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Kommune
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16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 02:51
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Neue Fernbushalte und
Genehmigungspraxis
Chancen für die Kommunen
im Auftrag von:
in Zusammenarbeit mit:
Inhaltsverzeichnis
1 Ausgangssituation...................................................................................................... 03
2
Wie funktioniert der Fernbusmarkt?.........................................................................
2.1 Aktuelle Marktentwicklung...................................................................................
2.2 Wer nutzt den Fernbus – was bedeutet dies für die Kommunen?.........................
2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen und der Genehmigungsprozess.......................
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Verkehrsplanerische und finanzielle Aspekte .
beim Errichten und Betrieb eines Fernbushalts.......................................................
3.1 Verkehrliche Lage..................................................................................................
3.2 Größe und Gestaltung...........................................................................................
3.3 Finanzierung..........................................................................................................
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4 Fazit ............................................................................................................................. 20
5 Anhang – FAQ zur Genehmigungspraxis und Finanzierung....................................
Erstellt von
KCW GmbH
Urheberrechtshinweis
Diese Studie unterliegt den Bestimmungen des deutschen Urheberrechts. Soweit nicht anders
schriftlich vereinbart, ist eine Veröffentlichung oder Weitergabe, auch in Auszügen, nicht zulässig.
903-P
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1 Ausgangssituation
Bis vor zwei Jahren spielte der Fernbus kaum eine Rolle, um in Deutschland von
A nach B zu kommen. Doch nur ein Jahr nach seiner Öffnung hat der Markt deutlich
an Beachtung und an Dynamik gewonnen.
Bereits 2013 hat sich allein das Angebot an Fahrplankilometern im Vergleich zum
Vorjahr verdreifacht. Im ersten Jahr der Marktliberalisierung wird die Zahl der
Fahrgäste laut fernbusse.de bereits auf ca. 8,3 Millionen geschätzt („Handelsblatt“
vom 17. Januar 2014). Nahezu wöchentlich werden neue Verbindungen angeboten.
Viele der Strecken werden mittlerweile von mehreren Anbietern parallel befahren.
Im Dezember 2013 wurden laut Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 221 innerdeutsche Fernbusverbindungen registriert. Zum Vergleich:
Im Dezember 2012 – vor der Liberalisierung – waren es noch 86 Linien.
Angesichts dieser rasanten Entwicklungen stehen Fernbusbetreiber und die Kommunen vor neuen Herausforderungen. Die Chancen des Fernbusverkehrs insbesondere
für Kommunen wurden bisher wenig betrachtet. Chancen ergeben sich vorwiegend
durch eine verbesserte Erreichbarkeit der Kommunen – besonders, wenn kein
Fernbahnanschluss mehr vorhanden ist. Daraus resultiert ein wirtschaftlicher Nutzen
durch steigende Besucherzahlen in den Städten, aber auch Investitionen der Fernbusbetreiber.
Um die vorhandenen Potenziale für Kommunen, Unternehmen sowie Fahrgäste ausschöpfen zu können, ist eine abgestimmte Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten
– Unternehmen und Verwaltung – sinnvoll.
Zunächst stellt die Studie die Entwicklungen und Funktionsweise des noch jungen
Marktes vor. Anschließend werden Hinweise zum Umgang mit genehmigungsrechtlichen und verkehrsplanerischen Fragestellungen in Bezug auf Fernbushalte aufgezeigt.
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2 Wie funktioniert der Fernbusmarkt?
2.1 Aktuelle Marktentwicklung
Seit der Marktliberalisierung stieg nach Angaben des Bundesministeriums für
Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Zahl der Fernbusverbindungen
deutschlandweit stetig an, wie die folgende Abbildung veranschaulicht.
Abbildung 1: Entwicklung der Fernbusliniengenehmigungen
Quelle: Pressemitteilung des BMVI 26.02.2014
Für 2014 ist ein weiterer Anstieg des Angebots und der Fahrgastzahlen zu erwarten,
wenngleich in geringerem Umfang als 2013. MeinFernbus, 2013 mit ca. 30 Millionen Fahrplankilometern Marktführer, kündigte für 2014 an, seine Flotte um 100
Busse zu erweitern. Auch der ADAC Postbus hat sein Angebot im März diesen Jahres
ausgeweitet und auf vielen Linien die Frequenz verdoppelt. Des Weiteren plant das
Unternehmen, ab April schnellere Expressverbindungen auf den nachfragestärksten
Strecken anzubieten. Zudem richten einige Unternehmen Nachtbuslinien ein. Nicht
nur auf den typischen Stadt-zu-Stadt-Relationen hat sich ein dichtes Angebot entwickelt, sondern auch abseits der großen Städte finden Kunden neue Fahrtangebote.
Der Fernbus erschließt Regionen, die meist von der Bahn schlecht oder gar nicht
angebunden sind. So wird durch den Fernbus die Erreichbarkeit aller Städte erhöht,
wie die nachfolgende Karte verdeutlicht.
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Abbildung 2: Fernbuslinien in Deutschland
Neben MeinFernbus und ADAC Postbus gehören die Deutsche Bahn (BerlinLinienBus, IC Bus), National Express (city2city), Deutsche Touring und Flixbus zu den
derzeit größten Anbietern im Markt.
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Die Gewinner der Marktöffnung sind aber vor allem kleine und mittelständische
Busunternehmen, die mit den Fernbusanbietern kooperieren. MeinFernbus arbeitet beispielsweise mit 56 mittelständischen Busunternehmen aus ganz Deutschland
zusammen. Als Kooperationspartner der großen Anbieter tragen diese Unternehmen
im Wesentlichen zum bisherigen Erfolg der neuen Mobilitätsangebote bei. Die Nutzung des Netzes und der Größenvorteile der Anbieter eröffnet lokalen Unternehmen
höhere Erlöschancen und führt gerade beim Mittelstand zur Schaffung zahlreicher
neuer Arbeitsplätze in den verschiedensten Regionen Deutschlands. Die Formen der
Zusammenarbeit sind vielfältig und unterscheiden sich dabei hinsichtlich Kompetenzund Risikoverteilung zwischen den Vertragspartnern.
Einer der Partner von MeinFernbus ist „Reisebüro & Omnibusbetrieb Karsten Brust“
mit Sitz im brandenburgischen Panketal bei Berlin. Das Unternehmen ist ein in zweiter
Generation geführter Familienbetrieb, der seit Sommer 2013 die Linien Chemnitz–
Dresden–Berlin und Tübingen–Stuttgart–Berlin für MeinFernbus bedient. „Durch die
garantierten, ganzjährlichen Fahrten im Linienverkehr für MeinFernbus konnten wir
insgesamt 14 neue Mitarbeiter einstellen und nahmen sechs zusätzliche, moderne
Reisebusse in unsere Flotte auf“, so Karsten Brust, Eigentümer und Geschäftsführer des
gleichnamigen Reisebüro & Omnibusbetriebs. Für die Zahl der Angestellten bedeute
dies ein Zuwachs von etwa 50 Prozent, welcher sich laut Brust sowohl aus Chauffeuren
als auch Disponenten zusammensetzt. Doch nicht nur die Anzahl der neuen Arbeitsverhältnisse, sondern die Qualität machen hier den besonderen Unterschied: Da Karsten
Brusts Geschäft vor der Liberalisierung hauptsächlich aus touristischen Busreisen im
Sommer bestand, besaßen viele Chauffeure lediglich befristete Verträge. Die neuen
Busse, welche nun im Linienverkehr von Stadt zu Stadt fahren und einem festen Fahrplan an sieben Tagen pro Woche folgen, verleihen dem Unternehmer die Sicherheit und
Garantie, seine Mitarbeiter auch über den Winter und somit unbefristet zu beschäftigen.
Von der Liberalisierung und der einhergehenden Planungssicherheit im Busfernverkehr
profitieren daher sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. (Quelle: MeinFernbus)
Ein Vergleich mit anderen Ländern wie England oder Schweden, die ihre Personenverkehrsmärkte dem Fernbus bereits 1980 bzw. 1999 geöffnet haben, bestätigt
weitere Wachstums- und Nachfragepotenziale auch im deutschen Markt. In Schweden verdeutlichen pro Jahr allein 4,7 Millionen Fernbusfahrgäste bei 9 Millionen
Einwohnern ein mögliches Nachfragepotenzial. Ein Blick nach England zeigt, dass
durch innovative Angebote und aktives Linienmarketing z. B. auf direkten Expressbuslinien zwischen zwei Städten langfristig breite Nutzergruppen angesprochen
werden können.
Die Marktöffnung im Fernbusverkehr führt zu einer besseren Anbindung von
Großstädten und Regionen ohne attraktive Schienenanbindung.
Vor der Liberalisierung wurde die Gefahr einer Dominanz der „Großen“ beschworen. Stattdessen hat sich eine breite, gesunde Unternehmenslandschaft etabliert,
die ein durch den Mittelstand gestütztes, nachhaltiges Angebot schafft.
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2.2 Wer nutzt den Fernbus –
was bedeutet dies für die Kommunen?
Derzeit liegen noch keine betreiberübergreifenden Daten über Fernbusfahrgäste vor.
Doch die ersten Erhebungen einzelner Betreiber belegen, dass der Fernbus alle Altersgruppen und breite Bevölkerungsschichten anspricht. Zahlen von ADAC Postbus
zeigen, dass nicht nur junge Leute, sondern auch Senioren sowie Reisende mittleren
Alters den Fernbus nutzen (Abbildung 3).
Nach einer von MeinFernbus durchgeführten Analyse zum beruflichen Status der
Nutzer steht die Hälfte der Fahrgäste in einem Arbeitsverhältnis oder ist selbstständig.
Weitere starke Nutzergruppen sind Senioren und Studenten. In der Tendenz bestätigt
sich damit, dass der Fernbus zwar von preissensiblen, aber dennoch auch einkommensstarken Reisenden genutzt wird.
Abbildung 3: Altersstruktur der Fernbusfahrgäste
Quelle: ADAC Postbus (zwischen Nov. 2013 und Feb. 2014)
Ein Großteil der Fahrgäste (>60 %) nutzt den Fernbus, um Familie oder Bekannte zu besuchen, wie Umfragen unter MeinFernbus-Fahrgästen ergaben. Rund ein Viertel der Befragten
nutzte diesen aus touristischen Gründen (Kurz- oder Städtereise, Tagesausflug oder Urlaubsreise). Mit immerhin über 7 % wird der Fernbus durchaus auch für Dienstreisen genutzt.
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Abbildung 4: Reisezweck der Fernbusfahrgäste
Quelle: MeinFernbus (2013)
Viele Fahrgäste wären die Reise ohne den Fernbus gar nicht angetreten, weil keine
alternativen Verkehrsmittel – bzw. nur zu hohen Preisen – zur Verfügung gestanden hätten.
Der Fernbus füllt diese Lücke und erhöht somit das verkehrliche Potenzial vieler
Städte und Gemeinden. Sie werden durch die neuen Fernbusverbindungen besser
an das Fernverkehrsnetz angebunden. Ihre Bedeutung für intermodale Umsteigemöglichkeiten steigt aufgrund der damit einhergehenden Funktionserweiterung der
Verkehrsknoten. Der überwiegende Teil der Fahrgäste reist mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln zum Fernbushalt an (siehe Abbildung 8). Damit ist der Fernbus
neuer Bestandteil intermodaler Reiseketten, wie Abbildung 5 verdeutlicht.
Abbildung 5: Intermodale Reisekette
Quelle: Eigene Darstellung
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Aus der verkehrlichen Aufwertung entsteht durch steigende Besucherzahlen ein
wirtschaftliches Potenzial. Die Besucher benötigen Unterkünfte und nutzen gastronomische und kulturelle Einrichtungen. Auch der Einzelhandel profitiert von mehr
Besuchern in den Städten. Einer Erhebung des Tourismusinstituts dwif e. V. zufolge
geben Tagesreisende pro Person im Schnitt 27,70 Euro pro Kopf und Tag am Zielort
aus und sind aufgrund von ca. 2,845 Milliarden Tagesreisen im Jahr 2013 ein
erheblicher Wirtschaftsfaktor für deutsche Kommunen.
Zusammengefasst führt die flächendeckende Anbindung für die Kommunen infolge
steigender Besucherzahlen, der Schaffung von Arbeitsplätzen u. a. durch die Einbindung lokaler Busunternehmen sowie (indirekt) höherer Steuereinnahmen zu einer
Wertschöpfung auf mehreren Ebenen (siehe Abbildung 6).
Abbildung 6: Wertschöpfungsebenen des Fernbusverkehrs
Quelle: Eigene Darstellung
Der Fernbus hilft das wachsende Mobilitätsbedürfnis zu befriedigen. Als neuer
Bestandteil intermodaler Reiseketten erleichtert der Fernbus größeren Teilen
der Bevölkerung das Reisen.
Mehr mobile Menschen heißt auch mehr Besucher für Kommunen und deren
lokale Wirtschaft (Hotel- und Gaststättengewerbe, Einzelhandel etc.).
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2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen
und der Genehmigungsprozess
Die Entscheidung über die Erteilung oder Ablehnung der Genehmigung trifft dabei
die Genehmigungsbehörde, bei der der Antrag gestellt wurde. Im Genehmigungsverfahren werden jedoch alle im Einzugsbereich der beantragten Linie liegenden Kommunen, Straßenbaulastträger und Genehmigungsbehörden von der federführenden
Genehmigungsbehörde angehört.
Die Frist zwischen Beantragung einer Linie bis zur Betriebsaufnahme beträgt im
Regelfall drei Monate (oberer Zeitstrahl der Abbildung 7). In Ausnahmefällen verlängert sich die Zeit bis zum Erhalt der Genehmigung um weitere drei Monate,
wenn zum Beispiel weitere Unterlagen vom Antragsteller angefordert werden oder
ein Antrag zunächst abgelehnt wird (mittlerer und unterer Zeitstrahl).
Abbildung 7: Ablauf des Genehmigungsverfahrens
Quelle: Eigene Darstellung; (Anf.-Frist=Anfechtungsfrist)
Ist eine Genehmigung erteilt worden, unterliegt der Fernbusbetreiber der Betriebsund Fahrplanpflicht. Änderungen im Fahrplan müssen daher der Genehmigungsbehörde mitgeteilt werden. Ebenso müssen Betreiber die beabsichtigte Einstellung
des Betriebes mindestens drei Monate vorher anzeigen.
Unternehmen benötigen zwei bis drei Monate Vorlauf, um die Beschaffung neuer
Busse und die Rekrutierung der Fahrer vorzubereiten bzw. bereits fest zu vereinbaren. Nur wenn bereits vor Erteilung der Genehmigung investiert wird, kann der
Betrieb schnell nach Erhalt der Genehmigung aufgenommen werden. Vor diesem
Hintergrund ist der Genehmigungsprozess von zentraler Bedeutung.
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Die Höhe der Investitionen liegt je nach Linie (Länge, Takt) im mittleren bis höheren
sechsstelligen Bereich. Kommt es im Laufe des Genehmigungsverfahrens zu Verzögerungen, wird es für die Unternehmen schwer, ihre getätigten Investitionen zu
refinanzieren. Legt beispielsweise eine Kommune, in der ein Zwischenhalt eingeplant
wurde, Widerspruch gegen eine beantragte Haltestelle ein, kann sich der Genehmigungsprozess verlängern. Gleichzeitig erhöhen sich die Kosten des Unternehmens
aufgrund des bereits investierten, aber nunmehr brachliegenden Kapitals.
Es ist es in jedem Fall hilfreich, wenn die beteiligten Akteure im Genehmigungsverfahren frühzeitig den Dialog miteinander suchen. Meist klären sich Schwierigkeiten
oder Missverständnisse in direkten Gesprächen, sodass langwierige Verfahren vermieden werden können.
Seitens der Fernbusbetreiber besteht der Wunsch, bei Änderungsanträgen frühzeitig
in den Dialog mit den Behörden treten zu können, um gemeinsam eine handhabbare
und schnelle Lösung zu finden. Dies betrifft insbesondere Änderungen bei Ausbau
der Bedienhäufigkeit oder Anpassungen an ungeplante Umstände wie z. B. Baustellen
oder Streckensperrungen.
Derzeit besteht nach dem abgeschlossenen Verfahren für die Genehmigungsbehörde
kein verpflichtender Informationsaustausch mit den angehörten Akteuren, sodass
oftmals Informationslücken entstehen. Im Idealfall sollten jedoch alle während des
Genehmigungsprozesses angehörten Stellen eine Rückmeldung erhalten, ob etwa die
Genehmigung erteilt oder versagt wurde und welche Haltestelle der Antragsteller
zukünftig anfährt. Gleiches gilt für Änderungsanträge. Betroffene Kommunen haben
hierdurch frühzeitig Planungssicherheit für etwaige Bereitstellung von Haltestelleninfrastruktur sowie zur Abschätzung der künftigen Bedarfe. Dies ist auch für den
Informationsfluss in Richtung der Genehmigungsbehörde notwendig, da bei etwaiger
Verletzung der Betriebspflicht die im Genehmigungsprozess angehörten Stellen die
zuständige Genehmigungsbehörde darüber informieren können.
Hilfreich wäre auch eine gewisse bundesweite Vereinheitlichung der Genehmigungspraxis. Allerdings sind die Zuständigkeiten je nach Bundesland unterschiedlich
verteilt (siehe hierzu Kapitel 5). Dabei wäre es z. B. vorteilhaft, würden Zuverlässigkeitsnachweise der Betreiber zentral abgelegt und müssten nicht für jeden Genehmigungsantrag neu vorgebracht werden.
Zügige Genehmigungsprozesse liegen sowohl im Interesse der Fernbusbetreiber
als auch der Kommunen. Der frühzeitige Dialog aller Beteiligten optimiert das
Verfahren und senkt das Investitionsrisiko der Betreiber.
Positiv für das gesamte Genehmigungsverfahren wäre eine bundesweite, zentrale
Stelle, die für Genehmigungsanträge und diesbezügliche Fragen zuständig ist.
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3 Verkehrsplanerische und finanzielle Aspekte
beim Errichten und Betrieb eines Fernbushalts
Bei der Entwicklung von Fernbusterminals stellen sich nicht nur Anforderungen
seitens der Kommunen und Fernbusanbieter, sondern auch seitens der Fahrgäste.
Ein Fernbusterminal muss somit unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden.
Diese lassen sich aus Sicht der Kunden unter den Zielen Service und Ausstattung
sowie aus Sicht der Betreiber zusätzlich unter der betrieblichen Abwicklung zusammenfassen.
Entscheidend ist zunächst die Tatsache, dass Fernbusverkehr kein ÖPNV ist. An Fernbusterminals werden in der Regel nutzer- und betreiberseitig andere Anforderungen
gestellt als an Busbahnhöfe des Nahverkehrs. Dies zeigt sich etwa in unterschiedlichen Haltezeiten. Während der Nahverkehr nur kurze Halte zum Ein- und Ausstieg
benötigt, benötigen Fernbusse aufgrund der Gepäckbe- und -entladung Haltezeiten
zwischen 5 und 15 Minuten. Beide Segmente ergänzen sich jedoch, da viele Fernbusreisende häufig vor und/oder nach der Fernbusfahrt den ÖPNV nutzen. Daher kann
der Verknüpfungsfunktion beider Verkehrsmittel Rechnung getragen werden, wenn
separate Haltestellen eines Fernbusterminals vom ÖPNV bzw. einer ÖPNV-Haltestelle
von Fernbussen angefahren werden.
3.1 Verkehrliche Lage
Ein Fernbusterminal muss zwei wesentliche Erreichbarkeitskriterien erfüllen:
• Lokale Anbindung: Das Fernbusterminal muss in erster Linie gut für die
Fahrgäste in der Innenstadt erreichbar sein. Das Fernbusterminal sollte so
zentral liegen, dass die Fahrgäste es schnell erreichen können. Die Mehrheit
der Fernbusnutzer (fast drei Viertel) reist mit dem öffentlichen Nahverkehr
an (vgl. Abbildung 8), daher ist eine gute Anbindung an eine zentrale ÖPNV Haltestelle zu allen Tageszeiten zwingend.
• Überregionale Anbindung: Um die Fernbusse schnell auf das überörtliche
Fernstraßennetz zu leiten, sollte das Terminal neben der guten ÖPNV-Erreich barkeit entweder in der Nähe zu Fernstraßen angesiedelt oder mittels gut
passierbarer Zulaufstrecken an diese angebunden sein. Ein reiner Autobahn
halt ist nicht im Interesse der Fahrgäste.
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Abbildung 8: Anreise zum und Abreise vom Fernbushalt
Quelle: MeinFernbus (2013, Mehrfachnennungen zulässig)
3.2 Größe und Gestaltung
Die Dimensionierung eines Terminals ist entsprechend seines Nutzungspotenzials
vorzunehmen. Es muss in der Lage sein, die Hauptverkehrszeiten („Peaks“) störungsfrei bewältigen zu können. Die „Peaks“ können dabei entweder tageszeitabhängig
oder anhand bestimmter, überregional bedeutsamer Ereignisse (Weihnachtsmärkte,
Event etc.) definiert werden. Neu zu errichtende Terminals sind so zu bemessen, dass
mögliche Nutzungssteigerungen bereits in der Planung berücksichtigt werden. Daher
ist vor einem Neu- oder Ausbau die zukünftige Marktentwicklung zu analysieren
(z. B. mittels Abfrage bei Fernbusbetreibern).
Die Anzahl und Anordnung der Bussteige orientiert sich nach dem erwarteten Verkehrsaufkommen, aber auch nach betrieblichen Erfordernissen. Zu beachten ist dabei:
• Die Anzahl der Haltestellen sollte sich nach dem Verkehrsaufkommen an einem
Fernbushalt richten.
• Die einzelnen Bussteige sollten auf die üblichen Busgrößen im Fernbussegment
ausgerichtet werden. Es müssen mindestens Busse mit 15 m Länge Platz haben.
• Bedarfsorientierte Anordnung der Bussteige (Bustaschen):
• Eine optimale Möglichkeit für kleinere Terminals ist eine Fischgrätenanord nung, da dadurch ein störungsfreies paralleles Abfertigen an mehreren
Bussteigen gleichzeitig möglich ist. Hierbei wird die Sicherheit beim Einsteigen
der Fahrgäste sowie beim Be- und Entladen der Busse am besten gewährleistet.
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• Parallele Bussteiglösungen (schräg oder rechtwinklig angeordnet) wie z. B. beim
ZOB Berlin werden dem Bussteig mit Bustaschen wiederum von Busfahrern
vorgezogen. Dadurch entfällt die Rückwärtsfahrt, für die einerseits ein Einwei ser notwendig ist und bei der andererseits das Unfallrisiko höher ist. Dieses
kann u. a. wie am Fernbushalt ZOB Hamburg durch Lichtschranken auf der
Fahrbahn minimiert werden.
Abbildung 9: Schrägaufstellung der Bussteige am Fernbushalt Hamburg
Quelle: MeinFernbus
Bei der Größe und Gestaltung ist nicht allein die reine Abwicklung der An- und Abfahrten zu berücksichtigen, sondern ebenfalls:
• Ausreichende Bereitstellung von Busparkplätzen, insbesondere wenn der
Standort Endpunkt für eine Vielzahl von Linien ist.
• Ausreichende Bereitstellung von Pkw-Parkplätzen und ggf. Flächen für Trans ferfahrten (z. B. Taxen). Nach der Anreise mit dem ÖPNV ist die Anfahrt per
Pkw die zweithäufigste Anreiseform zu einem Fernbusterminal.
• Berücksichtigung der Barrierefreiheit: Das Personenbeförderungsgesetz legt
fest, dass neue Busse (sowohl Fernbusse als auch Busse des ÖPNV) ab 2016
und alle Busse ab 2019 barrierefrei sein müssen (u. a. zwei Plätze für Rollstuhl fahrer). Zur Umsetzung der Anforderungen befinden sich Fernbusunternehmen,
Bushersteller und Verbände derzeit in enger Abstimmung eines Lastenheftes.
Bei der Auswahl der Lage ist die Erreichbarkeit des Fernbushalts für den Nah und den Fernverkehr zu berücksichtigen.
Die Größe eines Fernbusterminals muss ausreichend dimensioniert sein, um
zukünftige Verkehre problemlos bewältigen zu können.
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3.3 Finanzierung
Im Vordergrund eines Fernbusterminals steht seine Funktion. Daran sollten sich
Lage, Größe und Ausstattung orientieren. Nicht alles, was wirtschaftlich optimal ist,
ist auch verkehrlich sinnvoll.
Dennoch ist jedes Fernbusterminal so wirtschaftlich wie möglich zu betreiben, um
etwa Belastungen für die öffentliche Hand zu minimieren. Dabei sind nicht allein die
Kosten zu betrachten, sondern es muss auch der Nutzen eines Fernbushalts berücksichtigt werden.
Wer ist für die Einrichtung, den Betrieb und die
Finanzierung von Fernbusterminals verantwortlich;
stehen Fördermittel zur Verfügung?
Für jede Stadt besteht die Möglichkeit, alles von der Planung über Bau bis zum
Betrieb selbst zu übernehmen. Es ist sinnvoll, auch um den umweltfreundlichen Fernbusverkehr zu fördern, den Aufbau von Fernbusterminals durch die öffentliche Hand
zu finanzieren, wie dies etwa bei der Eisenbahn die Regel ist. Bei den – je nach Größe
unterschiedlich hohen – Investitionskosten lassen sich private Investoren z. B. über
eine Mischfinanzierung beteiligen. Daher sollten auch Fernbusbetreiber frühzeitig in
die Planung einbezogen werden. Je nach Situation vor Ort können Bau, Betrieb und
Finanzierung auch komplett von privaten Investoren verantwortet werden.
Der Betrieb selbst sollte von einer selbstständigen Organisationseinheit (privat oder
in Hand der Kommune) organisiert werden. Diese Leistung kann, wie z. B. in Hannover, ausgeschrieben werden.
Bisher lässt der Bund die Kommunen bei der Finanzierung weitgehend allein und hat
dies im Juli 2013 als Antwort auf eine Anfrage an die Bundesregierung bekräftigt.
Sofern ein Fernbusterminal auch für den ÖPNV entwickelt wird, lassen sich jedoch
unter Umständen Förderprogramme (national, international) nutzen. Um Klarheit
für Kommunen und Betreiber zu schaffen, sollten die entsprechenden Förderrichtlinien geprüft und im Zweifelsfall vom Gesetzgeber angepasst werden. Um nicht zu
abhängig von einer Förderkulisse zu sein, insbesondere in Hinblick auf anstehende
Reinvestitionen, kann über einen Eigenanteil der Fernbusterminalbetreiber nachgedacht werden.
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Welche Arten der Refinanzierungsmöglichkeiten
von Fernbusterminals gibt es?
Bei der Finanzierung des laufenden Betriebs sowie von Instandhaltungsmaßnahmen
ist eine größtmögliche Deckung über die Bewirtschaftung des Fernbusterminals selbst
anzustreben. Hierfür sind mehrere Finanzierungsquellen möglich:
• Nutzungsgebühren: Für An- und Abfahrten sollten Nutzungsgebühren erhoben
werden. Diese können zeitlich differenziert werden, um unterschiedliche Zahlungs bereitschaften abzudecken sowie ggf. eine bessere zeitliche Verteilung der
Nutzungen zu ermöglichen. Häufig sehen die Gebührenordnungen Rabattie rungen nach An- oder Abfahrtshäufigkeiten der Fernbusbetreiber vor. Je nach
Bedeutung eines Fernbushalts variieren die Nutzungsgebühren an bewirtschaf teten Standorten. In den größten deutschen Fernbusterminals Hamburg, München
und Berlin liegen die Gebühren derzeit zwischen 7 und 13 Euro (inkl. MwSt.);
• Erlöse aus Vermietung und Verpachtung von Einkaufs- und Dienstleistungsflächen:
Hierzu gehören Kioske, Cafés und Gastronomie, Geschäfte für Reisebedarf, Büro und Sozialräume für Busunternehmen, Autovermietungen, bewirtschafteter Park raum oder Gepäckaufbewahrungsmöglichkeiten. Zusätzlich oder alternativ zur
festen Miete/Pacht kann eine Umsatzbeteiligung vorgesehen werden;
• Einnahmen durch vorhandene Werbeflächen;
• Verpachtung der Toilettenanlagen bzw. Gebühr für deren Nutzung;
• Gebühren für Ablassmöglichkeiten („WC-Ablassplatz“).
Ergänzend dazu können dem Betreiber öffentliche Zuschüsse im Rahmen eines
Betreibervertrages, ggf. auf bestimmte Aufwendungen beschränkt (z. B. nur Reinvestitionen), oder anhand eines fixen Budgets zugewiesen werden. Hierbei ist jedoch das
Beihilfenrecht zu beachten (siehe auch Kapitel 5).
Welche Charakteristika führen bei den Anbietern zu
einer (höheren) Anfahr- und Zahlungsbereitschaft?
Je besser die Lage und Ausstattung eines Fernbusterminals, desto attraktiver ist
seine Nutzung für Fahrgäste und Fernbusbetreiber. Fernbusbetreiber sind dann eher
bereit, dieses Terminal anzufahren und hierfür entsprechende Nutzungsgebühren zu
entrichten.
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Die wesentlichen Charakteristika sind:
• Überregional verkehrliche Bedeutung sowie Größe und Siedlungsstruktur
der Kommune (Lage im Fernbusnetz, Eignung als Drehkreuz, Einzugsgebiet
des Terminals),
• Lage des Fernbushalts (Anbindungsqualität Straße und Schiene, vor allem
gute Anbindung an einen ÖPNV-Knotenpunkt),
• Leistungsfähigkeit des Fernbusterminals, Management der Kapazitäten und
des verkehrlichen/betrieblichen Ablaufs,
• Infrastruktur und Serviceleistungen für Fahrgäste (z. B. Warteräume, Kiosk,
Toiletten) und Fernbusunternehmer (z. B. Wartebereich und Toiletten für
Servicepersonal, Toilettenentsorgung usw.),
• Fahrgastinformation,
• Anzahl der Abstell- und Parkmöglichkeiten.
Abbildung 10: Serviceeinrichtungen für Fahrgäste am Fernbushalt Mannheim
Quelle: MeinFernbus
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Folgende Ausstattungsmerkmale sind aus Sicht der Fernbusunternehmen weitere
Kriterien für die Wahl einer Haltestelle:
• Warte- und Einstiegsbereiche,
• Standardelemente für alle Fernbushalte sollten sein:
• Witterungsschutz,
• Sitzgelegenheiten,
• Informationsmöglichkeiten für Fahrgäste (z. B. Aushänge,
dynamische Anzeiger) und
• Sanitäre Einrichtungen direkt am Standort oder, bei kleineren Fernbus terminals als Alternative, in unmittelbarer Umgebung.
Abbildung 11: Warte- und Einstiegsbereich am Fernbushalt Saarbrücken
Quelle: MeinFernbus
Optionale Elemente, in Abhängigkeit von der Terminalgröße und in Großstädten
(mehr als 100.000 Einwohner), sind:
• Serviceeinrichtungen für Busse (z. B. Toilettenausleerung),
• Separater Warteraum für Fahrgäste und
• Personalbedienter Serviceschalter; ggf. Bereithaltung von Ticketschaltern für
einzelne Anbieter.
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Um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und zugleich die (Re-)Finanzierung des
Busterminals zu erleichtern, ist für größere Anlagen die Errichtung eines „NonTransport“-Bereichs sinnvoll. Der Umfang dieses Bereichs bemisst sich am Bedarf und
reicht von einem kleinen Kiosk (Zeitungen/Zeitschriften, Snacks) bis hin zu größeren Einkaufs- und Restaurantbereichen (wie z. B. in München). Sind entsprechende
Angebote in unmittelbarer Nähe des Fernbushalts vorhanden, können die NonTransport-Bereiche am Fernbusterminal selbst geringer dimensioniert werden. Fehlt
es an Angeboten im Umfeld bzw. ist mit Zusatznutzen für die Anlieger zu rechnen
(z. B. infolge Einkaufsmöglichkeiten), kann das Angebot großzügiger gestaltet werden.
Kommunen sollten die Chance nutzen, mit Anbietern gemeinsam die beste
Lösung für die Stadt zu finden und bei der Gestaltung von Fernbusterminals
nutzen. Im Dialog mit Fernbusanbietern sollten sie bedarfsgerecht planen.
In jeder Stadt müssen individuelle Lösungen entsprechend der Bedarfe
gefunden werden. Besonders in Klein- und Mittelstädten reicht es oftmals
aus, vorhandene Haltestellen durch kleinere Maßnahmen aufzuwerten.
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4 Fazit
Der Fernbusverkehr führt zu einer besseren Verkehrsanbindung vieler Städte und Regionen. Dadurch kann das steigende Mobilitätsbedürfnis vieler Menschen befriedigt
werden. Seit der Marktöffnung Anfang 2013 haben sich Angebot und Nachfrage vervielfacht. Der Markt wird auch in naher Zukunft weiter wachsen. Da viele Fernbusreisende ergänzend den ÖPNV nutzen, wird der Umweltverbund insgesamt gestärkt.
Darüber hinaus ist der Fernbus ein wachsender Wirtschaftsfaktor, gerade in den
Kommunen. Er bringt Besucher in die Städte, welche den lokalen Handel, Hotel- und
Gaststättenbetriebe oder Kultureinrichtungen nutzen. Hinzu kommen höhere Steuereinnahmen für die Kommunen. Durch die Marktstruktur sind es auch die kleinen
und mittelständischen Busunternehmen, die bisher gestärkt aus der Marktöffnung
hervorgehen. Auch in Zukunft ist mit einem lebendigen Markt zu rechnen, in dem
Anbieter auf der Suche nach innovativen Lösungen sind.
Der Fernbusverkehr bedeutet für Kommunen daher in erster Linie die Chance auf
mehr Besucher und eine Stärkung der lokalen Unternehmerschaft. Diese Chance
sollte genutzt werden, um gemeinsam mit den Fernbusbetreibern ein optimales
Fernbusangebot zu ermöglichen. Öffentliche Hand und Fernbusbetreiber eint daher
grundsätzlich ein ähnliches Interesse.
Dies sollte sich in erster Linie im Genehmigungsprozess widerspiegeln. Aus Sicht der
Fernbusbetreiber besteht die Gefahr, dass sich Genehmigungsprozesse hinauszögern.
Dies birgt das Risiko, dass die Nachfrage nicht zeitnah befriedigt wird und das Investitionsrisiko der Unternehmen wächst. Eine vereinheitlichte Genehmigungspraxis
und ein frühzeitiger Austausch aller Beteiligten kann dafür sorgen, dass die Risiken
minimiert werden.
Der zweite wichtige Stellhebel der Kommunen zur Förderung des Fernbusverkehrs
liegt in den Fernbushaltestellen. Ein gut erreichbares, ausreichend dimensioniertes
und gut ausgestattetes Busterminal ist für den Fernbusverkehr von Vorteil. Zentraler
Handlungsbedarf besteht zunächst aber in der „einfachen“ Aufwertung vorhandener
Flächen. Fernbusbetreiber sind durchaus bereit, sich an der Finanzierung der Fernbusinfrastruktur (z. B. über Nutzungsgebühren) zu beteiligen, wenn diese geeignet
sind, den verkehrlichen sowie den Fahrgastanforderungen zu entsprechen.
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5 Anhang – FAQ zur Genehmigungspraxis
und Finanzierung
1. Wer erteilt die Liniengenehmigung?
Das Landesrecht legt die zuständige Behörde fest (§ 11 Abs. 1 PBefG). Für Verkehre, die in den Bezirken mehrerer Genehmigungsbehörden desselben Landes oder in
mehreren Ländern betrieben werden sollen, ist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 PBefG die
Genehmigungsbehörde zuständig, in deren Bezirk die Linie ihren Ausgangspunkt hat.
Insofern besteht mit der Wahl des Ausgangspunktes einer Linie ein gewisser Einfluss
darauf, welche Genehmigungsbehörde zuständig ist. Wird die Genehmigung versagt,
kann nur mit verwaltungsrechtlichen Mitteln vorgegangen werden.
Länder handhaben die Festlegung der Zuständigkeit unterschiedlich. Durch die
Abschaffung der Mittelbehörden im Zuge der Verwaltungs„vereinfachung“ besteht
ein gewisser Trend zur Landesbehörde in den Flächenstaaten einerseits (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz – in diesem Fall
allerdings mit drei Dienststellen, Saarland, Sachsen, Thüringen), andererseits zur
Dezentralisierung (Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein – für zwei Kreise wird die
Zuständigkeit auf Grundlage einer Vereinbarung von der Landeshauptstadt Kiel
wahrgenommen). Nur noch in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen sind die
Mittelbehörden zuständig. In Baden-Württemberg gibt es wiederum die Besonderheit
einer zwischen unterer Verwaltungsbehörde (Landkreise) und Regierungspräsidien
gesplitteten Zuständigkeit.
Eine Übersicht über alle Genehmigungsbehörden bietet das PBefG-Handbuch, Band 1.
2. Wie wird der Haltestellenabstand von 50 km bestimmt?
Hier sind zwei Fragen enthalten:
a) Was zählt als relevante Haltestelle, die für die Bestimmung
der 50 km herangezogen wird?
b) Wie wird der Abstand zwischen zwei (relevanten) Haltestellen ermittelt?
Das PBefG trifft zu beiden Fragen keine konkrete Aussage bzw. es existiert hierzu
noch keine Rechtsprechung. Für Genehmigungsbehörden sind derzeit wohl die zwischen Bund und Ländern (Bundesländerfachausschuss, BLFA) erstellten Hinweise
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zur Anwendung des novellierten PBefG (Hinweise zur Anwendung des Personenbeförderungsgesetzes, Oktober 2013) relevant. Vereinbart wurde, dass die Genehmigungsbehörden die Hinweise im Vollzug beachten sollen.
Zu Punkt a) wird unter Ziffer 2.9 zur Auslegung des Begriffs der Haltestelle ausgeführt, dass sowohl ein enges als auch ein weites Verständnis vertreten werden könne.
„Enges Verständnis“ geht davon aus, dass die konkrete Lage einer Bahnstation maßgeblich ist. Liegen Fernbushaltestelle und Bahnstation weit auseinander, greift die
Schutzvorschrift entsprechend nicht. Beim „weiten Verständnis“ greift die Schutzvorschrift dann, wenn der SPNV die Fahrt zum nächsten Ort in weniger als einer Stunde
ermöglicht, unabhängig von der konkreten Lage der Bahnstation im jeweiligen Ort.
Maßgeblich ist somit der Halteort.
Der BLFA sieht das weite Verständnis als einschlägig an, denn der Zweck der Norm
sowie (vermeintliche) Interessen der Fahrgäste sprächen dafür. Bei enger Auslegung bestünden Folgeprobleme bei der genehmigungstechnischen Bewertung von
Sonderfällen wie mehrere SPNV-Knoten oder Doppelstädte. Zudem wird die Gefahr
der Umgehung der Vorschrift gesehen. Grundsätzlich sei deshalb auf den Halteort
abzustellen. Jedoch müsse immer eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden,
da eine Pauschalbeurteilung nicht möglich sei.
Zu Punkt b) führt der BLFA ebenfalls unter Ziffer 2.9 der Hinweise zwei mögliche
Varianten auf: zum einen die Bemessung der Distanz anhand der Luftlinie, zum anderen anhand der kürzesten durch den Bus befahrbaren Straßenverbindung. Am sachgerechtesten sei es, auf die kürzeste durch den Bus befahrbare Straßenverbindung
abzustellen. Wobei darauf zu achten sei, dass der Unternehmer tatsächlich auch die
kürzeste Verbindung wählt. In der Praxis wird gelegentlich auf die Länge der jeweils
betroffenen SPNV-Verbindung zurückgegriffen. Da schnelle SPNV-Verkehre in einer
Stunde aber meist deutlich längere Strecken als 50 km zurücklegen, stellt sich auf
diese Weise das Entfernungsproblem nur selten. In der Regel ist die SPNV-Fahrzeit
entscheidend.
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3. Welche Unterlagen müssen laut PBefG für
eine Liniengenehmigung eingereicht werden?
Die für die Beantragung eines Fernbusverkehrs erforderlichen Unterlagen werden
in § 12 genannt, relevant sind:
• Vor allem Angaben zum Antragsteller sowie zur beantragten Linie, z. B. Unter wegshalte, eingesetzte Fahrzeuge (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 sowie die
Erleichterungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 PBefG),
• Nachweise über die Zuverlässigkeit des Betreibers sowie Sicherheit und
Leistungsfähigkeit des Betriebs (§ 12 Abs. 2 PBefG).
4. Muss der Fahrer die Originalgenehmigungsurkunde
immer mitführen?
Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 PBefG ist im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen die Genehmigungsurkunde oder eine gekürzte amtliche Ausfertigung dann mitzuführen, wenn
die Genehmigungsurkunde eine entsprechende Auflage enthält.
5. Wann findet die Ausnahmeregelung
in § 42a PBefG Anwendung?
Die Ausnahmeregelung sieht auch Haltestellenabstände unter 50 km vor. Eine
Ausnahme für eine Teilstrecke, die die Bedingungen § 42a Satz 2 nicht erfüllt, muss
beantragt werden.
Dem Antrag ist stattzugeben, wenn
1. kein ausreichendes Nahverkehrsangebot besteht und
2. das Fahrgastpotenzial der vorhandenen Verkehrsangebote
nur unerheblich beeinträchtigt wird.
Der BLFA äußert sich unter Ziffer 2.11 seiner Hinweise so, dass das Vorliegen der
die Ausnahme begründenden Tatsachen vom Antragsteller zu begründen ist. Der
Wortlaut ist aber widersprüchlich, da für beide Ausnahmetatbestände mit der „Unerheblichkeit der Beeinträchtigung“ argumentiert wird. Laut Gesetzesbegründung seien
ferner nicht nur die potenziell betroffenen Unternehmen, sondern auch die zuständigen Aufgabenträger anzuhören.
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Im Einzelfall hält es der BLFA für vertretbar, befristet eine Ausnahmegenehmigung
zu erteilen und die Auswirkungen evaluieren zu lassen. Dies ist dann der Fall, wenn
die Begründung des Antragstellers durch Einwendungen anderer Verkehrsunternehmen oder der Aufgabenträger nicht zweifelsfrei widerlegt und keine Einigung
erzielt wird.
6. Gibt es rechtlichen Anspruch auf bestimmte
Haltestellenstandorte? Umgang mit Konflikten durch
Mitbenutzung bestehender ÖPNV-Haltestellen?
Einen Versagungsgrund nach PBefG stellt bei erschöpfter Kapazität der Haltestelle in
der Regel die nicht gegebene Verkehrssicherheit dar. Dies wird in der Praxis teilweise
sehr weit ausgelegt (auch Behinderungen von ÖPNV-Bussen wird als „unzureichende
Verkehrssicherheit“ interpretiert), auch weil der Gesetzgeber keinen festen Kriterienkatalog aufgestellt hat.
„Wettbewerb“ um die knappe Ressource Haltestelle wird beim Fernbus in der Praxis
wohl eher selten stattfinden, da die Genehmigungsanträge nicht innerhalb einer
vorher festgelegten Frist eingehen, sondern jederzeit gestellt werden können. Ausgeschlossen ist dies jedoch nicht, insbesondere für die Hauptverkehrszeit.
Das PBefG sieht keine nachträgliche Änderung einmal erteilter Genehmigungen
wegen knapp gewordener Haltestellenkapazitäten vor. Die Entscheidung über die
Haltestellennutzung dürfte demnach überwiegend entsprechend dem Eingang der
Anträge erfolgen.
7. Welche (beihilfen-)rechtlichen Anforderungen sind
bei der Finanzierung zu beachten?
Sowohl beim Bau als auch beim Betrieb kann das Beihilfenrecht tangiert sein. Grundsätzlich gilt, dass Zahlungen der öffentlichen Hand eine äquivalente Gegenleistung
entgegenstehen muss. Wird eine Leistung (z. B. der Betrieb eines Fernbusterminals)
ausgeschrieben, kann grundsätzlich angenommen werden, dass ein Marktpreis
zustande gekommen ist und die Zahlungen beihilferechtskonform sind. Eine Beihilfe darf also im Grundsatz nicht Marktmechanismen ausschalten oder Wettbewerb
behindern. Bei Zweifeln müssen vorgesehene Maßnahmen bei der Europäischen
Kommission notifiziert werden.
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Entwicklung der Fernbusliniengenehmigungen................................ 04
Abbildung 2:
Fernbuslinien in Deutschland............................................................. 05
Abbildung 3:
Altersstruktur der Fernbusfahrgäste.................................................. 07
Abbildung 4:
Reisezweck der Fernbusfahrgäste...................................................... 08
Abbildung 5:
Intermodale Reisekette...................................................................... 08
Abbildung 6:
Wertschöpfungsebenen des Fernbusverkehrs.................................. 09
Abbildung 7:
Ablauf des Genehmigungsverfahrens................................................ 10
Abbildung 8:
Anreise zum und Abreise vom Fernbushalt........................................ 13
Abbildung 9:
Schrägaufstellung der Bussteige am Fernbushalt Hamburg.............. 14
Abbildung 10: Serviceeinrichtungen für Fahrgäste am Fernbushalt Mannheim....... 17
Abbildung 11:
Warte- und Einstiegsbereich am Fernbushalt Saarbrücken............... 18
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