Daten
Kommune
Krefeld
Größe
4,8 MB
Erstellt
23.10.18, 09:50
Aktualisiert
24.01.19, 23:57
Stichworte
Inhalt der Datei
Krefeld // Perspektiven für die
ENtwicklung der Innenstadt
2018
Potenziale und Herausforderungen für die Entwicklung der Krefelder
Innenstadt unter den Vorzeichen der Veränderung des innerstädtischen Funktionsmixes sowie allgemeiner Trends in der Stadtentwicklung
Perspektiven zur Entwicklung
Innenstadt
Krefeld
Junker + Kruse
Stadtforschung Planung
Rolf Junker
Stefan Kruse
Sebastian Otto
Markt 5
44137 Dortmund
Tel. 0231 557858-0
www.junker-kruse.de
info@junker-kruse.de
im Auftrag der Stadt Krefeld
September 2018
Junker
Kruse
Stadtforschung
+
Planung
Inhalt
A // Aufgabenstellung
6
B // Rahmengebende Faktoren 10
C // Ausgangslage 14
D // Räumliches Leitbild 24
E // Handlungsprogramm 36
F // Ausblick 48
Im Sinne einer einfacheren Lesbarkeit verzichten wir darauf, stets männliche und weibliche Schriftformen zu verwenden. Selbstverständlich sind immer gleichzeitig und chancengleich Frauen und Männer
angesprochen. Soweit nicht einzeln angegeben, stammen alle Abbildungen bzw. deren Daten- und
Plangrundlagen von der Stadt Krefeld oder Junker + Kruse Stadtforschung Planung.
Der Endbericht sowie die Entwurfsvorlagen unterliegen dem Urheberrecht (§ 2, Absatz 2 sowie § 31,
Absatz 2 des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte). Soweit mit dem Auftraggeber nichts anderes
vereinbart wird bzw. wurde, sind Vervielfältigungen, Weitergabe oder Veröffentlichung (auch auszugsweise) nur nach vorheriger Genehmigung und unter Angabe der Quelle erlaubt.
A // Aufgabenstellung
Innenstädte bilden das Herz jeder Stadt und prägen das Gesamtbild des Gemeinwesens ganz entscheidend. Mit ihrer begrenzten Fläche und der Vielzahl von Nutzungsansprüchen
bilden die Innenstädte die räumlichen Funktionsmuster der
Gesellschaft in besonderer Intensität ab. Der stationäre Einzelhandel bildete dabei mit seinen vielfältigen Angeboten, seinem hohen Flächenanteil und der damit einhergehenden Kraft,
für Frequenz zu sorgen, ein Schwergewicht im innerstädtischen
Funktionsmix. Allerdings deuten das große Flächenangebot
und die Verschiebungen vom stationären zum Online-Einzelhandel auf einen Rückgang dieser Dominanz und somit auf die
Notwendigkeit der Neudefinition der funktionalen Aufgabe von
Stadtzentren hin.
Auch für das Krefelder Zentrum zeigt sich eine ungebrochene Tradition des
Einzelhandels als Motor der Innenstadtentwicklung. Eine Vielzahl von Straßenzügen bilden attraktive Einzelhandelslagen, die einen durchgängigen und
ansprechenden Geschäftsbesatz aufweisen.
Gleichzeitig gibt es Straßenabschnitte, die vor einigen Jahren noch als frequentierte Einzelhandelslagen gekennzeichnet waren, bei denen heute zu
erkennen ist, dass diese Zuweisung in funktionaler Hinsicht mittlerweile zu
kurz greift. Und zudem existieren innerstädtische Quartiere, die mit dem
klassischen zentrenrelevanten Einzelhandel kaum in Verbindung stehen. Für
beide Typen fehlen noch Leitvorstellungen für eine nachhaltige Weiterentwicklung.
In diesem Kontext soll die vorliegende Studie für das Krefelder Zentrum
zum einen untersuchen, wie sich die Struktur der Innenstadt sinnvoll verändern kann. Zum anderen soll skizziert werden, wie die Akteure reagieren
können, um die Stadtentwicklung und das Marktgeschehen, im Sinne einer
breiten und stabilen Entwicklung des Krefelder Zentrums, positiv zu beeinflussen. Um für die zukünftige Vitalisierung des Zentrums belastbare Leitvorstellungen zu entwickeln, werden u.a. auch die Potenziale weiterführender
Nutzungsansätze für innerstädtische Quartiere dargestellt.
Rahmenplan „Perspektive Innenstadt 2023“
6
Das Gutachten bildet einen der vier fachlichen Beiträge zum Rahmenplan
„Perspektive Innenstadt 2023“, der momentan als themenübergreifende
Gesamtstrategie der Innenstadtentwicklung konzipiert wird. Der Rahmenplan fußt auf Expertisen unterschiedlicher Fachrichtungen, die in der Zusammenschau ein thematisch integriertes Entwicklungsszenario für die Krefelder
Innenstadt ergeben. Folgende Analysen bzw. Gutachten sind oder werden
auf den Weg gebracht:
»» Das Mobilitätskonzept untersucht Fragestellungen zur Verkehrsträgerwahl
sowie zur Abwicklung des fließenden und ruhenden Verkehrs.
»» Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept definiert konkrete Projekte
im Hoch- und Tiefbau und dient als Zugang zu den Programmen der
Städtebauförderung.
»» Die kulturhistorische Analyse entwickelt Aussagen zur räumlichen und
baukulturellen Identität der Innenstadt.
Die Gutachten werden anschließend zum Rahmenplan „Perspektive Innenstadt 2023“ zusammen geführt, der ein vollständiges Bild der zukünftigen
Stadtentwicklung im Krefelder Zentrum definiert.
Den Schwerpunkt dieser vorliegenden (Teil-)Untersuchung bildet die Einschätzung der Entwicklungschancen für verschiedene Raumfunktionen in
der Krefelder Innenstadt. Mit den Veränderungen im stationären Einzelhandel geht für die Krefelder Innenstadt die Frage einher, welche Rolle u. A. das
Wohnen, kulturelle Angebote oder andere Funktionen für die räumliche
Entwicklung zukünftig übernehmen können. Als Resultat wird ein neues Bild
von der Innenstadtentwicklung “gezeichnet“, das mögliche Schwerpunkte und Clusterbildungen aufzeigt. Zentrale Aufgabe des Gutachtens ist es,
mögliche Entwicklungsimpulse mit Blick auf die strukturellen Gegebenheiten
zu verorten und so ein funktionales Grundgerüst für die Innenstadt zu entwerfen. Hierbei werden Empfehlungen für die Steuerung von Bau- und Ansiedlungsmaßnahmen definiert, die bei der Umsetzung zu spezifizieren sind.
Gesamtkonzept „Perspektive Innenstadt 2023“
Mobilitätskonzept
Entwicklungsperspektiven
Parkraumkonzept
Verkehrssystem
Verkehrsträger
Fortschreibung ISEK
Maßnahmenprogramm
Hoch- und Tiefbau
8 des Rahmenplans
Abb. 1: Bausteine
„Perspektive Innenstadt 2023“
Perspektive
Innenstadt
2023
Struktureller und
funktionaler Rahmen
Kulturhistorische Analyse
räumliche Gestaltung
Baukultur
Erscheinungsbild
7
Mai 2018
Krefeld – Perspektive Innenstadt | Diese Folie ist Teil einer Präsentation und ohne mündliche Erläuterung unvollständig!
Interviewpartner
»» Frank Meyer
(Oberbürgermeister Stadt Krefeld)
»» Dirk Plassmann
(Büro Oberbürgermeister Stadt Krefeld)
»» Christoph Borgmann
(Intersport Borgmann)
»» Peter Gathen
(Parkbetriebe Peter Gathen)
»» Andrée Haack
(IHK Mittlerer Niederrhein, Existenz
gründung und Unternehmensförderung)
»» Michael Heß
(Haus und Grund Krefeld)
»» Hartmut Janßen
(Werbegemeinschaft Krefeld )
»» Alois Lichtenberg
(Investor)
»» Rainer Lucas
(lucas architekten dwb)
»» Markus Ottersbach
(Handelsverband NRW-Krefeld-KempenViersen e.V.)
»» Steffen Sommer
(Bäckerei Sommer, Sprecher IG südliche
Marktstraße)
»» Birgit Causin
(Stadtplanung Stadt Krefeld)
»» Ulrich Cloos
(Stadtmarketing Stadt Krefeld)
»» Norbert Hudde
(Stadtplanung Stadt Krefeld)
»» Dr. Christiane Gabbert
(Stadtmarketing Stadt Krefeld)
»» Eckart Preen
(Wirtschaftsförderung Krefeld)
8
Aufbauend auf der im Jahr 2011 durchgeführten Strukturuntersuchung des
Einzelhandels im Krefelder Stadtzentrum wird eine umfassende, funktional
gegliederte Bestandsanalyse durchgeführt, um auf dieser Basis zukunftsgerichtete Überlegungen auszuarbeiten zu können. Neben der thematischen
Analyse der räumlichen Funktionsverteilung und der Struktur der Krefelder Innenstadt wurde eine Reihe von Experteninterviews geführt. Durch
diese Gespräche konnte ein breiter Blick auf den Entwicklungsstand sowie
die Wünsche der in die Stadtentwicklung involvierten Akteure gewonnen
werden.
Aufgrund der räumlichen und fachlichen Schwerpunkte der Untersuchung
bedient das vorliegende Konzept im Wesentlichen zwei unterschiedliche Ergebnisebenen, die zusammen als Leitlinie der Weiterentwicklung der Krefelder Innenstadt fungieren können:
1. RÄUMLICHE EBENE: PLANERISCHES LEITBILD
Aufbauend auf den räumlichen Analysen und Entwicklungspotenzialen werden Zielaussagen und räumliche Cluster definiert, die in einer Plandarstellung zusammengeführt werden. Dieses räumliche Strukturmodell bildet
den Rahmen für die planerische Verortung zukünftiger Entwicklungsschwerpunkte und Funktionsbereiche im Zentrum.
2. INHALTLICHE EBENE: HANDLUNGSPROGRAMM
In Ergänzung zur räumlichen Gliederung der Innenstadt bildet das Handlungsprogramm eine weiterführende Konkretisierung umzusetzender Projekte. Darüber hinaus wird eine Sammlung an Maßnahmen zusammengestellt, die die zielgerichtete Entwicklung einzelner Funktionen unterstützen
sollen und von einzelnen Akteuren umsetzungsorientiert vorangetrieben
werden können.
Abb. 2: Blick über den Südwall
in die Neusser Straße
Abb. 3: Luftbild der Krefelder Innenstadt (Quelle: Land NRW
(2018): Bezirksregierung Köln - Abteilung Geobasis NRW.
dl-de/by-2-0: www.govdata.de/dl-de/by-2-0)
9
B // RAhmengebende Faktoren
Die räumliche Entwicklung der Krefelder Innenstadt wird durch
eine Reihe rahmengebender Trends beeinflusst. Die funktionale
Dynamik des Zentrums wird durch diese übergeordneten Faktoren teilweise mit geprägt. Die grundlegenden Entwicklungskräfte für die Bereiche Wohnen, Einzelhandel, Arbeit, Freizeit
und Kultur werden im Folgenden skizziert.
In den zurückliegenden Jahrzehnten konnten Innenstädte überwiegend als
Einzelhandelsstandorte verstanden und entwickelt werden. Der großflächige „Warenhaus-Einzelhandel“ fungierte vor allem seit der Nachkriegszeit als
flächendeckender Motor für die Stadtentwicklung. Die Innenstadt wurde
überwiegend als ein Besuchsziel wahrgenommen, bei dem der Einkauf den
prägenden Anlass bildete. Mit dem Rückgang der Vormachtstellung des innerstädtischen stationären Einzelhandels als Konsumfeld, ausgelöst vor allem
durch ein nicht mehr der Kaufkraft entsprechendes Flächenangebot, Standorte auf der „Grünen Wiese“ und aktuell den Online-Handel, verliert die
oben genannte Kausalität in Teilen ihre Gültigkeit. Die reine Flächengröße
und die Verfügbarkeit eines Warenangebots hat für den Besuch der Innenstadt nur noch eine begrenzte Anziehungskraft.
Mit der Ausdünnung des Einzelhandels als Leitfunktion ist auch die gegenwärtige Situation des Krefelder Zentrums von einer entsprechenden Änderung geprägt: Während der Einzelhandel weniger Straßenzüge in ihrer
vollen Länge vitalisieren kann, fehlen noch neue Schwerpunktsetzungen als
Entwicklungsziel. Insbesondere die Erdgeschosszonen sind davon betroffen.
Durch die Ausdünnung des Handels geraten zunehmend andere, komplementäre Funktionssäulen in den Fokus der zukünftigen Entwicklung.
Dadurch kann sich das Zentrum von einer reinen Einkaufsstadt zu einem
Wohn- und Arbeitsstandort mit guten Einkaufsmöglichkeiten wandeln. Dies
kann, richtig positioniert, eine gute Grundlage für neue Impulse der Stadt
entwicklung darstellen. Langfristig kann sich der Einzelhandel so als ein (bedeutender) Qualitätsfaktor des „Erlebnisses Innenstadtbesuch“ stabilisieren.
Hat sich der Themenkomplex „Wohnen und Arbeiten innerhalb der Wälle“
in der öffentlichen Wahrnehmung bisher „im Schatten“ der Einzelhandelsfunktion der Innenstadt abgespielt, rücken diese zukünftig verstärkt in den
Fokus.
Für die Entwicklung der zentralen Funktionssäulen der Innenstadt zeichnen
sich dabei die im Folgenden dargestellten übergeordneten Rahmenbedingungen ab.
10
Einzelhandel
Der stationäre Einzelhandel in den Innenstädten befindet sich gegenwärtig
im Umbruch. Mit den räumlichen Entwicklungstrends der zurückliegenden
Jahrzehnte wie der Zunahme der Flächengrößen, dem wachsenden Filialisierungsgrad und der Auslagerung von Märkten auf die „Grüne Wiese“ sind
für die Innenstädte als klassische Ballungsorte des Einzelhandels verschiedene Problemlagen zu beobachten.
Insbesondere inhabergeführte (Klein)Betriebe sind durch die Spezialisierung
und Konzentration großer Filialisten sowie innerstädtische Einkaufscenter in
eine schwierige Situation geraten. In räumlicher Hinsicht haben die genannten Prozesse für die Innenstädte zu einer Kontraktion der Einzelhandelslagen
geführt, die mit einer Abnahme der Frequenzen für Teile der Lagen einhergeht. Je nach Grad der Betroffenheit ist für einzelne Bereiche zukünftig nicht
mehr von einer reinen Einzelhandelsfunktion auszugehen.
Keyfacts Einzelhandel
»» Stationärer vs. Online-Handel: Verlagerung
von Umsätzen auf digitale Handelskanäle
»» Bedeutungsverlust als Alleinstellungs
merkmal: Größe und Verfügbarkeit
des Warenangebots kaum noch
Anziehungsfaktor für Innenstädte
»» Abnahme der Wirkung als räumliches
Leitmotiv der Flächenentwicklung - von
der Triebkraft zur komplementären Säule
»» Ausdünnung des Einzelhandelsbesatzes
als funktionale Klammer in einzelnen
Straßenzügen
»» Auslaufen des vertikalen Nutzungsmixes
„Warenhaus“ - kaum Mehrgeschossigkeit
in Neuentwicklungen
Verstärkt wird diese Entwicklung durch den zunehmenden Anteil des Online-Handels. Insbesondere die „klassischen“ innerstädtischen Leitsortimente
wie Bekleidung oder Unterhaltungselektronik sind durch den Online-Handel betroffen. Vor diesem Hintergrund ist von einer generellen Abnahme
der Einzelhandelsflächen in den Stadtzentren auszugehen. Hierdurch wird
die Rolle des Einzelhandels als alleinige Hauptfunktion der Zentren zukünftig
an Gewicht verlieren. In diesem Kontext muss der Einkauf stärker als Erlebnis konzipiert werden, was sich unter anderem in neuen Ladenkonzepten
sowie der Branchenstruktur zeigen kann.
Wohnen
Unter den Zeichen geänderter Erwerbs- und Lebensbiografien haben sich
für bestimmte Zielgruppen auch die Faktoren für die Wohnstandortwahl
geändert. Während die Innenstadt bisher aufgrund der tradierten Wohnvorstellung des Einfamilienhauses und dem damit verbundenen Familienmodell
nicht im Fokus der Wohnentwicklung lag, hat sich dieser Zusammenhang
geändert. Mit unter anderem neuen Anforderungen an die Erreichbarkeit
von Freizeit- und Bildungseinrichtungen, die Ausprägung der regionalen Mobilität im Metropolraum ohne Auto sowie die Zunahme von sozialen Gruppen mit reduziertem Wohnflächenbedarf (Ein-Personen-Haushalte) werden
Angebote in urban durchmischten innerstädtischen Quartieren, vor allem in
Großstädten, zunehmend attraktiver.
Keyfacts Wohnen
»» Vermehrte Nachfrage nach attraktivem
»»
»»
»»
»»
Wohnraum in attraktiven Zentren
Geänderte Erwerbsbiografien: Regionale
Mobilität durch Aufsplittung Wohn- und
Arbeitsort - Wohnen in zentralen Lagen als
Zugang zu Verkehrsnetzen
Wohnflächennachfrage – Single- und
Seniorenhaushalte benötigen kleinere
Einheiten
Demografie – Versorgung über kurze
Wege durch zentralen Standort
Wertschätzung des urbanen Umfelds im
Zentrum
Mit Blick auf die städtebauliche Ausgangslage in den Zentren entsteht somit
oft ein hoher Transformationsbedarf, sowohl im öffentlichen Raum als auch
in der Immobilienentwicklung, um die innerstädtischen Quartiere als Wohnstandorte attraktiv zu gestalten.
11
Keyfacts Arbeiten
»» Zuwächse im Dienstleistungssektor /
Wissensökonomie – Digitalisierung und
Flexiblisierung bestimmter Berufsfelder
»» Standorte leicht aufbaubar – kaum kritische Ansprüche vorhanden (Emissionen /
Flächenbedarf etc.)
»» Hohe Ansprüche an Kultur- und
Freizeitwert, Atmosphäre, Synergien und
Erreichbarkeit
»» Tertiärer Sektor als potenzieller Nachnutzer
von (Handels)Flächen
»» Wachsende Anforderungen an eine „gute
Adresse“
Keyfacts Kultur und Freizeit
»» Unabdingbarer Faktor für Zentrum als
Wohn- und Arbeitsstandort: Gastronomie
als Baustein des Tagesbesuchs und des
abendlichen Kulturprogramms
»» Neue Kollektive: Suche nach frei bespielbaren Kulturräumen als Teil der
Quartiersidentität - „nachbarschaftliches
Brandig“
»» Verstärkte Integration von Kulturträgern
in nachbarschaftliches Leben - neue
Sozialräume
Arbeiten
Mit der Digitalisierung der Arbeitswelt und insbesondere der Wissensökonomie sind die räumlich bindenden Faktoren für die Standortwahl von Unternehmen aus dem III. Sektor weitgehend entfallen. Gleichzeitig gestaltet
sich mit der Ausdünnung des Einzelhandels als erster Flächennutzer in den
Stadtzentren die Nachnutzersuche aus dem Einzelhandel, auch für Großimmobilien wie ehemalige Warenhäuser, schwierig. Hier können büro- und
dienstleistungsorientierte Arbeitskonzepte als neue innerstädtische Entwicklungsoption herangezogen werden. Durch die bisher vorherrschende
Auslagerung der Betriebe an monofunktionale Standorte sind für moderne
wissensökonomische Betriebe keine unmittelbaren Vorteile verbunden.
Vielmehr stellt das durchmischte innerstädtische Umfeld mit hohem Kulturund Versorgungswerk sowie einer guten Erreichbarkeit einen Standort dar,
aus dem Synergieeffekte für Arbeitgeber und -nehmer entstehen. Mit der
abnehmenden Flächenkonkurrenz zum Einzelhandel können entsprechende Betriebe nun verstärkt in die Innenstädte integriert werden.
Kultur und Freizeit
Die Tatsache, dass der Besuch der Innenstadt aufgrund des geänderten Käuferverhaltens nicht mehr allein durch das reine Einkaufen als Akt der Versorgung geprägt wird, hat zur Folge, dass eine neue Qualität in den Fokus der
Besucher rückt. Unter dem Stichwort „Atmosphäre“ sollen Stadtzentren
nun nicht primär ein möglichst großes Einzelhandelsangebot bereitstellen,
sondern Besuchern einen hohen Interaktions- und Freizeitwert bieten. Dieser Interaktionswert entsteht vor allem durch freizeitorientierte Aspekte wie
Gastronomieeinrichtungen und Stadträume, die mit ihrer Aufenthaltsqualität zum Verweilen und Begegnen einladen. Stadtzentren werden gerne
besucht, wenn sie für den Besucher als ganzheitliches „Erlebnis Innenstadt“
wahrnehmbar sind. Neben einer vitalen Gastronomie- und Kulturszene
zählt auch die eigenständige Identität des Stadtraums zum Anforderungsprofil für eine gelungene Atmosphäre.
Gleichzeitig besteht in der Bewohnerschaft häufig der Wunsch, sich auf der
Ebene des Wohnquartiers aktiv in die kulturelle Gestaltung der Stadt einbringen zu können. Neben dem generellen Wunsch nach Teilhabe zielen
diese Aktivitäten auch auf die Etablierung neuer Interaktionsräume für die
Bewohner untereinander ab. Mit der Schaffung neuer nachbarschaftlicher
Formate mit lokalem Bezug kann ein Gegengewicht zur räumlichen Zersplitterung individueller Handlungsmuster sowie der Abnahme klassischer
Familienmodelle geschaffen werden.
12
Einzelhandel
Flächenrückgang
Wohnen
Nachfragezuwachs
Arbeiten
Umwandlung
Kultur
Freizeit
Abb. 4: Schematische Typisierung
der Funktionssäulen
Atmosphäre
Unter den in der oben stehenden Abbildung genannten Schlagworten werden die Verschiebungen der Funktionssäulen von Innenstädten schematisch
dargestellt. Während der Einzelhandel trotz zu beobachtender Abnahmetendenz immer noch die größte Säule der Innenstadt verkörpert, sind für
die drei weiteren Themenfelder räumliche Zuwächse möglich.
Digitalisierung und Smart
City | Handlungsfelder
Als Schlagwort für die laufenden
Veränderungsprozesse in vielen
Teilbereichen der Gesellschaft wird
die Digitalisierung aufgeführt. Auch
die Stadtentwicklung muss auf die
mit der Digitalisierung verbundenen
neuen Möglichkeiten für Prozesse
des Informationsaustauschs sowie
der Systemorganisation reagieren.
Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind in den zuvor beschriebenen Rahmenbedingungen am
deutlichsten in zwei Feldern wahrnehmbar: Der Vorgang des Einkaufens wird vom räumlichen Kontext
unabhängiger und entkoppelt sich
von der Innenstadt. Im Gegensatz
hierzu suchen bestimmte Sektoren
der Arbeitswelt die Stadtzentren
aufgrund ihrer Attraktivität als Umfeld neu auf, da die Arbeitsprozesse
weitgehend räumlich ungebunden
organisiert und somit Standorte frei
gewählt werden können.
Neben diesen Fragen der Raumfunktion bildet die Optimierung von
räumlichen Infrastruktursystemen
das zweite große Themenfeld der
digitalen Stadtentwicklung. Unter
dem Oberbegriff der smart city
kann z. B. die Verbesserung der
Steuerung des Verkehrsflusses und
des ruhenden Verkehrs über dynamische, digitale Systeme aufgeführt
werden, mit denen mittelfristig eine
Entlastung des Stadtraums erreicht
werden kann.
Weitere Handlungsfelder der smart
city, wie z. B. die digitale Organisation von Behörden oder intelligente
Überwachungseinrichtungen für z.
B. Luft- oder Wasserqualität führen
zu einer systemischen Optimierung
des „Betriebs Stadt“, die allerdings
keine unmittelbare räumliche Wirkung auf die Innenstädte entfalten.
13
C // Ausgangslage
Die zurückliegenden Jahre zeigen in der Krefelder Innenstadt
ein differenziertes Entwicklungsbild. Während einzelne Standorte erfolgreich entwickelt wurden und zur Stärkung der jeweiligen Straßenzüge bzw. Quartiere beitragen konnten, sind
an anderen Stellen Probleme und neue Entwicklungsaufgaben
in den Vordergrund gerückt. Gleichzeitig konnten die bereits
umgesetzten und noch ausstehenden Großprojekte für die
funktionale Gliederung des Zentrums neue Akzente setzen. Mit
der folgenden, thematisch gegliederten Analyse wird der Status Quo des Krefelder Zentrums als Grundlage der weiteren
Arbeit abgebildet.
REGIONALER UND SOZIOÖKONOMISCHER RAHMEN
Die Krefelder Innenstadt bildet ein bedeutendes Zentrum in einer für den
Einzelhandel herausfordernden regionalen Konkurrenzsituation. So teilt sich
die Stadt ihr Einzugsgebiet unter anderem mit Mönchengladbach und Neuss
als nahe liegende Oberzentren. Zudem entfaltet Düsseldorf einen Einfluss,
der für Krefeld kaum abzufedern ist. Nichtsdestotrotz kann die Krefelder
Gesamtstadt für das Jahr 2017 mit einem Wert von 124 die höchste Zentralität für die Region „Mittlerer Niederrhein“ aufweisen1. Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft hat sich im Zeitraum von 2010 bis 2017 um rund
250 Mio. Euro auf insgesamt 1.318 Mio. Euro erhöht2. Gleichzeitig ist ein
Einwohnerrückgang von rund 3 % für den Zeitraum von 2006 bis 2016 auf
rund 233.500 Einwohner zu verzeichnen 3. Für die zukünftige Entwicklung
ist von einem weiteren moderaten Rückgang der Bevölkerung auszugehen4.
RÄUMLICHE GRUNDSTRUKTUR
Die Innenstadt ist seit jeher das Herz der Stadt und ihr räumlicher Mittelund Identifikationspunkt. In Krefeld ist sie markiert durch die Wälle und ein
orthogonales Straßennetz. Diese Grundstruktur hat ihren historischen Ursprung in der durch Adolph von Vagedes konzipierten Stadterweiterungsplanung des frühen 19. Jahrhunderts, mit der die Außengrenzen des Stadtkerns
über die mittelalterlichen Befestigungsanlagen hinaus erweitert wurden.
14
1
IHK Mittlerer Niederrhein: Zentralitätskennziffern, verfügbar unter https://www.ihk-krefeld.de/de/
standortpolitik/konjunktur-und-statistik/statistiken-zum-mittleren-niederrhein/kaufkraftdaten.html
2
Eigene Berechnung auf Grundlage von IFH Retail Consultants GmbH, Köln 2017
3
Stadt Krefeld: Entwicklung der Einwohner und Haushalte, verfügbar unter https://www.krefeld.de/de/
buergerservice/einwohner/
4
IT.NRW: Kommunalprofil Stadt Krefeld, verfügbar unter https://www.it.nrw.de/kommunalprofil/index.
html#K
Heute überspringt die Innenstadt im
Süden den Wall und reicht bis zum
Hauptbahnhof, im Norden nehmen
die innerstädtischen Funktionen bereits jenseits der St.-Anton-Straße
stetig ab. Mit einer Ausdehnung von
rund 1.000 mal 500 Metern (innerhalb der Wälle) hat sie eine Flächengröße von etwa 50 ha.
Städtebaulich prägend für die Innenstadt ist – wie erwähnt - nach wie vor
das Wallsystem bestehend aus Nord-,
Ost-, Süd- und Westwall und das robuste orthogonale Straßensystem, das
eine gute Orientierung ermöglicht.
Sie stellen gleichzeitig ein besonderes
und herauszuarbeitendes Alleinstellungsmerkmal für die Krefelder Innenstadt dar. Wichtige durchgehende
Hauptachsen in diesem Netz sind die St.-Anton-Straße in West-Ost-, die
Hochstraße in Nord-Süd-Richtung sowie mit nachgeordneter Bedeutung
die Breite Straße. Auffallend sind die vergleichsweise geringen Tiefen der
Baublöcke, die zu einer überwiegend kleinteiligen Gebäude- und Grundstücksstruktur führen; an einigen Straßen verfügen die Gebäude über keinen eigenen Hofraum. Bauliche Großstrukturen sind vor allem entlang der
Hochstraße als Geschäftsgebäude sowie nördlich der St.-Anton-Straße als
öffentliche Gebäude (Rathaus, Seidenweberhaus) lokalisiert. Die Innenstadt
ist fast vollständig bebaut, so dass es bei Weiter- bzw. Neuentwicklungen im
Wesentlichen um Prozesse aus dem – wie dargestellt - überwiegend kleinteiligen Bestand heraus gehen kann.
Abb. 5: Zentralitäten in der Region
(Quelle Datengrundlage siehe Fußnote 1)
Mit dem Rathausvorplatz, dem Theaterplatz, dem Dr.-Hirschfelder-Platz,
dem Dioynisiusplatz, den Plätzen an der Alten Kirche, dem Willi-Göldenbachs-Platz, dem Anne-Frank-Platz, dem Max-Petermann-Platz und dem
Neumarkt gibt es eine Reihe von prägenden Plätzen innerhalb des rasterförmigen Straßennetzes. Alle haben aber – aus unterschiedlichen Gründen – nur eine begrenzte Aufenthaltsqualität und damit Ausstrahlungskraft.
So kann keiner der Plätze eine solche Gestaltqualität oder / und Raumwirkung aufweisen, dass er unzweifelhaft als Stadtmittelpunkt wahrgenommen
werden könnte. Zwar fügen sich die Platzbereiche mit ihren funktionalen
Schwerpunkten teilweise gut in die jeweilige Quartiersstruktur ein, für den
Großteil der genannten Plätze besteht jedoch die Notwendigkeit der durchgreifenden Profilierung. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die
städtebauliche Qualität des öffentlichen und privaten Raums generell als eher
durchschnittlich einzustufen und in weiten Teilen verbesserungsfähig ist.
In architektonischer Hinsicht weist das Zentrum eine überwiegend kleinteilige und geschlossene Blockrandbebauung auf. Diese wird durch einige
großmaßstäbliche Gebäude ergänzt, die überwiegend dem Einzelhandel
zuzuordnen sind. Hier sind u. A. das Kaufhofgebäude am Neumarkt oder
15
Abb. 6: Nutzungskartierung 2017
(Dargestellt ist die maßgebliche Hauptnutzung der Erdgeschosslagen, eigene
Erhebung, Stand 10/2017)
aße
n-Str
o
t
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Rhei
gs
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Drei
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a
h
p
Ste
Dienstleistung
Gastronomie
Leerstand
Nahversorgung
Nicht-zentrenrelevant
Vergnügung
Wohnen
16
Zentrenrelevant
die Handelsimmobilien zwischen Rhein- und Sankt-Anton-Straße sowie das
Einkaufscenter Schwanenmarkt zu nennen. Nur punktuell sind solitäre Immobilien, wie z. B. das Behnisch-Haus sowie das Seidenweberhaus ergänzt
worden, die eine stadtraumprägende Rolle einnehmen.
Mit Blick auf das architektonische Erscheinungsbild des Hochbaus besteht in
weiten Teilen eine einfache bauliche Qualität. Einzelne historische Gebäude
wie z. B. das Rathaus oder das Kaiser-Wilhelm-Museum tragen zwar zur
Prägung des Stadtbilds bei, können aber keine zusammenhängende Wirkung entfalten. Auffallend ist die Vielzahl von Lücken im vertikalen Stadtbild, die aus der geringen Geschossigkeit von Einzelimmobilien resultieren
und das Stadtbild in seiner Kontinuität stören. Auch die negative Wirkung
der Vielzahl von Nebenstraßen mit passiven Fassaden ohne Austausch mit
dem Straßenraum kann durch die derzeitige Gestaltung der Hochbaukörper
kaum abgemildert werden.
UMGESETZTE IMPULSPROJEKTE
Die zurückliegende Entwicklung des Krefelder Zentrums wurde durch verschiedene öffentliche und private Großprojekte geprägt, die maßgeblich zur
gegenwärtigen Struktur der Innenstadt beitragen.
Im Feld der privaten Immobilienentwicklung ist hier insbesondere die Revitalisierung des ehemaligen Horten-Gebäudes durch ein Textilkaufhaus an
der Rheinstraße aufzuführen. Dieses Investment hat die Rheinstraße als Einzelhandelslage gestärkt. In Verbindung mit der Modernisierung bzw. dem
Ausbau des unmittelbar angrenzenden ÖPNV-Haltepunkts ist ein hoch frequentierter Eingangsbereich in das Zentrum entstanden.
Mit der sich derzeit in der Umsetzung befindlichen Neuentwicklung des
Forums Krefeld entsteht an der Sankt-Anton-Straße ein moderner Baustein
der Nahversorgung. Das Projekt wurde wegen des damit verbundenen
„Sprung“ des Einzelhandels über die Sankt-Anton-Straße von intensiven
Diskussionen begleitet.
In Ergänzung zu den genannten Projekten, die in der nördlichen Innenstadt
verortet sind, ist für die östlichen Bereiche ebenfalls einen hohe Investitionsdynamik festzustellen. Mit dem Neubau der Verwaltung der Wohnstätte
Krefeld, der auch den neuen Sitz der Wirtschaftsförderung Krefeld umfasst,
entstand eine Passage zwischen Ostwall (vom lokalen Treffpunkt „Unter
der Uhr“ ausgehend) und der Petersstraße. Durch die Neuentwicklung des
ehemaligen Knuffmann-Hauses als Dienstleistungsbetrieb (Online-Reiseanbieter) konnten rund 150 neue Arbeitsplätze in der Innenstadt angesiedelt
werden.
FUNKTIONALE SCHWERPUNKTBEREICHE
Mit Blick auf die Funktionen und Nutzungsschwerpunkte einzelner Quartiere und Straßenzüge lassen sich thematische Schwerpunkte im Stadtgefüge
abgrenzen, anhand derer sich die gegenwärtige Struktur der Krefelder Innenstadt verdeutlichen lässt.
HochstraSSe Nord
»» „Klassischer“ innerstädtischer Einzel
handel als prägende Nutzungskategorie
»» Hoher Filialisierungsgrad mit typischen
Leitsortimenten
»» Großstrukturen als räumliche Eckpunkte
(Kaufhof, C & A, Schwanenmarkt,
Sinn-Leffers)
»» Geringe Leerstandsquote (Fluktuations
reserve bzw. solitäre Projektentwicklung)
»» Entwicklungstendenz positiv
RheinstraSSe
»» Investitionsschwerpunkt: Impulse durch
Umsetzung der Großprojekte „Primark“
und ÖPNV-Haltepunkt Rheinstraße
»» Abnahme der Passantenfrequenz im westlichen Abschnitt (westl. der Einmündung
Hochstraße)
»» Entwicklungstendenz positiv
KönigstraSSe
»» „Erfolgsmodell“ Königstraße: Eigen
ständiger Charakter im Besatz vorhanden
»» Vereinzelte Leerstände: Ansiedlung passender Nachnutzer bzw. Neumieter kein
„Selbstläufer“
»» Entwicklungstendenz neutral
HochstraSSe Süd
»» Abschnitt „Kaufhof – Stephanstraße“:
Abnehmende Einzelhandelshandelsdichte,
Ausdünnen der Leitsortimente
»» Abschnitt „Stephanstraße - Südwall“:
Einzelhandel
ohne
Leitwirkung
- Leerstände
»» Entwicklungstendenz negativ
Neusser StraSSe
»» Eigenständiger Standort ohne direkte
räumliche Verbindung zur Hochstraße
»» Hohe Passantenfrequenz, geringer
Austausch mit nördlichen Bereichen
»» Mischung von Betriebsformen und
Funktionen
»» Hansacenter mit problematischen
Leerständen
»» Entwicklungstendenz neutral
17
EINZELHANDEL
Der „klassische“ innerstädtische Einzelhandel (zentrentypische Leitsortimente, hoher Filialisierungsgrad) und mit ihm der am stärksten durch Kunden
frequentierte Bereich ist als Carré aus Hochstraße, Königstraße und Rheinstraße beschreibbar. Der durchgängige Geschäftsbesatz in den Erdgeschosslagen wird durch eine Reihe solitärer Einzelhandelsimmobilien mit hoher
Magnetwirkung gestützt (Kaufhof, Sinn, Schwanenmarkt, C & A, Primark).
Neben der beschriebenen Hauptlage existieren weitere Einzelhandelslagen
in der Innenstadt, die sich mit Blick auf den Besatz sowie die Charakteristik
vom zentralen Carré abheben.
Die Neusser Straße weist bezüglich ihrer Raumgestaltung als Fußgängerzone sowie der begleitenden Bebauung in städtebaulicher Hinsicht ein ähnliches Erscheinungsbild wie die Hochstraße auf, unterscheidet sich jedoch
bezüglich des Einzelhandelsbesatzes. Die hier vorherrschenden inhabergeführten Betriebe bilden eine Mischung aus Dienstleistungen mit Alltagsbezug
sowie Einzelhandelsbetrieben verschiedener Versorgungsstufen mit einem
geringen Anteil an zentrenrelevanten Sortimenten. Der Bereich ist von einer
hohen Fluktuation der Betreiber geprägt, durch die einerseits eine Verfestigung von Leerständen vermieden wird, die aber gleichzeitig auch längerfristige Investitionen in den Gebäudebestand erschweren. Das an die Neusser
Straße angrenzende ehemalige Stadtbad bildet einen der prominentesten
Leerstände im Krefelder Zentrum, dessen Entwicklung umfassende positive
Impulse für das Quartier entfalten kann. Mit der deutlichen Zäsur durch die
Verkehrsflächen des Südwalls bildet die Neusser Straße auch in räumlicher
Hinsicht ein eigenständiges Quartier ohne direkten Bezug zu den nördlich
gelegenen Handelslagen.
Abb. 7: Dionysiusplatz
18
Als zweiter Einzelhandelsbereich mit eigenständiger Prägung sind die westliche Markt- bzw. die Evertstraße aufzuführen. Zwischen den Einflusspolen
der Gastronomie an der Alten Kirche und dem Kaiser-Wilhelm-Museum ist
in Teilen ein Einzelhandelsbesatz gehobener Prägung (Einrichtung, Galerie)
zu erkennen.
Abb. 8: Bestehende Nutzungscluster
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Einzelhandel
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(ÖPNV-Haltepunkte, Parkhäuser)
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Abb. 9: Leerstände in der Innenstadt
2011 (links) | 2017 (rechts)
(Eigene Erhebungen, Stand 10/2017)
Bei Leerstand einer Ladeneinheit ist der
gesamte Gebäudekörper rot dargestellt
(eigene Erhebung). Es zeigen sich im
Zeitverlauf deutliche Verschiebungen.
Abbau von Leerständen: Rheinstraße,
Quartier Behnisch-Haus
Zunahme von Leerständen: Südliche
Hochstraße, Breite Straße, Königstraße
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KULTUR UND GASTRONOMIE
Mit dem Neumarkt, dem Behnisch-Haus sowie der Platzfolge an der Alten Kirche kann das Krefelder Zentrum drei Gastronomieschwerpunkte mit
zum Teil unterschiedlicher Prägung aufweisen. Während der Standort nördlich des Behnisch-Hauses sowie der Neumarkt überwiegend durch Systemgastronomie bespielt werden und eng mit den Passantenfrequenzen des
Einzelhandels verbunden sind, entfalten die Plätze um die Alte Kirche eine eigenständige Charakteristik. Mit ihrer städtebaulichen Struktur und den vorhandenen inhabergeführten Betrieben entsteht hier ein gewisses „Altstadtflair“.
Ein großmaßstäblicher Kultur- und Freizeitbetrieb im Zentrum bezieht sich
auf zwei Bereiche. Neben dem Kaiser-Wilhelm-Museum als solitärem
Standort bildet die Achse zwischen Rathaus und Seidenweberplatz einen
Schwerpunkt der Kultur. Hier finden sich mit dem Seidenweberhaus, dem
Theater und der Mediothek im Bereich des Theaterplatzes eine Reihe publikumsintensiver Einrichtungen. Der westliche Pol der Quartierachse wird
durch die am Von-der-Leyen-Platz befindliche Volkshochschule gebildet.
20
Mit Blick auf die heutige Bedeutung der Krefelder Innenstadt als Arbeitsstandort sind vor allem zwei Bereiche als Schwerpunkte aufzuführen. Die
an den Ostwall anschließenden Baublöcke werden durch großmaßstäbliche
Dienstleistungsunternehmen bzw. Bürostandorte wie Banken (Sparkasse,
Deutsche Bank) und eine Krankenkasse (BKK) geprägt, sie sind durch den
Verkehrsraum allerdings vom Zentrum abgetrennt. Größere Bedeutung für
das unmittelbare Innenstadtgefüge ist dem Behnisch-Haus sowie der neu
entwickelten Knuffmann-Immobilie beizumessen, die moderne Arbeitsstandorte im tertiären Bereich (Dienstleistung, Wissensökonomie) bieten.
BEREICHE MIT SCHWACHEM FUNKTIONSPROFIL
Mit den beschriebenen Funktionslagen ergibt sich für das Krefelder Zentrum eine weitgehend stabile räumliche Grundstruktur. Daneben existieren
jedoch auch einige Lagen bzw. Quartiere, die derzeit eine unklare oder
unbefriedigende Nutzungsstruktur aufweisen.
Die südliche Hochstraße bildete bisher die Verlängerung der Hauptlage
über die Marktstraße hinaus. Gegenwärtig zeigen sich in diesem Abschnitt
jedoch geringe Qualitäten im Besatz der Erdgeschosszonen bzw. vermehrte
Leerstände. Auch das problematische Erscheinungsbild mancher Ladenlokale unterstützt diese Einordnung. Das „Abbrechen“ der Passantenfrequenzen
südlich der Stephanstraße ist die natürliche Folge. Die Einzelhandelsdichte
der südlichen Hochstraße nimmt durch die vorhandenen Leerstände auch
und eine eine Vielzahl von Imbissen und Dienstleistern wie Frisörbetriebe
deutlich ab, sodass die Einzelhandelsfunktion allein keine kohärente Klammer für die Entwicklung mehr bildet.
Als weiterer Bereich ohne deutliches Nutzungsprofil ist der südliche Abschnitt
des Ostwalls aufzuführen. Mit dem Rückgang der vormals hier angesiedelten
Medizindienstleister fehlt ein prägnantes Nutzungsprofil für die westliche Seite des Walls für die Weiterentwicklung dieses prominenten innerstädtischen
Boulevards.
Der Dionysiusplatz wirkt trotz seiner prominenten Lage, seiner teils erhabenen Bebauung und seiner hohen Bedeutung als Freiraum im engen baulichen Raster des Zentrums gegenwärtig wenig ansprechend und ist daher
nicht ausreichend belebt. Dieses unklare Profil resultiert vor allem aus der
fehlende Ausrichtung der angrenzenden Bebauung auf den Platz („Rückseiten“ bzw. Fassaden mit geringem Austausch wie z. B. Volksbank), wodurch
der Stadtraum als Interaktionsfläche nur unzureichend gefasst und wenig
bespielt wird.
Neben diesen konkreten Bereichen fällt eine Reihe von Quartieren aus der
Wahrnehmung als Baustein des Zentrums heraus. Dies betrifft vor allem
die hauptsächlich durch Wohnnutzung geprägten Standorte an der Breite
Straße und der südlichen Petersstraße, die derzeit nur eine schwache Strahlwirkung für die Innenstadt entfalten können.
MOBILITÄT IN DER INNENSTADT
Die Erreichbarkeit des Zentrums unterscheidet sich bezogen auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) und den ÖPNV deutlich. Mit der umfassenden Modernisierung des Haltepunkts „Rheinstraße“ ist eine leistungsfähige Schnittstelle zwischen Zentrum und ÖPNV entstanden, durch die die
Ankunftspunkte für Besucher klar definiert werden. Als maßgebliche fußläufige Verbindung fungieren in diesem Kontext die Rheinstraße sowie die
Petersstraße. Der Hauptbahnhof ist aufgrund seiner abgesetzten Lage mit
21
den nördlichen Bereichen des Zentrums nicht fußläufig verknüpft.
Für den MIV ergibt sich ein differenziertes Bild. Neben der in den Experteninterviews oft thematisierten schlechten Erreichbarkeit der Innenstadt (weite
Entfernung zu regionalen Anschlüssen, zähe Verkehrsführung auf Zubringerstraßen) besteht für den ruhenden Verkehr mit einer Vielzahl von Parkhäusern eine grundsätzlich positiv einzuschätzende dezentrale Struktur. Als
„erste Wahl“ bei der Parkplatzsuche wird das Parkhaus des Schwanenmarkts
angesteuert, welches in Verbindung mit dem zwischengelagerten Center
somit ein wichtiges Tor zur Fußgängerzone für den MIV bildet. Neben
dem genannten Standort entfaltet auch das oberirdische Parkraumangebot
auf dem Dr.-Hirschfelder-Platz eine hohe Attraktivität für die Anfahrt der
Hauptgeschäftslage.
Das straßenraumbegleitende Parken spielt für Innenstadtbesucher aufgrund
der weitgehend verdichteten Baustruktur und der hoch ausgenutzten Straßenquerschnitte nur eine nebengeordnete Rolle.
Abb. 10: Leitbild 2011 (Schild mit
Stiel)
ZUSAMMENFASSUNG
In der Gesamtschau präsentiert sich das Krefelder Zentrum als funktional
stabiles Stadtgefüge, das im Kern durch den Einzelhandel dominiert wird.
Durch die Neuentwicklung einiger Schlüsselimmobilien wie des ehemaligen
Horten-Warenhauses konnte vor allem der Bereich zwischen Dreikönigenund Sankt-Anton-Straße gefestigt und weiterentwickelt werden. Für Teilbereiche wie die südliche Hochstraße ist hingegen ein Ausdünnen zu beobachten, was zu einer
Verschiebung des Einzelhandelsschwerpunkts in
Richtung Norden führt.
Generell werden mit der sich abzeichnenden
Stagnation des stationären Einzelhandels für
Teilbereiche bzw. einzelne Straßenzüge neue
Entwicklungsvorstellungen erforderlich. Dabei
sind gravierende Funktionsverluste und Trading-down-Prozesse bisher nur räumlich begrenzt zu beobachten.
Für die zukünftige ökonomische Inwertsetzung
der Quartiere sind daher neue Nutzungsschwerpunkte zu definieren. Der bereits erfolgte Bedeutungszuwachs als Dienstleistungsstandort
kann dabei exemplarisch als neuer Entwicklungspfad für das Zentrum, über den Einzelhandel hinaus, verstanden werden.
22
Im Vergleich zum räumlichen Leitbild des vor allem auf den Einzelhandel bezogenen Gutachtens
aus dem Jahr 2011, in dem das Signet „Schild mit
Stiel“ kreiert wurde, noch immer deutlich erkennbar, es wird jedoch in Teilen auch leicht verformt.
Während die nördliche Grenzziehung in Form der Sankt-Anton-Straße ihre
Gültigkeit behält, hat der Mittelteil des „Stiels“ an Stabilität und Präsenz eingebüßt. Mit welchen Ansätzen und Entwicklungsmodellen hierauf reagiert
werden muss, wird in den folgenden Kapiteln dargestellt.
Neben diesen funktionalen Aspekten der Stadtentwicklung präsentiert sich
das Krefelder Zentrum in baulicher Hinsicht als umfassend entwickelt. Aufgrund der geschlossenen Grundstruktur der Blockbereiche und der hohen
baulichen Dichte sind Entwicklungsspielräume im Sinne von Potenzialflächen nur äußerst begrenzt vorhanden. Impulse durch Neuentwicklungen
können daher nur punktuell gesetzt werden oder würden größere Eingriffe erfordern. Darüber hinaus ist das jeweils „richtige“ bzw. anzustrebende Nutzungskonzept für diese Flächen oft noch unklar und wird unter den
Stadtakteuern breit diskutiert. Somit ergibt sich aus den städtebaulichen
Bedingungen die Notwendigkeit, die qualitative Aufwertung des Bestands
zu forcieren und die Optionen für Neuentwicklungen genau abzuwägen.
Auch mit Blick auf die schwache architektonische Qualität einer Vielzahl von
Bestandsgebäuden kommt Umbaukonzepten eine hohe Bedeutung zu. Für
einzelne Objekte kann dabei auch ein Ausbau durch eine Erhöhung der Geschossigkeit zur Schließung von Baulücken mit dem Ziel der Stadtbildpflege
einhergehen.
Die öffentlichen Räume im Zentrum können, trotz erfolgter Aufwertungsmaßnahmen, keine zusammenhängende Wirkung entfalten. Dies wird dadurch erschwert, dass sich viele Baukörper im orthogonalen Raster gleichzeitig an verschiedenen Straßenzügen ausrichten und somit eine hohe Zahl an
Rückseiten entsteht, die sich negativ auf die öffentlichen Räume auswirken.
Auch für die Wälle als Grundelement und Markenzeichen der städtebaulichen Struktur besteht Aufwertungsbedarf. Für eine Reihe dieser Themen
liegen bereits konkrete Umbaukonzepte im Integrierten Stadtentwicklungskonzept vor, hierauf wird an dieser Stelle verwiesen.
Die verkehrliche Erschließung des Zentrums führt aufgrund des hohen Anteils an Motorisiertem Individualverkehr (MIV) zu einer deutlichen Belastung
einzelner Straßenräume. Mit Blick auf das unklare Konzept der weiträumigen Verkehrsführung zum Zentrum bildet die Sankt-Anton-Straße derzeit
die maßgebliche Ost-West-Achse durch die Innenstadt. Dies führt zu einer
ausgeprägten Barrierewirkung dieser Straße. Auch einige Straßen innerhalb
der Wälle wie z. B. die Breite Straße sind mit mehr Verkehr belastet, als ihrer Lage und ihrem Querschnitt angemessen ist. Die Anbindung des Bahnhofs als Zugangspunkt zur Innenstadt gestaltet sich aufgrund der räumlichen
Distanz schwierig. Eine stringente Führung des Fuß- und Radverkehrs, insbesondere am Knotenpunkt Ostwall / Hansastraße, fehlt derzeit.
In der Gesamtperspektive stellt sich die Krefelder Innenstadt als Zentrum
mit starkem Handelskern dar, der sich mit Blick auf die Qualität der Nutzungen als angemessen für die Stadtgröße und regionale Lagekonkurrenz
darstellt. Über den Einzelhandel hinaus wird der Funktionsmix der Innenstadt bisher nur durch einzelne Arbeitsstandorte ergänzt und speziell in den
Randbereichen durch Wohnen komplettiert. Die weitläufige Ausdehnung
der Einzelhandelslagen von der Rheinstraße bis zum Hansacarré ist dabei
mit Blick auf die Entwicklungschancen als problematisch einzustufen.
23
D // Räumliches LEitbild
Um zu räumlichen Entwicklungsaussagen für das Krefelder
Zentrum zu gelangen, werden die zuvor dargestellten allgemeinen Rahmenbedingungen mit der konkreten Situation in
der Innenstadt überlagert. Mit dieser Verortung von Entwicklungsaussagen entsteht ein räumliches Leitbild, durch das sich
die perspektivische Struktur des Zentrums abbilden lässt.
Die Grundidee für die Stärkung von Stadtzentren, die im Schwerpunkt bisher vom Einzelhandel her gedacht wurden, ist die Stärkung und der Ausbau
komplementärer Nutzungen. Damit unmittelbar verbunden sind eine Erhöhung der Multifunktionalität des Zentrums und eine Stärkung von Synergieeffekten, die letztlich der Robustheit von Zentren dient.
Das räumliche Leitbild zielt auf die Neudefinition von funktional schwachen
Bereichen der Krefelder Innenstadt. Im Kern geht es in der Konzeption darum, die vier maßgeblichen innerstädtischen Funktionssäulen (Einzelhandel,
Wohnen, Arbeiten, Kultur / Freizeit) zu einer stärker multifunktional geprägten Struktur zu verbinden. Mit den gegebenen Entwicklungspotenzialen
der Funktionen, die in Kapitel B dargestellt wurden, sollen vor allem das
Wohnen und das Arbeiten größere funktionale Anteile an der Stadtentwicklung im Krefelder Zentrum übernehmen. Auf der Grundlage der im Leitbild
durchgeführten Zuweisung von funktionalen Schwerpunkten können einzelne Lagen und Blockbereiche des Zentrums gezielt profiliert werden.
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Abb. 11: Räumliches Leitbild für
die Krefelder Innenstadt
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Räumliches Leitbild: Cluster im Zentrum
Im Zusammenspiel von Analyseergebnissen und Rahmenbedingungen lässt
sich für das Krefelder Zentrum das in Abb. 11 dargestellte räumliche Leitbild
ableiten. Unter dem Titel „Cluster im Zentrum“ bezieht es sich im Schwerpunkt auf die Funktionen Wohnen, Einzelhandel, Kultur / Freizeit, die vielfältige und neue Entwicklungschancen für die verschiedenen Räume in der
Innenstadt bieten.
Abb. 12: Räumliches Leitbild
Schwerpunktbereiche Wohnen
WOHNEN | QUARTIERE UND NACHBARSCHAFT
Die Wohnfunktion des Krefelder Stadtzentrums ist angesichts der aufgezeigten Markttrends und der Bedeutung einer „bewohnten Innenstadt“ auszubauen. Heute spielt das Wohnen eher eine Nebenrolle in der Innenstadt,
die nicht im Fokus der Entwicklung steht. Die Entwicklung bzw. das Branding
von innerstädtischen Quartieren als Wohnstandort wird nicht aktiv gestaltet. Neben der Neuentwicklung von Wohnimmobilien kommt der Stärkung
der bestehenden Quartiere sowie einem hochwertigen Wohnumfeld eine
wachsende Bedeutung zu.
Mit der qualitativen Stärkung der Wohnfunktion innerhalb
der Wälle sollen über eine ausgewogene Mieter- und Eigentümerstruktur eine Erhöhung der Investitionen der
Immobilieneigentümer sowie eine Aufwertung des sozialen Umfelds erreicht werden. Über die höhere Identifizierung und intensivere Belebung der Quartiere wird
letztlich eine stärkere soziale Kontrolle des öffentlichen
Raums umgesetzt, wodurch sich bestehende Konflikte
perspektivisch entschärfen.
Darüber hinaus bedeutet ein vermehrter Zuzug von
Einwohnern in die City unmittelbar eine Erhöhung der
Frequenzen und insgesamt eine Belebung der Stadt. Bei
erfolgreicher Aufwertung entfalten die Wohnstandorte im
Krefelder Zentrum, die sich derzeit im „Dornröschenschlaf“
befinden, wieder eine höhere Qualität und Anziehungskraft.
26
Im räumlichen Fokus dieser Aufwertungsprozesse stehen
dabei vor allem die westlichen Wohnstraßen zwischen
der Hochstraße und dem Westwall. In diesen Quartieren
wird zwar gegenwärtig bereits gewohnt, sie werden heute allerdings eher als „Rand der Innenstadt“ wahrgenommen und entfalten kaum Anziehungskraft und Qualität.
Mit dem bestehenden Platzgefüge zwischen Dionysiusund Anne-Frank-Platz existiert eine für die Wohnnutzung
grundsätzlich attraktive Freiraumstruktur, die jedoch durch
unattraktive Verkehrsräume und Straßenquerschnitte beeinträchtigt wird. Unabhängig davon trägt die Nähe zur
Hauptlage der Innenstadt sowie zum regionalen ÖPNV
zur Lagegunst der Standorte bei.
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In Teilbereichen und Nebenstraßen wie der Wiedenhof- oder Stephanstraße bestehen bereits reizvolle und kleinteilige Wohnsituationen. Diese entstehen vor allem durch das Zusammenspiel gut gestalteter öffentlicher Räume, die einen funktionalen Mehrwert für die angrenzenden Wohnlagen mit
sich bringen. Auch eine flurstücksübergreifende Gestaltung der Innenhöfe
als halböffentliche Interaktionsräume kann zum Ausbau der Wohnstandortqualität beitragen.
Darüber hinaus ist die gemeinschaftliche Identität als Nachbarschaft und sozialer Interaktionsraum zu stärken, um die Quartiere in der Innen- und Außenwahrnehmung als lebenswerten Wohnstandort zu etablieren. Die Nutzung der gewerblichen Erdgeschosszonen orientiert sich dabei zukünftig am
Gedanken der Begegnung und der Nahversorgung. Dieser Ansatz zielt auf
eine stärkere Präsenz soziokultureller Einrichtungen in den Erdgeschossen,
wie z. B. ein Umbau zu wohnungsbezogenen Flächen, offenen Quartiersangeboten, Gemeinbedarfsflächen und ähnlichen Bausteinen.
In der Konsequenz der dargestellten Aufwertungsansätze bilden die westlichen Wohnquartiere, deren Potenziale derzeit nicht zur Entfaltung kommen
und als eher negativ besetzter Rand wahrgenommen werden, zukünftig
eine stabile Funktionsachse der multifunktionalen Innenstadt.
Neben diesem kleinteiligen Umbau in den Bestandsobjekten steht die
Wohnfunktion auch bei der großmaßstäblichen Neuentwicklung im Fokus
des Nutzungsmixes. Bei Neubauvorhaben gemischt genutzter Immobilien
sind die Obergeschosse stärker als bisher als Wohnungen auszubilden, um
einen belebenden Effekt für das jeweilige Quartier zu erreichen, der allein
durch gewerbliche Nutzflächen nicht zu erreichen ist. In der Kombination
des kleinteiligen Bestandsumbaus und der großmaßstäblichen Neuentwicklung wird die Wohnfunktion des Zentrums für verschiedene Nachfragegruppen ausgebaut.
Räumliches LEitbild
»» Wohnquartiere West!
Stärkung der innerstädtischen
Wohnfunktion - Profilierung als
Imageträger
»» Einzelhandel als Carée im Norden!
Zentrentypischer Einzelhandel im
Rundlauf aus Hochstraße, Rheinstraße und
Königstraße
»» Flexibilisierung der südlichen Hochstraße!
Komplementärer Handels- und
Gewerbestandort
»» Cluster Neusser Straße!
Dynamische Lebensader des südlichen
Innenstadtquartiers
»» KaiserQuartier!
Kleinteiligkeit und Kiezcharakter zwischen
Museum und Alter Kirche
»» Arbeiten im Zentrum!
Perspektivische Erweiterung der Achse
Behnisch-Haus in südlich gelegene
Blockbereiche
»» Wälle und Querstraßen als räumlicher
Rahmen und prominenter Botschafter des
Stadtbilds!
Stärkung des Nord-Süd-Rasters durch
Aufwertung der Querstraßen - Rahmengeber
Wälle als Visitenkarte und Entree
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EINZELHANDEL | CARRÉ der Hauptlagen
Der Einzelhandel im Krefelder Zentrum bildet auch zukünftig das Herzstück der Innenstadt. Unter den Vorzeichen
des Flächenrückgangs findet ein räumlicher Konzentrationsprozess auf die Lagen mit den höchsten Passantenfrequenzen und flankierenden Frequenzerzeugern wie Gastronomie statt. Mit der Fokussierung auf die stabil besetzte
Hauptlage zwischen Neumarkt und Sankt-Anton-Straße
bleibt der gut aufgestellte Rundlauf aus Hochstraße, Königsstraße und Rheinstraße erhalten. Dieser Rundlauf wird
durch fünf große Einzelhandelsimmobilien gestützt, wobei
die Neuentwicklung des ehemaligen Zillenbach-Hauses
in enger Verknüpfung mit der Rheinstraße erfolgt. Auch
die Anbindung des Schwanenmarktes orientiert sich am
Rundlauf der Hauptlage, um die Besucherlenkung durch
eine enge Verknüpfung mit der Hochstraße zu fördern.
Gleichzeitig fungiert das Center als „Transitbereich“ bzw.
Ein- und Ausgang der Fußgängerzone für MIV-Besucher,
die die Krefelder Innenstadt maßgeblich über das an der
Breiten Straße gelegene Parkhaus des Centers ansteuern.
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Dieses Carré wird von Besuchern aufgrund seiner Kompaktheit und Durchmischung schon heute gut angenommen. Auf kurzer Distanz lässt sich für den Kunden eine
Vielzahl verschiedener Angebote sichten, die sich aufgrund
der drei Straßenzüge mit jeweils eigenständiger Prägung
abwechslungsreich gestalten. Dieser robuste Rundlauf
stellt durch seine enge Verknüpfung mit gastronomischen
und kulturellen Angeboten einen wahrnehmbaren Standortvorteil dar.
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Abb. 13: Räumliches Leitbild
Schwerpunktbereiche Einzelhandel
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In Ergänzung zu dieser kompakten Hauptlage existiert ein
weiterer räumlicher Bereich mit funktionalem Einzelhandelsschwerpunkt, die Neusser Straße. Obwohl für sie kein unmittelbarer
Austausch mit den Einzelhandelslagen innerhalb der Wälle besteht, weist sie
eine eigenständige Prägung als lebendige Quartiersader auf. Sie verfügt über
eine hohe Eigendynamik, die eine vitale Mischung aus Begegungsräumen,
Einzelhandel und publikumsaffinen Dienstleistern hervorbringt. Für den auswärtigen (und MIVorientierten) Innenstadtbesucher, der das weitgehend
filialisierte Einkaufs- und Gastronomieerlebnis sucht, gibt es kaum Berührpunkte mit der Neusser Straße. Unter der Bedeutung der Straße als Nahversorgungsstandort orientiert sich auch das Flächenangebot des Hansacarrés bereits jetzt am kurzfristigen Bedarf und entfaltet langfristig nur eine
geringe Bedeutung für den zentrenrelevanten Einzelhandel. Für die Neusser
Straße ist insgesamt eine Mischung von Nahversorgungsanboten und niedrigschwelligen inhabergeführten Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben prägend. Die Entwicklung des Quartiers erfolgt somit unter anderen
funktionalen Zielsetzungen als die der Einzelhandelslagen im Norden der
Innenstadt. Mit ihrer Bedeutung als Identitätsträger der südlichen Wohnquartiere nimmt die Neusser Straße eine besondere Rolle als Treffpunkt
und Sozialraum in fußläufiger Entfernung der Wohnstandorte wahr.
Die südliche Hochstraße muss sich, ausgelöst durch den Strukturwandel im
Einzelhandel, einem umfassenden Neuaufstellungsprozess stellen. Trotz des
unmittelbaren Anschlusses an die Hauptlage kann der Besatz keine Wirkung
mehr entfalten, die Rolle als „klassische“ Geschäftsstraße verwässert. An die
Stelle typischer Einzelhandelsbetriebe treten dabei perspektivisch neue Nutzergruppen, die im regulären Marktgeschehen kein Ladenlokal bespielen
können. Dies sind z. B. selbstständige Designer oder Kleinhersteller, die den
stationären Verkauf ihrer Produktlinie zunächst temporär erproben können.
Auch lokal verankerte Produktionsbetriebe, für die die Kombination von
kleiner Produktionsfläche und Verkaufsraum (Manufaktur - „Showroom“)
attraktiv ist, kommen unter dem Stichwort der urbanen Produktion als Nutzer infrage. Über die Verhandlung entsprechender Mietmodelle mit den Eigentümern kann so ein Beitrag zur Bespielung der mindergenutzten Ladenlokale geleistet werden. Durch die Clusterung einer entsprechenden Anzahl
experimenteller Neumieter und die Verknüpfung des Betriebs mit einer entsprechenden Veranstaltungsreihe für das Quartier entsteht dabei eine neue
Prägung der Lage als innovativer Stadtraum. In Abhängigkeit der konkreten
baulichen und planungsrechtlichen Gegebenheiten erfolgt für Einzelgebäude
auch die Transformation der Erdgeschosszonen von gewerblichen Flächen
zu Wohneinheiten, soweit eine attraktive Wohnsituation hergestellt werden
kann (Lage der Eingänge, Privatsphäre zum Straßenraum etc.).
In der funktionalen Gesamtstruktur
der Krefelder Innenstadt unterteilen
sich die Einzelhandelslagen somit in
drei Abschnitte. Der Rundlauf zwischen Sankt-Anton-Straße und Marktstraße bildet das funktionale Grundgerüst des Einzelhandels, welches
als Hauptziel der Besucher mit entsprechenden Frequenzen und Wertschöpfungen belegt ist. Im südlichen
Verlauf der Hochstraße weist die zentrale Achse mit neuen gewerblichen
Nutzergruppen ergänzende Bausteine auf, die nicht unmittelbar mit dem
zentrentypischen Einzelhandel in Verbindung stehen. Die Neusser Straße
fungiert als Quartiersmittelpunkt, der
durch eine Mischung von Anbietern
mit starker lokaler Orientierung geprägt ist und mit den Quartieren innerhalb der Wälle nur in geringem
Austausch steht.
KULTUR UND FREIZEIT| CLUSTER
UND HOTSPOTS
Von der abnehmenden Bedeutung
des Einzelhandels als Besuchsanlass
kann vor allem die innerstädtische
Gastronomielandschaft profitieren. An
Abb. 14: Räumliches Leitbild
Schwerpunktbereiche Kultur
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Stelle des reinen Einkaufserlebnisses erwartet der Besucher der Innenstadt
vermehrt attraktive Interaktionsräume. In diesem Kontext entsteht ein Bedeutungszuwachs freizeitlich geprägter Raumfunktionen und insbesondere
der Gastronomie.
Im Krefelder Zentrum bilden diese kulturellen bzw. freizeitlich geprägten
Räume Verbindungsglieder bzw. Eckpfeiler des Einzelhandelscarrés, die dessen prägende Achsen untereinander verknüpfen. Ausgehend von diesen
gastronomischen Schwerpunktbereichen entfalten sich Synergieeffekte im
direkten Umfeld, die als zusätzliche Frequenzerzeuger zur funktionalen Stabilisierung beitragen.
Das Themenfeld der städtischen Kultur- und Freizeitlandschaft untergliedert
sich dabei perspektivisch in mehrere Bereiche. Hier sind die Gastronomie,
der institutionelle Veranstaltungsbereich sowie kleinteilige Kulturinitiativen
mit nachbarschaftlichem Bezug aufzuführen. Mit den unten dargestellten
unterschiedlichen Schwerpunkten entstehen durch den Kultur- und Freizeitbetrieb auch zusätzliche Besucherfrequenzen in den Abendstunden, die der
Belebung des Zentrums außerhalb der Kernzeiten des Einkaufs dienen.
Mit Blick auf die Gastronomie existieren in der Krefelder Innenstadt drei
räumliche Schwerpunkte für unterschiedliche Zielgruppen. Der Neumarkt
bildet mit seiner Lage als Eckpunkt
des Einzelhandlescarrés den zentralen gastronomischen Anlaufpunkt für
Kunden des innerstädtischen Einzelhandels. Unter dem Stichwort „Treffpunkt“ fungiert er als hoch frequentierter Standort mit gastronomischem
Schwerpunkt in den Mittags- und
Abendstunden. Durch das umfassende Angebot und den hohen Anteil
an Außengastronomie entfalten sich
zwischen dem Neumarkt und der
Hochstraße als Einzelhandelsstandort
bereits gute Synergieeffekte.
Abb. 15: Räumliches Leitbild
Schwerpunktbereiche Arbeiten
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Als zweiter Gastronomieschwerpunkt
sind die Flächen im Bereich der nördlichen Petersstraße zu nennen, die
mit ihren dauerhaften Marktständen
ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen.
Neben der Ähnlichkeit des Besatzes
mit dem Neumarkt ist für die nördliche Petersstraße ein stärker lokaler
Bezug festzustellen, der unter den
Schlagworten „Pause“ und „Versorgung“ zum Teil mit den umliegenden
Arbeitsplätzen verknüpft ist.
Als Gegengewicht zu diesen in den (Nach)mittags- und Abendstunden frequentierten und durch Franchisebetriebe geprägten Bereichen entfalten die
Einrichtungen um den Platz an der Alten Kirche eine eigenständige Charakteristik. Mit der Gruppierung der hier ansässigen inhabergeführten Kleinbetriebe um die Stadtplätze entsteht ein kleinteiliger „Altstadtcharakter“, dessen Vorzüge sich unter dem Titel „Ausgehen“ zusammenfassen lassen. Im
Gegensatz zu den zwei vorgenannten Bereichen ist das Quartier „hinter“
der Alten Kirche nicht direkt räumlich mit dem Carré verbunden und somit
auf Zielpublikum angewiesen. Während der Neumarkt und die nördliche
Petersstraße durch ihre Verknüpfung mit dem Rundlauf des Einzelhandels zu
dessen Stärkung beitragen, ist die stadträumliche Aufgabe der Betriebe um
die Alte Kirche eher in der Identitätsstiftung für das Quartier zu sehen. Während sich erstgenannte Bereiche auf einen weiteren und in Teilen „zufälligen“
Besucherkreis beziehen, ist für den dritten Bereich von einer stärkeren lokalen Verankerung von Besuchern und Betreibern auszugehen.
Basierend auf diesem charakteristischen gastronomischen Cluster ist zukünftig die Entwicklung einer „Kultur- und Ausgehachse“ in Richtung des Kaiser-Wilhelm-Museums vorstellbar, die sich zwischen den genannte Polen
entlang der Markt- und Evertstraße entwickeln kann (insbesondere mit dem
Umbau der Vorfläche des Museums zu einem attraktiven Stadtplatz). Mit
dem in Teilen bereits vorhandenen Besatz der kleinteiligen und inhabergeführten Läden (Einrichtung, Galerie etc.) sind entsprechende funktionale
Anknüpfpunkte im Bestand vorhanden.
Der großmaßstäbliche Kultur- und Veranstaltungsbetrieb nördlich der
Sankt-Anton-Straße bildet einen eigenständigen Anlaufpunkt, der in starkem
Austausch mit dem Einzelhandelscarré steht. Die hier ansässigen Kulturinstitutionen, die gegenwärtig bereits eine das Quartier prägende Achse bilden,
sind durch geeignete Fußwegeverbindungen in engeren Bezug zu den Innenstadtquartieren südlich der Sankt-Anton-Straße gesetzt. In diesem Kontext ist auch das Rathaus als Frequenzerzeuger zu sehen, welches sowohl
durch Besucher als auch Angestellte tagsüber zur Belebung beiträgt. Mit der
Tiefgarage besteht zudem eine direkte Erreichbarkeit des Quartiers für den
motorisierten Individualverkehr.
Als zusätzlicher Aspekt der Kultur- und Freizeitlandschaft entfalten „bottom-up“-Formate eine starke Identifizierung kleinerer und nicht kommerzieller Akteure mit den jeweiligen Standorten. Dies betrifft z. B. nachbarschaftliche Projekte mit kulturell-gemeinschaftlichem Schwerpunkt im Quartier.
Durch selbst getragene soziokulturelle Projekte wird ein entscheidender
Beitrag zur Aktivierung der Akteure und zur Profilierung der Identität geleistet, der zur ganzheitlichen Aufwertung eines Wohnquartiers beitragen kann.
ARBEITEN | UMWANDLUNG UND NEUENTWICKLUNG
Die Krefelder Innenstadt bietet mit ihrer räumlichen Kompaktheit gute Voraussetzungen, zentrennahes Arbeiten zu etablieren. Das Thema der Arbeitsstandorte innerhalb der Wälle konnte mit dem Behnisch-Haus und der
Neuansiedlung eines Reiseanbieters im ehemaligen Knuffmann-Haus in der
Vergangenheit bereits erfolgreich in den östlichen Quartieren des innerstädtischen Raums verankert werden.
31
Mit Blick auf die Multifunktionalität in der Innenstadt zeichnet sich die Möglichkeit ab, den bestehenden Arbeitsschwerpunkt im östlichen Bereich als
Achse weiterzuentwickeln. Dies umfasst vor allem die Bereiche um den
Dr.-Hirschfelder- und Max-Petermann-Platz, die sich perspektivisch zu
Büro- und Dienstleistungsstandorten weiterentwickeln. Bezüglich der derzeitigen Qualität der Nutzungen im Bereich der südlichen Peters- und Königstraße werden im Leitbild auch die vorhandenen kleinteiligen Büro- und
Arbeitsflächen einer höherwertigen Nutzungsoption zugeführt werden. Die
Neubebauung der Liegenschaft der ehemaligen Königsburg zur Schaffung
eines modernen und dynamischen Arbeitsstandorts entfaltet dabei eine
Leitwirkung für das Quartier.
Dieses bestehende Cluster bildet einen wichtigen Standortvorteil für weitere Ansiedlungen. Mit der bereits vorhandenen räumlichen Nachbarschaft
von Einzelhandel und Gastronomie zwischen Ostwall, Dreikönigen- und
Hochstraße besteht ein attraktives Umfeld für Büroarbeitsplätze. Aufgrund
der Rasterstruktur können Arbeitsschwerpunkte bei gleichzeitiger Nähe zu
anderen Nutzergruppen eigenständige räumliche Bereiche ausbilden. Durch
den Immobilientyp „Büro“ wird das thematische Spektrum der Projektentwicklung im Hochbau um eine neue Facette ergänzt, die die Revitalisierung
von Immobilien marktgängiger werden lässt. Die Entwicklungsimpulse in
diesem Themenfeld beziehen sich daher eher auf die Transformation von
Einzelobjekten als auf eine flächigen Ansatz (wie z. B. bei der Aufwertung
der Wohnquartiere). Der Fokus für die Ansiedlung liegt dabei stärker auf
der Umwandlung bzw. Ertüchtigung von größeren, nicht marktgängigen
Bestandsobjekten als auf Neubauvorhaben. Gleichzeitig sind auch kleinteilige
Umbaupotenziale, wie z. B. einzelne Erdgeschosszonen in der südliche
Hochstraße, zur Etablierung moderner
Arbeitsflächen zu prüfen.
Abb. 16: Räumliches Leitbild
Schwerpunktbereiche Freiräume
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tStad
Mit dem Entwicklungsbaustein des Arbeitens im Zentrum ist vor allem die
Belebung der Innenstadt durch die
Ansiedlung zusätzlicher Arbeitsplätze
von Bedeutung. Durch den regelmäßigen Besuch der Innenstadt als Arbeitsstandort ergeben sich Synergieeffekte
mit dem Einzelhandel und der Gastronomie, da jeder Arbeitnehmer auch
als potenzieller Kunde zu sehen ist. Im
Idealfall entwickeln diese „Dauerbesucher“, die als Arbeitnehmer in „modernen Branchen“ zudem eine hohe
Kaufkraft aufweisen, einen starken
persönlichen Bezug zur City. Als realistische Zielvorstellung für das Zentrum
als Arbeitsstandort gilt der Anspruch,
dass sich Krefeld als „erster Standort
der zweiten Reihe“ (nach Köln oder
Düsseldorf) etabliert. Neben der durch die erfolgreichen Ansiedlungen belegten Grundeignung des Zentrums bilden vor allem Preisvorteile zu den
genannten A-Standorten Vorteile im regionalen Markt.
GRÜN- UND FREIRÄUME | „QUERTRÄGER“ UND RAHMEN
Das Themenfeld der Freiraumstruktur bildet sich im räumlichen Leitbild neben den bereits erwähnten Plätzen vor allem in zwei Räumen ab.
Die Wälle bilden im Zusammenspiel mit der Raumstruktur der Straßen das
prägendste räumliche Merkmal des Zentrums und fungieren als einheitlich
gestalteter Rahmen für die Krefelder Innenstadt. Während die nördlichen
Teilabschnitte, im Wesentlichen ab der Sankt-Anton-Straße, auch weiterhin
überwiegend als Verkehrsraum genutzt werden, sollten die übrigen Bereiche gezielt in den Fokus der Aufwertung genommen werden. Nach einer
Neugestaltung können die Wälle wieder als das positive Gestaltungs- und
Gliederungselement und Aushängeschild des Zentrums wahrgenommen
werden und es so positiv beeinflussen. Gleichzeitig wird durch eine gelungene freiräumliche Gestaltung ein hoher Grünanteil in das ansonsten verdichtete Zentrum integriert. Mit Blick auf die Prägung bzw. die Raumfunktion
der vier Teilbereiche der Wälle sind unterschiedliche gestalterische Schwerpunkte umzusetzen.
Für den Westwall empfiehlt sich die einheitliche Gestaltung als grüne Achse,
insbesondere zwischen Südwall und Karlsplatz, die als attraktive Einfassung
der Innenstadt und als „Vorgarten“ für den Westwall als Wohnstandort fungiert. Der ruhende Verkehr muss in diesem Bereich ein ganzes Stück zurück
genommen werden.
Der Südwall soll aufgrund seiner hohen Präsenz als Nahtstelle zweier
zentraler Quartiere und seiner räumlichen Möglichkeiten mit einem aufwändigeren Ansatz als einer reinen grünräumlichen Gestaltung neu profiliert werden. Im Sinne einer in der Wahrnehmung präsenten Achse soll
ein modernes Gestaltungskonzept umgesetzt werden, welches z. B. unter
den Schlagworten „Spielstrecke“ oder „Kunstboulevard“ einen interaktiven
Mehrwert entfaltet.
Der Ostwall ist neben den freiräumlichen Aspekten insbesondere als (fußläufige) Wegeverbindung zwischen Bahnhof und Einzelhandelslagen aufzuwerten, um die Anbindung beider Bereiche zu stärken.
Für den Nordwall als Transitachse bleibt die Verkehrsfunktion das prägende
Gestaltungsmerkmal.
Weiterhin thematisiert das räumliche Leitbild die Neben- und Querstraßen
der Innenstadt, die heute im Schatten der großen Funktionsachsen liegen.
Diesen Abschnitten kommt als Verbindungsräumen eine große Bedeutung
zu, um die weitgehend parallel verlaufenden Hauptachsen für Passanten
besser miteinander zu verknüpfen. Mit geeigneten gestalterischen Maßnahmen soll hier eine Leitwirkung erzeugt werden, die die Nebenstraßen als
untergeordnete Ost-West-Achsen stärker als Stützen und Querträger des
Stadtraums in die Wahrnehmung rücken. Der derzeit vorherrschende Cha-
33
rakter der Nebenstraßen als Lieferzonen und Rückseiten kann durch prägnante Gestaltungsansätze zu attraktiven Verbindungsräumen transformiert
werden. Hierfür sollte für jeden Straßentyp ein eigenständiges gestalterisches
Thema umgesetzt werden. Als Leitwirkung stiftende visuelle Symbolik bieten
sich z. B. der intensive Einsatz von Grünstrukturen, Licht, Fassadengestaltung
etc. als wiederkehrendes Kennzeichnungselement an.
ZUSAMMENFASSUNG
Im Zusammenspiel der dargestellten Schwerpunkte entsteht eine sowohl
räumlich als auch thematisch ausgewogenere Grundstruktur für die Krefelder
Innenstadt, die die absehbaren Verschiebungen des innerstädtischen Funktionsmixes passend steuert. Mit dem Ausbau der Mulitfunktionalität geht
eine höhere Stabilität einher, durch die das Zentrum robust und gleichzeitig flexibel auf weitere Veränderungen reagieren kann. Die Konzeption der
thematischen und räumlichen Schwerpunkte (maßgeblich des Handels, des
Wohnens und des Arbeitens) dient dazu, derzeit unklaren Bereichen neue
Entwicklungsziele zuzuordnen.
Die Gestaltung der Querstraßen und Wälle kann dabei ein Maß an Gestaltqualität schaffen, welches die einzelnen Räume untereinander wirkungsvoll
verknüpft und somit entscheidende Impulse generieren kann.
Die räumlichen Schwerpunkte der multifunktionalen Entwicklung der Krefelder Innenstadt liegen zwischen der Sankt-Anton-Straße bzw. dem Theaterplatz und dem Südwall. Das Quartier zwischen der Neusser Straße und
dem Bahnhof stellt als weiteres Umfeld der Innenstadt einen zusätzlichen
Entwicklungsbereich dar, dessen wesentliches Aufwertungspotenzial in der
Aktivierung der Liegenschaft des ehemaligen Stadtbads zu sehen ist. Darüber
hinaus bilden die Blockbereiche um die Neusser Straße ein eigenständiges
Quartier mit einem vitalen Mittelpunkt, in dem langfristig die Aufwertung der
Wohnqualität anzustreben ist.
34
Abb. 17: Perspektivische Funktionscluster im Zentrum
35
E // Handlungsprogramm
Auf der Basis der zuvor gezeichneten Entwicklungspfade für
das Krefelder Zentrum wird im Folgenden ein umsetzungsbezogenes Handlungsprogramm abgeleitet. Hierzu gehört auch
die Darstellung konkreter Vorstellungen für die Entwicklung
von Potenzialflächen und Quartieren. Insbesondere die Entwicklung einiger Liegenschaften, von denen maßgebliche Impulse ausgehen können und die innerhalb der Stadt bereits
diskutiert werden, wird aufgegriffen. Darüber hinaus gibt eine
Sammlung thematisch gegliederter Projekte Anregungen zum
weiteren Diskurs innerhalb der Akteurslandschaft.
Das Handlungsprogramm umfasst zwei Ebenen. Als übergeordnete Kategorie werden die grundsätzlichen Handlungsziele für die strukturgebenden
Themen der räumlichen Entwicklung zusammengefasst. Hierauf aufbauend
erfolgt eine Darstellung des Handlungsprogramms für einzelne Potenzialflächen und Räume.
Abb. 18: Potenzialräume in
der Innenstadt
Grundsätze | Raumstruktur
1
2
5
BESTANDSENTWICKLUNG
Die räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Krefelder Zentrums werden durch die fast vollständig überbaute Blockstruktur begrenzt. Potenziale
für die Erstentwicklung von Flächen sind kaum vorhanden bzw. stehen im
Konflikt mit dem Erhalt der Freiraumstruktur. Mit Blick auf diesen eher begrenzten Handlungsspielraum muss der Fokus der Hochbauentwicklung auf
Bestandsobjekten liegen. Wie einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen, wird es mittelfristig aber immer wieder auch Neubauoptionen
geben, die bei qualitätsvollen Vorhaben auch genutzt werden sollten.
4
3
Potenzaialräume für Neuentwicklungen
6
7
8
36
»»
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»»
1. Theaterplatz / Seidenweberhaus
2. Ehem. Zillenbach-Haus
3. / 4. Erweiterungsflächen Schwanenmarkt
5. vertikale Baulücken Lohstraße
6. Dr.-Hirschfelder-Platz
7. ehem. Königsburg
8. ehem. Stadtbad
ERHALT DER FREIRÄUME
Die nur begrenzt vorhandenen innerstädtischen Freiräume sind grundsätzlich zu schützen, Platzbereiche haben einen besonderen Wert als Aufenthaltsraum in den Quartieren und als Treffpunkt für Menschen. Für Platzbereiche mit städtebaulichem Handlungsbedarf sind Lösungen zu finden, wie
sie umzugestalten sind und es ist zu prüfen, ob Baukörper zur besseren
Profilierung und baulichen Fassung beitragen können.
VERKNÜPFUNG DER ACHSEN
Die fixierten funktionalen Schwerpunkte der Innenstadt orientieren sich an
den Nord-Süd-Achsen der Innenstadt. Um das Zentrum als multifunktionalen Raum erlebbar zu machen, muss die Verknüpfung der großen Achsen
über die Querstraßen stärker in den Fokus der räumlichen Aufwertung rücken. Hierdurch wird für Besucher der Wechsel zwischen den heute noch
starren Korridoren erleichtert. Für die Wälle als prägendes Gliederungselement des Stadtraums sind wirksame Aufwertungsansätze zu entwickeln.
Grundsätze | Einzelhandel
STÄRKUNG DER HAUPTEINKAUFSLAGE
Die Hauptlage des Einzelhandels wird durch das beschriebene Carré zwischen Sankt-Anton-Straße und Marktstraße gebildet. Größere Ansiedlungsvorhaben sind auf diesen Bereich zu fokussieren und insbesondere durch
eine ansprechende Gestaltung von Eingangsbereichen und Vorplätzen an
die Fußgängerzone anzubinden.
SANKT-ANTON-STRASSE ALS GRENZE DER HAUPTEINKAUFSLAGE
Die Sankt-Anton-Straße bildet die „natürliche“ Grenze des engeren Stadtzentrums. Potenzielle Standorte nördlich der Rheinstraße weisen keine
störungsfreie Verbindung zur Hauptlage auf und sind daher kaum an die
Hauptlage anzubinden. Durch die räumliche Zäsur des Straßenraums erfolgt eine automatische Bündelung von Passantenfrequenzen und des Einzelhandelsbesatzes auf die zentralen Quartiere der Innenstadt. Die laufende
Entwicklung des Forums Krefeld ist wegen dessen Schwerpunkt im Segment Nahversorgung als gerechtfertigt anzusehen.
CITY STATT CENTER
Der im Nachgang zum Konzept aus dem Jahr 2011 beschlossene Verzicht
auf die Entwicklung eines zusätzlichen Shopping-Centers außerhalb des Einzelhandelscarrés hat sich mit Blick auf das formulierte Leitbild als zielführend
erwiesen. Die Schaffung eines neuen, besonders großen Magneten hätte
zu massiven Abzügen von Passantenfrequenzen aus der Hauptlage geführt
und die Innenstadt als Einzelhandelsstandort in der Fläche entscheidend geschwächt. Mit dem Rundlauf aus Hoch-, Rhein- und Königstraße besteht
heute ein stabiles Alleinstellungsmerkmal. Diese muss jedoch noch stärker
als Erlebnisraum inszeniert und dargestellt werden.
37
Grundsätze | Mobilität
ERREICHBARKEIT DER INNENSTADT für den motorisierten Indvidualverkehr
Als Schwäche der Krefelder Innenstadt wurde im Rahmen der Konzepterstellung häufig die unklare großräumliche Erreichbarkeit für den motorisierten Individualverkehr (MIV) benannt. Im Zuge der verkehrlichen Entwicklung
sind daher klare Zufahrten im weiteren räumlichen Kontext zu definieren,
die ihren verkehrlichen Anforderungen mit Blick auf Querschnitte etc. gerecht werden. Insbesondere fehlt es an einer leistungsfähigen und klaren
Transitachse in West-Ost-Richtung. Hierzu bietet sich aus heutiger Sicht die
Sankt-Anton-Straße an. Nähere Untersuchungen hierzu erfolgen im Mobilitätskonzept, das zur Bearbeitung ansteht.
TRANSITVERKEHR - ABBAU VON BARRIEREN
Mit Blick auf die Entwicklungspotenziale des Theaterquartiers (siehe unten)
und deren Synergieeffekte für die Innenstadt ist die Barrierewirkung der
Sankt-Anton-Straße im Bereich des Theaterplatzes zu reduzieren. Gleichzeitig ist die verkehrliche Leistungsfähigkeit des Straßenraums, wie im Mobilitätskonzept perspektivisch vorgesehen, zu erhalten. Durch die Stärkung
der fußläufigen Anbindung an das Einzelhandelscarré können der Kulturbetrieb sowie Einzelhandel und Gastronomie stärker voneinander profitieren.
Die (scheinbare) Widersprüchlichkeit der beiden genannten Ziele ist durch
geeignete, bauliche Lösungen aufzulösen.
ANBINDUNG DES HauptBAHNHOFS
Neben den oben genannten Parkhäusern und dem Haltepunkt Ostwall bildet der Hauptbahnhof einen wichtigen Bezugspunkt für die Mobilität aller
Nutzergruppen der Innenstadt. Aufgrund der räumlich abgesetzten Lage ist
eine klare Verbindung für den Fuß- und Radverkehr zwischen dem Vorplatz
und dem Neumarkt als Auftakt der Hauptlage zu schaffen. Zudem ist an
dieser Stelle die optimale Straßenbahnverbindung zur Rheinstraße zu bewerben.
FUSS- UND RADVERKEHR
Innerhalb der Wälle sind die Belange des Fuß- und Radverkehrs zu stärken.
Der MIV soll weitgehend auf den Quell- und Zielverkehr reduziert werden,
um Qualitätsgewinne in den Querschnitten zu ermöglichen. Dieser Ansatz
erfordert eine Klassifizierung der Straßen innerhalb der Wälle, um Transit- und Erschließungsachsen für den MIV auf die notwendigen Straßen zu
beschränken. Für den Radverkehr sind mit Ausnahme der Fußgängerzone
innerhalb des Einzelhandelscarrés zusätzliche Verbindungen zu ermöglichen.
Besonders geeignet erscheint hierfür die südliche Hochstraße.
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AufwertungsProgramm | Theaterplatz
Der Theaterplatz stellt durch seine Lage den prominentesten und sichtbarsten Stadtplatz der Innenstadt dar, der in der Bestandssituation allerdings
deutliche Defizite aufweist. Gemeinsam mit dem Dr.-Hirschfelder-Platz (siehe unten) bildet das Areal die größte Potenzialfläche des Krefelder Zentrums.
Eine funktionale und städtebauliche Neuentwicklung des Theaterplatzes ist
dringend erforderlich. Die Neugestaltung geht mit der Chance einher, einen
attraktiven öffentlichen Raum zu schaffen und gleichzeitig funktionale und
bauliche Impulse auszulösen.
Um einen passenden und zukunftsfähigen Nutzungsmix für den Hochbau
sicherzustellen, ist eine vertikale Gliederung des Baukörpers (Büro- und
Dienstleistungen, Wohnen) anzustreben. Großflächige Einzelhandelsbausteine sind vor dem Hintergrund des Schutzes des bestehenden Einzelhandels in der Innenstadt am Theaterplatz nicht vorzusehen.
Zur Zukunft des Veranstaltungsbetriebs an einem innerstädtischen Standort
wird derzeit ein Fachgutachten erstellt. Dieses Gutachten stellt die einzelnen
Wirkfaktoren des Veranstaltungsbetriebs am jetzigen Standort dem Szenario
einer Verlagerung in das Kesselhaus (Mies-van-der-Rohe-Park) gegenüber
und untersucht positive wie negative Aspekte in umfassender Detailschärfe
(Besucherzahlen, Verkehrsaufkommen, Anbindung, Logistik etc.).
Aus städtebaulicher Sicht ist die Standortfrage vor allem mit Blick auf die
baulichen Optionen für eine Neuentwicklung des Theaterplatzes zu sehen.
Dabei würde das Raumprogramm eines neuen Gebäudeensembles, das
auf den Veranstaltungsbetrieb verzichtet, natürlich zielgerichteter auf die
Funktionsbausteine „Wohnen“ und „Arbeiten“ ausgerichtet werden können
und architektonische Belange und die städtebauliche Qualität stärker in den
Fokus genommen werden. So könnte ein markantes und hochwertiges Eingangstor am Ostwall entstehen.
Für eine abschließende Abwägung zwischen den beiden in Frage kommenden Standorten ist das erwähnte Fachgutachten zu berücksichtigen, das die
relevanten wirtschaftlichen sowie technischen Vor- und Nachteile detailliert
zusammenstellt und so eine maßgebliche Beurteilungsgrundlage bilden kann.
Abb. 19: S c h e m a t i sche Darstellung eines
möglichen Nutzungmixes für den Hochbau Theaterplatz
Wohnen
Theaterplatz / Sankt-Anton-StraSSe | Schritte zur Implemtierung
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Abschließende Positionierung zur Verlagerung des Veranstaltungsorts (Gutachten in Arbeit)
Definition der verkehrlichen Aufgabe / Handlungsspielräume der Sankt-Anton-Straße
Entwicklung einer städtebaulichen Konzeption für Hoch- und Tiefbau
Vermarktung der Liegenschaft über Investorenwettbewerb
Schaffung von Planungsrecht zur Sicherung von Raumkanten und Nutzungen (Ausschluss
Einzelhandel)
Büro / Wohnen
Büro
Kleinteilige
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Gewerbeflächen
AufwertungsProgramm | Breite StraSSe
Die Breite Straße bildet eine prägende Straßenachse im westlichen Innenstadtquartier. Die durchgängig geschlossene Bebauung wird von Wohnhäusern mit kleinen Ladenlokalen in den Erdgeschosszonen geprägt. Die robuste städtebauliche Grundaufteilung aus Straßenraum, Blockrandbebauung
und Hofinnenbereich bildet die typische Baustruktur verdichteter innerstädtischer Wohnquartiere ab. Vor diesem Hintergrund ist die Breite Straße mit
ihrer Struktur als beispielgebendes Viertel für die Inwertsetzung der westlichen innerstädtischen Wohnquartiere weiter aufzuwerten.
Mit den bestehenden drei Quartiersplätzen im Umfeld der Breiten Straße
(Dionysiusplatz, Willi-Göldenbachs-Platz, Anne-Frank-Platz), die zur Auflockerung des strengen Baurasters und zur Strukturierung des Straßenraums
beitragen, existiert ein gutes Grundgerüst an Freiräumen. Einen weiteren
Impuls für die Erhöhung der Raumqualität im Quartier kann die Umgestaltung der Verkehrsflächen, mit der die Belange des Rad- und Fußverkehrs
verstärkt priorisiert werden, entfalten. Der namensgebende breite Querschnitt bietet hierfür gute Voraussetzungen. Die Notwendigkeit der Breiten
Straße als Transitraum ist im Rahmen des Mobilitätskonzepts blockbezogen
zu prüfen.
Im Kontext der Quartiersentwicklung bildet der Dionysiusplatz den Übergang zwischen innerstädtischer Handelslage und Quartiersplatz für die
westlichen Wohnstandorte. Der derzeit nicht ausreichend bespielte Platz ist
durch die Etablierung attraktiver Randzonen zu profilieren, um eine aktivere
Rolle im Stadtgefüge zu übernehmen. Mit dem Ziel der Belebung der Platzfläche und der Aufwertung des Quartierslebens ist auch der Wochenmarkt
als identitätsstiftender Faktor auf dem Dionysiusplatz zu platzieren.
Neben dem öffentlichen Raum ist mit den Eigentümern ein konkretes Konzept zur zusammenhängenden Aufwertung der Innenhöfe zu entwickeln,
um für die Wohnstandorte attraktive und geschützte Freiräume bereitzustellen. Mindergenutzte Ladenlokale sind punktuell zu Quartiersflächen auszubauen, die unter Anleitung eines professionellen Trägers in Eigenregie der
Bewohnerschaft als Treffpunkte und Interaktionsräume bespielt werden.
Wohnquartiere / Breite StraSSe | Schritte zur Implemtierung
»» Rahmengebendes Mobilitätskonzept
zur Erhöhung der Raumqualität in den
Wohnquartieren
»» Politische Festlegung des Marktstandortes
auf dem Dionysiusplatz
»» Eigentümeransprache zur Umsetzung eines
Gestaltungskonzepts der Innenhöfe
»» Aktivierung der Bewohnerschaft zur
Einbindung in soziokulturelle Angebote
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AufwertungsProgramm |SüdlicheHochstrasse
Die Funktion der südlichen Hochstraße als Verbindungsachse des Einzelhandels zum Bahnhofsquartier und als Verlängerung der Fußgängerzone über
den Neumarkt hinaus ist perspektivisch nicht gesichert. Für dieses „Zwischenstück“ müssen Nachfolgenutzungen für den rückläufigen Einzelhandelsbesatz definiert werden.
Zu Generierung neuer Mieter für die gewerblichen Flächen in den Erdgeschossen sind neue Mietmodelle zu entwickeln, die ein „Ausprobieren“
neuer Konzepte ermöglichen. Mit der Ansiedlung experimenteller Akteure
würde eine neue Charakteristik und Qualität der Lage entstehen, die sich
zunächst als Experimentierfeld versteht und mittelfristig aus sich heraus eine
neue Struktur entwickelt. Um die Verfügbarkeit von einer ausreichenden
Zahl von Ladenlokalen sicherzustellen, sollten Mieteinheiten auch durch die
öffentliche Hand vorgehalten und an neue Nutzer mit geeigneten Schwerpunkten zu günstigen Konditionen weitergegeben werden.
Passen würde z. B. das Themenfeld der urbanen Produktion, der als zusätzlicher Nutzungsbaustein verstärkt in den Fokus der Betrachtung rückt.
Mit dem konzeptionellen Ansatz, produzierendes Gewerbe in kleinteiligem
Maßstab in den Kontext des Zentrums zu integrieren, werden leer stehende
Einheiten neu bespielt. Als Beispiel dient das Modell der Manufaktur, innerhalb dessen die Produktion mit einem Verkaufsraum verknüpft wird und
somit der Kundenverkehr in einem untergeordneten Maße erhalten bleibt.
Voraussetzung hierfür ist, dass der kleinmaßstäbliche Produktionsbetrieb
weitgehend emissions- und konfliktfrei in der Innenstadt (z. B. Materialanlieferung etc.) umsetzbar ist.
Südliche HochstraSSe| Schritte zur Implemtierung
»» Eigentümeransprache zur Entwicklung zielführender Mietmodelle
»» Ansprache potenzieller Nachfrager
»» Aufbau eines städtischen Flächenpools zur Vermittlung an kreative Akteure
Abb. 20: Breite Straße
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AufwertungsProgramm|Dr.-hischfelder-Platz
Der Dr.-Hirschfelder-Platz stellt nach dem Theaterplatz die größte Potenzialfläche innerhalb der Wälle dar. Mit seiner derzeitigen Nutzung und Gestaltung „verkauft“ er sich unter Wert. Seine freiräumliche Funktion ist aufgrund
der heutigen Nutzung als Parkplatz massiv eingeschränkt. In der Tradition
der räumlichen Entwicklung der Innenstadt hatte der Dr.-Hirschfelder-Platz
zudem keine Bedeutung als historischer Platzbereich.
Um eine Impulswirkung für das Quartier zu ermöglichen, wird eine hochbauliche Entwicklung auf dem Platz vorgeschlagen; das heute vorhandene
Parkplatzangebot müsste dabei durch den Bau einer Tiefgarage ersetzt werden. Mit Blick auf die in der Innenstadt nur begrenzt verfügbaren Flächenpotenziale für hochbauliche Neuentwicklungen mit Leitwirkung ist der Wert
der Fläche als Baufeld höher als ihre freiräumliche Bedeutung einzuschätzen,
auch weil nicht der gesamte Platz zu bebauen wäre.
Das Nutzungskonzept einer neuen Immobilie sollte auf den Schwerpunkten
Wohnen und Arbeiten liegen. Hierdurch würde das bestehende Cluster
„Arbeitsstandort“ in den östlichen Quartieren der Innenstadt fortgesetzt.
Über die gleichzeitige Integration von Wohnungen wird die multifunktionale
Ausrichtung gestärkt.
Eine großflächige Einzelhandelsnutzung in der Erdgeschosslage würde aufgrund des fehlenden direkten Bezugs zur Hauptlage zu einer Schwächung
des nördlichen Rundlaufs führen und ist daher zu vermeiden. Hierfür spricht
auch, dass gegenwärtig generell ein Überangebot an Einzelhandelsflächen
besteht und daher Neuvermietungen äußerst zurückhaltend angegangen
werden. Ein entsprechendes Flächenangebot sollte nur dann neu entstehen,
wenn ein nachhaltiges, hochwertiges Konzept in Rede und hierfür auch keine andere bestehende Immobilie zur Verfügung stünde.
Dr.-Hirschfelder-Platz | Schritte zur Implemtierung
»» Integration eines Konzepts für den ruhenden Verkehr
»» Sicherung der angestrebten Entwicklung über Planungsrecht
»» Vermarktung der Liegenschaft über einen kombinierten Architektur-/Investorenwettbewerb
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AufwertungsProgramm|Max-Petermann-Platz
Mit dem Abriss der ehemaligen Königsburg ist eine mindergenutzte Parkplatzfläche an einem innerstädtischen Standort mit hoher Lagegunst entstanden. Im Gegensatz zu den dargestellten Diskussionen, die z. B. mit der
erstmaligen Bebauung des Dr.-Hirschfelder-Platzes verbunden wären, ist
eine erneute bauliche Entwicklung für das Areal der ehemaligen Königsburg
städtebaulich konfliktfrei. Als Zielsetzung für die Entwicklung des Bereichs ist
daher die Umsetzung eines passenden Neubaus anzustreben.
Unter dem Leitgedanken der Etablierung moderner Arbeitsflächen, insbesondere in der östlichen Innenstadt, ist hier ein Nutzungskonzept mit den
Schwerpunkten von modular nutzbaren Einheiten zu entwickeln. In Anlehnung an die Idee der FabLabs und der co-working-spaces könnte hier
ein gegliedertes Angebot an Arbeitsflächen entstehen, die durch kleinteilige
Gastronomie- und Kulturangebote komplettiert werden.
Die Entwicklung des Max-Petermann-Platzes ist in enger Verbindung mit
der dargestellten Perspektive für den Dr.-Hischfelder-Platz zu sehen. Die
Rolle des Max-Petermann-Platzes als Freizeit- und Quartiersfläche sowie
als tragendes Element der innerstädtischen Freiraumstruktur nimmt mit der
baulichen Entwicklung des Dr.-Hirschfelder-Platzes zu und ist entsprechend
aufzuwerten. Die Platzfläche fungiert dabei auch als „Ersatz-Innenhof“ für
die Liegenschaft der ehem. Königsburg, was sich stützend auf das dargestellte Nutzungskonzept auswirkt.
Königsburg / MAx-Petermann-Platz | Schritte zur Implemtierung
»» Auslotung der städtebaulichen und planungsrechtlichen Möglichkeiten der Neubebauung
»» Nutzer- und Investorensuche für Neubau
»» Definition eines Aufwertungskonzepts für den Max-Petermann-Platz
Abb. 21: M a x - P e t e r mann-Platz mit Königsburg
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Akteursbezogener MaSSnahmenkatalog
In Ergänzung zum Aufwertungsprogramm für konkrete Räume in der Krefelder Innenstadt werden Ansätze für begleitende Maßnahmen konzipiert, die
durch die Innenstadtakteure angestoßen werden können. Der Maßnahmenkatalog versteht sich dabei als Sammlung möglicher Ansätze, die durch die
jeweiligen Träger im Einzelnen tiefergehend konkretisiert werden können.
Krefeld als Digitalstandort 1 – Online-Verkaufskanal
Mit Blick auf die Ansprache zusätzlicher Kundenschichten und zum Ausbau von Serviceangeboten rund um den Einkauf sollte durch die Betreiber
die Möglichkeit ergriffen werden, sich im Rahmen einer gemeinsamen Online-Plattform zu präsentieren. Als erweiterte Variante ist die Verknüpfung
mit einem eigenständigen Lieferdienst für den lokalen Nahbereich (z. B.
über umweltfreundliche Cargo E-Bikes) denkbar. Aus einer kollektiv betriebenen Plattform resultieren im wesentlichen drei Vorteile:
»» Transparenz: Für den Kunden ist jederzeit nachvollziehbar, welche
Produkte im Zentrum verfügbar sind und welches Geschäft er ansteuern kann.
»» Aufwand: Mit der Einsehbarkeit des Angebots kann der Kunde eine
Vorauswahl von zu Hause treffen (und bereits bezahlen) und muss seine
Ware lediglich im Rahmen eines kurzen Stopps vor Ort einsammeln.
»» Skalierung: Je nach Handhabbarkeit des angebotenen Produkts sind
weltweite Bestellungen mit Versand möglich, wodurch ein zusätzlicher
Absatzmarkt entsteht.
Krefeld als Digitalstandort 2 – Innenstadt auffindbar machen
Neben der der dargestellten Warenpräsentation soll eine Online-Plattform
ein ganzheitliches Informationsangebot zum Zentrum bereithalten. Über die
verknüpfte Darstellung von Einkauf, Gastronomie, Kultur und Freizeit kann
eine Bündelung von Besuchsanlässen angestrebt werden.
Online in der FuSSgängerzone
Um den Einkauf im stationären Ladenlokal für den Kunden möglichst spannend zu gestalten, sollen passende Cross-Channel-Formate für die jeweiligen Betriebsformen entwickelt werden. Neben dem Unterhaltungs- und
Informationswert für den Verkaufsprozess sind auch gemeinschaftliche Bonusaktionen z. B. für den Besuch eines bestimmten Ladenlokals (über eine
standortbezogene App) denkbar, die den Standort Innenstadt digital erlebbar machen.
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Mehrwert FuSSgängerzonen-Management
Um den im den Interviews oft benannten Defiziten bezüglich der Sicherheit und Sauberkeit der Fußgängerzone besser gerecht zu werden, können
seitens der Betreiber zusätzliche Dienstleister gemeinschaftlich auf den Weg
gebracht werden. Nach dem Vorbild eines Center-Managements können
entsprechende Themen wie z. B. Sauberkeit in der Fußgängerzone intensiver betreut werden, als dies der Stadtverwaltung im Rahmen ihrer Mittel
möglich ist.
Zukunftsforum Handel
Um die Belange der Händler und Betreiber noch direkter mit der Politik
und Verwaltung rückzukoppeln, kann ein interdisziplinäres und umsetzungsorientiertes öffentlich-privates Forum für die Innenstadtentwicklung gebildet
werden. Dieses Forum ist als Schärfung des jetzigen Aktivkreises zu verstehen, das durch seine Zusammensetzung Projekte entwickeln und „schlagkräftig“ umsetzen kann. Zur Etablierung des Forums als Diskussionsplattform ist eine regelmäßige Miteinbeziehung von externen Fachleuten über
eine Vortragsreihe denkbar.
Funktionsformate
Mit Blick auf zu geringe Kundenzahlen mancher Einzelhandelsbetriebe sollen gezielt Synergien über die Verbindung mit zusätzlichen nicht-Einzelhandels-Angeboten in einem Ladenlokal gesucht werden. Durch die Verbindung
von z. B. einem Bekleidungsanbieter mit einem Gastronomen oder einem
Einrichter mit einer Galerie in einem Ladenlokal entstehen für beide Parteien Vorteile. Neben der Teilung der Kosten für den Betrieb des Ladenlokals
können die Besuchsanlässe für potenzielle Kunden sowie die Verweildauer
im Ladenlokal erhöht werden.
Abb. 22: Königstraße
45
Clusterung Neu- und Nachnutzer
Um leer stehenden Ladenlokalen auf einer konzeptionellen Ebene umfassend begegnen zu können, ist die flächige Definition von „Idealfällen“ von
Neu- und Nachnutzern möglich. Im Rahmen einer dialogorientierten Konzeption können zum einen die Wünsche und Zielvorstellungen aller Akteure
erfasst werden und gleichzeitig gemeinsam Schwierigkeiten und Grenzen
der Betreibersuche kommuniziert werden.
Regionale Ketten - Umland und Zentrum
Als Sonderfall des zuvor dargestellten Ansatzes der Manufaktur können regionale Wertschöpfungs- oder Produktionsketten mit dem Zentrum in direkte Verbindung gestellt werden. So kann ein Ladenlokal als Verkaufsraum für
eine Ware regionaler Prägung im Innenstadtcarée etabliert werden, deren
Produktion im Zentrum ansonsten nicht sichtbar wird. Der Ansatz eignet
sich z. B. für Lebensmittel regionaler Erzeuger(gemeinschaften) und kann je
nach Immobilie und Erfolg zu einer dauerhaften regionalen Markthalle als
Gemeinschaft mehrerer Anbieter ausgebaut werden.
Co-Working - Temporäre Partnerschaften
Der bekannte Ansatz der Einzelvermietung von Kleinflächen bzw. Schreibtisch-Arbeitsplätzen an z. B. Selbstständige ohne festen Raumbedarf kann
in der Immobilienentwicklung verstärkt in den Blick genommen werden.
Je nach vorhandenem Flächenangebot kann eine solche Arbeitsplatz-Vermietung auch auf kreative Produktionen ausgedehnt werden, um z. B. die
Fertigung einer Kleinserie oder Prototypen unter Nutzung der kollektiven
Standortvorteile zu ermöglichen.
Bauprogramm – Definition von Verdichtungs- und Entwicklungsmöglichkeiten
Um die Möglichkeiten des Ausbaus des Wohnangebots im Zentrum planerisch auszuloten, empfiehlt es sich, mögliche Potenzialfelder, sowohl im
Sinne von Flächen als auch von Möglichkeiten zum „Aufsatteln“ bestehender
Gebäude, zu definieren, Als gestalterische Triebfeder können hierbei städtebauliche Wettbewerbe initiiert werden. Auf dieser Grundlage kann eine
aktive Ansprache potenzieller Bauherren, insbesondere mit Blick auf unterschiedliche Zielgruppen und Bewohnerstrukturen, erfolgen.
StraSSenraumgestaltung
Im Kontext der Wohnquartiere ist den Belangen des Rad- und Fußverkehrs
eine höhere Rolle einzuräumen. Gleichzeitig sollen Fragen der Erreichbarkeit für den MIV und den ruhenden Verkehr konfliktfrei gelöst werden, um
die Raumqualität für die Wohnakteure möglichst positiv zu gestalten und
monofunktionale Räume für den MIV, soweit möglich, zu vermeiden.
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Freizeiträume
In der Gestaltung öffentlicher Räume ist der Ausbau und die Aktivierung
öffentlicher Aufenthalts- und Interaktionsräume in den Wohnquartieren gezielt in den Blick zu nehmen. Mit einer Stärkung des räumlichen Bezugs
der Nutzer innerhalb ihres Quartiers entsteht ein deutlicher Mehrwert für
die Wohnnutzung sowie eine Stärkung der Identifikation der Bewohner mit
ihrem Standort.
Innenhöfe – Schaffung neuer Freiraumqualitäten
Neben den öffentlichen Räumen kommt auch den halböffentlichen Bereichen eine hohe Bedeutung für das Wohnumfeld zu. Dies betrifft vor allem
die zahlreich vorhandenen Blockinnenbereiche, die aufgrund der teilweise komplizierten Eigentumsverhältnisse sowie von Nutzungskonflikten nur
selten im Sinne eines positiven Wohnumfelds gestaltet sind. Mit Blick auf
den geringen Anteil von Grün- und Freiräumen im innnerstädtischen Raster
können diese Flächen z. B. für die Anlage von Gemeinschaftsgärten oder
Freizeitflächen genutzt werden.
Soziale Infrastruktur
Mit dem Ausbau der Wohnfunktion steigen auch die Ansprüche der Bewohner an die soziale Infrastruktur. Neben öffentlichen Einrichtungen wie
Schulen oder Kindergärten können neue Formate zum nachbarschaftlichen
Wert des Standorts beitragen. So können die zuvor erwähnten offenen
Quartiersflächen in Kooperation mit sozial-karitativen Trägern bespielt werden, um weiterführende Formate wie Nachbarschaftscafés oder Kursangebote bereitzustellen.
Offene Quartiersflächen
Unter dem Stichwort der „Graswurzelkultur“ als Sinnbild der von unten
wachsenden Strukturen soll die Stärkung nicht kommerzieller Akteure und
gemeinschaftlich getragenen (non-profit) Kulturformaten in den Blick genommen werden. Idealerweise lassen sich hierfür block- oder quartiersbezogene Flächenangebote schaffen, die stark mit den jeweiligen Wohnorten
verknüpft sind. Hierdurch kann die Anziehungskraft bzw. der Kiezcharakter
(im Sinne einer gemeinschaftlich getragenen Identität und Eigenständigkeit)
von Quartieren gestärkt werden.
Planungsrechtliche Begleitung
Insbesondere mit Blick auf gastronomische Formate können aufgrund von
Veranstaltungen in den Abendstunden und Lärmbelästigung Nutzungskonflikte entstehen. Hier kann neben der Steuerung durch den planungsrechtlichen Rahmen auch ein „runder Tisch Kunst + Kultur“ zur Konsensstiftung
und gemeinsamen Ideenfindung herangezogen werden.
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F // Ausblick
Die Krefelder Innenstadt verfügt mit ihrer traditionellen Rolle als regionales Oberzentrum über eine stabile Ausgangslage
für die zukünftigen Aufgaben der Stadtentwicklung. Mit ihrer
kompakten Grundstruktur zeigt sie sich städtebaulich robust
und wandelbar. Auch die engagierten Akteure tragen vielfältige Impulse für die Definition neuer Entwicklungspfade bei. Mit
dem vorliegenden Leitbild als strategischem Korridor können
sich die gemeinsamen Überlegungen auf klar definierte Pole
fokussieren.
Die Ausdünnung des Einzelhandelsbesatzes sowie die Stabilisierung der bestehenden Hauptlagen stellt dabei die größte Herausforderung, gleichzeitig
aber auch eine besondere Chance für die Innenstadtentwicklung dar. Die
Stärkung von komplementären Funktionssäulen wie dem innerstädtischen
Wohnen und Arbeiten wird neue Impulse entfalten und zur generellen Stabilisierung des Krefelder Zentrums beitragen.
Abb. 23: Perspektivische Impulswirkung der Schlüsselthemen
48
Die größte Impulswirkung ist dabei dem Ausbau der Wohnfunktion beizumessen, da die innerstädtischen Wohnquartiere grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine Aufwertung und Aktivierung aufweisen. Mit der Umsetzung dieser Potenziale können einige innerstädtische Quartiere entwickelt
werden, was vielfältige Aufwertungseffekte, z. B. für die Sozialstruktur der
Bewohnerschaft und deren Präsenz im öffentlichen Raum, nach sich zieht.
Das Einzelhandelscarré bildet ein tragfähiges Grundgerüst der Innenstadt.
Mit der Fokussierung auf den beschriebenen Rundlauf können die bestehenden Lagen zielgerichtet stabilisiert werden.
Die weitere Umsetzung des Themenkomplexes innerstädtisches Arbeiten
bezieht sich neben der Integration von urbaner Produktion vor allem auf die
großmaßstäbliche Projektentwicklung einzelner Bereiche.
Auch das südöstliche Innenstadtquartier um den Max-Petermann-Platz kann
mit der Umsetzung der Impulsprojekte „Neubau Liegenschaft ehem. Königsburg“ und „Dr.-Hirschfelder-Platz“ mittelfristig zu einem Entwicklungsschwerpunkt werden. Mit den zwei genannten Großprojekten kann der
Bereich eine hohe Dynamik entfalten und starke Impulse für das gesamte
Zentrum generieren.
In der jüngeren Vergangenheit wurde der erforderliche Transformationsprozess der Innenstadt, z. B. für das Thema des Arbeitens, bereits erfolgreich angestoßen. Dies muss in den kommenden Jahren weiter verfolgt
und auch für andere Bereiche, wie dem Wohnen angestoßen werden. Mit
der erfolgreichen Aktivierung der vorhandenen Potenziale und einem von
vielen Akteuren gemeinsam getragenen Entwicklungsprozess kann dies gut
gelingen.
Abb. 24: Neumarkt mit Außengastronomie
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