,
Respekt vor den Menschen, die nicht wussten, ob
sie noch am gleichen Abend oder erst am nächsten Tag von der Arbeitsstelle „zugeführt“ werden,
wie der gängige staatliche Euphemismus hieß.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe
Zweifel, ob es tatsächlich ein angemessener Ausdruck von Respekt vor diesen Menschen ist, wenn
wir wie beim Lichtfest 2014 künstlerische Beiträge
haben wie den unter der Überschrift „Heute hat
Observation eine ganz andere Dimension“, die
versuchen, Videoüberwachung heute in einen Zusammenhang mit dem totalitären Überwachungsstaat vor 1989 zu setzen. Ich frage mich ernsthaft,
wessen politisches Geschäft damit eigentlich besorgt werden soll. Wem nützen künstlerisch verpackte Botschaften im Sinne von „Die Stasi war
der Vorläufer der heutigen Kameraüberwachung
in Einkaufspassagen und an öffentlichen Plätzen“? Das alles hat es gegeben auf dem Lichtfest.
Ich bin im Übrigen auch der Auffassung, dass es
ein Zeichen von Respekt gegenüber den Montagsdemonstranten von 1989 wäre, wenn die Erinnerung an damals wieder in den Vordergrund
treten würde und nicht, wie beim Lichtfest im vergangenen Jahr, die Verurteilung von rassistischen
Witzen, Hass im Internet, Kritik an Fake News und
Donald Trump das Bühnenprogramm dominieren.
Verstehen Sie mich nicht falsch! Es geht nicht um
Folklore und Nostalgie. Es geht um die Erinnerung daran, dass hier in dieser unserer Stadt
durch friedliche Demonstrationen das Ende einer
sozialistischen Diktatur eingeleitet wurde. Und ja,
es geht auch darum, Tendenzen einer DDRVerklärung entgegenzuwirken. Die CDU-Fraktion
ist der Auffassung, dass das Lichtfest eben nicht
in erster Linie eine Bühne für künstlerische Darbietungen sein sollte und auch keine Bühne, um
vordergründig aktuell tagespolitische Themen,
Botschaften oder gar Allgemeinplätze zu formulieren. 1989 gab es übrigens auch keine Bühne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die
CDU-Fraktion findet es gut, dass das Kuratorium
als Beirat nach Sächsischer Gemeindeordnung
S e i t e | 36
gebildet werden soll. Noch mal vielen Dank an die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für diesen Impuls, für diese Idee. Der Vorschlag entspricht unserem Wunsch nach einer Demokratisierung der
gesamten Feierlichkeiten. Die Einbeziehung der
Akteure von 1989 bei der Besetzung ist für uns ein
wesentlicher Punkt. Ich glaube, das ist der richtige
Weg. Uns ist es wichtig, den Erinnerungscharakter wieder mehr in den Vordergrund zu stellen. Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Frau Dr. Märtens.
Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte hier für den überfraktionellen Antrag sprechen. Dieser ist in Tiefe
und Breite ausführlich diskutiert worden. Die
Chronologie der Änderungen zeigt, dass wir hier
um einen Kompromiss wirklich gerungen haben.
Ich bin fast zufrieden, fast deshalb - lassen Sie
mich das vor die Klammer ziehen -, weil der Änderungsantrag nicht geschlechtergerecht formuliert ist. Ich bin auch in der Öffentlichkeit dafür kritisiert wurden, und das zu Recht. Es ärgert mich,
in der Hitze der Diskussion am Ende nicht darauf
geachtet zu haben. Das können wir besser.
Darüber hinaus lassen Sie mich hier bitte noch eines klarstellen: Der Beirat, über den wir heute hier
entscheiden, ersetzt nicht die Initiative „Tag der
Friedlichen Revolution - Leipzig 9. Oktober 1989“
als freie zivilgesellschaftliche Organisation. Der
Beirat ersetzt das in der Vorlage vorgeschlagene
Kuratorium des Oberbürgermeisters. Wenn also
einer hier sich angegriffen fühlen könnte, dann er.
Aber seien wir ehrlich! Wenn es ihm darum geht,
seinen Rat gemeinsam mit dem Polizeipräsidenten und der Kulturbürgermeisterin in der Zivilgesellschaft zu verankern, dann hat er bisher immer
einen Weg gefunden, das hat immer gut geklappt,
und das wird auch weiterhin gut klappen.
Der Beirat unter dem Namen „Kuratorium Tag der
Friedlichen Revolution 1989“ ersetzt nichts, sondern schafft etwas Neues. Das Kuratorium in
Form eines Beirats nach Sächsischer Gemeindeordnung lädt uns alle ein: uns, die Fraktionen, Sie,
die Stadtverwaltung, sowie die Vertreter*innen
der Initiative und weitere Vertreter*innen der Zivilgesellschaft. Das Kuratorium lädt uns ein zu einem ernsthaften, kontinuierlichen und verantwortungsbewussten Meinungsbildungsprozess. Der
Auftrag einer gemeinsamen Themenfindung erhöht den Druck, ergebnisorientiert zu arbeiten.
Der Beirat bietet, wenn es gut läuft, eine Ergänzung zu den informellen, kreativen und hin und
wieder auch chaotischen Meinungsbildungspro-
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
zessen; aber er kann und will diese nicht ersetzen. Die bleiben uns - da bin ich mir ganz sicher erhalten.
Es ist eine große und herausragende Aufgabe für
unsere Stadt, das Erbe der Friedlichen Revolution
von 1989 zu bewahren und lebendig zu halten.
Das ist eine permanente und sich wandelnde Aufgabe. Sie ist eines Beirats würdig. Wir wollen
einen richtigen, einen guten Weg finden, das Erbe
zu bewahren.
Sie alle kennen sicher das Märchen vom König,
der seinen Kindern aufgibt, ein Säckchen Samen
für ihn aufzubewahren, um nach einem Jahr überprüfen zu wollen, wer der Erbe oder die Erbin des
Königreichs werden soll. Eines schließt die Samen in eine Truhe ein, ein Kind verkauft die Samen, und eines sät sie aus. Sie wissen alle, wie
das Märchen ausgeht, wer hier gewinnt.
Wenn wir es gut machen, entsteht aus unserer Erinnerung immer wieder ein neues Begehren nach
Demokratie und Selbstbestimmung. Wenn wir es
gut machen, schaffen wir jetzt Orte und Formen
der Erinnerung, Orte und Formen des Säens und
des Erntens, die über uns hinauswirken, die auch
noch in 50 oder 100 Jahren Bestand haben werden. Wenn wir es gut machen, wird aus dem Beirat ein kraftvoller neuer Runder Tisch.
Wir sollten uns bei dieser Aufgabe nicht spalten
lassen in die, die damals dabei waren, und die, die
nicht dabei waren oder damals noch gar nicht dabei sein konnten, sondern wir sollten alle hören
und einbeziehen, weil doch auch die, die wir immer neu erreichen wollen, nicht unterteilt werden
sollen, in Dabeigewesene und andere - das Recht
auf eine gute Erinnerung an historische Ereignisse haben schließlich alle - und weil wir doch die
Erinnerung der Friedlichen Revolution in eine Zeit
tragen wollen, in der es nur noch die anderen gibt.
Lassen Sie uns das Unsere dazu tun! - Vielen
Dank.
Bürgermeister Bonew: Bevor ich Herrn Kühne
das Wort erteile, will ich die einreichenden Fraktionen darauf aufmerksam machen, dass der Verwaltungsstandpunkt eine Ergänzung zu Ihrem Antrag enthält, nämlich die sofortige Änderung der
Hauptsatzung zur Einführung dieses Beirats. Dafür ist es erstens erforderlich, dass Sie den Verwaltungsstandpunkt übernehmen und diesen zur
Abstimmung stellen. Ich gebe jedoch zweitens zu
bedenken - man zähle in jeder Fraktion noch einmal durch -: Für eine Hauptsatzungsänderung
braucht es 37 Ja-Stimmen.
Herr Kühne.
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Stadtrat Kühne (AfD): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren
Stadträte! Sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete! Liebe Gäste! Im nächsten Jahr ist es
nun schon 30 Jahre her, dass sich die Menschen
in Mitteldeutschland aufmachten, um das SEDRegime zu beseitigen und demokratische Strukturen zu schaffen, um in Wohlstand und Freiheit
zu leben und die Einheit unseres über mehr als
vier Jahrzehnte geteilten Landes wiederherzustellen.
Dass wir hier in Leipzig ganz besonders dieser
Wochen und Monate im Herbst 1989 gedenken,
ist auch künftig gut und richtig. Jetzigen und künftigen Generationen kann mit diesem Gedenken
die historische Dimension der Ereignisse rund um
die Friedliche Revolution von 1989 nahegebracht
werden. Nur Demokratie ermöglicht ein Leben in
Freiheit und vor allem ein selbstbestimmtes Leben. Diktatur, Willkür und das Einsperren von
Menschen sollen seit 1989 für immer Geschichte
sein.
Damit auch dieser 30. Jahrestag der Friedlichen
Revolution in Leipzig würdevoll begangen werden
kann, wird meine Fraktion der Vorlage wie auch
der Änderung der Hauptsatzung zustimmen.
Künftig sollte sich das jährliche Gedenken aus
Sicht meiner Fraktion jedoch auf die Rede zur Demokratie in der Nikolaikirche und Veranstaltungsangebote im Museum in der „Runden Ecke“, in
der Außenstelle der BStU und im Zeitgeschichtlichen Museum konzentrieren. Künftig sollte nur
noch bei runden Jubiläen ein künstlerisch und historisch überarbeitetes Lichtfest durchgeführt werden. Das Konzept für das bisher jährlich stattfindende Lichtfest sollte nach Meinung meiner Fraktion nach 2019 in Ruhe überarbeitet und vor allem
unter Einbeziehung von Bürgerrechtlern und Zeitzeugen nur noch alle fünf Jahre durchgeführt werden, also erst wieder 2024 zum 35. Jahrestag der
Friedlichen Revolution.
Dem Änderungsantrag der Fraktionen von CDU,
SPD, Freibeutern und Grünen schließen wir uns
an.
Ein Satz sei mir noch gestattet, nein, zwei: Über
die schlechte Politfolklore einiger Fraktionen in
diesem Hohen Haus seit Dezember 2014 und die
damit verbundene Ausschließeritis meiner Fraktion und Partei ist bereits einiges gesagt worden.
Aber im Jahr der Demokratie hätte selbst ich mir
vorstellen können, dass man bei diesem historisch wichtigen Thema auf meine Fraktion zukommen würde, um den Änderungsantrag gemeinsam einzubringen. - Genau, es ist schon viel darüber geredet worden. - Nur weil eine Person „Nö“
gesagt hat. - Und so wird man wohl doch, liebe
Stadtratskollegen, auf das Wählervotum unserer
Leipziger Bürger im Jahr 2019 warten müssen.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Dann sehen wir einfach weiter, wie der demokratische Dialog fortgeführt wird in unserer Stadt.
Bürgermeister Bonew: Frau Dr. Märtens.
Stadträtin Dr. Märtens (Bündnis 90/Die Grünen):
Darauf gehe ich jetzt nicht ein, sondern will gern
zum Verfahren sprechen. Wir würden den Punkt
„Änderung der Hauptsatzung“ übernehmen, bitten
aber, diesen getrennt von den anderen Punkten
unseres Änderungsantrags abzustimmen, das
auch deshalb, weil wir im Moment nicht sicher
sind, ob die erforderliche Mehrheit für die Änderung der Hauptsatzung heute zustande kommt.
Sollten wir sie nicht erreichen, bitten wir die Verwaltung, das zur nächsten Ratsversammlung
noch einmal vorzulegen.
Bürgermeister Bonew: Gut. - Herr Hobusch.
Stadtrat Hobusch (Freibeuter): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vorsitzender Bürgermeister Bonew! Die letzten Äußerungen von
Herrn Kühne, diese Drohung, die sich zwischen
den Zeilen befand, und die Tatsache, dass es seit
einiger Zeit in diesem Land eine Partei gibt, die
überhaupt keinen Skrupel hat, mit Kleinkriminellen von Pegida und mit Rechtsextremen, die vor
Gewalt nicht zurückschrecken, Seit an Seit auf die
Straße zu gehen, und meint, man müsse auf
diese Art und Weise mit denen gemeinsam Probleme, die es in diesem Land gibt, artikulieren dem Befund, dass wir Probleme haben und darüber reden müssen, will ich gar nicht widersprechen -, beweisen, dass die Entscheidung der
Fraktionen, die diesen gemeinsamen Änderungsantrag hier gestellt und eingebracht haben, richtig
war: dass nur sie diesen gemeinsamen Antrag
stellen und hier einbringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann
nicht vom 9. Oktober hier in Leipzig berichten. Ich
kann von der Zeit danach, von der Zeit meines
Studiums in den 90ern berichten, einer Zeit, die
viele Menschen meiner Generation als „Sandwich“-Zeit bezeichnen, in der wir uns selber kümmern mussten. Weil die Eltern nach der Wende
vor Problemen standen, um die sie sich zu kümmern hatten, mussten wir selber sehen, was aus
uns wurde. Und ich denke durchaus, aus vielen
von uns ist etwas geworden.
Wir merken anhand der Diskussion, die hier heute
stattfindet: Die Diskussion über die Deutungshoheit des 9. Oktober hat längst begonnen. Ich sage
Ihnen: Trotz eines historischen Studiums, trotz eines politologischen Studiums, trotz eines Jurastudiums, das ich abgeschlossen habe, trotz meiner
S e i t e | 38
langjährigen Tätigkeit in vielen Gremien, trotz intensiver Befassung mit rechtsphilosophischen
Themen kann ich bis zum heutigen Tage nicht sagen, wo genau an welcher Stelle der 9. Oktober
1989 in die in die europäische und in die deutsche
Geschichte der letzten 200, 300 Jahre einzuordnen ist.
Ich bin der festen Überzeugung: Der 9. Oktober
ist ein herausragendes Datum, wahrscheinlich
noch herausragender als der Mauerfall einen Monat später in Berlin. Wir stehen mit diesem 9. Oktober hier in Leipzig etwas im Schatten des 9. November. Aber, meine sehr geehrten Damen und
Herren, wie man das letzten Endes einordnen
kann und muss, dazu wage ich mir nicht, eine Meinung abzugeben, auch fast 30 Jahre nach diesem
Datum nicht. Wir sollten uns, denke ich, auch ein
Stück weit davor hüten, einzutreten für die eine
Seite, die dieses Datum mit Folklore zu konservieren versucht, wenn es auf der anderen Seite Tendenzen gibt, die auch bei den Feiern zum 9. Oktober hier in Leipzig mittlerweile zu beobachten
sind.
Insofern finde ich es gut, dass wir gemeinsam darüber diskutieren und gemeinsam überlegen, wie
es weitergehen soll. Wenn uns der 9. Oktober
1989 und die darauffolgenden politischen Veränderungen eines gezeigt und auch gelehrt haben,
dann das: Man muss auch Prozesse einfach mal
akzeptieren, wie sie entstanden sind. Deshalb bin
ich ganz glücklich, dass wir uns hier jetzt entschieden haben, den Feierlichkeiten um den 9. Oktober
in dieser Stadt einen legitimierenden Charakter zu
geben, indem wir eben einen Beirat nach Hauptsatzung wählen. Wir haben uns in diesem Land
und auch in dieser Stadt für eine repräsentative
Demokratie entschieden. Der Vertreter des Volkes und der Vertreter des Willens des Volkes ist
der Stadtrat. Insofern ist es eine gute Entscheidung, den Feierlichkeiten um den 9. Oktober eine
Legitimation durch einen Beirat als Kuratorium zu
geben. Für die gemeinsame Diskussion und den
Weg für den Antrag hierher danke ich allen, die
sich daran beteiligt haben. - Vielen Dank.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Gibt es
weitere Wortwünsche? - Das ist nicht der Fall.
Mir liegt ein Antrag vonseiten der Linksfraktion auf
eine dreiminütige Auszeit vor. Ich unterbreche die
Sitzung.
(Unterbrechung)
Bürgermeister Bonew: Meine Damen und Herren, die Sitzung wird fortgesetzt. - Wir kommen
zur Abstimmung über TOP 21.6.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
S e i t e | 39
Zuerst steht der Änderungsantrag 01-NF-02 der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Abstimmung.
Ich bitte um Ihr elektronisches Votum. - Ich
schließe die Abstimmung.
Abstimmgerät abzugeben. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 37 dafür, keine Gegenstimmen,
11 Enthaltungen.
21.20 Verwaltungsobjekt „Ratzelbogen“, Kiewer Straße 1-3; Abschluss eines
6. Nachtrags zum Mietvertrag vom
02./16.07.1992, nebst 1. Nachtrag vom
13.01.1998,
2. Nachtrag
vom
26.07.2007,
3. Nachtrag
vom
24.07.2008, 4. Nachtrag vom 26.04.2012
und 5. Nachtrag vom 09.10.2013 (VIDS-05813)
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Änderungsantrag 03 in der Neufassung 01. Wie vereinbart werden zunächst die Beschlusspunkte
des Antrags en bloc abgestimmt und dann der von
den einreichenden Fraktionen übernommene Verwaltungsstandpunkt. Ich bitte um Ihr Votum zu
den Beschlusspunkten des Ursprungsantrags. Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 37 - 0 - 11.
Ich bitte jetzt um Ihr Votum zum Verwaltungsstandpunkt, der durch Übernahme Teil des Änderungsantrags geworden ist: Änderung der Hauptsatzung der Stadt Leipzig. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 47 - 0 - 1.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 21.17 auf:
21.17 1. Bebauungsplan Nr. 429 „Wohngebiet
Ziegelstraße“, Aufstellungsbeschluss;
2. Bebauungsplan Nr. E-184 „Ziegeleiweg“, Einstellung des Verfahrens;
Stadtbezirk Ost, Ortsteil Baalsdorf (VIDS-05702)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Es gibt eindeutige Vorvoten. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Mit einigen Gegenstimmen und
ohne Stimmenthaltungen dennoch positiv votiert.
21.18 Aufhebung der Sanierungssatzung
„Leipzig-Prager Straße“ (VI-DS-05708)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Auch hier: eindeutige Vorvoten. - Wird das Wort
gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Da es sich um
die Aufhebung einer Satzung handelt, bitte ich um
Ihr elektronisches Votum. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 45 - 0 - 1.
21.19 Teilaufhebung der Sanierungssatzung
„Kleinzschocher“ (VI-DS-05718)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Auch hier: eindeutige Vorvoten. - Wird das Wort
gewünscht? - Dann bitte ich Sie, Ihr Votum per
Abstimmung: 44 - 0 - 1.
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
21.20.1 dazu ÄA (VI-DS-05813-ÄA-01)
Einreicher: Fraktion DIE LINKE
Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Sehr geehrter
Erster Bürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte! Liebe Dezernenten! Guten
Abend! Wir haben zwei Kritikpunkte an der Vorlage, die jetzt zur Beschlussfassung vorliegt. Zum
einen hätte ich gern vom Oberbürgermeister eine
Protokollnotiz - vielleicht können Sie das als sein
Stellvertreter übernehmen -, wie es mit dem Ratzelbogen nach dem 31.12.2021 weitergeht. Im
Augenblick haben wir lediglich die Festschreibung
für weitere drei Jahre.
Wer sich die Situation in Grünau anschaut - dazu
hatte ich hier bereits mehrfach ausgeführt -, wird
feststellen, dass sie alles andere als befriedigend
ist. Böse Zungen behaupten schon, dass das de
facto, weil es nur noch um einen Teilmietvertrag
geht und die Mietverträge anderer Einheiten nicht
mehr verlängert werden sollen, zum Ende des
Bürgeramtes im Ratzelbogen führen wird. Dazu
erwarte ich seitens der Verwaltung heute eine
klare Auskunft.
Da es gerüchteweise mit dem Bildungs- und Bürgerzentrum in Grünau-Mitte nicht wirklich weitergeht - „gerüchteweise“ deshalb, weil die eine oder
andere Information an uns herangetragen worden
ist; in der Oktober-Ratsversammlung würden wir
das per Anfrage noch mal klargestellt haben wollen - und wir schon verschiedene Varianten einer
alternativen Unterbringung geprüft haben, könnte
gegebenenfalls - deswegen als Prüfauftrag - auch
diese Liegenschaft, die im Augenblick nicht im
städtischen Eigentum ist, von der zentralen Lage
im Stadtteil und auch von den Umfängen her
durchaus geeignet wäre, infrage kommen.
Daher beauftragen wir den Oberbürgermeister, zu
prüfen, ob der Eigentümer der Immobilie Ratzelbogen in der Kiewer Straße gegebenenfalls bereit
wäre, über einen Verkauf der Immobilie an die
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Stadt zu verhandeln, und etwaige Konditionen dafür auszuloten. - Herzlichen Dank.
Bürgermeister Bonew: Sehr geehrter Herr Pellmann, diese Protokollnotiz kann ich jetzt nicht abgeben, da es außerhalb meiner Kenntnis ist, wie
es nach 2021 mit dem Ratzelbogen weitergehen
soll. Das liegt, glaube ich, auch daran, dass wir
noch kein Gesamtkonzept für die mittelfristige
Verwaltungsunterbringung haben.
Herr Habicht.
S e i t e | 40
Bürgermeister Bonew: Das könnte ich seitens
der Verwaltung zu Protokoll geben. Wenn wir die
Vertragsverhandlungen finalisieren, kann man die
Veräußerungsbereitschaft des Eigentümers erfragen und erste Konditionen, die natürlich dann freibleibend sind. Also: Das können wir so übernehmen.
Seitens der Verwaltung können wir nicht empfehlen, diesen Änderungsantrag heute positiv zu bescheiden, weil wir wirklich noch nicht wissen, wie
die mittelfristige Verwaltungsunterbringung aussieht, auch wenn wir uns alle sehr wünschen, das
recht bald zu erfahren.
Stadtrat Habicht (CDU): Herr Vorsitzender!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist
sehr löblich, dass man versucht, hier sozusagen
um die Ecke zu denken und das mit der Verwaltungsunterbringung in Einklang zu bringen. Das
Gerücht einer Verwaltungsunterbringung im BBZ
nach 2021 ist mir noch nicht zu Ohren gekommen.
Nichtsdestotrotz ist es wichtig, zu wissen, wie es
weitergeht. Bedauerlicherweise ist auch mit den
vor Ort ansässigen Gewerbetreibenden nicht
wirklich weiterverhandelt worden, sodass wir nicht
wissen, wie es in der Stuttgarter Allee weitergeht.
Gibt es weitere Wortwünsche? - Dann stimmen
wir zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion
DIE LINKE ab. Bitte votieren Sie per Abstimmgerät! - Ich schließe die Abstimmung.
Herr Pellmann, so richtig Ihr Änderungsantrag aus
meiner Sicht ist: Dieser sollte als eigenständiger
Antrag ins Verfahren gebracht werden. Wir behandeln hier jetzt die Verlängerung des Mietvertrags. So richtig Ihr Antrag ist, aber das hier mit
einzuschieben, halte ich nicht für opportun. Mein
Vorschlag ist, Ihren Antrag ins Verfahren zu verweisen und dann umfänglich zu behandeln.
Abstimmung: 45 - 0 - 0.
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank. - Darauf
Herr Pellmann.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Das Problem ist,
dass wir jetzt über die Verlängerung des Mietvertrags verhandeln, das heißt: mit dem Eigentümer
sowieso in Verhandlungen sind. Da ist es, denke
ich, durchaus legitim, dass man als Interessenvertreter dieser Stadt auch mal die Frage stellt: Lieber Eigentümer, wärst du gegebenenfalls auch
bereit, diese Immobilie an die Stadt zu veräußern? Und dies auch, ohne schon jetzt ein Konzept zu haben, was wir damit zu tun gedenken.
In unserem Antrag heißt es nicht: Wir beauftragen
den Oberbürgermeister, die Immobilie zu kaufen,
sondern: mit dem Eigentümer darüber zu sprechen, ob er a) bereit wäre und b) zu welchen Konditionen. Da gerade Verhandlungen über die Verlängerung eines Mietvertrags stattfinden, wäre
das genau der richtige Zeitpunkt.
Abstimmung: 14 dafür, 22 dagegen, 9 Enthaltungen. Somit abgelehnt.
Nun zur Abstimmung über die Vorlage mit der
Protokollnotiz, dass wir beim Eigentümer die Veräußerungsbereitschaft erfragen. Ich bitte um Ihr
Votum per Abstimmgerät. - Ich schließe die Abstimmung.
21.21 Veränderungssperre für den Bebauungsplan Nr. 428 „Gewerbegebiet Plagwitz Süd/Markranstädter Straße“; Stadtbezirk Südwest, Ortsteil Plagwitz; Verlängerung der Geltungsdauer - Satzungsbeschluss (VI-DS-05831)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Eindeutige Vorvoten. - Wird das Wort gewünscht? - Da es sich um eine Satzung handelt,
bitte ich Sie, Ihr Votum per Abstimmgerät abzugeben. - Ich schließe die Abstimmung.
Abstimmung: 45 - 0 - 0.
Wir fahren fort mit Tagesordnungspunkt 21.26:
21.26 Anpassung des Gesellschaftsvertrages
der Leipziger Dok-Filmwochen GmbH
an die Änderungen der Sächsischen
Gemeindeordnung (SächsGemO) und
Umsetzung des Leipziger Corporate
Governance Kodexes (LCGK) (VI-DS05889)
Einreicher: Oberbürgermeister
Ich begrüße Herrn Morgner von der Dok-Filmwochen GmbH. Schönen guten Abend!
eiliEs gibt eindeutige Vorvoten. - Gibt es Wortwünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir
zur Abstimmung. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Einreicher: Dezernat Finanzen
Abstimmung: Es ist einstimmig so beschieden.
Passend dazu die Info-Vorlage zu TOP 21.27:
21.27 Vertreter der Stadt Leipzig im Aufsichtsrat der Leipziger Dok-Filmwochen GmbH (VI-Ifo-06298)
Einreicher: Oberbürgermeister
Bitte nehmen Sie diese Vorlage zur Kenntnis.
21.28 Übergabe der Trägerschaft von Integrativen Kindertageseinrichtungen (ITE)
(VI-DS-05913)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Einstimmig.
Wie bei der Festlegung der Tagesordnung vereinbart, rufe ich an dieser Stelle Tagesordnungspunkt 21.4 auf:
21.4 Flächennutzungsplan-Änderung für den
Bereich „Neuer Schulstandort Wiederitzsch“; Stadtbezirk Nord, Ortsteil Wiederitzsch; Feststellungsbeschluss (VIDS-06079)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Einstimmig so votiert.
21.29 Bestellung eines Erbbaurechts für den
Standort Linnéstraße 12 in 04103 Leipzig; Kindertageseinrichtung, Flurstücke
2452, 2452a, 2452/3 und 2458/1, Gemarkung Leipzig, für den freien Träger Heilpädagogisch-Therapeutische Einrichtungen HUMANITAS gGmbH (VI-DS05934)
Einreicher: Dezernat Wirtschaft und Arbeit
Gibt es Wortwünsche? - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Einstimmig so beschieden.
21.30 Kofinanzierung des Jugendberufshilfeangebots „Netz kleiner Werkstätten“
durch die Stadt Leipzig (VI-DS-05978)
Einreicher: Dezernat Umwelt, Ordnung,
Sport
Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht
der Fall. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Einstimmig so beschieden.
21.31 Koordination der Berufs- und Studienorientierung und „SCHAU REIN!“
2019/2020 (VI-DS-06056)
Einreicher: Dezernat Wirtschaft und Arbeit
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: Einstimmig.
21.32 Verfahrensregelung zur Bearbeitung
von Änderungsanträgen der Fraktionen, einzelnen Stadträten, Beiräten und
Ortschaftsräten sowie Bürgereinwänden zum Haushaltsplanentwurf (VI-DS06109)
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Wird das Wort gewünscht? - Können wir abstimmen? - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen?
Abstimmung: ###
22
Kita-/Schulbauprogramm
22.1 2. Sachstandsbericht zur Umsetzung der
Schulbaumaßnahmen (VI-Ifo-06255)
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Einreicher: Dezernat Finanzen
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Gemäß unserer Vorabsprachen nehmen Sie
diese Info-Vorlage bitte zur Kenntnis. Die weitere
Diskussion erfolgt in den Fachausschüssen.
Ich sehe, es gibt zwei Wortmeldungen. Zunächst
Herr Pellmann, bitte.
Stadtrat Pellmann (DIE LINKE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte im Fachausschuss Finanzen - ich berichte jetzt daraus, weil ich das selber gesagt habe - eingefordert, dass nicht nur der
Unterausschuss Schulnetzplanung eine Übersicht über den Ist-Stand, den Planungsstand und
den Rückstand erhält, sondern der gesamte
Stadtrat, damit wir alle wissen, wie der Stand der
Investitionen im Schulhausbau ist, und zwar nicht
nur bei Neubau-, sondern auch bei Sanierungsmaßnahmen.
Wir hatten beim letzten Doppelhaushalt besprochen, dass bis zum 30.06. des Jahres, in dem der
Haushalt diskutiert wird, diese Liste vorliegen soll.
Bisher liegt sie in komplexer Form nicht vor. Ich
würde dies an der Stelle - das zu Protokoll - anmahnen und darum bitten, dass uns diese Liste
zur Verfügung gestellt wird.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Bürgermeister Bonew: Vielen Dank für den Hinweis. Ich kann seitens der Verwaltung zu Protokoll
geben, dass wir mit Hochdruck an einer Gesamtübersicht arbeiten, die dann auch für Sie händelbar und lesbar ist. Gerade Letzteres ist die große
Herausforderung.
Frau Krefft.
Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Zu
Recht sagen Sie, die Diskussion dazu findet in
den Fachausschüssen statt. Nichtsdestotrotz
möchte ich hier darauf hinweisen, dass ich sehr
viel Wert darauf lege, dass die Ausführungen, die
hier gemacht werden, richtig sind.
Im Kapitel „Alternativer Schulbau“ wird darauf verwiesen, dass sich das Fachgremium im September trifft. Der September ist fast rum, und wir haben uns nicht getroffen. Ich finde es schon sehr
wichtig, das hier auch so mitzuteilen. Das sind öffentlich einsehbare Unterlagen. Der Termin ist
Mitte August schon einmal um einen ganzen Monat verschoben worden. Jetzt geht es in den Oktober hinein. Ich lege Wert darauf, dass das präzise mitgeteilt wird, damit es eben nicht so aussieht, als seien wir informiert, obwohl wir es bis
zum heutigen Tag nicht sind. - Danke.
Bürgermeister Bonew: Ich bedaure diesen Fehler. Wir berichtigen die Vorlage in der nächsten
Fassung. - Dann nehmen Sie bitte diese Vorlage
so zur Kenntnis.
23
Informationen I
23.1 Sponsoringbericht der Stadt Leipzig für
das Jahr 2017 (VI-Ifo-06007)
Einreicher: Dezernat Finanzen
Keine Wortwünsche. - Bitte nehmen Sie die Vorlage zur Kenntnis.
23.2 Jahresabschluss zum 31.12.2017 der
Leipziger Stiftung für Innovation und
Technologietransfer (VI-Ifo-06113)
Einreicher: Dezernat Finanzen
Keine Wortwünsche. - Dann bitte ich Sie, die Vorlage zur Kenntnis zu nehmen.
23.3 1. Änderung
zum
Baubeschluss
24. Schule, Grundschule der Stadt
Leipzig, Döllingstraße 25, Leipzig - 2. BA
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(äußere Sanierung), Bestätigung einer
überplanmäßigen Aufwendung nach § 79
(1) SächsGemO (VI-DS-03600-DS-02)
Einreicher: Dezernat Stadtentwicklung und
Bau
Einreicher: Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule
Keine Wortwünsche. - Ich bitte um Kenntnisnahme.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind
damit am Ende der Tagesordnung. Ich bedanke
mich, dass Sie es mir so einfach gemacht haben,
und wünsche Ihnen einen schönen Abend.
Verlaufsprotokoll vom 27.09.2018
Oberbürgermeister:
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Schriftführer:
Stadtrat Keller:
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Stadtrat Gabelmann:
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Protokollant:
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