Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 02:29
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 07.04.2016
Nr.
2566 /16
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 50/0 Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Senioren
12.05.2016
Haupt- und Beschwerdeausschuss
02.06.2016
Rat
02.06.2016
Betreff
Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge/Beitritt zur Rahmenvereinbarung
- Anträge der Fraktionen der Grünen vom 31.08.2015, der SPD und DIE LINKE vom 15.09.2015 sowie
Verwaltungsvorlage Beschlussentwurf:
Unter den gegebenen Bedingungen wird von der Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge und
damit dem Beitritt der Stadt Krefeld zu der Rahmenvereinbarung abgesehen.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen ja
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
X nein
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 2566 /16
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
Mit den beigefügten Anträgen vom 31.08.2015 und 15.09.2015 für die Sitzung des Rates wünschten die
Ratsfraktionen Bündnis ´90 - Die Grünen, SPD und DIE LINKE für die Sitzung des Rates am 29.09.2015 einen Beschluss zum Beitritt der Stadt Krefeld zur Rahmenvereinbarung zwischen dem Land NRW und den
in der Vereinbarung genannten Krankenkassen. In der Sitzung am 29.09.2015 hat der Rat die Angelegenheit zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Senioren verwiesen.
Mit der Rahmenvereinbarung soll die Gesundheitsversorgung der Leistungsberechtigten nach §§ 1 und 1a
des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), die keinen Anspruch auf Leistung in besonderen Fällen
nach § 2 AsylbLG haben, durch eine Krankenkasse übernommen werden. Zudem soll hierdurch auch ein
Beitrag zum Bürokratieabbau in den Gemeinden geleistet werden.
In jeder Kommune soll vereinbarungsgemäß nur eine Krankenkasse die Federführung für die Gesundheitskarte übernehmen; für Krefeld liegt die Zuständigkeit mittlerweile bei der SiemensBetriebskrankenkasse (SBK).
Die bereits begonnenen Verhandlungen mit der SBK wurden zwischenzeitlich aufgrund einer Vergabebeschwerde (Antrag auf Nachprüfung) eines privaten Drittanbieters ausgesetzt. Diese Beschwerde wurde
zwischenzeitlich zurückgezogen.
Thematisch vorausgeschickt werden muss der Wortlaut des § 4 Abs. 1 des AsylbLG, wonach zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung
einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren
sind. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen
unaufschiebbar ist.
Es handelt sich hier also um einen gesetzlich festgelegten eingeschränkten Krankenschutz, der in den
ersten 15 Monaten des Aufenthaltes gilt.
Zurzeit erhalten die Asylsuchenden in Krefeld durch den Fachbereich Soziales, Senioren und Wohnen
quartalsmäßig einen Krankenschein sowohl für den praktischen Arzt als auch den Zahnarzt. Diese Krankenscheine, die direkt in der Sozialverwaltung mittels der bestehenden Daten des AKDN-Verfahren serienmäßig ausgedruckt werden, bekommen die berechtigten Personen am Quartalsanfang entweder direkt in den Sammelunterkünften oder mittels postalischem Versand an ihre jeweiligen Wohnadressen.
Mit den Krankenscheinen können die Asylsuchenden einen Arzt ihrer Wahl aufsuchen und sich behandeln
lassen. Da, wie oben dargestellt, gesetzlich nur ein eingeschränkter Krankenschutz besteht, sind diese
Beschränkungen auf dem Krankenschein vermerkt, so z.B. „Kosten werden nur bei Behandlung von
akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen übernommen“.
Es ist nur im Einzelfall notwendig, dass Asylbewerber für eine Genehmigung erneut in der Sozialverwaltung vorsprechen müssen, wenn z.B. entweder eine Bewilligung von Heil- und Hilfsmitteln oder eine Bewilligung von Zahnersatz erfolgen soll.
Alle entstehenden Kosten werden quartalsmäßig über die Kassenärztliche oder Kassenzahnärztliche Vereinigung oder auch durch die Apothekenabrechnungsstellen zu Lasten der Stadt Krefeld verwaltungskostenfrei abgerechnet.
Mit der Einführung der Gesundheitskarte in Krefeld ist keine Ausweitung des eingeschränkten Krankenschutzes verbunden.
Begründung
Seite 3
Wie bereits oben ausgeführt, sind bisher nur die tatsächlichen Kosten der Behandlungen durch Ärzte, die
Arzneimittelkosten bei den Apotheken oder auch die Kosten eines Krankenhausaufenthaltes durch die
Stadt Krefeld zu übernehmen.
Durch die Einführung der Gesundheitskarte entstehen jedoch folgende zusätzliche kommunale Kosten:
Für das Ausstellung der Gesundheitskarte fallen gem. § 6 Abs. 3 der Rahmenvereinbarung (RV) 10,00 €
pro Leistungsberechtigten an.
Nach § 9 RV betragen die Umlagekosten für die Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen 10,00 € jährlich pro Leistungsberechtigten.
Gem. § 11 RV sind 8 % der entstandenen Leistungsaufwendungen zusätzlich als Verwaltungskosten der
Krankenkasse zu entrichten, mindestens jedoch 10,00 € pro angefangenem Betreuungsmonat je Leistungsberechtigtem.
Des Weiteren sind lt. § 10 Abs. 4 RV monatlich 200,00 € an Abschlagszahlung für jeden Leistungsberechtigten zu leisten.
Um eine übersichtliche Darstellung der anfallenden Kosten vorzunehmen, werden diese nachstehend
tabellarisch erfasst, wobei für das Jahr 2016 mit einer durchschnittlichen Asylbewerberzahl von 3.000
Personen beispielhaft gerechnet wird. Des Weiteren werden die durchschnittlichen Kosten des letzten
von der Sozialverwaltung vollständig abgerechneten Leistungsquartals I/2015, die Abrechnungen von
Kassenärztlicher und Kassenzahnärztlicher Vereinigung sowie sonstiger Verrechnungsstellen erfolgt mit
teilweise deutlicher Verzögerung, mit 489.326,89 € für 1.099 Krankenschutzberechtigte zugrunde gelegt.
Somit ergibt sich ein durchschnittlicher Betrag an Krankenkosten von 148,42 € pro Person und Monat, der
deutlich unter dem geforderten Abschlag von 200 € liegt.
Ausstellung der Gesundheitskarte 10 € pro Per- 3.000 Berechtigte
son (hierin enthalten ist die Ausstellung einer
weiteren Karte bei Verlust oder Ablauf; danach
je Karte weitere 8 €)
Umlage für den Medizinischen Dienst der Kran- 3.000 Berechtigte
kenkassen 10 € pro Person und Jahr
8 % Verwaltungskosten
3.000 Berechtigte x
148,42 € x 12 Monate x
8%
Mehrkosten somit
30.000,00 €
30.000,00 €
427.449,60 €
487.449,60 €
Bei einem Beitritt zu der Rahmenvereinbarung ergibt sich deutlich ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand
durch das An-, Ab- und Ummeldeverfahren der Hilfeempfänger gem. § 5 RV bei der zuständigen Krankenkasse. Die gesamten Meldeverfahren sind zusätzlich durch die Sachbearbeitenden des FB 50 mittels eines
durch die Firma IBM bereitgestellten Meldeportals online vorzunehmen. Auch sind die jeweiligen Passfotos für die gesamten Krankenversichertenkarten zu erstellen, an den Arbeitsplätzen der Asylleistungssachbearbeitung zu scannen und online im v.g. Portal hochzuladen.
Wie bereits oben dargestellt, erfolgt derzeit die Krankenscheinerstellung in der Sozialverwaltung mittels
in der EDV ohnehin vorhandener Daten. Der Verwaltungsaufwand ist hierbei im Vergleich zu dem geforderten Meldeverfahren nahezu gleich Null.
Bei der Abmeldung eines Leistungsberechtigten ist die Sozialverwaltung zudem verpflichtet, die Krankenkarte einzuziehen und der Krankenkasse zu übermitteln. Leistungsaufwendungen, die der Krankenkasse
Begründung
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durch die Verwendung der Gesundheitskarte nach Eingang der Abmeldung und auch bei einem evtl. Kartenmissbrauch entstehen, sind nach § 8 Abs. 2 RV durch die Gemeinde zu erstatten.
Die somit zusätzlichen Verwaltungstätigkeiten lassen sich infolge mangelnder Erfahrungswerte zwar zum
jetzigen Zeitpunkt nicht quantifizieren, jedoch ist davon auszugehen, dass sich dies keinesfalls personalneutral durchführen lässt und daher eine notwendige Personalverstärkung nach sich zieht.
Weiterhin verbleibt die durchzuführende Bearbeitung der in dem Ausnahmekatalog (siehe Anlage 1 zur
RV) genannten Tatbestände, wie z.B. die bekanntermaßen arbeitsintensive und oft streitbefangene Versorgung mit Zahnersatz oder auch Therapien (strukturierte Behandlungsmethoden bei chronischen
Krankheiten) in der Zuständigkeit der Sozialverwaltung.
Der im Ziel der RV in § 2 Abs. 2 genannte Bürokratieabbau ist aus hiesiger Sicht nicht zu erkennen.
Dies außer Acht lassend, muss jedoch der finanzielle Mehraufwand äußerst kritisch gesehen werden.
Die Übernahme der oben dargestellten Mehrkosten ist für die Stadt Krefeld sowohl in der vorläufigen
Haushaltsführung als auch bei einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept weder notwendig noch
vertretbar. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung eines Beitritts zu der RV und auch nicht, eine solche
Mehrausgabe zu erbringen, die somit eine rein freiwillige Leistung darstellen würde.
Durch einen Beitritt zur Rahmenvereinbarung könnten bei den Arbeitsinhalten (Stellenbeschreibungen
der Sachbearbeiterinnen für den Bereich Krankenkosten) rd. 20% entfallen. Das entspricht nach aktuellen
Mittelwerttabellen einem kalkulatorischen Einsparpotenzial von rd. 27.000 € an Personalkosten jährlich
(z.B. bei der Bearbeitung von Krankenhausaufenthalten, Vergütungen an Apothekenabrechnungsstellen
oder Heil- und Hilfsmitteln). Dies muss den definitiven Mehrkosten von 487.449,60 € sowie dem derzeit
nicht zu kalkulierenden Verwaltungsmehraufwand durch das gesamte Meldeverfahren gegenüber gestellt
werden.
Auch ergibt sich bei einem Beitritt zur Rahmenvereinbarung keine Arbeitserleichterung oder Überprüfungsverringerung für den Fachbereich Gesundheit. Neben den oben erwähnten Tatbeständen wie Zahnersatz und Therapien, die generell im Entscheidungs- und Verantwortungsbereich der Stadt Krefeld verbleiben, sind auch sonstige aufgrund des eingeschränkten Krankenschutzes erforderliche medizinische
Überprüfungen wie z.B. bei der Verordnung von Krankenhausbehandlungen, Hilfsmitteln oder therapeutischen Maßnahmen nach Übersendung der Unterlagen durch die Krankenkasse, auf Anforderung der
Sozialverwaltung durch den Fachbereich Gesundheit wie bisher selbst durchzuführen.
Da eine eindeutige Verbesserung für die Asylsuchenden nicht erkennbar ist und sich ansonsten nur deutliche Mehrkosten sowie ein höherer Verwaltungsaufwand ergeben, sollte von einem Beitritt der Stadt
Krefeld zu der Rahmenvereinbarung unter den derzeit gegebenen Bedingungen Abstand genommen
werden.
Der Text der Rahmenvereinbarung nebst Anlagen ist beigefügt.