Daten
Kommune
Krefeld
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16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 02:00
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Anfrage der Ratsfraktion Bündnis`90 Die Grünen
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 09.10.2014
Nr.
468 /14 V
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Verwaltung, Vergabe, Ordnung und Sicherheit
22.10.2014
Betreff
Kooperation von Rettungsdiensten und Kliniken in Krefeld
Anfrage der Ratsfraktion Bündnis`90 Die Grünen
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen
ja
X nein
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 468 /14 V
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
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1. Anteil von außer- und innerstädtischen Rettungsdiensten in Notfällen
Im Jahre 2013 sind Rettungswagen (RTW) zu 19939 Einsätzen der Notfallrettung ausgerückt.
In 15 Fällen wurden Rettungswagen aus der Nachbarschaft für Einsätze in Krefeld alarmiert. In
diesen Fällen war entweder der Krefelder Rettungsdienst ausgelastet oder der Einsatz eines RTW
aus der Nachbarschaft war günstiger als der eines Krefelder RTW Beispiel: Der RTW aus Kempen
ist bei einem Notfall schneller in Hüls als ein in Krefeld-Linn oder Gartenstadt stationierter RTW.
Bei insgesamt 6508 Alarmierungen eines Notarzteinsatzfahrzeugs (NEF) wurde 259mal ein benachbartes NEF alarmiert, überwiegend das in St. Tönis stationierte.
Auf der Grundlage einer Vereinbarung über die interkommunale Zusammenarbeit im Rettungsdienst wird seit 2001 das am Krankenhaus St. Tönis stationierte NEF in einem festgelegten Einsatzgebiet im Westen der Stadt Krefeld eingesetzt. Zu diesem Einsatzbereich gehören neben
dem Neubaugebiet „Am Schicksbaum" auch Teile der Bezirke Benrad und Forstwald bis zur
Bahnlinie Krefeld / Viersen.
2. Gewährleistung des 6-Minuten-Zeitraums für die Anfahrt zu den Notfallorten
Weder das Rettungsgesetz NRW noch ergänzende Erlasse des MGEPA Ministeriums für Gesundheit,
Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) enthalten für den Rettungsdienst konkrete Angaben über
einzuhaltende Schutzziele. Nach § 6 RettG NRW sind die Träger des Rettungsdienstes verpflichtet, „die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der
Notfallrettung einschließlich der Leistungen der notärztlichen Versorgung (...) sicherzustellen“.
Planung und Durchführung der Notfallrettung in Krefeld orientieren sich an den Schutzzielen, die
der Kommentierung zum Rettungsgesetz zu entnehmen sind und auf die sich gerichtliche Entscheidungen in der jüngsten Vergangenheit stützen.
Die Festlegung der Planungsgrößen ist letztendlich kommunale Aufgabe und bedarf der Entscheidung des Rates.
Planungsgröße Hilfsfrist
Die erste Planungsgröße ist die Eintreffzeit, auch Hilfsfrist genannt. Dies ist der Zeitraum zwischen dem Eingang der Notfallmeldung in der Leitstelle und dem Eintreffen des ersten Rettungsmittels am an einer öffentlichen Straße gelegenen Notfallort. Richtwerte in NordrheinWestfalen sind Hilfsfristen von höchstens acht Minuten in städtischen Kernbereichen und maximal zwölf Minuten in den übrigen Bereichen.
Ziel für den größten Teil Krefelds, die Kernbereiche, ist eine Hilfsfrist von maximal acht Minuten. Für die ländlichen Bereiche (z. B. Hülser Berg, Vennikel, Orbroich) gelten maximal zwölf
Minuten.
Planungsgröße Erreichungsgrad
Die zweite Planungsgröße ist der Erreichungsgrad. Bedingt durch widrige Wetterverhältnisse,
Verkehrsbedingungen usw. ist die Hilfsfrist von acht bzw. zwölf Minuten in 100 Prozent aller Fälle nicht erreichbar.
Der Erreichungsgrad soll bei 90% liegen. 2013 lag der Wert für das ersteintreffende zuständige
Rettungsmittel bei 91,6%.
3. Bedeutung des AOK-Gesundheitsreports 2013 für Krefeld
Der AOK-Gesundheitsreport 2013 betrachtet das Jahr 2012. Hinsichtlich der Kooperation des
Rettungsdienstes und der Krefelder Kliniken bezieht er sich auf die Versorgung von Schlaganfallpatienten.
Der Schlaganfall als typische Komplikation eines vorgeschädigten Gefäßsystems galt noch vor
zwei Jahrzehnten als therapeutisch wenig beeinflussbar, insbesondere in Bezug auf die Vermei-
Begründung
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dung bleibender Behinderungen, typischerweise einer halbseitigen Lähmung. Mit dem therapeutischen Fortschritt ging die Erkenntnis, Schlaganfälle als zeitkritisch zu versorgende Notfälle mit
einem kurzen Zeitfenster zu antizipieren, Hand in Hand.
Die Kernaussage des AOK-Gesundheitsreport 2013 ist, dass durch den Rettungsdienst im Durchschnitt ein Viertel aller Schlaganfallpatienten in eine Klinik ohne spezielle Einrichtung zur Akutversorgung und Frührehabilitation, sogenannten Stroke Units, eingeliefert werden. Je früher die
Aufnahme in einer Stroke Unit möglich ist, um so eher kann es gelingen, das geschädigte Hirnareal klein zu halten und damit den Grundstein für möglichst geringfügige bleibende Schädigungen zu legen.
Nach Schätzungen von Ringelstein et al. (2004, S.13) ist für eine flächendeckende Versorgung der
Bevölkerung ein Stroke Unit Bett pro 100 bis 300 Schlaganfallpatienten erforderlich. Dies würde
für NRW ein Bettenbedarf von etwa 280 Stroke Unit Betten bedeuten. Der Ist-Bestand von heute
beträgt in etwa 122 Stroke Unit Betten, was einer Bedarfsdeckung von ungefähr 45% entspricht.
Daher wird nach Krankenhausplan NRW Anhang F I. keine Aufnahme sämtlicher Schlaganfallpatienten auf einer Stroke Unit angestrebt.
Stroke Units sind seit etwa 10 Jahren in Deutschland etabliert, sie sind in NRW Gegenstand der
Krankenhausplanung. Im Jahr 2012 gab es in Krefeld eine solche Einrichtung im Helios Klinikum
Krefeld. Diese wurde im Jahr ~2004 gegründet und es wurde eine Kooperation zwischen dem
Helios Klinikum Krefeld (damals noch städtische Krankenanstalten Krefeld), dem Krankenhaus
Maria-Hilf, der AOK/Krankenkassen und dem Rettungsdienst geschlossen. Ziel war die eingangs
beschriebene schnelle Zuführung zur Stroke Unit.
Bezüglich der Krankenhausbettenplanung hat der Beigeordnete Herr Visser auf Initiative des
Rettungsdienstes Krefeld ein Gespräch im Dezernat Gesundheit bei der Bezirksregierung erwirkt.
Dabei konnte auch diese Problematik im Rahmen der notwendigen Intensivbettenplanung einbezogen werden.
Das Helios Klinikum Krefeld und die Alexianer Krefeld GmbH, Krankenhaus Maria-Hilf, betreiben
seit Jahren eine neurologische Abteilung. Im Jahr 2013 eröffnete auch die Alexianer Krefeld
GmbH, Krankenhaus Maria-Hilf, ihre Stroke Unit, die 2014 zertifiziert wurde. Somit stehen in
Krefeld nunmehr zwei Stroke Units zur Verfügung, von denen derzeit nur das Alexianer Maria
Hilf formal zertifiziert ist.
Hiermit einher geht eine weitere Stärkung der Anforderungen des Krankenhausplan NRW, welche eine flächendeckenden Versorgung und zeitlicher Erreichbarkeit einer Stroke Unit innerhalb
einer Stunde nach Benachrichtigung des Rettungsdienstes sind.
Die statistische Erhebung des AOK-Gesundheitsreports 2013 sagt aus, dass durch den Rettungsdienst in Krefeld lediglich 60% der Schlaganfallpatienten in eine Stroke Unit gefahren wurden. Im
direkten Vergleich mit Städten, die ebenfalls nur eine Stroke Unit in ihrem Bereich haben, liegt
die Stadt Krefeld hiermit im oberen letzten Drittel.
Fraglich sind die Angaben zu den Schlaganfallpatienten, die lysiert in die Klinik eingeliefert wurden. In Krefeld sollen es 20,63% der Patienten gewesen sein. Da im Rettungsdienst der Stadt
Krefeld, aufgrund der kurzen Anfahrtswege und der Risiken einer prähospitalen Lyse, diese nicht
durchführt wird, stellt sich bei den Verantwortlichen des Rettungsdienstes die Frage, auf welchen Grundlagen die Erhebungen durchgeführt worden sind.
Für eine Präzise Bewertung stellen sich eine Reihe Fragen! Anfragen, die Zuweisung des Rettungsdienstes betreffend, gab es in Krefeld nicht! Wurden ausschließlich die Patienten erfasst,
die durch den Rettungsdienst der Stadt Krefeld eingeliefert wurden oder wurden auch die Einlieferungen der umliegenden Rettungsdienste in die Krefelder Kliniken erfasst? Wo und wann wurde die Diagnose "Schlaganfall" gestellt? Wurden die Einlieferungen von Patienten mit Schlaganfall, in eine Interdisziplinäre Notfallaufnahme oder das Notfallzentrum als Zulieferung zur Stroke
Unit gewertet?
Begründung
Seite 4
Die Angaben des Berichtes sind aus Sicht des ärztlichen Leiters Rettungsdienst, Herrn Dr. Lenssen, nachvollziehbar. So gibt es bei diesen Zahlen einerseits eine Reihe von Fehlerquellen, die zu
Fehlinterpretationen verleiten, andererseits ist die Problematik sehr komplex, kann aber Dritten
im Rahmen eines Vortrages ohne weiteres beschrieben werden. Die Fehlzahlen, die nach Korrektur für Krefeld verbleiben, spiegeln zum Teil die Grundproblematik wieder (Einweisungspraxis
der Hausärzte, Selbsteinweisung beim Krefelder Patientenklientel, erforderliche Öffentlichkeitsarbeit)
Alle Schlaganfallpatienten, die der Notfallrettung in Krefeld bekannt sind, werden direkt in eine
Stroke Unit transportiert. Dies selbst, wenn die Hausärzte zunächst eine andere Klinik vorgeben
wollen, so sorgt das RD-Personal in einem Gespräch für die entsprechende Zielklinik.
Schlaganfallpatienten, die von Hausärzten eingewiesen werden und mittels Krankentransport
verbracht werden, müssen zunächst in die bei der Einweisung angegebene Zielklinik gebracht
werden.
4. Schulung von Rettungsdiensten bei Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten
Im Rahmen der gesetzmäßigen 30-Stunden-Fortbildung werden alle am Rettungsdienst der Stadt
Krefeld teilnehmenden Mitarbeiter (Berufsfeuerwehr, DRK und MHD) gemeinsam fortgebildet.
Sie werden dabei nach den Vorgaben der Bundesärztekammer zur „Notkompetenz“ ausgebildet
und erlangen Fertigkeiten, die sie unter bestimmten Voraussetzungen zur Durchführung lebensrettender Maßnahmen legitimiert, die ansonsten nur Ärzten vorbehalten sind. Diese umfangreichen Anforderungen wurden durch den Ärztlichen Leiter in sogenannten Leitlinien bzw. Standardregeln fixiert und seit 2005 durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst jährlich zertifiziert.
Dazu zählen insbesondere die Bereiche Herzinfarkt, Schlaganfall und Versorgung Schwerverletzter. Jeder Mitarbeiter im Rettungsdienst ist in der Lage diese Krankheitsbilder unmittelbar zu
erkennen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und die Zeit zwischen Eintreffen am Notfallort und Klinikeinlieferung zu minimieren. (In der bundesweiten „Fit-STEMI-Studie“ zur präklinischen Versorgung von Herzinfarktpatienten liegt Krefeld unter den ersten 10).
Die Ausstattung im Rettungsdienst entspricht dem aktuellen notfallmedizinischen Standard und
genügt in vollem Umfang den Anforderungen hinsichtlich der seit Jahren geübten Kooperation
mit den Kliniken bei „heart-unit“ (Herzinfarkt), „stroke unit“ (Schlaganfall) und der Traumaversorgung für Unfallpatienten.
Im Hinblick auf eine optimale medizinische Versorgung von Notfallpatienten wurde die nach
Norm vorgesehene Ausstattung der Rettungswagen modular angepasst. So kommen u. a. halbautomatische Defibrillatoren zur Wiederbelebung durch ärztliches und nichtärztliches Personal,
und ein Gerät für die externe Herzdruckmassage zum Einsatz, mit dem eine kontinuierliche
Druckmassage auch während eines Transports erfolgt.
Die Ausstattung mit halbautomatischen Defibrillatoren leitet eine optimierte präklinische Versorgung ein. Das EKG eines Patienten wird an die Aufnahmeklinik übertragen, damit bis zum Eintreffen des Patienten alle erforderlichen Maßnahmen bereits vorbereitet werden können. Auf
diese Weise erhält der Notfallpatient eine schnelle und optimale Behandlung, die die Gefahr
gravierender Spätschäden deutlich reduziert. Die Zeitspanne zwischen den Erstmaßnahmen des
Rettungsdienstes und den Maßnahmen in der Klinik ist bundesweit beispielhaft.
Mit der Chest-Pain- und Stroke-Unit wird sicher gestellt, dass parallel mit der Versorgung des
Patienten an der Einsatzstelle und der Herstellung seiner Transportfähigkeit ein Bereit-
Begründung
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schaftsteam alarmiert wird, um sofort nach der Einlieferung mit den erforderlichen Maßnahmen
zu beginnen und somit Spätschäden zu minimieren.
5. Perspektiven für die Entwicklung des Angebots an zertifizierten Stroke-Unit- Kliniken
Entscheidend für die Patientenversorgung bei diesem Krankheitsbild ist die frühzeitige Erkennung und damit die möglichst direkte Verbringung in eine Stroke-Unit. Selbsteinweisende/fußläufige Patienten wählen unter Umständen die falsche Klinik. So werden unter Umständen
Verlegungen erforderlich. Der Rettungsdienst der Stadt Krefeld ist in der Lage derartige Verlegungen ohne Zeitverzug durchzuführen.
Der Status Quo stellt sich für Krefeld wie folgt dar:
a. Das Alexianer Krankenhaus Maria Hilf In Krefeld ist bisher als einzige Klinik durch die deutsche
Schlaganfallgesellschaft zertifiziert.
b. Das Helio-Klinikum-Krefeld ist in Bezug auf die erforderliche Akutversorgung und unter Berücksichtigung der für die Zertifizierung zu erfüllenden Kriterien ist als gleichwertig anzusehen,
insbesondere da hier auch die Abteilungen für Neurologie und Neurochirurgie uneingeschränkt
besetzt sind.
c. Die Helios-Klinik-Hüls ist nicht zertifiziert, steht jedoch organisatorisch in enger Verbindung
zum Klinikum Krefeld. Erforderliche Verlegungen ins Klinikum Krefeld haben unter Umständen
eine Verzögerung von unter 1 Stunde zur Folge.
d. Das Malteser Josefshospital Uerdingen ist ebenfalls nicht zertifiziert muss für die Bereiche CT
und Neurologie externe Diagnostik hinzuziehen und ggf die Patienten in eine andere Klinik verlegen. Dies erfolgt bisher in eine Klinik in Duisburg. Die derzeitigen Bemühungen des ärztlichen
Leiter Rettungsdienst zielen darauf ab, notwendige Verlegungen in eine krefelder Stroke-Unit zu
erreichen.