Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 01:53
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 03.12.2014
Nr.
802 /14
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Schule und Weiterbildung
17.12.2014
Betreff
Sachstandsbericht zur aktuellen Beschulung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung nimmt den Sachstandsbericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen
ja
X nein
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 802 /14
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
In den vergangenen Wochen wurde das Kommunale Integrationszentrum von verschiedenen Seiten gebeten, zur Situation der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger zu berichten. Die Verwaltung hat daraufhin den vorliegenden Sachstandsbericht angekündigt und verweist zudem auf die Antwort auf die
Anfrage der Fraktion Die Linke (Vorlage Nr. 628/14V).
Das Schulgesetz regelt in § 34 die Schulpflicht. Sie umfasst in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I
den Besuch einer Vollzeitschule (Vollzeitschulpflicht). Eine Ausnahme ist bei Vorliegen eines wichtigen
Grundes möglich, insbesondere dann, wenn die Schülerin oder der Schüler sich nur vorübergehend in
Deutschland aufhält. Die Schulpflicht besteht zudem auch für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und alleinstehende Kinder und Jugendliche, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald sie einer
Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Für ausreisepflichtige ausländische
Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfüllung der Ausreisepflicht.
Um die Kinder und Jugendlichen schnellstmöglich an eine Schule zu vermitteln und damit das Recht auf
den Besuch einer Schule zu erhalten, sieht für Krefeld die Verfahrensweise wie folgt aus:
1. Nachdem die Familien in Krefeld registriert worden sind, werden sie gebeten, sich beim Schulamt für
die Stadt Krefeld bzw. im Kommunalen Integrationszentrum (KI) zu melden.
Im Schulamt bzw. KI wird differenziert:
a) Familien mit Grundschulkindern melden sich direkt im Schulamt. Hier werden die Personalien aufgenommen und die Kinder werden durch die zuständige Schulaufsicht in der Regel der nächstgelegenen Grundschule zugewiesen.
b) Familien mit älteren Kindern (Sekundarstufe I) melden sich im Kommunalen Integrationszentrum.
Hier findet eine ausgiebige Beratung durch eine Lehrkraft statt. In der Regel kommen die Familien mit
einem Übersetzer. Es wird überprüft, ob diese Kinder im Besitz von Zeugnissen sind, die eine bisherige
Schulbildung ausweisen. Ist das der Fall, wird die individuelle Beratung mit dem Ziel verfolgt, diese
Kinder möglichst schulformkonform zu vermitteln. Hierbei werden die Schülerinnen und Schüler an
Schulen vermittelt, die sich mit besonderen Konzepten der Seiteneinsteigerförderung annehmen. (Des
Weiteren besteht eine enge Kooperation mit dem Gesundheitsamt, das eine Erstuntersuchung für die
Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I durchführt).
2. Jugendliche, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, werden seitens der Schulverwaltung aufgefordert, sich an einem Krefelder Berufskolleg anzumelden. Aktuell ist das KI im Gespräch mit den Krefelder
Berufskollegs das bisherige Konzept den neuem Erfordernissen anzupassen.
3. Bisher konnte den Kindern und Jugendlichen, die im KI und im Schulamt beraten worden sind, in kurzer
Zeit ein Schulplatz vermittelt werden. Diese Aufgabe gestaltet sich im Hinblick auf die Sekundarstufe I
zunehmend schwieriger. Verzögerungen kommen u.a. deshalb zustande, weil aktuell die Aufnahmekapazitäten vieler Schulen erschöpft sind.
Begründung
Seite 3
Die folgende Tabelle zeigt die Sek-I-Schulen in Krefeld, die derzeit an der Förderung DaZ für Seiteneinsteiger beteiligt sind und unterjährig neue Schülerinnen und Schüler aufnehmen:
Schule
Hauptschulen
Gartenstadt (Kl. 7-10)
Josef-Hafels-Schule (Kl. 5-10)
Prinz-Ferdinand Schule (Kl. 6-10)
Theodor-Heuss Schule (Kl. 9-10)
Von- Ketteler- Schule (Kl. 7-10)
Stephanus Schule (Kl. 5-10)
Ganztag
DaZ-Gruppen
x
-
2
2
2
1
1
2
Realschulen
Albert-Schweizer-Schule
RS Horkesgath
RS Oppum
x
x
x
1
2
2
Gymnasien
Ricarda Huch
Horkesgath
Fabritianum (nur bis 13/14)
x
-
1
1
(1)
Gesamtschulen
Kurt-Tucholsky-Gesamtschule
x
3
In den ersten vier Monaten des Schuljahres 2014/2015 wurden bisher ca. 100 Grundschülerinnen und
Grundschüler durch das Schulamt an die Grundschulen vermittelt.
Im Bereich der Sekundarstufe I wurden ca. 130 Schülerinnen und Schüler im KI beraten. von denen ca. 20
(Stand 3.12.) noch keinen Schulplatz bekommen haben.
Es ist daher dringend nötig, dass für die Beschulung der Kinder eine Lösung entwickelt wird.
Rechtliche Vorgaben zur Beschulung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger
Maßgeblich ist der Erlass „Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere im Bereich der Sprachen“, BASS 13-63 Nr. 3.
Dieser Erlass sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte grundsätzlich in Regelklassen beschult werden.
Diese Vorgabe gilt vorrangig für diejenigen Kinder und Jugendlichen, die sich bereits länger in Deutschland aufhalten und wird selbstverständlich durchgängig umgesetzt. Aber auch im Hinblick auf die neu
zugewanderten Kinder und Jugendlichen wurde in Krefeld bisher dieses Modell favorisiert. Demzufolge
wurden diese Kinder seitens der Schulen in Regelklassen aufgenommen und für eine intensive DeutschFörderung stundenweise im Umfang von etwa 10-20 Unterrichtsstunden in getrennten Gruppen unterrichtet. Dies ist das so genannte DaZ-Klassensystem. Es setzt voraus, dass in den Regelklassen genügend
Aufnahmekapazitäten vorhanden sind. Darüber hinaus legt es nahe, dass versucht wird, die Kinder an
denjenigen Schulformen unterzubringen, an denen der beste Schulerfolg zu erwarten ist, was die Vermittlung an Gymnasien teilweise zusätzlich erschwert.
Dieses System stößt inzwischen durch die vermehrte Zuwanderung aus Ost- und Südosteuropa an Grenzen, da in den Regelklassen einerseits nicht mehr genügend Aufnahmekapazitäten vorhanden sind und da
andererseits die Schulplätze in den Hauptschulen, die in den vergangenen Jahren vorrangig die Seiteneinsteigerbeschulung übernommen haben, immer mehr zurück gehen. Das hat schon in den vergangenen
Monaten dazu geführt, dass auch die anderen Schulformen vermehrt in die Förderung eingestiegen sind,
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dies aber immer unter dem Vorbehalt, dass sofern möglich eine Eignung der Kinder für den entsprechenden Bildungsgang vorhanden war.
Der Erlass sieht jedoch für diejenigen Kindern, deren Kenntnisse der deutschen Sprache die Teilnahme am
Unterricht einer Regelklasse noch nicht ermöglichen, auch die Einrichtung so genannter Vorbereitungsklassen und ggf. von Auffangklassen vor:
„ Vorbereitungsklassen: (2.1) Für schulpflichtige Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte, deren Kenntnisse in der deutschen Sprache die Teilnahme am Unterricht einer Regelklasse noch nicht ermöglichen, werden bei Bedarf Vorbereitungsklassen eingerichtet. Dieses ist in allen
Schulformen möglich. […] Sie sollen in der deutschen Sprache so intensiv und individuell gefördert
werden, dass ihre Verweildauer in der Vorbereitungsklasse in der Regel zwei Jahre nicht überschreitet. Ein vorzeitiger Übergang ist anzustreben.
Auffangklassen: (2.1) Für Schülerinnen und Schüler, die während des Schuljahres den Schulbesuch
aufnehmen, ist die Bildung von Auffangklassen bei Bedarf möglich. Mit Schuljahresbeginn müssen
diese Schülerinnen und Schüler den Vorbereitungsklassen oder wenn möglich den Regelklassen zugewiesen werden. (2.2) Die Entscheidung über die Zuweisung in eine Vorbereitungsklasse trifft die
Schulaufsichtsbehörde auf Vorschlag der Schulleiterin oder des Schulleiters und nach Beratung der
Eltern. (2.3) Vorbereitungsklassen sind Teil der Schule, an der diese eingerichtet werden; das gilt
auch dann, wenn sie im Gebäude einer anderen Schule untergebracht sind. In einer Vorbereitungsklasse sollen nicht mehr als zwei Jahrgänge unterrichtet werden. Bei Auffangklassen kann hiervon
abgewichen werden. (2.4) Unterrichtssprache ist Deutsch. In den Vorbereitungsklassen richtet sich
die Gesamtzahl der Schülerwochenstunden nach der für die jeweilige Jahrgangsstufe vorgesehenen
Stundenzahl. Der Schwerpunkt der gesamten Unterrichtsarbeit liegt auf dem Erlernen der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Der Deutschunterricht soll zehn bis zwölf Wochenstunden umfassen. Der Unterricht beginnt mit dem Lese-Schreib-Lehrgang in der deutschen Sprache. Auch der
sonstige Unterricht dient vorrangig dem Erlernen der deutschen (Fach-)Sprache. Auf musischen
Unterricht und Sport darf nicht verzichtet werden.“
Die Verwaltung schlägt nunmehr vor, von der Möglichkeit der Einrichtung dieser Vorbereitungsklassen in
der Sekundarstufe I Gebrauch zu machen. Die Entscheidung darüber liegt bei der Schulaufsicht. Diese
wird voraussichtlich auf einer regionalen Dienstbesprechung am 8.12. über die Einrichtung von Vorbereitungsklassen entscheiden. Der Lenkungskreis für die Bildungsregion Krefeld, in dem alle Schulformen
vertreten sind, stimmt dieser Vorgehensweise zu. Er hat am 1.12.2014 darüber hinaus eine Arbeitsgruppe
unter Leitung des Kommunalen Integrationszentrums angeregt, die sich in den kommenden Wochen mit
den Detailfragen der Einrichtung dieser Klassen befassen soll. Dazu gehören beispielsweise pädagogische
Überlegungen und Standortfragen dieser Klassen.
Weitere Beschulungs- und Integrationsmöglichkeiten
Aufgrund der zunehmenden Problematik durch die vermehrte Anzahl der Flüchtlinge in Deutschland gibt
es außerhalb von NRW teilweise andere Modelle, die das Ziel einer schnellen Eingliederung der neuzugewanderten Kinder und Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen verfolgen:
a. In Schleswig-Holstein gibt es so genannte DaZ-Zentren. Es handelt sich um eine organisatorische Verbindung von mehreren Schulen, in der schulformübergreifend Deutschkurse für Schülerinnen und Schüler
ohne oder mit äußerst geringen Deutschkenntnissen angeboten werden. Ziel dieser Sprachbildung ist es,
das Kinder und Jugendliche erfolgreich in Schule mitarbeiten können, begabungsgerecht beschult werden
und einen Schulabschluss erreichen können, der ihrem individuellen Leistungsvermögen entspricht. Die
Teilnahme am Unterricht ist verpflichtend. Das DaZ-Zentrum arbeitet mit dem Mehrstufenmodell: Nach
einer Sprachstandserfassung und einem ausführlichen Elterngespräch werden Schülerinnen und Schüler
ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen in einen Vollzeit-Basiskurs aufgenommen. Sie sind während
dieser Zeit Schülerinnen und Schüler des DaZ-Zentrums und damit weder einer Regelschule noch einer
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Schulart zugeordnet. Vom DaZ-Zentrum erhalten sie auch das Zeugnis. Die Kinder werden durchschnittlich mit 25 Wochenstunden unterrichtet, im ersten Halbjahr steht ausschließlich Deutsch als Zweitsprache
auf dem Stundenplan. In der Aufbaustufe besuchen die Schülerinnen und Schüler in einzelnen Fächern
den Regelunterricht ihrer zukünftigen Klasse. In welchen Fächern die Kinder schon am Unterricht der
Regelklasse teilnehmen, soll von ihren persönlichen Stärken abhängen. Die Schülerinnen und Schüler
erhalten weiterhin wöchentlich vier bis sechs DaZ-Stunden. In der anschließenden Integrationsstufe
nehmen die Schülerinnen und Schüler voll am Unterricht in der Regelklasse teil. Wöchentlich werden
zwei DaZ-Stunden von Lehrerinnen und Lehrern der Regelschule erteilt.
b. Mit dem „Integrations-Bambi“ wurde vor einigen Wochen das Modell der Münchener SchlaUSchule
(schulanaloger Unterricht) ausgezeichnet. Die SchlaU-Schule ist eine staatlich anerkannte Schule in privater Trägerschaft für junge Flüchtlinge in München. Rund 220 Jugendliche werden hier analog zum Kernfächerkanon der bayerischen Haupt- und Mittelschulen in bis zu 15 Klassen unterrichtet und zum Schulabschluss geführt. Die Unterstützung der Schüler/innen umfasst neben dem Schulunterricht eine gezielte,
intensive individuelle Förderung, die es den Jugendlichen bereits nach kurzer Zeit ermöglicht, in das deutsche Regelschul- und Ausbildungssystem einzusteigen, um sich dort zu entfalten. Partnerschule ist die
ISUS, Integration durch Sofortbeschulung und Stabilisierung. Es handelt sich um ein Schulprojekt für aktuell 74 junge Menschen nach traumatisierenden Erlebnissen im Herkunftsland und auf der Flucht.
Angesichts der schulrechtlichen Rahmenbedingungen in NRW sind diese Vorgehensweisen bzw. Projekte
nicht unmittelbar auf Krefeld übertragbar. Das Kommunale Integrationszentrum prüft in Abstimmung mit
der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren (LAKI, Bezirksregierung Arnsberg)
, welche Teilaspekte ggf. für Krefeld übernommen werden können.