Daten
Kommune
Krefeld
Größe
333 kB
Datum
11.12.2018
Erstellt
06.11.18, 15:46
Aktualisiert
25.01.19, 00:27
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage des Oberbürgermeisters
-öffentlichVorlagennummer
Fachbereich
5680/18 -
21
Beratungsfolge
Sitzungstermin
Bezirksvertretung Uerdingen
13.11.2018
Bezirksvertretung Fischeln
15.11.2018
Bezirksvertretung Hüls
29.11.2018
Bezirksvertretung Oppum-Linn
11.12.2018
Beschlussform
Betreff
Neukonzeptionierung Stadtteilkirmessen
Beschlussentwurf
Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
Reihenfolge des Umlaufs
Sachbearbeitung
mit Datum
FBLeitung
mit
Datum
Mitzeichnung
FB:
mit Datum
FachGBL
GB
II
GB
III
GB
IV
GB
V
GB
VI
mit
Datum
mit
Datum
mit
Datum
mit
Datum
mit
Datum
mit
Datum
Oberbürgermeister
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an
Büro
OB
Drucksache 5680/18 -
Seite - 2 -
Begründung
1.
2.
3.
Historie der Kirmes: Kirmes als Familientreffen und Partnerbörse
Ursprünglich war die Kirmes (verkürzt aus Kirchweihmesse) ein Fest zum Gedenken an die
Einweihung der Kirche. Der ganze Ort kam an diesen Tagen auf dem Kirmesplatz zusammen, um ausgelassen zu feiern, zu tanzen und gemeinsam zu essen. Niemand arbeitete
während der Kirchmess, für die Bauern waren es die einzigen freien Tage im Jahr.
Es war ein Fest für die ganze Familie: Die Verwandtschaft kündigte sich an, die Stuben
wurden herausgeputzt und im 18. Jahrhundert war es sogar üblich, ganze Häuserfassaden
zu streichen. Für junge, heiratswillige Menschen war die Kirmes eine willkommene Gelegenheit, einen geeigneten Partner kennenzulernen.
Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen
Gemäß § 1 der Satzung für die Bezirksvertretungen (Bezirkssatzung) vom 23.07.2018 entscheiden die Bezirksvertretungen in allen Angelegenheiten, deren Bedeutung nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht unter Beachtung der Belange der gesamten Stadt und
im Rahmen der vom Rat erlassenen allgemeinen Richtlinien, soweit nicht der Rat nach §
41 Abs. 1 GO ausschließlich zuständig ist. Sie entscheiden gemäß Abs. 2, lit. s insbesondere über kulturelle Angelegenheiten einschließlich Heimatpflege und Brauchtum im Stadtbezirk. Es besteht keine Zuständigkeit des Rates gemäß § 41 Gemeindeordnung NRW
(GO), daher ist die Zuständigkeit der Bezirksvertretungen für Stadtteilkirmessen gegeben.
Die Aufgaben zur Durchführung der Kirmessen sind durch den Oberbürgermeister in der
Verwaltung gemäß Aufgabengliederungsplan dem Fachbereich „Finanzservice und städtisches Immobilien-/Flächenmanagement (FB 21)“ übertragen.
Dabei sind die budgetmässigen Vorgaben durch den Rat im jeweiligen Haushaltsplan zu
beachten. Erstmals wurde im Haushalt 2018 für alle Stadtteile zusammen ein spezielles
Budget von 8.500 EUR bereitgestellt.
Bisherige Beratungen in den Bezirksvertretungen seit 2013 – heute
Die Ausrichtung und Veranstaltung von Stadtteilkirmessen war in der Vergangenheit bereits
wiederholt Thema und Gegenstand von Beratungen in den Bezirksvertretungen:
Bezirksvertretung Krefeld-Fischeln
Sitzung am 30.01.2013, Vorlage-Nr. 4387/13
Sitzung am 16.09.2016, Vorlage-Nr. 3130/16
Sitzung am 13.12.2016, Vorlage-Nr. 3130/16V
Bezirksvertretung Krefeld-Hüls
Sitzung am 10.09.2015
Sitzung am 29.06.2016, Vorlage-Nr. 2726/16
Sitzung am 04.07.2018, Bericht
Bezirksvertretung Krefeld-Oppum/Linn
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Sitzung am 17.06.2015, Az. 311/07/5
Bezirksvertretung Krefeld-Uerdingen
4.
Aufwand für die Durchführung einer Stadtteilkirmes
Die Planung, Vorbereitung, Durchführung und Abrechnung der Stadtteilkirmessen ist mit
nicht unerheblichem Personal- und Sachaufwand für die Verwaltung verbunden. Bei der
Bewirtschaftung sind zudem die allgemeinen Haushaltsgrundsätze, insbesondere der Aspekt der Wirtschaftlichkeit, gemäß § 75 GO zu beachten.
In Zusammenhang mit der Durchführung von Stadtteilkirmessen entstehen folgende Aufwendungen, die nur zum Teil auf die Schausteller umgelegt werden können:
5.
Sitzung am 18.03.2014, Tischvorlage
Sitzung am 24.02.2016, Bericht
Sitzung am 10.05.2016, Vorlage-Nr. 2739/16
Sitzung am 04.04.2017, Vorlage-Nr. 3088/16/1
Gebühren für die Sondernutzung von öffentlichen Straßen und Plätzen
Gebühren für die Verwaltungstätigkeiten (Genehmigungen)
Kosten der Infrastruktur (Wasser)
verbrauchsabhängige Kosten (Wasser)
Abwasserentsorgung
Personal- und Sachaufwand im FB 21 für die Planung, Vorbereitung, Durchführung
und Abrechnung der Stadtteilkirmessen
Absperrmaßnahmen
verkehrsregelnde Maßnahmen
Verlegung von Wochenmärkten
Kosten für die Eröffnungsfeierlichkeiten
Kosten der Einladungen
Sanitätsdienste
Sicherheitsdienste
Kapellen
usw.
Situation der Stadtteilkirmessen und Beurteilung im Jahre 2018
Zunächst ist in vielen Lebensbereichen ein gesellschaftspolitischer Megatrend der Individualisierung zu beobachten. Dem Zerfall traditioneller Bindungen steht eine zunehmende
Selbstbestimmung des Individuums gegenüber.
Generell ist festzustellen, dass Kirmesveranstaltungen - mit Ausnahme von wenigen Großveranstaltungen - in der Bevölkerung stark an Attraktivität verloren haben. Bedingt ist dies
u. a. durch eine starke Konkurrenz im Freizeitsektor, z. B. durch preisgünstige (Flug-) Reisen, Mobilität, Spielhallen, Freizeitparks, Events, Großveranstaltungen, Stadtfeste, verkaufsoffene Sonntage, Computer- und Konsolen-Spiele.
Ein Trend, der auch anderenorts festzustellen ist:
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Moers 2007
https://www.nrz.de/region/niederrhein/schluss-mit-lustig-id1902378.html
Düsseldorf 2012
http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/in-den-stadtteilen-geht-die-kirmes-den-bachrunter-1.1130785
Essen 2014
https://www.waz.de/staedte/essen/warum-die-kleine-kirmes-in-vielen-stadtteilenlangsam-stirbt-id9267037.html
Immer weniger Schausteller sind daher bereit, Veranstaltungen mit nur lokalem Charakter
zu beschicken, da sie durch den geringeren Zulauf keine Möglichkeiten sehen, ihre Kosten
zu decken. Große Kostenfaktoren sind insbesondere die Logistik (gestiegene Treibstoffpreise) und der Personalaufwand (Mindestlohn). Aussagen von Schaustellern zufolge ist es
für sie wirtschaftlicher, kleine Veranstaltungen mit kurzer Dauer nicht zu beschicken, stattdessen dort ihr Geschäft gar nicht erst aufzubauen und zu öffnen oder - wie zuletzt in Krefeld-Hüls beim Frühlingsfest – die Kirmes früher zu beenden. Beispielhaft haben sich für
Uerdingen vor 10 Jahren in 2008 noch 43 Beschicker um einen Standplatz beworben. Für
2018 gingen – neben den Bewerbungen der Stammbeschicker - keine Bewerbungen mehr
ein.
Es hat sich gezeigt, dass auch nach überregionalen Ausschreibungen in Fachzeitschriften
im FB 21 keine Bewerbungen für die Krefelder Stadtteilkirmessen eingegangen sind (!). Die
Verpflichtung von Schaustellern für die Stadtteile ist praktisch nur noch durch direkte Ansprache und Akquise mit entsprechend hohem Zeit- und Personalaufwand möglich. Aufgrund der vergleichsweise geringen Logistik-Kosten sind letztlich allein lokal ansässige
Schausteller mit kleinen Fahrgeschäften, Imbissen und Ausschankbetrieben bereit, Stadtteilkirmessen zu beschicken. Das führt wiederum dazu, dass in den Stadtteilen die immer
gleichen Schausteller mit ihren immer gleichen Geschäften anzutreffen sind – mit ihrem i.
d. R. unveränderten Waren- und Dienstleistungsangebot, was potentiellen Besuchern inzwischen aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Für den einen bedeutet dies „Tradition“, für
den anderen „Langeweile“ und „Stagnation“. Ein Teil der möglichen Zielgruppe solcher
Volksfeste besucht diese Veranstaltungen daher schon lange nicht mehr.
Die Verwaltung hat seit dem Jahre 2011 bereits diverse Maßnahmen ergriffen, um dem zuvor skizzierten bundesweit negativen Abwärtstrend bei den (kleineren) Orts- bzw. Stadtteilkirmessen entgegen zu wirken. Neben der oben bereits angesprochenen überregionalen
Bewerbung der Stadtteilkirmessen in Fachmedien des Schaustellergewerbes wurde Folgendes unternommen:
Werbung für jede Vorortkirmes mit Plakatierung im gesamten Stadtgebiet und verstärkt im jeweiligen Bezirk, dies auch gezielt in Schulen und Kindergärten, um besonders Familien anzusprechen.
Pressekonferenzen und Information der Medien.
Schausteller wurden initiativ angesprochen und Gebührenreduzierung oder -verzicht
für besonders attraktiv wirkende Fahrgeschäfte offeriert.
Besondere Gestaltungen von Eröffnungsfeiern, z.B. durch Schützenparaden oder umzügen; in Uerdingen Ausrichtung des traditionellen Feuerwerkes als Höhenfeuerwerk.
Durch Beschluss der Bezirksvertretungen wurden umgesetzt:
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6.
7.
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In Hüls der Verzicht auf eine zweite Kirmes im Jahr.
In Uerdingen die Konzentration der Kirmes auf den Historischen Marktplatz.
In Linn die Verlegung des Kirmesplatzes von ehemals Rathenaustraße zum
Andreasmarkt.
Zusammenlegung der Kirmes mit weiteren lokalen Veranstaltungen, wie z. B.
Frühlingsfest, Schützenfest, Trödelmärkte u. ä.
Fazit
Alle diese Maßnahmen haben nach Beurteilung der Verwaltung jedoch nicht zu einer nachhaltigen Steigerung der Besucherzahlen und Umsätze der Schausteller geführt. Das Gegenteil ist der Fall und die Abwärtsspirale setzt sich fort.
Selbst wenn es gelänge, ein einzelnes Großfahrgeschäft zu akquirieren, so wäre dies im
Hinblick auf die vielen anderen „Attraktionen“, die die Lebenswirklichkeit gerade jüngeren
Menschen mit „Internet“, „Onlinespielen“, „Freizeitparks“, „You-Tube“, „Virtual Reality“ bietet, nicht mehr geeignet, die Besucherzahlen einer Vorortkirmes wesentlich zu steigern.
Es scheint offensichtlich, dass die alleinige (Stadtteil-) Kirmes in der jetzigen Form nicht
mehr dem Zeitgeist entspricht und in der Prognose unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten nur noch eine geringe Überlebensfähigkeit haben dürfte.
Um gleichwohl noch einmal alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Bestand der Stadtteilkirmessen als Teil der örtlichen Brauchtumspflege den veränderten Rahmenbedingungen
anzupassen, hat die Verwaltung im Sommer 2018 die „Event-Agentur Reinblick“ mit einer
Analyse und der Entwicklung einer Konzeption zur Neuausrichtung der Stadtteilkirmessen
beauftragt. Die als Diskussionsgrundlage gedachte Konzeption ist als Anlage beigefügt. Sie
enthält Vorschläge, wie Kirmessen dem Zeitgeist gemäßer gestaltet werden könnten.
Ausblick
A. Verzicht auf die Stadtteilkirmessen.
B. Optimierung der bestehenden Stadtteilkirmessen mit Budget.
C. Stadtfestmodell mit integrierter patronatsbezogener Kirmes.
Um Aussprache in der Bezirksvertretung wird gebeten.
Anlage(n):
(1) Kirmeskonzept Eventagentur "Reinblick"
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Finanzielle Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr.
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1.
Mit der Durchführung der Maßnahme ergeben sich folgende Auswirkungen auf die
Haushaltswirtschaft:
X
Keine unmittelbaren Auswirkungen
Einmalige Auswirkungen
Dauerhafte Auswirkungen
Innenauftrag:
P
Kostenart:
PSP-Element (investiv):
2.
Die finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan des Jahres
2018 berücksichtigt.
Ja
Nein
3.1 Konsumtiv
Dauerhafte Auswirkungen
Einmalige Auswirkungen
Aufwendungen
0 Euro
Abzüglich Erträge
0 Euro
Saldo
0 Euro
3.2 Investiv
Dauerhafte Auswirkungen
Einmalige Auswirkungen
Auszahlungen
0 Euro
Abzüglich Einzahlungen
0 Euro
Saldo
0 Euro
Bemerkungen bzw. während der vorläufigen Haushaltsführung Begründung gemäß § 82
Abs. 1 GO: