Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 03:46
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 03.09.2014
Nr.
372 /14
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 61/0 Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Stadtplanung und Stadtsanierung
17.09.2014
Betreff
Prioritätenliste zur Bearbeitung von Bebauungsplanverfahren der Stadt Krefeld;
Kriterien für die Prioritäten
Beschlussentwurf:
1.
Die in der Begründung zur Beschlussvorlage vorgestellten Kriterien werden als Grundlage für
eine noch zu erstellende Prioritätenliste zur Bearbeitung von Bebauungsplanverfahren der Stadt
Krefeld beschlossen.
2.
Die Verwaltung wird beauftragt, auf Grundlage dieser Kriterien eine Prioritätenliste (Ranking) zur
Bearbeitung von Bebauungsplanverfahren der Stadt Krefeld zu erstellen und diese dem Ausschuss für Stadtplanung und Stadtsanierung sowie dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen
ja
X nein
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
Begründung
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Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 372 /14
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
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Anlass für die Prioritätensetzung
Bebauungspläne sind nach § 1 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) „aufzustellen, sobald und soweit
es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.“ Ob, wann und in welchem
Umfang Bauleitplanung erforderlich ist, liegt im Ermessen der Stadt auf Grundlage ihrer planerischen Konzeption, die sich u.a. im Flächennutzungsplan und in städtebaulichen Entwicklungskonzepten (z.B. Zentrenkonzept, Vergnügungsstättenkonzept, Stadtteilkonzepte) darlegt. Allerdings kann sich das Planermessen durch qualifizierten Handlungsbedarf bis zur Planungspflicht
verdichten (z.B. bei bodenrechtlichen Spannungen oder Veränderungssperren).
Zurzeit existieren für das Stadtgebiet Krefeld ca. 430 rechtskräftige Bebauungspläne. Aktuell sind
zur Aufstellung von Bebauungsplänen bis zur Bebauungsplan-Nummer 790 Verfahren formell
eingeleitet. Hinzu kommen Änderungsverfahren zu rechtskräftigen Bebauungsplänen. Weitere
Bebauungsplanverfahren sind beantragt.
Aus Sicht der Verwaltung sind aktuell über 80 Bebauungsplanverfahren zu bewältigen (ohne vereinfachte Änderungen). Hinzu kommen ggf. Planverfahren zur Umsetzung der 15 neuen Bauflächen, die im neuen Flächennutzungsplan dargestellt sind.
Ein Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplanes
dauert i.d.R. mindestens zwei Jahre (ausgenommen vereinfachte Änderungs- und Ergänzungsverfahren). Die Anforderungen an Bebauungspläne und der Bearbeitungsaufwand sind in den
vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen (z.B. höhere Anforderungen an den Hochwasserschutz seit 2005, generelle Pflicht zur Umweltprüfung seit 2006, Berücksichtigung von Lärmminderungs- und Luftreinhalteplänen seit 2006, artenschutzrechtliche Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes seit 2007, Störfallverordnung nach der Seveso-Richtlinie).
Zur Beschleunigung von Verfahrensschritten kann die Stadt die Vorbereitung und Durchführung
von Verfahrensschritten Dritten übertragen. Es ist gängige Praxis die Finanzierung von Gutachten
und Planungsleistungen den Investoren bzw. Planbegünstigten zu übertragen. Trotzdem verbleibt bei der Verwaltung ein hoher Abstimmungswand und auch bei Unterlagen, die von Planungsbüros im Auftrag von Investoren erstellt worden sind, ergibt sich ein hoher Kontrollaufwand. Zudem verbleibt die Gesamtverantwortung immer bei der Kommune.
Für die Bearbeitung von Bauleitplänen (Bebauungspläne und Flächennutzungsplanänderungen)
bestehen beim Fachbereich Stadtplanung sechs Stadtplanerstellen (teilweise in Teilzeit). Realistischer Weise und gemäß der Erfahrungen aus den letzten Jahren können mit den vorhandenen
Ressourcen ca. acht Satzungsbeschlüsse pro Jahr erzielt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es unumgänglich und zunehmend in anderen Kommunen auch üblich, die Bearbeitung von Bebauungsplanverfahren anhand einer Prioritätenliste vorzunehmen.
Die Verwaltung schlägt daher vor, die Prioritätensetzung anhand einer stadtweiten Rankingliste
vorzunehmen, die zwischen Politik und Verwaltung abgestimmt ist, und die Bebauungsplanverfahren entsprechend abzuarbeiten.
Damit eine Prioritätenliste nachvollziehbar anhand der Erfordernisse erstellt werden kann, sollen
zunächst Kriterien bestimmt werden, welche die vielfältigen Aspekte zur städtebaulichen Erforderlichkeit von Bebauungsplanverfahren berücksichtigen. Die Verwaltung schlägt den beigefügten Kriterienkatalog vor. Die unterschiedliche Gewichtung der Kriterien soll mit einer je Kriterium
definierten Punktzahl bewertet werden (Punktwerte 1 bis 3, im Ausnahmefall bis 6). Die Punkte
Begründung
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werden für jedes Bebauungsplanverfahren vergeben, wenn das Kriterium erfüllt ist. Das Planverfahren mit der höchsten Punktsumme hat die höchste Priorität (Ranking-Platz 1).
Der vorgeschlagene Kriterienkatalog für die Prioritäten der Bebauungsplanung (15 Kriterien zzgl.
einem Korrekturfaktor) ist dieser Vorlage als Anlage beigefügt.
Erläuterungen zum Kriterienkatalog
A. Städtebauliche Kriterien
A1: Besondere Bedeutung für die Bedeutung für die Krefelder Stadtentwicklung
Hierunter sind Projekte zu verstehen, die für die oberzentrale Funktion Krefelds von Bedeutung
sind (z.B. Ansiedlung oberzentraler Einrichtungen, Steuerung des Einzelhandels zur Stärkung der
Zentren, besondere Vorhaben in der Innenstadt und in den Stadtteilzentren) sowie Infrastrukturprojekte mit gesamtstädtischer Bedeutung (z.B. Straßen des Vorbehaltsstraßennetzes, ÖPNVUmsteigepunkte). Das besondere Gewicht soll mit dem Punktwert 3 zum Ausdruck kommen.
A2: Lösung komplexer städtebaulicher Probleme
Hierunter sind Planverfahren zu verstehen, welche die Stadtstruktur grundlegend verändern
(z.B. Gebiete im Strukturwandel) oder als Voraussetzung für weitere Planverfahren benötigt
werden (z.B. Erschließungsvorhaben, Schaffung für Planrecht als Voraussetzung für die Nutzungsaufgabe an anderer Stelle). Das Gewicht des Kriteriums soll mit dem Punktwert 3 zum Ausdruck kommen.
A3: Umsetzung der Ziele des FNP
Dem neuen Flächennutzungsplan liegt ein umfassender Diskussionsprozess zugrunde. Dies soll
dahingehend berücksichtigt werden, dass Bebauungspläne, die aus dem neuen Flächennutzungsplan entwickelt sind, einen Punkt bekommen.
A4: Innenentwicklung
Zur Vermeidung weiterer Inanspruchnahmen von Freiflächen für Bauflächen ist die Innenentwicklung gängiges Ziel der Raumordnung und Stadtentwicklung. Bebauungsplanverfahren, welche die Wiedernutzung von Brachflächen und die Nutzbarmachung von untergenutzten Flächen
(Baulücken, Zahnlücken, Modernisierung von Siedlungen, Nachverdichtungen) zum Inhalt haben,
sollen mit einem Punktwert von 3 bedacht werden.
A5: Korrektur städtebaulicher Fehlentwicklungen nach § 34 BauGB
Bauvoranfragen und Bauanträge können u.U. genehmigungsfähig sein, obwohl dies den Zielen
der Stadtentwicklung widerspricht. Z.B. bei Vorhaben zur Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben
entgegen dem Zentrenkonzept, bei Vorhaben im Außenbereich, die zu einer Verfestigung einer
Splittersiedlung führen würden oder bei Vorhaben im bereits bebauten Gebiet, die zu bodenrechtlichen Spannungen führen können, wird eine Steuerung durch die verbindliche Bauleitplanung erforderlich. Es wird ein Punktwert von 2 vorgeschlagen.
A6: Lösung verschiedener städtebaulicher Probleme
Im Rahmen der Abwägung zu Bebauungsplänen sind bauleitplanerische Konflikte zu bewältigen.
Anstatt eine Themenstellung für ein Plangebiet durch einen Bebauungsplan und eine andere
Themenstellung in einem benachbarten Plangebiet durch einen weiteren Bebauungsplan zu behandeln kann es aus Gründen der Arbeitseffizienz sinnvoll sein, beide Themenstellungen in ei-
Begründung
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nem Bebauungsplanverfahren abzuarbeiten. Dies soll mit dem Punktwert 2 berücksichtigt werden.
A7: Herstellen von Rechtssicherheit
Durch Gerichtsurteil kann festgestellt werden, das bestimmte Festsetzungen eines Bebauungsplanes unwirksam sind. Durch Gerichtsurteile können sich außerdem Hinweise ergeben, dass
Bebauungspläne, die an einem Fehler leiden, in der Anwendung rechtsunsicher sind. So sind z.B.
im Jahr 1992 anlässlich eines Gerichtsurteils 73 Bebauungspläne aus den Jahren 1954 bis 1966
als rechtsunsicher erkannt worden, da bei ihrer Bekanntmachung formelle Fehler gemacht worden sind. Die Stadt hat keine Normenverwerfungskompetenz und kann die Rechtssicherheit solcher Pläne nur durch Änderungsverfahren, Aufhebungsverfahren oder die Überplanung mit einem Aufstellungsverfahren für einen neuen Bebauungsplan herstellen. Inzwischen sind sechs
dieser Pläne durch formelle Bebauungsplanverfahren nicht mehr rechtskräftig. Durch das Oberverwaltungsgericht kann im Wege einer Normenkontrolle ein Bebauungsplan ganz oder in Teilen
für unwirksam erklärt werden. Dieses Kriterium soll mit dem Punktwert 2 berücksichtigt werden.
A8: Veränderungssperren
Zur Sicherung der Bauleitplanung können Entscheidungen zu Bauvorhaben ein Jahr zurückgestellt werden. Darüber hinaus kann der Stadtrat eine Veränderungssperre beschließen, die
zweimal verlängert werden kann. Gemäß § 18 BauGB ist bei einer Veränderungssperre, die länger als vier Jahre ab dem Zeitpunkt der ersten Zurückstellung des Baugesuchs dauert, eine Entschädigung durch die planende Gemeinde zu zahlen. Die Verwaltung schlägt vor zur Vermeidung
von Entschädigungszahlungen die besondere Dringlichkeit durch einen Punktwert von 2 bei Veränderungssperren, einen Punktwert von 4 bei drei Jahren der faktischen Veränderungssperre
und einen Punktwert von 6 im vierten Jahr der faktischen Veränderungssperre zu bewerten.
(Für die übrigen Kriterien sollen maximal 3 Punkte vergeben werden.)
B. Verfahrensbedingte Kriterien
B1: Abschluss begonnener Verfahren
Mit diesem Kriterium soll der bereits von der Stadt Krefeld investierte Ressourcenaufwand berücksichtigt werden, in dem mit fortgeschrittenem Verfahrensstand eine höhere Punktzahl vergeben wird: 1 Punkt für eine durchgeführte frühzeitige Beteiligung, 3 Punkte für eine bereits
durchgeführte Offenlage.
B2: Zeitgenaue Bearbeitung von Planverfahren
Im Einzelfall kann es erforderlich sein, dass ein Planverfahren bis zu einem bestimmten Zeitpunkt
abgeschlossen ist (z.B. Planrecht zu einem bestimmten Zeitpunkt als Voraussetzung für Förderungen oder für Investitionsentscheidungen). Im Einzelfall soll dies mit einem Punktwert von 3 in
Ansatz gebracht werden können.
C. Kriterien der Projektentwicklung
C1: Besondere Bedeutung der Investition
Planverfahren, die Voraussetzung für eine besonders hohe Investitionssumme, die Investition
eines international, regional oder für Krefeld bedeutsamen Investors oder die Schaffung vieler
Arbeitsplätze sind, sollen durch dieses Kriterium mit einem Punktwert von 2 zusätzliche Berücksichtigung bei den Prioritäten finden.
C2: Besonderes städt. Vorhaben
Begründung
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Besondere städtische Planvorhaben wie z.B. die Hauptfeuerwache oder U3-Projekte sollen mit
einem Punktwert von 3 priorisiert werden.
C3: Entwicklung Flächen im Eigentum der Stadt
Im Sinne eines kommunalen Flächenmanagements sollen Bebauungsplanverfahren mit städtischem Eigentum an Flächen im Plangebiet gewichtet mit 3 Punkten bewertet werden. Dies berücksichtigt Aufwendungen der Stadt, die im Rahmen einer kommunalen Bodenvorratspolitik
betrieben worden sind oder betrieben werden. Das Kriterium soll allerdings erst bei einem Flächenanteil größer 20% gelten, da die Stadt in vielen Bereichen über Eigentum an Spliss- und
Wegeparzellen verfügt.
C4: Entwicklung Flächen im Eigentum städt. Töchter
Zahlreiche Flächen, insbesondere in geplanten Gebietsentwicklungen befinden sich im Eigentum
städtischer Tochtergesellschaften. In Anlehnung an das Kriterium C3 soll dies ab einem Flächenanteil größer 20% mit einem Punktwert von 2 berücksichtigt werden.
C5: Planungsvereinbarungen
Seit dem Ratsbeschluss vom 05.12.2012 ist die HSK-Maßnahme VII – 016 „Planungsvereinbarungen für Investorenpläne/ Umlage der nicht-hoheitlichen Aufwendungen“ etabliert. § 11 BauGB
erlaubt es den Kommunen durch den Abschluss städtebaulicher Verträge private Dritte (Investoren) an den Kosten einer städtebaulichen Planung zu beteiligen. Bei Investorenplänen wurden in
Krefeld bislang lediglich Folgekosten für ökologische Ausgleichsmaßnahmen, öffentliche Grünflächen, Lärmschutzmaßnahmen und infrastrukturelle Folgeeinrichtungen sowie Gutachterkosten
über städtebauliche Verträge auf Investoren übertragen. Darüber hinaus wird seit 2013 zusätzlich der Aufwand der internen Verwaltungsabläufe (Personal- und Sachmittel) in städtebauliche
Planungsvereinbarungen zur Kostenübernahme einbezogen (sogenannte nicht-hoheitlich Aufwendungen, vgl. BVerwG-Urt. v. 25.11.2005).
Zur Berücksichtigung privater Planungsinteressen sollen hierfür geeignete Projekte mit einem
Punktwert von 2, Planverfahren mit einer abgeschlossenen Planungsvereinbarung mit einem
Punktwert von 3 bei der Prioritätensetzung Berücksichtigung finden.
Korrekturfaktor
Ergänzend zum Kriterienkatalog schlägt die Verwaltung einen Korrekturfaktor vor für den Fall,
dass in einem Planverfahren Rahmenbedingungen seitens Dritter noch nicht geklärt, aber für das
Voranbringen des Planverfahrens unerlässlich sind. Mit diesem Korrekturfaktor können diese
Projekte "auf 0 gesetzt" werden, so dass sie bis zur Klärung der Rahmenbedingungen in der Priorität hintenan stehen, ihre Punktbewertung aber zugleich transparent bleibt.