Daten
Kommune
Krefeld
Größe
158 kB
Datum
04.07.2018
Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 00:28
Stichworte
Inhalt der Datei
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Vorbericht
für die 319. Sitzung
des Vorstandes
am 5. Juni 2018
in Bielefeld
E-Mail
frauke.gast@staedtetag.de
Bearbeitet von
Frauke Gast
- Aktualisierte Fassung -
Aktenzeichen
40.26.40 N
TOP 5: Konnexitätsverfahren G9
Berichterstatter: Beigeordneter Klaus Hebborn
I. Beschlussvorschlag:
1. Der Vorstand des Städtetages Nordrhein-Westfalen stellt fest, dass die Einführung des neunjährigen Bildungsgangs an öffentlichen Gymnasien in Nordrhein-Westfalen
(13. Schulrechtsänderungsgesetz) bei den Schulträgern einmalige und jährlich wiederkehrende
Kosten verursacht. Er bekräftigt die Erwartung, dass das Land diese Mehrbelastungen vollständig ausgleicht.
2. Der Vorstand bewertet das Gutachten des Wuppertaler Instituts für bildungsökonomische Forschung der Bergischen Universität Wuppertal als geeignete Grundlage für weitere Gespräche
zum Kostenausgleich mit dem Land.
3. Der Vorstand lehnt den sog. NRW-Ansatz des Gutachtens zur Ermittlung der einmaligen Kosten
für Bau und Ausstattung von Schulraum ab. Allein der regional differenzierende Schulträgeransatz stellt eine tragfähige Grundlage für den Ausgleich der durch die G9-Umstellung entstehenden zusätzlichen Belastungen der Kommunen dar.
4. Der Vorstand fordert, dass der Schlüssel zur Verteilung der Landesmittel die regional unterschiedlichen Belastungen und Kostenfolgen angemessen berücksichtigen muss. Die Verteilung
sollte nicht allein auf Basis der Schülerzahlen bei Einführung von G9 erfolgen, sondern unter
Berücksichtigung der dynamischen Schülerzahlentwicklung bis zum Schuljahr 2023/24 sowie eines Baukostenfaktors, der die unterschiedlich hohen Baukosten innerhalb des Landes widerspiegelt. Der Vorstand betont, dass die Auszahlung der Mittel zeitlich bedarfsgerecht erfolgen muss.
Bauplanungs-, Bauausführungs- und sonstige Kosten müssen gedeckt sein, wenn sie anfallen.
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-2II. Begründung:
Der Landtag NRW hat am 22. März 2018 in erster Lesung über den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuregelung der Dauer der Bildungsgänge im Gymnasium
(13. Schulrechtsänderungsgesetz) beraten. Der Ausschuss für Schule und Bildung hat am 2. Mai
2018 eine öffentliche Anhörung durchgeführt, an der auch der Städtetag NRW mitgewirkt hat.
Der Gesetzentwurf enthält die Leitentscheidung für die Umstellung auf einen neunjährigen Bildungsgang an Gymnasien. Es wird deshalb erstmals im Schuljahr 2023/24 eine ‚neue‘
10. Jahrgangsstufe der Sekundarstufe I geben.
Gutachten zur Kostenfolgenabschätzung
Insgesamt ist unstrittig, dass den Schulträgern durch die Umstellung von G8 auf G9 Kosten entstehen. Der Entwurf des 13. Schulrechtsänderungsgesetzes enthält insofern auch die Ankündigung,
einen Belastungsausgleichs für die Kommunen in einem eigenen Belastungsausgleichsgesetz zu
schaffen. Das Land trägt dabei die Verantwortung für die Kostenfolgeabschätzung. Der Vorstand hat
bereits in seiner Sitzung vom 11. April 2018 die volle Erstattung der Mehrkosten durch das Land
gefordert.
Als Grundlage seiner Kostenfolgeabschätzung hat das Land ein Gutachten über die zu erwartenden
kommunalen Mehraufwendungen durch eine Projektgruppe unter Federführung des Wuppertaler
Instituts für bildungsökonomische Forschung (WIB) der Bergischen Universität in Auftrag gegeben.
Erstellt wurde das Gutachten von Frau Prof. Dr. Kerstin Schneider, Frau Dr. Anna M. Makles und
Herrn Prof. i.R. Dr. Klaus Klemm. Das Gutachten (Anlage) wurde dem Landtag NRW am
9. Mai 2018 zugeleitet.
Das Gutachten stützt sich auf Daten der amtlichen Schulstatistik. Zusätzliche Informationen, die der
amtlichen Schulstatistik nicht entnommen werden konnten, wurden über eine Befragung der Schulleiterinnen und Schulleiter sowie der Schulträger aller öffentlichen G8-Gymnasien ermittelt.
Das Gutachten enthält sowohl Schätzungen zu einmaligen Kosten, die insbesondere durch den Bau
und die Ausstattung neuer Unterrichtsräume anfallen, als auch zu jährlich wiederkehrenden Kosten
wie beispielsweise Kosten für Verwaltungskräfte oder Schülerfahrkosten.
Bei der Ermittlung der Schulbaukosten stellt das Gutachten zwei methodische Ansätze dar: Einen
nicht regional differenzierender Ansatz, der die Kosten im Aggregat auf Ebene des Landes abschätzt
(NRW-Ansatz) und ein von den Schulträgern ausgehender regionaler Ansatz (Schulträgeransatz).
Der NRW-Ansatz unterstellt, dass sich Überkapazitäten, die in einzelnen Regionen des Landes (etwa
in Folge demografischer Entwicklungen) entstehen, mit fehlenden Kapazitäten in anderen Regionen
verrechnen lassen.
Der Schulträgeransatz stützt sich hingegen auf schulscharfe Daten der Schulstatistik und Abfragen
bei den einzelnen G8-Gymnasien sowie deren Schulträgern. Der Ansatz berücksichtigt regionale
Unterschiede und kann auch die regionale Verteilung der konnexitätsrelevanten Kosten deutlich machen.
Bei den einmaligen Kosten steht die Ermittlung der Kosten des G9-bedingten zusätzlichen Raumbedarfs im Vordergrund. Dabei geht das Gutachten von einer „theoretischen Raumreserve“ aus, die auf
freigewordene Unterrichtsräume aus der Umstellung von G9 auf G8 ab dem Jahr 2005 abzielt. So-
-3fern diese Räume heute z. B. als Ruheraum, Aufenthaltsraum oder Lagerraum genutzt werden, geht
das Gutachten davon aus, dass diese Nutzungen unter Umständen aufgegeben und die Räume wieder
für Unterrichtszwecke verwendet werden könnten. Damit würde sich die Anzahl der neu zu errichtenden (konnexitätsrelevanten) Räume verringern.
Zentrale Ergebnisse
Im Ergebnis führt der NRW-Ansatz zu geschätzten Baukosten in Höhe von 78,9 Millionen Euro
bzw. 472 Millionen Euro, je nachdem welche Abschreibungsmodalitäten zugrunde gelegt werden..
Der Schulträgeransatz kommt zu dem Ergebnis, dass den Schulträgern 1.016 Unterrichtsräume fehlen, was Kosten für Bau und Ausstattung (inklusive Baunebenkosten, Kosten für Grundstücke und
Sporthallen) in Höhe von 518,3 Millionen Euro verursachen würde. Der Ansatz geht davon aus, dass
die meisten Raumbedarfe durch Erweiterungsbauten gedeckt werden können, aber auch sechs neue
vierzügige Gymnasien gebaut werden müssen.
Neben den einmaligen Kosten für den Bau und die Ausstattung von Schulraum hat das Gutachten
auch die jährlich wiederkehrenden konnexitätsrelevanten Kosten geschätzt. Diese Schätzungen basieren ausschließlich auf dem Schulträgeransatz. In der Summe ergeben sich geschätzte jährlich
wiederkehrende Kosten in Höhe von 30,7 Millionen Euro für alle 232 Schulträger öffentlicher G8Gymnasien in NRW. Dabei berücksichtigt wurden Kosten für Verwaltungspersonal und Hausmeister
(4,4 Millionen Euro), Schülerfahrkosten (6,8 Millionen Euro), Lernmittel der 10. Jahrgangsstufe (0,9
Millionen Euro), zusätzlich entstehende Bewirtschaftungskosten (8,3 Millionen Euro) sowie weitere
Sachkosten, darunter Kosten für Lehr- und andere Unterrichtsmittel, Unterhalt und Erhalt der Einrichtung sowie die Ausstattung der Schulen mit neuen Medien (3,6 Millionen Euro). Darüber hinaus
müssen Abschreibungen für die neuen Räume mit jährlich 6,8 Millionen Euro finanziert werden.
Bewertung und Ausblick
Die Geschäftsstelle hält für die Berechnung der konnexitätsrelevanten einmaligen Kosten allein den
Schulträgeransatz für akzeptabel. Der NRW-Ansatz ist abzulehnen, da Schulraumdefizite bei einem
Schulträger in der Praxis nicht durch Überschüsse bei einem anderen Schulträger ausgeglichen werden können, wie es der Ansatz in der Theorie unterstellt.
Hinsichtlich der unterstellten Raumreserve geht die Geschäftsstelle davon aus, dass solche Kapazitäten angesichts des Ganztagsschulausbaus, der Inklusion und durch die zusätzliche Beschulung zugewanderter Kinder und Jugendlicher in der Regel nicht mehr tatsächlich existieren. Dies wird mit
der Landesregierung noch intensiv zu diskutieren sein.
Das Gutachten hat deutlich gemacht, dass der Bedarf an Unterrichtsräumen für den zusätzlichen G9Jahrgang in den einzelnen Kommunen nicht gleich sein wird. Das liegt vor allem an der regional
völlig unterschiedlichen Entwicklung der Schülerzahlen und der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung in der altersrelevanten Kohorte der Kinder und Jugendlichen. Somit werden auch die
Kosten für die Schulträger unterschiedlich ausfallen. Dies liegt nicht zuletzt auch an regional sehr
unterschiedlichen Baukosten. Diese Tatsachen müssen bei der Festlegung eines Verteilschlüssels für
die Landesmittel angemessen berücksichtigt werden. Eine möglichst gerechte Verteilung der Landesmittel wird aus Sicht der Geschäftsstelle bei Berücksichtigung der dynamischen Schülerzahlentwicklung bis zum Schuljahr 2023/24 erreicht. Diese wird durch einen Vergleich der Schülerzahlen
der letzten G8-Kohorte (Klassen 5-9 im Schuljahr 2016/2017) mit der ersten G9-Kohorte (Klassen 5-10 im Schuljahr 2023/2024 laut amtlicher Schulstatistik) festgelegt. Die unterschiedlichen
-4Baukosten nach Regionen können durch eine zusätzliche Faktorisierung berücksichtigt werden. Die
Gutachter hatten keinen konkreten Verteilschlüssel vorgeschlagen.
Die Schulträger müssen rechtzeitig in die Lage versetzt werden, die notwendigen Maßnahmen zur
Deckung des zu erwartenden Bedarfs an Unterrichtsräumen anzustoßen. Die Mittel dürfen nicht erst
im Schuljahr 2023/24, wenn es tatsächlich eine ‚neue‘ 10. Jahrgangsstufe der Sekundarstufe I geben
wird, zur Verfügung stehen. Stattdessen müssen Planungs- und Realisierungszeiträume realistisch
berücksichtigt werden.
Das Ministerium für Schule und Bildung hat die kommunalen Spitzenverbände zu einem Erörterungsgespräch Ende Mai 2018 eingeladen. Die weiteren Ergebnisse werden mündlich in die Sitzung
eingebracht.
Anlage