Daten
Kommune
Krefeld
Größe
2,9 MB
Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 03:48
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage zur
Vorlage Nr. 1531/15
Bebauungsplan Nr. 772
– RheinBlick zwischen Dujardinstraße,
Hohenbudberger Straße und Rhein –
Stadtbezirk: Krefeld-Uerdingen
Begründung
in der Fassung vom 09. Juni 2015
Verfahrensstand:
Erneute Offenlage gemäß §§ 4a Abs. 3, § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004
(BGBl. I. S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes
vom 20.11.2014 (BGBl. I S. 1748).
Fachbereich Stadtplanung
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
I.
Räumlicher Geltungsbereich
II. Planungsrechtliche Situation
1.
Landes- und Regionalplanung sowie Anpassung an die Ziele der
Raumordnung
Inhalt
6
7
7
2.
Flächennutzungsplan
11
3.
Bebauungspläne
12
4.
Landschaftsplan
12
5.
Fachplanungen / Fachrecht
12
5.1 Gewässerschutz / Hochwasserschutz/ Wasserrecht
12
5.2 Eisenbahnrecht / Widmung der Gleisanlage / Krananlage
14
5.3 Hafenverordnung
14
5.4 Gefahrgutrecht auf Binnenwasserstraßen
15
5.5 Denkmalrecht
21
III. Bestandsbeschreibung
22
1.
Städtebauliche Situation
22
2.
Verkehrliche Erschließung
23
3.
Infrastruktur
24
4.
Entwässerung
24
5.
Naturhaushalt und Landschaftsschutz
24
6.
Immissionsschutz und Störfallverordnung
25
7.
Bodenverunreinigungen
29
IV. Anlass und Ziele sowie Erforderlichkeit der Planung
30
1.
Anlass und Ziele der Planung
30
2.
Erforderlichkeit der Planung
30
3.
Städtebauliche Konzeption
31
3.1 Nutzungskonzept
31
3.2 Bau- und Freiraumstrukturen
34
3.3 Erschließungs-, Verkehrs- und Entwässerungskonzept
36
3.4 Grün- und Freiraumkonzept
36
3.5 Energiekonzept
37
3.6 Schalltechnische Konzeption
37
09.06.2015
1
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
Inhalt
3.6.1 Einbeziehung schalltechnischer Belange in die zu führende
städtebaurechtliche Gesamtabwägung
38
3.6.2 Konkrete städtebaurechtliche Bewältigung der innerhalb des
Plangebiets zu erwartenden gewerblichen Schallimmissionen 49
3.6.3 Konkrete städtebaurechtliche Bewältigung der innerhalb des
Plangebiets zu erwartenden Schallimmissionen aus Straßen- und
Schienenverkehr sowie aus der Binnenschifffahrt
65
V. Planinhalte
1.
Planungsrechtliche Festsetzungen
73
73
1.1 Art der baulichen Nutzung
1.1.1 Nähere Bestimmung der zulässigen Art der Nutzung in den
Gewerbegebieten
1.1.2 Nähere Bestimmung der zulässigen Art der Nutzung in den
Mischgebieten
73
1.2 Maß der baulichen Nutzung
1.2.1 Höhe baulicher Anlagen
1.2.2 Zulässige Grundfläche
1.2.3 Zahl der Vollgeschosse und zulässige Geschossfläche
92
92
94
95
1.3 Bauweise / Überbaubare Grundstücksfläche / Stellung baulicher
Anlagen
97
1.4 Nebenanlagen, Stellplätze, Garagen, Gemeinschaftsanlagen
1.4.1 Nebenanlagen
1.4.2 Stellplätze und Garagen
99
99
99
76
88
1.5 Verkehr, Ver- und Entsorgung sowie Hochwasserschutz
1.5.1 Verkehrsflächen
1.5.2 Entsorgungsflächen
1.5.3 Geh-, Fahr- und Leitungsrechte
1.5.4 Flächen für Hochwasserschutzanlagen
101
101
101
102
102
1.6 Natur und Landschaft
1.6.1 Bäume, Sträucher und sonstige Bepflanzungen
1.6.2 Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen
104
104
105
1.7 Einschränkung luftverunreinigender Stoffe
106
1.8 Immissionsschutz
107
2.
110
Landesrechtliche Festsetzungen
2.1 Festsetzungen nach § 86 Landesbauordnung –
Werbeanlagensatzung
110
2.2 Festsetzungen nach Landeswassergesetz
111
2.3 Festsetzungen von Stellplatzregelungen nach BauO NRW
112
09.06.2015
2
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
3.
Kennzeichnungen
3.1 Bauliche Vorkehrungen gegen Naturgewalten
Inhalt
112
112
3.2 Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen
belastet sind
112
4.
Nachrichtliche Übernahmen
112
4.1 Denkmäler nach Landesrecht
112
4.2 Überschwemmungsgebiet
113
4.3 Geltungsbereich der Hafenverordnung
113
4.4 Gleisanlage innerhalb der Unteren Werft
113
5.
114
Hinweise
5.1 Kampfmittelrückstände
114
5.2 Bodenfunde
114
5.3 Städtische Satzungen
115
5.4 Geruchsimmissionen
115
5.5 Stillgelegte Ferngasleitungen
115
5.6 Achtungsgrenze Störfallverordnung
115
5.7 Einsichtnahme in und Bezug auf den KAS 18- Leitfaden
115
5.8 Einsichtnahme in und Bezug von DIN-Normen und VDI-Richtlinien 116
5.9 Einsichtnahme in und Bezug zum RAL-Farbregister
116
5.10 Entwässerung
116
5.11 Abstimmungserfordernis bei Gebäuden über 20 m über Grund
116
5.12 Anpflanzbindungen
116
5.13 Hochwasser-Risikogebiete
116
5.14 Städtebauliche Verträge
117
5.15 Einbau und Verwendung von Materialen
117
5.16 Hochwasserschutz, Ertüchtigung der Hochwasserschutzanlage
117
5.17 Denkmalwerte Bausubstanz: Hohenbudberger Straße Nrn. 26,
28-30, 32 und 34
118
5.18 Abstimmungserfordernis im Umgang mit den gekennzeichneten
Altstandorten
118
5.19 Erdbebenzone 0
118
5.20 Hinweise zum Schallschutz
118
5.21 Rodungsverbot
119
5.22 Schutzzone für Flug und Navigationsanlagen
119
5.23 Sicherheitsabstände nach ADN (2015)
119
09.06.2015
3
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
5.24 Hinweise zur Dachbegrünung
Inhalt
119
VI. Städtebauliche Kenndaten
120
VII. Umweltbericht
121
1.
Einführung
121
2.
Kurzdarstellung der Inhalte und Ziele des Bebauungsplans
122
3.
Ziele des Umweltschutzes
122
3.1 Umweltschutzziele aus Fachgesetzen
123
3.2 Umweltschutzziele aus übergeordneten Planungen
124
3.3 Sonstige Umweltziele
125
4.
Beschreibung der Prüfmethoden
125
4.1 Räumliche und inhaltliche Abgrenzung
125
4.2 Methodik und Vorgehensweise
125
4.3 Hinweise auf Schwierigkeiten in der Zusammenstellung der
Informationen
129
5.
131
Beschreibung der Wirkfaktoren der Planung
5.1 Umfang des Vorhabens und Angaben zum Bedarf an Grund und
Boden
131
5.2 Bau- und anlagebedingte Wirkungen
132
5.3 Betriebsbedingte Wirkungen
133
6.
Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen bei
Durchführung der Planung
134
6.1 Untersuchungsrelevante Umweltbelange und zu erwartende
Umweltauswirkungen
6.1.1 Menschen/ Bevölkerung/ Gesundheit
6.1.2 Pflanzen und Tiere/ Biotope/ Biologische Vielfalt
6.1.3 Boden
6.1.4 Wasser
6.1.5 Klima/ Luft
6.1.6 Landschaft/ Landschafts-/ Ortsbild
6.1.7 Kultur- und Sachgüter
6.1.8 Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern
134
134
144
154
159
162
167
169
170
6.2 Belange des besonderen Artenschutzes
172
6.3 Schutzgebiete
186
6.4 Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen
187
7.
189
Ergebnis der Prüfung anderweitiger Planungsmöglichkeiten
09.06.2015
4
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
8.
9.
Inhalt
Entwicklung des Umweltzustandes bei Nichtdurchführung der
Planung
191
Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich
192
9.1 Vermeidungs- und Verringerungsmaßnahmen
192
9.2 Ausgleichsmaßnahmen
194
10. Maßnahmen zur Überwachung der Umweltauswirkungen
195
11. Allgemeinverständliche Zusammenfassung
196
VIII. Umsetzung der Planung
199
1.
Bodenordnung
199
2.
Städtebauliche Verträge
199
3.
Kosten und Finanzierung
199
09.06.2015
5
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
I.
I. Räumlicher Geltungsbereich
Räumlicher Geltungsbereich
Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 772 umfasst mit einer NordSüd-Ausrichtung in einer Länge von etwa 600 m den Bereich zwischen
Dujardinstraße, Hohenbudberger Straße und dem Rhein und betrifft das
Rheinufer nordöstlich des Uerdinger Zentrums. Das Plangebiet wird wie
folgt begrenzt:
- im Süden durch den Kreuzungsbereich Dujardinstraße / Unteres Werft,
- im Westen durch die westliche Seite der Dujardinstraße und die
östliche Seite der Hohenbudberger Straße,
- im Norden durch den Kreuzungsbereich Hohenbudberger Straße /
Unteres Werft und
- im Osten durch den Rhein.
Die genaue Abgrenzung des Geltungsbereiches ist der Planurkunde zu
entnehmen.
Abb. 1: Räumlicher Geltungsbereich
09.06.2015
6
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
II.
Planungsrechtliche Situation
1.
Landes- und Regionalplanung sowie Anpassung an die Ziele der
Raumordnung
Nach dem geltenden Landesentwicklungsplan aus dem Jahre 1995 (LEP
NRW 1995) ist das Gebiet der Stadt Krefeld Bestandteil des Ballungskerns
innerhalb der Europäischen Metropolregion Rhein-Ruhr und verfügt über
keine Freiraumfunktionen. Die Landesplanung legt den Schwerpunkt der
siedlungsräumlichen Entwicklung auf die ausgewiesenen Mittel- und
Oberzentren entlang der Entwicklungsachsen. Krefeld ist als Oberzentrum
ausgewiesen.
Am 13.07.2013 sind die landesplanerischen Vorgaben zum großflächigen
Einzelhandel vorgezogen zur Neuaufstellung des LEP NRW in einem
„sachlichen Teilplan großflächiger Einzelhandel“ in Kraft getreten. Diese
Ziele sind im vorliegenden Bebauungsplan vollumfänglich beachtet.
Im geltenden Regionalplan des Regierungsbezirks Düsseldorf
(Gebietsentwicklungsplan, GEP 99) wird das Plangebiet als gewerblichindustrieller Bereich (GIB) dargestellt. Diese Darstellung ist im Entwurf zur
Neuaufstellung des Regionalplanes (Stand: September 2014) beibehalten
worden. In der Erläuterungskarte 8a „Vorbeugender Hochwasserschutz“
des GEP 99 ist das Plangebiet als Deichgeschützter Bereich dargestellt.
Zurzeit wird der Landesentwicklungsplan neu aufgestellt. Der Entwurf des
Landesentwicklungsplanes (LEP NRW-E2013, Stand: 25.06.2013,
Behördenbeteiligung bis 02/2014) wird in dem weiterhin laufenden
Aufstellungsverfahren im Zuge der dazu andauernden intensiven
Diskussion noch fortentwickelt werden (vgl. Kabinettsbeschluss vom
28.04.2015 zur Änderung des LEP-Entwurfes).
Zurzeit wird zudem auch der Regionalplan für den Regierungsbezirk
Düsseldorf neu aufgestellt (RPD-E2014, Stand: 09/2014, Beteiligung bis
31.03.2015). Der Entwurf des Regionalplanes wird in dem weiterhin
laufenden Aufstellungsverfahren auch im Hinblick auf die Diskussion des
neuen Landesentwicklungsplanes noch fortentwickelt werden.
Die geplanten Ziele und Grundsätze des LEP NRW-E2013 und des RPDE2014 sind von öffentlichen Stellen bereits als ‚Erfordernisse der
Raumordnung‘ bei anderen Planungen und Entscheidungen zu
berücksichtigen. Die geplanten Ziele sind bei dem vorliegenden
09.06.2015
7
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Bebauungsplan beachtet. Jedenfalls sind sie, wie es notwendig ist,
zureichend in die durchgeführte Abwägung einbezogen worden. Denn ein
in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung hat „die Qualität eines
öffentlichen Belangs“, der allein in die Abwägung einzubeziehen ist und
abgewogen werden kann (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG),
Urteil vom 27. Januar 2005 – 4 C 5/04 –, juris, und vom 1. Juli 2010 – 4 C
4/08 – , juris, vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 6. Juli 2005 – 10 D
145/04.NE –, juris).
Hierzu wird ausgeführt:
Im LEP NRW-E2013 ist unter Ziel 8.1-9 der Hafen Krefeld als
landesbedeutsamer Hafen und damit als Vorrangstandort ausgewiesen.
„In landesbedeutsamen Häfen sind zur Ansiedlung von hafenorientierten
Wirtschaftsbetrieben die erforderlichen Standortpotenziale zu sichern und
von der Regionalplanung in bedarfsgerechtem Umfang Hafenflächen und
Flächen für hafenaffines Gewerbe festzulegen. […] Sie sind vor dem
Heranrücken von Nutzungen zu schützen, die geeignet sind, die
Hafennutzung einzuschränken.“
In dem RPD-E2014 wird das Ziel 8.1-9 des LEP NRW-E2013 dahingehend
umgesetzt, dass darin der Hafen Krefeld in den Bereichen südlich der
B 288 als Gewerblich-industrieller Bereich mit der Zweckbindung
„Standorte des kombinierten Güterverkehrs – Hafennutzungen und
hafenaffines Gewerbe“ (GIB-Z) ausgewiesen wird (Ziel 1 in Kap. 3.3.2). Zu
diesen GIB-Z-Standorten dürfen in Bauleitplänen neue Wohnbauflächen,
gemischte Bauflächen und Sonderbauflächen nur in einem Abstand von
mehr als 300 m von den Grenzen der GIB-Z ausgewiesen werden. Der RPDE2014 berücksichtigt in seinen vorläufig abgewogenen Zielen bei dieser
Ausweisung bereits, dass im Plangebiet des vorliegenden Bebauungsplans
wie im gesamten Uferbereich vor der Altstadt Uerdingen aufgrund der
unmittelbaren Nähe zu bestehenden schützenswerten Nutzungen keine
Entwicklung eines Hafens mit zu GIB vergleichbaren Emissionen möglich
ist. Insofern wird durch den RPD-E2014 das Ziel 8.1-9 des LEP NRW-E2013
konsequenter Weise auf den südlichen Hafenbereich fokussiert. Der
vorliegende Bebauungsplan steht somit nicht im Widerspruch zu den
geplanten Zielen der Landes- und Regionalplanung zur Entwicklung
landesbedeutsamer Häfen.
Nach Ziel 6.3-1 des LEP NRW-E2013 ist „für emittierende Gewerbe- und
Industriebetriebe in Regionalplänen […] auf der Basis regionaler
09.06.2015
8
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Abstimmungen (regionale Gewerbe- und Industrieflächenkonzepte) und in
Bauleitplänen ein geeignetes Flächenangebot zu sichern.“ Nach den
Erläuterungen zu diesem Ziel wird unter einem geeigneten Flächenangebot
„ein Flächenangebot verstanden, das
- quantitativ ausreichend und qualitativ differenziert – und damit
bedarfsgerecht – und gleichzeitig flächensparend ist,
- Abstandserfordernisse erfüllt und
- unter Beachtung der Ziele der Raumordnung und Berücksichtigung der
Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung entwickelt
worden ist. […]
Die endgültige regionale Abstimmung erfolgt dabei im Rahmen des
Regionalplanverfahrens.“
Als Ziel 6.3-2 des LEP NRW-E2013 ist formuliert, dass die Regional- und
Bauleitplanung dafür Sorge tragen solle, „dass durch das Heranrücken
anderer Nutzungen die Entwicklungsmöglichkeiten für emittierende
Gewerbe- und Industriebetriebe innerhalb bestehender Bereiche für
gewerbliche und industrielle Nutzungen nicht beeinträchtigt werden.“
In den „Leitlinien zur Regionalplanfortschreibung“ der Bezirksregierung
Düsseldorf vom 28.06.2012 ist davon die Rede, GIB für Emittenten zu
sichern sowie regional bedeutsame Standorte für emittierendes
flächenintensives Gewerbe vorzuhalten (vgl. dort Ziff. 1.4.1. und 1.4.2.).
Hieraus entwickelt, sind nach Ziel 1 in Kap. 3.3.1 des RPD-E2014 GIB als
Industrie- oder Gewerbegebiete (im Sinne von §§ 8, 9 Baunutzungsverordnung – BauNVO) festzusetzen. Im GIB ansässige emittierende Gewerbeund Industriebetriebe dürfen dabei nicht beeinträchtigt werden. Nach
Grundsatz 1 in Kap. 3.3.1 RPD-E 2014 soll, wenn GIB und ASB aneinander
grenzen, „durch Regelungen in der Bauleitplanung oder andere geeignete
Maßnahmen verhindert werden, dass durch heranrückende Wohnbebauung oder andere heranrückende schutzbedürftige Nutzungen bzw.
schutzbedürftige Baugebiete der Standort bereits ansässiger emittierender
Gewerbe- und Industriebetriebe in seiner bisherigen Nutzung in den GIB
gefährdet wird oder dass Betriebserweiterungsflächen und freie
Bauflächen (Reserven) in den GIB nicht mehr für die Erweiterung oder
Ansiedlung von emittierenden Gewerbebetrieben genutzt werden können.“
Aus Sicht der Stadt Krefeld erfolgt durch die mit dem vorliegenden
Bebauungsplan geplante Gliederung der Gewerbe- und Mischgebiete (vgl.
Kap. IV.2.1 und V.1) eine den Rahmenbedingungen angemessene
Zonierung des Plangebietes, die dem Schutz der vorhandenen Gewerbeund Industriebetriebe wie dem Schutz der südlich an das Plangebiet
09.06.2015
9
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
angrenzend bestehenden Wohnnutzungen gleichermaßen gerecht wird. Da
im Plangebiet des vorliegenden Bebauungsplans, insbesondere im
südlichen Bereich, die Abstandserfordernisse für Industriegebiete zu
vorhandenen schützenswerten Nutzungen nicht erfüllt werden können,
vermögen die o.g. Ziele der Landes- und Regionalplanung zu GIB aus Sicht
der Stadt Krefeld nur dahingehend Berücksichtigung finden, dass die mit
dem vorliegenden Bebauungsplan geplante Gliederung der Gewerbe- und
Mischgebiete eine „Konfliktbewältigung durch geeignete Zonierung“
vornimmt, wie sie in den Erläuterungen des LEP NRW-E2013 zu o.g. Ziel für
den an den Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) angrenzenden Teil des
GIB ermöglicht wird. Kern- oder Sondergebiete für Vorhaben i. S. des
§ 11 Abs. 3 BauNVO, die mit diesem landesplanerischen Ziel nicht
vereinbar wären, werden mit dem vorliegenden Bebauungsplan
ausdrücklich nicht festgesetzt.
Der jahrelange Leerstand der Liegenschaften im Plangebiet unterstreicht
die fehlende industrielle und hafenaffine Eignung des Gebiets und das
zwingende Erfordernis, an dem Standort aktiv durch Bauleitplanung den
Strukturwandel planerisch vorzubereiten. Durch das Projekt RheinBlick
werden die Entwicklungsbereiche für den Hafen Krefeld mit seinen
weiteren Flächenreserven im südlichen Hafenbereich sowie die
Entwicklungsbereiche des Chemparks mit seinen Flächenreserven im
Norden des Chemparks dabei nicht eingeschränkt.
Die geplanten Vorgaben der Landes- und Regionalplanung zu GIB sind
folglich berücksichtigt – auch soweit durch den vorliegenden Bebauungsplan Gewerbe- sowie Mischgebiete festgesetzt werden. Insoweit erfolgt in
dem vorliegenden Bebauungsplan eine nach den geplanten Zielen der
Raumordnung ausdrücklich vorgesehene „Konfliktbewältigung durch
geeignete Zonierung“. Vor allem ist mit der vorliegenden Planung
sämtlichen landesplanerischen Zielen und Grundsätzen durch die sehr
umfassenden und intensiven Regelungen zum Immissionsschutz in den
diversen diesbezüglichen Ausprägungen bestmöglich entsprochen.
Insbesondere ist gegebenen Schutzansprüchen von Industrie und Gewerbe
genügt:
Die aktuelle Abgrenzung des Krefelder Rheinhafens ist so, wie jetzt
vorhanden, bereits 2012 rechtswirksam vorgenommen worden, ohne dass
dagegen in den darin vorgesehenen Verfahren durchgreifende rechtliche
Bedenken vorgebracht worden wären. Die festgesetzten Baugebiete im
Plangebiet selbst sind heute kein Hafenbereich mehr (vgl. Kap. II.5.3).
09.06.2015
10
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Der Schifffahrt werden auch in Zukunft nicht relevant eingeschränkte
Möglichkeiten gewährleistet. Der in der Nähe tätigen Industrie und dem
dort tätigen Gewerbe werden Ausübungsmöglichkeiten nicht beschnitten.
Durch die vorgenommene Zonierung der Gewerbe- und Mischgebiete im
Plangebiet von Norden nach Süden wird eine den Anforderungen
entsprechende Konfliktbewältigung bewirkt.
An die Ziele der Raumordnung ist der vorliegende Bebauungsplan gemäß
§ 1 Abs. 4 BauGB angepasst. Die vollumfängliche Übereinstimmung der
vorliegenden Planung mit den relevanten Zielen der Raumordnung ist
gegeben und bedeutsame landesplanungsrechtliche Grundsätze sind hier
in jeder Hinsicht ausreichend berücksichtigt.
2.
Flächennutzungsplan
Parallel zur Aufstellung des Vorgänger-Bebauungsplanes Nr. 677/I (in Kraft
getreten am 05.05.2009, vom Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Urteil vom 21. Juli 2011 – 2 D
59/09.NE –, juris, für unwirksam erklärt) wurde bereits die 247. Änderung
des Flächennutzungsplanes durchgeführt, die ebenfalls am 05.05.2009
wirksam wurde. Der Flächennutzungsplan ist von dem o. g. Urteil nicht
betroffen. Im Zuge der 247. Änderung des Flächennutzungsplanes erfolgte
eine Abstimmung mit den Zielen der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4
Baugesetzbuch (BauGB) und § 32 Landesplanungsgesetz NRW (LPIG
NRW)1.
Der geltende Flächennutzungsplan sowie der abschließend beschlossene
neue Flächennutzungsplan stellen den südlichen Teil des Plangebietes
zwischen Dujardinstraße und Uferpromenade als Mischgebiet dar. Der
nördliche Bereich zwischen der Hohenbudberger Straße und der
Uferpromenade ist als Gewerbegebiet dargestellt. Die geplante Nutzung
entspricht somit den Darstellungen des wirksamen Flächennutzungsplanes. Der vorliegende Bebauungsplan ist damit gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1
BauGB aus dem Flächennutzungsplan entwickelt.
Die Paragraphennummer bezieht sich auf die zum Zeitpunkt der landesplanerischen Abstimmung
gültigen „alten Fassung“ des LPlG.
1
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
3.
II. Planungsrechtliche Situation
Bebauungspläne
Innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes Nr. 772 existiert
kein in Kraft befindlicher Bebauungsplan. Die planungsrechtliche
Beurteilung von Vorhaben richtet sich demzufolge vor der Planaufstellung
nach § 34 BauGB.
Die Aufhebungssatzung für den Bebauungsplan Nr. 21 – Am Zollhof /
Teil 1: Fluchtlinien – trat nach ihrer Bekanntmachung am 30. Januar 2004
in Kraft.
4.
Landschaftsplan
Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 772 liegt nicht im
Geltungsbereich des Landschaftsplanes. Der Rhein, der sich im räumlichen
Geltungsbereich des Landschaftsplanes befindet, grenzt an das Plangebiet
an.
5.
Fachplanungen / Fachrecht
5.1
Gewässerschutz / Hochwasserschutz/ Wasserrecht
Der Geltungsbereich des vorliegenden Bebauungsplanes befindet sich
außerhalb von Wasserschutzzonen.
Auf der Grundlage von § 76 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) ist durch Verfügung der
Bezirksregierung Düsseldorf vom 09.06.2011 entlang des Rheins ein
Überschwemmungsgebiet vorläufig gesichert worden. Mit der
„Bekanntmachung über die Auslegung von Karten und Texten der
geplanten Verordnung sowie Erläuterungsbericht zur Festsetzung des
Überschwemmungsgebietes des Rheins“ vom 31.01.2014 wurde der
Entwurf der Überschwemmungsgebietsverordnung „Rhein“ öffentlich
ausgelegt. Mit diesem geplanten Überschwemmungsgebiet ist der Bereich
der Unteren Werft als Überschwemmungsgebiet definiert. Die
diesbezüglichen rechtlichen Grundlagen sind zu beachten und bleiben von
den Festsetzungen des Bebauungsplanes unberührt.
Der Rhein gehört nach der vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos
nach der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie zu den „hochwasserbedingt schadensträchtigen Gewässern bzw. Gewässerabschnitten gemäß
§ 112 Abs. 2 LWG“ nach Maßgabe der Bestimmungen des Wassergesetzes
für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz – LWG NRW). Bis
zum Jahr 2015 werden in Nordrhein-Westfalen für alle Gebiete, in denen
09.06.2015
12
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
signifikante Hochwasserschäden auftreten können, HochwasserrisikoManagementpläne erarbeitet. Die Bestimmung von Risikogebieten im
Sinne des § 73 Abs. 1 WHG ist Bestandteil der Aufstellung der Hochwasserrisiko-Managementpläne. Seitens des Landesumweltministeriums wurden
am 25.10.2013 die erstellten Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten veröffentlicht. Das Plangebiet liegt vollständig innerhalb der
nun definierten Risikogebiete i. S. d. § 73 Abs. 1 WHG.
Das Plangebiet liegt im rheinseitigen Vorland des Rheindeichs, der im
Bereich des Plangebiets im Wesentlichen dem Verlauf des Straßenzuges
Dujardinstraße – Kronenstraße folgt. Da das Plangebiet im Südwesten
innerhalb der Deichschutzzonen I, II sowie III liegt, ist die „Ordnungsbehördliche Verordnung zum Schutz der Deiche und sonstigen Hochwasserschutzanlagen an den Gewässern erster Ordnung im
Regierungsbezirk Düsseldorf – Deichschutzverordnung (DSchVO)“ zu
beachten. Die besonderen Genehmigungsvorbehalte der einzelnen
Deichschutzzonen im Sinne der §§ 3, 4 und 5 der DSchVO sind relevant.
Innerhalb des Plangebiets sind gesonderte Hochwasserschutzanlagen vorhanden, die zur Vorbereitung der baulichen Nutzungen im Plangebiet
ertüchtigt werden sollen. Die Zulassung der insoweit geplanten Ertüchtigungsmaßnahmen erfolgt i.d.R. im Rahmen von Planfeststellungsverfahren, die für den Bereich des Plangebietes derzeit vorbereitet werden.
In Abstimmung mit den zuständigen Behörden sind Baumaßnahmen,
welche die bestehenden Hochwasserschutzanlagen innerhalb des Plangebietes nicht verändern, ihren Bestand nicht gefährden und deren späterer
Ertüchtigung nicht entgegenstehen, im Einzelfall zulassungsfähig. Hierfür
kann zeitlich unabhängig vom Planfeststellungsantrag oder -beschluss
eine deichaufsichtliche Genehmigung beantragt und erteilt werden, welche
Voraussetzung für eine entsprechende Baugenehmigung ist.
Die Aufstellung des Bebauungsplanes für das Plangebiet ist daher mit den
bestehenden Erfordernissen des Hochwasserschutzes für das Gebiet
vereinbar.
Außerdem befindet sich im Norden des Plangebietes zwischen der
Hohenbudberger Straße und dem Rheinufer ein Hochwasserpumpwerk.
Dieses dient dazu, bei Hochwasser Abwässer der Stadt Krefeld in den
Rhein zu pumpen. Geschähe das nicht, könnte das Abwasser bei Hochwasser nicht in den Rhein abgeleitet werden und würde sich in das
09.06.2015
13
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Stadtgebiet zurückstauen. Daher muss der Betrieb der Anlage dauerhaft
gewährleistet bleiben, auch wenn sie tatsächlich nur bei Hochwasser und
zu Wartungszwecken betrieben wird. Diese Anforderung wird bei der
Bebauungsplanung beachtet. Von besonderer Bedeutung ist in diesem
Zusammenhang, dass bei dem Auftreten von Hochwasser das Pumpwerk in
derartigen Fällen ggf. auch zusammenhängend bis zu mehrere Wochen in
Betrieb ist.
5.2
Eisenbahnrecht / Widmung der Gleisanlage / Krananlage
Eine Gleisanlage innerhalb der Dujardinstraße wurde inzwischen bahnrechtlich freigestellt. Der Rückbau ist allerdings noch nicht erfolgt.
Darüber hinaus befindet sich entlang der Unteren Werft eine Bahnanlage,
die als nichtbundeseigene Eisenbahn nach dem Landeseisenbahngesetz
(LEG NRW) bzw. nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) planfestgestellt und bahnrechtlich gewidmet ist. Die gewidmete Gleisanlage wird
für den Betrieb einer Krananlage genutzt, deren Einsatz sich derzeit auf
den Notbetrieb beschränkt. Da der Betrieb der Krananlage einschließlich
des Zulieferungsverkehrs durch LKW aufgrund der Lärmausdehnung und
der Staubentwicklung mit den geplanten Festsetzungen des vorliegenden
Bebauungsplanes nicht in Einklang zu bringen ist, wurde mit dem
Betreiber des Krans (Rheinhafen Krefeld) vereinbart, dass die Nutzung nur
noch bis zum Satzungsbeschluss dieses Bebauungsplanes erfolgen kann.
Im Rahmen eines zu dem Bebauungsplan zu schließenden städtebaulichen Vertrags wird zwischen dem Rheinhafen Krefeld und der Stadt
Krefeld eine einvernehmliche Lösung bezüglich der Festlegung des Zeitpunktes der Nutzungsaufgabe sowie für die sich daraus ergebenden
weiteren Regelungen vereinbart.
5.3
Hafenverordnung
Das Bebauungsplangebiet ist langjährig als Rheinhafen genutzt worden
und war entsprechend zum Zeitpunkt der Aufnahme der Bebauungsplanung in den Geltungsbereich der Hafenverordnung für den Hafen der
Stadt Krefeld einbezogen.
Die Hafenverordnung für den Hafen der Stadt Krefeld wurde auf der
gesetzlichen Grundlage des § 37 Abs. 3 Nr. 2 LWG NRW in Verbindung mit
§ 1 Abs. 2 und § 29 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über den
Verkehr und den Güterumschlag in Häfen (Allgemeine Hafenverordnung –
AHVO) vom 08.01.2000 (GV. NRW. S. 34), zuletzt geändert durch Artikel 1
Dritte Änderung der VO vom 28.11.2011 (GV. NRW. S. 588), und § 27 des
09.06.2015
14
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden –
Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW) erlassen. „Die räumlich begrenzten
Bereiche der Häfen werden durch gesonderte Rechtsvorschriften
bestimmt“ (vgl. § 1 Abs. 2 AHVO). In der Hafenverordnung Krefeld ist
insbesondere ihr Geltungsbereich bestimmt. Innerhalb des Hafenbereiches ist der Aufenthalt für Unbefugte außerhalb der öffentlichen
Straßen untersagt (vgl. §§ 1 und 2 HVO 2012).
Da die von der Stadt Krefeld verfolgten städtebaulichen Entwicklungsziele
für den Bereich des Plangebiets mit den Festlegungen der Hafenverordnung ansonsten nicht vereinbar gewesen wären, wurde im Juli 2011
ein Verfahren zur Änderung des Hafenbereiches eingeleitet. Die Erste
Verordnung zur Änderung der ordnungsbehördlichen Verordnung über die
Bestimmung der Bereiche der Häfen und Umschlaganlagen in der Stadt
Krefeld und das Verhalten in diesem Hafen – Hafenverordnung (HVO)
Krefeld – vom 20. April 2012 wurde am 26. April 2012 im Amtsblatt für den
Regierungsbezirk Düsseldorf bekannt gemacht.
Nach Maßgabe dieser Änderung liegen nur noch die öffentliche
Verkehrsfläche "Unteres Werft" sowie die Flächen des Hochwasserpumpwerks innerhalb des Geltungsbereiches der Hafenverordnung.
Somit ist der vorliegende Bebauungsplan mit den Regelungen der nunmehr
geltenden Hafenverordnung vereinbar.
5.4
Gefahrgutrecht auf Binnenwasserstraßen
a) Anforderungen nach dem ADN
Der unmittelbar an dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes vorbeifließende Rhein wird in einem erheblichen Umfang zum Schiffsverkehr,
auch von Schiffen zum Transport von Gefahrgütern, genutzt.
Für die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein gilt derzeit das
Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung
gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (ADN 2015). Dieses
Europäische Übereinkommen ist als völkerrechtlicher Vertrag vom
nationalen Gesetzgeber übernommen worden und steht in Deutschland im
Rang einer Rechtsverordnung. Das ADN 2015 enthält Vorschriften
insbesondere für die Klassifizierung, Verpackung, Kennzeichnung und
Dokumentation gefährlicher Güter und für den Umgang während der
Beförderung (vgl. Website BMVBS).
09.06.2015
15
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Tankschiffe dürfen nach den Vorgaben des ADN 2015 nur an den von der
zuständigen Behörde bezeichneten oder für diesen Zweck zugelassenen
Stellen beladen, gelöscht oder entgast werden (Kapitel 7.2.4.7.1 ADN
2015). Bei Umschlageinrichtungen für entzündbare Stoffe auf Schiffen
(sogenannte „1-Kegel-Schiffe“; Kennzeichnung mit einem blauen Kegel
bzw. blauem Licht) sind Sicherheitsabstände einzuhalten.
Für das Stillliegen außerhalb behördlich genehmigter Liegestellen gilt Kap.
7.2.5.4.3 ADN 2015, wonach Schiffe, die eine Bezeichnung mit einem
blauen Kegel oder einem blauen Licht führen müssen, einen Abstand von
100 m zu Ingenieurbauwerken, Tanklagern und zu geschlossenen Wohngebieten zu wahren haben. Beim Stillliegen von mit gesundheitsgefährlichen Stoffen beladenen Schiffen (2-Kegel-Schiffe, zwei blaue Kegel/zwei
blaue Lichter) außerhalb behördlich genehmigter Liegestellen sind Sicherheitsabstände von 100 m zu Ingenieurbauwerken und Tanklagern sowie
300 m zu geschlossenen Wohngebieten einzuhalten. Die zuständige
Behörde kann unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse geringere
als die genannten Abstände zulassen. Das Verbot nach Kap. 7.2.5.4.3 ADN
2015 richtet sich an Schiffsführer, die mit ihren Schiffen außerhalb eines
besonders angegebenen Liegeplatzes – also „irgendwo“ am Ufer des
Rheins – stillliegen wollen.
Die Sicherheitsabstände nach ADN haben in der Bauleitplanung, soweit sie
von planenden Kommunen vorsorgend in ihr städtebauliches Konzept
übernommen werden, den Charakter von Orientierungswerten, ähnlich der
Geruchsimmissionsrichtlinie für Immissionen. Der Plangeber ist an sie
nicht strikt gebunden, sondern übernimmt die Sicherheitsabstände als
Zielwerte seiner Planung. Ein Planungshindernis, das auch durch
Abwägung nicht überwunden werden kann, wird daraus nicht hergeleitet.
Gibt es gewichtige städtebauliche Gründe, kann von den Sicherheitsabständen nach ADN abgewichen werden. Je weiter jedoch der Zielwert
unterschritten wird, umso gewichtiger müssen die städtebaulichen Gründe
sein, um die Unterschreitung zu rechtfertigen. Dabei kommt auch in
Randbereichen in Betracht, das Problem der notwendigen Sicherheit von
Gefahrguttransporten durch organisatorische Maßnahmen auf der
Genehmigungsebene zu lösen, etwa durch Entfluchtungspläne als Teil der
Baugenehmigung.
Die Stadt Krefeld berücksichtigt die Sicherheitsabstände nach ADN in der
Abwägung zum vorliegenden Bebauungsplan: Der als Vorsorgeabstand in
09.06.2015
16
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
die Bauleitplanung übernommene Sicherheitsabstand von 300 m bezieht
sich auf „geschlossene Wohngebiete“. Der Begriff des „geschlossenen
Wohngebietes“ ist in dem ADN selbst nicht definiert. Er entspricht auch
keinem der national verwendeten Baugebietsbegriffe der BauNVO. Der
Begriffsinhalt ist deshalb nach Sinn und Zweck auszulegen: Schutzzweck
ist erkennbar der Schutz von ganz oder überwiegend zum Wohnen
genutzten Gebieten, nicht der Schutz anderweitiger Nutzungen, mögen sie
auch ebenfalls schützenswert sein. Nach der nationalen Gebietstypologie
unterfallen den Wohngebieten die reinen, allgemeinen und besonderen
Wohngebiete. Ob Misch- und Dorfgebiete auch zu den „geschlossenen
Wohngebieten“ im Sinne des ADN zu zählen sind, ist nicht eindeutig
festgelegt. Die Stadt Krefeld geht davon aus, dass Misch- (oder Dorf-)
gebiete auch zu den „geschlossenen Wohngebieten“ im Sinne des ADN
gezählt werden können. Das ist allerdings – vom Schutzzweck des ADN
hergeleitet – dann nicht der Fall, wenn der Plangeber bei der konkreten
Planung ein Baugebiet so gliedert, dass in bestimmten Bereichen der
Mischgebiete das Wohnen ausgeschlossen ist. Denn so gegliederte
Mischgebiete haben dort nicht den Charakter eines „geschlossenen
Wohngebietes“. Das gilt auch, wenn in den gewerblich nutzbaren
Gebietsteilen andere schutzwürdige Nutzungen ausgeübt werden dürfen,
etwa Beherbergungsbetriebe oder Anlagen für soziale und gesundheitliche
Zwecke zulässig sind. Denn das ADN knüpfen nicht an einzelne
schutzwürdige Nutzungen, sondern flächenbezogen an „Wohngebiete“ an.
Vor dem Hintergrund des ADN sind Mischgebiete deshalb nicht einheitlich
zu behandeln, sondern abhängig von ihrer konkreten Ausprägung als
geschlossener Bereich des Wohnens.
b) Rheinanleger R 141
Unmittelbar nördlich des Bebauungsplangebietes befindet sich der
Rheinanleger R 141 (Umschlagsanlage bei Rhein-km 765,43 linkes Ufer). In
der Genehmigung dieses Rheinanlegers wird nicht klassifiziert, welche
Schiffe mit welchen gefährlichen Gütern vor dem Bebauungsplangebiet
warten bzw. stillliegen dürfen. Nach Abstimmung mit dem Betreiber und
der Wasser- und Schifffahrtsdirektion (Genehmigungsbehörde) umfasst
die erteilte Genehmigung keine Schiffe, die eine Bezeichnung mit drei
blauen Kegeln oder drei blauen Lichtern führen müssen. In der
Genehmigung des Rheinanlegers R 141 vom 15.07.1987 wird kein
uneingeschränkter Gefahrgutumschlag, sondern nur der Umschlag
folgender Produkte zugelassen: schweres Heizöl, Salzsäure, Natronlauge,
Cyclohexanon und Schwefelsäure. Davon ist der Transport von sog.
09.06.2015
17
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
„rauchender Schwefelsäure“ (Oleum) kennzeichnungspflichtig. Über den
Rheinanleger R 141 wird nach Angaben des Betreibers überwiegend der
Umschlag gesundheitsschädlicher Stoffe betrieben (2-Kegel-Schiffe, zwei
blaue Kegel/zwei blaue Lichter).
Infolge des Rheinanlegers R 141 werden somit nach den Vorschriften des
ADN 2015 Sicherheitsabstände zu Ingenieurbauwerken und Tanklagern
(100 m) und zu geschlossenen Wohngebieten (300 m) berücksichtigt.
Nach Abstimmung mit den zuständigen Behörden sollen sich geplante
Wohngebiete außerhalb des Sicherheitskreises von 300 m Abstand zum
stillliegenden Schiff in seiner ungünstigsten Löschposition befinden.
Die Planung trägt dem Schutz „geschlossener Wohngebiete“ vor Gefahrguttransporten auf stillliegenden Schiffen dadurch Rechnung, dass direkt
an den Rheinanleger R 141 angrenzend keine allgemeinen, reinen oder
besonderen Wohngebiete festgesetzt werden. Festgesetzt sind vielmehr
Gewerbegebiete, die dem 300-m-Schutzbereich des ADN nicht unterfallen.
Im Südwesten des Rheinanlegers R 141 wird zwar ein Mischgebiet
festgesetzt. Wohnen ist im nördlichen Teil des Mischgebietes MI 1.1
jedoch grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Kap. V.1.1), so dass dieser Teil
des MI 1.1 kein geschlossenes Wohngebiet im Sinne des ADN ist. Soweit
im inneren Kern des nördlichen Riegels (Baufeldes) im MI 1.1 Wohnen
zugelassen wird, widerspricht das nicht dem Schutzgedanken des ADN.
Der Sicherheitsabstand von 300 m wird hier nur geringfügig unterschritten.
Das ist städtebaulich und aus dem Schutzgedanken des ADN
gerechtfertigt. Es gibt keinen
städtebaulichen,
insbesondere
immissionsschutzrechtlich begründeten Ansatz, auch an dieser
problemabgewandten Seite der Bebauung Wohnnutzung auszuschließen.
Mit Blick auf das ADN ist die geringfügige Unterschreitung des Zielwertes
vertretbar. Die Wohnnutzung wird in Richtung der Liegeposition durch den
übrigen Baukörper abgeschirmt. Es tritt hinzu, dass angesichts der
Angebotsplanung zwar nicht garantiert ist, dass die zwischen dem
Rheinanleger R 141 und dem MI 1 befindlichen Gewerbegebietsflächen
bebaut sind, doch liegt angesichts der vorhandenen Bebauung und ihrer
gewerblichen Nutzung, die an anderer Stelle der Planung in die Abwägung
durchaus eingestellt wird, nahe, dass sich zwischen der geringfügigen
Wohnnutzung im MI 1.1 und dem Liegeplatz des Schiffes abschirmende
weitere Bebauung befinden wird. Weiterhin findet eine Überlagerung des
Sicherheitsabstandes nach ADN 2015 vom Rheinanleger R 141 mit der
geplanten Mischgebietsnutzung lediglich bei der ungünstigsten Schiffsdispostion bei Umschlag statt („worst-Case“-Ansatz). Die Zulässigkeit von
09.06.2015
18
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
Ingenieurbauwerken i.S.d. DIN 1076 und Tanklagern wird innerhalb der
o. g. Sicherheitsabstände nicht planungsrechtlich durch den Bebauungsplan vorbereitet.
c) Warteposition
Darüber hinaus befindet sich zum Zeitpunkt der Bebauungsplanaufstellung am Unteren Rheinwerft (Rhein-km 765,15 bis Rhein-km
765,35) ein Liegeplatz für Schiffe: Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion
West hat mit Bescheid vom 19.07.1989 der Bayer AG das Setzen und
Betreiben von Schifffahrtszeichen im Hafen Krefeld (Rhein-km 765,15 bis
Rhein-km 765,35 linksrheinisch) gestattet. Mit diesem Bescheid wird
allein für Schiffe im Verkehr mit der Bayer AG zum Rheinanleger R 141 eine
Ausnahme vom dort allgemein geltenden Liegeverbot erteilt. So ist ein
Stillliegen für Schiffe „in Warteposition“ ermöglicht worden. In der
Genehmigung der Warteposition wird nicht klassifiziert, welche Schiffe mit
welchen gefährlichen Gütern vor dem Bebauungsplangebiet warten bzw.
stillliegen dürfen. Nach Abstimmung mit dem Betreiber und der Wasserund Schifffahrtsdirektion (Genehmigungsbehörde) umfasst die Genehmigung keine Schiffe, die eine Bezeichnung mit drei blauen Kegeln oder
drei blauen Lichter führen müssen.
Um die mit dem vorliegenden Bebauungsplan geplanten Gewerbegebiete
ausweisen zu können, ist es erforderlich die Warteposition aufzugeben
bzw. zu verlagern. Die Umsetzung der Ziele des Bebauungsplanes steht
somit im Konflikt mit dem Erhalt der Warteposition der Bayer AG an der
bisherigen Stelle. Die v. g. Warteposition soll aufgegeben werden.
Der bestehende ISPS-Platz (The International Ship and Port Facility Security
Code) in der Hafennordspitze ist bisher für 1-Kegel-Schiffe genehmigt und
dient vorrangig Küstenmotorschiffen (KüMo). Da die KüMos einen
rechtlichen Anspruch auf diesen Platz haben und dieser Platz nicht in
Sichtweite zu dem Umschlagsort ist, ist diese Alternative nicht gleichwertig
zu der bestehenden uneingeschränkt nutzbaren Warteposition. Die heutige
Genehmigung wurde bereits hinsichtlich der Zulässigkeit von 2-Kegel
Schiffen erweitert (Zeichen E.5.14). Ein Nutzungskonflikt zwischen den
KüMos und der Anforderung einer zeitlich uneingeschränkten Nutzung
durch die Schiffe des Chemparks könnte erfahrungsgemäß nur ca. an 5 bis
6 Einzeltagen im Jahr auftreten. Um dem Chempark auch in diesen
geringen Zeiträumen eine Alternative für 2-Kegel-Schiffe anbieten zu
können, wurde die Liegestelle für Fahrzeuge der Schubschifffahrt, die zwei
09.06.2015
19
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
II. Planungsrechtliche Situation
blaue Lichter nach § 3.14 Nr.2 oder die zwei blaue Kegel nach § 3.32 Nr.2
BinSchStrO führen müssen, im Bereich des Hafenwendebeckens (Zeichen
E.5.15) erteilt. Zusätzlich wurden seitens der Hafenbehörde eine
Liegestelle für Fahrzeuge der Schubschifffahrt, die ein blaues Licht nach
§ 3.14 Nr.1 oder einen blauen Kegel nach § 3.32 Nr.1 BinSchStrO führen
müssen, an der – in Strömungsrichtung des Rheins betrachteten – rechten
Ufermauer, beginnend an der als „Hafennordspitze“ bezeichneten Einfahrt
in den Industrie- und Handelshafen bis zum Beginn der vorhandenen ISPSAnlage (Zeichen E.5.13) genehmigt.
Als Ersatz für diese Warteposition wurde bereits die Genehmigung für den
bestehenden ISPS-Platz (ISPS: „The International Ship and Port Facility
Security Code“) auf der Ostseite der Hafeneinfahrt Krefeld erweitert: Die
Genehmigung ermöglicht nun dort das Anlegen von 2-Kegel-Schiffen (statt
bisher 1-Kegel-Schiffen). Da Küstenmotorschiffe einen rechtlichen
Anspruch auf diesen Platz haben, so dass er nicht allein für Schiffe der
Currenta freigehalten werden kann und dieser Platz nicht in Sichtweite zum
Rheinanleger R 141 liegt, ist diese Alternative allein jedoch als nicht
vollständig gleichwertig zu der bestehenden uneingeschränkt nutzbaren
Warteposition zu werten.
Daher wurde zum einen zusätzlich im Bereich des Hafenwendebeckens
eine Liegestelle für Fahrzeuge der Schubschifffahrt, welche zwei blaue
Lichter nach § 3.14 Nr. 2 oder zwei blaue Kegel nach § 3.32 Nr. 2
BinSchStrO führen müssen, erteilt. Zum anderen wurde zusätzlich seitens
der Hafenbehörde eine Liegestelle für Fahrzeuge der Schubschifffahrt, die
ein blaues Licht nach § 3.14 Nr. 1 oder einen blauen Kegel nach § 3.32
Nr. 1 BinSchStrO führen müssen, an der – in Strömungsrichtung des
Rheins betrachteten – rechten Ufermauer, beginnend an der Einfahrt in den
Industrie- und Handelshafen („Hafenspitze“) bis zum Beginn der
vorhandenen ISPS-Anlage genehmigt.
Mit dem Betreiber wird zur Zeit eine Verlagerung der Warteposition an der
Unteren Rheinwerft in den südlichen Hafen und eine damit einhergehende
Nutzungsaufgabe der heutigen Genehmigung verhandelt, so dass der
weitere Bestand der Warteposition im vorliegenden Bebauungsplan nicht
mehr vorausgesetzt wird. Nähere Regelungen bleiben diesbezüglichen
vertraglichen Regelungen vorbehalten, die vor dem Inkrafttreten dieses
Bebauungsplans abgeschlossen werden sollen.
09.06.2015
20
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
5.5
II. Planungsrechtliche Situation
Denkmalrecht
Innerhalb des Plangebiets sind zwei in die Denkmalliste der Stadt Krefeld
eingetragene Denkmäler vorhanden:
Die weiße „Villa Müncker“ und der dazugehörige Park im Zentrum des
Plangebiets stehen im Kontrast zu den überwiegend großflächigen
Backsteinhallen weiter nördlich. Sowohl das Haupt- und
Nebengebäude als auch die Parkanlage einschließlich des Pavillons
unterliegen dem Denkmalschutz.
Das weiter südlich gelegene Zolldienstgebäude bestand ursprünglich
aus drei Gebäudeteilen, die ein Ensemble bildeten: dem Hauptgebäude
des Zollamts (Nr. 7) und den beiden senkrecht zu dessen Hauptachse
verlaufenden Lagerhallen. Da an der Erhaltung des Ensembles ein
öffentliches Interesse besteht und die Voraussetzung für die
Unterschutzstellung gemäß § 2 Gesetz zum Schutz und zur Pflege der
Denkmäler im Land Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz DSchG NRW) gegeben sind, erfolgte eine Eintragung in die Denkmalliste
der Stadt Krefeld. Das südliche Gebäude des Zollamtes (Nr. 6a) musste
aus statischen Gründen im Jahr 2006 abgerissen werden. Zur
Wiederherstellung des Ensembles soll ein Gebäude mit einer an den
nördlichen Querriegel angelehnten Kubatur neu errichtet werden.
Der Denkmalwert der ehemaligen Werkanlage Holtz & Willemsen an der
Hohenbudberger Straße Nrn. 26, 28-30, 32 und 34 westlich außerhalb des
Plangebiets wurde gutachterlich bestätigt. Eine Eintragung in die
Denkmalliste der Stadt Krefeld ist für diese Anlage bisher nicht erfolgt.
In der unmittelbaren Umgebung des Plangebietes ist als eingetragenes
Baudenkmal die ehemalige Werksanlage der Weinbrennerei Dujardin zu
nennen, welche inzwischen erfolgreich umgenutzt wurde.
09.06.2015
21
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III.
Bestandsbeschreibung
1.
Städtebauliche Situation
III. Bestandsbeschreibung
Das Rheinufer war traditionell Standort für überregional bedeutende
Produktions-, Handwerks- und Speditionsbetriebe. Mehr als ein
Jahrhundert lang prägten Fabrikgebäude, Hafenanlagen und der weiter
nördlich anschließende Güterbahnhof diesen Ort.
Seit einigen Jahrzehnten geht die gewerbliche Nutzung im Bereich des
Rheinufers nördlich der Altstadt von Uerdingen zurück. Nicht immer gelingt
es, die baulichen Überreste der industriellen Epoche angemessen weiter
zu nutzen. Viele Gebäude stehen leer und verfallen, auf einigen
Grundstücken wurden die Gebäude abgerissen und die Natur beginnt, sich
die Brachflächen zurück zu erobern. Als Ergebnis dieser Prozesse sind
heute zahlreiche städtebauliche Missstände im Plangebiet zu beobachten,
die mittlerweile auch die benachbarten Bereiche in Mitleidenschaft ziehen
und deren Entwicklungsmöglichkeiten beeinträchtigen. Lediglich die alten,
brach gefallenen Fabrikhallen sowie der Kran am Unteren Werft erinnern an
die ursprüngliche Nutzung des Gebietes.
Die heutige Unternutzung des Gebiets korrespondiert gleichzeitig mit
einem enormen Entwicklungspotenzial für diesen Standort. Er liegt in
einzigartiger Lage am Rhein und in direkter Nähe zur Uerdinger Altstadt
(Fußgängerzone). Städtebaulich betrachtet weist das Plangebiet neben
seiner Lage auch hinsichtlich seiner bestehenden Baustrukturen
entwicklungsfähige Qualitäten auf – u. a. die unter Denkmalschutz
stehenden Ensembles der Villa Müncker und des Zollgebäudes. Außerdem
hervorzuheben ist das im Norden gelegene Altbauensemble der
ehemaligen Werkanlage Holtz & Willemsen, das neben seiner historischen
Backsteinfassade auch eine ausgefallene Baukubatur aufweist. In einem
Teil dieses Altensembles ist ein metallverarbeitender Betrieb ansässig.
Bei einer städtebaulichen Beschreibung des Plangebiets muss auch auf
die auf das Plangebiet einwirkenden umliegenden Nutzungen hingewiesen
werden. Zu erwähnen sind u. a. die im Norden angrenzenden
Industrieanlagen des Chempark, die Tankeranlegebrücke R 141, das
Cargill-Betriebsgelände im südlichen Hafenbereich, die Bahnflächen im
Westen, die Lärmimmissionen durch die Schifffahrt im Osten und die
bestehenden Gewerbebetriebe westlich der Hohenbudberger Straße und
Dujardinstraße sowie die Hafennutzung entlang des Rheins. Auch von der
Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße Rhein selbst gehen potenziell
09.06.2015
22
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III. Bestandsbeschreibung
nachteilige Einwirkungen auf das Plangebiet aus, die bei der Findung einer
städtebaulichen Konzeption für dessen Entwicklung berücksichtigt werden
müssen. Innerhalb des Plangebietes befindet sich ein Hochwasserpumpwerk als technische Einrichtung für die Gesamtstadt, dessen
Einwirkungen auf das Plangebiet ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
2.
Verkehrliche Erschließung
Die Verkehrserschließung des Gebiets erfolgt über die Dujardinstraße und
die Hohenbudberger Straße. Die Dujardinstraße wird über die
Hohenbudberger Straße sowie die Straßen Niederstraße / Am Zollhof
erschlossen.
Anzumerken ist der enge Straßenquerschnitt der Hohenbudberger Straße,
der stadtgestalterisch wenig Aufwertungspotenzial bietet. Insofern muss
der Radverkehr im Straßenraum ohne separaten Fahrradweg abgewickelt
werden. Auch die Fußwegbreite ist gering. Die an das Plangebiet
angrenzende Bruch- und Kronenstraße sind ebenfalls durch einen engen
Straßenquerschnitt in Verbindung mit Stellplatzproblemen, vor allem in
der Kronenstraße, gekennzeichnet.
Die Hohenbudberger Straße könnte zukünftig vom Durchgangsverkehr
entlastet werden, sobald die im Flächennutzungsplan dargestellte
Umgehungsstraße mit Anbindung an die Duisburger Straße gebaut werden
kann. Derzeit ist eine Verlagerung der Hohenbudberger Straße jedoch noch
nicht möglich und eine zeitliche Perspektive zur Umsetzung dieser Planung
ist noch nicht absehbar. Die Verlagerung der Hohenbudberger Straße ist
daher auch nicht Gegenstand des Bebauungsplans Nr. 772. Insofern kann
aufgrund der vorherrschenden städtebaulichen Situation eine Aufwertung
des öffentlichen Raumes im Bereich der Hohenbudberger Straße zurzeit
nicht verfolgt werden.
Die Erschließung des Plangebietes durch den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist gewährleistet. Die Buslinie 927 der SWK MOBIL bindet
das Plangebiet über die Haltestelle „Dujardinstraße“ an Rheinhausen
sowie an den Krefelder Hauptbahnhof an. Weiterhin ist der Uerdinger
Bahnhof vom Plangebiet ausgehend fußläufig zu erreichen.
Die Radrouten Niederrheinradroute, Erlebnisweg Rheinschiene und
Rheinradweg werden derzeit über die Dujardinstraße / Hohenbudberger
Straße geführt.
09.06.2015
23
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
3.
III. Bestandsbeschreibung
Infrastruktur
Im Umkreis von 1.000 m (Luftlinie) befinden sich eine Grundschule, ein
Gymnasium sowie Kindergärten. Als weitere umliegende soziale
Einrichtungen sind zwei Kinderspielplätze und ein Altenheim zu nennen.
Die infrastrukturelle Versorgung hinsichtlich des sozialen Bedarfs ist somit
als ausreichend zu bezeichnen.
Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs ist ebenfalls
gewährleistet, da das Plangebiet fast unmittelbar an die Fußgängerzone
des Stadtteils Uerdingen angrenzt. Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte
sind im Umkreis von 1.000 m gut zu erreichen. Insofern ist durch die
Planung
keine
Notwenigkeit
für
die
Neuausweisung
von
Einzelhandelsbetrieben o. ä. gegeben. Neben Geschäften für Güter des
täglichen Bedarfs verfügt das Nahversorgungszentrum Uerdingen auch
über zahlreiche Dienstleistungsbetriebe.
In der Dujardinstraße sowie in der Hohenbudberger Straße verläuft eine
Fernwärmeleitung.
4.
Entwässerung
Entsprechend den Inhalten des Generalentwässerungsplanes ist eine Entwässerung im Mischsystem vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass
die Dimensionierung des bestehenden sanierten bzw. neu ausgebauten
Kanalnetzes für die anfallenden Schmutz- und Regenwässer sowie für die
Entsorgung des Planbereiches ausreicht.
Das anfallende Niederschlagswasser der befestigten Flächen ist im
Trennsystem zu entwässern. Eine Versickerung von Niederschlagswasser
ist nicht vorgeschrieben; falls dies doch geplant wird, muss ein Antrag auf
eine wasserrechtliche Erlaubnis beim Fachbereich Umwelt gestellt werden.
Ferner ist auch eine Versorgung mit Trinkwasser durch die bestehenden
Leitungen ausreichend gegeben.
5.
Naturhaushalt und Landschaftsschutz
Eine Ökologische Untersuchung diente zur Ermittlung, Beschreibung und
Bewertung der Flora und Fauna des Gebietes sowie im Hinblick auf
Auswirkungen der Planung. Neben einer Biotoptypenkartierung
einschließlich Vegetationskartierung wurden auch Fledermäuse sowie
Vögel kartiert. Nähere Aussagen zur Beschreibung und Bewertung der
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III. Bestandsbeschreibung
Umweltbelange im Hinblick auf die Schutzgüter erfolgt im Umweltbericht
(Kapitel VII).
Gemäß § 2 der Satzung zum Schutze des Baumbestandes in der Stadt
Krefeld (Baumschutzsatzung) „ist es verboten, geschützte Bäume zu
entfernen, zu zerstören oder ihren Aufbau wesentlich zu verändern“. Von
dem Verbot ist u.a. dann eine Ausnahme zu erteilen, wenn eine nach den
baurechtlichen Vorschriften – etwa eines Bebauungsplans – zulässige
Nutzung sonst nicht oder nur unter wesentlichen Beschränkungen
verwirklicht werden kann. Für bestehende Gehölze, die der
Baumschutzsatzung unterliegen und die ohne Genehmigung beseitigt oder
geschädigt werden, sind gemäß § 7 Baumschutzsatzung Ersatzpflanzungen vorzunehmen. Für Baumaßnahmen im Baum- und Wurzelbereich sind die Richtlinien für die Anlage von Straßen - Teil: Landschaftspflege (RAS PL 4) und die DIN 18920 zu berücksichtigen.
6.
Immissionsschutz und Störfallverordnung
Das Plangebiet weist eine Immissionsvorbelastung auf, die auf folgende
Faktoren zurückzuführen sind:
Lärmimmissionen: Verkehrslärm (Binnenschifffahrt, Kraftfahrzeuglärm,
Schienenlärm) sowie Lärm aus gewerblich genutzten Anlagen
Luftschadstoffe infolge des Kraftfahrzeugverkehrs, des Schifffahrtverkehrs sowie durch die umgebende Industrie (Feinstaub (PM10), Stickstoffdioxid (NO2) und Benzol (C6H6))
Geruchsvorbelastungen durch die umliegenden Nutzungen (Kokerei,
Fa. Cargill, Chempark, Kläranlage)
Auswirkungen von sogenannten Störfall-Betrieben im Nahbereich des
Plangebietes
Die auf das Plangebiet einwirkenden Immissionen sind gemäß § 50
BImSchG im Rahmen der Bebauungsplanung durch geeignete Regelungen
auf ein mit der geplanten Entwicklung verträgliches Maß zu beschränken.
Um die Auswirkungen der genannten Vorbelastungen im Hinblick auf die
Entwicklung des Plangebietes einschätzen zu können, wurden die bereits
im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 677/I
(Vorgängerbebauungsplan des Bebauungsplanes Nr. 772) erstellten
Gutachten zu den Themenfeldern Luft, Lärm und Geruch ausgewertet und
erforderlichenfalls fortgeschrieben. Das Luft- und das Schallgutachten
wurden im Rahmen der Aufstellung des vorliegenden Bebauungsplanes
772 aktualisiert. Das Geruchsgutachten sowie das Störfall-Gutachten
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III. Bestandsbeschreibung
können ohne Fortschreibung als Grundlagen für die Entwicklung von
Festsetzungen des vorliegenden Bebauungsplans verwendet werden, da
die insoweit gegebenen Rahmenbedingungen unverändert geblieben sind.
Nach den vorliegenden gutachterlichen Feststellungen ist das Plangebiet
trotz der dort bestehenden Umweltbelastungen für die Entwicklung der
geplanten, im Abschnitt IV dieser Begründung beschriebenen
städtebaulichen Struktur grundsätzlich geeignet:
a) Lärmimmissionen
Das Plangebiet ist in einem für die städtebauliche Planung relevanten
Umfang durch Gewerbelärm- sowie Verkehrslärmimmissionen aus
verschiedenen Quellen belastet. Durch die bestehenden Lärmimmissionen
ergeben sich Einschränkungen für die zukünftige Nutzung des Gebiets
insbesondere im Hinblick auf das Wohnen. Diese können bei der
Bebauungsplanung durch geeignete Regelungen zu Vermeidungs- und
Schutzmaßnahmen dahingehend bewältigt werden, dass einerseits
innerhalb des Plangebiets gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse
gewahrt werden und andererseits durch dessen Entwicklung keine
wesentlichen Nachteile für die in dessen Umgebung bestehenden
gewerblichen sowie sonstigen Nutzungen entstehen.
Eine ausführliche Darstellung der Lärmimmissionen und der zum
vorliegenden Bebauungsplan entwickelten schalltechnischen Konzeption
erfolgt in Kap. IV.3.6 sowie im Umweltbericht (Kap. VII).
b) Luftschadstoffe
Die Luftschadstoffuntersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass maßgeblich
die Luftschadstoffimmissionen des Kraftfahrzeugverkehrs, des Schifffahrtsverkehrs sowie die umgebende Industrie die Luftschadstoffe
Feinstaub (PM10, PM2,5), Stickstoffdioxid (NO2) und Benzol (C6H6)
bestimmen. Die für diese Stoffe ermittelten Immissionen wurden mit den
Grenzwerten der 39. BImSchV verglichen und beurteilt (vgl. Peutz Consult
2013: 40/41).
In den diesbezüglich erfolgten Untersuchungen wurden für die Stoffe
Benzol und Feinstaub PM2,5 für keinen Punkt des Betrachtungsgebiets
Überschreitungen der maßgeblichen Grenzwerte prognostiziert. Allerdings
wurden für den unter Berücksichtigung des der Bebauungsplanaufstellung
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26
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III. Bestandsbeschreibung
zugrundeliegenden städtebaulichen Konzepts für den "Planfall" geringe
Überschreitungen des Stickstoffdioxid-Jahresmittelwertes für einen
Abschnitt der Hohenbudberger Straße errechnet, die insbesondere auf
zusätzliche Immissionen aus dem Straßenverkehr zurückzuführen sind.
Des Weiteren wurden (nur) für den betreffenden Bereich mehr als
35 Überschreitungstage für Feinstaubimmissionen (PM10) prognostiziert.
Die festgestellten Überschreitungen machen grundsätzlich die Umsetzung
wirksamer Immissionsminderungsmaßnahmen erforderlich.
Die bestehende erhebliche Vorbelastung von der Hohenbudberger Straße
(straßenverkehrsbedingte Immissionen) und vom Rheinufer (Immissionen
durch die Rheinschifffahrt) durch Partikel (PM10) und durch Stickstoffdioxid
(NO2) kann durch den Bebauungsplan Nr. 772 nicht gelöst werden. Da sich
die Probleme sowohl der Vorbelastung als auch der zu erwartenden
Zusatzbelastung bei Realisierung des Planfalls des Bebauungsplans
Nr. 772 auf Bereiche der Hohenbudberger Straße beziehen, die nicht durch
den vorliegenden Bebauungsplan tangiert werden, kann eine Lösung nur
im Rahmen der gebietsübergreifenden Aufstellung eines Aktionsplans zur
Verbesserung der Luftqualität gemäß § 47 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erreicht werden.
Bei einer Berücksichtigung der genannten Einschränkungen infolge hoher
Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastungen an untergeordneten
Abschnitten der Hohenbudberger Straße steht auch die lufthygienische
Situation im Plangebiet der Umsetzung der von der Stadt Krefeld verfolgten
städtebaulichen Konzeption nicht entgegen.
c) Geruchsvorbelastungen
Zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchseinwirkung werden in der
Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) in Abhängigkeit von verschiedenen
Baugebieten Immissionswerte als Maßstab für die höchstzulässige
Geruchsimmission festgelegt. Die in der Geruchsimmissions-Richtlinie
aufgeführten Immissionswerte für Wohn- und Mischgebiete (0,10) sowie
für Gewerbe- und Industriegebiete (0,15) werden nach den vorliegenden
gutachterlichen Feststellungen sicher eingehalten, so dass diesbezüglich
keine Einschränkungen der Eignung des Gebiets für die vorgesehene
städtebauliche Entwicklung bestehen.
09.06.2015
27
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III. Bestandsbeschreibung
d) Auswirkungen von sogenannten Störfall-Betrieben
Des Weiteren ist bei der Planung zu berücksichtigen, dass das Plangebiet
im Nahbereich von Anlagen liegt, in denen mit erheblichen Mengen von
Stoffen umgegangen wird, von denen im Fall einer unplanmäßigen
Freisetzung etwa im Zusammenhang mit einer Havarie (Störfällen) Gesundheitsgefahren ausgehen können. Wie Lärm-, Geräusch- und Geruchsimmissionen sind diese ebenfalls als potenziell schädliche Umwelteinwirkungen
im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes anzusehen. Der Schutz
gegen die von solchen Anlagen ausgehenden Gefahren wird
europarechtlich durch die sogenannte Seveso-Richtlinie gewährleistet, die
im Rahmen des BImSchG bzw. der auf diesem beruhenden sogenannten
„Störfallverordnung“ (12. BImSchV) in bundesdeutsches Recht umgesetzt
sind (Seveso-II-Richtlinie) bzw. werden (Seveso-III-Richtlinie).
Zum Nachweis einer grundsätzlichen Verträglichkeit der mit der
Bebauungsplanaufstellung verfolgten städtebaulichen Entwicklungskonzeption für das Plangebiet mit den nahegelegenen industriellen
Nutzungen im Hinblick auf eine bauplanungsrechtliche Vorsorge gegen
Störfallfolgen wurde ein Gutachten herangezogen, welches auf der
Grundlage der Seveso-II-Richtlinie (96/82/EG) bereits im Rahmen des
Bebauungsplanverfahrens Nr. 677/I erarbeitet wurde. Im Rahmen dieser
Begutachtung wurde eine sog. „Achtungsgrenze“ ermittelt, innerhalb der
aufgrund der Nähe zu Anlagen, von denen im Störfall erhebliche
Gesundheitsgefahren ausgehen können, sogenannte „schutzbedürftige
Nutzungen“ grundsätzlich ausgeschlossen werden sollen. Diese
Achtungsgrenze verläuft in einem Abstand von ca. 100 m bis 150 m zu der
südlichen Werksgrenze des CHEMPARK und betrifft damit den nördlichsten
Teil des Geltungsbereichs des vorliegenden Bebauungsplans.
Dem Verlauf der Achtungsgrenze ist im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung durch Nutzungseinschränkungen Rechnung zu tragen. Dies
betrifft insbesondere strenge Beschränkungen der Zulässigkeit von
sogenannten „schutzbedürftigen Nutzungen“ wie Wohnungen, aber auch
sonstige Einrichtungen, die im Störfall potenziell nur erschwert evakuiert
werden können. Dabei sollen vorsorglich Beschränkungen für
schutzbedürftige Nutzungen auch für die südlich der Achtungsgrenze in
deren Nahbereich gelegenen Teile des Plangebiets berücksichtigt werden.
Unter Beachtung dieser Einschränkungen ist den gutachterlichen
Feststellungen zufolge eine Verträglichkeit der geplanten Entwicklung
09.06.2015
28
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
III. Bestandsbeschreibung
innerhalb des Plangebiets mit den benachbarten Betriebsbereichen
innerhalb des CHEMPARK Krefeld-Uerdingen unter dem Gesichtspunkt des
§ 50 BImSchG bzw. des Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie gegeben.
Im August 2012 ist die „Seveso-III-Richtlinie“ (Richtlinie 2012/18/EU) in
Kraft getreten. Sie ersetzt die Seveso-II-Richtlinie und ist von den Mitgliedstaaten bis zum 31. Mai 2015 umzusetzen. Die Änderung der Richtlinie war
aufgrund des neuen europäischen Systems zur Einstufung von Stoffen und
Gemischen nötig geworden und enthält zudem Neuerungen zur
Öffentlichkeitsinformation und -beteiligung sowie zu erforderlichen
Inspektionen der Störfallbetriebe. Die europäische Seveso-Gesetzgebung
ist in Deutschland vor allem in der Störfallverordnung (12. BImSchV) und
u. a. im BauGB umgesetzt. Hier wird der Bundesgesetzgeber in 2015 zum
Teil Änderungen vornehmen müssen. Nach Abstimmung mit den
Fachbehörden führen die zu erwartenden Änderungen der Störfallverordnung nicht dazu, dass die für den vorliegenden Bebauungsplan
ermittelte Achtungsgrenze neu ermittelt oder verschoben werden müsste.
7.
Bodenverunreinigungen
Im Altlastenkataster der Stadt Krefeld sind die folgenden Flächen innerhalb
des Plangebiets als Altlastenverdachtsflächen geführt:
ehemalige Margarinefabrik Howinol (Holtz & Willemsen),
Altlastverdachtsfläche Nr. 906
Spedition Müncker, Altlastverdachtsfläche Nr. 1014,
Spedition Am Zollhof 6-8, Altlastverdachtsfläche 174.
Demzufolge war eine Untersuchung des Gebietes hinsichtlich der
Bodenverunreinigungen erforderlich.
Die Altlastenuntersuchung und Gefährdungsabschätzung ergab, dass
keine größeren Auffälligkeiten im Hinblick auf die Schadstoffe im Boden
angetroffen werden konnten. Prüfwertüberschreitungen nach dem
Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) und der Altlastenverordnung, die
bei der jetzigen Nutzung einen sofortigen Handlungsbedarf erfordern,
liegen nicht vor. Die Nutzungsabsicht durch die Ausweisung eines
Gewerbe- und insbesondere eines Mischgebietes steht in keinem Konflikt
zu den Ergebnissen der Gefährdungsabschätzung. Die Tiefe des
erforderlichen
Bodenaushubs
wird
im
nachgelagerten
Genehmigungsverfahren festgelegt.
Nähere Aussagen zur Beschreibung und Bewertung der Umweltbelange im
Hinblick auf die Schutzgüter folgen im Umweltbericht (Kapitel VIII).
09.06.2015
29
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
IV.
Anlass und Ziele sowie Erforderlichkeit der Planung
1.
Anlass und Ziele der Planung
Das neue Quartier, das innerhalb des Plangebiets entwickelt werden soll,
verdankt seine besondere Attraktivität der Nähe zum Rheinufer und dem
Charme der erhaltenswerten vielfältig nutzbaren Fabrikgebäude sowie der
zum Teil unter Denkmalschutz stehenden Bausubstanz.
Ziel der Aufstellung dieses Bebauungsplanes ist es, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Neuordnungsmaßnahmen am
Krefelder Rheinufer nördlich der historischen Uerdinger Altstadt zu
schaffen. Der Übergangsraum zwischen dieser und dem Chempark soll
eine dieser Örtlichkeit und den vielfältigen Rahmenbedingungen
angemessene Nutzung erhalten und damit in die Lage versetzt werden –
wie vor einem Jahrhundert – einen wichtigen Beitrag zur Wirtschafts- und
Stadtentwicklung in Uerdingen und der gesamten Stadt Krefeld zu leisten.
Dabei kommt es insbesondere darauf an, die vorhandenen positiven
Standortkriterien so herauszuarbeiten, dass das lange abgeschottete
Gebiet in die Abläufe städtischen Lebens eingebunden wird, damit es
erneut eine starke Anziehungskraft entwickeln kann.
Die Nutzungen in der Umgebung, insbesondere im Bereich des Chemparks,
sollen mit hohem Gewicht in dem rechtlich gebotenen angemessenen
Rahmen weiterhin so gesichert bleiben, dass sie bezüglich einer
rechtssicheren Ausübbarkeit der dortigen Nutzungen in wirtschaftlich
angemessener Weise ebenfalls in der Zukunft gewährleistet werden.
2.
Erforderlichkeit der Planung
Die Erforderlichkeit der vorliegenden Planung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1
BauGB ist gegeben. Das OVG NRW hat dies zutreffend bereits zu dem
diesbezüglich gleichen „Vorgänger-Plan“ Nr. 677/I ausdrücklich
festgestellt und in seinem Urteil vom 21. Juli 2011 – 2 D 59/09.NE –, juris,
darauf bezogen ausgeführt:
„Dem Bebauungsplan … und insbesondere den Festsetzungen betreffend
die Gewerbegebiete GE 1 und GE 2 fehlt nicht die städtebauliche
Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. […]
Den Festsetzungen des Bebauungsplans liegt das positive Planungskonzept zugrunde, durch eine städtebauliche Neuordnung des ehemals
gewerblich bzw. industriell genutzten, heute teilweise brach liegenden
09.06.2015
30
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Plangebiets eine Revitalisierung dieser Flächen durch eine Neuansiedlung
von Nutzungen zu erreichen. Diese Zielsetzung der Antragsgegnerin ist
städtebaulich legitim (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 4 BauGB). Dies gilt
insbesondere auch für die innere Gliederung des Plangebiets […]. Die
Gliederung der Gewerbe- und Mischgebiete von Norden nach Süden
hinsichtlich des Störgrads und der Empfindlichkeit der zulässigen
Nutzungen sei erfolgt, damit ein differenzierter Übergangsbereich zwischen
der […] Altstadt und den Gewerbe- und Industriegebieten […] Norden
geschaffen werde. Gerade dieser - für die Festsetzung der zulässigen und
ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den einzelnen Baugebieten
(mit)entscheidende - Aspekt ist aber angesichts der Forderung nach
gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB)
ohne Weiteres städtebaulich legitim und eine tragfähige Grundlage für das
Planungskonzept der Antragsgegnerin.“
3.
Städtebauliche Konzeption
3.1
Nutzungskonzept
Das Plangebiet wird insgesamt von Norden nach Süden hinsichtlich des
Störgrades und der Empfindlichkeit der zulässigen Nutzungen gegliedert,
damit ein differenzierter Übergangsbereich zwischen der Uerdinger
Altstadt und den Gewerbe- und Industriegebieten im Uerdinger Norden
geschaffen werden kann. Hierzu werden im nördlichen Bereich des
Plangebietes Gewerbegebiete und im südlichen Bereich gegliederte
Mischgebiete festgesetzt. In den geplanten Baugebieten wird die
Zulässigkeit von gewerblichen Nutzungen – angepasst auf die örtliche
Situation und die Zielsetzung des Bebauungsplanes – teilweise
eingeschränkt. Andererseits werden innerhalb von Teilflächen der
geplanten Gebiete empfindliche Nutzungen und Arten von Nutzungen,
insbesondere
Wohnnutzungen – angepasst bezüglich bestehender
Rahmenbedingungen und Vorbelastungen – ganz oder teilweise
ausgeschlossen, um deren „Heranrücken“ an bestehende Emissionsquellen auszuschließen.
a) Der Nordteil des Plangebiets zwischen der Hohenbudberger Straße und der
Uferpromenade, in den auch das Ensemble der Villa Müncker mit
eingeschlossen ist, ist wesentlich durch den dort vorhandenen Bestand
historischer Lager- und Produktionsgebäude geprägt. Diese genügen zwar
zumeist nicht mehr den technischen Anforderungen, die heute an
Produktions- oder Logistikbetriebsstätten gestellt werden. Allerdings
werden vergleichbare Gebäude – bei entsprechender Lagegunst – heute
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
vielfach als Standorte "dienstleistungsnaher" gewerblicher (Büro-)
Nutzungen, aber auch von Handwerksbetrieben und vergleichbaren
Betrieben nachgefragt.
Innerhalb dieses Bereichs befindet sich ein metallverarbeitender Betrieb,
dessen Fortbestand gesichert werden soll. Im Übrigen ist trotz der
attraktiven Lage des Gebiets der dort vorhandene Gebäudebestand
deutlich untergenutzt.
Der Nordteil des Plangebiets weist außer durch seinen Bau- und
Nutzungsbestand zudem auch eine deutliche Prägung durch in dessen
Nahbereich gelegene gewerbliche und industrielle Nutzungen sowie
insbesondere auch die einwirkenden Verkehrsgeräusche auf.
Im Sinne einer behutsamen Ausnutzung der insoweit gegebenen
städtebaulichen Voraussetzungen soll der nördliche Teil des Plangebiets
als Gewerbestandort entwickelt werden, in dem neben dem vorhandenen
metallverarbeitenden Betrieb sowie weiteren Produktionsbetrieben, von
denen keine erheblichen Emissionen ausgehen, u. a. Büros angesiedelt
werden können.
b) Der südliche Teil des Plangebiets zwischen Dujardinstraße und
Uferpromenade ist im Bestand durch eine geringere Bebauungsdichte
geprägt. Wie auch im Nordteil des Plangebiets besteht in diesem Bereich
mit dem Zollhofensemble, das weiterhin durch die Zollverwaltung genutzt
wird, eine denkmalgeschützte Anlage. Der überwiegende Teil des Gebiets
ist heute allerdings nur noch geringfügig bebaut. Die Halle des ehemaligen
„Erlenweinspeichers“ steht leer. Ihre Erhaltung wird seitens der Stadt im
Hinblick auf den geringen architektonischen und städtebaulichen Wert
sowie auch den sehr schlechten Bauzustand nicht angestrebt.
Der südliche Bereich des Plangebiets schließt unmittelbar an den als
öffentliche Anlage gestalteten Abschnitt der der Innenstadt vorgelagerten
Rheinpromenade in Uerdingen an. Bereits unmittelbar südlich der Straße
„Am Zollhof“, deren rheinseitige Verlängerung den südlichen Teil des
Plangebiets in zwei Hälften teilt, befinden sich attraktive Wohnbereiche.
An der das Plangebiet im Südwesten berührenden Kronenstraße fehlt
allerdings die weiter südlich anschließende Blockrandbebauung.
Westlich des südlichen Teils des Plangebiets befindet sich an der
Dujardinstraße ein gemischt genutzter Bereich, innerhalb dessen einzelne
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Wohnnutzungen vorhanden sind und der seinerseits im Westen an
Wohnbebauung an der Niederstraße und der Hohenbudberger Straße
angrenzt.
Die Entwicklung eines ausschließlich gewerblich genutzten Bereichs
kommt für den Südteil des Plangebiets im Hinblick auf die zu erwartenden
Nutzungskonflikte zu den nahegelegenen Wohnbereichen bzw. gemischt
genutzten Gebäuden sowie auch aufgrund des Fehlens „nachnutzungsfähiger“, für gewerbliche Dienstleistungsnutzungen attraktiver Bausubstanz nicht in Frage. Ebenso kommt allerdings auch mit Bezug auf den
innerhalb des Gebiets bestehenden "gewerbeähnlichen" Betrieb von
Zolleinrichtungen, jedoch gleichfalls im Hinblick auf die angestrebte
Belebung des Bereichs, etwa durch Gastronomie, eine Entwicklung als
ausschließlich oder stark überwiegend dem Wohnen dienender Bereich
nicht in Frage.
In dem südlichen Teil des Plangebiets sollen deshalb Nutzungsstrukturen
entwickelt werden, die an die in der Umgebung vorhandenen gemischt
genutzten Gebiete anschließen. Im Sinn einer ökonomischen Stärkung der
Uerdinger Innenstadt sollen dort einerseits neue Arbeitsplätze,
andererseits aber auch neue Wohnungen geschaffen werden, die
besonders durch die Lage zum einen in einem innerstädtischen Bereich,
zum anderen aber auch am Rheinufer geprägt sind.
Vor diesem Hintergrund soll der südliche Teil des Plangebiets als baulich
verdichtetes Quartier, das innenstadttypische Kombinationsformen von
Wohnen und Arbeiten, Gastronomie und Beherbergungsbetrieben sowie
kulturellen Einrichtungen aufnehmen kann, entwickelt werden.
c) Durch die Schaffung von öffentlich zugänglichen, vielfältig nutzbaren
Stadträumen unmittelbar an der Rheinuferpromenade soll das Gebiet mit
den angrenzenden Quartieren vernetzt werden. Die innerhalb des
Plangebiets noch vorhandenen Fabrikgebäude sollen nach Möglichkeit als
städtebauliches Grundgerüst erhalten bleiben und umgenutzt werden. Die
Einbindung der vorhandenen Bausubstanz kann den Charakter des
Gebietes prägen. Es kann auf diese Weise ein unverwechselbares und
einmaliges Erscheinungsbild entstehen.
Innerhalb des gesamten Plangebiets sollen von Norden nach Süden der
örtlichen Situation angepasste Einschränkungen der Zulässigkeit von
gewerblichen
Emissionen
erfolgen,
damit
ein
differenzierter
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Übergangsbereich zwischen der Uerdinger Altstadt und den Gewerbe- und
Industriegebieten im Uerdinger Norden geschaffen wird. Der angemessene
Schutz des Chemparks und der für ihn relevanten Möglichkeiten ist dabei
von besonderer Bedeutung.
3.2
Bau- und Freiraumstrukturen
Hinsichtlich der Anordnung der Baumassen sowie der Zuordnung der
öffentlich zugänglichen Freiräume innerhalb des Gebiets beruht das
Bebauungskonzept für die Neuordnung des Plangebiets im Wesentlichen
auf einem aus dem 2003 durchgeführten Werkstattverfahren hervorgegangenen städtebaulichen Entwurf (Variante 2) von Prof. Ulrich Coersmeier
und Kiparlandschaftsarchitekten.
In dem ausschließlich für gewerbliche Nutzungen vorgesehenen Bereich im
Nordteil des Plangebiets ist entlang der Hohenbudberger Straße eine
weitgehend geschlossene, in der Regel dreigeschossige Baustruktur
vorgesehen, die auch dazu dient, die weiter östlich innerhalb des
Baugebiets gelegenen Freiräume sowie den geplanten Geh- und Radweg
am Rheinufer gegen die von dort ausgehenden Verkehrslärmimmissionen
zu schützen. Zwischen den bestehenden Gebäuden innerhalb des
Gewerbegebietes wird die Möglichkeit einer baulichen Verbindungsbrücke
ab dem 2. Obergeschoss ermöglicht. Durch die Beschränkung auf das 2.
Obergeschoss werden die Zugänglichkeit des Gebiets sowie die
Sichtachsen nicht eingeschränkt. Um einen besonderen städtebaulichen
Akzent im nördlichen Plangebiet zu setzen, soll im Nordteil des Gebiets ein
fünf- bis siebengeschossiger Baukörper entwickelt werden, der über das
Untere Werft auskragt.
In den für eine gemischte Nutzungsstruktur vorgesehenen Bereichen im
Südteil des Plangebiets sind für die parallel zum Verlauf des Rheins
zulässigen Gebäude in der Regel vier Geschosse vorgesehen. Punktuell
werden höhere Geschossigkeiten geplant. Es erfolgt in diesem Teil des
Plangebiets eine Staffelung der Geschossigkeiten, die zur Südspitze
zunimmt. An der Südspitze erreicht das Gebäude seine stärkste Markanz
und höchste Geschossigkeit (achtgeschossig) und soll um bis zu sechs
Meter über die Verkehrsfläche „Unteres Werft“ auskragen. Auf diese Weise
soll der südliche "Auftakt" der geplanten Bebauung als eine der örtlichen
Situation angemessene städtebauliche Dominante ausgebildet werden.
Nach der auf der Grundlage des genannten Entwurfs entwickelten
städtebaulichen Konzeption der Stadt Krefeld soll der zentrale Bereich des
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
zu entwickelnden Gebietes durch drei annähernd senkrecht zum Rhein
angeordneten Zeilenbauten eingenommen werden, die einen freien
Durchblick von der Dujardinstraße zum Rhein erlauben und so auch eine
städtebauliche Aufwertung der Bestandsbebauung "in der zweiten Reihe"
(westlich der Dujardinstraße) ermöglichen. Im Gegensatz dazu sollen die
nördlichen und südlichen Teile des Plangebiets vornehmlich durch parallel
zum Rheinufer angeordnete Bauten geprägt werden.
Die „Rheinseite“ des Gebiets wird somit in ihrem Zentrum durch die Folge
der „Köpfe“ der geplanten Zeilenbauten akzentuiert. Die Bebauung in
diesem Bereich wird im Erdgeschoss bis an die Mauerkante oberhalb des
Unteren Werfts geführt. Ab dem ersten bzw. dem zweiten Obergeschoss ist
eine Auskragung über das Untere Werft vorgesehen. Dadurch soll die
besondere Ausrichtung der Baukörper zum Wasser betont und dem
Gesamtkonzept „RheinBlick“ Rechnung getragen werden.
Eine besondere städtebauliche Bedeutung kommt der Fläche östlich des
Kreuzungsbereiches Hohenbudberger Straße / Dujardinstraße und
nördlich der geplanten Zeilenbauten zu, da sich hier die zukünftigen
Wegebeziehungen zwischen der Uerdinger Altstadt, den nördlich
angrenzenden Stadtgebieten, den zukünftigen Gewerbegebieten entlang
der Hohenbudberger Straße und der Uferpromenade kreuzen werden. An
diesem Angelpunkt des Gebietes soll ein belebter städtischer Platz
entstehen, der durch seine Öffnung zum Rhein als Aufenthaltsort eine
Ausstrahlwirkung auf die umliegenden Bereiche entfaltet. Er wird von
einem entlang der Dujardinstraße verlaufenden Baukörper, einem
Gebäuderiegel an der südlichen Platzkante und einem abknickenden
Baukörper an der nördlichen Platzbegrenzung umfasst. Nach Osten hin
öffnet sich der Platz und bietet einen Blick über den Rhein. Um diesen
Platz sollen Nutzungen wie bspw. Cafés und Restaurants sowie für
Veranstaltungen geeignete Räume angesiedelt werden.
Aufgrund der hohen städtebaulichen Bedeutung der Wege- und
Sichtbeziehung von dem Kreuzungsbereich Hohenbudberger Straße /
Dujardinstraße auf den zentralen öffentlichen Platz und zum Rhein wird der
Ausbildung eines zur Stadt hin geöffneten städtebaulichen „Entrées“ in
diesem Bereich ein Vorrang vor der Entwicklung einer durchgehend
geschlossenen Lärmschutzbebauung an der Hohenbudberger Straße
beigemessen.
09.06.2015
35
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
3.3
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Erschließungs-, Verkehrs- und Entwässerungskonzept
Die Erschließung des Plangebietes erfolgt über die Dujardinstraße und die
Hohenbudberger
Straße.
Zur
Umsetzung
des
vorliegenden
Bebauungsplanes ist daher keine weitere Verkehrserschließung
erforderlich.
Die Aufwertung des öffentlichen Raumes sowie die Verbesserung der
Aufenthaltsqualität für die Fußgänger sollen durch breitere Gehwege und
eine intensive Begrünung erfolgen. Entlang des Unteren Werfts ist ein Fußund Radweg geplant, der die Erlebbarkeit und Begehbarkeit des
Plangebietes und des Rheinufers ermöglichen soll.
Innerhalb des Plangebiets soll der Bedarf an Park- und Stellplätzen in der
Regel mittels Tiefgaragen gedeckt werden. Oberirdische Stellplätze und
Garagen sollen darüber hinaus innerhalb von dafür geeigneten Teilflächen
des Plangebiets errichtet werden können.
Der genaue Stellplatzbedarf kann nicht bereits im Rahmen des
Bebauungsplanverfahrens ermittelt und festgelegt werden, da zum
Zeitpunkt der Bebauungsplanaufstellung die zukünftige Nutzung des
Gebiets im Detail nicht bekannt ist. Genaue Stellplatznachweise erfolgen
deshalb erst im Rahmen der, der Bebauungsplanaufstellung nachgelagerten, Baugenehmigungsverfahren.
Das anfallende Niederschlagswasser der befestigten Flächen ist im
Trennsystem abzuleiten. Es ist ein Regenwasserbewirtschaftungskonzept
im Baugenehmigungsverfahren zu erstellen.
3.4
Grün- und Freiraumkonzept
Es ist vorgesehen, bestehende Grünstrukturen innerhalb des Plangebiets
zu erhalten. Besonders hervorzuheben ist die denkmalgeschützte
Parkanlage der Villa Müncker (Hohenbudberger Straße 18), die zentral
innerhalb des Plangebiets liegt. Die Böden im Bereich der Parkanlage
weisen erhebliche Belastungen u.a. mit Blei auf. Eine Bodensanierung in
diesem Bereich würde eine Zerstörung der denkmalgeschützten Anlage
bedeuten und ist daher nicht vorgesehen. Da mit Blei belastete Böden als
Kinderspielflächen nicht geeignet sind, soll auf eine Öffnung der
Parkanlage für die Öffentlichkeit verzichtet werden.
09.06.2015
36
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Um entsprechend der städtebaulichen Zielsetzung einen urbanen, der
industriellen Vergangenheit des Gebiets angemessenen "steinernen"
Charakter im Plangebiet zu erzielen, werden im Plangebiet keine
zusätzlichen öffentlichen oder privaten Grünflächen entwickelt. Die
unmittelbare Lage an der Uferpromenade macht eine Entwicklung von
Grünflächen funktional entbehrlich. Aus städtebaulichen und
ökologischen Gründen werden allerdings Baumpflanzungen in den
öffentlichen Verkehrsflächen und ausgewählten Teilen der privaten
Grundstücksflächen geplant. Dies betrifft u. a. Flächen am Zollhof sowie im
Norden des Plangebiets. Zudem sollen Baumalleen im öffentlichen
Straßenraum sowie auf dem vorgesehenen öffentlichen Platz angelegt
werden. Teile der Fußgängerbereiche in dem für eine gemischte Nutzung
vorgesehenen Gebiet sollen durch eine einreihige Baumpflanzung gesäumt
werden.
3.5
Energiekonzept
Eine bestehende Fernwärmeleitung in der Dujardinstraße und in der
Hohenbudberger
Straße
ermöglicht
eine
emissionsarme
und
klimafreundliche Versorgung des Plangebietes. Ein Anschluss von
Neubauten an diese Fernwärmeleitung soll vertraglich mit den Eigentümern
der innerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücke vereinbart werden.
Eine Festsetzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB, die zu bestimmten
Vorkehrungen für die Nutzung regenerativer Energien verpflichten würde,
ist aus Gründen der planerischen Zurückhaltung im vorliegenden Fall nicht
geboten und soll nicht erfolgen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass
Solarenergieanlagen bei geeigneter Dachneigung und einem geringen
Verschattungsanteil zur Anwendung kommen können.
3.6
Schalltechnische Konzeption
Vorliegend soll – wie bereits dargestellt (vgl. insbesondere vorstehend
Kap. IV.3.1) – ein zuvor insbesondere für Hafenzwecke sowie gewerblich
genutztes Gebiet, das inzwischen in wesentlichen Teilen brachgefallen
war, städtebaulich neu entwickelt werden. Dabei sollen in dem nördlichen
Teil des zu entwickelnden Gebiets insbesondere gewerbliche Nutzungen
entwickelt werden. In den mittleren und südlichen Bereichen des
Plangebiets sollen dagegen – entsprechend dem westlich davon bereits
vorhandenem städtebaulichen Bestand – gemischte Nutzungsstrukturen
geschaffen werden, die zu wesentlichen Teilen auch für die Realisierung
von ganz oder teilweise dem Wohnen dienenden Gebäuden geeignet sein
09.06.2015
37
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
sollen. Durch die Aufstellung des vorliegenden Bebauungsplans werden
dabei die städtebaurechtlichen Voraussetzungen für eine Realisierung der
geplanten Entwicklungen geschaffen.
Bei der Planung ist im Zusammenhang damit mit hohem Gewicht
berücksichtigt, dass die geplanten beiden Mischgebiete von gewerblichen
Geräuschimmissionen aus deren Umgebung, aber auch aus dem
Plangebiet selbst betroffen sind. Des Weiteren sind sie durch signifikante
Verkehrslärmimmissionen belastet, die teilweise aus dem Straßen- und
Schienenverkehr auf der „landseitigen“ Umgebung des Plangebiets,
insbesondere aber aus der Binnenschifffahrt auf dem Rhein herrühren.
Vor dem Hintergrund der insoweit gegebenen schalltechnischen
Vorbelastungen ist im Rahmen der Bebauungsplanung dafür Sorge
getragen, dass die dort zukünftig zuzulassenden Gebäude zureichend vor
Schallimmissionen derart geschützt werden, dass gesunde Wohn- und
Arbeitsverhältnisse gegeben sind.
Im Gegenzug sollen mit der vorliegenden Planung gewerbliche und
industrielle Nutzungen in der Umgebung des Plangebietes nicht nachteilig
durch das mit der Bebauungsplanaufstellung verbundene „Heranrücken“
von Wohnnutzungen beeinträchtigt werden.
3.6.1 Einbeziehung schalltechnischer Belange
städtebaurechtliche Gesamtabwägung
in
die
zu
führende
a) Grundsätzlich gilt, dass bei der Aufstellung eines Bebauungsplans dem
sog. Trennungsgrundsatz gemäß § 50 BImSchG in zureichendem Maße
Geltung zu verschaffen ist. Nach diesem sollen bei Planungen "die
ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete" – und
damit auch das vorliegend geplante Mischgebiet – vor den Auswirkungen
schädlicher Umwelteinwirkungen so weit wie möglich geschützt und dazu
normalerweise von Gebieten bzw. Anlagen, aus denen erhebliche
Emissionen nach außen gelangen, räumlich getrennt angeordnet werden.
Insofern dient § 50 BImSchG – nach Maßgabe des der Vorschrift zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsgedankens und demzufolge über den
Wortlaut der Vorschrift sogar hinausgehend – im Sinne des Vorsorgeprinzips der planerischen Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen
durch die Trennung emittierender Betriebe und schützenswerter Gebiete
(sowie Objekte in der Umgebung). Erfasst werden dabei alle Immissionen,
in erster Linie Luftverunreinigungen und Lärm (so: Europäischer Gerichts-
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
hof (EuGH), Urteil vom 15. September 2011 – C.53/10 -, Umwelt- und
Planungsrecht (UPR) 2011, S. 443, sowie BVerwG, Beschlüsse vom
3. Dezember 2009 – 4 C 5.09 –, Baurecht (BauR) 2010, S. 726, und vom
20. Dezember 2012 – 4 C 11.11 und 4 C 12.11 –, juris; vgl. ebenfalls sehr
deutlich: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2013 – 4 BN 39/12 11 –, juris,
sowie aus der Rechtsliteratur: Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz,
Kommentar, 10. Auflage 2013, § 50 Rdnr. 1 ff.; Schultze-Fielitz, Gemeinschaftskommentar zum BImSchG, Loseblatt-Kommentar, § 50 Rdnr. 96).
Allerdings muss gemäß § 50 BImSchG bei der Aufstellung eines Bebauungsplans nicht immer und stets eine – hier angesichts der insbesondere
in der Umgebung des Plangebiets bereits vorhandenen Nutzungen –
völlige räumliche Trennung von gewerblicher und/oder industrieller
Bebauung einerseits sowie z. B. Wohnbebauung andererseits erfolgen.
Vielmehr kann im Einzelfall – etwa in einer Situationen wie der vorliegenden, in der eine weitgehend brachgefallene innerstädtische Fläche
einer neuen Nutzung zugeführt werden soll – das Prinzip der Trennung der
Bebauung bei dem Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen
durchbrochen werden (vgl. auch bereits: BVerwG, Beschluss vom
17. Februar 1984 – 4 B 191.83 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.)
1984, S. 343). Aufgrund dessen kann ein konkret bestehender bzw. zu
erwartender Konflikt auch mit anderen Mitteln der Bauleitplanung als
alleinig einer räumlichen Separierung der beteiligten Nutzungen zu einer
Lösung geführt werden, wenn dadurch eine positive städtebauliche
Gesamtbilanz erreichbar ist (vgl. dazu: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Kommentar, Loseblatt: 115. Ergänzungslieferung 2014, § 1
Rdnr. 239).
Dabei darf allerdings § 50 BImSchG nicht etwa völlig außer Acht gelassen
werden. Die Vorschrift ist in solchen Fällen vielmehr in einer Funktion als
Abwägungsdirektive heranzuziehen. Dann hat sie insoweit einen
besonderen planerischen Rang. Dieser bedingt, dass eine Zurückstellung
immissionsschutzrechtlicher Belange nur möglich ist, wenn die Planung
durch entgegenstehende Belange mit hohem Gewicht geboten ist (BVerwG,
Urteil vom 16. März 2006 – 4 A 1075.04 –, Amtliche Sammlung der
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 125, S. 116,
Rdnr. 164).
b) Bezüglich der Wahrung der Belange des Schallschutzes ist zunächst davon
auszugehen, dass Obergrenzen für Lärm, die in einem (auch) für
Wohnzwecke genutzten Bereich als verträglich anzusehen sind, für die
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Bauleitplanung in den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen – anders
als etwa für die Verkehrswegeplanung – nicht zahlenmäßig definiert sind.
Im Baugesetzbuch ist lediglich gefordert, dass bei der Aufstellung der
Bauleitpläne insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde
Wohnverhältnisse zu berücksichtigen sind.
Zur Ermittlung des Schutzniveaus, das zur Wahrung der allgemeinen
Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse einzuhalten ist, wird vielfach
auf die sogenannten „Orientierungswerte“ aus der DIN 18005 Teil I
„Schallschutz im Städtebau – Berechnungsverfahren“ mit ihrem Beiblatt
„Schalltechnische Orientierungswerte für die städtebauliche Planung“
zurückgegriffen. Die Orientierungswerte bedingen eine getrennte
Beurteilung von gewerblichen Lärmimmissionen und Verkehrslärm, für die
gebietsbezogen jeweils unterschiedliche Zahlenwerte gelten.
Dabei ist allerdings dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nach den in
der DIN 18005 enthaltenen Ausführungen in vorbelasteten Bereichen – zu
denen auch das Plangebiet und dessen nähere Umgebung zu zählen sind –
die Orientierungswerte oftmals nicht eingehalten werden können (Ziff. 1.2
der DIN 18005). Die Orientierungswerte der DIN 18005 sind insofern, wie
bereits ihre Bezeichnung zu verstehen gibt, auf keinen Fall als absolute
Grenzwerte für zulässige Schallimmissionen zu verstehen. Es handelt sich
vielmehr um Anhaltswerte für die Planung. Sie geben Aufschluss darüber,
welche Lärmimmissionen üblicherweise nicht zu einer Minderung der
Eignung eines Gebiets für bestimmte Nutzungen führen. Von ihnen kann in
der Bauleitplanung im Einzelfall unter Würdigung der Gesamtumstände
nach oben oder nach unten abgewichen werden, soweit dies
städtebaurechtlich erforderlich ist.
Im Gegensatz zu den Orientierungswerten der DIN 18005 entfalten die
gleichfalls gebietsbezogen festgelegten "Immissionsrichtwerte" (IRW) der
Sechste(n) Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz vor Lärm - TA Lärm - vom
26. August 1998, GMBI. S. 503) in der Bebauungsplanaufstellung
nachfolgenden Genehmigungsverfahren für gewerbliche Anlagen unmittelbare Wirkung. Denn in dieser wird das Maß der gewerblichen Geräuschimmissionen beziffert, die – je nach Gebietsart – an den betrachteten
Immissionsorten zulässig sind.
Dabei entsprechen die IRW der TA Lärm zahlenmäßig im Wesentlichen den
Orientierungswerten der DIN 18005 für Gewerbelärm. Für das Mess-
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
verfahren der TA Lärm ist der zu betrachtende Immissionsort als ein Punkt
in 0,5 m Entfernung vor dem der Schallquelle nächstgelegenen geöffneten
Fenster eines dem dauerhaften Aufenthalt dienenden Raums definiert.
Im Regelfall wird davon ausgegangen, dass an den maßgeblichen Immissionsorten – in der Regel vor Fenstern von dem dauernden Aufenthalt
dienenden Räumen – die Immissionsrichtwerte, wie sie in der TA Lärm für
die jeweilige Gebietsart verankert sind, eingehalten werden sollen.
Allerdings ist dies vielfach in solchen Lagen, die durch eine gewachsene
Nachbarschaft zwischen gewerblichen Nutzungen sowie Wohngebäuden
geprägt sind, regelmäßig nicht möglich. Für derartige Fälle enthält die
TA Lärm zunächst die Ausnahmevorschrift nach deren Ziff. 6.7, nach
welcher bei einem Aneinandergrenzen von gewerblich, industriell oder
hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzten Gebieten
mit zum Wohnen dienenden Gebieten die für letztere geltenden
Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die
aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden,
soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich
ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen
dabei nach dem, was in der TA Lärm formuliert ist, nicht überschritten
werden.
Zu der Frage, ob bei der Bildung eines Zwischenwertes gemäß Ziff. 6.7 der
TA Lärm der „Mischgebietswert“ von 45 dB(A) nachts überschritten werden
darf, hat sich das Bundesverwaltungsgericht in einem Beschluss vom
12. September 2007 – 7 B 24/07 – geäußert. Dabei spricht das Gericht
von einem nächtlichen „Grenz“-Mittelwert von 45 dB(A), lässt aber –
entsprechend dem Wortlaut der TA Lärm („sollen“) – in Sonderfällen
durchaus einen höheren Grenzwert zu.
c)
Ungeachtet dessen gilt nach den bestehenden gesetzlichen Vorgaben
sowie nach der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung,
dass das Schallimmissionsniveau, das innerhalb eines Baugebiets
aufgrund von in dieses eindringenden industriellen / gewerblichen bzw.
verkehrlichen Lärmimmissionen hinzunehmen ist, durch die genannten
Regelwerke nicht abschließend festgelegt ist. Vielmehr ist durch die
planende Kommune im Rahmen der von ihr gemäß § 1 Abs. 7 BauGB
vorzunehmenden Abwägung öffentlicher und privater städtebaulicher
Belange gegen- und untereinander unter Berücksichtigung aller relevanten
Sachverhalte festzulegen, in welchem Umfang aus benachbarten Gebieten
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Schallemissionen ausgehen dürfen bzw. in welchem Umfang das zu
beplanende Gebiet Schallimmissionen ausgesetzt werden darf. Dabei
kann nach der dazu ergangenen Rechtsprechung von den u. a. in der DIN
18005 sowie den in der TA Lärm genannten "Schwellenwerten" grundsätzlich auch nach oben abgewichen werden, soweit – wie ausgeführt –
insgesamt eine positive städtebaurechtliche Bilanz erreicht wird.
Die Festlegung des in einem Gebiet zu gewährleistenden "Schutzniveaus"
gegen potenziell störende Lärmeinwirkungen ist mithin nicht Gegenstand
des "gebundenen" Bau- bzw. Immissionsschutzrechts, sondern vielmehr
innerhalb des Bebauungsplanverfahrens durch die plangebende
Gemeinde unter Würdigung der maßgeblichen städtebaulichen Gesamtumstände im Rahmen der von ihr zu führenden Abwägung vorzunehmen.
Die Verantwortung der Gemeinden zur Festlegung des innerhalb der von ihr
geplanten Baugebiete jeweils einzuhaltenden Schallschutzniveaus wird
durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie folgt
vorgegeben und bestätigt:
"Die Gemeinden sind […] grundsätzlich befugt, durch Festsetzungen in
Bebauungsplänen immissionsschutzbezogene Forderungen rechtsverbindlich zu machen, die inhaltlich von den Anforderungen abweichen, die sich
aus dem allgemeinen Immissionsschutzrecht ergeben. […] Die Gemeinden
haben […] auch die Möglichkeit, durch ihre Bauleitplanung gebietsbezogen
zu steuern, ob gewisse Nachteile oder Belästigungen im Sinne des § 3
BImSchG erheblich sind (BVerwG, Urt. vom 14. April 1989 – 4 C 52.87 –
[Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1989, S. 1050])."
(zitiert nach: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar,
Loseblatt: 115. Ergänzungslieferung 2014, § 1 Rdnr. 224)
d) Die Ermittlung dessen, was zulässig ist, erfolgt unter Zugrundelegung des
von der Rechtsprechung entwickelten Gebotes zur Rücksichtnahme, mit
der die jeweilige Grundstücksnutzung "beider Seiten" belastet ist. Die
Rücksichtnahmepflicht umfasst nach den Entscheidungen der Gerichte die
Verpflichtung zur Bildung einer Art von Mittelwerten bei den
Immissionsrichtwerten.
aa) Der zulässige Richtwert kann bei der Einbeziehung der vorstehend
erörterten Gesichtspunkte zunächst – auch relativ unproblematisch –
um bis zu 5 dB(A) erhöht werden und so den Richtwert der
nächstfolgenden Gebietsklasse erreichen. Das BVerwG hat es bereits
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Bebauungsplan Nr. 772
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IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
in seinem Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 N 6.88 –, BRS 50,
S. 25, z.B. für gerechtfertigt gehalten, am Rande eines reinen Wohngebietes, das aber an der Grenze zu einer Quelle von Lärmbelästigungen, dort einer Sportanlage, gelegen war, Immissionsrichtwerte
für allgemeine Wohngebiete zugrunde zu legen.
bb) Von der Rechtsprechung sind sodann später aber auch Überschreitungen zugelassen worden, die über den "Sprung" in die nächste
Gebietskategorie hinausreichen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom
26. Mai 2004 - 4 BN 24.04 -, Buchholz 406.11, § 1 BauGB Nr. 121, wo
ausdrücklich festgestellt wird, dass nicht bereits "der Wert von
5 dB(A) die äußerste Grenze dessen markiert, was durch Abwägung
überwunden werden kann").
Wesentlich ist dabei, dass ein Interessenausgleich allerdings stets
nur unterhalb der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung denkbar ist,
bei deren Überschreitung Gesundheitsgefahren für die Betroffenen zu
erwarten sind.
Als potenziell gesundheitsgefährdend sieht die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts erst äquivalente Dauerschallpegel von
tags 70 dB(A) und nachts 60 dB(A) an (hingewiesen wird hierzu auf
BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2000 - 4 VR 19.99 -, Buchholz
407.4 § 17 FStrG Nr. 156). Dabei ist in der Rechtsprechung des
BVerwG bislang nur bei Nachtwerten von 64/65 dB(A) (vgl. BVerwG,
Urteil vom 28. Oktober 1998, a.a.O.) bzw. von 68/69 dB(A) (siehe
BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 - 11 A 18.98 -) ein Erreichen bzw.
deutliches Überschreiten der Schwelle für Gesundheitsbeeinträchtigungen ausdrücklich bejaht worden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sogar erst Werte von tags 75 dB(A)
sowie nachts 65 dB(A) der Beurteilung einer Gesundheitsgefährdung
zugrunde gelegt (BGH, Urteil vom 25. März 1993 - III ZR 60/91 -,
Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in
Zivilsachen (BGHZ) 122, S. 76 = Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
1993, S. 1700).
cc)
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Dies zugrundelegend und zusammenfassend hat das BVerwG in
seinem Urteil vom 22. März 2007 – 4 CN 2/06 –, Rn. 15, juris, eine
Orientierungswertüberschreitung von sogar 10 dB(A) und mehr als
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
positiv möglich eingeschätzt, wenn ein dort näher beschriebener
Rahmen eingehalten wird.
"Welche Lärmbelastung einem Wohngebiet unterhalb der Grenze zu
Gesundheitsgefahren zugemutet werden darf, richtet sich nach den
Umständen des Einzelfalls; die Orientierungswerte der DIN 18005-1
"Schallschutz im Städtebau" können – wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (Urteilsabdruck S. 22) – zur
Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung eines Wohngebiets im
Rahmen einer gerechten Abwägung lediglich als Orientierungshilfe
herangezogen werden (Beschluss vom 18. Dezember 1990 – BVerwG
4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 = BRS 50 Nr. 25). Je
weiter die Orientierungswerte der DIN 18005 überschritten werden,
desto gewichtiger müssen allerdings die für die Planung
sprechenden städtebaulichen Gründe sein [...] Mit einer derartigen
Lösung macht die Gemeinde von den ihr im Bauplanungsrecht
gegebenen Festsetzungsmöglichkeiten, die bei der Fachplanung für
linienförmige Infrastrukturmaßnahmen im Allgemeinen nicht zur
Verfügung stehen, in differenzierter Form sachgerechten Gebrauch."
Dass bei der Ausweisung neuer Baugebiete die Grenzen einer
gerechten Abwägung in der Regel überschritten seien, wenn
Wohnnutzung auch am Rande des Gebiets zugelassen wird, obwohl
dort die Orientierungswerte um 10 dB(A) und mehr überschritten
werden, folge daraus nicht (BVerwG, a.a.O.).
In einer weiteren Entscheidung vom 12. September 2007 – 7 B 24/07
– hatte sich der 7. Senat des BVerwG (erneut) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei der Bildung eines Zwischenwertes gemäß Nr. 6.7
mehr als eine Gebietskategorie "übersprungen" werden darf.
Diese Frage – so der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in
dieser Entscheidung – rechtfertige eine Revision nicht. Sie sei
vielmehr anhand der normativen Bestimmungen der TA Lärm und der
hierzu ergangenen Rechtsprechung zu beantworten.
Diese Auffassung wird auch durch das Niedersächsische
Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 14. Februar 2007 –
12 LC 37/07 – so bestätigt, indem es formuliert, dass es vorliegend
keiner Vertiefung bedarf, ob und unter welchen Bedingungen auch
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
die Immissionswerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete überschritten
werden dürfen.
dd) Darauf hingewiesen wird, dass sich die vorgenannte Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2007, a.a.O., nicht
ausschließlich auf eine Abwägung von Maßnahmen des
Schallschutzes in einem neuen vorbelasteten Wohngebiet allein
durch vorhandenen Verkehrslärm bezieht. Vielmehr hat das
Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 7. Juni 2012 –
4 BN 6.12 – dazu ausdrücklich ausgeführt (Rdnr. 7):
"Die Frage, ob die Festsetzung passiver Schallschutzmaßnahmen
(nicht öffenbare Fenster, künstliche Belüftung) ein geeignetes Mittel
ist, um den (Lärm)Konflikt zwischen Wohnen und Gewerbe zu lösen
und dadurch Abwehransprüche gegen den Gewerbebetrieb
auszuschließen, nötigt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich
anhand der Senatsrechtsprechung bereits im Verfahren der
Nichtzulassungsbeschwerde ohne Weiteres im Sinne der
angefochtenen
Entscheidung
beantworten
lässt.
Der
Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht das Urteil des Senats vom 22.
März 2007 - BVerwG 4 CN 2.06 - (BVerwGE 128, 238) für seine These
in Bezug genommen, die Bewältigung des Konflikts zwischen
Gewerbe und Wohnen könne abwägungsfehlerfrei auch dadurch
geschehen, dass den durch Betriebslärm über die Gebietsrichtwerte
hinaus
betroffenen
nächstgelegenen
Wohngebäuden
im
Bebauungsplan zumutbare passive Lärmschutzmaßnahmen auferlegt
werden. Zwar ist das Senatsurteil vom 22. März 2007 (a.a.O.) zu der
Fallkonstellation ergangen, dass ein Wohngebiet an einen
vorhandenen Verkehrsweg herangeplant wird, und nicht zu der hier
vorliegenden Fallgestaltung, dass ein Wohngebiet an einen
Gewerbebetrieb heranrückt. Der Rechtssatz, dass es nach den
Umständen des Einzelfalls abwägungsfehlerfrei sein kann, eine
Minderung der Immissionen an Wohngebäuden u.a. durch passiven
Schallschutz an den Wohn- und Schlafräumen zu erreichen, ist aber
verallgemeinerungsfähig. Dagegen lässt sich entgegen der Ansicht
der Antragstellerin nicht ins Feld führen, dass zwischen Verkehrslärm
und Gewerbelärm insoweit Unterschiede bestünden, als die §§ 41, 42
BImSchG jedenfalls für den Bau neuer und die wesentliche Änderung
bestehender öffentlicher Straßen bei Überschreitung der
Immissionsgrenzwerte einen Anspruch auf passiven Lärmschutz
vorsähen und deshalb für den Verkehrslärm den passiven
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Schallschutz als geeignete Konfliktlösung billige, eine vergleichbare
Regelung für den Gewerbelärm hingegen fehle. Die Antragstellerin
lässt außer Acht, dass im Falle der an einen Verkehrsweg
heranrückenden Wohnbebauung die §§ 41, 42 BImSchG nicht
einschlägig sind. Der Senat hat diese Bestimmungen im Urteil vom
22. März 2007 (a.a.O.) deshalb auch nicht in den Blick genommen,
sondern wegen der Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen an
den Wohngebäuden auf den - nach Ansicht der Vorinstanz (UA S. 14)
vorliegend ebenfalls einschlägigen - § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB als
Rechtsgrundlage verwiesen.“
e) aa) Eine verbindliche "Obergrenze" für Abweichungen von den Orientierungswerten der DIN 18005 bzw. für die zu bildenden Zwischenwerte gemäß Ziff. 6.7 der TA Lärm besteht insoweit jedenfalls
unterhalb der sogenannten "Schwelle der Gesundheitsgefährdung"
nicht. Entsprechend stellen auch die Immissionsrichtwerte für
Mischgebiete keine absolute Obergrenze für Schallimmissionen aus
gewerblichen Anlagen dar, die im Bebauungsplanverfahren zwingend
zugrunde zu legen wäre.
Vielmehr ist für die Höhe des Zwischenwerts ausschließlich die
konkrete Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes maßgeblich.
Wesentliche Kriterien sind die Prägung des Einwirkungsgebiets durch
den Umfang der Wohnbebauung einerseits und durch Gewerbe- und
Industriebetriebe andererseits, die Ortsüblichkeit eines Geräusches
und die Frage, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst
verwirklicht wurde.
Keineswegs ist die Zugrundelegung eines arithmetischen Mittelwertes etwa zwischen den für Mischgebiete und den für die anderen
betroffenen Gebiete geltenden Werten gemeint gewesen. Sie wäre bei
Schallpegeln insbesondere deshalb nicht sachgerecht, weil diese ein
logarithmisches Maß darstellen.
Als unzutreffend werden genauso aber auch andere schematische,
von abstrakten Gebietsrichtwerten ausgehende Mittelwertbildungen
angesehen. Als maßgeblich betrachtet werden vielmehr die
planerischen und tatsächlichen Einzelheiten der Situation, in welche
die Grundstücke der Gebietsnachbarn hineingestellt sind, kurzum:
die Umstände des Einzelfalls.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Von Vorneherein nicht mehr hinzunehmen sind Immissionen nur
dann, wenn sie mit gesunden Wohnverhältnissen im Sinne des § 1
Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht in Einklang zu bringen sind. Eine exakte
Grenze im Sinne eines eindeutigen Grenzwerts lässt sich allerdings
auch insoweit nicht abschließend fixieren.
bb) Die Rechtsprechung weist auf diese Art und Weise den Weg zu den
notwendigen Festlegungen über aktiven Schallschutz hin zum
passiven Schallschutz. Es geht am Ende auch darum, eine zumutbare
Wohn- bzw. Schlafruhe im Gebäude sicherzustellen. Hierzu hat das
BVerwG bereits in seinem Beschluss vom 17. Mai 1995 – 4 BN 30.94
–, BRS 57 Nr. 2, ausgeführt:
„Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Maßnahmen passiven
Schallschutzes die ihnen zugedachte Schutzwirkung erfüllen, wenn
sie die Gewähr dafür bieten, dass Kommunikations- und
Schlafstörungen vermieden werden […] Das ist sichergestellt, wenn
der Beurteilungspegel im Innenraum während der Kommunikation
40 dB(A)
nicht
übersteigt.
Mit
verkehrslärmbedingten
Schlafstörungen ist dann nicht zu rechnen, wenn ein Pegel von
30 dB(A) nicht überschritten wird.“
Jedenfalls wenn im Innern der Gebäude durch die Anordnung der
Räume und die Verwendung schallschützender Außenbauteile
angemessener Lärmschutz gewährleistet wird, kann es im Ergebnis
mit dem Gebot gerechter Abwägung vereinbar sein, Wohngebäude an
der lärmzugewandten Seite des Gebiets auch deutlich über den
Orientierungswerten liegenden Außenpegeln auszusetzen.
Städtebauliche
Gründe,
die
eine
Überschreitung
der
Orientierungswerte rechtfertigen können, können etwa sein, dass
idyllische, unberührte Lagen ohne Lärmvorbelastung kaum noch für
Bauzwecke zur Verfügung stehen. Genauso können städtebaurechtlich anzuerkennende Gründe die Beseitigung von Industriebrachen
und die Nachverdichtung als Maßnahme der Innenentwicklung sein.
Auch der Hinweis, dass die Lärmbelastung in den Innenwohnbereichen und damit insbesondere auch die Überschreitung des Orientierungswertes der DIN 18005 für die Nacht bei der Verwendung von
lärmdämmenden Außenbauteilen die Lärmimmissionen weiter
minimiert werden können, rechtfertigt eine solche Überschreitung.
Dazu ist die Festsetzung bestimmter Lärmdämmwerte der
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Außenbauteile im Bebauungsplan nicht zwingend erforderlich.
Stattdessen kann der Hinweis in der Planbegründung ausreichen,
dass Außenbauteile, die der bindenden Energieeinsparverordnung
entsprechen, automatisch auch die notwendigen schalltechnischen
Eigenschaften aufweisen, um das zu fordernde Schalldämmmaß
einzuhalten. Ebenfalls für die Abwägung von Bedeutung ist, dass
auch bei gekippten Fenstern typischerweise ein Schalldämmmaß von
noch 15 dB(A) erreicht wird, und bei der Energieeinsparverordnung
entsprechenden Fenstern möglicherweise ein noch höherer Wert
erzielt werden kann.
Eine Vorgehensweise, wie sie hier angewandt wird, um Festsetzungen
wie geschehen zu treffen, wird von der Rechtsprechung des OVG NRW
auch selbstredend angewandt – wie sich in einer Reihe von
Beispielen in der Rechtsprechung mehrerer Senate dieses Gerichts
erweist (vgl. OVG NRW, Urteil des 7. Senats vom 20. Februar 2015 – 7
D 73/13.NE –, juris, Urteil des 2. Senats vom 15. Mai 2013 – 2 D
122/12.NE –, juris und Urteil des 7. Senats vom 23. Oktober 2008 –
7 D 90/07.NE –, juris; sh. auch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Dezember 2014 – 15 N 12.2321 –, juris).
cc)
Dabei verhält es sich so, dass konkret keine Situation gegeben sein
wird, dass in dem vorliegenden Bebauungsplan eine diesbezüglich
abschließende Lösung gefunden werden muss.
Das BVerwG hat sich in seinem Urteil vom 12. September 2013 – 4 C
8.12 –, BRS 81 Nr. 99, mit dem Verhältnis von Bauleitplanung und
Rücksichtnahmegebot befasst und dabei seine schon früher
vertretene Auffassung bestätigt (BVerwG, Beschluss vom
27. Dezember 1984 – 4 B 278.84 –, BRS 42 Nr. 183; Beschluss vom
6. März 1989 – 4 NB 8.89 –, BRS 49 Nr. 44). Danach setzt eine
Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebotes
voraus, dass der Bebauungsplan für sie noch offen ist. Daran fehlt es,
wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt (wie hier) bereits auf
der Ebene des Bebauungsplanes abgewogen worden ist. In diesem
Fall ist das Rücksichtnahmegebot in der den Festsetzungen des
Bebauungsplanes zugrunde liegenden Abwägung aufgegangen, es ist
von der planerischen Abwägung gleichsam „aufgezehrt“. Ist also in
einem Bebauungsplan bzw. in der ihm zugrunde liegenden
Abwägung ein Konflikt gesehen und gelöst worden, so ist derselbe
Aspekt im Genehmigungsverfahren nicht mehr unter dem Aspekt der
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Rücksichtnahme zu prüfen. Alles andere liefe auf eine unzulässige
Korrektur des Plangebers durch die Verwaltung hinaus. So werden
hier die Bauherren in dem Mischgebiet deshalb später im Genehmigungsverfahren „lediglich“ nachweisen müssen, dass ihre Vorhaben
die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung einhalten. Dann
sind die Vorhaben nach § 30 Abs. 1 BauGB planerisch zulässig. Der
Vorlage von Lärmgutachten zur Prüfung des Rücksichtnahmegebotes
gemäß § 15 BauNVO bedarf es nicht, weil die Norm keine Anwendung
findet.
Beantragt demgegenüber ein Bestandsbetrieb eine Änderung seiner
baurechtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung,
wird er ungeachtet des Bebauungsplanes nachweisen müssen, dass
er die maßgeblichen Lärmwerte bzw. das Rücksichtnahmegebot
einhält. Diese Pflicht nimmt ihm der Bebauungsplan nicht ab. Dieser
Pflicht unterliegt er aber auch, wenn die Stadt nicht plant und
Vorhaben auf den Flächen des Plangebietes nach § 34 BauGB
zuließe.
Diese Vorgehensweise sichert, dass die Lärmproblematik einmal
umfassend geprüft und abgewogen wird. Sie sichert auch eine
Konsistenz von Planung und Genehmigung. Das entspricht auch dem
Gedanken, der die oben geschilderte Rechtsprechung des BVerwG
prägt. Ist ein Problem durch den Rat der Gemeinde abschließend
abgewogen, muss sich die Genehmigungspraxis an dem
Abwägungsergebnis orientieren und kann es nicht durch eine den
Plan konterkarierende Genehmigungspraxis unterlaufen.
Deshalb muss im laufenden Bauleitplanverfahren die Lösung des
Lärmproblems gefunden werden. Dann ist diese Problematik aber
auch abschließend gelöst.
3.6.2 Konkrete städtebaurechtliche Bewältigung der innerhalb des Plangebiets
zu erwartenden gewerblichen Schallimmissionen
Zur Bestimmung der gemäß den vorstehenden Darlegungen in Kap.IV.3.6.1
hier durch die Plangeberin nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung im
Rahmen der Bebauungsplanaufstellung zugrunde zu legenden "Zielwerte"
für die innerhalb des Plangebiets hinzunehmende Schallimmissionen ist
wie folgt vorgegangen worden:
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
a) Im Rahmen der von der Stadt Krefeld beauftragten Schalluntersuchungen
wurden zunächst die in der Umgebung des Plangebiets vorhandenen
gewerblichen und verkehrlichen Schallimmissionen umfassend ermittelt.
Dabei wurde gemäß den Vorgaben der Rechtsprechung, insbesondere des
Bundesverwaltungsgerichts, durch die Gutachter eine "worst-caseBetrachtung" vorgenommen. Bei dieser wurde davon ausgegangen, dass
sowohl die in der Umgebung des Plangebiets vorhandenen als auch alle
weiteren zulässigen bzw. zukünftig zuzulassenden gewerblichen
Nutzungen innerhalb und außerhalb des Plangebiets im Hinblick auf
sämtliche
von
ihnen
ausgehenden
Belästigungsbzw.
Gefährdungspotentiale so zu betrachten sind, wie sie eine nach den dafür
relevanten Bestimmungen möglicherweise auftreten könnten, auch wenn
tatsächlich bzw. im Bestand (noch) keine oder geringere
Emissionspotentiale zu verzeichnen sind (vgl. dazu rechtsgrundsätzlich
insbesondere BVerwG, Urteil vom 28. Dezember 2005 – 4 BN 40/05 –,
juris, Rz. 17 f.).
Als für die geplanten Mischgebiete innerhalb des Geltungsbereichs des
vorliegenden
Bebauungsplans
maßgebliche
Gewerbelärmquellen
innerhalb des Plangebiets wurden das geplante Gewerbegebiet
einschließlich des darin gelegenen Bestandsbetriebs, das nördlich davon
gelegene, nur im Hochwasserfall und zu Wartungszwecken betriebene
Hochwasserpumpwerk, und das Zollamt ermittelt. Die maßgeblichen
Emissionsquellen außerhalb des Plangebiets sind verschiedene westlich
der Hohenbudberger Straße und Dujardinstraße vorhandene bzw.
genehmigte Gewerbebetriebe, der weiter nördlich gelegene Chempark
sowie insbesondere Betriebsgeräusche von dem nördlich außerhalb des
Plangebiets gelegenen Schiffsanleger R 141 und von dort anliegenden
Schiffen während Be- und Entladungsvorgängen.
Bei der Ermittlung der Geräuschbelastung wurde zunächst die Abschirmwirkung nur von innerhalb des Plangebiets befindlichen Gebäuden
berücksichtigt, die unter Denkmalschutz stehen und erhalten bleiben
werden. Im Übrigen wurde von einer freien Schallausbreitung innerhalb
des Plangebiets ausgegangen.
In einer untersuchten Alternative wurde darüber hinaus dargestellt,
inwieweit durch die Errichtung eines den vornehmlich aus dem Plangebiet
selbst herrührenden Geräuschen entgegenwirkenden schallabschirmenden Gebäudes südlich des Gartens der Villa Müncker verminderte
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Schallimmissionen in den weiter südlich gelegenen Bereichen erreicht
werden können.
Die relevanten örtlichen Windrichtungen sowie die erhöhte Dämpfung von
hochfrequenten Geräuschen aus vergleichsweise weit entfernten Quellen
wurden berücksichtigt.
Die insoweit ermittelten potenziellen Gewerbegeräuschimmissionen im
Bereich der geplanten Mischgebiete wurden bezogen auf Immissionsorte
ausgedrückt, die in ihrer Lage innerhalb der zeichnerisch festgesetzten
Baugrenzen in den festgesetzten Baugebieten abgeleitet sind. Dabei
wurden die daraus resultierenden Immissionswerte jeweils geschossweise
ermittelt.
b) Bezüglich der unter Zugrundelegung des vorstehend unter a) skizzierten
Szenarios ermittelten Immissionswerte werden die für Mischgebiete
maßgeblichen IRW von 60 dB(A) bzw. die gleichlautenden
Orientierungswerte i. S. d. DIN 18005 während der von 6 Uhr bis 22 Uhr
reichenden Tagzeit fast überall in dem für eine gemischte Nutzung
vorgesehenen Teil des Plangebiets sicher eingehalten. Auch die um 5 dB
niedrigeren Werte für allgemeine Wohngebiete werden überwiegend
eingehalten. Nur im Bereich des "Zollhofs" wird – insbesondere aufgrund
der Nutzung der Außenflächen als Stellplatzanlage und des
Vorhandenseins der dortigen Lieferzone – der WA-Wert überschritten und
der MI-Wert knapp erreicht.
Entsprechend wird abwägend davon ausgegangen, dass die zur Tagzeit
innerhalb des für gemischte Nutzungen vorgesehenen Bereichs
auftretenden Gewerbelärmimmissionen mit der von der Stadt Krefeld
beabsichtigten Ansiedlung auch von Wohnnutzungen in diesem Bereich
ohne Weiteres vereinbar sind.
c) Bei der Ermittlung der innerhalb des für gemischte Nutzungen
vorgesehenen Bereichs zu erwartenden gewerblichen Schallimmissionen
zur Nachtzeit war zu berücksichtigen und wurde als beachtlich in die
durchzuführende Abwägung eingestellt, dass die maßgeblichen
Schallquellen in der Regel im Rechtssinne "rund um die Uhr" betrieben
werden dürfen.
Hierdurch ergibt sich für die Nachtzeit ein gegenüber den Tagwerten nur
geringfügig reduziertes potenzielles Immissionsniveau, durch das in den
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
für Mischnutzungen vorgesehenen Bereichen Überschreitungen des IRW
für gewerbliche Lärmimmissionen prognostiziert werden mussten.
Dies betrifft insbesondere die Messpunkte, die entlang der straßenseitig,
nach Norden oder zum Rhein gelegenen Seiten der unmittelbar südlich der
Grünanlage der Villa Müncker geplanten überbaubaren Bereiche gelegen
sind. Denn diese werden – unter Einschluss von hier allerdings nicht
maßgeblich durchdringenden Hintergrundgeräuschen insbesondere aus
dem Bereich des Chemparks – von erheblichen potenziellen
Geräuschimmissionen sowohl von den bestehenden Gewerbebetrieben
westlich der Hohenbudberger Straße als auch dem unmittelbar
angrenzenden GE-Gebiet innerhalb des Plangebiets sowie zusätzlich aus
dem nördlich davon gelegenen Schiffsanleger betroffen. In diesen
Bereichen wird der IRW für Mischgebiete von 45 dB(A) nachts um
mindestens 5 dB überschritten. Dagegen werden an den nach Süden
orientierten Seiten der geplanten Baufelder auch nachts die IRW für
Mischgebiete eingehalten.
Der Bereich zwischen der geplanten Platzanlage und dem Zollhof,
innerhalb dessen die Errichtung von drei Gebäudezeilen vorgesehen ist, ist
deutlich geringer von potenziellen gewerblichen Schallimmissionen
belastet. In diesem Teil des Plangebiets werden für Fassadenabschnitte
auf der Nordseite von dort zukünftig zulässigen Gebäuden zumeist
vergleichsweise geringe Überschreitungen des IRW für die Nachtzeit um in
der Regel weniger als 3 dB prognostiziert. Für die rheinseitigen "Köpfe" der
geplanten Baufenster werden Überschreitungen des IRW für Mischgebiete
in der Nachtzeit um mehr als 5 dB festgestellt.
Innerhalb des südlich daran anschließenden Bereichs ist für die
bestehende denkmalgeschützte Bebauung, die auch zukünftig durch die
Zollbehörden (ohne Nachtbetrieb) genutzt werden soll, keine Betrachtung
der zu erwartenden Lärmbelastungen zur Nachtzeit erfolgt. Für den
Standort des ehemals dort vorhandenen und wegen Baufälligkeit
abgerissenen Südflügels der Bestandsanlage werden mögliche
Überschreitungen von maximal ca. 5 dB an der Nordfassade prognostiziert.
Für die Bebauung der südlich des Zollhof-Ensembles gelegenen Flächen
werden vergleichsweise geringe Überschreitungen des IRW von 45 dB(A)
nachts um weniger als 3 dB an den nördlichen Begrenzungen der
geplanten "Baufenster" prognostiziert. An den rheinseitigen Fassaden der
dort als zulässig festgesetzten Bebauung können Überschreitungen des
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Richtwerts zwischen 3 dB und 5 dB auftreten. Dabei sind in der Regel in
den obersten Geschossen die höchsten Richtwertüberschreitungen zu
erwarten.
d) Es wird angesichts dessen davon ausgegangen, dass die insoweit
prognostizierten Überschreitungen des IRW von 45 dB(A) nachts die
Herbeiführung öffentlich-rechtlicher Regelungen zur städtebaulichen
Bewältigung der insoweit bestehenden Gewerbelärmbelastung erfordern.
Nur, soweit nach der Rechtsprechung dahingehend verfahren werden darf,
wurde – im Ergebnis diesbezüglich sehr eingeschränkt – der Weg für eine
Verlagerung von Problemlösungen in nachfolgende Genehmigungs- und/
oder Erlaubnisverfahren unter der Nutzbarmachung der Rechtsprechung
offen gelassen. Dies steht in Übereinstimmung mit dem grundlegenden
Beschluss des 10. Senats des OVG NRW vom 15. Februar 2005– 10 B
517/04 –, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report
(NVwZ-RR) 2000, S. 94 ff., in dem es heißt:
"Grundsätzlich hat jeder Bebauungsplan die von ihm geschaffenen oder
ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen. Die Planung darf nicht dazu
führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten
Betroffener letztlich ungelöst bleiben. Dies schließt eine Verlagerung von
Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes
Verwaltungshandeln indes nicht zwingend aus. Von einer abschließenden
Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf die Gemeinde Abstand
nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten
Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der
Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist."
(So sehr deutlich der Sache nach übereinstimmend mit dem hier
Dargelegten ebenso: BVerwG, Beschluss vom 8. November 2006 – 4 BN
32/06 –, juris; vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 2. April 2008 – 4 BN
6.08 –, ZfBR 2008, S. 592, jeweils mit weiteren Nachweisen.)
Den Erfordernissen der Rechtsprechung des BVerwG hinsichtlich der
Zulässigkeit "architektonischer Selbsthilfe" wird damit ebenfalls
entsprochen (vgl. dazu auch: BVerwG Urteil vom 29. November 2012 – 4 C
8/11 -, juris).
e) Als eine maßgebliche Quelle für die Überschreitungen in den unmittelbar
an die Gartenanlage der Villa Müncker angrenzenden Teilflächen des für
gemischte Nutzungen vorgesehenen Bereichs sind insbesondere die
möglichen Geräuschimmissionsanteile anzusehen, die von dem
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
unmittelbar nördlich an dieses angrenzend geplanten Gewerbegebiet unter
Berücksichtigung der für dieses festgesetzten Emissionskontingentierung
ausgehen können. Dagegen sind die prognostizierten Pegelüberschreitungen nur vergleichsweise untergeordnet auf die von dem Betrieb
des Schiffsanlegers potenziell ausgehenden Geräusche zurückzuführen,
die insbesondere aufgrund von Geräuschdämpfungswirkungen durch die
"Rauigkeit" des zwischen dem Anlegepunkt (als dem Ort, von dem die
pegelbestimmenden Geräuschemissionen ausgehen) und den potenziellen
Immissionsorten gelegenen Geländes gedämpft werden.
Bei der städtebaurechtlichen Bewertung der insoweit prognostizierten
Geräuschimmissionen ist zu berücksichtigen, dass maßgebliche
Immissionsanteile darauf zurückzuführen sind, dass in der unmittelbaren
Nachbarschaft des Gebiets Gewerbebetriebe vorhanden sind, von denen
auch in der Nachtzeit Immissionen ausgehen dürfen, die planungsrechtlich
auf der Grundlage ihres Genehmigungstatbestands zu berücksichtigt
werden und nach dem planerischen Willen der Stadt Krefeld auch
zukünftig erhalten werden sollen. Dieses gilt auch für die innerhalb des
Plangebiets gelegenen Betriebe, die in ihrem Bestand dauerhaft städtebaurechtlich abgesichert werden sollen.
Vor diesem Hintergrund ist aus städtebaufachlicher Sicht von einer
insgesamt verminderten Eignung des nördlichsten Teils des für gemischte
Nutzungen vorgesehenen Bereichs für Wohnnutzungen auszugehen. Diese
findet ihren Niederschlag darin, dass in bestimmten Teilen der
festgesetzten "Baufenster" keine Wohnnutzungen zugelassen werden, die
in Richtung der maßgeblichen Schallquellen ausgerichtet sind. Die
betreffenden Bereiche bleiben damit solchen gewerblichen Nutzungen
vorbehalten, wie sie innerhalb des geplanten Mischgebiets als verträglich
eingestuft werden - etwa Büronutzungen, Nachbarschaftscafés etc.
f)
Als maßgebliche Einzelquelle für die "rheinseitig" prognostizierten
Richtwertüberschreitungen in den weiter südlich gelegenen Teilgebieten
des für gemischte Nutzungen vorgesehenen Bereichs wurde dagegen der
nördlich des Plangebiets gelegene Schiffsanleger identifiziert, für den –
durch Messungen abgesichert – ein Emissionsniveau von 110 dB(A)
angenommen wurde. Der Schiffsanleger ist zu unregelmäßigen Zeiten
sowohl tagsüber als auch nachts in Betrieb.
An den "kritischen" Immissionsorten, die dem Rhein zugewandt sind,
entsprechen die von dem Schiffsanlieger in dem betrachteten ungünstigen
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Szenario ausgehenden Geräusche Immissionsanteilen von ca. 45 dB(A)
und tragen insoweit dort maßgeblich zu den prognostizierten Überschreitungen des IRW für die Nachtzeit bei.
Die relativ hohe Lautstärke der Geräusche, die von dem Schiffsanleger
trotz der größeren Abstände zu den südlichen Teilen des für gemischte
Nutzungen vorgesehenen Bereichs ausgehen, ergibt sich insbesondere
aufgrund der exponierten Lage der Schallquelle oberhalb des Wasserspiegels des Rheins, was einen guten "Transport" des Schalls in die dem
Rhein zugewendeten Teile des Entwicklungsgebiets bewirkt.
Bei der städtebaurechtlichen Bewertung dieses Sachverhalts ist davon
auszugehen, dass die prognostizierten Geräusche im Wesentlichen von
dem Betrieb von solchen Pumpenanlagen zur Be- und Entladung der
anliegenden Schiffe ausgehen, die "bordseitig" auf den Schiffen betrieben
werden. Das konkret zu verzeichnende Emissionsniveau ist entsprechend
abhängig von dem jeweils anliegenden Schiff. Der Emissionsansatz für
Schiffsbe- und Entladungen, der bei der Prognose der gewerblichen
Lärmimmissionen zugrunde gelegt wurde, entspricht damit dem, was bei
einem Einsatz des lärmtechnisch maßgeblichen Tankschiffs zu erwarten
ist, das nur über relativ gering schalldämmend wirksame Ausrüstungen
verfügt und entsprechend laute Betriebsgeräusche emittiert. Dies trifft in
der Realität insbesondere für ein Tankschiff zu, das den Anleger
regelmäßig – allerdings vergleichsweise häufig – anfährt. Alle anderen
Tankschiffe weisen demgegenüber jeweils ein vermindertes Emissionsniveau auf.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die prognostizierten Überschreitungen in voller Höhe nur dann auftreten, wenn nicht nur das o. g.
Schiff an dem Rheinanleger in der Nachtzeit entladen wird, sondern
gleichzeitig dazu z. B. das im Norden des Plangebiets vorhandene
Hochwasserpumpwerk läuft, das in der Regel nur im Hochwasserfall oder
zu Wartungszwecken betrieben wird, und darüber hinaus alle in der
näheren und weiteren Umgebung des Plangebiets ansässigen Betriebe das
für diese jeweils genehmigte Emissionsniveau voll ausschöpfen.
Schließlich kann bei der Bewertung der von dem Schiffsanleger
ausgehenden Gewerbegeräusche geltend gemacht werden, dass diese im
Wesentlichen nicht von den "landseitigen" Teile der Anlage ausgehen,
sondern vielmehr von den diesen anfahrenden Schiffen bzw. deren
Motorpumpen. Es besteht insoweit eine faktische "Ähnlichkeit" der
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Anlagengeräusche zu Verkehrsgeräuschen, die im Hinblick auf die
erhebliche Belastung des Plangebiets durch Geräusche aus der
Binnenschifffahrt den Schluss zulassen, dass innerhalb des geplanten
Mischgebiets an der "Rheinseite" der geplanten Bebauung die
Geräuschkulisse zur Nachtzeit nicht maßgeblich durch die dort zu
erwartenden Gewerbegeräusche geprägt sein wird (vgl. den Abschnitt j des
nachfolgenden Kapitels 2.6.3).
g) Die Plangeberin hat unter Würdigung der in dem Bebauungsplangebiet
potenziell bestehenden Gewerbelärmsituation ihre städtebauliche
Konzeption, nach der innerhalb des Mischgebiets ein wesentlicher Anteil
von Wohnnutzungen – gerade auch in dessen "rheinseitigen" Teilen –
angesiedelt werden soll, wiederholt sehr intensiv geprüft.
Im Ergebnis hält sie an ihrer Konzeption fest, den im Nahbereich des
Chemparks gelegenen nördlichen Teil des Plangebiets einschließlich des
Grundstücks Villa Müncker – auch im Hinblick auf die dort derzeit noch
vorhandene Nutzung – als Gewerbestandort zu entwickeln. Dabei soll der
"Nutzungsmix" so ausgerichtet werden, dass in dem Bereich solche
gewerbliche Nutzungen, die ihrerseits eine erhöhte Empfindlichkeit gegen
gewerbliche Lärmimmissionen aufweisen, in der Regel nicht angesiedelt
werden dürfen.
Für den südlich des Geländes der Villa Müncker gelegenen Teil des
Plangebiets geht die Stadt Krefeld davon aus, dass dessen frühere
Nutzung als Produktions- und Logistikstandort aufgrund seines Zuschnitts,
aber auch aufgrund seiner Nähe zu Wohnnutzungen auf der Westseite der
Hohenbudberger Straße bzw. der Dujardinstraße zukünftig nicht wieder
aufgenommen werden kann und soll. Auch für eine Nutzung des gesamten
Bereichs für "hochwertige", mit geringen Emissionen verbundene
gewerbliche Zwecke besteht nach den Kenntnissen der Stadt an dieser
Stelle bei weitem keine ausreichende Nachfrage.
Entsprechend hält die Stadt Krefeld an der Zielsetzung fest, dass der
südliche Teil des Plangebiets als gemischt genutztes Quartier entwickelt
werden soll, innerhalb dessen allerdings die Zulässigkeit von
Wohnnutzungen zur Vermeidung von Immissionskonflikten teilweise
eingeschränkt werden soll.
h) Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung der Entwicklung eines gemischt
genutzten Bereichs wird festgestellt, dass zum Schutz gegen die
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
maßgeblichen Gewerbelärmimmissionen im vorliegenden Fall nur sehr
eingeschränkt "aktive Schallschutzmaßnahmen" möglich sind, durch die
Geräuschemissionen "an der Quelle" eingedämmt werden.
Dies gilt insbesondere für die von dem Schiffsanleger ausgehenden
Geräusche, die wesentlich durch die Betriebsgeräusche dort liegender
Schiffe bzw. der Schiffspumpen bestimmt sind, aber auch für die von den
bestehenden Betrieben in der Umgebung des Plangebiets zulässigerweise
ausgehenden Geräusche. Bauliche Schallschutzmaßnahmen wie die
Errichtung einer Lärmschutzwand am Rheinufer verbieten sich
selbstredend bereits aus stadtgestalterischen Gründen, zumal die
potenziellen Schallimmissionen insbesondere die oberen höher gelegenen
Teile der geplanten Bebauung betreffen, die durch Schallschutzwände
nicht wirksam geschützt werden können. Ausschließlich bei dem
bestehenden Hochwasserpumpwerk kann durch Einbau einer
Gebäudelüftung entsprechend dem Stand der Technik vermieden werden,
dass im Hochwasserfall durch zum Lüften geöffnete Fenster hohe
Lärmemissionen durch die im Gebäude befindlichen Pumpen auf die
Umgebung einwirken. Die Untere Immissionsschutzbehörde stellt durch
ordnungsbehördliche Maßnahmen sicher, dass mit Inkrafttreten des
Bebauungsplanes der Betrieb des Hochwasserpumpwerks nur bei
geschlossenen Fenstern und Türen (Anpassung an den Stand der Technik)
erfolgen darf.
Allerdings kann im vorliegenden Fall für den nördlichen Teil des gemischt
genutzten Bereichs eine signifikante Minderung der Gewerbeschallvorbelastung erreicht werden, indem an der Südseite der Gartenanlage der
Villa Müncker eine geschlossene Bebauung errichtet wird, die ihrerseits als
Schallschutz für südlich an diese angrenzende Teile des Plangebiets dient.
Entsprechend beabsichtigt die Stadt Krefeld den Abschluss bindender
vertraglicher Regelungen mit den betreffenden Eigentümern bzw.
Investoren, nach denen innerhalb des nördlich des Zollhofs gelegenen
Teilen des Mischgebiets die Zulässigkeit von Wohnnutzungen an die
Verpflichtung geknüpft wird, im Anschluss an die Gartenanlage der Villa
Müncker eine schallabschirmende Bebauung zu errichten, innerhalb derer
keine Wohnungen errichtet werden dürfen.
Auf diese Weise können die Gewerbeschallbelastungen in wesentlichen
Teilen des Areals zwischen der geplanten Platzanlage und dem Zollhof
auch in der Nachtzeit auf ein unterhalb des IRW für Mischgebiete
gelegenen Wert reduziert werden. Dies betrifft allerdings nicht die
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
rheinseitigen "Köpfe" der geplanten Bebauung in diesem Gebiet, die auch
unter Zugrundelegung der Abschirmwirkung des Gebäuderiegels am Garten
der Villa Müncker von potenziellen Gewerbeschallbelastungen von über
50 dB(A) nachts betroffen sind.
Für den Südteil des für gemischte Nutzungen vorgesehenen Bereichs
einschließlich des Zollhofs bestehen entsprechende Minderungsmöglichkeiten nicht. Dort liegen allerdings von Vorneherein entsprechend
niedrigere Gewerbeschallimmissionen an.
i)
Da insoweit durch Schallschutzmaßnahmen "an der Quelle" oder
schallabschirmende Bauten an den Rändern des für gemischte Nutzungen
vorgesehenen Bereichs eine Minderung der potenziellen gewerblichen
Schallvorbelastungen nachts auf Werte von 45 dB(A) und weniger nicht für
alle geplanten Fassadenabschnitte erreicht werden kann, wurde seitens
der Stadt Krefeld geprüft, ob sowie unter welchen Bedingungen die
Ansiedlung schutzbedürftiger Nutzungen in den durch Überschreitungen
des jeweils maßgeblichen IRW der TA Lärm betroffenen Bereichen in
Verbindung mit geeigneten städtebaurechtlichen Regelungen zur
Vermeidung eines Entstehens von Immissionskonflikten zugelassen
werden kann.
Dabei ist die Stadt zu dem Ergebnis gelangt, dass sie grundsätzlich dann
berechtigt ist, eine entsprechende städtebauliche Konzeption zu verfolgen,
wenn diese einerseits in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und
andererseits durch deren Umsetzung z.B. durch die Beseitigung
bestehender städtebaulicher Missstände eine positive „Gesamtbilanz“
erreichen kann.
Um das Entstehen „neuer“ Nutzungskonflikte sowie nicht zuletzt
unbeabsichtigte Einschränkungen für bestehende Anlagen, von denen
ausgehend Emissionen auf das Entwicklungsgebiet einwirken, sicher
auszuschließen, muss durch geeignete Maßnahmen das Entstehen von mit
den geplanten Nutzungen innerhalb des Gebiets unverträglichen
Geräuschimmissionen auf jeden Fall ausgeschlossen werden. Dabei finden
auch die rechtsgrundsätzlichen Überlegungen Beachtung, die das BVerwG
in seinem vorstehend bereits angeführten Urteil vom 29. November 2012 –
4C 8/11 –, NVwZ 2013, S. 372, vorgegeben hat.
j)
Im vorliegenden Fall ist die "Rheinseite" des für die Entwicklung
gemischter Nutzungsstrukturen vorgesehenen Gebiets jedenfalls mit nach
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
den zu beachtenden rechtlichen Vorgaben zutreffend rechnerisch
ermittelten potenziellen Gewerbeschallbelastungen von über 50 dB(A)
nachts in dem Bereich nördlich des Zollhofareals sowie von bis zu
49 dB(A) in dem Bereich südlich davon belastet.
In dem Areal nördlich des Zollhofs sind Zeilenbauten geplant und werden
in dem vorliegenden Bebauungsplan zugelassen, die nur zu einem
geringen Anteil, nämlich an ihren östlichen "Köpfen", den insoweit
erhöhten potenziellen nächtlichen Gewerbelärmimmissionen ausgesetzt
sind. Der weit überwiegende Teil der Fassaden der in diesem Bereich
geplanten Gebäude – entsprechend einem Anteil von etwa 80 % – ist unter
Berücksichtigung der geplanten Verpflichtung zur Errichtung einer
schallabschirmenden Bebauung südlich der Gartenanlage der Villa
Müncker von gewerblichen Schallimmissionen zur Nachtzeit betroffen, die
sicher unterhalb eines Werts von 45 dB(A) liegen und in denen insoweit
das Auftreten gebietsunverträglicher Gewerbeschallimmissionen nicht zu
erwarten ist. In diesem Gebiet ist es grundsätzlich möglich, Wohnungen so
auszubilden, dass diese nur dann über nach Osten weisende
Fensteröffnungen von Aufenthaltsräumen verfügen, wenn diese durch
gebäudeseitige Schallschutzmaßnahmen so gegen gewerbliche Schallimmissionen abgeschirmt sind, dass der IRW von 45 dB(A) nachts
eingehalten werden kann.
Für die südlich des Zollhofensembles gelegenen Gebietsteile ist die
Errichtung eines nach Südwesten geöffneten Gebäudewinkels vorgesehen
und wird mittels der zu treffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes als
zulässig festgesetzt. Dieser ist im Norden und auf der östlichen Rheinseite
nahezu vollständig von potenziellen nächtlichen Gewerbeschallimmissionen in einem Umfang von ca. 47 bis 49 dB(A) belastet, was einem
Fassadenanteil von deutlich über 60 % entspricht. Innerhalb des
geplanten Baukörpers ist eine Ausrichtung von Wohnungen ausschließlich
auf die schallabgewandten Seiten allerdings nicht realisierungsfähig.
Außer zu erheblichen Belichtungs- und Belüftungsproblemen würde eine
solche Lösung nämlich auch dazu führen, dass die Wohnungen nicht auf
den Rhein ausgerichtet werden könnten, so dass ein für die Wohnqualität
an dem Standort wesentlicher, aller Voraussicht nach sogar entscheidender Lagevorteil ungenutzt bleiben würde.
Im Hinblick darauf, dass ein vollständiger Ausschluss von zu öffnenden
Fenstern an Wohngebäuden in wesentlichen Teilen der für eine
Mischnutzung vorgesehenen Gebiete deren tatsächliche Eignung für die
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Realisierung von Wohnungen erheblich beeinträchtigen würde, wurden
seitens der Stadt Krefeld Möglichkeiten einer anderweitigen Minderung der
durch die zu erwartenden Gewerbeschallbelastungen möglichen Nutzungskonflikte geprüft. Dabei wurde davon ausgegangen, dass innerhalb der für
eine gemischte Nutzung vorgesehenen Bereiche, in denen Wohnungen
überhaupt zugelassen werden sollen, die IRW der TA Lärm überschreitende
potenzielle Gewerbelärmbelastungen ausschließlich in der Nachtzeit
auftreten. Des Weiteren wurde davon ausgegangen, dass die nach der TA
Lärm geltenden reduzierten IRW für Gebiete, die zumindest teilweise auch
dem Wohnen dienen können, dazu dienen, Beeinträchtigungen des
Nachtschlafs durch gewerbliche Schallimmissionen zu vermeiden.
Insoweit wurde festgelegt, dass innerhalb der für eine gemischte Nutzung
vorgesehenen Bereiche auch Überschreitungen des IRW für Mischgebiete
von 45 dB(A) an Immissionsorten solcher Wohnräume als unschädlich
anzusehen sind, die in der Regel nicht der Nachtruhe ihrer Bewohnerinnen
und Bewohner dienen. Dies betrifft neben solchen Räumen in Wohnungen,
die (wie etwa Bäder) von Vorneherein nicht als Aufenthaltsräume im Sinne
der VDI-Richtlinie 2719 anzusehen sind, insbesondere Wohnzimmer,
Wohnküchen und Arbeitszimmer.
Ebenso wird die Anordnung von Balkonen und sonstigen Freianlagen in
ausschließlich zur Nachtzeit durch potenziell erhöhte Gewerbeschallbelastungen über 45 dB(A) betroffenen Bereichen seitens der Stadt Krefeld
als mit den Erfordernissen des Immissionsschutzes vereinbar erachtet.
Denn die Errichtung von Freianlagen, die dem Wohnen also dem Aufenthalt
dienende Außenwohnbereiche (private Gärten) zugeordnet werden, ist in
den besonders durch Gewerbelärm vorbelasteten Bereichen angesichts
des Zuschnittes der zu bebauenden Baufelder nicht zu erwarten.
Freianlagen in den betreffenden Bereichen werden allenfalls zur
Erschließung sowie zur Zierde der Anwesen dienend errichtet werden.
Solche müssen aber nach ständiger Rechtsprechung nicht gesondert vor
Verlärmung geschützt werden. Selbst wenn auf privaten Außenflächen
Einrichtungen, die dem Aufenthalt im Freien dienen, realisiert werden
sollen, müssen dafür ebenfalls keine besonderen Lärmschutzmaßnahmen
ergriffen werden, da diese tagsüber in der Regel nicht durch oberhalb des
IRW für Mischgebiete liegende Gewerbeschallimmissionen von über
65 dB(A) belastet sein werden.
Angesichts der insoweit gegebenen Eignung der überwiegenden Teile des
für gemischte Nutzungen vorgesehenen Bereichs für Wohnnutzungen
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
wurde durch die Stadt Krefeld festgelegt, dass unter bestimmten
Umständen innerhalb dieser Bereiche Aufenthaltsräume, die in der Regel
(auch) der Nachtruhe dienen, auch dann zulässig sein sollen, wenn diese
über zu öffnende Fenster verfügen, die nachts mit potenziellen
Gewerbeschallimmissionen von über 45 dB(A) belastet sind.
Die der Nachtruhe dienenden Räume sind in der VDI-Richtlinie 2719 als
„Schlafräume, Kinderzimmer und Wohn- und Schlafräume bei Ein-ZimmerWohnungen“ definiert.
k) Voraussetzung für die Zulassung solcher Räume in durch Gewerbeschall
vorbelasteten Bereichen ist, dass entweder fensterunabhängige
schallgedämmte Lüftungseinrichtungen vorzusehen sind oder durch eine
entsprechende geräuschdämmende Ausgestaltung dieser Fenster
sichergestellt ist, dass diese auch in einem zum Lüften geöffneten
Zustand, etwa „auf Kipp“ oder bei der Betätigung eines gesonderten
Lüftungsflügels, die auf diese auftreffenden Gewerbeschallimmissionen
soweit dämpfen, dass keine relevanten Störungen der Nachtruhe zu
erwarten sind.
Nach dem aktuellen Stand der Lärmforschung ist davon auszugehen, dass
in einem Raum, innerhalb dessen auftretende Gewerbelärmimmissionen
ein Maß von 30 dB(A) nachts nicht überschreiten, keine
gewerbelärmbedingten Störungen der Nachtruhe zu erwarten sind.
Entsprechend ist für solche Räume in der VDI-RL 2719 der als Innenpegel
einzuhaltende Mittelungspegel auf 30 dB(A) nachts festgelegt.
Aus dem Innenpegel von 30 dB(A) nachts in Verbindung mit dem Schalldämmmaß, das bei entsprechend ausgerüsteten teilgeöffneten Fenstern
mit einem noch vertretbaren technischen und wirtschaftlichen Aufwand
erreicht werden kann, lässt sich das Höchstmaß der potenziellen
nächtlichen gewerblichen Schallimmission ermitteln, die sich bei einem
Vorliegen hinreichender städtebaulicher Gründe – wie hier – unter der
Voraussetzung bei einer bauplanungsrechtlichen Sicherung der
Verwendung solcher „besonderer“ Schallschutzfenster als noch mit der
Anordnung von Schlafräumen vereinbar ansehen lassen.
Nach den der Stadt Krefeld bei der Erstellung dieses Bebauungsplans
vorliegenden Erkenntnissen ist bei einer angepassten Ausgestaltung der
Fassaden die Ausstattung von Schlafräumen mit Fenstern, die im (zum
Lüften) teilgeöffneten Zustand ein bewertetes Schalldämmmaß von
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
zwischen 15 und 23 dB(A) erreichen, in allen Bereichen der geplanten
gemischt genutzten Bereiche, innerhalb derer Wohnungen zugelassen
werden sollen, ein entsprechender Innenpegel zur Nachtzeit zu erreichen.
Aus der Verrechnung des insoweit anzusetzenden erhöhten Schalldämmmaßes entsprechend ausgestatteter Fensterelemente mit dem angestrebten Innenpegel von 30 dB(A) nachts in Schlafräumen ergibt sich, dass in
Bereichen, die mit potenziellen nächtlichen Gewerbeschallimmissionen
oberhalb des IRW von 45 dB(A), aber von nicht mehr als 53 dB(A) belastet
sind, die Anordnung von Schlafräumen städtebaurechtlich zugelassen
werden kann, soweit die Umsetzung der zugrunde gelegten Schallschutzmaßnahmen durch entsprechende Festsetzungen des Bebauungsplans
oder andere öffentlich-rechtliche Regelungen gesichert ist.
In Bereichen, die mit potenziellen nächtlichen Gewerbeschallimmissionen
von mehr als 53 dB(A) belastet sind, sind folglich in der Regel und mit
wirtschaftlich vertretbarem Aufwand keine Wohnungen und auch keine
anderen Räume, die der Nachtruhe dienen (Hotelzimmer etc.), umsetzbar.
l)
Für alle übrigen Räume in Wohnungen sowie Arbeitsräume ergeben sich
nach dem aktuellen Stand der Lärmforschung vergleichsweise geringere
Schutzerfordernisse. Für diese sind nicht Beeinträchtigungen der
Nachtruhe, sondern Kommunikationsstörungen durch Schallimmissionen
maßgeblich. Diese werden z.B. in der VDI-Richtlinie 2719 mit 40 dB(A) für
(sonstige) Wohnräume, die nicht dem Nachtschlaf dienen, angegeben und
auf der Grundlage der zur Tagzeit zu erwartenden potenziellen
Gewerbeschallbelastung ermittelt.
Dieser Innenpegel kann in den für gemischte Nutzungen vorgesehenen
Bereichen, in denen Wohnungen zugelassen werden sollen, im Plangebiet
in der Regel bereits durch „herkömmliche“ Fenster, die zum Lüften
geöffnet sind, ohne Weiteres erreicht werden, da innerhalb der
betreffenden Bereiche die IRW für Mischgebiete zur Tagzeit überall
eingehalten werden. Entsprechend sind in diesen Bereichen auch
Beschränkungen der Zulässigkeit von Balkonen und Terrassen zur
Lärmvorsorge nicht erforderlich.
In „ruhigen“ Büroräumen sind nach der VDI-Richtlinie 2719 tagsüber
Mittelungspegel (Innenpegel) von 40 dB(A) einzuhalten. Für
Großraumbüros und Läden gelten Mittelungspegel von 50 dB(A) als
verträglich. Potenziell können einzelne Teile der für eine gewerbliche
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Nutzung vorgesehenen Bereiche tagsüber mit Gewerbeschallimmissionen
von deutlich über 60 dB(A) belastet werden. Bei solchen Vorbelastungen
ist nicht generell sichergestellt, dass die Mittelungspegel der VDI-Richtlinie
2719 ohne die Vornahme besonderer Schallschutzmaßnahmen
eingehalten werden. Soweit in stark durch Gewerbelärm vorbelasteten
Bereichen etwa Büronutzungen angeordnet werden sollen, sind für diese
ebenfalls schalldämmende Fassaden bzw. Fenster vorzusehen, um das
Entstehen ungesunder Arbeitsverhältnisse sicher auszuschließen.
m) Die prognostisch im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung ermittelten
Gewerbeschallvorbelastungen wurden anhand von weiteren fachgutachterlichen Messungen überprüft. Dabei wurden auch bei einem laufenden
Verladebetrieb an dem Schiffsanleger für den südlichen Teil des
Plangebiets gewerbliche Immissionsanteile ermittelt, die zum Zeitpunkt
dieser Messungen deutlich niedriger lagen als die rechnerisch ermittelten
Belastungswerte. Durch die Messungen wird damit bestätigt, dass die
rechnerisch ermittelten potenziellen Gewerbeschallbelastungen solche
sind, die tatsächlich allenfalls im Ausnahmefall auftreten. Die regelmäßig
zu erwartenden Gewerbeschallimmissionen liegen in der Regel niedriger.
Die bei der Erstellung der Bebauungsplanfestsetzungen zugrunde gelegten
potenziellen Gewerbeschallimmissionen bilden damit zuverlässig den
ungünstigsten anzunehmenden Planungsfall ab.
n) Durch eine derartige Umsetzung der schalltechnischen Konzeption für den
vorliegenden Bebauungsplan sind keine rechtlich relevanten
Beeinträchtigungen zu erwarten – auch nicht für den Betrieb derjenigen
gewerblichen Anlagen, deren Emissionen potenziell einen erheblichen
Beitrag zur Überschreitung des IRW für die Nachtzeit von 45 dB(A) an
Fassaden von Wohngebäuden leisten können. Denn in den Bereichen, in
denen Wohnungen zulässig sind, liegen tagsüber keine Überschreitungen
des IRW für Mischgebiete von 60 dB(A) und in der Nachtzeit keine
gewerbliche Geräuschimmissionen von mehr als 53 dB(A) vor. Den zu
erwartenden Überschreitungen des IRW von 45 dB(A) nachts wird
vollumfänglich durch verpflichtend vorzunehmende Schallschutzmaßnahmen an Räumen, die dem Nachtschlaf dienen, Rechnung getragen.
Insoweit wird in den Bebauungsplanunterlagen der planerische Wille der
Stadt Krefeld dokumentiert und städtebaurechtlich gesichert, dass auch
nächtliche Gewerbegeräuschbelastungen, die in der Summe zwischen 45
und 53 dB(A) liegen, innerhalb des gesamten Mischgebiets MI an Fenstern
von Aufenthaltsräumen grundsätzlich vertretbar sind. Abwehransprüche
gegen die bei der Bebauungsplanung berücksichtigten gewerblichen
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Schallimmissionen aus Quellen inner- und außerhalb des Bebauungsplangebiets entstehen nicht.
o) Bei der städtebaulichen Bewertung der insoweit zusammengefassten
Gewerbeschallsituation innerhalb des Plangebiets ist unter Berücksichtigung der insoweit vorgesehenen Regelungen zur Begrenzung der auf
die zukünftige Wohnbebauung innerhalb des Plangebiets einwirkenden
Gewerbegeräusche sicher davon auszugehen, dass mit der Realisierung
der Planung nicht etwa eine städtebaulich ungeordnete "Gemengelage"
neu geschaffen wird.
Vielmehr wird im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung eine bestehende
Gemengelage insbesondere zwischen innerhalb des Plangebiets sowie
unmittelbar an dieses angrenzend vorhandenen gewerblichen Nutzungen
und vorhandenen Wohngebäuden westlich der Hohenbudberger Straße
sowie westlich der Kronenstraße positiv neu geordnet.
Im Sinne der materiell-rechtlichen Anforderungen des "Trennungsgrundsatzes" wird dabei insbesondere sichergestellt, dass die aus dem
Plangebiet ausgehenden und auf die benachbarten Wohngebäude
einwirkenden Gewerbegeräusche dauerhaft auf ein verträgliches Maß
beschränkt werden.
Ebenso wird gewährleistet, dass auch die innerhalb des Plangebiets
zukünftig neu entstehenden Wohnnutzungen nur in einem solchen Maß
durch gewerbliche Schallbelastungen aus diesem selbst sowie aus dessen
Umgebung betroffen sein können, dass für die bestehenden Betriebe
außerhalb des Plangebiets keine Einschränkungen der gewerblichen
Tätigkeit zu erwarten sind.
Ohne die Aufstellung des Bebauungsplans würde dagegen das Plangebiet
als unbeplanter Innenbereich gemäß § 34 BauGB verbleiben, innerhalb
dessen gewerbliche Nutzungen im Grundsatz als zulässig anzusehen
wären. Entsprechend wären von dem Areal ausgehend deutlich
ansteigende Gewerbelärmbelastungen insbesondere in dem Bereich
westlich der Kronenstraße zu erwarten, die ggf. zur Entstehung
bodenrechtlich relevanter Nutzungskonflikte führen könnten.
Vor diesem Hintergrund wird durch die Aufstellung des Bebauungsplans
eine deutliche Verbesserung der städtebaurechtlichen Gesamtsituation
erreicht.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
3.6.3 Konkrete städtebaurechtliche Bewältigung der innerhalb des Plangebiets
zu erwartenden Schallimmissionen aus Straßen- und Schienenverkehr
sowie aus der Binnenschifffahrt
a) Der Geltungsbereich des Bebauungsplans einschließlich des für gemischte
Nutzungen vorgesehenen Bereichs ist in einem beträchtlichen Umfang
auch durch Verkehrslärmimmissionen belastet. Diese stammen aus dem
Straßenverkehr (insbesondere auf der Hohenbudberger Straße), aus dem
Schienenverkehr auf der Eisenbahnstrecke Krefeld – Duisburg sowie auf
den mit dieser verbundenen weiteren Eisenbahnverkehrsanlagen und aus
der Binnenschifffahrt auf dem Rhein.
Wie bereits ausgeführt, ist im Bebauungsplan grundsätzlich eine umfassende Bewältigung der Erfordernisse des Immissionsschutzes durch geeignete öffentlich-rechtliche Regelungen zu leisten (vgl. Kap. IV 3.6.2, lit. d).
Dies bedeutet, dass die zum Schutz gegen Verkehrslärm innerhalb eines
Bebauungsplangebiets zu treffenden Maßnahmen danach zu bemessen
sind, was städtebaurechtlich erforderlich ist und insoweit der durch die
plangebende Gemeinde vorzunehmenden städtebaurechtlichen Gesamtabwägung unterliegen.
Im Bebauungsplan verbindlich zugrunde zu legende "Obergrenzen" dafür,
welche Verkehrslärmbelastungen in einem Gebiet hingenommen werden
müssen, das an bestehende Verkehrsanlagen "heranrückt", sind
gesetzlich nicht festgelegt und auch in der Rechtsprechung nicht
abschließend definiert. Allerdings wird in der Regel davon ausgegangen,
dass bei einem Überschreiten der sogenannten "Lärmsanierungswerte"
von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts ohne die Vornahme geeigneter
Schallschutzmaßnahmen keine gesunden Wohnverhältnisse mehr
gewährleistet sind.
b) Einen Anhaltspunkt dafür, welche Verkehrslärmimmissionen unterhalb der
Lärmsanierungswerte in einem Gebiet als verträglich eingestuft werden
können, ergibt sich zunächst aus den diesbezüglich in dem Beiblatt 1 der
DIN 18005 enthaltenen Orientierungswerten, von denen, wie ausgeführt, in
der Bauleitplanung unter Würdigung der Gesamtumstände nach oben oder
nach unten abgewichen werden kann, soweit dies städtebaulich
erforderlich ist. Diese belaufen sich für Verkehrslärmimmissionen in
Mischgebieten auf 60 dB(A) tags sowie 45 dB(A) nachts und liegen damit
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
um jeweils 5 dB höher als die jeweiligen Orientierungswerte für sonstige
Lärmimmissionen.
Ebenfalls zur Bewertung von Verkehrslärmimmissionen herangezogen wird
die Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV), in der die
bei Neubauten und wesentlichen Änderungen von Straßen und Schienenwegen einzuhaltenden Immissionsgrenzwerte festgehalten sind. Diese
belaufen sich in Mischgebieten auf 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts. Die
Grenzwerte der 16. BImSchV sind nur im Rahmen der für die betreffenden
Anlagen zu führenden Planverfahren verbindlich anzuwenden. Sie
entfalten damit keine Verbindlichkeit für Bebauungsplanverfahren.
Für Wasserstraßen liegen keine entsprechenden Regelungen vor.
Insgesamt ist festzustellen, dass insbesondere für die Nachtzeit die nach
den verschiedenen Regelwerken innerhalb von Baugebieten als noch
verträglich anzusehenden Verkehrslärmimmissionen höher liegen als die
für die betreffenden Gebiete geltenden Orientierungswerte bzw.
Immissionsrichtwerte für Gewerbelärm.
c) Entsprechend der insoweit gegebenen "Privilegierung" von Verkehrsgeräuschen sind die von Straßen und Eisenbahnen sowie Wasserstraßen
ausgehenden Immissionen im Bebauungsplanverfahren zu erfassen.
Allerdings entsteht gegen den Baulastträger solcher Verkehrsanlagen auch
bei Werten, die wesentlich oberhalb der Orientierungswerte der DIN 18005
liegen, in der Regel kein Anspruch auf die Durchführung von
Lärmminderungsmaßnahmen.
Lediglich bei bereits im Bestand vorhandenen Überschreitungen der Lärmsanierungswerte kann im Einzelfall ein öffentlich-rechtliches Erfordernis
zur Durchführung von geeigneten "quellseitigen" Lärmminderungsmaßnahmen – bei Straßenlärm etwa durch den Erlass von Tempolimits
oder den Einbau von sog. "Flüsterasphalt“ – entstehen.
Soweit Maßnahmen zur Reduzierung der von den Verkehrsanlagen
ausgehenden Immissionen ("aktive" Schallschutzmaßnahmen) nicht in
Frage kommen oder nicht ausreichend sind, ist – ggf. ergänzend – ein
ausreichender Schutz von an öffentliche Verkehrswege heranrückender
Wohnbebauung durch dem Vorhaben zuzuordnende "passive" Schutzmaßnahmen zu gewährleisten.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Vor diesem Hintergrund ist bei der Aufstellung des vorliegenden
Bebauungsplanes die Realisierung ausreichender Schutzmaßnahmen
gegen Verkehrslärm öffentlich-rechtlich – insbesondere durch geeignete
Bebauungsplanfestsetzungen – sicher zu stellen.
In Frage kommen diesbezüglich im Allgemeinen regelmäßig etwa eine
Verpflichtung zur Errichtung von Lärmschutzwänden oder einer
lärmabschirmenden Bebauung sowie (ggf. ergänzend dazu) die
Festsetzung von einzuhaltenden Mindestanforderungen an das
Schalldämmmaß von Verkehrslärm ausgesetzten Außenbauteilen
(=Fassaden). Bei sehr hohen Verkehrsgeräuschbelastungen ist auch sicher
zu stellen, dass bei geschlossenen Fenstern eine ausreichende Belüftung
der betreffenden Aufenthaltsräume sichergestellt ist.
d) Die innerhalb des Plangebiets zu erwartenden Geräusche insbesondere
aus dem Verkehr auf dem Straßenzug Hohenbudberger Straße –
Dujardinstraße, aber auch auf außerhalb des Plangebiets gelegenen
Hauptverkehrsstraßen, dem Betrieb der Eisenbahnanlagen im nördlichen
Vorfeld des Bahnhofs Uerdingen sowie dem Rhein sind im Rahmen der
vorgenommenen
Verkehrslärmuntersuchungen
nach
den
dafür
maßgeblichen Regelwerken ermittelt worden.
Bei der Ermittlung des Verkehrslärms von Schiffen wurden u.a. hilfsweise
auf die Binnenschiffsuntersuchungsordnung (BinSchUO) zurückgegriffen:
Gemäß Anhang II zu § 8.10 BinSchUO „Geräusche der Schiffe“ gilt, dass
das Fahrgeräusch der Schiffe in einem seitlichen Abstand von 25 m von
der Bordwand den Wert von 75 dB(A) nicht überschreiten darf. Bei
stillliegenden Schiffen, ausgenommen beim Umschlag, darf das Geräusch
in einem seitlichen Abstand von 25 m von der Bordwand den Wert von 65
dB(A) nicht überschreiten. "Bei den Vorgaben der BinSchUO handelt es
sich allerdings allein um Anforderungen an das Emissionsverhalten der
Schiffe, die bei der Zulassung eines Schiffs überprüft werden müssen.
Hieraus folgt, dass im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung der auf
das Plangebiet einwirkenden Emissionen die vorbeifahrenden Schiffe mit
einem maximalen Emissionsverhalten von 75 dB(A) bzw. stillliegende
Schiffe mit einem maximalen Emissionsverhalten von 65 dB(A)
Berücksichtigung finden müssen. Weitergehende Anforderungen ergeben
sich aus der BinSchUO dagegen nicht." (Rechtsanwaltskanzlei Hoppenberg
& Wolter 23.09.2013: 5).
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Es ergeben sich insoweit in mehreren Teilen des Plangebiets – teilweise
deutliche – Überschreitungen der bei der städtebaulichen Beurteilung
solcher Geräusche zunächst heranzuziehenden Orientierungswerte für
Verkehrslärmimmission entsprechend dem Beiblatt 1 der DIN 18005
"Schallschutz im Städtebau".
Die von den Straßen am westlichen "Rand" des Plangebiets sowie von den
außerhalb des Plangebiets gelegenen Eisenbahnanlagen ausgehenden
Verkehrslärmbelastungen betreffen insbesondere die nordwestlichen
Bereiche des Plangebiets. Dabei ergeben sich die höchsten
Überschreitungen in dem für eine gewerbliche Nutzung vorgesehenen
Nordteil des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes, wo im Nahbereich
der Hohenbudberger Straße die Orientierungswerte für Gewerbegebiete um
bis zu 7 dB(A) tags und bis zu 8 dB (A) nachts überschritten werden (vgl.
PEUTZ CONSULT, 2015b: S. 17).
Nach Süden hin nehmen die Überschreitungen entsprechend den
vergleichsweise geringeren Verkehrsmengen auf der Dujardinstraße
deutlich ab, liegen aber auch dort zur Nachtzeit teilweise noch oberhalb
des dort anzuwendenden – niedrigeren – Orientierungswerts für
Mischgebiete.
Die östlichen Bereiche des Plangebiets sind dagegen insbesondere von
Verkehrsgeräuschen aus der Binnenschifffahrt betroffen. Die insoweit
relevanten "Vorbeifahrten" wurden im Rahmen der Bebauungsplanung
ermittelt und unter Berücksichtigung eines Prognosezuschlags von 20 %
(zur Abdeckung zukünftiger Verkehrsmengenzunahmen) bei den
schalltechnischen Berechnungen zugrunde gelegt.
Für die dem Rhein zugewandt gelegenen Bereiche des Plangebiets ergeben
sich insoweit Überschreitungen des nach der DIN 18005 geltenden
Orientierungswerts für Verkehrslärm in Mischgebieten sowohl zur Tag- als
auch zur Nachtzeit um bis zu 3 dB(A) tags und bis zu 12 dB (A) nachts (vgl.
PEUTZ CONSULT, 2015b: Anlage 9).
e) Im Rahmen des Bebauungsplanaufstellungsverfahrens hat die Stadt
ermittelt, dass im vorliegenden Fall zum Schutz gegen die festgestellten
Verkehrslärmimmissionen aktive Schallschutzmaßnahmen "an den
Quellen" nicht zur Verfügung stehen.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Dies betrifft zunächst die Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße Rhein,
die den Hauptbeitrag zu den festgestellten Verkehrsgeräuschen auf der
"Rheinseite" des Bebauungsplangebiets leistet. Es bedarf keiner weiteren
Erläuterung, dass die Errichtung einer ausreichend dimensionierten
Schallschutzwand am Rheinufer ihrerseits mit erheblichen städtebaulichen
Störwirkungen verbunden wäre, die mit dem städtebaulichen Konzept
einer "Heranführung" der Uerdinger Innenstadt an den Rhein nicht
vereinbar wäre. Ebenso kommen andere "an der Quelle" ansetzende
Geräuschminderungsmaßnahmen, etwa Verkehrsbeschränkungen auf dem
Rhein, schon aufgrund fehlender Befugnisse der Stadt Krefeld auf keinen
Fall in Frage.
Auch im Hinblick auf den Straßenverkehrslärm, der die "Stadtseite" des
Plangebiets sowie insbesondere dessen nahe der Hohenbudberger Straße
gelegene Bereiche beeinflusst, stehen aktive Schutzmaßnahmen nicht zur
Verfügung. Zwar plant die Stadt Krefeld die Verlagerung des
Durchgangsverkehrs auf der Hohenbudberger Straße auf eine neu zu
schaffende Umgehungsstraße, die zu erheblichen Minderungen der
Verkehrslärmbelastung in den angrenzenden Gebieten führen könnte.
Deren Realisierung ist aber zurzeit noch nicht absehbar und jedenfalls für
den Zeitraum bis 2025 nicht zu erwarten. Möglichkeiten einer
"Lärmsanierung" der Hohenbudberger Straße oder der Errichtung von
straßenbegleitenden Lärmschutzanlagen bestehen schon aufgrund der
Erschließungsfunktion der Straße nicht.
Schließlich stehen auch keine "aktiven" Maßnahmen zur Minderung des
Schienenverkehrs zur Verfügung, der insbesondere in den nordwestlichen
Teilen des Plangebiets einen relevanten Beitrag zu den prognostizierten
Verkehrslärmimmissionen leistet. Dieser ist außer durch Durchfahrten
wesentlich durch den Betrieb der nordwestlich außerhalb des Plangebiets
gelegenen Abstellanlage für Züge bestimmt und kann durch die Stadt nicht
eingeschränkt werden. Die Errichtung von ausreichend wirksamen
Schallschutzwänden kommt ebenfalls nicht in Frage.
f)
Die festgestellten Verkehrslärmimmissionen sind nach der städtebaulichen Bewertung der Stadt grundsätzlich mit gewerblichen Nutzungen
vereinbar, soweit ausreichende Maßnahmen zum Schutz etwa von
Büroarbeitsplätzen oder von Übernachtungsräumen (z.B. in Hotelbetrieben) getroffen werden. Dies kann z.B. durch Bebauungsplanfestsetzungen
gewährleistet werden, nach denen in den nachzuweisenden verkehrslärmbelasteten Bereichen geeignete bauliche Schallschutzmaßnahmen wie z.B.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Schallschutzfenster, Doppelfassaden, verglaste Vorbauten, besondere
Fensterkonstruktionen oder in ihrer Wirkung vergleichbare Maßnahmen
insgesamt eine Schallpegeldifferenz erreicht wird, die es ermöglicht, dass
die oben genannten Innenraumpegel nicht überschritten werden.
Im südlichen Teil des Plangebiets, innerhalb dessen gemischte
Nutzungsstrukturen geplant sind, sollen Wohnnutzungen in den Teilen der
für eine Bebauung vorgesehenen Flächen an der Hohenbudberger Straße
ausgeschlossen werden, die stark durch Verkehrslärm belastet sind.
Für die "Rheinseite" des im Südteil des Plangebiets vorgesehenen
gemischt genutzten Bereichs ergeben sich insbesondere aufgrund des
intensiven Schiffsverkehrs zur Nachtzeit potenziell Einschränkungen der
Eignung für Wohnnutzungen.
Allerdings ist bei der abwägenden Beurteilung dieser potenziellen
Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, dass diese untrennbar mit der als
solchen höchst attraktiven Lage des Plangebiets am Rheinufer verbunden
sind. Ein Verzicht auf die geplante bauliche Entwicklung des "RheinBlick"Areals als Standort auch für Wohngebäude würde insoweit dazu führen,
dass für den Stadtbezirk Uerdingen zentrale Entwicklungschancen mit
erwarteten positiven Effekten für die gesamte Innenstadt nicht genutzt
werden könnten.
Vor diesem Hintergrund wird an der städtebaulichen Zielsetzung der
Entwicklung von Wohnungen mit "Rheinblick" im Südteil des Plangebiets
festgehalten.
g) Erfahrungen mit der Entwicklung von Wohnungsbauten an vergleichbaren
(Hafen-) Standorten – etwa in der „HafenCity in Hamburg – haben
allerdings gezeigt, dass Schifffahrtslärm auch in Bereichen wie dem
vorliegend zu betrachtenden subjektiv als beeinträchtigend empfunden
werden können.
Vor diesen Hintergrund sollen zur Sicherstellung der angestrebten
Hochwertigkeit der geplanten Entwicklung im Bebauungsplan
Vorsorgemaßnahmen gegen die Einwirkung von Schifffahrtsgeräuschen
getroffen werden, die deutlich über die Verpflichtung zum Einbau von
"Standard-Schallschutzfenstern" hinausgehen.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Die insoweit erforderlichen Regelungen werden als Maßnahmen zum
Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen in den Bebauungsplan
aufgenommen
h) Die Bemessung der vorzunehmenden schallschutztechnischen Ausrüstung
von Fenstern erfolgt dahingehend aus diesem Grund vorliegend nicht
anhand der sogenannten "Lärmpegelbereiche" der DIN 4109 "Schallschutz
im Hochbau". Maßgeblich hierfür ist, dass die Lärmpegelbereiche i. S. d.
DIN 4109 auf der Grundlage der Lärmimmissionen zur Tagzeit
(maßgeblicher Außenlärmpegel) festzulegen sind. Während der
maßgebliche Außenlärmpegel zumeist erheblich höher liegt als die
nächtlichen Lärmimmissionen, ist dies vorliegend nicht der Fall.
Insbesondere betreffend den Verkehrslärm aus der Binnenschifffahrt
unterscheiden sich die Tag- und die Nachtwerte nur um wenige dB. Den im
vorliegenden Fall zum Schutz der Nachtruhe zu gewährleistenden
besonderen Lärmschutzanforderungen kann daher durch Festsetzung von
auf Lärmpegelbereichen bezogene Maßnahmen nicht ausreichend
Rechnung getragen werden.
Im Hinblick darauf soll die Bemessung der zu erreichenden
Schalldämmung für Fenster sowohl im geöffneten als auch im
geschlossenen Zustand anhand von Festsetzungen erfolgen, nach denen
für gemäß der VDI-RL 2719 die Einhaltung jeweils gesondert festgelegter
Innenpegel nachzuweisen ist.
Dabei ist im Sinne der o.a. VDI-Richtlinie davon auszugehen, dass ein
ungestörter Nachtschlaf bei Innenpegeln von 30 d(A) und weniger, ein
ungestörter Aufenthalt im Übrigen bereits ab 40 dB(A) sicher gewährleistet
ist. Diese Innenpegel werden im vorliegenden Bebauungsplan bei der
Bemessung der vorzunehmenden Schallschutzmaßnahmen zugrunde
gelegt. Für die Aufenthaltsräume sind differenziert nach den Raumarten
nach VDI-Richtlinie 2719 (Schlafräume tags / nachts, Wohnräume
tagsüber, Kommunikations- und Arbeitsräume tagsüber) die dort
definierten Innenpegel einzuhalten.
Des Weiteren sollen die vorzunehmenden Schallschutzmaßnahmen
möglichst so bemessen werden, dass die genannten Zielwerte auch dann
erreicht werden, wenn die betreffenden Fenster zum Lüften geöffnet sind
(z. B. „auf Kipp“).
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
IV. Anlass und Ziele sowie
Erforderlichkeit der Planung
Durch die insoweit nach dem Nutzungszweck von Aufenthaltsräumen zu
differenzierenden Schallschutzmaßnahmen soll insbesondere auch dem
unterschiedlichen "Schutzbedürfnis" von Räumen, die regelmäßig dem
Schlafen dienen (einschließlich Kinderzimmer), und sonstigen
Aufenthaltsräumen Rechnung getragen werden.
Die Festsetzung des niedrigeren Innenpegels von 30 dB(A) ausschließlich
für Räume, die regelmäßig dem Nachtschlaf dienen, ist ausreichend. Denn
ein entsprechend erhöhtes Schutzbedürfnis besteht für andere
Aufenthaltsräume nicht. Im Hinblick auf die typischerweise relativ
größeren Fensterflächen von Räumen, die nicht der Nachtruhe dienen (wie
z.B. Wohnzimmern, Essbereichen, Wohnküchen), welche die Einhaltung
des niedrigeren "Nacht-Innenpegels" in der Regel nur mit sehr hohem
technischen Aufwand erreichbar sein lassen, wird davon abgesehen,
"vorsorglich" den geringeren Nachtwert auch für diese festzusetzen.
i)
Obwohl die skizzierten Festsetzungen städtebaurechtlich aus den in dem
Gebiet bestehenden Anforderungen zum Schutz vor Verkehrslärm hergeleitet sind, wird durch die damit verbundenen Auflagen praktisch auch ein
Beitrag zur Minderung der innerhalb des Gebiets wahrzunehmenden
Gewerbelärmimmissionen geleistet. Denn diese sind zu einem
wesentlichen Anteil durch die Betriebsgeräusche bei der Be- bzw.
Entladung von an dem Schiffsanleger nördlich des Plangebiets liegenden
Tankschiffen bestimmt. Die dabei schiffsseitig eingesetzten Motorpumpen
ähneln in ihrem Frequenzspektrum demjenigen der Dieselmotoren von
fahrenden Schiffen.
Es ist somit davon auszugehen, dass Maßnahmen, die zu einer wirksamen
Beschränkung des durch die Binnenschifffahrt verursachten Verkehrslärms
ausreichend sind, auch zu einer wirksamen Minderung der in Wohnungen
innerhalb des Plangebiets wahrzunehmenden Gewerbegeräuschimmissionen und damit zu einer weiteren Verbesserung der mit der Realisierung
der Planung zu erreichenden "städtebaulichen Gesamtbilanz" führen.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V.
Planinhalte
1.
Planungsrechtliche Festsetzungen
1.1
Art der baulichen Nutzung
V. Planinhalte
Ziel des Projektes RheinBlick ist es, die derzeit teilweise brach liegenden
Flächen zu revitalisieren, indem neben gewerblichen auch insbesondere
kulturelle Nutzungen sowie städtisches Wohnen angesiedelt werden. Zur
planungsrechtlichen Umsetzung der im vorstehenden Teil IV der
Bebauungsplanbegründung
näher
dargelegten
städtebaulichen
Entwicklungsziele werden für die Villa Müncker und die nördlich davon
gelegenen Teilflächen des Plangebiets gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in
Verbindung mit gemäß § 8 BauNVO Gewerbegebiete (GE 1 bis GE 4) sowie
für die südlich der Villa Müncker gelegenen Teilflächen des Plangebiets
gemäß § 6 BauNVO zwei gegliederte Mischgebiete (nämlich das
gegliederte Mischgebiet MI 1 mit den Teilflächen MI 1.1 und MI 1.2 sowie
das gegliederte Mischgebiet MI 2 mit den Teilflächen MI 2.3 und MI 2.4) als
Folgenutzung i. S. d. § 9 Abs. 1 BauGB festgesetzt. Darüber hinaus wird
eine Entsorgungsfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB mit der
Zweckbestimmung Hochwasserpumpwerk ausgewiesen.
Zur Überprüfung der grundsätzlichen Verträglichkeit des Projektes
RheinBlick mit im Bereich des Chempark gelegenen Betriebsbereichen, in
denen Gefahrstoffe im Sinne der Zwölften Verordnung zur Durchführung
des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(12. BImSchV,
StörfallVerordnung) Verwendung finden, diente ein Gutachten, welches auf der
Grundlage der Seveso-II-Richtlinie (96/82/EG) im Rahmen des
Bebauungsplanverfahrens Nr. 677/I bearbeitet wurde. Darin wurde eine
sogenannte „Achtungsgrenze“ ermittelt, innerhalb derer aus Gründen der
bauplanungsrechtlichen Vorsorge gegen Störfallfolgen Wohnungen sowie
bestimmte öffentlichkeitswirksame Nutzungen ausgeschlossen oder nur
unter Einschränkung möglich sind. Die „Achtungsgrenze“ verläuft ca.
100 m bis 150 m südlich der Werksgrenze des Chempark.
Um sicher zu stellen, dass sich durch die geplanten Festsetzungen keine
Restriktionen für die bestehenden planungsrechtlich zulässigen
Nutzungen in der Umgebung des Plangebietes ergeben, wurden darüber
hinaus auf vorliegende Gutachten zur Lärm-, Luftqualitäts- und
Geruchssituation sowie zu den Bodenbelastungen und zum Artenschutz
zurückgegriffen, welche im Rahmen des dieser Planung vorausgegangenen
Bebauungsplanes Nr. 677/I erstellt wurden. Das Luftgutachten wurde auf
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
den aktuellen Sachstand hin angepasst. Die Verkehrs- und
Gewerbelärmuntersuchung wurden im Hinblick auf die dahingehend
bestehenden Erfordernisse komplett neu erstellt. Auf der Grundlage der
Ergebnisse dieser Gutachten erfolgte die Bestimmung der Art der
baulichen
Nutzung
sowie
der
Zonierung
innerhalb
der
Baugebietskategorien.
Die Ergebnisse der durchgeführten Schalluntersuchungen und die daraus
abgeleiteten Schlussfolgerungen sind in die Entwicklung der dem
Bebauungsplan zugrundeliegenden städtebaulichen Gesamtkonzeption
eingeflossen. Diese sind ausführlich im Kapitel 3.6 des Teils IV dieser
Begründung erläutert. Sie stehen der Realisierung der städtebaulichen
Planung - wie dort ausführlich dargelegt - nicht entgegen.
Nutzungsbeschränkungen ergeben sich ferner aus dem Vorsorgeabstand,
der aus dem ADN 2015 abgeleitet wird. Soweit in einem geringfügigen Teil
des gegliederten Mischgebietes MI 1.1 Wohnen zulässig bleibt, ist das
städtebaulich unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des ADN
gerechtfertigt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II.5.4 dieser
Begründung Bezug genommen.
Die Luftschadstoffuntersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass maßgeblich
die Luftschadstoffimmissionen des Kraftfahrzeugverkehrs, des Schifffahrtsverkehrs sowie die umgebende Industrie die Luftschadstoffe
Feinstaub (PM10), Stickstoffdioxid (NO2) und Benzol (C6H6) bestimmen. Die
Luftschadstoffausbreitungsberechnungen erfolgten daher für die
Luftschadstoffe Feinstaub (PM10+ PM2,5), Stickstoffdioxid (NO2) und Benzol
(C6H6). Die ermittelten Immissionen wurden mit den Grenzwerten der
39. BImSchV verglichen und beurteilt (vgl. Peutz Consult 2013: 40/41).
Die für das Prognosejahr für den Planfall berechneten Überschreitungen
des Stickstoffdioxid-Jahresmittelwertes sowie der mehr als 35 Überschreitungsmaßnahmen für Feinstaub erfordern Verminderungsmaßnahmen. Die
Stadt Krefeld hat allerdings im Rahmen der Bauleitplanung keinen Einfluss
auf die Technologie der für die festgestellten Feinstaubbelastungen
maßgeblichen Binnenschiffe. Verminderungsmaßnahmen, wie z.B. LkwVerbote oder Umweltzonen, müssen deshalb auf der Ebene der
gesamtstädtischen Luftreinhalteplanung erfolgen und nicht auf der Ebene
der verbindlichen Bauleitplanung. Insofern steht die Festsetzung der
Gewerbegebiete sowie der Mischgebiete nicht in Konflikt mit den
Ergebnissen des Luftschadstoffgutachtens.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchseinwirkung werden in der
Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) in Abhängigkeit von verschiedenen
Baugebieten Immissionswerte als Maßstab für die höchstzulässige
Geruchsimmission festgelegt. Die in der Geruchsimmissions-Richtlinie
aufgeführten Immissionswerte für Wohn- und Mischgebiete (0,10) sowie
für Gewerbe- und Industriegebiete (0,15) werden vorliegend eingehalten.
Die Altlastenuntersuchung und Gefährdungsabschätzung ergab, dass
keine größeren Auffälligkeiten im Hinblick auf Schadstoffe im Boden
angetroffen
wurden.
Prüfwertüberschreitungen
nach
dem
Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) und der Altlastenverordnung, die
bei der jetzigen Nutzung einen sofortigen Handlungsbedarf erforderten,
liegen nicht vor. Die Festsetzung von Gewerbe- und insbesondere von
Mischgebieten steht zudem in keinem Konflikt zu den Ergebnissen der
Gefährdungsabschätzung. Die Tiefe des erforderlichen Bodenaushubs wird
in nachgelagerten Genehmigungsverfahren festgelegt.
Die Belange des Artenschutzes stehen der Entwicklung des Gebietes nicht
entgegen (vgl. Umweltbericht, Kap. VII).
Belange des Hochwasserschutzes stehen der Festsetzung der geplanten
Baugebiete ebenfalls nicht entgegen. Die Baugebietsflächen sind durch
bestehende erneuerungsbedürftige Hochwasserschutzanlagen (Ufermauern) gegen Hochwasserereignisse geschützt. Eingriffe in die
bestehenden Anlagen sind nicht erforderlich. Die Planung ist mit der im
Rahmen eines gesonderten Planfeststellungsverfahrens sowie ggf.
deichrechtlich vorzubereitenden Erneuerung der bestehenden Hochwasserschutzanlage vereinbar.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Umweltsituation im Plangebiet
sowie die daraus abzuleitenden fachgesetzlichen Bindungen für das
Plangebiet der Verwirklichung der Planung nicht entgegenstehen.
09.06.2015
75
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
1.1.1 Nähere Bestimmung der zulässigen Art der Nutzung in den Gewerbegebieten
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 4 BauNVO)
a) Gliederung nach Abstandserlass, Geräuschkontingentierung
Die im Rahmen der Störfalluntersuchung ermittelte „Achtungsgrenze“ für
Bereiche, innerhalb derer ein potenziell erhöhtes Gefährdungspotenzial
infolge von nicht auszuschließenden Störfällen in nahegelegenen Anlagen
besteht, in denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird, bietet zureichende
Möglichkeiten für die Vornahme der Abgrenzung zwischen dem GE 1 und
dem GE 2. Dabei wird sichergestellt, dass sämtliche „schutzbedürftige“
Nutzungen, zu denen grundsätzlich neben Wohnnutzungen auch sämtliche
gewerbliche Nutzungen mit einem hohen Publikumsaufkommen
(Ortsunkundige bzw. wechselnder Personenkreis) gezählt werden,
innerhalb des GE 1 ausgeschlossen sind.
Zum Schutz vor Nutzungen im Umfeld des Plangebietes erfolgen für die
festgesetzten Gewerbegebiete GE 1 bis GE 4 aufeinander abgestimmte
Regelungen zur Art der zulässigen Betriebe über die Festsetzung von
Emissionskontingenten nach DIN 45691 und einer ergänzenden
Festsetzung von nicht zulässigen Anlagen und Betrieben gemäß
Abstandsliste NRW von 2007. Durch diese wird sichergestellt, dass von
gewerblichen Anlagen innerhalb des Gesamtbereichs zulässigerweise
ausgehende Störwirkungen abgestuft eingeschränkt werden, und zwar
dergestalt, dass in dem Bebauungsplan für weiter nördlich gelegene und
damit von Wohnbereichen weiter entfernte GE-Gebiete vergleichsweise
geringe Beschränkungen für potenziell emittierende gewerbliche Anlagen
enthalten sind als für weiter südlich gelegene GE-Gebiete.
aa) Gliederung anhand des Abstandserlasses NRW
Die Gliederung erfolgt durch die Festsetzung der Gewerbegebiete GE 1 bis
GE 4 mit einem differenzierten Ausschluss von Betriebs- und Anlagenarten
der Abstandsklassen aus der Abstandsliste im Anhang zum Runderlass
des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz vom 6. Juni 2007 (MBl. NRW. 659). Der Erlass und seine
Anlagen beruhen auf einschlägigen Verwaltungsvorschriften des Bundes
und Landes sowie den einschlägigen VDI-Richtlinien und DIN-Normen.
Somit berücksichtigt der Erlass neben der Technischen Anleitung Lärm
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
u. a. auch die Vorgaben der Technischen Anleitung Luft und der
Geruchsimmissionsrichtlinie. In den Gewerbegebieten GE 1 und GE 2
werden die Abstandsklassen I-V, in dem Gewerbegebiet GE 3 die
Abstandsklassen I-VI und in dem Gewerbegebiet GE 4 die Abstandsklassen
I-VII ausgeschlossen. Dabei entsprechen Betriebe und Anlagen der Klasse I
einem Störgrad mit sehr hohen, solche der Klasse VII einem Störgrad mit
vergleichsweise geringen Abstandserfordernissen zu Wohngebieten.
Diese Festsetzungen erfolgen einerseits zum Schutz der außerhalb des
Geltungsbereiches des Bebauungsplanes gelegenen Nutzungen in den
festgesetzten Allgemeinen Wohngebieten (wie z. B. Am Zollhof 2,
Bruchstraße 70) sowie in dem gemischt genutzten Gebiet unmittelbar
westlich der Dujardinstraße (ehemalige Weinbrennerei, Hohenbudberger
Straße 10). Durch die Gliederung nach der Abstandsliste wird auch
sichergestellt, dass zwischen gewerblichen Nutzungen mit unterschiedlichen Störgraden innerhalb des Bebauungsplangebiets keine relevanten
wesentlichen wechselseitigen Beeinträchtigungen auftreten.
Durch die Festsetzung ergeben sich keine Einschränkungen der
Zulässigkeit des innerhalb des im GE 2 bestehenden metallverarbeitenden
Betriebs. Dieser unterfällt nach den der Stadt vorliegenden Erkenntnissen
im Bestand der Abstandsklasse VII (lfd. Nr. 205 der Abstandsliste).
Anlagen dieser Abstandsklasse sind nach den Festsetzungen des
Bebauungsplans in dem GE 2 ebenso wie in dem nördlich davon gelegenen
GE 1 im Grundsatz zulässig.
bb) Emissionskontingentierung gemäß DIN 45691
Durch die Gliederung anhand des Abstandserlasses NRW werden
grundlegend sämtliche Aspekte des Störgrades wie Schallemissionen,
Luftschadstoffemissionen, Gerüche, Verkehrsemissionen, etc. bei der
festgesetzten Zulässigkeit der Anlagenarten auf Bebauungsplanebene
berücksichtigt. Zur Steuerung der Zulässigkeit der Schallemissionen ist
darüber hinaus eine Emissionskontingentierung (Geräuschkontingentierung) gemäß DIN 45691 erforderlich. Die Erforderlichkeit dieser –
konkretisierenden – Festsetzung liegt in der vergleichsweise hohen
Vorbelastung des Plangebietes durch Lärmimmissionen begründet.
Insofern ergeben sich durch die Emissionskontingentierung gegenüber der
Gliederung anhand des Abstandserlasses NRW weitergehende Einschränkungen der zulässigen Vorhaben in Bezug auf die Schallemissionen.
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V. Planinhalte
Die festgesetzten Gewerbegebiete bzw. deren Teilflächen werden anhand
der von Betrieben zulässigerweise ausgehenden Geräuschemissionen
durch die Festsetzung von Emissionskontingenten gemäß DIN 45691
gegliedert.
Mittels der Emissionskontingentierung werden die vom Plangebiet
zukünftig zulässig ausgehenden Schallemissionen so begrenzt, dass unter
Berücksichtigung der vorhandenen Gewerbelärmvorbelastung durch
Betriebe, welche sich außerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans befinden, an allen maßgeblichen Immissionsorten die festgelegten
Immissionswerte eingehalten werden. Dabei werden die nächstgelegenen
schützenswerten Nutzungen außerhalb des Plangebietes sowie die
geplanten Mischgebiete im Geltungsbereich des Bebauungsplanes
berücksichtigt.
Für die Teilflächen des Bebauungsplangebietes wird eine Kontingentierung
der zulässigen Schallemissionen je Quadratmeter in Form einer Festlegung
der zulässigen Emissionskontingente (LEK) gemäß DIN 45691 durchgeführt.
Hierbei ist die Gewerbelärmvorbelastung berücksichtigt worden, die im
Wesentlichen durch den Chempark, den metallverarbeitenden Betrieb im
Plangebiet und das Hochwasserpumpwerk sowie kleinere gewerbliche
Nutzungen im direkten Umfeld bedingt ist. Für diese sind individuell
verschiedene flächenbezogene Schallleistungspegel in die Kontingentierung eingerechnet worden (vgl. Peutz Consult 2015 a: Kap. 4.2).
Die maßgeblichen Immissionsorte sind in der Übersicht Abb. 2 dargestellt.
Für die jeweiligen Immissionsorte wurden jeweils gesondert "Zielwerte"
zugrunde gelegt, die dem jeweils zugrunde zulegenden Anteil der
gewerblichen Gesamtlärmimmissionen entsprechen. Diese Zielwerte sind
jeweils so bemessen, dass sie um mindestens 6 dB(A) unterhalb des für
den jeweiligen Immissionsort geltenden Immissionsrichtwerts (IRW) im
Sinne der TA Lärm liegen.
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V. Planinhalte
Abb. 2: Immissionsorte
Peutz Consult 2015a: Anlage 3
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V. Planinhalte
Die Immissionsrichtwerte und die angestrebten anteiligen Immissionsrichtwerte sind in der nachfolgenden Tabelle 1 wiedergegeben.
Tab. 1: Immissionsrichtwerte / anteilige Immissionsrichtwerte
Peutz Consult 2015a: Kap. 4.1
Festsetzung von Emissionskontingenten
Für den zukünftig gewerblich nutzbaren Bereich wurden auf der Grundlage
der insoweit festgelegten anteiligen Immissionsrichtwerte Emissionskontingente ermittelt, die gemäß § 1 Abs. 4 und 9 BauNVO als Festsetzungen
zur Art der Nutzung in den Bebauungsplan aufgenommen werden.
Grundlage für die Festsetzungen bilden die Berechnungen der schalltechnischen Untersuchung zum Bebauungsplan (vgl. Peutz 2015a).
Mithilfe der Geräuschkontingentierung werden die vom Plangebiet
zukünftig ausgehenden Schallimmissionen, unter Einbeziehung der bereits
bestehenden Nutzungen, so begrenzt, dass unter Berücksichtigung der
vorhandenen Gewerbelärmvorbelastung durch Betriebe, welche sich
außerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans befinden, die
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V. Planinhalte
Anforderungen der TA Lärm hinsichtlich der zulässigen Schallimmissionen
eingehalten werden. Hierfür werden die nächstgelegenen schützenswerten
Nutzungen außerhalb des Plangebietes sowie die geplanten Mischgebiete
im Geltungsbereich des Bebauungsplanes berücksichtigt. Für die
Teilflächen des Bebauungsplangebietes wird eine Kontingentierung der
zulässigen Schallemissionen je Quadratmeter in Form einer Festlegung der
zulässigen Emissionskontingenten LEK gemäß DIN 45691 durchgeführt.
Es werden für die festgesetzten Gewerbegebiete des Bebauungsplangebietes folgende Emissionskontingente LEK gemäß DIN 45691 festgesetzt:
Tab. 2: Zulässige Emissionskontingente der Teilflächen
Teilflächen2
LEK [dB(A)/m2]
tags
nachts
6:00 Uhr bis 22:00 Uhr
22:00 Uhr bis 6:00 Uhr
TF 1
62
45
TF 2
65
50
TF 3
55
40
TF 4
60
45
TF 5
59
44
TF 6
44
30
Auszug aus: Peutz Consult 2015a: Kap. 4.1
Aufgrund des geringen Abstands zu schutzbedürftigen Nutzungen und der
Gewerbelärmvorbelastung sind typische flächenbezogene Schalleistungspegel für Gewerbegebiete von 60 dB(A)/m² nur im Tageszeitraum möglich.
Die festgesetzten Emissionskontingente sind so bemessen, dass ein
wesentlicher Anteil der aus den festgesetzten Gewerbegebieten insgesamt
herrührenden Immissionen, die auf die angrenzenden Bereiche mit
gemischten Nutzungen innerhalb und außerhalb des Plangebiets
auftreffen, derjenigen Teilfläche zugeordnet ist, innerhalb der sich ein
bestehender metallverarbeitender Betrieb befindet, der nach der
städtebaulichen Konzeption der Stadt auch zukünftig an seinem jetzigen
Standort zulässig sein soll.
Die Größe und das Ausmaß der Teilflächen sind dem Bebauungsplan (Beikarte 1: Emissionskontingent und Immissionsorte) zu entnehmen sowie der Abbildung 2.
2
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V. Planinhalte
Lediglich solche Emissionspotenziale, die nicht insoweit dem
Bestandsbetrieb zu dessen Sicherung zugeteilt sind, können den übrigen
Gewerbegebieten zugewiesen werden. Innerhalb dieser Flächen sollen
nach der planerischen Konzeption der Stadt zukünftig insbesondere
hochwertige gewerbliche Dienstleistungsnutzungen angesiedelt werden,
von denen nur geringe Geräuschemissionen ausgehen, so dass die
Festsetzung vergleichsweise geringer Emissionskontingente für den
überwiegenden Teil des Plangebiets den konkret gegebenen
städtebaulichen Erfordernissen entspricht.
Festsetzung von Zusatzkontingenten
Innerhalb der festgesetzten Gewerbegebiete existiert ein metallverarbeitender Betrieb. Aufgrund der vorhandenen tatsächlichen oder
planungsrechtlich zulässigen gewerblichen Lärmquellen und der
Vorbelastungssituation sowie der einzuhaltenden Immissionsrichtwerte an
den Immissionsorten der geplanten und vorhandenen Mischgebiete,
verbleiben durch die festgesetzten zulässigen Emissionskontingente nicht
mehr genug Kontingente, um dem Betrieb 70 dB(A) tags/nachts zuzuteilen.
Der Betrieb wird mit der Teilfläche 2 bei der Geräuschkontingentierung
überplant, welche einen 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts vorgibt (vgl.
Tab. 2). Im Verhältnis zu den weiteren 6 Teilflächen der Geräuschkontingentierung wird dem vorhandenen Betrieb das höchstmögliche
Kontingent zugewiesen, um den vorhandenen Betrieb durch den
Bebauungsplan möglichst nicht zu beeinträchtigen. Auch wenn dieses
Kontingent die geforderten 70 dB(A) tags/nachts nicht umfasst, wird der
Betrieb in seiner heutigen Ausprägung nicht eingeschränkt, da im
vorliegenden Bebauungsplan zusätzlich noch richtungsbezogene
Zusatzkontingente zugeteilt werden. Aufgrund der großen Entfernung zum
nächsten östlichen Immissionsort (IO 17, Allgemeines Wohngebiet,
Kegelstraße, Duisburg) können Richtung Rhein und Rheinwiesen auf
Duisburger Stadtgebiet entsprechend hohe, richtungsbezogene
Zusatzkontingente von 24 dB(A) tags und 25 dB(A) verteilt werden. Dieser
Ansatz trägt dem Umstand Rechnung, dass der Betrieb sich auch die
Möglichkeit von nächtlichen Außenarbeiten aufrechterhalten möchte.
Durch die abschirmende Wirkung der Bebauung entlang der
Hohenbudberger Straße wird der Schall vorwiegend Richtung Rhein
ausgestrahlt, so dass bei der Überarbeitung der Geräuschkontingentierung
die Belange des Betriebes ausreichend gewürdigt wurden.
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V. Planinhalte
Zur Nutzung der insoweit bestehenden zusätzlichen Emissionspotenziale
werden gemäß DIN 45691 die folgend benannten Zusatzkontingente
vergeben. Diese Zusatzkontingente sind für die jeweiligen Immissionsorte
auf die zulässigen Immissionskontingente aufzusummieren. Ausgehend
von der Lage der Immissionsorte, deren Gebietseinstufung und der
Lärmvorbelastung werden für die in der Geräuschkontingentierung
berücksichtigten Immissionsorte die nachfolgenden Zusatzkontingente
LEK,zus,j für den Tages- und Nachtzeitraum festgesetzt:
Tab. 3: Zusatzkontingente
Bezugspunkt X= 32336557
Y=5692479
Bezeichnung Richtungsvektor 1 Richtungsvektor 2
Bereich A
340 °
20 °
Bereich B
20 °
190 °
Bereich C
190 °
340 °
(vgl. Peutz Consult 2015a: Tabelle 5.2)
Zusatzkontingent
[dB/m2]
tags
nachts
0
1
24
25
0
0
b) Ausschlüsse und Einschränkungen von ansonsten in Gewerbegebieten
regelmäßig zulässigen Nutzungen
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 2 BauNVO)
Innerhalb der festgesetzten Gewerbegebiete sind Tankstellen im Hinblick
auf die angestrebte städtebauliche Aufwertung des Bereichs, den in der
Regel erhöhten Flächenbedarf von Tankstellen, das mit dem Betrieb von
Tankstellen in der Regel verbundene zusätzliche Verkehrsaufkommen
sowie Gewerbegeräusche ausgeschlossen.
Innerhalb des Achtungsbereichs des Chemieparks, der in der
Bebauungsplanzeichnung nachrichtlich dargestellt ist, sollen keine
schutzbedürftigen Nutzungen im Sinne der Seveso-II-Richtlinie angesiedelt
werden. Vor diesen Hintergrund sind innerhalb des Gewerbegebietes GE 1,
das innerhalb des Achtungsabstands gelegen ist, Anlagen für sportliche
Zwecke unzulässig. Diese Festsetzung wird getroffen, da nicht
sichergestellt werden kann, dass die häufig wechselnden Nutzer von
Anlagen für sportliche Zwecke im Störfalle hinreichend über das
notwendige Verhalten informiert werden können. Zudem werden
Sportanlagen u. ä. häufig von einer größeren Anzahl Personen frequentiert
und entfalten zum Teil auch eine gewisse öffentlichkeitswirksame
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
Nutzung, was im Störfall zu erheblichen Risiken führen könnte. Diese
sollen unbedingt vermieden werden.
Darüber hinaus können im GE 1 Gebäude für Büros und sonstige
Dienstleistungsnutzungen nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn
aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Anlage (etwa durch nach
Norden geschlossene Außenwände) erhöhte sicherheitstechnische
Anforderungen eingehalten werden.
Innerhalb des GE 2 dürfen ebenfalls Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude nur ausnahmsweise zugelassen werden. Die Zulassung ist
möglich, wenn Belange des Schutzes gegen gewerbliche Schallimmissionen nicht entgegenstehen. Diese Festsetzung wird insbesondere
aufgrund der Nähe des GE 2 zu bestehenden gewerblichen Nutzungen, von
denen starke Emissionen ausgehen, getroffen.
Innerhalb der Gebiete GE 2 und GE 3 können Anlagen für sportliche Zwecke
nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn Belange des Immissionsschutzes nicht entgegenstehen.
c) Ausschluss und Einschränkungen von ansonsten zulässigen Anlagenarten
in den Gewerbegebieten
(§ 1 Abs. 5 i. V. m. § 1 Abs. 9 und § 8 Abs. 2 BauNVO)
In den Gewerbegebieten GE 1, GE 2, GE 3 und GE 4 gelten folgende
Einschränkungen der Zulässigkeit bestimmter Arten gewerblicher Anlagen,
die ansonsten in Gewerbegebieten allgemein zulässig sind:
Einzelhandelsbetriebe sind ausgeschlossen, da zum einen die Versorgung
des Gebietes auch mit Gütern des täglichen Bedarfs durch das nahe
gelegene Uerdinger Stadtzentrum gegeben ist. Zum anderen soll durch
diese Festsetzung gewährleistet werden, dass das Uerdinger Stadtzentrum
keinen schädlichen Auswirkungen ausgesetzt und das Zentrenkonzept
bauleitplanerisch umgesetzt wird. Schließlich sollen aufgrund der
verkehrlich angespannten Situation – einschließlich Lärm- und Luftschadstoffvorbelastungen von der Hohenbudberger Straße – im Plangebiet keine
Nutzungen angesiedelt werden, die besonders verkehrsinduzierend sind.
Bordelle sowie bordellartige Betriebe werden in den Gewerbegebieten
ebenfalls nicht zugelassen. Dieser Ausschluss wird festgesetzt, da aus
städtebaulichen Gründen derartige Nutzungen in diesem Bereich nicht
verträglich sind und diese Nutzungen zu Störungen für das gesamte
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der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Umfeld führen könnten. Es soll ein attraktiver Gewerbestandort entstehen,
dessen Außenwirkung und Image durch solche Nutzungen nicht
geschädigt werden soll. Mögliche Konflikte mit der geplanten
hochwertigen Wohnnutzung innerhalb der südlich angrenzenden
Mischgebiete sowie ein „Trading-Down-Effekt“ sollen dadurch vermieden
werden. Die Gewerbegebiete sollen in erster Linie der Unterbringung von
Produktions- und Handwerksbetrieben vorbehalten sein. Bordelle und
bordellähnliche Einrichtungen sind innerhalb der Stadt Krefeld
planungsrechtlich auf anderen Flächen zulässig. Darüber hinaus würde bei
einer Besiedlung des Plangebietes durch diese Nutzungen gewerbliche
Baufläche in Anspruch genommen, so dass hieraus wiederum ein
zusätzlicher Flächenbedarf an anderer Stelle entstehen würde.
Darüber hinaus werden Betriebe des Beherbergungsgewerbes (Hotels,
Pensionen, Ferienwohnungen etc.) und sonstige Unterkünfte (z. B. Wohnheime), die ansonsten in Gewerbegebieten gemäß § 8 BauNVO regelmäßig
zulässig sind, in den Gewerbegebieten GE 1 bis GE 3 aufgrund der hohen
nächtlichen Vorbelastungen dieser Gebiete mit Gewerbelärm generell
ausgeschlossen. Darüber hinaus wird festgesetzt, dass diese Betriebsart
innerhalb des Gewerbegebiets GE 4 nur ausnahmsweise zugelassen
werden kann, wenn im Einzelfall durch die Vorlage von Gefahrenabwehrplänen die Vereinbarkeit mit den für die betreffenden Bereiche im
Hinblick auf deren Nähe zu einer Umschlagstelle für Gefahrstoffe
(Rheinanleger R 141) bestehenden erhöhten Sicherheitsanforderungen
nachgewiesen wird und sonstige Belange des Immissionsschutzes nicht
entgegen stehen.
d) Einschränkungen von ansonsten ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in
den Gewerbegebieten
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 8 Abs. 3 BauNVO)
In dem Gewerbegebiet GE 1 sind alle nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten – wie Wohnungen für Betriebsleiter,
Aufsichts- und Bereitschaftspersonen (betriebsbezogene Wohnungen),
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke
sowie Vergnügungsstätten – ausgeschlossen, da angesichts des erhöhten
Gefahrenpotentials im Bereich der Achtungsgrenze nach der
Störfallverordnung Nutzungen für den dauerhaften Aufenthalt über Nacht
und besonders öffentlichkeitswirksame Nutzungen nicht vertretbar sind.
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der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
In allen übrigen festgesetzten Gewerbegebieten sind gemäß § 1 Abs. 6
Nr. 1 BauNVO ebenfalls jegliche Vergnügungsstätten, die ansonsten
gemäß § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden können,
unzulässig: Dazu zählen u. a. Sexkinos, Peepshows, Stripteaseshows und
Eroscenter sowie gewerbsmäßige Spielhallen, Spielzentren und Räume, in
denen mehr als zwei Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten aufgestellt bzw.
andere Spiele mit Gewinnmöglichkeiten veranstaltet werden. Kerngebietstypische (Spielhallen/Wettbüros ≥ 100 m²) und nicht kerngebietstypische
Vergnügungsstätten (Spielhallen/Wettbüros ≤ 100 m²), Sexkinos, Swingerclubs, Nachtlokale mit erotischem Schwerpunkt werden in den Gewerbegebieten ausgeschlossen. Diese Festsetzung wird getroffen, um
schädigende Auswirkungen auf die geplanten Mischgebiete, insbesondere
auf hochwertige Wohnnutzungen im Projekt RheinBlick, zu vermeiden.
Darüber hinaus soll ausdrücklich vermieden werden, dass durch eine
mögliche Stigmatisierung des Gebietes seine städtebauliche Entwicklung
hinter der beabsichtigten Zielsetzung zurückbleibt. Damit werden in dem
vorliegenden Bebauungsplan die Vorgaben des am 31.10.2012 durch den
Rat der Stadt Krefeld beschlossenen Vergnügungsstättenkonzepts 2012
für Gewerbegebiete bauleitplanerisch umgesetzt.
Der Ausschluss betrifft auch Multiplexkinos, Diskotheken, Nachtlokale mit
kulturellem Schwerpunkt und Hochzeitssäle, die städtebaurechtlich
ebenfalls als Vergnügungsstätten einzustufen sind. Zwar können nach dem
Vergnügungsstättenkonzept der Stadt Krefeld solche Anlagen
ausnahmsweise gebietsverträglich sein. Im Sinne einer städtebaulichen
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen infolge von Störfällen und
der mit solchen Nutzungen verbundenen gewerblichen Schallimmissionen
insbesondere zur Nachtzeit sollen jedoch auch diese Einrichtungen
innerhalb der festgesetzten Gewerbegebiete nicht zulässig sein.
Wie in dem Gewerbegebiet GE 1 sind auch in den Gewerbegebieten GE 2
und GE 3 die gemäß § 8 Abs. 3 BauNVO ansonsten regelmäßig in Gewerbegebieten
als
Ausnahme
zulassungsfähigen
betriebsbezogenen
Wohnungen vollständig ausgeschlossen. In diesen Bereichen sind
angesichts der Vorbelastung mit Lärm-, Luft- und Geruchimmissionen
keine gesunden Wohnverhältnisse gegeben. Daher sind dort auch
betriebsbezogene Wohnungen nicht zu vertreten, obwohl sie keinen
rechtlichen Anspruch auf die Einhaltung der Werte für Wohngebiete haben.
Auch ist nicht zu erkennen, dass diese Gebiete in besonderer Weise für die
Entwicklung solcher gewerblicher Strukturen geeignet sind, die
typischerweise mit Wohnungen für Betriebsleiter oder Aufsichtspersonen
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der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
verbunden sind. Zudem wird im Hinblick auf das ADN (vgl. Kap. II.5.4)
berücksichtigt, dass in der Umgebung des Anlegers R 141 keine Nutzungen
zugelassen werden, bei denen Menschen regelmäßig nachts schlafen.
In dem Gewerbegebiet GE 4 sind trotz der dort vergleichsweise geringeren
Immissionsbelastungen Wohnungen für Betriebsleiter bis einschließlich
des 2. Obergeschosses3 (entspricht dem 3. Geschoss) ebenfalls
unzulässig. Dies ist außer zur Wahrung gesunder Wohnverhältnisse auch
dazu erforderlich, um eine "schleichende" Umwandlung des Gebiets in ein
faktisches Mischgebiet zu verhindern. Da das Rheinufer zukünftig
grundsätzlich für Wohnnutzungen attraktiv ist, bestünde ansonsten
möglicherweise die Gefahr, dass Wohnnutzungen insbesondere von ihrer
Anzahl her unverhältnismäßig in diesen Gebieten vertreten wären.
Oberhalb des 2. Obergeschosses können betriebsbezogene Wohnungen
ausnahmsweise zugelassen werden, wenn im Einzelfall der Nachweis
erbracht wird, dass an Fenstern von schutzbedürftigen Räumen i.S.d. DIN
4109 die gebietsbezogenen Grenzwerte der TA-Lärm 0,5 m vor der Mitte
des geöffneten Fensters eingehalten werden.
Für die Gewerbegebiete GE 2, GE 3 und GE 4 wird die gemäß § 8 Abs. 3
BauNVO als Ausnahme mögliche Zulassung von Anlagen für kirchliche,
kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke beibehalten. Die
Ausnahme gilt nur für solche Anlagen, welche nach der TA Lärm mit
gewerblichen Schallimmissionen belastet werden dürfen, unter der
Voraussetzung, dass der betreffende Wert an allen maßgeblichen
Immissionsorten eingehalten wird. Anlagen, die dem Aufenthalt von
Menschen in der Nachtzeit dienen, sollen wegen der innerhalb der
Gewerbegebiete bestehenden potenziellen Gewerbelärmimmissionen
nicht zugelassen werden. Zudem wird im Hinblick auf das ADN (vgl. Kap.
II.5.4) berücksichtigt, dass in der Umgebung des Anlegers R 141 keine
Nutzungen zugelassen werden, bei denen Menschen regelmäßig nachts
schlafen.
3
Als Obergeschoss werden alle Geschosse oberhalb des Erdgeschosses definiert.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
1.1.2 Nähere Bestimmung der zulässigen Art der Nutzung in den Mischgebieten
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 4 BauNVO)
Für den nach dem Flächennutzungsplan der Stadt Krefeld und dem diesem
Bebauungsplan zugrundeliegenden städtebaulichen Konzept für die
Entwicklung gemischter Nutzungsstrukturen vorgesehenen Bereich werden
die beiden gegliederten Mischgebiete MI 1 und MI 2 festgesetzt, die sich
insbesondere anhand der jeweils gegebenen räumlichen Bedingungen
sowie den dort zu erwartenden Vorbelastungen durch gewerbliche
Lärmimmissionen unterscheiden.
Das nördlich gelegene MI 1 umfasst den Bereich zwischen dem nördlich
angrenzenden Gewerbegebiet GE 4 (Areal Villa Müncker) und dem weiter
südlich gelegenen Zollhofareal, innerhalb dessen der denkmalgeschützte
Baubestand und die derzeit ausgeübte Nutzung durch Zollbehörden
dauerhaft beibehalten werden sollen.
Der an den Garten der Villa Müncker angrenzende Bereich ist potenziell
durch gewerbliche Lärmimmissionen von teilweise über 50 dB(A) zur
Nachtzeit belastet, wodurch sich Einschränkungen seiner Eignung als
Wohnstandort ergeben. Um die beabsichtigte Entwicklung einer
gemischten Nutzungsstruktur innerhalb des MI 1 dennoch zu ermöglichen,
ist vorgesehen, innerhalb des darin geplanten nördlichen Baufelds ein
schallabschirmendes Gebäude zu errichten, innerhalb dessen in den an
den Garten der Villa angrenzenden Teilen keine Wohnungen angeordnet
werden dürfen. Durch dieses Gebäude wird für den verbleibenden Teil des
MI 1 eine erhebliche Minderung der potenziellen gewerblichen Lärmimmissionen auf solche Werte erreicht, die mit der Ansiedlung von Wohnungen
in diesem Bereich vereinbar sind. Durch den Abschluss entsprechender
vertraglicher Regelungen in öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen mit dem
Investor, der dieses Gebiet bebauen möchte, wird die Umsetzung dieser
Maßnahme vor einer Aufnahme von Wohnnutzungen innerhalb des MI 1
sichergestellt (vgl. dazu auch Abschnitt VIII.3 dieser Begründung).
Dadurch, dass in Bereichen des nördlichen Teilgebietes MI 1.1 Wohnen
ausgeschlossen ist, werden die Mischgebiete vor Gefahren aufgrund von
Gefahrguttransporten auf Gewässern hinreichend geschützt. Soweit dort
Nicht-Wohnnutzungen ausgeübt werden, ist der Sicherheitsabstand nach
ADN nicht relevant. Denn der dahingehende Schutzzweck ist auf Wohnnutzungen beschränkt.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Das MI 2 ist von vergleichsweise geringeren potenziellen gewerblichen
Schallimmissionen belastet. Im westlichen Teil des Teilgebietes MI 2.3 im
Mischgebiet MI 2 sind Wohnnutzungen ausgeschlossen. Hierdurch werden
die vorhandene gewerbliche Nutzung des Zollhofes in diesem Teilgebiet
sowie der Genehmigungstatbestand des früheren Druckereibetriebes
westlich der Dujardinstraße berücksichtigt.
In der Gesamtbetrachtung der Mischgebiete MI 1 und MI 2 wird eine
gleichmäßige Verteilung von Wohnen und Gewerbebetriebe, die das
Wohnen nicht wesentlich stören, angestrebt. Aufgrund der
Rahmenbedingungen und anhand der Zielsetzung des Bebauungsplanes
werden die zulässigen Nutzungen in den Mischgebieten MI 1 und MI 2
anhand der Festsetzung der Teilgebiete MI 1.1 und MI 1.2 sowie MI 2.3 und
MI 2.4, in denen in unterschiedlicher Weise Einschränkungen der
Zulässigkeit von Wohnungen gelten, weiter ausdifferenziert.
Insgesamt wird so gesichert, dass sowohl innerhalb der beiden
Mischgebiete als auch in dem gesamten für gemischte Nutzungsstrukturen
vorgesehenen Bereich die Entwicklung eines annähernd ausgewogenen
Verhältnisses von Wohnen und Gewerbebetrieben sichergestellt ist.
a) Ausschluss von ansonsten zulässigen Nutzungen in den Mischgebieten
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 BauNVO)
In den beiden festgesetzten Mischgebieten sind von den nach § 6 Abs. 2
BauNVO zulässigen Nutzungsarten gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO folgende
Arten von Nutzungen unzulässig: Einzelhandelsbetriebe, Gartenbaubetriebe, Tankstellen, Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2
BauNVO.
Der Nutzungsausschluss für die Vergnügungsstätten wird getroffen, um
schädigende Auswirkungen auf die geplanten Mischgebiete, insbesondere
auf hochwertige Wohnnutzungen im Projekt RheinBlick, zu vermeiden.
Darüber hinaus soll ausdrücklich vermieden werden, dass durch eine
mögliche Stigmatisierung des Gebietes seine städtebauliche Entwicklung
hinter der beabsichtigten Zielsetzung zurückbleibt. Städtebauliche Ziele
sind auch der Schutz der angrenzenden Wohnnutzung sowie die
Vermeidung von Konflikten mit sonstigen nutzungsempfindlichen
Einrichtungen (vgl. Vergnügungsstättenkonzept der Stadt Krefeld, 2012:
80 f.).
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten wie Multiplexkinos,
Diskotheken, Nachtlokale mit kulturellem Schwerpunkt, Sexkinos,
Swingerclubs, Nachtlokale mit erotischem Schwerpunkt, nicht
kerngebietstypische Spielhallen und Wettbüros sowie Hochzeitssäle
können zwar nach dem Vergnügungsstättenkonzept der Stadt Krefeld
ausnahmsweise in den (sonstigen) Mischgebieten zugelassen werden.
Dabei ist allerdings im Einzelnen auf deren Gebietsverträglichkeit
abzustellen. In dem Vergnügungsstättenkonzept sind dazu zur
Überprüfung der Gebietsverträglichkeit Kriterien definiert, wie etwa die
Nähe zu sensiblen Nutzungen, Geschäftsstruktur / Leerstand, Nähe zu
stadtbildprägenden Gebäuden und Gewährleistung eines möglichen
störungsfreien Betriebs. Im Hinblick auf den erforderlichen Schutz der
vorhandenen
Wohnnutzungen, der vorhandenen
empfindlichen
Einrichtungen in der Nähe des Plangebietes, der geplanten hochwertigen
Nutzungen, der angestrebten Aufenthaltsqualität sowie aufgrund der
Verkehrssituation in der Umgebung des Plangebiets sollen die genannten
nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten-Arten daraus resultierend
nicht Bestandteil des Bebauungsplanes werden. Durch den Ausschluss der
nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten in den beiden Mischgebieten MI 1 und MI 2 werden damit die Vorgaben des Vergnügungsstättenkonzepts umgesetzt.
Zusätzlich sollen lärmintensive Nutzungen wie Tankstellen und
Einzelhandelsbetriebe innerhalb der Mischgebiete vermieden werden, um
keine weiteren Lärmbelastungen für Wohnnutzungen zu erzeugen. Die
Ansiedlung von Gartenbaubetrieben entspricht zudem nicht der
Zielsetzung, nach welcher hochwertige Nutzungen vorgesehen sind und
ein urbanes Quartier mit einer hohen baulichen Dichte entstehen soll.
Einer Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben stehen die hierfür
erforderlichen besonderen städtebaulichen Gründe entgegen, da im Falle
der Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben die Funktion des Gebietes
durch Verdrängung der gemischten Wohn- und Dienstleistungsnutzung in
Frage gestellt werden könnte. Darüber hinaus gibt es ausreichend andere
Flächen für die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben bzw. bereits
bestehende Einzelhandelsstandorte und zentrale Versorgungsbereiche im
Stadtgebiet – hier insbesondere auch das Stadtteilzentrum Uerdingen in
der unmittelbaren Nähe des Plangebiets (Fußgängerzone Uerdingen).
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
In dem vom Rat der Stadt Krefeld am 06.02.2014 beschlossenen
Zentrenkonzept werden drei Kategorien zentraler Versorgungsbereiche
(Hauptzentrum, Stadtteilzentren, Nahversorgungszentren) definiert. Damit
werden die Ziele verfolgt, die oberzentrale Funktion der Stadt zu stärken,
das städtische Gefüge zu ordnen und die gewachsenen Zentren zu
erhalten, die Lebensbedingungen in den Stadtteilen zu stärken und eine
ausreichende Nahversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Das
Zentrenkonzept ist gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB als städtebauliches
Entwicklungskonzept anzusehen und daher insbesondere bei der
Aufstellung von Bauleitplänen wie des vorliegenden Bebauungsplans zu
berücksichtigen.
Das Plangebiet befindet sich nicht in einem zentralen Versorgungsbereich.
Die Entwicklung von Einzelhandelsnutzungen innerhalb des Plangebietes
ist daher mit dem städtischen Zentrenkonzept nicht vereinbar. Sie könnte
u.U. zu einer Schwächung des Stadtteilzentrums Uerdingen (B 1Uerdingen) führen, woraus eine Einschränkung der wohnortnahen
Versorgung der Bevölkerung resultieren könnte. Eine Schwächung der
zentralen Versorgungsbereiche soll jedoch durch das Zentrenkonzept
gerade vermieden werden. Die Zentren sollen vielmehr durch eine
Konzentration der zukünftigen Entwicklung auf diese Bereiche gestärkt
werden, so dass die Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen im
Plangebiet dieses Bebauungsplanes diesem Ziel entgegensteht (vgl.
Zentrenkonzept 2014).
Aufgrund der Zielsetzungen des Zentrenkonzeptes zur Stärkung und
Entwicklung der vorhandenen zentralen Versorgungsbereiche und des
Ziels des Bebauungsplans ist es somit erforderlich und gerechtfertigt,
Einzelhandelsbetriebe aller Art im Plangebiet auszuschließen.
In einem Bereich des Teilgebiets MI 1.1 des Mischgebiets MI 1 werden
Wohnungen in allen Geschossen ausgeschlossen, da diese angesichts der
Vorbelastungen hinsichtlich Lärm- und Luftschadstoffimmissionen nicht
mit den Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse vereinbar wären.
Eine ähnliche Regelung wird für den westlichen Bereich des Teilgebiets
MI 2.3 des Mischgebiets MI 2 getroffen, der insbesondere durch gewerbliche Lärmbelastungen aus dem Betrieb des Zollhofareals sowie eines
westlich der Dujardinstraße gelegenen Gewerbebetriebes betroffen ist.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
b) Ausschluss von ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Mischgebieten
(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 3 BauNVO)
In den Mischgebieten sind von den gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten Vergnügungsstätten gemäß § 1 Abs. 6
Nr. 1 BauNVO unzulässig. Die Argumentation entspricht der für den
Nutzungsausschluss der allgemein zulässigen Vergnügungsstätten.
1.2
Maß der baulichen Nutzung
Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit den §§ 18 - 20 BauNVO
werden Festsetzungen hinsichtlich der Höhe baulicher Anlagen, der zulässigen Grundfläche, der Zahl der Vollgeschosse sowie der zulässigen
Geschoßfläche getroffen.
1.2.1 Höhe baulicher Anlagen
Gemäß § 18 BauNVO wird aus Gründen des Denkmalschutzes festgesetzt,
dass die Trauf- und Firsthöhe im Teilgebiet MI 2.3 der Trauf- und Firsthöhe
des nördlichen Nebengebäudes des Zollhofs, Am Zollhof 7, entsprechen
muss. Diese Festsetzung dient dazu, den denkmalgeschützten Zollhof
durch eine adäquate Neubebauung in Anlehnung an die ursprüngliche
Grundform zu ergänzen. Dachform und Gestaltung des Baukörpers sind im
Weiteren mit der zuständigen Denkmalbehörde abzustimmen.
Auch eine weitere Höhenfestsetzung erfolgt aus Gründen des Denkmalschutzes: An der Hohenbudberger Straße darf die mögliche Neubebauung
beiderseits der denkmalgeschützten Villa Müncker die Höhe ihres
Nebengebäudes nicht überschreiten. Dadurch wird der Hauptbau der Villa
Müncker im Eckbereich der Hohenbudberger Straße städtebaulich in den
Vordergrund gerückt.
Die Gebäudehöhe in den Teilgebieten MI 1.1 und MI 1.2 darf eine
maximale Gebäudehöhe von ca. 15,85 m über Geländeoberfläche nicht
überschreiten. Die Höhenfestsetzung leitet sich aufgrund der
Umgebungsbebauung sowie der denkmalgeschützten angrenzenden
ehemaligen Weinbrennerei ab. Das dadurch erzielbare Verhältnis zwischen
der Platzfläche und der Baukörperhöhe schafft einen für Uerdingen
verträglichen, angemessenen urbanen Charakter. Die zulässige
Gebäudeoberkante darf ausnahmsweise lediglich durch technische
Aufbauten um bis zu 2 m überschritten werden. Die Ausnahme gilt nur für
eine Gebäudegrundfläche von 20 %. Technische Aufbauten müssen
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
allseitig mindestens 2 m von der Gebäudeaußenwand zurücktreten. Unter
technischen Aufbauten werden z. B. Aufbauten für Aufzugsanlagen,
Antennen, Schornsteine, Anlagen zur Gebäudereinigung, Lüftungs- und
limaanlagen sowie Ansaug- und Abluftrohre verstanden.
Mit der Festsetzung der ausnahmsweise zulässigen Überschreitung der
Gebäudehöhe durch die o. g. notwendigen technischen Anlagen wird das
Ziel einer möglichst ruhig gestalteten Dachlandschaft unter Berücksichtigung der technischen Anforderungen verfolgt. Um dieses Ziel zu
erreichen, müssen diese Aufbauten in der Höhe (2 m) begrenzt werden und
von der Gebäudeaußenwand allseitig zurücktreten. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Aufbauten vom öffentlichen Raum (Dujardinstraße,
Untere Werft, öffentliche Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung Fußgängerbereich) nicht wahrgenommen werden können. Durch die
Begrenzung der Gebäudegrundfläche wird zudem gewährleistet, dass sich
die Ausnahme lediglich auf einen untergeordneten Teilbereich erstreckt
und somit der RheinBlick von der geplanten Lofts der ehemaligen
Weinbrennerei in einem zumutbaren Bereich eingeschränkt wird.
Die südliche Spitze des Teilgebiets MI 2.4 bildet eine städtebaulich
markante Landmarke, welche im VIII-geschossigen Bereich durch eine
maximale Gebäudeoberkante von 58,60 m über NHN (dies entspricht ca.
25,50 m über Geländeoberfläche) begrenzt wird. Neben dieser
Gebäudehöhenbegrenzung werden weitere Gebäudehöhen in Anlehnung
an die zulässigen Geschossigkeiten festgelegt. Hieraus ergibt sich für den
VII-geschossigen Bereich eine maximale Gebäudeoberkante von 55,60 m
über NHN (dies entspricht ca. 22,50 m über Geländeoberfläche), für den VIgeschossigen Bereich eine maximale Gebäudeoberkante von 53,30 m über
NHN (dies entspricht ca. 20,20 m über Geländeoberfläche), für den II-IVgeschossigen Bereich eine maximale Gebäudeoberkante von 46,60 m über
NHN (dies entspricht ca. 13,50 m über Geländeoberfläche) sowie für den III-geschossigen Bereich eine maximale Gebäudeoberkante von 39,90 m
über NHN (dies entspricht ca. 6,80 m über Geländeoberfläche). Zur
Akzentuierung der Ecksituation sind ausnahmsweise Aufbauten und
Treppenhäuser im I-II geschossigen Bereich des Teilgebiets MI 2.4
zulässig. Durch die festgesetzten gestaffelten Gebäudehöhen für das
Teilgebiet MI 2.4 fügt sich die Planung verträglich in den städtebaulichen
Kontext ein und schafft dabei gleichzeitig eine ablesbare städtebauliche
Zäsur.
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
1.2.2 Zulässige Grundfläche
(§ 19 BauNVO)
Über die Festsetzungen der maximalen Grundflächenzahl wird für jedes
Baugebiet die bauliche Dichte und Versiegelung der Grundstücke
gesteuert.
In den Gewerbegebieten liegt nach der städtebaulichen Konzeption der
Schwerpunkt der Bebauung im Bereich des Gewerbegebietes GE 2. In den
übrigen Gewerbegebieten ist ein Ausschöpfen der Obergrenzen nach § 17
BauNVO für die Grundflächenzahl aufgrund der übrigen Festsetzungen des
Bebauungsplanes nicht möglich.
Aufgrund der städtebaulichen Schlüssellagen des Teilgebietes MI 1.1 im
zentralen Bereich ist eine besondere bauliche Dichte und Versiegelung zur
Erzielung des urbanen Charakters städtebaulich geboten. Daher ist dort
eine Überschreitung der für Mischgebiete geltenden Obergrenzen von 0,6
städtebaulich erforderlich. Durch die im Teilgebiet MI 1.1 festgesetzte
Grundflächenzahl von 0,8 sind nur geringe Auswirkungen auf die
natürliche Bodenfunktion zu erwarten, da der Boden bereits in dem
Bereich durch die vorhandenen Altlasten beeinträchtigt und versiegelt ist.
Weiterhin würde die Einhaltung der Regel-Obergrenze zu einer
wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Nutzung führen, da
die öffentliche Platzfläche sowie die bauliche Fassung eine nahezu
vollständige Bodenversieglung erfordern.
Ein weiterer Aspekt liegt in dem städtebaulichen Wunsch, den
erforderlichen Stellplatznachweis durch die Unterbringung der Stellplätze
in Tiefgaragen zu erbringen und deren kostenintensive Realisierung zu
unterstützen. Einhergehend mit der zweckentsprechenden urbanen
verdichteten Grundstücksausnutzung und der Anrechnungsregel des § 19
Abs. 4 BauNVO von Tiefgaragen ergibt sich der Bedarf einer höheren
Grundflächenzahl. Durch die Festlegung der überbaubaren Flächen sowie
den öffentlichen Platz wird sichergestellt, dass nicht vollständig
oberirdisch bebaut wird, sondern lediglich die Bebauung einen der
Zielsetzung entsprechenden versiegelten urbanen Charakter erhält.
Auch wird die Nutzung von baulichen Anlagen unterhalb der
Geländeoberfläche (Tiefgaragen) in der südliche Spitze des Plangebietes
städtebaulich begrüßt. Im Bebauungsplan wird deshalb für das Teilgebiet
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
MI 2.4 festgesetzt, dass eine Überschreitung bis zu 1,0 für bauliche
Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche zulässig ist. Dadurch ist es nicht
erforderlich, eine Überschreitung der Grundflächenzahl für die oberirdischen baulichen Anlagen festzusetzen. Durch die flankierende
Festlegung der überbaubaren Flächen sowie die Einhaltung der Obergrenze
von 0,6 wird für das Teilgebiet MI 2.4 sichergestellt, dass die Grundfläche
oberirdisch nicht vollständig überbaut werden kann.
1.2.3 Zahl der Vollgeschosse und zulässige Geschossfläche
(§ 20 BauNVO)
Nach dem von der Stadt Krefeld verfolgten städtebaulichen Konzept, das
im Teil IV, Kap. 3.2 dieser Begründung dargelegt ist, wird der Schwerpunkt
des Bauvolumens und der Bruttogeschossflächen im Bereich des
Gewerbegebietes GE 2 und der Teilgebiete MI 1.1, MI 1.2 und MI 2.4
gelegt. Der urbane Charakter des Gebietes soll insbesondere an den
Eckpunkten und im zentralen Bereich des Projektes „RheinBlick“ erzielt
werden.
Die zulässige Zahl der Vollgeschosse wird überwiegend durch ein Mindestund ein Höchstmaß bestimmt. Hierdurch soll die Umsetzung der
städtebaulichen Grundkonzeption gesteuert werden. Dabei wurde auch
das Verhältnis der Baukubaturen und Bauvolumina zueinander unter
städtebaulichen Gesichtspunkten berücksichtigt.
Im nördlichen Bereich legt der städtebauliche Entwurf einen Schwerpunkt
im Gewerbegebiet GE 2. Hier soll durch die Festlegung einer Fünf- bis
Siebengeschossigkeit im Bereich von den heutigen Gewerbetürmen bis
zum Rhein zum einen die Überbauung der Unteren Werft angeregt werden.
Zum anderen soll dieses Gebäude einen städtebaulich-architektonischen
Akzent des Projektes „RheinBlick“ von der Rheinseite aus setzen. Um ein
architektonisch ausgewogenes Verhältnis zwischen dem aufliegenden
überkragenden Baukörper und seiner baulichen Basis zu erzielen, wird für
jene eine Drei- bis Viergeschossigkeit und für das Gewerbegebiet GE 2
insgesamt eine maximale Geschossflächenzahl von 3,0 festgesetzt. Die
Überschreitung der Obergrenzen für die Geschossflächenzahl nach der
BauNVO ist erforderlich, um ein Gewerbegebiet mit innerstädtischem
Charakter zu entwickeln. Die Bebauung im GE 2 soll auch an den zur
Umgebung wirkenden Gebäudeseiten mindestens dreigeschossig sein.
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
Der festgesetzte öffentliche Platz innerhalb des Teilgebiets MI 1.1 wird im
Norden von III-V Geschossen sowie im Süden von IV-V Geschossen baulich
gefasst und erhält damit einen urbanen Charakter. Nördlich an den Platz
schließt sich ein Querriegel an, der eine zwingende V-Geschossigkeit
aufweist. Neben den städtebaulichen Proportionen und der gewünschten
Dichte dient diese Geschossigkeit-Festsetzung auch dem Schallschutz. Der
westlich gelegene Riegel hat eine demgegenüber untergeordnete
städtebauliche Bedeutung und verfügt über III-IV Vollgeschosse.
Besonders ist auf die planungsrechtliche Möglichkeit eines auskragenden
Bauteils ab dem 2. Obergeschoss hinzuweisen, welches in Verbindung mit
den
auskragenden
Bauteilen
des
Teilgebietes
MI 1.2
eine
abwechslungsreiche Rheinfront entwickelt.
Im Teilgebiet MI 2.4 wird die zulässige Geschossigkeit gestaffelt, damit im
Übergangsbereich zwischen der Uerdinger Altstadt und dem Projektgebiet
trotz der verhältnismäßig kleinen Grundstücksfläche eine der Situation
angemessene Bebauung sowie eine „Landmarke“ am südlichen Beginn
des Projektes „RheinBlick“ gesetzt wird. Die Akzentuierung der Südspitze
erfolgt durch die Geschossigkeit und die 6 m tiefe Auskragung auf die
Untere Werft. Durch die Festsetzung der Geschossigkeitsspanne wird
sichergestellt, dass der bauliche Akzent in der Südspitze des
Projektgebietes mit mindestens IV-Vollgeschossen auch umgesetzt wird.
Im Teilgebiet MI 2.3 ist für die Nebengebäude des Zollhofs die Festsetzung
einer Geschossigkeit nicht erforderlich, da hier Trauf- und Firsthöhen
festgesetzt sind.
In den Teilgebieten MI 1.1, MI 1.2 und MI 2.4 wird über die Festsetzungen
zur Zahl der Vollgeschosse und zur Geschossflächenzahl die beabsichtigte
städtebauliche Dichte erzielt. Hierzu werden teilweise die Obergrenzen der
BauNVO überschritten. Eine Überschreitung der Obergrenzen ist gemäß
§ 17 Abs. 2 BauNVO aus städtebaulichen Gründen zulässig, wenn die
Überschreitung durch Umstände ausgeglichen ist oder durch Maßnahmen
ausgeglichen wird, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen
Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht
beeinträchtigt werden und nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt
vermieden werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die
städtebaulichen Gründe ergeben sich aus der Umsetzung des Resultats
des Wettbewerbsverfahrens und wegen der Verfolgung des Ziels, einen
urbanen dichten Charakter zu entwickeln. Die Schlüssellage sowie die
angestrebte Nutzung sollen durch ein erhöhtes Maß der baulichen Nutzung
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
umgesetzt werden. Die Unterschreitung der Obergrenzen in Teilen des
Plangebiets (Zollhof, Parkanlage Villa Müncker) schafft einen
architektonisch spannenden, abwechslungsreichen Stadtraum und wirkt
zudem ausgleichend. Die besondere Lage des Plangebietes am Rhein, die
Grünzäsur des Deichs sowie die Entfernung der angrenzenden Bebauung
tragen dazu bei, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse trotz der
erhöhten Dichtewerte nicht gefährdet sind. Die örtliche Situation sowie die
das Mischgebiet umgebenden planungsrechtlichen Bebauungsmöglichkeiten bedingen, dass der verdichtete Baubereich nicht durch weitere
verdichtete Bereiche überlagert wird. Die nach Landesbauordnung NRW
einzuhaltenden Mindestabstände werden durch die Festsetzungen des
Bebauungsplanes nicht unterschritten, wodurch ein weiteres Merkmal für
gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewährleistet wird. Hierdurch
werden auch eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung der
Wohnungen und Arbeitsstätten gesichert.
Aufgrund der vorgesehenen Art der baulichen Nutzung, den daraus
resultierenden
Umweltauswirkungen
sowie
den
festgesetzten
Minimierungsmaßnahmen (u.a. Anpflanzbindungen) werden durch die
Überschreitung der Obergrenzen keine schädlichen Umweltauswirkungen
ausgelöst. Näheres ist dem Umweltbericht zu entnehmen.
1.3
Bauweise / Überbaubare Grundstücksfläche / Stellung baulicher Anlagen
(§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in Verbindung mit § 23 BauNVO)
Festsetzungen zur Bauweise nach § 22 BauNVO sind nicht erforderlich.
Die bauleitplanerische Steuerung erfolgt u. a. durch Festsetzungen zu den
überbaubaren Grundstücksflächen, um der städtebaulichen Zielsetzung
für die jeweilige örtliche Situation gerecht werden zu können.
Die gesamte Baufront entlang der Hohenbudberger Straße bis zum nördlichen Endpunkt der Bebauung im Gewerbegebiet GE 1 ist mit Baulinien
bestimmt. Hierdurch wird eine durchgehende Bebauung erzielt, die das
historische Erscheinungsbild des Gebietes aufgreift. Die denkmalgeschützte Villa Müncker wird so ihrer städtebaulichen Funktion im Eckpunkt zweier Straßenfronten gerecht. Zudem soll die Bebauung direkt an
der Straße erfolgen, um auf der straßenabgewandten Seite möglichst viel
Spielraum für lärmunempfindlichere Nutzungen und Freiraumbereiche zu
erzielen. Diesem städtebaulichen Aspekt wurde Vorrang gegenüber der aus
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Bebauungsplan Nr. 772
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V. Planinhalte
lufthygienischer Sicht durchaus als sinnvoll erscheinenden Öffnung der
Bebauungsstruktur eingeräumt.
Der über das Untere Werft kragende Baukörper im Gewerbegebiet GE 2 wird
durch Baulinien flankiert, um seine Errichtung an dieser Stelle zu erzielen.
Dabei soll durch die Festsetzungen mindestens eine um 5 m überkragende
Bebauung für das 4. Obergeschoss erzielt werden. Die Baulinien werden
an dieser Stelle um vorgelagerte Baugrenzen und die textliche Festsetzung
Ziff. 2.3 ergänzt, nach der eine Überschreitung der rheinseitigen Baulinie in
dem überbaubaren Bereich bis zu den Baugrenzen ausnahmsweise
zugelassen werden kann, sofern der über das Untere Werft kragende
Baukörper über die gesamte Breite des Baufensters und über die Höhe
aller Geschosse mit einer rheinseitigen Front in einer Grundrisslinie
errichtet wird. Damit soll ermöglicht werden, dass die Überkragung auch
bis zu 10 m betragen, dies allerdings nur durch eine klare, moderne
Architekturform erzielt werden kann. Eine kubische Bauform ist an dieser
Stelle nötig, damit diese „Landmarke“ am nördlichen Ende des Projektes
„RheinBlick“ auch in der Gesamtrheinfront von Uerdingen bis einschließlich des Chemparks als solche wahrgenommen werden kann.
Unterhalb dieser Landmarke wird die Rheinseite der Bebauung im
Gewerbegebiet GE 2 in Teilen über Baulinien definiert, damit die Lage des
„Sockel“ dieses städtebaulichen Akzentes genau an der Rheinfront
postuliert wird. Um eine bauliche Verbindung zwischen dem Gewerbegebiet GE 2 und dem Gewerbegebiet GE 3 zu ermöglichen, wird ab dem 2.
Obergeschoss ein Brückenschlag durch eine überbaubare Fläche
ermöglicht. Durch das Freihalten des Erdgeschosses und des 1. Obergeschosses wird das Thema Sichtachsen und Blickbeziehungen zum Rhein
bzw. zur gegenüberliegenden Rheinwiese aufgegriffen.
Entlang der „Rheinseite“ des Projektes „RheinBlick“ zwischen dem
überkragenden Baukörper und dem Zollhof wird das städtebauliche
Konzept der unregelmäßigen, aber stetigen Folge von Kopfenden der
Querriegelbebauung durch Baugrenzen im Erdgeschoss entlang der
Mauerkante oberhalb des Unteren Werft bestimmt. Auch die auskragenden
Bauteile werden über Baugrenzen gefasst, um den architektonischen
Spielraum nicht unnötig einzuschränken.
An der nördlichen Seite des Teilgebietes MI 1.2 werden Baulinien
festgesetzt, damit eine einheitliche Front zum öffentlichen Platz errichtet
wird. Die Bauflucht ist in einem untergeordneten Teilbereich als Baugrenze
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
definiert, damit hier die Bebauung bei Bedarf an einer für die Proportionen
des Platzes vertretbaren Stelle unterbrochen werden kann.
Der denkmalgeschützte Zollhof im Teilgebiet MI 2.3 ist über Baulinien
definiert, um seine historische Kubatur und Lage zu erhalten. Der
Querriegel als südliche Ergänzung des Zollhofs wird nach Norden, Süden
und Westen durch Baulinien gefasst, um die Kubatur aufzugreifen. Die
östliche Begrenzung erfolgt durch eine Baugrenze, da aus Gründen des
Hochwasserschutzes eine über die bestehende Uferbefestigung
auskragende Bebauung nur oberhalb bestimmter Höhen realisiert werden
kann.
Die übrigen überbaubaren Flächen sind mittels Baugrenzen definiert. Auf
Basis der städtebaulichen Konzeption werden dabei ausdrücklich Spielräume für Bauherren und Architekten der zukünftigen Bebauung ermöglicht.
1.4
Nebenanlagen, Stellplätze, Garagen, Gemeinschaftsanlagen
(§ 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 22 BauGB i. V. m. den §§ 12 und 14 BauNVO)
1.4.1 Nebenanlagen
Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO sind außerhalb der
überbaubaren Flächen ausgeschlossen. Hierdurch soll – unterstützend zu
den Festsetzungen der Grundflächenzahlen (GRZ) - die Bodenversiegelung
außerhalb der überbaubaren Flächen begrenzt werden. Nebenanlagen
gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 BauNVO, die der Versorgung der Baugebiete mit
Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser
dienen, sind allerdings im Ausnahmefall zulässig. Dadurch ist keine
Festsetzung von Versorgungsflächen erforderlich.
Von den Nebenanlagen sind Einfriedungen ausgenommen. Dadurch ist es
möglich, dass die Grundstückseigentümer ihre Grundstücke einzäunen
können.
1.4.2 Stellplätze und Garagen
(§ 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 22 BauGB)
Aus der Landesbauordnung erwächst die Verpflichtung zur Herstellung von
Garagen und Stellplätzen. Der Bebauungsplan setzt daher gemäß
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
§ 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 22 BauGB Flächen fest, die aufgrund anderer
Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind.
In dem Teilgebiet MI 2.3 sind Tiefgaragen aus Denkmalschutzgründen nur
eingeschränkt realisierbar. Stellplätze sind aus städtebaulichen und
denkmalpflegerischen Gründen nur in den dafür vorgesehenen Flächen
zulässig. Garagen und Carports werden zum Schutz des Erscheinungsbilds
der Gesamtanlage ausgeschlossen.
Innerhalb des Teilgebiets MI 2.4 soll eine Tiefgarage eingerichtet werden.
In dem Bebauungsplan wird deshalb gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB eine
Fläche für Zu- und Ausfahrten zu Tiefgaragen festgesetzt. Tiefgaragen sind
in diesem Teilgebiet nur innerhalb der dafür vorgesehenen Flächen
zulässig.
Gemäß § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und Nr. 22 BauGB in Verbindung mit § 12 BauNVO
sind in den Teilgebieten MI 1.1, MI 1.2 und MI 2.4 Garagen, Carports und
Stellplätze aus städtebaulichen Gründen nur innerhalb der überbaubaren
Flächen zulässig.
In den Teilgebieten MI 1.1 und MI 1.2 sind Tiefgaragen generell zulässig.
Weiterhin wird die Zulässigkeit von öffentlichen und privaten Tiefgaragen
unter öffentlichen Verkehrsflächen mit der Zweckbestimmung
– Fußgängerbereich – planungsrechtlich sichergestellt.
In dem Gewerbegebiet GE 1 sind Stellplätze nur innerhalb der
überbaubaren Flächen und der für Stellplätze vorgesehene Flächen
zulässig. In den Gewerbegebieten sind Garagen nur innerhalb der
überbaubaren Flächen zulässig.
Durch diese Festsetzungen wird gewährleistet, dass der für die geplanten
Nutzungen erforderliche Stellplatzbedarf innerhalb des Plangebietes
gedeckt werden kann. Andererseits soll vermieden werden, dass die
Anlage von Garagen in den aus städtebaulichen Gründen definierten
Freiräumen erfolgt.
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der Stadt Krefeld
1.5
V. Planinhalte
Verkehr, Ver- und Entsorgung sowie Hochwasserschutz
1.5.1 Verkehrsflächen
(§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB)
Da das Verkehrsgutachten die Zu- und Einfahrtsmöglichkeiten im Bereich
der Hohenbudberger Straße als problematisch einstuft, werden dort gemäß
§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB Bereiche ohne Ein- und Ausfahrten festgelegt. Einund Ausfahrtsbereiche werden vor allem im Kreuzungsbereich zwischen
der Dujardinstraße und der Hohenbudberger Straße sowie im
Kurvenbereich der Hohenbudberger Straße vor der Villa Müncker
ausgeschlossen. Darüber hinaus dürfen Zu- und Einfahrten nur realisiert
werden, sofern durch sie die im Bebauungsplan textlich festgesetzten
Bäume innerhalb der Verkehrsflächen sowie Flächen für Bindungen bzw.
zum Anpflanzen von Bäumen nicht beeinträchtigt werden.
1.5.2 Entsorgungsflächen
(§ 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB)
Das im nördlichen Bereich befindliche Hochwasserpumpwerk grenzt an
das Gewerbegebiet GE 1 an.
Da bei Hochwasser das Abwasser nicht im freien Gefälle in den Rhein
abgeleitet werden kann, muss der Betrieb des Hochwasserpumpwerks
dauerhaft gewährleistet werden. Daher wird die Grundstücksfläche des
Pumpwerkes als Entsorgungsfläche mit der Zweckbestimmung
Hochwasserpumpwerk planungsrechtlich gesichert. Nach Süden wird die
Fläche geringfügig erweitert, um die nötige Rangier- und Abstellfläche vor
dem Tor des Hochwasserpumpwerkes sicherzustellen.
Von dem Betrieb des Pumpwerks können Schallemissionen ausgehen, die
auf die benachbarten Baugebiete einwirken. Zwar ist der Betrieb des
Hochwasserpumpwerks auf Notsituationen sowie auf Wartungszwecke
beschränkt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es im
Hochwasserfall zu Betriebszeiten von mehr als 10 Tagen oder Nächten
eines Kalenderjahres kommt, so dass die von dieser ausgehenden
Geräusche nicht als "seltene Ereignisse" im Sinne der im Kapitel 7.2 der
TA Lärm festgelegten Maßstäbe angesehen werden können. Die
Schallemissionen sind daher im Rahmen des Bebauungsplanaufstellungsverfahrens – etwa bei der Festlegung der aus dem Plangebiet zulässiger
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Weise ausgehenden bzw. auf dieses einwirkenden Gewerbegeräusche – in
ihrem vollen Umfang zu berücksichtigen. Beim Hochwasserpumpwerk wird
durch Einbau einer Gebäudelüftung entsprechend dem Stand der Technik
vermieden werden, dass im Hochwasserfall durch zum Lüften geöffnete
Fenster hohe Lärmemissionen durch die im Gebäude befindlichen Pumpen
auf die Umgebung einwirken.
Den insoweit zu berücksichtigenden Betriebsgeräuschen des Pumpwerks
ist in dem Bebauungsplan sowohl mittels der Festsetzung von Gewerbegebieten in den angrenzenden Bereichen als auch durch deren
Berücksichtigung bei der für die Gewerbegebiete festgesetzten Geräuschkontingentierung Rechnung getragen.
1.5.3 Geh-, Fahr- und Leitungsrechte
(§ 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB)
Eine Festsetzung von Flächen, die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu
belasten sind, ist nicht erforderlich. Die Leitungen liegen innerhalb der
öffentlichen Straßenflächen sowie innerhalb der Entsorgungsfläche.
Innerhalb dieser Flächen ist die Zugänglichkeit zu Wartungszwecken
gewährleistet. Die stillgelegte Ferngasleitung im Flurstück 369, Flur 37,
Gemarkung Uerdingen liegt innerhalb des Gewerbegebietes GE 1. Ein
Leitungsrecht ist nicht erforderlich, da der Betrieb der Leitung nicht
gewährleistet sein muss.
1.5.4 Flächen für Hochwasserschutzanlagen
(§ 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB)
Die Flächen südwestlich des Plangebietes werden durch einen Deich
geschützt. Die parallel zur Deichachse verlaufenden Deichschutzzonen
beinhalten jeweils unterschiedliche Genehmigungsvorbehalte. Hinsichtlich
der Deichschutzanlage ist insofern der Hochwasserschutz ausreichend
gewährleistet.
Innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans besteht eine der
Deichlinie vorgelagerte Hochwasserschutzanlage. In diese Anlage darf
nicht eingegriffen werden. Bei Bauarbeiten in dem Gebiet ist der Nachweis
zu führen, dass die vorhandene Hochwasserschutzanlage nicht beeinträchtigt wird.
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V. Planinhalte
In das Ablaufprofil des Hochwassers darf nicht eingegriffen werden. Bei
Baumaßnahmen innerhalb des Plangebiets sind zur Gewährleistung des
Hochwasserschutzes Gebäudeöffnungen unterhalb der Mindesthöhe des
Bemessungshochwassers (2004) plus 1 m Freibord in Abstimmung mit den
zuständigen Behörden gegen Hochwasser zu sichern. Der Wert des
einzuhaltenden Bemessungshochwasser (2004) plus 1 m Freibord
schwankt aufgrund der Geländetopographie zwischen 33,10 m über NHN
(im Süden) und 32,97 m über NHN (im Norden). Die Höhen sind in der
Gewässerbeikarte für die einzelnen Abschnitte eingetragen. Die
vorhandenen Geländehöhen im Plangebiet unterschreiten teilweise diese
Hochwasserbemessungshöhe. Durch die durch den vorliegenden
Bebauungsplan ausgewiesenen Gebiete werden die generellen
Anforderungen an den Hochwasserschutz nicht verändert. Die
Sicherstellung dessen muss zudem unabhängig von dem Bebauungsplan
gewährleistet sein, da auch der ohne der Bebauungsplan anzuwendende
§ 34 BauGB Baurechte begründet.
Der Bebauungsplan beinhaltet gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB eine Fläche
für Hochwasserschutzanlagen. Innerhalb der Fläche ist die bestehende
Hochwasserschutzanlage zu sichern bzw. nach Maßgabe der Fachgesetze
zu sanieren. Die Fläche ist auch für eine ggf. zukünftige (erneute)
Herstellung einer öffentlichen Hochwasserschutzanlage zu sichern. Nähere
Regelungen zur Ausgestaltung der geplanten Hochwasserschutzanlage
obliegen dem außerhalb des Bebauungsplanverfahrens durchzuführenden
Planfeststellungsverfahren zur Ertüchtigung der Hochwasserschutzanlage.
Das maßgebliche Bemessungshochwasser (2004) wird von der
zuständigen Behörde festgelegt und ist nicht als starre Größe zu
verstehen. Im Zusammenhang mit der Höhe über NHN ist zu beachten,
dass sich diese abhängig von der Geländehöhe innerhalb des Gebietes
verändern kann. Daher wird die Bemessungshöhe aus Gründen der
Rechtssicherheit und der fehlenden eindeutigen Bestimmtheit nicht
festgesetzt, sondern es wird auf sie klarstellend hingewiesen.
Unter der Voraussetzung, dass Baumaßnahmen im Plangebiet ohne
Beeinträchtigungen der vorhandenen Hochwasserschutzanlagen erfolgen
und keine Eingriffe in die vorhandenen Retentionsräume des Rheins
erfolgen, ist eine Realisierung des Bebauungsplans mit den zu wahrenden
Belangen des Hochwasserschutzes vereinbar.
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der Stadt Krefeld
1.6
V. Planinhalte
Natur und Landschaft
1.6.1 Bäume, Sträucher und sonstige Bepflanzungen
(§ 9 Abs. 1 Nrn. 25a und 25b BauGB)
Im Bereich der denkmalgeschützten Parkanlage der Villa Müncker werden
Flächen mit Bindungen für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und
sonstigen Bepflanzungen umgrenzt. Neben den denkmalrechtlichen und
naturschutzfachlichen Gründen besteht auch aus städtebaulicher Sicht ein
Interesse an der Erhaltung dieser Grünanlage.
Auf den privaten Grundstücksflächen im Gewerbegebiet GE 1 und den
Teilgebieten MI 2.3 und MI 2.4 werden gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 25a BauGB
Flächen für die Anpflanzung von Bäumen festgelegt, um an städtebaulich
relevanten Orten im Plangebiet eine räumliche Fassung und Gestaltung der
Freiflächen zu erzielen. Diese Flächen liegen am nördlichen und südlichen
Endpunkt der Baugebiete des Bebauungsplanes sowie im Bereich des
denkmalgeschützten Zollhofes.
Aus stadtgestalterischen Gründen erfolgen zudem Anpflanzfestsetzungen
für die öffentlichen Verkehrsflächen.
Weiterhin wird zur Durchgrünung des Gebietes festgesetzt, dass je
angefangene fünf Stellplätze ein heimischer Laubbaum (keine Obstbäume,
keine Kronensonderformen wie z. B. ein Kugelahorn) nach der
Vorschlagsliste zu pflanzen ist. Da für die Stellplatzflächen im Teilgebiet
MI 2.3 und im Gewerbegebiet GE 1 bereits Anpflanzbindungen vorgesehen
sind, sind diese Bereiche von der Festsetzung ausgenommen.
Die zukünftigen Bäume müssen zum Teil in engen Straßenbereichen
stehen, die ein erhöhtes Windaufkommen aufweisen. Die Verdunstung
wird steigen. In Bereichen der Tiefgaragenaussparungen sind bevorzugt
Tiefwurzler anzupflanzen. In dem Bebauungsplan wird daher darauf
hingewiesen, dass die Standorte und Pflegemaßnahmen der gemäß
§ 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB festgesetzten Anpflanzbindungen mit dem
Fachbereich Grünflächen der Stadt Krefeld abzustimmen sind.
In dem Bebauungsplan wird auf die erhöhten städtebaulichen Dichtewerte
reagiert, indem als Ausgleich zudem Dachbegrünungen bzw.
Tiefgaragenbegrünungen festgesetzt werden. Neben stadtgestalterischen
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104
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Aspekten bietet diese Maßnahme auch positive Synergieeffekte für das
Stadtklima und die Entwässerung.
Die Festsetzung variiert hinsichtlich der Baugebietsart und berücksichtigt
bei der anteiligen Festsetzung die Überschreitung der Obergrenzen für die
Grundflächenzahl und die örtlichen Gegebenheiten. Im Teilgebiet MI 2.3
wird aus Gründen des Denkmalschutzes und wegen des für
Dachbegrünungsmaßnahmen nur sehr begrenzt geeigneten Satteldachs
des geplanten Südflügels von der Festsetzung abgesehen.
Für die Dachflächen der Misch- und Gewerbegebiete setzt der
Bebauungsplan fest, dass grundstücksbezogen ein prozentualer Anteil der
Dachfläche extensiv mit Gräsern und Kräutern zu begrünen ist. Weiterhin
ist die Begrünung dauerhaft zu erhalten. Die Festsetzung wird von dem
Hinweis zum Umgang mit Dachbegrünungen flankiert.
Der relativ geringe Dachbegrünungsanteil von 15 % der Dachfläche im
Teilgebiet MI 2.4 wird durch die vollständige Begrünung der nicht
überbauten Anteile der geplanten Tiefgaragenfläche kompensiert. Der
Bebauungsplan setzt dazu fest, dass im Teilgebiet MI 2.4 die nicht
überbauten Decken von Tiefgaragen grundstücksbezogen intensiv zu
begrünen sind. Dies schließt eine Bepflanzung mit Sträuchern und ggf.
Bäumen ein, so dass eine städtebauliche wirksame und ökologische
bedeutsame Begründung entsteht. Die begrünten Tiefgaragen können als
Hausgärten bzw. private Grünanlagen genutzt werden.
Durch die Festsetzung zur Dachbegrünung ist einerseits sichergestellt,
dass die Dachbegrünung auch in nennenswerten Umfang erfolgt,
anderseits verbleiben ausreichend Flächen für z. B. Dachterrassen,
Dachaufbauten (z.B. für haustechnischen Anlagen) und Glasdächer. Zu
den Dachflächen zählen Dächer von Gebäuden inklusive der Flächen von
Dachterrassen und Aufbauten, Garagen und Carports sowie nicht
überbaute Decken von Tiefgaragen.
1.6.2 Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen
(§ 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB)
Turmfalke, Fledermausarten und Mauervegetationen wurden als
artenschutzrechtlich geschützte und planungsrelevante Arten im
Plangebiet angetroffen. Im Bebauungsplan werden daher differenzierte
Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Auswirkungen des
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105
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Bebauungsplanes auf Flora und Fauna getroffen. Die Maßnahmen werden
im Umweltbericht näher erläutert und begründet.
1.7
Einschränkung luftverunreinigender Stoffe
§ 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB
Für die Stadt Krefeld sind die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung
der Luftqualität im Luftreinhalteplan Krefeld vom 01.10.2010 festgelegt.
Hiernach ist die Maßnahme B 1/10 des Luftreinhalteplans Krefeld zu
berücksichtigen. Entsprechend den Anforderungen dieser Maßnahme
wurde eine Prüfung der lufthygienischen Belastungssituation im
Plangebiet vorgenommen. Diese Prüfung ergab, dass unmittelbar östlich
des Plangebietes eine Ventilationsbahn verläuft, die zur Durchlüftung der
Krefelder Innenstadt dient und im Landschaftsplan mit dem
Entwicklungsziel 1.5. (Ausstattung der Landschaft zur Verbesserung des
Klimas ) festgesetzt ist. Zudem entspricht dieses Entwicklungsziel einer
durch die Bauleitplanung umsetzbaren Vermeidungsmaßnahme, welches
auch das Luftschadstoffgutachten zur Reduzierung der Feinstaubbelastung
empfiehlt (vgl. Peutz Consult 2013: 38f.).
Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB wird daher zum Schutz vor schädlichen
Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes
(BImSchG) festgesetzt, dass feste und flüssige Brennstoffe bei der
Beheizung der Gebäude keine Verwendung finden dürfen. Die Umsetzung
der Festsetzung erfolgt durch bestimmte Nebenbestimmungen in der
Baugenehmigung.
Für das Plangebiet ist die Möglichkeit gegeben, die Fernwärmeleitung zu
erweitern und daran anzuschließen. Von der Festsetzung eines Anschlussund Benutzungszwangs gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB wird abgesehen,
da aus ihrem Vorhandensein keine Verpflichtung zur Nutzung der Anlagen
und Einrichtungen erwächst (vgl. Ernst / Zinkahn / Bielenberg: Kommentar
zum BauGB: § 9, Rn. 197c). Nach § 11 BauGB können und sollen
verbindliche Vereinbarungen über die Nutzung in Abstimmung mit den
Investoren getroffen werden. Diese Regelungsart kann weitreichender sein,
da sie sich auch auf den Gebäudebestand und nicht nur auf die
Neubebauung erstrecken kann.
Innerhalb der Dujardinstraße und der Hohenbudberger Straße verläuft
zudem eine Gasleitung, die zur Beheizung der Gebäude benutzt werden
kann.
09.06.2015
106
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
1.8
V. Planinhalte
Immissionsschutz
(§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB)
Die festgesetzten Baugebiete sind durch potenzielle Gewerbeschallimmissionen sowie durch Verkehrslärmimmissionen aus dem Straßen- und
Eisenbahnverkehr sowie aus der Binnenschifffahrt betroffen. Aufgrund der
Lärmvorbelastung des Plangebietes sind passive Schallschutzmaßnahmen
durchzuführen. Zu deren Sicherung werden auf der Grundlage der dazu
entwickelten städtebaulichen Konzeption, die in den Kapiteln IV und V
dieser Begründung dargelegt ist, in den Bebauungsplan zum Schutz gegen
schädliche Umweltauswirkungen die folgenden Regelungen aufgenommen:
Zur Kenntlichmachung von Gewerbelärmvorbelastungen sind der
Planzeichnung Beikarten beigefügt, der die bei der Bebauungsplanung
zugrunde gelegten potenziellen Belastungen durch gewerbliche Schallimmissionen aus bestehenden Anlagen innerhalb und außerhalb des
Plangebiets sowie aus den festgesetzten Gewerbegebieten zu entnehmen
sind. Des Weiteren sind der Planzeichnung Beikarten beigefügt, die das
Maß der innerhalb des Plangebiets potenziell bestehenden Verkehrslärmbelastungen veranschaulichen. Dabei sind für beide „Lärmarten“ sowohl
die zur Tagzeit als auch die nachts potenziell vorhandenen Immissionen
dargestellt.
Zum Schutz gegen verursachte Beeinträchtigungen der Gebietseignung für
das Wohnen werden nach dem diesem Bebauungsplan zugrunde
liegenden städtebaulichen Konzept innerhalb derjenigen Bereiche des
Teilgebiets MI 1.1 des festgesetzten Mischgebiets, die in besonderer
Weise von nächtlichen Straßenverkehrs-, Schienenverkehrs- und Gewerbelärmimmissionen betroffen sind, Wohnungen gänzlich ausgeschlossen. Im
Gegenzug dürfen in den verbleibenden Bereichen der festgesetzten
Mischgebiete, die nachts potenziell mit Gewerbeschallbelastungen von
mehr als 45 dB(A) und/oder mit entsprechenden Verkehrslärmbelastungen
belastet sind, Wohnungen sowie diesen zugeordnete Immissionsorte i.S.d.
TA Lärm angeordnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass gebäudeseitig
ausreichende
Maßnahmen
zum
Schutz
gegen
erhöhte
Geräuschimmissionen vorgenommen werden.
Fenster von Aufenthaltsräumen, die auch als Schlafräume dienen
(„Schlafräume, Kinderzimmer und Wohn- und Schlafräume bei Ein-ZimmerWohnungen“ i.S.d. VDI-Richtlinie 2719), sind dementsprechend in den
09.06.2015
107
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Mischgebieten nur dann zulässig, wenn, bezogen die Nachtwerte sowohl
für Gewerbeschall als auch für Verkehrslärm, ein Innenraumpegel von nicht
mehr als 30 dB(A) erreicht wird. Denn bei einer Einhaltung dieser Innenpegel ist davon auszugehen, dass Beeinträchtigungen der Nachtruhe
infolge von gewerblichen Schallimmissionen nicht zu erwarten sind. Zur
Sicherung einer ausreichenden Lüftung ist zu gewährleisten, dass die
entsprechenden Schalldämmmaße entweder auch dann erreicht werden,
wenn das Fenster – wie vielfach von Nutzern von Wohngebäuden
gewünscht – nachts zur Dauerlüftung geöffnet ist, oder alternativ dazu
eine ausreichende Raumbelüftung durch geeignete Anlagen sichergestellt
wird. Die Regelung ist auch auf Schlafräume in Anlagen, die nicht dem
Wohnen dienen, wie z.B. Betrieben des Beherbergungsgewerbes,
anzuwenden.
Fenster von Aufenthaltsräumen, die keine Arbeitsstätten sind und nicht als
Schlaf- oder Kinderzimmer dienen („(sonstige) Wohn- und Aufenthaltsräume“ i.S.d. VDI-Richtlinie 2719), sind zulässig, soweit den bestehenden
Gewerbeschall- und Verkehrslärmbelastungen durch gebäudeseitige
Schallschutzmaßnahmen dahingehend Rechnung getragen wird, dass
innerhalb der betreffenden Räume ein Mittelungspegel (Innenpegel) von
40 B(A) – bezogen auf den jeweiligen Tagwert – nicht überschritten wird.
Innerhalb der festgesetzten Baugebiete gilt darüber hinaus für
schutzbedürftige Arbeitsräume, dass diese ebenfalls mit Schallschutzeinrichtungen gegen Verkehrs- und/oder Gewerbelärmimmissionen
auszustatten sind. Dabei ist auf der Grundlage der jeweils in den Beikarten
dargestellten Immissionswerte (Tagzeit) für Unterrichtsräume, ruhebedürftige Einzelbüros, Büros für mehrere Personen, wissenschaftliche
Arbeitsräume, Bibliotheken, Konferenz- und Vortragsräume, Arztpraxen,
Operationsräume, Kirchen und Aulen entsprechend der VDI-Richtlinie 2719
ein Mittelungspegel (Innenpegel) von 40 dB(A) einzuhalten. Für Großraumbüros, Gaststätten, Läden und Schalterräume gilt ein demgegenüber
verringertes Schutzniveau von 50 dB(A). Für sonstige Arbeitsstätten, wie
etwa Produktionshallen, ist die Festsetzung nicht anzuwenden.
Die vorzunehmenden Maßnahmen sind dabei bezogen auf die in den
Beikarten dargestellten Immissionen nachzuweisen. Abweichungen von
den insoweit verbindlichen Immissionsansätzen sind nur dann
ausnahmsweise zulässig, wenn im Einzelfall belegt werden kann, dass die
bei der Bebauungsplanung zugrunde gelegten Emissionsansätze für
bestimmte Anlagen dauerhaft unterschritten werden.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Die zum Nachweis der einzuhaltenden Innenpegel vorzunehmenden
technischen Maßnahmen sind nicht Gegenstand der Festsetzungen. In
Frage kommen diesbezüglich neben einer entsprechenden Ausrüstung von
Fensterelementen beispielsweise eine lärmoptimierte Anordnung der
Fensteröffnungen, gebäudeseitige Vorkehrungen wie Loggien oder
Prallscheiben sowie nicht zuletzt schallabschirmende Wirkungen des
jeweils zu betrachtenden Gebäudes selbst.
Die festgesetzten Mittelungspegel sind für Verkehr- und für Gewerbelärm
jeweils gesondert nachzuweisen; eine „Addition“ der Lärmarten erfolgt
nicht. Ist zum Schutz gegen Verkehrslärm ein höheres Schalldämmmaß
erforderlich als zum Schutz gegen Gewerbelärm oder umgekehrt, ist
jeweils der höhere Wert einzuhalten.
Zum Schutz von Außenwohnbereichen gegen Gewerbelärm erfolgen keine
gesonderten Festsetzungen, da die Orientierungswerte der DIN 18005
sowie die Immissionsrichtwerte (IRW) für Mischgebiete in den Bereichen,
in denen Wohnungen zulässig sind, tagsüber eingehalten werden.
Die Festsetzungen sind erforderlich, um das Entstehen von Nutzungskonflikten infolge des Heranrückens schallsensibler (Wohn-)Nutzungen an
die in der Umgebung der festgesetzten Mischgebiete bereits vorhandenen
gewerblichen bzw. industriellen Anlagen sowie das Entstehen unverträglicher Gewerbeschallbelastungen an innerhalb der festgesetzten Gewerbegebebiete zulässigen Gebäuden für schutzbedürftige Arbeitsstätten
(insbesondere Büroräume) auszuschließen. In diesem Zusammenhang
wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die insoweit
gesicherten Schallschutzmaßnahmen potenzielle Gewerbelärmimmissionen auch über 45 dB(A) nachts mit der Festsetzung von Mischgebieten
innerhalb des Plangebiets sowie potenzielle Gewerbelärmimmissionen von
mehr als 65 dB(A) tags mit der Festsetzung von Gewerbegebieten als
vereinbar angesehen werden.
Dabei wird seitens der Stadt Krefeld ausdrücklich festgestellt, dass in den
geplanten Mischgebieten potenzielle Gewerbelärmimmissionen zwischen
45 dB(A) und 53 dB(A) nachts auch an Fenstern von dem Aufenthalt
dienenden Wohnräumen grundsätzlich vertretbar sind und in
entsprechend belasteten Bereichen durch eine Anordnung von
Schlafräumen an „schallabgewandten“ Gebäudeseiten und/oder andere
bauliche Maßnahmen immissionsseitig eine verstärkte Vorsorge gegen
09.06.2015
109
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Beeinträchtigungen der Nachtruhe durch gewerbliche Schallimmissionen
zu treffen ist.
Abwehransprüche zukünftiger Bewohner der festgesetzten Mischgebiete
sowie von Nutzern gewerblicher Anlagen innerhalb des Plangebiets gegen
die bei der Bebauungsplanaufstellung erfassten gewerblichen Lärmvorbelastungen werden damit ausgeschlossen.
Zur Erläuterung der Konzeption zur städtebaulichen Bewältigung der
Schallsituation im Plangebiet wird auf die ausführlichen Darlegungen in
den Kapiteln IV 3.6.2 und IV 3.6.3 dieser Begründung verwiesen.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass durch die tieffrequenten Geräuschimmissionen, die durch die Schiffe entstehen, die Schalldämmung der
Fassade auch in tiefere Frequenzen auszureichend zu dimensionieren sind
(vgl. Peutz Consult 2015b: 20ff.). Hierauf weist der Bebauungsplan hin.
2.
Landesrechtliche Festsetzungen
2.1
Festsetzungen nach § 86 Landesbauordnung – Werbeanlagensatzung
Im öffentlichen Raum sind Werbeanlagen in den letzten Jahren zunehmend
großformatiger, greller und damit auffälliger geworden. Verstärkt tritt dies
insbesondere in Gewerbe-, Industrie- und vergleichbaren Sondergebieten
auf. Es handelt sich dabei sowohl um Werbeanlagen an Gebäuden, als
auch um freistehende Werbeanlagen. Vor diesem Trend steht zu
befürchten, dass im Einzelfall bei der Errichtung von Werbeanlagen der
städtebauliche Maßstab gesprengt wird, da gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 33a
BauO NW im Allgemeinen eine Genehmigungsfreiheit für Werbeanlagen an
der Stätte der Leistung in festgesetzten Gewerbe-, und Industrie- und
vergleichbaren Sondergebieten gilt.
Die Stadt Krefeld hat daher im Jahr 2008 beschlossen, für das gesamte
Stadtgebiet Werbeanlagensatzungen zu erstellen. Die Umsetzung dieses
Beschlusses für das gesamte Stadtgebiet erfolgt abschnittsweise, sei es
durch eigenständige Werbeanlagensatzungen nach § 86 Abs. 1 BauO NRW
(bspw. Werbeanlagensatzung Nordwest von 2008) oder durch die
Aufnahme gestalterischer Festsetzungen auf Grundlage der Landesbauordnung im Rahmen von Bebauungsplanverfahren für Gewerbe-, Industrieund vergleichbare Sondergebiete.
09.06.2015
110
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
In Anlehnung an die am 11.07.2008 in Kraft getretene Werbeanlagensatzung Nordwest (Krefelder Ortsrecht Nr. 6.09) sind daher gestalterische
Festsetzungen für Werbeanlagen in den Bebauungsplan Nr. 772
aufgenommen worden. Ziel dieser gestalterischen Festsetzungen ist die
Wahrung eines visuell verträglichen Stadtbildes. Die Steuerung der Werbeanlagen ist insbesondere erforderlich, da das Plangebiet im Nahbereich
des historischen Ortskerns Uerdingen liegt. Zudem ist es von der
Rheinseite aus weithin einsehbar und bildet somit als Rheinfront eine
städtebauliche „Schauseite“ von Uerdingen und Krefeld.
Freistehende Werbepylone sollen in der Höhe nicht über die Gebäude
hinausragen. Die Höhenbeschränkung dieser Werbeeinrichtungen auf 8 m
bis 10 m über Fahrbahnoberkante der Hohenbudberger Straße und der
Dujardinstraße gründet sich auf der maßgebenden, maximal festgesetzten
Gebäudehöhe innerhalb des Geltungsbereiches des Plangebietes. Die
Höhenspanne leitet sich aus der variierenden Topographie des Plangebiets
ab, welche sich entlang des Bezugsrahmens verändert. Maßgeblich ist die
festgesetzte und eindeutig bestimmbare NHN-Angabe. Aufgrund der
geplanten hochwertigen Bebauung in direkter Rheinlage, den Denkmälern
innerhalb des Plangebiets (Hohenbudberger Straße 18, Am Zollhof 7)
sowie den Denkmälern in der näheren Umgebung des Plangebietes
(Hohenbudberger Straße Nr. 4-10) ist eine besondere Empfindlichkeit
gegenüber zusätzlichen visuellen Belastungen des Stadtbildes gegeben.
Auch der Schutz des Orts- und Landschaftsbildes begründet die
gestalterischen Vorgaben.
Für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 772 werden gemäß
§ 9 Abs. 4 BauGB i. V. m. § 86 BauO NRW Vorschriften zur Errichtung von
Werbeanlagen im Sinne des § 13 Abs. 1 BauO NRW festgesetzt.
2.2
Festsetzungen nach Landeswassergesetz
Aufgrund von § 51a Abs. 1 Landeswassergesetz NRW besteht eine grundsätzliche Pflicht zur Versickerung oder Verrieselung der Niederschlagswässer von Neubaugrundstücken, sofern dies ohne Beeinträchtigung des
Wohles der Allgemeinheit möglich ist. Niederschlagswasser, das aufgrund
einer genehmigten Kanalisationsnetzplanung gemischt mit Schmutzwasser
einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage zugeführt werden soll, ist
von dieser Verpflichtung ausgenommen. Daher ist eine Versickerung der
Niederschlagswässer im Bebauungsplangebiet nicht vorgeschrieben. Eine
Festsetzung ist nicht erforderlich.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
2.3
V. Planinhalte
Festsetzungen von Stellplatzregelungen nach BauO NRW
Aus dem § 51 BauO NW erwächst die Verpflichtung zur Herrichtung von
Stellplätzen bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen
Anlagen, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist.
Entsprechende Festsetzungen zu Stellplätzen und Garagen sind auf
Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB i. V. m. § 12 BauNVO getroffen
worden (vgl. Kap. V.1.4).
3.
Kennzeichnungen
3.1
Bauliche Vorkehrungen gegen Naturgewalten
Die ordnungsbehördliche Verordnung zum Schutz der Deiche und
sonstigen Hochwasserschutzanlagen an den Gewässern erster Ordnung im
Regierungsbezirk Düsseldorf (Deichschutzverordnung) bleibt von dem
Bebauungsplan 772 unberührt. Die Deichschutzzonen werden gemäß
§ 9 Abs. 5 Nr. 1 BauGB in der Beikarte mit wasserrechtlichen
Festsetzungen gekennzeichnet.
3.2
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet
sind
Die Grundstücke Hohenbudberger Straße 22 - 26 (ehemalige Margarineproduktion), Hohenbudberger Straße 12 - 20 (ehemalige Spedition) und
Am Zollhof 6 - 8 (ehemalige Spedition) sind als Altstandorte im Altlastenverdachtsflächen-Kataster registriert. Die Flächen werden entsprechend
gekennzeichnet. Bei Nutzungsänderungen oder baulichen Veränderungen
ist im Rahmen des erforderlichen Genehmigungsverfahrens eine DetailUntersuchung des Bodens und ggf. ein Sanierungskonzept erforderlich,
welche mit der Stadt Krefeld, Fachbereich Umwelt, abzustimmen sind.
Die Ergebnisse des Altlastengutachtens sind dem Umweltbericht zu
entnehmen.
4.
Nachrichtliche Übernahmen
4.1
Denkmäler nach Landesrecht
Die in die Denkmalliste der Stadt Krefeld eingetragenen Baudenkmale
werden nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen:
Zollhof mit Hauptgebäude und nördlichem Nebengebäude, Am
Zollhof 7;
Villa Müncker mit Haupt- und Nebengebäude sowie Gartenanlage,
Hohenbudberger Straße Nr. 18.
09.06.2015
112
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Eine Bezeichnung mit „D“ entsprechend der Planzeichenverordnung erfolgt
in der Planurkunde. Die Änderungen, Errichtungen oder Beseitigungen von
Gebäuden bzw. Anlagen in der näheren Umgebung von Baudenkmälern
sind im Sinne des § 9 DSchG NW erlaubnispflichtig.
4.2
Überschwemmungsgebiet
Gemäß § 9 Abs. 6a BauGB wird das Überschwemmungsgebiet im Sinne
des § 76 Wasserhaushaltsgesetzes im Bebauungsplan nachrichtlich
übernommen.
Die
nachrichtliche
Übernahme
sowie
weitere
wasserrechtliche Vorgaben werden aus Gründen der Übersichtlichkeit in
einer Beikarte dargestellt. Auf die Hochwasser-Risikogebiete im Sinne des
§ 73 Wasserhaushaltsgesetz wird hingewiesen.
4.3
Geltungsbereich der Hafenverordnung
Die festgesetzte öffentliche Verkehrsfläche entlang der Unteren Werft
sowie die Entsorgungsfläche – Pumpwerk- befinden sich im
Geltungsbereich der ordnungsbehördlichen Verordnung über die
Bestimmung der Bereiche der Häfen und Umschlaganlagen in der Stadt
Krefeld und das Verhalten in diesem Hafen – Hafenverordnung (HVO)
Krefeld – vom 20. April 2012. Die Hafenverordnung Krefeld wird
nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen. Die Anpassung der
Hafenverordnung erfolgte durch Bekanntmachung am 26.04.2012 im
Amtsblatt des Regierungsbezirks Düsseldorf.
4.4
Gleisanlage innerhalb der Unteren Werft
Im Plangebiet gibt es eine bahnrechtlich gewidmete Gleisanlage innerhalb
des Unteren Werft, welche nachrichtlich übernommen wird. Diese
Gleisanlage wurde bisher durch den Kran der Hafen Krefeld GmbH & Co. KG
genutzt. Da der Betrieb der Krananlage einschließlich des
Zulieferungsverkehrs durch die LKW’s aufgrund der Lärmausdehnung und
der Staubentwicklung mit den geplanten Festsetzungen des
Bebauungsplanes Nr. 772 nicht in Einklang zu bringen ist, wird mit dem
Betreiber des Krans (Rheinhafen Krefeld) vereinbart, dass die Nutzung nur
noch bis zum Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes Nr. 772 erfolgen
kann. Der Rheinhafen hat bereits in Vorgesprächen eine grundsätzliche
Bereitschaft zur Einstellung des Betriebs bei Inkrafttreten des
Bebauungsplanes signalisiert. Nähere Regelungen bleiben den noch
ausstehenden Vertragsverhandlungen vorbehalten. Aufgrund dieser
angestrebten vertraglichen Regelung werden mögliche Konflikte zwischen
der Krannutzung und der Ausweisung von Gewerbe- und Mischgebieten
09.06.2015
113
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
gelöst. Nach der Stilllegung der Krananlage ist auch eine Freistellung der
Gleisanlage innerhalb der Unteren Werft vorgesehen.
Da die Gleisanlage allseitig von Verkehrsflächen umschlossen ist und die
langfristig forcierte Nutzung dem nicht widerspricht, muss der
Bebauungsplan auch keine Aussagen zu einer Folgenutzung machen. Der
Fachplanungsvorbehalt hinsichtlich der Entbehrlichkeitsprüfung und
Freistellung der Bahnanlage bleibt vom Bebauungsplan unberührt. Die
Gleisanlage wird nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen.
5.
Hinweise
Die nachfolgend aufgeführten Hinweise basieren auf landesrechtlichen
Vorgaben, ortsrechtlichen Bestimmungen (Satzungen) oder sonstigen
Bestimmungen. Sie weisen einen informativen, klarstellenden Charakter
auf und geben teilweise Handlungsanweisungen. Aus Gründen der
besseren Lesbarkeit und um Fehler bei der Auslegung zu vermeiden,
werden
diese
Hinweise
aufgenommen.
Da
ausstehende
Abstimmungserfordernisse z.B. zum Umfang eines Sanierungskonzeptes
oder zu Anpflanzdetails von Bäumen nicht rechtssicher festgesetzt werden
können, erfolgt ein Hinweis ergänzend zu der Festsetzung.
5.1
Kampfmittelrückstände
Sofern Kampfmittel gefunden werden, sind die Bauarbeiten sofort
einzustellen. In diesem Fall ist die Stadt Krefeld - Fachbereich Feuerwehr
und Zivilschutz -, der Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung
Düsseldorf oder die nächstgelegene Polizeidienststelle unverzüglich zu
verständigen.
5.2
Bodenfunde
Im Plangebiet ist das Vorhandensein bedeutender Bodenfunde nicht
auszuschließen. Vor der Durchführung von Erdarbeiten ist deshalb die
Untere Denkmalbehörde (Stadt Krefeld - Stadtarchäologie) rechtzeitig zu
informieren. Erdeingriffe sollen unter Begleitung der Stadtarchäologie
Krefeld erfolgen. Beim Auftreten archäologischer Bodenfunde ist die Stadt
Krefeld als untere Denkmalbehörde oder das zuständige Rheinische Amt
für Bodendenkmalpflege unverzüglich zu informieren. Bodendenkmal und
Fundstelle sind zunächst unverändert zu erhalten. Auf die allgemeine
Anzeige- bzw. Meldepflicht nach den Bestimmungen der §§ 15 und 16
Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande NordrheinWestfalen Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG NRW) wird verwiesen.
09.06.2015
114
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
5.3
V. Planinhalte
Städtische Satzungen
Die Baumschutzsatzung der Stadt Krefeld vom 5. Juli 1979, bekannt
gemacht am 12. Juli 1979, zuletzt geändert durch die 5. Änderungssatzung
vom 8. Dezember 2005, bekannt gemacht am 29. Dezember 2005, bleibt
von den Festsetzungen des Bebauungsplanes unberührt. Ferner bleibt die
Satzung der Stadt Krefeld über die Entwässerung der Grundstücke
(Entwässerungssatzung) vom 11. Dezember 2003 von den Festsetzungen
des Bebauungsplanes unberührt. Die Satzung über Kleinkinderspielplätze
auf Grundstücken in der Stadt Krefeld vom 23. März 1973, bekannt
gemacht am 24. Mai 1973, bleibt von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes unberührt.
5.4
Geruchsimmissionen
Der Planbereich unterliegt gewerblichen Geruchsimmissionen im Sinne der
Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL).
5.5
Stillgelegte Ferngasleitungen
Auf dem Flurstück Gemarkung Uerdingen, Flur 37, Nr. 369 befinden sich
außer Betrieb befindliche Ferngasleitungen, die für die Gasversorgung
nicht mehr benötigt werden. Störende Abschnitte der Leitungen können im
Zuge der Bauwerkserstellung unter Leitung der Thyssengas GmbH
ausgebaut werden.
5.6
Achtungsgrenze Störfallverordnung
Im Bebauungsplan wird auf eine Achtungsgrenze hingewiesen, die auf
Grundlage der Seveso-II-Richtlinie (96/82/EG) in Verbindung mit der
Störfallverordnung ermittelt worden ist. Nordöstlich der Achtungsgrenze
besteht ein erhöhtes Gefahrenpotential bei Störfällen in den
Industriegebieten nördlichen des Plangebietes. Die Achtungsgrenze ist
nicht parzellenscharf.
5.7
Einsichtnahme in und Bezug auf den KAS 18- Leitfaden
Der Leitfaden der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), auf den in den
textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Bezug genommen wird, ist
bei der Stadt Krefeld, Fachbereich Stadtplanung, Parkstraße 10, während
der Dienststunden einzusehen bzw. kann kostenfrei auf der Homepage der
KAS heruntergeladen werden.
09.06.2015
115
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
5.8
V. Planinhalte
Einsichtnahme in und Bezug von DIN-Normen und VDI-Richtlinien
Alle DIN-Normen und VDI-Richtlinien, auf die in den textlichen
Festsetzungen des Bebauungsplanes verwiesen wird, sind bei der Stadt
Krefeld, Fachbereich Stadtplanung, Parkstraße 10, während der
Dienststunden einzusehen bzw. können kostenpflichtig bei der Beuth
Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin bezogen werden.
5.9
Einsichtnahme in und Bezug zum RAL-Farbregister
Die RAL-Farben, auf die in den textlichen Festsetzungen des
Bebauungsplanes (örtliche Bauvorschriften) Bezug genommen wird, sind
bei der Stadt Krefeld, Fachbereich Stadtplanung, Parkstraße 10, während
der Dienststunden einzusehen.
5.10 Entwässerung
Das anfallende Niederschlagswasser der befestigten Flächen ist im
Trennsystem zu entwässern. Es ist ein Regenwasserbewirtschaftungskonzept durch den Investor zu erstellen. Für die Versickerung von
Niederschlagswasser muss ein Antrag auf eine wasserrechtliche Erlaubnis
beim Fachbereich Umwelt gestellt werden.
5.11 Abstimmungserfordernis bei Gebäuden über 20 m über Grund
Sofern Gebäude, Gebäudeteile, sonstige bauliche Anlagen, untergeordnete
Gebäudeteile oder Aufbauten wie z.B. Werbe- und Antennenanlagen
geplant oder realisiert werden, die einzeln oder zusammen eine Höhe von
20 m über Grund übersteigen, ist eine Abstimmung mit dem Bundesamt für
Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr
(BAIUDBw), Bonn, als militärischer Luftfahrtbehörde erforderlich.
5.12 Anpflanzbindungen
Standorte und Pflegemaßnahmen der gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB
festgesetzten Anpflanzungen sind mit dem Fachbereich Grünflächen der
Stadt Krefeld abzustimmen.
Die Größen und Qualitäten der Anpflanzungen sollen gemäß der BdBGütebestimmungen erfolgen. Die Baumgrube ist gemäß Richtlinie der FLL
(Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 2) auszuführen.
5.13 Hochwasser-Risikogebiete
Der Geltungsbereich wird vollständig von Hochwasser-Risikogebieten im
Sinne des § 73 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) überlagert. Der Bebauungsplan beinhaltet eine Beikarte mit wasserrechtlichen Festsetzungen.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
5.14 Städtebauliche Verträge
Zu diesem Bebauungsplan gehören städtebauliche Verträge.
5.15 Einbau und Verwendung von Materialen
Für den evtl. Einbau/die Verwendung von Boden ist die LAGA Nr. 20
(Länderarbeitsgemeinschaft Abfall vom November 1997, "Technische
Regeln der Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen
Reststoffen/Abfällen") - Allgemeiner Teil vom 06.11.2003 - einzuhalten.
Beim Einbau/ Wiedereinbau von vorhandenem Auffüllmaterial
(mineralische Baustoffe) ist die Arbeitshilfe LAGA Mitteilung 20
(Länderarbeitsgemeinschaft Abfall vom November 1997, "Technische
Regeln der Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen
Reststoffen/Abfällen") - Allgemeiner Teil vom 06.11.2003 – zu beachten.
Für den Einbau/die Verwendung dieser Materialien/Stoffe ist gemäß §§ 8,
9, 10, 11, 13 und 48 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) eine wasserrechtliche
Erlaubnis bei der Stadt Krefeld - Fachbereich Umwelt - zu beantragen. Vor
Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis darf ein
Einbau der genannten Materialien nicht erfolgen.
Für den evtl. zusätzlichen Einbau/die Verwendung von aufbereiteten
mineralischen Altbaustoffen bzw. mineralischen Baustoffen aus
Bautätigkeiten (Recyclingbaustoffe) oder industriellen Prozessen
(Hochofen-, Hüttenschlacke etc.) als Frostschutz-, Tragschicht oder
Auffüllmaterial ist gem. §§ 8, 9, 10, 11, 13 und 48 Wasserhaushaltsgesetz
(WHG) eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Sie ist bei der Stadt
Krefeld - Fachbereich Umwelt - zu beantragen. Hierzu gehört auch
güteüberwachtes Recyclingmaterial bzw. güteüberwachte Schlacke/Asche
nach den Verwertererlassen NRW vom 09.10.2001. Vor Erteilung einer
entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis darf ein Einbau der
genannten Materialien nicht erfolgen.
5.16 Hochwasserschutz, Ertüchtigung der Hochwasserschutzanlage
Die bestehende Hochwasserschutzanlage ist im Bebauungsplan vermerkt.
Die vorhandene Hochwasserschutzanlage ist zu erhalten. Bauliche
Eingriffe innerhalb der festgesetzten Flächen für Hochwasserschutzmaßnahmen sind nur mit Zustimmung der Stadt Krefeld sowie der
zuständigen Hochwasserschutzbehörde bei der Bezirksregierung
Düsseldorf zulässig. Durch den Bebauungsplan wird kein Eingriff in die
innerhalb des Plangebiets vorhandene Hochwasserschutzanlage
vorbereitet.
09.06.2015
117
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
Die Hochwasserschutzanlage muss im Hinblick auf das Bemessungshochwasser (2004) ertüchtigt werden. Regelungen zur Ertüchtigung der
Hochwasserschutzanlage obliegen dem Planfeststellungsfeststellungsverfahren „Uerdingen II“, welches derzeit vorbereitet wird, sowie der von
dem Antragsteller eigenständig – außerhalb dieses Bebauungsplans –
einzuholenden wasserrechtlichen Genehmigung / Erlaubnis.
Bei Baumaßnahmen innerhalb des Plangebiets sind Gebäudeöffnungen
unterhalb der Mindesthöhe des Bemessungshochwassers (2004) plus 1 m
Freibord in Abstimmung mit den zuständigen Behörden gegen Hochwasser
zu sichern.
5.17 Denkmalwerte Bausubstanz: Hohenbudberger Straße Nrn. 26, 28-30, 32
und 34
Die Werksanlage Holtz & Willemsen an der Hohenbudberger Straße Nrn.
26, 28-30, 32 und 34 ist für die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt
Krefeld vorgesehen. Die denkmalwerte Bausubstanz wird im
Bebauungsplan vermerkt.
5.18 Abstimmungserfordernis
Altstandorten
im
Umgang
mit
den
gekennzeichneten
Der Umgang der Detailuntersuchung des Bodens sowie des ggf.
erforderlichen Sanierungskonzeptes ist mit der Stadt Krefeld, Fachbereich
Umwelt, abzustimmen.
5.19 Erdbebenzone 0
Das Plangebiet liegt innerhalb der Erdbebenzone 0. Bei der Errichtung von
Gebäuden, die im Sinne der DIN 4149 einen höheren Bedeutungsbeiwert
aufweisen, sollen die Bemessungsbeiwerte der Erdbebenzone 1 zugrunde
gelegt werden.
5.20 Hinweise zum Schallschutz
Der Geltungsbereich ist durch verkehrsbedingte (teilweise tieffrequente)
Schallimmissionen vorbelastet. Die innerhalb des Plangebiets bestehenden Verkehrslärmbelastungen sind in den Beikarten "Potenzielle Verkehrslärmbelastung innerhalb des Bebauungsplangebiets – tags" sowie
"Potenzielle Verkehrslärmbelastung innerhalb des Bebauungsplangebiets
– nachts" dokumentiert.
Die gegliederten Mischgebiete MI 1 und MI 2 sowie die Gewerbegebiete
GE 1 bis GE 4 sind durch gewerbliche (teilweise tieffrequente) Schallimmissionen vorbelastet, die zur Nachtzeit teilweise oberhalb des Immissions-
09.06.2015
118
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
V. Planinhalte
richtwertes i.S.d. TA Lärm für Mischgebiete von 45 dB(A) bzw. für
Gewerbegebiete von 50 dB(A) liegen. Die potenziellen Schallbelastungen
sind in der Beikarte "Potenzielle Gewerbeschallvorbelastung innerhalb des
Bebauungsplangebiets – nachts" dokumentiert.
5.21 Rodungsverbot
Entfernungen von Sträuchern und Bäumen sind außerhalb der gesetzlich
festgelegten Brutzeit (01. März bis 30. September des Jahres)
durchzuführen. Im Einzelfall kann nach vorheriger Abstimmung mit der
Unteren Landschaftsbehörde davon abgewichen werden.
5.22 Schutzzone für Flug und Navigationsanlagen
Das Planungsgebiet befindet sich in Schutzzonen für Flug – Navigationsanlagen gemäß § 18a Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Objekte, die diese
Anlagen stören können, dürfen nicht errichtet werden. Für Hindernisse
(Krane, Bauhilfsanlagen, etc.) die eine Höhe über Grund von 25 m
überschreiten, ist nach entsprechender rechtzeitiger Anzeige seitens des
Verantwortlichen (Hindernisart, Höhe über alles, Standort, Koordinaten
WGS 84 in Grad, Minuten, Sekunden) eine Vorprüfung der Bezirksregierung
Düsseldorf – Dezernat 26 – hinsichtlich möglicher Störungen der Navigationsanlagen durch die Errichtung der Hindernisse erforderlich.
5.23 Sicherheitsabstände nach ADN (2015)
Der Planung liegt u.a. das Europäische Übereinkommen über die
internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen
(ADN 2015) zugrunde. Die Sicherheitsabstände vom Rheinanleger R 141 zu
Ingenieurbauwerken und Tanklagern (100 m) sowie zu geschlossenen
Wohngebieten (300 m) nach dem ADN 2015 haben Einfluss auf die
Baugebietsfestsetzungen und die Gliederung des Mischgebietes MI 1.1. Da
das ADN 2015 nicht Teil der Festsetzungen ist, kann allgemein auf ihre
Veröffentlichung im Internet verwiesen werden.
5.24 Hinweise zur Dachbegrünung
Die Richtlinien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FFL 2008) sind zu beachten. Sollten technogene oder
Recyclingsubstrate eingesetzt werden, so ist auf die Güteanforderung der
Bund/ Länder Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA 1995) oder des RAL –
Gütezeichens (Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung)
abzuheben.
09.06.2015
119
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VI.
VI. Städtebauliche Kenndaten
Städtebauliche Kenndaten
Tab. 4: Städtebauliche Kenndaten
Flächenbilanz
Fläche ca. (in m²)
Entsorgungsfläche Gesamt
Gewerbegebiete Gesamt
950
2
14.140
28
davon GE 1
2.620
davon GE 2
4.940
davon GE 3
3.740
davon GE 4
2.840
Mischgebiete Gesamt
Anteil ca. (in %)
19.230
davon MI 1.1
4.480
davon MI 1.2
7.730
davon MI 2.3
4.170
davon MI 2.4
2.850
38
Öffentliche Verkehrsfläche Gesamt
16.100
32
Plangebiet Gesamt
50.420
100
09.06.2015
120
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII.
Umweltbericht
1.
Einführung
VII. Umweltbericht
Nach dem Baugesetzbuch ist für die Belange des Umweltschutzes in der
Regel bei allen Aufstellungen, Änderungen, Aufhebungen oder
Ergänzungen von Bauleitplänen eine Umweltprüfung durchzuführen. Dabei
werden die voraussichtlich erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt
ermittelt und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet (vgl. § 2
Abs. 4 BauGB). Der vorliegende Umweltbericht für die Aufstellung des
Bebauungsplanes Nr. 772 – RheinBlick, zwischen Dujardinstraße, Hohenbudberger Straße und Rhein – stellt gemäß § 2a BauGB einen gesonderten
Teil der Begründung dar.
Abkürzungsverzeichnis
BauGB
Baugesetzbuch
BauNVO
Baunutzungsverordnung
BBodSchG
Bundes-Bodenschutzgesetz
BBodSchV
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung
BinSchUO
Binnenschiffsuntersuchungsordnung
BImSchG
Bundes-Immissionsschutzgesetz
BImSchV
Bundesimmissionsschutzverordnung
DSchG NRW
Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen
DIN 18005
Deutsches Institut für Normung: Schallschutz im
Städtebau
GEP 99
Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk
Düsseldorf von 1999
BNatSchG
Bundesnaturschutzgesetz
EU
Europäische Union
FFH
Fauna-Flora-Habitat
FFH-RL
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
LG
Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen
LANUV
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
NRW
RL
Richtlinie
TA Lärm
Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm
UP
Umweltprüfung
WHG
Wasserhaushaltsgesetz
09.06.2015
121
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
2.
VII. Umweltbericht
Kurzdarstellung der Inhalte und Ziele des Bebauungsplans
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 772 betrifft das Rheinufer
nordöstlich des Uerdinger Zentrums und umfasst den Bereich östlich der
Hohenbudberger Straße und Dujardinstraße.
Die Stadt Krefeld beabsichtigt mit der Bebauungsplanaufstellung eine
Neuordnung des Krefelder Rheinufers zur Realisierung des sog. Projektes
„RheinBlick“. Die Zielsetzung beinhaltet insbesondere, die derzeit teilweise brach liegenden Flächen zu revitalisieren, in dem neben gewerblichen auch kulturelle Nutzungen sowie städtisches Wohnen angesiedelt
werden. Die geplante Aufwertung des öffentlichen Raumes umfasst dabei
insbesondere auch eine Begrünung des Plangebiets.
Die grobe Struktur des Bebauungsplans Nr. 772 sieht vor, im nördlichen
Teil vier Gewerbegebiete (GE) und im südlichen Teil zwei Mischgebiete mit
den Teilgebieten MI 1.1 und MI 1.2 sowie MI 2.3 und MI 2.4 zu entwickeln.
Für weiterführende Informationen zu Zielen und Inhalten des Bebauungsplans vergleiche den allgemeinen Teil der Begründung.
3.
Ziele des Umweltschutzes
Der Umweltbericht enthält nach der Anlage zu § 2 Abs. 4 und § 2a BauGB
eine „Darstellung der in einschlägigen Fachgesetzen und Fachplänen
festgelegten Ziele des Umweltschutzes, die für den Bauleitplan von
Bedeutung sind, und der Art, wie diese Ziele und die Umweltbelange bei
der Aufstellung berücksichtigt wurden“.
Dabei können die in der Umweltprüfung zu berücksichtigenden
Umweltschutzziele nicht sämtliche existente Umweltschutzziele umfassen,
sondern nur diejenigen, die im Wirkungszusammenhang mit der
beabsichtigten Bebauungsplanaufstellung stehen und durch diese auch
beeinflussbar sind. Darüber hinaus sollten die Umweltschutzziele dem
Konkretisierungs- bzw. Abstraktionsgrad der Planung angemessen sein.
Wichtige Umweltziele resultieren vor allem aus den fachgesetzlichen
Grundlagen wie zum Beispiel dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG),
dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), aus dem über die FFH-Richtlinie 92/43 EWG festgelegten
Schutzgebietssystem 'Natura 2000' sowie aus den fachplanerischen
Grundlagen wie dem Landschaftsplan, dem Gebietsentwicklungsplan für
09.06.2015
122
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
den Regierungsbezirk Düsseldorf (GEP 99) – auch in seiner Funktion als
Landschaftsrahmenplan.
Im Rahmen der Umweltprüfung dienen Umweltziele insbesondere als
Maßstäbe für die Beurteilung der Auswirkungen der Planung. Darüber
hinaus geben sie Hinweise zu anzustrebenden Umweltqualitäten im
Planungsraum und zur Auswahl geeigneter Ausgleichsmaßnahmen für
Eingriffe in Natur und Landschaft.
3.1
Umweltschutzziele aus Fachgesetzen
Für das Bebauungsplanverfahren Nr. 772 sind insbesondere folgende
fachgesetzlichen Umweltschutzziele hervorzuheben:
Schutz des Menschen
Vermeidung von Emissionen (§ 1 Abs. 6 Nr. 7e BauGB).
Berücksichtigung umweltbezogener Auswirkungen auf den Menschen
und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt (§ 1 Abs. 6
Nr. 7c BauGB).
Klima/ Luftqualität
Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die
einschlägigen Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden
(§ 1 Abs. 6 Nr. 7h BauGB).
Einhaltung der Immissionsgrenzwerte und Zielwerte der 39. BImSchV.
Die "Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen“ dient der Beurteilung von Luftschadstoffimmissionen (u. a.
Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Blei, Feinstaub und Benzol). Bei
Einhaltung der Immissionsgrenzwerte ist davon auszugehen, dass
Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die
Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht vorliegen.
Schutz von Tieren und Pflanzen/ Biotopschutz
Schutz der wild lebenden Tiere und Pflanzen und ihrer
Lebensgemeinschaften als Teil des Naturhaushalts in ihrer natürlichen
und historisch gewachsenen Artenvielfalt. Ihre Biotope und ihre
sonstigen Lebensbedingungen sind zu schützen, zu pflegen und zu
entwickeln oder wiederherzustellen (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG).
Auch im besiedelten Bereich Schutz und Entwicklung noch
vorhandener Naturbestände, wie Wald, Hecken, Wegraine,
Saumbiotope, Bachläufe, Weiher sowie sonstige ökologisch
bedeutsame Kleinstrukturen (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG).
09.06.2015
123
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Besonderer Artenschutz bestimmter Tier- und Pflanzenarten (§§ 44 und
45 BNatSchG)
Bodenschutz
Sparsamer Umgang mit Grund und Boden. Bodenversiegelungen sind
auf das notwendige Maß zu beschränken. Zur Verringerung der
zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen sollen Möglichkeiten der
Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere
Maßnahmen zur Innenentwicklung genutzt werden (§ 1a Abs. 2
BauGB).
Erhalt von Böden, so dass sie ihre Funktion im Naturhaushalt erfüllen
können (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG).
Grundsätze zur nachhaltigen Sicherung oder Wiederherstellung der
Bodenfunktionen gemäß § 1 BBodSchG. Dazu gehört u. a., schädliche
Bodenveränderungen abzuwehren, Boden und Altlasten sowie
hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und
Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen.
Wasserschutz
Vermeidung von Emissionen/ Schutz des Grundwassers
Beeinträchtigungen (§ 1 Abs. 6 Nr. 7e BauGB, § 47 WHG)
3.2
vor
Umweltschutzziele aus übergeordneten Planungen
Regionalplan
Im Gebietsentwicklungsplan (GEP 99) des Regierungsbezirks Düsseldorf
wird das Plangebiet als gewerblich-industrieller Bereich (GIB) dargestellt.
Zudem ist der Bereich in der Erläuterungskarte 8a „Vorbeugender
Hochwasserschutz“ des GEP 99 als deichgeschützter Bereich dargestellt.
Landschaftsplan
Das Plangebiet liegt außerhalb des Geltungsbereichs des Landschaftsplanes.
Der östlich an das Plangebiet angrenzende Rhein ist im Landschaftsplan
als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt. Als Entwicklungsziel wird die
„Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen natürlichen
Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft“
aufgeführt.
09.06.2015
124
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Luftreinhalteplan
Im Rahmen der Luftreinhalteplanung sollen im Siedlungsbereich
Belastungen
durch
Luftverunreinigungen
langfristig
auf
ein
unbedenkliches Niveau gesenkt werden. Für die Stadt Krefeld sind die
erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität im
Luftreinhalteplan Krefeld vom 01.10.2010 festgelegt. Auf diese Weise
sollen die festgelegten Grenzwerte für Luftschadstoffe ab einem
bestimmten Zeitpunkt nicht mehr überschritten bzw. dauerhaft nicht mehr
überschritten werden.
3.3
Sonstige Umweltziele
Nach der Planungshinweiskarte der Gesamtstädtischen Klimaanalyse der
Stadt Krefeld liegt der Geltungsbereich klimatisch in einem Ungunstraum.
Es wird empfohlen, zur Verbesserung der stadtklimatischen Situation den
Grün- und Freiflächenanteil zu erhöhen und Dach- und Fassadenbegrünungen zu fördern. Weiterhin wird empfohlen Grünflächen zu
vernetzen. Grundsätzlich sollte keine weitere Zunahme der Bebauung und
des Kfz-Verkehrs erfolgen; die Entsiegelung von Flächen durch Begrünung
sollte gefördert werden. Emittierende Nutzungen sollten nur unter
Vermeidung von Beeinträchtigungen benachbarter Wohngebiete
zugelassen werden.
Der östlich angrenzende Rhein wirkt als Gewässer thermisch ausgleichend
und kann als Luftleitbahnen dienen sowie Spurenstoffe senken. Es wird
nach der Planungshinweiskarte empfohlen abriegelnde Bebauungen zu
vermeiden und bestehende Strömungshindernisse zu beseitigen oder
aufzulockern.
4.
Beschreibung der Prüfmethoden
4.1
Räumliche und inhaltliche Abgrenzung
Im Rahmen der Umweltprüfung werden hauptsächlich die Bereiche
berücksichtigt, die direkt durch die Bebauungsplanung betroffen sind.
Zum anderen werden auch angrenzende empfindliche Bereiche in die
Prüfung einbezogen. Dazu zählt im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens
Nr. 772 insbesondere der Rhein, der direkt entlang des Plangebiets
verläuft und als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt ist.
4.2
Methodik und Vorgehensweise
Die voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen der Planung werden
in Anlehnung an die Ökologische Risikoanalyse ermittelt und beurteilt.
09.06.2015
125
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Dazu wird in Kapitel 6 des Umweltberichts zunächst der derzeitige
Umweltzustand schutzgutbezogen beschrieben sowie Aussagen zu dessen
Bedeutung und Empfindlichkeit getroffen. Dabei wird unterschieden, ob
keine, eine geringe, allgemeine (mittlere) oder besondere (hohe)
Bedeutung vorliegt. Zudem wird auf die bestehende Vorbelastung
eingegangen. Im Anschluss an diese Bestandsdarstellung erfolgt eine
verbal-argumentative Beschreibung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der Einwirkungsintensität der
relevanten Wirkfaktoren (vgl. Kap. 5). Abschließend wird ebenfalls verbalargumentativ die Beeinträchtigungsintensität und Erheblichkeit der
voraussichtlichen Umweltauswirkungen beurteilt.
Die Ergebnisse der auf diese Weise prognostizierten Umweltauswirkungen
werden in Kapitel 6.4 noch einmal zusammenfassend anhand einer Tabelle
dargestellt und dabei folgenden Bewertungsstufen zugeordnet:
Tab. 5: Übersicht der Bewertungsstufen und Einschätzung zur Erheblichkeit
Voraussichtliche
Kurzdarstellung
Umweltauswirkungen
Einschätzung der
Erheblichkeit
positive Wirkung
+
erheblich im positiven Sinne
keine
Beeinträchtigung
o
nicht erheblich
geringe
Beeinträchtigung
•
nicht erheblich
mittlere
Beeinträchtigung
••
bedingt erheblich
hohe
Beeinträchtigung
•••
erheblich
sehr hohe
Beeinträchtigung
••••
sehr erheblich
Für die Umweltprüfung wurden im Wesentlichen folgende Datengrundlagen
herangezogen und ausgewertet:
Stellungnahme des Fachbereichs Grünflächen im Rahmen der
frühzeitigen Behördenbeteiligung mit Schreiben vom 16. Mai 2008,
03. Dezember 2008, 15. Dezember 2011 und 11. Juni 2014.
09.06.2015
126
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Stellungnahmen des Fachbereichs Umwelt mit Schreiben vom 29. April
2008, 15. Mai 2008, 06. August 2008, 11. Dezember 2008 und 07.
Dezember 2011.
Stellungnahme des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege im
Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit
Schreiben vom 23. Juni 2008 und 30. November 2011.
Stellungnahme der Unteren Denkmalbehörde im Rahmen der
frühzeitigen Behördenbeteiligung mit Schreiben vom 24. April 2008
und 09. November 2011.
Stellungnahme
der
Bezirksregierung
Düsseldorf,
Dezernate
Immissionsschutz und Wasserwirtschaft mit Schreiben vom 09.
Dezember 2008, 29. Januar 2009, 07. Dezember 2011 und 09. März
2012.
Stellungnahme des Geologischen Dienstes NRW mit Schreiben vom 10.
November 2011.
TÜV NORD Systems GmbH & Co. KG, Februar 2008: Gutachten zur
Verträglichkeit des Projektes "RheinBlick" mit den benachbarten
Betriebsbereichen innerhalb des CHEMPARK’S Krefeld-Uerdingen unter
dem Gesichtspunkt des § 50 BImSchG bzw. des Art. 12 der Seveso IIRichtlinie
PEUTZ CONSULT, 2014a: Schalltechnische Untersuchung zum
Bebauungsplanentwurf Nr. 772 „RheinBlick zwischen Dujardinstraße,
Hohenbudberger Straße und Rhein“ in Krefeld-Uerdingen, hier:
Gewerbelärm mit Geräuschkontingentierung nach DIN 45691
PEUTZ CONSULT, 2014b: Schalltechnische Untersuchung zum
Bebauungsplanentwurf Nr. 772 „RheinBlick zwischen Dujardinstraße,
Hohenbudberger Straße und Rhein“ in Krefeld-Uerdingen, hier:
Darstellung der Untersuchungsergebnisse zum Verkehrslärm nach DIN
18005
PEUTZ CONSULT, 2015a: Schalltechnische Untersuchung zum
Bebauungsplanentwurf Nr. 772 „RheinBlick zwischen Dujardinstraße,
Hohenbudberger Straße und Rhein“ in Krefeld-Uerdingen, hier:
Gewerbelärm mit Geräuschkontingentierung nach DIN 45691
PEUTZ CONSULT, 2015b: Schalltechnische Untersuchung zum
Bebauungsplanentwurf Nr. 772 „RheinBlick zwischen Dujardinstraße,
Hohenbudberger Straße und Rhein“ in Krefeld-Uerdingen, hier:
Darstellung der Untersuchungsergebnisse zum Verkehrslärm nach DIN
18005
PEUTZ CONSULT, 03.04.2013: Luftschadstoffuntersuchung zum
Bebauungsplanentwurf Nr. 772 „RheinBlick zwischen Dujardinstraße,
Hohenbudberger Straße und Rhein“ in Krefeld-Uerdingen
09.06.2015
127
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
PEUTZ CONSULT, 30.07.2013: Luftschadstoffuntersuchung zum
Bebauungsplanentwurf Nr. 772; gutachterliche Stellungnahme zur
neuen Bebauungskonzeption für das Mischgebiet MI 4
CALATHERM, 25. Juni 2008: Projekt Rheinblick. Bebauungsplan Nr. 677
– Uerdingen, beiderseits der Hohenbudberger Straße – (Teilgebiet A).
Altlastengutachten und Gefährdungsabschätzung.
TÜV NORD, 31. Juli 2008: Zwischenbericht über die Durchführung von
Probandenbegehungen zur Ermittlung der vorhandenen Geruchsbelastung im Bereich des Bebauungsplangebietes Nr. 677/I in KrefeldUerdingen.
TÜV NORD, 13. November 2008: Bericht über die Durchführung von
Probandenbegehungen
zur
Ermittlung
der
vorhandenen
Geruchsbelastung im Bereich des Bebauungsplangebietes Nr. 677/I in
Krefeld-Uerdingen.
IVÖR, Juli 2008: Projekt Rheinblick im B-Plan Nr. 677 – Uerdingen,
beiderseits der Hohenbudberger Straße (Teil A). Ökologische
Untersuchung.
Echolot, Februar 2009: Projekt Rheinblick Bebauungsplan Nr. 677/I –
„Rheinblick, östlich Hohenbudberger Straße“ – Ergänzende
Untersuchung zur Nutzung der Gebäude durch Fledermäuse.
IVÖR, Januar 2015: Bebauungsplan Nr. 772 – RheinBlick zwischen
Hohenbudburger Straße, Dujardinstraße und Rhein: Überprüfung der
aktuellen Verhältnisse vor Ort; Kurzbericht
Geologischer Dienst NRW: Karte der schutzwürdigen Böden
(M 1:50.000)
Geologischer Dienst NRW, Stadt Krefeld Fachbereich Umwelt:
Stadtbodenkartierung der Stadt Krefeld (M 1: 5.000)
IMA Cologne GmbH, Stand 2007: Luftqualitätsmodell Krefeld
– Grobscreening –
ADU Cologne GmbH, Stand 2006: Grundlagen der Lärmminderungsplanung gemäß § 47a BImSchG und Gesamtkonfliktkataster für die
Stadt Krefeld
Universität Essen, Abteilung Angewandte Klimatologie und
Landschaftsökologie 2003: Gesamtstädtische Klimaanalyse unter
besonderer Berücksichtigung von vier Plangebieten
Landschaftsplan der Stadt Krefeld, Stand Mai 2014
Umweltbericht zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes der
Stadt Krefeld
Bezirksregierung Düsseldorf 01.10.2010: Luftreinhalteplan der Stadt
Krefeld
Bezirksregierung Düsseldorf 2005: Aktionsplan Krefelder Hafen
09.06.2015
128
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Planunterlagen (Scoping und UVP) und Genehmigungsbescheid mit
Bewertung der Emissions- und Immissionssituation der KokereiErweiterung der Fa. Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH (HKM) in
Duisburg-Huckingen
KIEL 2007 (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
(LANUV)): Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen – Vorkommen,
Erhaltungszustand, Gefährdungen, Maßnahmen
Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (GIRL) in der
Fassung vom 21. September 2004 mit Begründung und Auslegungshinweisen
Begründung zum Bebauungsplan Nr. 677/I – Rheinblick, östlich
Hohenbudberger Straße –, 2008
Stellungnahme des Landesamts für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz NRW vom 26.09.2012 zur Gültigkeit des Seveso-IIGutachtens
Rechtliche Würdigung der Rechtsanwaltskanzlei Hoppenberg & Wolter
mit Schreiben vom 23.09.2013 und 06.11.2013 zum Umgang mit den
vorhandenen Genehmigungen die dem Gefahrgutrecht unterliegen und
den Auswirkungen der Binnenschifffahrtsverordnung auf die
Bauleitplanung, Münster
Neben den aufgeführten umweltbezogenen Stellungnahmen und
Gutachten wurde auf folgende gesamtstädtische Konzepte und Gutachten
zur Erarbeitung des allgemeinen Teils der Begründung zurückgegriffen:
Futura Consult 2014: 2. Änderung des Zentrenkonzepts der Stadt
Krefeld, Eschweiler
Planersocietät 2012: Vergnügungsstättenkonzept Krefeld, Dortmund
4.3
Hinweise auf Schwierigkeiten in der Zusammenstellung der Informationen
Da die Planungsinhalte des Bebauungsplanes Nr. 772 im Wesentlichen
denen des Bebauungsplanes Nr. 677/I entsprechen, der Untersuchungszeitraum der Gutachten weniger als zehn Jahre zurückliegt und sich die zu
beurteilenden Rahmenbedingungen nicht wesentlich verändert haben,
kann auf das Altlasten-, Artenschutz- und Geruchsgutachten sowie die
Verkehrsuntersuchung uneingeschränkt zurückgegriffen werden. Dieses
Vorgehen wurde mit den Fachbehörden abgestimmt. Hinsichtlich der
Aktualität des Artenschutzgutachtens wird auf Kap. VII.6.2 verwiesen.
Aufgrund der Einführung der Kfz-Emissionsfaktoren für den Kfz-Verkehr
sowie aufgrund der inzwischen anzuwendenden Verkehrsprognosezahlen
für den Bahnverkehr sowie dem inzwischen überschrittenem Prognosejahr
09.06.2015
129
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
(2010) wurde zur Sicherung der Rechtssicherheit des Bebauungsplanes
eine Überarbeitung des Luftgutachtens beauftragt.
Da sich nach Abschluss des Luftgutachtens die Konzeption zugunsten
einer bis zu VIII-geschossigen Bebauung für das Mischgebiet MI 2.4
verändert hat, wurde diese Änderung durch das beauftragte Büro unter
lufthygienischen Gesichtspunkten beurteilt. Eine Überarbeitung des
Gutachtens ist nicht erforderlich, da die Erhöhung der Bebauung nur zu
einer geringen Veränderung des lokalen Windfeldes führt (Peutz Consult,
Stellungnahme vom 30.07.2013).
Neben einer erneuten Überprüfung der Genehmigungssituation wurde
auch die rechtliche Belastbarkeit der Anwendung der DIN 18005 bei dem
bestehenden Schallschutzgutachten in Frage gestellt. Ergänzend führte die
Stellungnahme des Wasser- und Schifffahrtsamts zu der Forderung, die
bisherige Berücksichtigung der Binnenschifffahrt auch auf der Grundlage
der Binnenschifffahrtsuntersuchungsordnung § 8.10 „Geräusche der
Schiffe“ durchzuführen. Daraufhin wurde eine Überarbeitung des bestehenden Schallschutzgutachtens durch das Büro Peutz Consult GmbH
beauftragt. Da der Auftrag noch nicht abgeschlossen war, als sich die
Konzeption für das damalige Mischgebiet MI 4 verändert hat, konnte eine
Betrachtung und Beurteilung noch in dem Schallgutachten integriert
werden.
Die Gültigkeit des Seveso-II-Gutachtens wurde anlässlich einer
Stellungnahme im Rahmen der Behördenbeteiligung im Jahr 2012 durch
das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW in
Abstimmung mit der Bezirksregierung Düsseldorf ergänzend gutachterlich
überprüft: Da sich die zwischenzeitlich genehmigten Lager auf dem
Gelände des Chemparks in einem größeren Abstand zum Plangebiet
befinden als die Lageranlagen, die bei der Ermittlung der
Achtungsabstände zugrunde gelegt wurden, teilte das LANUV mit
Schreiben vom 26.09.2012 mit, dass die Aussagen des Gutachtens
weiterhin gültig sind. Im Hinblick auf die Umsetzung der zwischenzeitlich
in Kraft getretenen Seveso-III-Richtlinie geht das LANUV davon aus (per EMail vom 23.12.2014), dass das zum Bebauungsplan vorliegende
Gutachten auch weiterhin grundsätzlich Bestand haben wird, da sich nach
der Seveso-III-Richtlinie die Vorgehensweise zur Ermittlung angemessener
Abstände im Grundsatz nicht ändert. Zwar ist nicht von vornherein
auszuschließen, dass der geänderte Anhang I Auswirkungen auf die
Ermittlung der Achtungsgrenze haben könnte. Insbesondere die Kategorie
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
acut tox inhalativ Dampf 3 beinhaltet Stoffe und Gemische, die bislang
nicht im Geltungsbereich der Richtlinie enthalten waren. Da es sich bei
diesen Stoffen um solche begrenzter Toxizität handelt, ist eine
Veränderung der auf Grundlage der bisher betrachteten Stoffe ermittelten
Achtungsgrenze nicht sehr wahrscheinlich. Zudem ist die Achtungsgrenze
nicht parzellenscharf ermittelt, so dass geringe Verschiebungen keine
unmittelbare Auswirkung auf die Plankonzeption hätten.
Da teilweise auf bestehende Gutachten zurückgegriffen werden konnte,
ergaben sich bei der Zusammenstellung der Datengrundlagen sowie bei
der Durchführung der Umweltprüfung keine Schwierigkeiten. Die
Überprüfung der Gültigkeit des Seveso-II-Gutachtens, des ökologischen
Fachbeitrags, der Fledermausuntersuchung sowie die Anpassung des
Luftgutachtens führte zu keinen Schwierigkeiten bei der Durchführung der
Umweltprüfung. Die erforderlichen Datengrundlagen und Randbedingungen konnten erfolgreich zusammengestellt werden. Lediglich die
Annahmen im Schallgutachten wurden vom Chempark im Rahmen der
Offenlage kritisch hinterfragt, so dass eine Überarbeitung des Gutachtens
sowie eine Messung des Rheinanlegers R 141 durchgeführt werden
musste. Darüber hinaus ergab sich durch die Änderungen der 16. BImSchV
vom 18.01.2014 sowie der Frequenzannahmen der Schiffsliegestellen ein
Überarbeitungsbedarf des Verkehrslärmgutachtens.
5.
Beschreibung der Wirkfaktoren der Planung
Im Folgenden werden die voraussichtlich wesentlichen Wirkfaktoren bei
Durchführung des Bebauungsplans Nr. 772 dargestellt, die erhebliche
Umweltauswirkungen verursachen können und deshalb im Rahmen der
Umweltprüfung näher untersucht worden sind.
5.1
Umfang des Vorhabens und Angaben zum Bedarf an Grund und Boden
Insgesamt beträgt der Flächenumfang des Plangebiets ca. 50.420 m2.
Davon sind 28 % Flächenanteil (ca. 14.140 m2) als Gewerbegebiet und
38 % (ca. 19.230 m2) als Mischgebiet vorgesehen. Die restlichen Flächen
umfassen öffentliche Verkehrsflächen (32 %) sowie eine Entsorgungsfläche (2 %).
Eine Festsetzung öffentlicher oder privater Grünflächen ist nicht geplant.
Stattdessen werden auf folgenden vier Flächen Anpflanzbindungen
festgesetzt:
Nordöstlich Hohenbudberger Straße (GE 1): 4 kleinkronige Bäume
und ein großkroniger Baum
09.06.2015
131
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Östlich und westlich Zollamt (MI 2.3): insgesamt 10 kleinkronige
Bäume
Östlich Kronenstraße (MI 2.4): 1 großkroniger Baum
Dach- und Tiefgaragenbegrünungen in den Gewerbe- und Mischgebieten
Hinzu kommen Anpflanzbindungen im öffentlichen Verkehrsraum sowie
auf den Stellplatzflächen, für die keine anderweitige Anpflanzbindung
vorgesehen ist:
Verkehrsfläche zwischen MI 1.1 und MI 1.2: Baumreihen aus
15 kleinkronigen Laubbäumen
Verkehrsfläche zwischen MI 2.3 und MI 2.4: 6 kleinkronige
Laubbäume
Dujardinstraße: Baumreihe mit 12 großkronigen Laubbäumen
Anpflanzbindung: Je fünf Stellplätze ist ein Baum zu pflanzen.
Ausgenommen hiervon sind die Flächen für Stellplätze innerhalb
des Mischgebiets (MI 2.3) und des Gewerbegebietes (GE 1) sowie
die öffentliche Verkehrsfläche Dujardinstraße.
Für den Park der Villa Müncker wird eine Erhaltungsbindung festgesetzt.
Im Detail werden die Angaben zum Umfang des Vorhabens in Kap. VI des
allgemeinen Teils der Begründung aufgeführt.
5.2
Bau- und anlagebedingte Wirkungen
Baubedingte Wirkungen umfassen voraussichtliche Beeinträchtigungen,
die vorübergehend durch die Bautätigkeit verursacht werden.
Anlagebedingte Wirkungen ziehen hingegen dauerhafte Wirkungen durch
neue Baukörper nach sich.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Tab. 6: Übersicht der wesentlichen bau- und anlagebedingten Wirkungen
Voraussichtliche Beeinträchtigungen*
Bau- und anlagebedingte Wirkungen
Verbess
erung
keine
Bodenverdichtung durch Baumaschinen
gering
mittel
hoch
x
Staub-, Lärmentwicklung und Abgase durch
Baumaschinen
x
vorübergehende Flächeninanspruchnahme durch
Baustelleneinrichtung, Lagern von Baumaterial
x
Flächeninanspruchnahme durch Bebauung
(Bodenversiegelung)
x
Entfernung von Gehölz- und Biotopstrukturen
x
dauerhafter Verlust von Lebensräumen für
x
Pflanzen und Tiere
* Die Beurteilung erfolgt im Vergleich zum bestehenden Zustand. „Mittel“ bedeutet, dass
ein begründeter Verdacht für eine erhebliche Beeinträchtigung besteht; „hoch“ bedeutet,
dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Beeinträchtigung vorhanden ist; zwei
Kreuze in Spalte „hoch“ bedeutet „sehr hoch“.
5.3
Betriebsbedingte Wirkungen
Betriebsbedingte Wirkungen umfassen Umweltauswirkungen, die voraussichtlich mit der Nutzung der Gewerbe- und Mischgebiete verbunden sind.
Tab. 7: Übersicht der wesentlichen betriebsbedingten Wirkungen
Voraussichtliche Beeinträchtigungen*
Betriebsbedingte Wirkungen
Verbess keine
erung
Lärmemissionen durch gewerbliche Nutzungen
Schadstoffemissionen durch gewerbliche
Nutzungen
gering
mittel
x
x
Lärmimmissionen durch Verkehrszunahme
Schadstoffimmissionen durch Verkehrszunahme
hoch
x
x
* Die Beurteilung erfolgt im Vergleich zum bestehenden Zustand. „Mittel“ bedeutet, dass
ein begründeter Verdacht für eine erhebliche Beeinträchtigung besteht; „hoch“ bedeutet,
dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Beeinträchtigung vorhanden ist; zwei
Kreuze in Spalte „hoch“ bedeutet „sehr hoch“.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
6.
Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen bei Durchführung der Planung
6.1
Untersuchungsrelevante Umweltbelange und zu erwartende Umweltauswirkungen
6.1.1 Menschen/ Bevölkerung/ Gesundheit
Für das Schutzgut Mensch sind Auswirkungen auf das Wohn- und
Arbeitsumfeld und die Gesundheit des Menschen von Bedeutung. Dabei
sind insbesondere mögliche Beeinträchtigungen durch Lärmimmissionen
und Luftschadstoffe zu berücksichtigen, wobei die lufthygienische
Situation in Kapitel 6.1.5 beurteilt wird.
Derzeitiger Umweltzustand
Das Plangebiet befindet sich zentral gelegen zwischen dem Zentrum des
Stadtteils Uerdingen und dem Rhein. Aufgrund der vorherrschend
industriellen Nutzung und der teilweise brachliegenden Flächen ist das
Plangebiet derzeit nur eingeschränkt für die Öffentlichkeit nutzbar, zum
Beispiel für kulturelle Veranstaltungen. Auch der Ausbauzustand (u. a.
Mobiliar, Bodenbeschaffenheit, Beleuchtung) des Unteren Werfts eignet
sich derzeit nur sehr eingeschränkt als Erholungsraum.
Zwei ausgewiesene Radwege des Radverkehrsnetzes NRW durchqueren
das Plangebiet. Entlang der Straßen Dujardinstraße und Hohenbudberger
Straße verlaufen die sogenannte „Niederrheinroute“ sowie der
„Erlebnisweg Rheinschiene“.
Im Plangebiet sind zwei Gewerbebetriebe sowie das Hochwasserpumpwerk
ansässig. Das nächste Wohngebiet befindet sich südwestlich des
Plangebiets. Hinzu kommt vereinzelte Wohnbebauung an der
Hohenbudberger Straße.
Bedeutung und Empfindlichkeit
Derzeit hat das Plangebiet aufgrund der geringen Aufenthaltsqualität eine
geringe Bedeutung für die siedlungsnahe Erholung. Wegen der ansässigen
Gewerbebetriebe kann dem Bereich bezüglich des Aspekts Arbeit eine
allgemeine Bedeutung zugewiesen werden. Für die derzeit an das
Plangebiet angrenzende und die im Plangebiet geplante Wohnnutzung
liegt eine besondere Empfindlichkeit hinsichtlich möglicher Emissionen
vor.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Vorbelastungen
Die industrielle Nutzung, die Brachflächen und die teilweise verfallenen
Gebäude prägen den Charakter des Plangebiets.
Nach der vorbereitenden Lärmminderungsplanung der Stadt Krefeld treten
im südlichen Teil des Plangebiets Überschreitungen der Grenz- und
Richtwerte auf. Diese Überschreitungen sind in erster Linie durch
Lärmemissionen der vorhandenen Industrie- und Gewerbebetriebe
bedingt.
Zur Ermittlung der gewerblichen Vorbelastung wurden im Rahmen des
Schallgutachtens zum Bebauungsplan Nr. 772 für die Betriebe im direkten
Umfeld zum Bebauungsplan und im Bebauungsplangebiet Geräuschimmissionsberechnungen nach der TA Lärm unter Beachtung der
Genehmigungslage der Betriebe durchgeführt. Für die Geräuschimmissionsberechnungen der bestehenden Betriebe nach TA Lärm (u. a.
Zollhof, Druckerei Schotte) wurde ein flächenbezogener Schallleistungspegel ermittelt. Unter Berücksichtigung einer maximalen Auslastung bei
freier Schallausbreitung wurden durch den Betreiber des CHEMPARK’s
farbige Rasterkarten der Schallimmissionen zur Verfügung gestellt und
Aussagen zu den Beurteilungspegeln nach TA Lärm an den jeweiligen
Plangebietsgrenzen getroffen. Die Schallbegutachtung basiert auf der
Verlagerung der Warteposition der Currenta am Rheinufer und der
Nutzungsaufgabe des Hafenkrans (vgl. Peutz Consult 2014b: 10ff.).
Darüber hinaus sind im Umfeld des Plangebiets
geruchsemittierende Betriebe ansässig, wodurch eine
Beeinträchtigung durch Geruchsimmissionen wahrscheinlich ist.
mehrere
gewisse
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Der Bebauungsplan Nr. 772 beinhaltet die Zielsetzung, im Plangebiet ein
Nebeneinander von Gewerbe, Wohnen und kulturellen Einrichtungen zu
ermöglichen. Vor allem wegen der im Mischgebiet geplanten Wohnnutzung
werden damit im Vergleich zu heute zukünftig im Plangebiet
empfindlichere Nutzungen zulässig.
a) Lärmimmissionsbelastung
Die Überprüfung der Realisierbarkeit der geplanten Mischgebiete erfolgte
unter Lärmgesichtspunkten anhand der beauftragten schalltechnischen
Gutachten. Darin wird die Planung im Hinblick auf die gebietsabhängigen
09.06.2015
135
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Orientierungswerte der DIN 18005 (Verkehrslärm) sowie der Immissionsrichtwerte der TA Lärm (Gewerbelärm) beurteilt. Dabei wurde im Sinne
einer „worst-case-Betrachtung“ ein Immissionsszenario zugrunde gelegt,
nach dem die zum Zeitpunkt der Planung bestehenden Belastungen
ausschließlich durch innerhalb des Plangebiets bestehende Denkmäler
sowie ein von Süden an die Freianlage der Villa Müncker angrenzend
zulässiges Gebäude, dessen Realisierung durch einen bis zum
Inkrafttreten des Bebauungsplans herbeizuführenden Vertrag zwischen der
Stadt Krefeld und dem betreffenden Grundeigentümer vertraglich zu
sichern ist, abgeschirmt werden. Im Übrigen wurde eine freie
Schallausbreitung zugrunde gelegt.
Auf der Grundlage der insoweit auf das Plangebiet potenziell einwirkenden
Gewerbe- und Verkehrslärmbelastungen ergeben sich Überschreitungen
der jeweils anzuwendenden Orientierungswerte i. S. d. DIN 18005 sowie
der entsprechenden Immissionsrichtwerte in Teilen sowohl der Gewerbegebieten (tags) als auch der Mischgebiete (tags /nachts). Diesen ist durch
geeignete Regelungen im Bebauungsplan Rechnung zu tragen.
Als Beurteilungsgrundlage für das Schalltechnische Gutachten sind
folgende Immissionswerte maßgeblich:
Tab. 8: Schalltechnische Orientierungswerte: Grundlage für die Beurteilung
von Schallimmissionen im Städtebau
Tab. 9: Immissionsrichtwerte der TA Lärm: Beurteilungsgrundlage für
Gewerbelärm
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136
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Die Schalltechnischem Gutachten kommen zu folgenden Ergebnissen:
Lärmimmissionen durch Verkehr:
Mit der Realisierung der geplanten Bebauung ergibt sich eine Verkehrserhöhung im Umfeld des Plangebiets.
Pegelbestimmende Schallquellen sind die unmittelbar in der Nähe der
jeweiligen Gebäudefassade verlaufenden Verkehrswege Hohenbudberger
Straße, Dujardinstraße und der Rhein. Hier kommt es großflächig zu
Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005. Lärmimmissionen durch Schienenverkehr spielen eine untergeordnete Rolle. Zu
den Hauptverursachern zählen der Kfz-Verkehr und die Binnenschifffahrt.
Die von den Straßen am westlichen „Rand“ des Plangebiets sowie die von
den außerhalb des Plangebiets gelegenen Eisenbahnanlagen
ausgehenden Verkehrslärmbelastungen betreffen insbesondere die
nordwestlichen Bereiche des Plangebiets. Dabei ergeben sich die
höchsten Überschreitungen in dem für eine gewerbliche Nutzung
vorgesehenen Nordteil des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes, wo im
Nahbereich der Hohenbudberger Straße die Orientierungswerte für
Gewerbegebiete sowohl tags als auch nachts überschritten werden.
Grundsätzliche Einschränkungen der Eignung der betreffenden Gebiete für
gewerbliche Nutzungen ergeben sich dadurch nicht.
Auch die Mischgebiete sind durch erhebliche Verkehrslärmimmissionen
betroffen, die im Wesentlichen aus dem Straßenverkehr auf der
Hohenbudberger Straße, Eisenbahnverkehren und insbesondere auch der
Binnenschifffahrt auf dem Rhein herrühren. Der Orientierungswert für
Verkehrslärm von 50 dB(A) nachts wird an der gesamten „Rheinfront“ der
geplanten Bebauung sowie auch an Teilen der geplanten Bebauung an der
Hohenbudberger Straße deutlich überschritten. Die Straßenverkehrsbelastungen führen zu einer fehlenden Eignung von an der
Hohenbudberger Straße gelegenen Teilen der Mischgebiete für
Wohnnutzungen. Soweit Teile der Mischgebiete von hohen Verkehrslärmbelastungen durch die Binnenschifffahrt betroffen sind, betrifft dies
Bereiche, in denen durch die Schifffahrt bedingten Lärmbeeinträchtigungen Lagevorteile im Zusammenhang mit einer möglichen
Ausrichtung von Wohnungen zum Rhein hin gegenüberstehen. Den
Erfordernissen des Lärmschutzes kann insoweit durch Festsetzungen
Rechnung getragen werden, die zur Vornahme gebäudeseitiger
Lärmschutzmaßnahmen verpflichten.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Für die dem Rhein zugewandt gelegenen Bereiche des Plangebiets ergeben
sich insoweit Überschreitungen des nach der DIN 18005 geltenden
Orientierungswerts für Verkehrslärm in Mischgebieten sowohl zur Tag- als
auch zur Nachtzeit um bis zu 3 dB(A) tags und bis zu 12 dB (A) nachts (vgl.
PEUTZ CONSULT, 2015b: Anlage 9).
Lärmimmissionen durch Gewerbebetriebe:
Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass sich in den geplanten
Mischgebieten durch die vorhandenen Gewerbebetriebe (u. a. Druckerei,
metallverarbeitender Betrieb, Zollhof) und den Anleger R 141 im
Tageszeitraum keine Überschreitungen der zulässigen Immissionsrichtwerte für Mischgebiete ergeben. Im Nachzeitraum ergeben sich
Überschreitungen der Richtwerte nach der TA Lärm.
Die prognostizierten Gewerbeschallimmissionen innerhalb der Gewerbegebiete belaufen sich unter Berücksichtigung der für diese vorgesehenen
Emissionskontingentierung i. S. d. DIN 45691 teilweise auf mehr als
65 dB(A) im Nahbereich der Außenflächen des in diesem Bereich
vorhandenen Bestandsbetriebs. In diesem und anderen Teilen der
Gewerbegebiete sind darüber hinaus wesentliche Überschreitungen des
Nacht-Immissionsrichtwertes für Gewerbegebiete von 50 dB(A) zu erwarten
Die insoweit prognostizierten Überschreitungen der Immissionsrichtwertes
für die Tagzeit machen Schutzmaßnahmen an „heranrückenden“
gewerblichen Nutzungen erforderlich, die – wie etwa Büros – dem
dauernden Aufenthalt dienen. Die prognostizierten Überschreitungen der
Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit führen zu einer verminderten
Eignung des Gebiets für Nutzungen, die der Nachtruhe dienen, wie z. B.
Hotels und / oder Betriebsleiterwohnungen.
Die unter Bezug auf innerhalb und außerhalb des Plangebiets gelegene
Quellen prognostizierten Gewerbeschallimmissionen innerhalb der
Mischgebiete belaufen sich in dem betrachteten Szenario auf bis ca.
53 dB(A) nachts in besonders exponierten Bereichen. Der Immissionsrichtwert für Mischgebiete wird insoweit nachts um teilweise mehr als 5 dB(A)
überschritten. Die insoweit prognostizierten Gewerbeschallimmissionen
werden von der Stadt Krefeld als mit der Entwicklung von gemischt
genutzten Bereichen im Grundsatz vereinbar erachtet, soweit durch die
öffentlich-rechtliche Sicherung geeigneter Lärmschutzmaßnahmen das
Auftreten von Nutzungskonflikten ausgeschlossen wird.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
b) Geruchsimmissionsbelastung
Die zugrundeliegende gutachterliche Untersuchung umfasst eine Rasterbegehung zur Geruchsimmissionsermittlung gemäß Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL). In der GIRL wird die Methodik zur Erfassung von
Geruchsimmissionen beschrieben und es werden zudem Immissionswerte
als Maßstab für die höchstzulässige Geruchsimmission aufgeführt. Bei
diesen Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der
Geruchsstunden (eine Stunde wird dann als Geruchsstunde gewertet,
wenn die Summe der Zeitanteile mit Geruchswahrnehmungen in dieser
Stunde mehr als 6 Minuten beträgt). In Punkt 3.1 der GeruchsimmissionsRichtlinie werden folgende Immissionswerte genannt:
0,10 (10 %) für Wohn-/Mischgebiete
0,15 (15 %) für Gewerbe-/Industriegebiete
Diese Immissionswerte sind mit den Kenngrößen der Gesamtgeruchsbelastung zu vergleichen. Unter der Gesamtbelastung sind alle Geruchsimmissionen zu zählen, die nach ihrer Herkunft aus Anlagen erkennbar,
d. h. abgrenzbar sind, gegenüber Gerüchen aus dem Kraftfahrzeugverkehr,
dem Hausbrandbereich, der Vegetation, landwirtschaftlichen Düngemaßnahmen oder ähnlichem. Werden die Immissionswerte überschritten,
ist von einer erheblichen Belästigung durch Gerüche auszugehen.
Gemäß den Vorgaben der GIRL liegt der Standard-Untersuchungszeitraum
in der Regel bei 6 Monaten. Eine Verkürzung auf 3 Monate ist nur in
besonderen Fällen zulässig. Der Grund für diese relativ langen
Untersuchungszeiträume liegt darin, dass der Messzeitraum für das
Gesamtjahr repräsentativ sein soll.
In Abstimmung mit dem LANUV wurde seinerzeit im Rahmen des
Bebauungsplanverfahrens
Nr. 677/I
zunächst
ein
3-monatiger
Messzeitraum angesetzt, um festzustellen, ob im Plangebiet eine
Geruchsbelastung vorliegt. Die Ergebnisse der 3-monatigen Messungen
zeigen, dass der Immissionswert von 0,10 für Wohn- und Mischgebiete
teilweise überschritten wird, während der Immissionswert für Gewerbe- /
Industriegebiete im gesamten Plangebiet eingehalten wird. Darüber hinaus
trat der Windrichtungssektor Südsüdost im Vergleich zum langjährigen
Mittel während der Begehungen weniger häufig auf, wodurch nicht
ausgeschlossen werden konnte, dass potentielle Gerüche aus diesem
Bereich ggf. nicht vollständig erfasst werden konnten. Aus diesen Gründen
wurde damals in Abstimmung mit dem Gutachter, dem Fachbereich
09.06.2015
139
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Umwelt der Stadt Krefeld und dem LANUV entschieden, dass eine
Verlängerung des Begehungszeitraums um weitere 3 Monate auf
insgesamt 52 Begehungstage erforderlich war. Damit wurde der StandardMesszeitraum gemäß GIRL eingehalten. Auf diese Weise konnten
belastbare Ergebnisse gewonnen werden, die eine sachgerechte
Beurteilung der Immissionssituation ermöglichen. Nach Ausweitung des
Messzeitraumes auf 6 Monate zeigen die Ergebnisse, dass der
Immissionswert von 0,10 für Wohn- und Mischgebiete im
Bebauungsplangebiet teilweise erreicht, jedoch nicht mehr überschritten
wird (vgl. Abb. 2).
Die zu erwartende Zusatzbelastung durch Gerüche aufgrund der
gewerblichen Nutzung in den geplanten Gewerbegebieten wird
voraussichtlich gering ausfallen. Gewerbegebiete dienen nach § 8 BauNVO
„vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden
Gewerbebetrieben“. Im Zuge der Prüfung im Rahmen der Baugenehmigung
würden dabei empfindliche Nutzungen, wie zum Beispiel Wohnen, als
Maßstab für die Einstufung einer möglichen Belästigung dienen. Des
Weiteren wird im Vergleich zur Nutzung als Industriegebiet im Zusammenhang mit der geplanten Ausweisung als Gewerbe- und Mischgebiet die
industriell zulässige Nutzungsintensität reduziert. Deshalb sind eventuelle
zusätzliche Geruchsbelastungen bei Durchführung des Bebauungsplanes
Nr. 772 insgesamt allenfalls als gering einzustufen. Da nach der gutachterlichen Untersuchung jedoch im Plangebiet eine Geruchsvorbelastung
nachgewiesen worden ist, werden die voraussichtlichen Beeinträchtigungen durch Gerüche insgesamt als „mittel“ eingestuft.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Abb. 3: Gesamtergebnis der Untersuchung zur Ermittlung der vorhandenen
Geruchsbelastung (TÜV Nord Systems, 13. November 2008)
c) Störfallbetrachtung
Aufgrund der unmittelbaren Nähe zum CHEMPARK sind darüber hinaus
Auswirkungen möglicher Störfälle auf dem Betriebsgelände auf das
Plangebiet nicht auszuschließen. Deshalb sind die Anforderungen der
Richtlinie 96/82/EG (Seveso-II-Richtlinie) zu beachten. Die Seveso-IIRichtlinie dient der Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit
gefährlichen Stoffen und zur Begrenzung möglicher Unfallfolgen für
Mensch und Umwelt. Neben der Regelung spezieller Betreiberpflichten für
besonders gefahrenrelevante Industrieanlagen, richtet sich die Seveso-IIRichtlinie in Artikel 12 insbesondere auch an die Bauleitplanung. In
Artikel 12 wird ein Abstandsgebot zwischen potentiellen Störfallanlagen
und verschiedenen Umgebungsnutzungen wie Wohnbebauung oder
öffentlich genutzten Gebäuden gefordert. Um den Anforderungen der
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Seveso-II-Richtlinie in Verbindung mit § 50 BImSchG Rechnung zu tragen,
wurde im Rahmen des Bauleitplanverfahrens auf das vorliegende SevesoII-Gutachten aus dem Jahr 2008 zurückgegriffen. Zur Aktualität der
Untersuchung vgl. Kap. VII.4.3.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt „RheinBlick“ in
Bezug auf Störfallgesichtspunkte nicht in Frage gestellt wird. Die ermittelte
sogenannte „Achtungsgrenze“ beschränkt sich auf ca. 100 m bis 150 m ab
südlicher Werksgrenze des CHEMPARK’S. Innerhalb des Bereichs der
Achtungsgrenze werden spezielle Anforderungen an die Nutzung gestellt,
wobei die geplante Einstufung als Gewerbegebiet grundsätzlich
weiterverfolgt werden kann.
Die Naherholungsfunktion des Gebietes wird sich voraussichtlich im Zuge
der Durchführung der Bauleitplanung verbessern, sofern die
Aufenthaltsqualität für die Öffentlichkeit in Rheinnähe erhöht wird und die
Zugänglichkeit gewährleistet wird. Einen Beitrag zur Aufwertung können
beispielsweise die geplanten breiten Fußwege entlang des Rheins sowie
die vorgesehenen Begrünungen leisten.
Ferner beinhaltet der Bebauungsplan gemäß Abstandserlass NRW (2007)
eine Abstufung in den geplanten Gewerbegebieten hinsichtlich des
Störgrades zulässiger Betriebe. Von Norden nach Süden werden die
Gewerbegebiete GE 1 bis GE 4 im Hinblick auf den Schutz der Mischgebiete
im Süden sowie der Wohnnutzung außerhalb des Plangebiets gegliedert.
Ergänzend erfolgt eine Festlegung von Emissionskontingenten gemäß
DIN 45691. Auf diese Weise können potentielle Beeinträchtigungen aus
den neuen Gewerbegebieten auf die empfindlicheren Nutzungen im
südlichen Bereich von vornherein reduziert werden. Hinzu kommt, dass im
Rahmen der Ansiedlung neuer gewerblicher Betriebe diese die
Immissionswerte der TA Lärm und TA Luft einhalten müssen. Aus diesen
Gründen sind die voraussichtlichen Beeinträchtigungen durch die spätere
zusätzliche gewerbliche Nutzung im Plangebiet insgesamt als gering
einzustufen.
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Insgesamt liegen für große Teile des Plangebiets Überschreitungen der
schalltechnischen Orientierungswerte der DIN 18005 tags und / oder
nachts für Gewerbegebiete und Mischgebiete vor, die voraussichtlich zu
einer sehr erheblichen Beeinträchtigung des Schutzguts Mensch führen
werden.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
In Teilen der Mischgebiete werden Wohnungen ausgeschlossen. Zum
Schutz der innerhalb der verbleibenden Teile der Mischgebiete zulässigen
Wohnungen sowie von Arbeitsstätten, die besondere Schallschutzanforderungen aufweisen (Büros, Ladenlokale), wird durch Festsetzungen
des Bebauungsplans sichergestellt, dass Fassaden bzw. Fenster von
Gebäuden innerhalb des Bebauungsplangebiets so ausgestaltet werden,
dass die in der VDI-Richtlinie 2719 entsprechend dem Nutzungszweck von
Räumen definierten Innenraumpegel eingehalten werden.
Die baulichen Schallschutzmaßnahmen sind dabei so auszulegen, dass
sie eine ausreichende Abschirmung sowohl von Verkehrs- als auch von
Gewerbelärm gewährleisten. Für beide Lärmarten ist die Einhaltung der
festgesetzten Innenpegel jeweils gesondert nachzuweisen.
Dabei sind für Arbeitsstätten und Wohnräume, welche nicht der Nachtruhe
dienen (Wohnzimmer, Wohnküchen etc.), die bei der Bebauungsplanaufstellung ermittelten potenziellen Verkehrs- und Gewerbelärmbelastungen für den Tagzeitraum zugrunde zu legen. Für Räume, die als
Schlafräume dienen (Schlafräume, Kinderzimmer etc.), ist dabei
gegenüber sonstigen Wohnräumen ein um 10 dB(A) reduzierter Innenraumpegel einzuhalten. Die insoweit notwendigen Schutzmaßnahmen sind auf
der Grundlage der im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung zugrunde
gelegten potenziellen Immissionen zur Nachtzeit zu ermitteln.
Den Belangen der Lärmvorsorge wird damit umfänglich Rechnung
getragen.
Insbesondere aus Vorsorgegründen wird zusätzlich zu den festgesetzten
Schallschutzmaßnahmen im Bebauungsplan auf die – durch die
Vorbelastung des Plangebietes mit gewerblichen (teilweise tieffrequenten)
Schallimmissionen bedingte – teilweise Überschreitung der Immissionsrichtwerte i. S. d. TA Lärm für Mischgebiete von 45 dB(A) bzw. für
Gewerbegebiete von 50 dB(A) hingewiesen.
Unter Einsatz der festgesetzten Schallschutzmaßnahmen können gesunde
Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Plangebiet sichergestellt werden.
Aufgrund der gewerblichen Vorbelastung und den Berechnungsergebnissen zum Gewerbelärm sind ergänzend Vorgaben bei der Planung
zu beachten, um gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse für die
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Baugebiete zu schaffen. Zu nennen sind die Geräuschkontingentierung,
die Gliederung nach Abstanderlass und die Gliederung der Baugebiete
untereinander.
Nach dem beauftragten Geruchsgutachten kann im Plangebiet eine
erhebliche Beeinträchtigung durch Geruchsimmissionen ausgeschlossen
werden, da die entsprechenden Immissionswerte der GIRL nicht
überschritten werden. Aufgrund der bedingt erheblichen Vorbelastungssituation wird im Bebauungsplan auf die bestehende Geruchsvorbelastung
hingewiesen.
Die aus Störfallgesichtspunkten erforderliche Achtungsgrenze wird im
Bebauungsplan eingetragen und um einen Hinweis ergänzt. Für das
Gewerbegebiet GE 1, das innerhalb der Achtungsgrenze liegt, werden die
notwendigen spezifischen Restriktionen im Bebauungsplan Nr. 772
festgesetzt. Dazu gehört der Ausschluss empfindlicher Nutzungen wie zum
Beispiel betriebsbezogenes Wohnen, oder Einrichtungen mit hohem und
intensivem Publikumsverkehr, wie beispielsweise Kinos. Damit werden die
Anforderungen der Seveso-II-Richtlinie bzw. der Störfallverordnung erfüllt.
6.1.2 Pflanzen und Tiere/ Biotope/ Biologische Vielfalt
Derzeitiger Umweltzustand
Pflanzen/ Biotope/ Biologische Vielfalt:
Das Gelände unterliegt in Teilbereichen einer intensiven Nutzung, die
restlichen Flächen liegen brach. Große Teilbereiche sind versiegelt und mit
Gebäuden und Hofplätzen versehen. Vereinzelt sind Gehölzbestände
sowie Brachen und Ruderalflächen vorhanden. Zur Übersicht der im
Plangebiet vorhandenen Biotoptypen vergleiche Abbildung 4.
Die alten Mauern im Plangebiet stellen Sekundärstandorte für
Pflanzenarten natürlicher Felsbildungen dar. Insbesondere an den Mauern
zum Rhein hin, aber auch an den älteren, zum Teil bereits verfallenen
Gebäuden im nördlichen Teil des Plangebietes hat sich eine reichhaltige
Mauervegetation entwickelt. Von den typischen „Mauerpflanzen“ ist
besonders das Mauer-Zimbelkraut häufig. Stellenweise hat sich die
Zimbelkraut-Gesellschaft mit Quendelblättrigem Sandkraut und PlatthalmRispengras entwickelt. Bemerkenswert ist das Vorkommen des Ästigen
Glaskrauts, welches in der Roten Liste NRW als gefährdete Art eingestuft
wird. Zusammen mit dem Mauer-Zimbelkraut bildet es die artenarme und
nur schwer einzustufende Mauerglaskraut-Gesellschaft. Im Plangebiet
09.06.2015
144
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
wächst das Ästige Glaskraut hauptsächlich entlang der Außenmauern am
Rhein. Dabei erreicht es stellenweise Deckungsgrade von über 50 %.
Hervorzuheben ist des Weiteren der Park der Villa Müncker mit älterem
Baumbestand aus zum Beispiel Blutbuche, Gemeiner Rosskastanie und
Berg-Ahorn.
Avifauna:
Im Plangebiet wurden im Rahmen der ökologischen Untersuchung
insgesamt 31 Vogelarten festgestellt. Davon sind 22 Arten als Brut- und 9
als Gastvögel einzustufen (vgl. Tabelle 10: Liste der im Plangebiet
nachgewiesenen Vogelarten). Die Avifauna des Plangebiets entspricht
weitgehend den vorhandenen Biotoptypen. Sie setzt sich durchweg aus
weit verbreiteten und meist auch häufigen Vogelarten zusammen.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Abb. 4: Biotoptypen im Plangebiet
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Tab. 10: Liste der im Plangebiet nachgewiesenen Vogelarten
Nr.
Deutscher
Name
Wissenschaftl. Name
Rote Liste BNatSchG Bemerkungen
NRW
D
§
§§
-
VS
x
x
Bv für 1 Bp
-
-
x
-
mehrere Bp
-
-
x
-
1-2 Bp
Brutvögel (einschl. Brutverdacht)
1 Turmfalke
3 Ringeltaube
Falco tinnunculus
Columba
livia
domestica
Columba palumbus
4 Rabenkrähe
Corvus corone
-
-
x
-
1 Bp
5 Blaumeise
Parus caeruleus
-
-
x
-
mehrere Rev
6 Kohlmeise
Parus major
-
-
x
-
mehrere Rev
7 Zilpzalp
Mönchsgras8
mücke
Phylloscopus collybita
-
-
x
-
1 Rev
Sylvia atricapilla
-
-
x
-
1 Rev
-
-
x
-
mehrere Rev
-
VS
x
-
mehrere Rev
2 Straßentaube
f.
10 Star
Troglodytes
troglodytes
Sturnus vulgaris
11 Amsel
Turdus merula
-
-
x
-
mehrere Rev
12 Singdrossel
Turdus philomelos
9 Zaunkönig
-
-
x
-
2 Rev
13 Grauschnäpper Muscicapa striata
-
-
x
-
1 Rev
14 Rotkehlchen
Hausrot15
schwanz
Heckenbrau16
nelle
17 Haussperling
Erithacus rubecula
-
-
x
-
1 Rev
Phoenicurus ochruros
-
-
x
-
mehrere Rev
Prunella modularis
-
-
x
-
mehrere Rev
Passer domsticus
-
V
x
-
Bv
18 Bachstelze
Motacilla alba
-
V
x
-
1 Rev
19 Buchfink
Fringilla coelebs
-
-
x
-
mehrere Rev
20 Grünfink
Carduelis chloris
-
-
x
-
1-2 Rev
21 Stieglitz
Carduelis carduelis
-
-
x
-
2-3 Rev
22 Bluthänfling
Carduelis cannabina
-
V
x
-
1 Rev
23 Stockente
Anas platyrhynchos
-
-
x
-
-
24 Jagdfasan
Phasianus colchicus
-
-
x
-
-
25 Eichelhäher
Garrulus glandarius
-
-
x
-
-
26 Schwanzmeise Aegithalos caudatus
-
-
x
-
-
27 Fitis
Sumpfrohr28
sänger
Phylloscopus trochilus
-
V
x
-
-
Acrocephalus palustris
-
-
x
-
-
Gastvögel
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
GartengrasSylvia borin
mücke
30 Dorngrasmücke Sylvia communis
29
31 Girlitz
Serinus serinus
-
-
x
-
-
-
-
x
-
-
-
-
x
-
-
Erläuterungen zur Tabelle 10:
Gefährdungsangaben entsprechend der Roten Liste der gefährdeten Vögel in NRW bzw.
Deutschland (5. Fassung, 2008):
0:
Ausgestorben oder Verschollen
R:
Arealbedingt selten
1:
Vom Aussterben bedroht
2:
Stark gefährdet
3:
Gefährdet
-:
Ungefährdet
V:
Vorwarnliste
S:
dank Schutzmaßnahmen gleich, geringer oder nicht mehr gefährdet (als
Zusatz zu*, V, 3, 2,1 oder R)
BNatSchG:
Schutzstatus gemäß Bundesnaturschutzgesetz
(§ = besonders geschützt, §§ = streng geschützt)
Rev
Revier(e)
Bp:
Brutpaar(e)
Bv:
Brutverdacht: Brut nicht sicher bestätigt, aufgrund der Beobachtungen
aber anzunehmen
Gastvogel:
Nahrungsgast (Art sucht das Plangebiet sporadisch oder regelmäßig zur
Nahrungsaufnahme auf) oder Durchzügler (Art sucht das Plangebiet nur
kurzfristig während des Durchzuges auf)
Fledermäuse:
Im Rahmen der beiden durch IVÖR und Echolot durchgeführten
Fledermauskartierungen wurden an mehreren Stellen jagende oder
fliegende Fledermäuse beobachtet. Intensiv genutzte Jagdgebiete konnten
insbesondere über dem Rhein bis zu den angrenzenden Gebäudefronten,
im Park Müncker sowie in den an diesen nach Norden angrenzenden
Brachflächen festgestellt werden. In der nachfolgenden Tabelle sind die
dokumentierten Arten aufgeführt. Des Weiteren wurden im Rahmen der
Kartierung durch IVÖR einzelne, nicht bestimmbare Fledermäuse sowie
nicht exakt bestimmbare Tiere der Gattung Myotis (Mausohrfledermäuse)
festgestellt.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Tab. 11: Liste der im Plangebiet nachgewiesenen Fledermausarten
RL
NRW
-
RL
D
-
streng
geschützt
x
besonders
geschützt
x
Nyctalus noctula
V
3
x
x
Pipistrellus nathusii
Myotis daubentonii
G
3
-
x
x
x
x
Myotis mystacinus
3
3
x
x
2
2
x
x
Deutscher Name
Wissenschaftlicher Name
Zwergfledermaus
Großer
Abendsegler
Rauhautfledermaus
Wasserfledermaus
Kleine
Bartfledermaus*
Große
Bartfledermaus*
Pipistrellus pipistrellus
Myotis brandtii
* Nachweis nicht gesichert, da Vertreter der Gattung Myotis schwer bestimmbar sind.
Erläuterungen zur Tabelle 11:
Einstufung für die Rote Liste Nordrhein-Westfalen (RL NRW, Nov. 2010) und für die Rote
Liste Deutschland (RL D):
0
Ausgestorben oder verschollen
1
Vom Aussterben bedroht
2
Stark gefährdet
3
Gefährdet
V
Vorwarnliste
I
Gefährdete wandernde Tierart
ungefährdet
G
Gefährdung mit unbekanntem Ausmaß
Bedeutung und Empfindlichkeit
Pflanzen/ Biotope/ Biologische Vielfalt:
Aus floristisch-vegetationskundlicher Sicht ist das Plangebiet aktuell
überwiegend nicht als schutzwürdig einzustufen. Die vereinzelten
Gehölzbestände sowie die Brachen und Ruderalflächen bieten im
Wesentlichen nur allgemein weit verbreiteten und häufigen Arten adäquate
Lebensraumbedingungen. Bei den meisten Bäumen im Plangebiet handelt
es sich mit Ausnahme des Müncker Parks um geringes bis mittleres
Baumholz oder um Stangenholz.
Hervorzuheben sind die nachgewiesenen Vegetationsbestände an mehreren alten Mauern, die teilweise gefährdeten Pflanzenarten Lebensraum
bieten. So gehört die Zimbelkraut-Gesellschaft (Cymbalarietum muralis)
und die Mauerglaskraut-Gesellschaft (Parietarietum judaicae) zu den im
Niederrheinischen Tiefland regional gefährdeten Pflanzengesellschaften,
wobei die Mauerglaskraut-Gesellschaft auch für NRW als gefährdet eingestuft wird. Darüber hinaus wird das Ästige Glaskraut (Parietaria judaica)
in der Roten Liste NRW als gefährdete Art geführt. Sie ist jedoch weder
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Bebauungsplan Nr. 772
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VII. Umweltbericht
besonders noch streng geschützt und deshalb nicht planungsrelevant im
Sinne von KIEL (LANUV 2007). Von den in NRW vorkommenden streng
geschützten Farn- und Blütenpflanzen sind auf dem Betriebsgelände auf
Grund der vorhandenen Habitatverhältnisse auch potenziell keine Arten zu
erwarten.
Während der vorhandenen Mauervegetation aufgrund des Vorkommens
gefährdeter Arten eine allgemeine bis besondere Bedeutung zukommt,
weist das Plangebiet darüber hinaus eine geringe Bedeutung für das
Schutzgut auf. Eine Ausnahme stellt der Park der Villa Müncker dar, der
unter Denkmalschutz gestellt ist und zudem aufgrund des alten Baumbestandes insbesondere Lebensraum für Baum-, Gebüschbrüter und
Insekten bietet. Aus diesen Gründen wird der Müncker-Park ebenfalls als
Bereich mit besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung eingestuft.
Avifauna:
Das Artenspektrum im Plangebiet setzt sich aus typischen Siedlungsarten,
meist Park- und Gartenvögeln sowie wenigen Arten der halboffenen
Kulturlandschaft (Bluthänfling, Fitis, Dorngrasmücke) zusammen. Mit dem
Turmfalken und der Straßentaube sind auch Leitarten des innerstädtischen
Bereichs und der Industriegebiete vorhanden. Keine der im Plangebiet
festgestellten Arten gilt gemäß den Roten Listen der in NRW bzw.
Deutschland gefährdeten Vogelarten als bestandsgefährdet. Die
Dorngrasmücke wird für NRW als ungefährdet eingestuft. Auf der
Vorwarnliste Deutschlands sind der in NRW noch weit verbreitete
Haussperling sowie die Bachstelze, der Bluthänfling und der Fitis
(Gastvogel) gelistet. Nach der Rote Liste und dem Artenverzeichnis der
Brutvögel – Aves – in Nordrhein-Westfalen sind der Turmfalke und der Star
unter der Vorwarnliste mit dem Zusatz geführt, dass die Gefährdung von
Schutzmaßnahmen abhängt.
Alle im Plangebiet vorkommenden Vogelarten besitzen in der Regel einen
breiten Spielraum bzgl. ihrer ökologischen Ansprüche und ihres
Verhaltens. Die Artendiversität ist insgesamt als gering zu bezeichnen, was
in erster Linie in der Kleinflächigkeit des Plangebiets und seiner Lage bzw.
Nutzung im Siedlungs- / Ballungsraum begründet ist.
In den §§ 44 und 45 BNatSchG werden die Anforderungen des besonderen
Artenschutzrechts beschrieben. Während in § 44 BNatSchG die
artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände aufgeführt werden, umfasst
§ 45 BNatSchG mögliche Ausnahmeregelungen. Im Artenschutzrecht wird
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
zwischen besonders und streng geschützten Arten unterschieden (vgl. § 7
BNatSchG). Im Plangebiet unterliegt lediglich eine der festgestellten
Vogelarten – der Turmfalke – dem strengen Artenschutz. Alle anderen
Arten sind jedoch als europäische Vogelarten pauschal besonders
geschützt, einige Arten sind daneben aufgrund der BArtSchV oder der EGArtSchVO auch streng geschützt (z. B. alle Greifvögel und Eulen). Nach KIEL
(LANUV 2007) ist im Hinblick auf besonders geschützten Vogelarten
folgendermaßen zu differenzieren:
Unter den Vögeln sind alle europäischen Vogelarten besonders geschützt,
obwohl sich auch hierunter zahlreiche weit verbreitete und ungefährdete
Arten befinden. Von der großen Zahl besonders geschützter Arten sind
deshalb (nur) diejenigen als planungsrelevant4 einzustufen, die in der Liste
des LANUV aufgeführt sind. Von den sonstigen besonders geschützten
Arten sind darüber hinaus die nach der Roten Liste als gefährdet
eingestuften Arten sowie Koloniebrüter einzubeziehen.
In Folge der oben genannten Gründe beschränkt sich im Plangebiet die
Prüfung der Belange des besonderen Artenschutzes auf den Turmfalken,
der in Anhang A der EG-Artenschutzverordnung Nr. 338/97 aufgeführt ist
und damit dem strengen Artenschutz unterliegt (vgl. Kap. 6.2).
Zusammenfassend betrachtet weist das Plangebiet eine allgemeine
Bedeutung für die Avifauna auf. Eine besondere Empfindlichkeit gegenüber
Eingriffen ist nicht gegeben, weil die potentiell betroffenen Vogelarten eine
hohe
Anpassungsfähigkeit
gegenüber
Lebensraumveränderungen
aufweisen.
Fledermäuse:
Auf die Bedeutung und Empfindlichkeit der im Plangebiet nachgewiesenen
Fledermausarten wird in Kapitel 6.2. eingegangen, da alle Fledermausarten
dem besonderen Artenschutz unterliegen.
Planungsrelevante Arten sind eine naturschutzfachlich begründete Auswahl derjenigen
geschützten Arten, die bei einer Artenschutzprüfung (ASP) im Sinne einer Art-für-Art-Betrachtung
einzeln zu bearbeiten sind (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und
Verbraucherschutz des Landes (Hrsg.) NRW 2011: Vorschriften zum Schutz von Arten und
Lebensräumen in NRW).
4
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Vorbelastungen
Durch die innerstädtische Lage in Verbindung mit einem hohen
Versiegelungsgrad und gestörten Bodenverhältnissen (vgl. Kap. 6.1.3) ist
das Plangebiet anthropogen stark vorbelastet.
Auf den zum Rhein gelegenen alten Mauern wird die Mauervegetation
teilweise durch beginnende Verbuschung beeinträchtigt.
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Pflanzen/ Biotope/ Biologische Vielfalt:
Der Bebauungsplan sieht keine Überplanung der Außenmauern entlang
des Rheins innerhalb der Flächen für Hochwasserschutzmaßnahmen vor,
auf denen sich das Vorkommen schützenwerter Mauervegetation im
Wesentlichen konzentriert. Deshalb sind hier in Folge der Bebauungsplanung keine Beeinträchtigungen zu erwarten. Sanierungsarbeiten aus
Hochwasserschutzgründen könnten jedoch hohe Beeinträchtigungen
auslösen, da ggf. Mauern erhöht oder neu befestigt werden müssten. Des
Weiteren kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Teilbereichen eine
Beeinträchtigung der Mauervegetation durch die Anlage von Treppenanlagen von den öffentlichen Verkehrsflächen zum Unteren Werft erfolgen
wird. Dadurch wäre eine mittlere Beeinträchtigung der Mauervegetation zu
erwarten. Dieser Aspekt ist im Rahmen des bereits eingeleiteten
Planfeststellungsverfahrens zur Ertüchtigung der Hochwasserschutzanlage
zu prüfen. Im Rahmen des Scopingverfahrens wurde dieser Untersuchungsumfang und Aspekt thematisiert. Nähere Regelungen bleiben der Fachplanung vorbehalten. Der Bebauungsplan weist auf dieses Verfahren hin.
Die übrigen Mauervegetationsbestände insbesondere an den Gebäuden im
nördlichen Plangebiet werden unter Umständen nicht erhalten bleiben. Da
dort überwiegend jedoch nur punktuell wenige Exemplare bemerkenswerter Mauerpflanzen anzutreffen sind, ist in diesem Fall ebenfalls von
einer mittleren Beeinträchtigung auszugehen.
Ein Eingriff in den Park der „Villa Müncker“ kann im Zuge der Durchführung
der Bebauungsplanung ausgeschlossen werden, weil der Park im
Bebauungsplan mit einer Erhaltungsbindung versehen ist und zudem unter
Denkmalschutz steht. Allerdings führt die geplante Bebauung an der
nördlichen Parkgrenze zu einer Isolation des Parkgeländes. Da aber im
Rahmen der ökologischen Untersuchung im Plangebiet anpassungsfähige
und wenig spezialisierte Tierarten nachgewiesen worden sind, ist im
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Hinblick auf den lokalen Biotopverbund hier nur von einer geringen
Beeinträchtigung auszugehen.
Darüber hinaus ist ein weitgehender Verlust der im Plangebiet vorhandenen Biotopstrukturen zu erwarten. Da im Plangebiet mit Ausnahme der
oben aufgeführten Vegetationsbestände keine naturschutzfachlich hochwertigen Biotope festgestellt worden sind, ist dieser Eingriff als mittlere
Beeinträchtigung zu werten.
Die geplante Pflanzung von insgesamt ca. 50 Bäumen im Plangebiet
beinhaltet eine positive Wirkung für die ökologische Situation im
Plangebiet. Insbesondere wenn einheimische und früchtetragende Arten
ausgewählt werden, die eine Lebensraumbedeutung für die Fauna
aufweisen.
Avifauna:
Alle im Plangebiet registrierten Vogelarten sind weit verbreitet und mehr
oder weniger häufig. Die landesweit gute Bestandssituation der im
Plangebiet nachgewiesenen Vogelarten wird auch durch aktuelle
Verbreitungskarten belegt. Die Arten verlieren durch das Vorhaben im
Plangebiet zwar einen Teil ihres Lebensraumes, aufgrund ihrer
Anpassungsfähigkeit und Häufigkeit im Umfeld werden sie aber keine
Beeinträchtigung ihrer lokalen / regionalen Populationen erfahren. Die zu
erwartenden Beeinträchtigungen auf die Avifauna sind deshalb insgesamt
als gering einzustufen. Diese Einschätzung würde jedoch nicht zutreffen,
wenn die spätere Bauphase in den Zeitraum möglicher Brutzeiten vom 01.
März bis 30. September fallen würde. In diesem Fall wären Tierverluste
wahrscheinlich, was eine hohe Beeinträchtigung bedeuten würde.
Für den im Plangebiet nachgewiesenen Turmfalken erfolgt eine artenschutzrechtliche Prüfung hinsichtlich möglicher Beeinträchtigungen
gesondert in Kapitel 6.2.
Fledermäuse:
Alle im Plangebiet nachgewiesenen Fledermausarten sind streng
geschützt. Sie werden deshalb hinsichtlich der potenziellen
vorhabensbedingten Auswirkungen ebenfalls in Kapitel 6.2 gesondert
betrachtet.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Obwohl im Sinne des Artenschutzes keine planungsrelevanten
Pflanzenarten nachgewiesen worden sind, würde ein weitgehender Verlust
der schützenswerten Mauervegetation im Plangebiet eine erhebliche
Umweltauswirkung bedeuten. Durch im Bebauungsplan festgesetzte
Schutzmaßnahmen, insbesondere im besonders hochwertigen Bereich der
Flächen für Hochwasserschutzmaßnahmen, können diese Beeinträchtigungen jedoch voraussichtlich vermieden werden (vgl. Kap. 9.1). Darüber
hinaus sind Pflegemaßnahmen erforderlich, die eine Verbuschung der
Mauervegetationsbestände verhindern.
Die Auswirkungen auf den Park der Villa Müncker sind nicht erheblich,
sofern ein direkter Eingriff in den Park ausgeschlossen wird. Durch die
vorgesehene Erhaltungsbindung wird dieser Schutz sichergestellt.
Der weitere Verlust an Vegetationsbeständen ist als bedingt erheblich zu
werten. In diesem Zusammenhang führen die geplanten Baumpflanzungen
zu einem gewissen Ausgleich der voraussichtlichen Eingriffe in die Biotopstrukturen des Plangebiets (vgl. Kap. 9.2). Zudem wird im Bebauungsplan
auf die erhöhten städtebaulichen Dichtewerte reagiert, indem als
Ausgleich Dachbegrünungen (extensive Begrünung) bzw. Tiefgaragenbegrünungen (intensive Begrünung) festgesetzt werden (vgl. Kap. 9.1 und
9.2). Neben stadtgestalterischen Aspekten bietet diese Maßnahme auch
positive Synergieeffekte für das Stadtklima und die Entwässerung.
Erhebliche Umweltauswirkungen auf die Avifauna können vermieden
werden, sofern Eingriffe während der Brutzeit ausgeschlossen werden (vgl.
Kap. 9.1)
6.1.3 Boden
Derzeitiger Umweltzustand
Geologisch liegt das Plangebiet im Bereich der eiszeitlichen Niederterrasse
des Rheins, die aus mittel- bis feinsandigen Sanden besteht. Darüber
befindet sich eine unterschiedlich mächtige Decke aus Tallehmen und
Talsanden, die sich in der Nacheiszeit während Hochflutzeiten auf den
Uferbereichen abgesetzt hat. Diese Tallehme und Talsande sind in der
Vergangenheit teilweise durch anthropogene Auffüllungen ersetzt worden,
die heute in unterschiedlichen Mächtigkeiten vorliegen. Von einer auf
diese Weise anthropogen geprägten Bodenbildung kann im gesamten
Plangebiet ausgegangen werden.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Bedeutung und Empfindlichkeit
Aufgrund der anthropogenen Überprägung und damit verbundenen
geringen Naturnähe weist der vorherrschende Boden im Plangebiet nur
eine geringe Bedeutung für das Schutzgut auf. Nach der
Stadtbodenkartierung der Stadt Krefeld besteht zudem keine besondere
Empfindlichkeit gegenüber Eingriffen und ist auch keine besondere
Schutzwürdigkeit des Bodens ausgewiesen.
Vorbelastungen
Durch die langjährig industrielle Nutzung des Gebiets ist der Boden im
Plangebiet stark anthropogen verändert. Der hohe Versiegelungsgrad stellt
eine wesentliche Belastung dar, weil die natürlichen Bodenfunktionen
durch die Versiegelung stark eingeschränkt werden bzw. vollständig
verloren gehen. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit in hohen Maße
Auffüllungen vorgenommen worden sind, die eine natürliche Bodenbildung
verhindern.
Des Weiteren kann im Plangebiet das Vorliegen von schädlichen
Bodenveränderungen nach § 2 Abs. 3 BBodSchG nicht ausgeschlossen
werden. Danach umfassen schädliche Bodenveränderungen Beeinträchtigungen von Bodenfunktionen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder
erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit
herbeiführen können. Folgende Altlastenverdachtsflächen (ALVF) sind im
Kataster der Stadt Krefeld aufgeführt:
Ehemalige Margarinefabrik Holz & Willemsen (ALVF Nr. 906)
Spedition Müncker (ALVF Nr. 1014)
Spedition, Am Zollhof 6-8 (ALVF Nr. 174)
Bei den im Plangebiet vorhandenen Altlastenverdachtsflächen handelt es
sich um Grundstücke stillgelegter Anlagen oder sonstiger Grundstücke, auf
denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist. Deshalb
besteht auf diesen Flächen der Verdacht, dass Verunreinigungen
vorhanden sind, wie beispielsweise erhöhte Schwermetallgehalte, die
schädliche Bodenveränderungen hervorrufen können.
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Mit der Bebauungsplanaufstellung werden die Grundlagen für spätere
Bautätigkeiten geschaffen, die zu einer Versiegelung des Bodens führen
werden. Sofern davon bisher unversiegelte Bodenbereiche betroffen sind,
werden dadurch auch dort die natürliche Bodenfunktionen verloren gehen.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Zu den natürlichen Bodenfunktionen zählen gemäß § 2 Abs. 2 BBodSchG
die Funktionen des Bodens als
Lebensgrundlage für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen,
Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und
Nährstoffkreisläufen,
und
Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen
aufgrund der Filter-, Puffer-, und Stoffumwandlungseigenschaften des
Bodens, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers.
Aufgrund der vorhandenen anthropogenen Überprägung ist allerdings
davon auszugehen, dass die natürlichen Bodenfunktionen im Plangebiet
derzeit nur eingeschränkt erfüllt werden. Dennoch besitzen unversiegelte
Teilbereiche in einem ansonsten hoch versiegelten Umfeld eine erhöhte
Wertigkeit. Die voraussichtlichen Beeinträchtigungen für die bisher
unversiegelten Bodenbereiche werden deshalb zusammenfassend als
„mittel“ eingestuft.
Bei späteren Bautätigkeiten auf bereits versiegelten Flächen sind keine
zusätzlichen negativen Umweltauswirkungen zu erwarten. Eine
Entsiegelung von Flächen, beispielweise zur Realisierung neuer
Grünflächen, würde hingegen eine positive Wirkung erzielen.
Eine genaue Berechnung der rechtlich maximal möglichen Versiegelung zur
Darstellung der zu erwartenden Veränderung des Versiegelungsgrads in m2
ist im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens Nr. 772 nicht möglich, da
zuvor die Zulässigkeit von Bauvorhaben nach § 34 BauGB beurteilt worden
ist. Eine Gegenüberstellung der früheren Grundflächenzahl (GFZ) zur
geplanten GFZ ist damit nicht durchführbar. Darüber hinaus werden insbesondere in den Mischgebieten die Obergrenzen des zulässigen Maßes
der baulichen Nutzung gemäß § 17 BauNVO aus städtebaulichen Gründen
teilweise deutlich überschritten. Deshalb ist im Plangebiet voraussichtlich
weiterhin von einem hohen Versiegelungsgrad auszugehen.
Zudem kommt eine Beeinträchtigung des Bodens aufgrund vorübergehender Flächeninanspruchnahme durch Baustelleneinrichtung und das
Lagern von Baumaterial in Betracht. Aufgrund der hohen Vorbelastung und
der flächendeckend vorhandenen Auffüllungen sind hier keine oder nur
geringe zusätzliche Beeinträchtigungen zu erwarten. Des Weiteren sind im
Rahmen der späteren Nutzung stoffliche Einträge durch Kfz-Verkehr und
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
gewerbliche Produktion möglich. Diese Beeinträchtigungen können jedoch
als gering eingestuft werden.
In den Bereichen bekannter Altlastenverdachtsflächen können hohe
Beeinträchtigungen des Schutzguts nicht ausgeschlossen werden. Neben
einer Beeinträchtigung des Schutzguts Bodens können durch Altlasten
auch Gefahren für das Grundwasser und die Gesundheit des Menschen
ausgehen. Zur Abschätzung der potentiellen Gefährdungslage wird auf das
Gutachten zur Gefährdungsabschätzung vorhandener Altlastenverdachtsflächen entsprechend der Vorgaben des Bundesbodenschutzgesetzes
(BBodSchG) zurückgegriffen. In der Verordnung zum BBodSchG werden
differenziert für Kinderspielplätze, Wohnnutzung, Park- und Freizeitanlagen sowie Industrie- und Gewerbeflächen jeweils entsprechende
Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerte angegeben. Zur Differenzierung
dieser Bewertungsmaßstäbe vergleiche nachfolgende Abbildung 5.
Abb. 5: Bewertungsmaßstäbe nach BBodSchG
Das Gutachten kommt zu folgenden Ergebnissen:
Fläche südlich Zollamt (ehemalige Spedition):
Die Fläche kann weitgehend als altlastenfrei bezeichnet werden. Die
vorhandene Auffüllung kann auch bei sensiblen Nutzungen, wie Wohnen
oder Kinderspiel, vor Ort verbleiben bzw. kann problemlos wiederverwertet
oder entsorgt werden.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Park der Villa Müncker:
Auf dem Boden des Müncker Parks sind in der Vergangenheit Auffüllungen
vorgenommen worden. Dadurch liegen teilweise erhöhte Bleigehalte vor,
die den Prüfwert für Kinderspielflächen bzw. für Wohnnutzung
überschreiten. Unter heutiger Nutzung als nicht öffentlicher Park ist aus
diesen Gehalten jedoch keine Gefährdung abzuleiten.
Grundstück Müncker (ehemalige Spedition):
Bis auf drei Teilbereiche ist das Grundstück wenig auffällig im Hinblick auf
Schadstoffe im Boden. Bei gewerblicher Nutzung und der
flächendeckenden Versiegelung des Grundstücks liegt derzeit keine
Gefährdung durch die teilweise erhöhten Schwermetallgehalte und die
lokal erhöhten Kohlenwasserstoffe und PAK vor. Bei einer
Nutzungsänderung hin zu einer sensibleren Nutzung wie Wohnen oder
Spielen ist in den betroffenen drei Bereichen ein Bodenaustausch
vorzunehmen.
Im Bebauungsplan erfolgt eine Kennzeichnung. Bei Nutzungsänderungen
oder baulichen Veränderungen ist im Rahmen des erforderlichen
Genehmigungsverfahrens eine Detail-Untersuchung des Bodens und ggf.
ein Sanierungskonzept erforderlich. Der Umgang der Detailuntersuchung
des Boden sowie des ggf. erforderlichen Sanierungskonzeptes ist mit der
Stadt Krefeld, Fachbereich Umwelt, abzustimmen.
Grundstück Holz & Willemsen (ehemalige HOWINOL-Fabrik):
Hier wurde eine Belastung des Bodens mit Schadstoffen festgestellt. Ein
Handlungsbedarf bei der weiteren Nutzung als Gewerbegebiet besteht
jedoch nicht, da die gefundenen Schadstoffbelastungen nicht die für
Gewerbegebiete vorgesehen Werte überschreiten. Bei ggf. im Rahmen von
Baumaßnahmen erforderlichem Bodenaustausch würden gewisse
Einschränkungen bei der Wiederverwertung bestehen (Einstufung als Z1Material).
Eine Gefährdung des Grundwassers durch die nachgewiesen Altlasten
besteht nicht, dies ergibt sich aus den nach BBodSchG durchgeführten
Auslaugversuchen (Eluate). Die Bodenluftuntersuchungen blieben
ebenfalls ohne Befund.
Die Altlastenuntersuchung hat ergeben, dass trotz der weit über
hundertjährigen Nutzung des Geländes als Industriegebiet die gefundenen
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Bodenbelastungen insgesamt als gering einzustufen sind. Die Belastungen
erklären sich überwiegend durch die Einarbeitung von Bauschutt, Aschen
und Schlacken in den natürlichen Boden. Dies wurde üblicherweise
gemacht, um die Flächen besser befahr- und begehbar zu machen und um
Höhenunterschiede auszugleichen. Es handelt sich dabei bei den
Ablagerungen nicht um Produktionsabfälle. Später wurde die Fläche weitgehend durch Pflasterung, meistens mit Betonverbundsteinen, versiegelt.
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Im Plangebiet herrscht ein anthropogen überprägter Boden vor, der zudem
in hohem Maße versiegelt ist. Mögliche erhebliche Auswirkungen durch
Neuversiegelung beschränken sich deshalb auf bisher unversiegelte
Flächen.
Die Untersuchungen zeigen, dass Prüfwertüberschreitungen nach der
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, die bei der jetzigen
Nutzung einen akuten oder langfristigen Handlungsbedarf erfordern, nicht
vorliegen. Jedoch stehen die nachgewiesenen Bodenverunreinigungen
einer sensiblen Nutzung als Wohnfläche oder Kinderspielfläche auf einigen
Teilflächen entgegen. Damit hier erhebliche negative Umweltauswirkungen
vermieden werden können, werden die belasteten Flächen daher im
Bebauungsplan als Altlastflächen gekennzeichnet und Anforderungen an
den erforderlichen Bodenaustausch festgelegt. Nähere Regelungen bleiben
den Vorgaben der Unteren Bodenschutzbehörde vorbehalten. Diese
erfolgen auf der Grundlage der Ergebnisse der Detailuntersuchungen und
der ggf. erforderlichen Sanierungskonzeption.
6.1.4 Wasser
Derzeitiger Umweltzustand
Das Plangebiet liegt außerhalb von festgesetzten oder geplanten
Wasserschutzgebieten. Östlich des Plangebiets befindet sich direkt
angrenzend der Rhein.
Zwischen dem geplanten Baugebiet und dem Rhein befindet sich eine
Hochwasserschutzanlage. Der südliche Randbereich des Plangebiets liegt
zudem in der Deichschutzzone III des Rheindeichs, der südlich des
Plangebiets den Hochwasserschutz sicherstellt.
Das gesamte Plangebiet befindet sich in einem Hochwasser-Risikogebiet
gemäß § 73 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Dies bedeutet, dass
eine Überschwemmung bei Extremhochwässern bzw. bei Versagen der
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Hochwasserschutzeinrichtungen im Hochwasserfall möglich ist. Des
Weiteren ist der Bereich entlang der Unteren Werft sowie im Kreuzungsbereich zwischen der Unteren Werft und der Dujardinstraße als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Überschwemmungsgebiete sind nach
§ 76 WHG Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder
Hochufern und sonstigen Gebieten, die bei Hochwasser überschwemmt
oder durchflossen oder die für Hochwasserentlastung oder Rückhaltung
beansprucht werden.
Das Grundwasser fließt innerhalb hoch durchlässiger Terrassenablagerungen von Westen nach Osten in Richtung Rhein. Bei
Rheinhochwasser infiltriert Flusswasser in entgegen gesetzter Richtung in
die Terrassensande und -kiese hinein.
Bedeutung und Empfindlichkeit
Nach der Stadtbodenkartierung der Stadt Krefeld weist das Plangebiet
keine besondere Bedeutung für die Grundwasserneubildung im
städtischen Bereich auf. Da das Plangebiet darüber hinaus in keinem
Wasserschutzgebiet liegt und viele Flächen versiegelt sind, kann im
Hinblick auf den Aspekt der Grundwasserneubildung von einer
allgemeinen Bedeutung ausgegangen werden. In Bezug auf
Schadstoffeinträge weist das Schutzgut Grundwasser grundsätzlich eine
besondere Empfindlichkeit auf. Hinzu kommt, dass im Plangebiet eine
hohe Durchlässigkeit des Bodens gegeben ist und damit die
Schutzwirkung des Bodens vor Schadstoffeinträgen in das Grundwasser
nur gering ausgeprägt ist.
Der Rhein stellt ein Gewässer erster Ordnung dar und ist als
Bundeswasserstraße ausgewiesen. Im Plangebiet ist der Rhein naturfern
ausgebaut, weist aber davon unabhängig als Oberflächengewässer für den
Naturhaushalt und insbesondere für die Fischfauna generell eine
besondere ökologische Bedeutung auf.
Vorbelastungen
Aufgrund der im Plangebiet vorhandenen industriellen Nutzung sowie der
bekannten Altlastenverdachtsflächen kann eine gewisse Belastung des
Grundwassers durch Schadstoffeinträge nicht ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus schränkt der hohe Versiegelungsgrad die Grundwasserneubildungsrate im Plangebiet ein.
09.06.2015
160
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Für die Niederschlagsversickerung im Plangebiet sind in Abstimmung mit
der Unteren Wasserbehörde und der Stadtwerke Krefeld (SWK) folgende
Rahmenbedingungen vorgesehen, auf die im Bebauungsplan hingewiesen
wird:
Alle anfallenden Niederschlagswässer sind im Trennsystem zu entwässern.
Das Trennsystem bedeutet, dass die Niederschlagswässer entweder in den
Regenwasserkanal und über das Auslaufbauwerk der Stadtwerke Krefeld in
den Rhein oder über ein Einleitungsbauwerk an der Hochwasserschutzmauer direkt in den Rhein geleitet werden. Die genaue Ausgestaltung der
Entwässerungskonzeption und die Möglichkeit einer Niederschlagswasserversickerung werden im Zuge der Baugenehmigung im Rahmen eines
Bewirtschaftungskonzeptes geklärt, welches mit dem Fachbereich Umwelt
bzw. der Unteren Wasserbehörde abgestimmt wird. Eine Versickerung von
Niederschlagswasser ist nicht vorgegeben; falls sie geplant wird, muss ein
Antrag auf eine wasserrechtliche Erlaubnis beim Fachbereich Umwelt
gestellt werden.
Eine Beeinträchtigung der Wasserqualität des Rheins kann ausgeschlossen werden, weil kein belastetes Niederschlagswasser eingeleitet
werden soll.
Bei der vorhandenen Mauer zwischen den Baugebieten und dem Unteren
Werft handelt es sich um eine bestehende Hochwasserschutzanlage, die
im Bebauungsplan vermerkt ist.
Die bestehende Hochwasserschutzanlage ist zu erhalten. Bauliche
Eingriffe innerhalb der festgesetzten Flächen für Hochwasserschutzmaßnahmen sind nur mit Zustimmung der Stadt Krefeld sowie der
zuständigen Hochwasserschutzbehörde bei der Bezirksregierung
Düsseldorf zulässig. Diese Hochwasserschutzanlage muss zwar
entsprechend den Anforderungen des Bemessungshochwassers 2004
ertüchtigt werden. Für die Hochwasserschutzanlage ist die Stadt Krefeld
hochwasserpflichtig. Die Verpflichtung besteht allerdings unabhängig von
der Gebietsausweisung des Bebauungsplanes Nr. 772: Regelungen zur
Ertüchtigung der Hochwasserschutzanlage obliegen einem Planfeststellungsbeschluss bzw. vom Antragsteller einzuholenden wasserrechtlichen Genehmigungen / Erlaubnissen.
09.06.2015
161
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Es sind keine erheblichen negativen Auswirkungen auf das Schutzgut
Wasser zu erwarten.
6.1.5 Klima/ Luft
Derzeitiger Umweltzustand
Nach der Gesamtstädtischen Klimaanalyse der Stadt Krefeld ist das
Plangebiet einem Gewerbe-/Industrie-Klimatop zuzuordnen. Dieses
Klimatop ist gekennzeichnet durch einen hohen Versiegelungsgrad mit
wenigen Vegetationsstrukturen, produkt- und prozessspezifischen
Emissionen, teilweise hohen Anteilen an Lkw-Verkehr und einer zum Teil
deutlichen Überwärmung gegenüber der benachbarten Umgebung.
Der Rhein grenzt direkt an das Plangebiet an und weist eine thermische
Ausgleichswirkung auf. Zudem wirkt das Gewässer als Frischluftschneise.
Das Plangebiet liegt außerhalb der Umweltzone sowie einer LkwVerkehrsverbotszone.
Bedeutung und Empfindlichkeit
Das Plangebiet hat für das Schutzgut Luft/ Klima eine geringe Bedeutung,
weil dort versiegelte und bebaute Bereiche dominieren und eine
industrielle bzw. gewerbliche Nutzung vorherrscht. Da der Bereich jedoch
lufthygienisch vorbelastet ist, besteht gegenüber Zusatzbelastungen durch
Gewerbe und Verkehr eine erhöhte Empfindlichkeit.
Der Rhein weist eine besondere Bedeutung als Kaltluftproduktionsfläche
und als Frischluftschneise auf.
Vorbelastungen
Durch den hohen Versiegelungsgrad, den geringen Anteil an
Vegetationsstrukturen, die Bebauung und die industrielle Nutzung ist das
Plangebiet klimatisch vorbelastet. Dadurch sind beispielweise im
Vergleich zum Umland höhere Temperaturen zu erwarten. Insbesondere im
Sommer ist mit einer erhöhten Wärmbelastung zu rechnen.
Des Weiteren bedingt die intensive industrielle Nutzung im Umfeld des
Plangebiets, wie zum Beispiel durch die nördlich angrenzenden
Industriegebiete, eine lufthygienische Vorbelastung im Plangebiet. Weitere
Ursachen sind Immissionen von den stark befahrenen Straßen
Dujardinstraße und Hohenbudberger Straße sowie der Hausbrand. Diese
09.06.2015
162
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Belastungssituation wird durch die Nähe zum Rhein nur geringfügig
abgemildert, da die Durchlüftungswirkung des Gewässers durch die
vielfältige Bebauung behindert wird. Darüber hinaus stellt insbesondere
die Rheinschifffahrt eine weitere potentielle Emissionsquelle dar.
Da in Teilbereichen von Krefeld die Grenzwerte der 39. BImSchV für die
Schadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) überschritten
werden, wurde ein gesamtstädtischer Luftreinhalteplan zur Reduzierung
der Luftschadstoffbelastung im Stadtgebiet von Krefeld aufgestellt.
Der Luftreinhalteplan wurde durch die Bezirksregierung Düsseldorf unter
Mitwirkung der Stadt Krefeld erarbeitet und ist am 01. Oktober 2010 in
Kraft getreten. Als Verursacher für die bestehenden Luftbelastungen gelten
der Kfz-Verkehr, der regionale Hintergrund sowie Immissionen aus der
Industrie. Nach den Ergebnissen des Luftreinhalteplans werden für die an
das Plangebiet angrenzenden Straßen (Hohenbudberger Straße, Dujardinstraße) keine Maßnahmen für die Luftreinhaltung bestimmt.
Außerhalb des Plangebiets gehört gemäß dem Grobscreening der Stadt
Krefeld (Luftqualitätsmodell) insbesondere der Kreuzungsbereich Bahnhofstraße / Hohenbudberger Straße sowie ein weiterer Teilabschnitt der
Bahnhofstraße zu den Gebieten in Krefeld, in denen die einschlägigen
Grenzwerte der 39. BImSchV für Partikel (PM10, Feinstaub) und Stickstoffdioxid (NO2) erreicht oder überschritten werden können. Dabei hat das
Erreichen der Grenzwerte überwiegend verkehrsbedingte Ursachen.
Innerhalb des Plangebiets wird zudem der Bereich des Zollamts als
Bereich dargestellt, in dem die Grenzwerte nahezu erreicht sind.
Deshalb wurde im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens Nr. 772 ein
lufthygienisches Gutachten beauftragt, auf dessen Ergebnisse zurückgegriffen werden kann.
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Anhand von Ausbreitungsberechnungen zeigt das Gutachten sowohl die
Immissionssituation ohne Planung (Nullfall) als auch die voraussichtliche
Immissionssituation bei Realisierung der geplanten Misch- und
Gewerbegebiete (Planfall) auf. Dabei werden jeweils die Luftschadstoffe
Stickstoffdioxid (NO2), Feinstaub (PM10 + PM2,5) und Benzol (C6H6)
betrachtet und Bereiche bekannter Vorbelastungen mitberücksichtigt. Zu
den im Plangebiet maßgeblichen Emittenten gehören der Straßenverkehr,
die Industrie, die Rheinschifffahrt sowie Hausbrand / Kleinfeuerungs-
09.06.2015
163
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
anlagen. Im Rahmen der Gutachten-Erstellung ist das vorhandene Luftqualitätsmodell der Stadt Krefeld (Grobscreening) berücksichtigt worden.
Abschließend werden die prognostizierten Ergebnisse anhand der
Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV und der TA Luft bewertet. Der
Luftreinhalteplan enthält keine Prognosen oder Messergebnisse für die
Planungen des Bebauungsplans Nr. 772. Zur Ermittlung der
Luftschadstoffimmissionen werden digitale Simulationsmodelle erstellt,
welche die umgebenden Gebäude mit ihrer durchlüftungshemmenden
Wirkung berücksichtigen. Die Straßenzüge wurden unter Berücksichtigung
der Anzahl der Fahrspuren und Fahrrichtung modelliert. Wesentliche
Eingangsdaten sind die Verkehrsmengen, die Geschwindigkeiten und die
Lkw-Anteile sowie die Eigenschaften der untersuchten Straßen (z. B.
Straßenneigung). Als Prognosejahr wurde 2014 gewählt, da dieses Jahr als
die früheste Umsetzung von Vorgaben zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung angenommen wurde (Peutz Consult 2013: 9). Da bereits ab dem
01.01.2015 die Immissionsgrenzwerte für PM2,5 gelten und dieser Zeitraum
nicht lange von dem Prognosejahr entfernt ist, wurden diese Grenzwerte
bereits in dem Gutachten berücksichtigt und beurteilt.
Das Lufthygienische Gutachten kommt zu folgenden Ergebnissen:
Feinstaub:
Die Ergebnisse der Immissionsberechnungen für Feinstaub (PM10) zeigen
eine deutliche Einhaltung des Jahresmittelwertes von 40 µg/m³ im
gesamten Untersuchungsgebiet. Die höchsten Immissionswerte liegen an
den Fassaden der Gebäude entlang der Hohenbudberger Straße vor.
Ausgehend von den Erkenntnissen des LANUV NRW, dass es ab 29 µg/m³
mit geringer Wahrscheinlichkeit, ab 32 µg/m³ mit hoher Wahrscheinlichkeit zu mehr als 35 Überschreitungstagen mit mehr als 50 µg/m³ Feinstaub
kommt, ist bei einem Jahresmittelwert von bis zu 29,2 µg/m³ im Nullfall
und 33,9 µg/m³ im Planfall im Bereich entlang der Hohenbudberger Straße
im Nullfall mit geringer Wahrscheinlichkeit, im Planfall mit hoher
Wahrscheinlichkeit mit mehr als 35 Überschreitungstagen zu rechnen.
Der Jahresmittelwert für Feinstaub (PM2,5) von 25,7 µg/m³ mit Toleranzmenge für das Jahr 2014 wird an allen betrachteten Immissionsorten mit
maximal 20,1 µg/m³ im Nullfall und mit 21,8 µg/m³ im Planfall sowie im
gesamten Untersuchungsgebiet eingehalten.
09.06.2015
164
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Stickstoffdioxid:
Die Berechnungen für Stickstoffdioxid (NO2) zeigen eine Überschreitung
des Jahresmittelwertes von 40 µg/m³ im Nullfall im Bereich der
Hohenbudberger Straße mit 43,0 µg/m³ um 3 µg/m³. Im weiteren Verlauf
der Hohenbudberger Straße liegen im Nullfall Jahresmittelwerte knapp
unterhalb des Grenzwertes vor.
Durch die Erhöhung der Verkehrsmengen auf der Hohenbudberger Straße
um rund 48 %, auf dann 13.300 Kfz/24 h und insbesondere der
Einschränkung der Durchlüftung im Straßenraum durch neue Gebäude im
nördlichen Plangebiet, erhöhen sich die Stickstoffdioxidimmissionen
entlang der Hohenbudberger Straße um bis zu ca. 8 µg/m³ im
Jahresmittelwert verbunden mit einer Ausdehnung der Bereiche der
Grenzüberschreitungen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kurzzeitkriterium der 39. BImSchV nicht
eingehalten wird, ist für den Nullfall mit maximal 4,8 % und für den Planfall
mit maximal 10,5 % relativ gering. Auswirkungen von Messergebnissen an
Verkehrsmessstationen des LANUV NRW zeigen, dass auch bei NO2Jahresmittelwerten in deutlich höheren Größenordnungen wie im
vorliegenden Fall für alle Immissionsorte ermittelt, das Kurzzeitkriterium
der 39. BImSchV deutlich eingehalten wurde. Daher kann davon
ausgegangen werden, dass in der Realität das Kurzzeitkriterium der
39. BImSchV im gesamten Untersuchungsgebiet eingehalten wird.
Benzol:
Der Jahresmittelwert für Benzol (C6H6) von 5 µg/m³ wird an allen
betrachteten Immissionsorten mit maximal 3,0 µg/m³ im Nullfall und
4,5 µh/m³ im Planfall sowie im gesamten Untersuchungsgebiet
eingehalten. Die höchsten Immissionswerte liegen im Bereich entlang der
Hohenbudberger Straße vor.
Die für das Jahr 2014 für den Planfall berechneten Überschreitungen des
Stickstoffdioxid-Jahresmittelwertes
sowie
der
mehr
als
35
Überschreitungstage für Feinstaub (PM10) im Bereich der Hohenbudberger
Straße sind jedoch so deutlich, dass auch in späteren Prognosejahren
diese Überschreitungen vorliegen werden. Die Umsetzung von
Minderungsmaßnahmen ist daher auch bei einer späteren Realisierung
erforderlich (vgl. Peutz Consult 2013: 40/41). Der Gutachter empfiehlt als
Minderungsmaßnahmen, entlang der östlichen Plangebietsgrenze ein
Liegeverbot für Binnenschiffe oder die Einrichtung von Landstrom-
09.06.2015
165
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
versorgungsplätzen zu sichern, damit die Emissionen auf das Plangebiet
reduziert sind. Mit dem Betreiber der nördlichen Warteposition wurde eine
Verlagerung vorverhandelt, die neben Schallschutzgesichtspunkten auch
positive Synergieeffekte für das Schutzgut Luft und Klima entfaltet.
Darüber hinaus wird der Ausschluss von Holzpelletheizungen angeregt.
Der Bebauungsplan schließt daher flüssige und feste Brennstoffe aus.
Grundsätzlich ist durch eine Verringerung der industriellen Nutzungsmöglichkeiten und des Versiegelungsgrades mit einer gewissen
Verbesserung der klimatischen Situation zu rechnen. Insbesondere in den
geplanten Mischgebieten, in denen auch Wohnnutzung möglich sein wird,
ist von einem zukünftig geringeren Versiegelungsgrad auszugehen,
beispielsweise durch die Anlage von Gärten. In § 17 BauNVO werden die
Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung
bestimmt. Dabei beschreibt die Grundflächenzahl (GRZ) den Flächenanteil
eines Baugrundstücks, der überbaut werden darf. Für Gewerbe- und
Industriegebiete liegt die Grundflächenzahl bei 0,8, während Mischgebiete
eine GRZ von 0,6 aufweisen dürfen. Das heißt, dass in einem Mischgebiet
20 % weniger Grundstücksfläche überbaut werden darf als in einem
Industriegebiet. Da diese Standardwerte jedoch aus städtebaulichen
Gründen im Plangebiet überschritten werden, ist zwar keine
Verschlechterung der lokalen klimatischen Situation zu erwarten, aber
auch keine nennenswerte Verbesserung.
Bedeutende Frischluftleitbahnen oder klimaökologische Ausgleichsräume
von besonderer Bedeutung werden durch die Bebauungsplanung nicht
beeinträchtigt.
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Die Durchführung des Bebauungsplans Nr. 772 führt u. a. auch aufgrund
der Minderungsmaßnahmen voraussichtlich zu keiner zusätzlichen
Beeinträchtigung des Schutzgutes Klima. Das Plangebiet ist allerdings
klimatisch vorbelastet. Im Rahmen der Festlegung der Baugrenzen und
Baulinien für die geplanten Mischgebiete ist diese Thematik im
Bebauungsplan berücksichtigt worden. Auf diese Weise wird
sichergestellt, dass insbesondere in Bereichen mit späterer Wohnnutzung
eine gute Durchlüftung gewährleistetet ist.
Eine gute Durchlüftung im Plangebiet ist zudem von besonderer
Bedeutung, da die Ergebnisse der Luftimmissionsprognose zeigen, dass
Überschreitungen des Jahresmittelwerts für Stickstoffdioxid zu erwarten
09.06.2015
166
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
sind, wodurch hier eine erhebliche Umweltauswirkung vorliegt. Im Wesentlichen ist diese Grenzwertüberschreitung im Bereich der Hohenbudberger
Straße auf den Straßenverkehr und im Bereich der Rheinpromenade auf die
Schifffahrt zurückzuführen. Bedingt durch das Planvorhaben ergeben sich
Erhöhungen der Stickstoffdioxidimmissionen im Bereich der Hohenbudberger Straße. Im Rahmen der Bebauungsplanung ist diese
Problematik jedoch nicht lösbar, da ein Abrücken der Bebauung als
Minderungsmaßnahme städtebaulich nicht gewünscht ist.
Der Gutachter weist darauf hin, dass Minderungsmaßnahmen großflächig
und dauerhaft angewendet werden müssten, um eine deutliche Senkung
der Luftimmissionen zu erreichen. Mithilfe des Luftreinhalteplans wird
daher diese Thematik gesamtstädtisch betrachtet und durch geeignete
Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen aufgegriffen.
Darüber hinaus sind keine weiteren Grenzwertüberschreitungen für
Luftschadstoffe zu erwarten, wodurch eine erhebliche Umweltauswirkung
vorliegen würde.
6.1.6 Landschaft/ Landschafts-/ Ortsbild
Derzeitiger Umweltzustand
Das Plangebiet liegt im Innenbereich der Stadt Krefeld am östlichen
Siedlungsrand und ist durch industrielle Nutzung sowie brachliegende
Flächen geprägt. Durch die unmittelbare Nähe zum Rhein und die
überwiegend historische Bausubstanz weist das Gebiet einen besonderen
Charme auf.
Aufgrund des hohen Versiegelungsgrades sind vor allem kleinflächige,
ruderale Vegetationsstrukturen sowie einige Bereiche mit jüngeren
Gehölzen anzutreffen. Hervorzuheben ist der denkmalgeschützte Park der
Villa Müncker, der sich durch einen landschaftsbildprägenden alten
Baumbestand auszeichnet.
Das Plangebiet liegt nicht in einem Landschaftsschutzgebiet.
Bedeutung und Empfindlichkeit
Aufgrund der industriekulturellen Bedeutung für die Stadt Krefeld wird das
Gebiet trotz anthropogener Überprägung und geringer Naturnähe als
Bereich mit besonderer Bedeutung für das Schutzgut eingestuft.
09.06.2015
167
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Vorbelastungen
Die historische Bausubstanz ist teilweise in sehr schlechtem Zustand.
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Neben den unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden (Zollhof und Villa
Müncker einschließlich Garten) prägen insbesondere die stark
sanierungsbedürftigen denkmalwerten Fabrikgebäude im nördlichen Teil
des Plangebiets das Ortsbild. Der Bebauungsplan steht im Rahmen der
Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung dem Erhalt dieser Gebäude
grundsätzlich nicht entgegen. Die Denkmäler werden nachrichtlich
übernommen; auf die denkmalwerte Bausubstanz wird hingewiesen.
Eine abschließende Beurteilung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen auf das Ortsbild ist auf der Ebene der Bebauungsplanung deshalb
nicht möglich, da hier nur die Rahmensetzung für spätere Bautätigkeiten
geschaffen wird. Ein weitgehender Verlust der ortsbildprägenden
historischen Bausubstanz würde eine hohe Beeinträchtigung des
Schutzguts bedeuten, während stattdessen eine Sanierung und
Wiedernutzung der alten Fabrikgebäude eine positive Wirkung auf das
Ortsbild beinhalten würde. Das gleiche gilt für die geplanten Baumpflanzungen, die zu einer Aufwertung des Ortsbildes führen.
Mögliche Auswirkungen auf die unter Denkmalschutz sowie denkmalwerte
stehende Bausubstanz werden im nachstehenden Kapitel beurteilt.
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Da das Planungsziel eine Revitalisierung und Aufwertung dieses
besonderen Standorts für Krefeld umfasst, kann insgesamt gesehen von
einer positiven Entwicklung im Hinblick auf das Ortsbild ausgegangen
werden. Ein Verlust ortsbildprägender, historischer Bausubstanz wäre
jedoch als erhebliche Umweltauswirkung einzustufen. Aufgrund des
Denkmalschutzes, des Denkmalwertes sowie die darauf ausgelegte
Planungskonzeption werden durch den Bebauungsplan keine negativen
Umweltauswirkungen ausgelöst. Durch die Anpflanzbindungen im
öffentlichen Raum sowie die Entwicklung und Aufwertung von öffentlich
zugänglichen Bereichen sind positive Umweltauswirkungen mit der
Umsetzung des Bebauungsplanes verbunden.
09.06.2015
168
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
6.1.7 Kultur- und Sachgüter
Derzeitiger Umweltzustand
Das Plangebiet zeichnet sich teilweise durch historische Bausubstanz aus.
Folgende Gebäude stehen dabei unter Denkmalschutz und sind in der
Denkmalliste der Stadt Krefeld eingetragen:
Haupt- und Nebengebäude der der Villa Müncker sowie der zugehörige
Garten (Hohenbudberger Straße 18)
Zollamt und westlicher Teil des nördlichen Flügels (Am Zollhof 7),
Weiterhin ist die Werksanlage Holz & Willemsen an der Hohenbudberger
Straße Nrn. 26, 28-30, 32 und 34 für die Eintragung in die Denkmalliste der
Stadt Krefeld vorgesehen.
Ob Bodendenkmale im Plangebiet vorhanden sind, ist derzeit nicht
bekannt. Allerdings hat noch keine systematische Erhebung zur Ermittlung
des archäologischen Potentials im Plangebiet stattgefunden. Grundsätzlich ist damit eine Entdeckung von Bodendenkmälern bei der Durchführung
von Erdeingriffen nicht auszuschließen.
Vorbelastungen
Mit Ausnahme der eingetragenen Denkmäler ist die historische
Bausubstanz überwiegend in schlechtem Zustand.
Beschreibung der Umweltauswirkungen
Die bestehenden oben aufgeführten Denkmäler werden in den
Bebauungsplan
nachrichtlich
übernommen.
Die
denkmalwerte
Bausubstanz wird im Bebauungsplan vermerkt. Negative Auswirkungen auf
denkmalgeschützten Gebäude sind nicht zu erwarten. Auch im Hinblick auf
den Umgebungsschutz berücksichtigt der Bebauungsplan die Anforderungen des Denkmalschutzes. Im Nahbereich der eingetragenen Denkmäler
orientieren sich in Folge dessen die festgesetzten Trauf- und Firsthöhen
sowie die Baulinien an den bestehenden Denkmälern. Insbesondere sieht
darüber hinaus der Bebauungsplan vor, die Baukubatur des im Jahr 2006
aus statischen Gründen abgerissenen südlichen Gebäude des Zollamtes
(Nr. 6a) wieder aufzugreifen. Deshalb werden an dem alten Standort des
Gebäudes entsprechende Baulinien, Trauf- und Firsthöhen festgesetzt. Auf
diese Weise kann das bestehende Denkmalensemble wieder
vervollständigt werden. Dadurch ist hier eine positive Wirkung zu erwarten.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Weil derzeit keine Hinweise auf die Existenz von Bodendenkmälern
vorliegen, können nach derzeitigem Sachstand negative Umweltauswirkungen ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus sind in der Bebauungsplanung keine verbindlichen
Aussagen zum Erhalt bzw. Abriss bestimmter Gebäude möglich.
Bewertung voraussichtlich erheblicher Umweltauswirkungen
Auf die im Plangebiet vorhandenen Baudenkmäler sind keine erheblichen
Auswirkungen zu erwarten. Ferner sind nach derzeitigem Sachstand auch
keine erheblichen Auswirkungen auf Bodendenkmäler wahrscheinlich.
Sollten im Rahmen der weiteren Planungen archäologische Bodenfunde
auftreten, ist gemäß §§ 15, 16 Denkmalschutzgesetz NRW die Gemeinde
als Untere Denkmalbehörde (Stadt Krefeld) darüber unverzüglich zu
informieren und das Bodendenkmal und die Entdeckungsstätte zunächst
unverändert zu erhalten. Im Bebauungsplan ist dieser Hinweis enthalten.
Ein späterer Verlust an nicht denkmalgeschützter
Bausubstanz wäre als bedingt erheblich zu bewerten.
historischer
6.1.8 Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern
Bei der Beurteilung von Umweltauswirkungen sind auch die
Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern zu berücksichtigen, da sich
die Schutzgüter nicht immer eindeutig voneinander trennen lassen. Die
einzelnen Schutzgüter erfüllen jeweils bestimmte Funktionen in Natur und
Landschaft, stehen aber oftmals zudem in Beziehung zu anderen
Schutzgütern und sind dort ebenfalls von Bedeutung. Aufgrund des
Abstraktionsgrads der Bauleitplanung sind detaillierte Wirkungsprognosen
hier jedoch in vertretbarem Aufwand kaum möglich. Dennoch soll in
nachstehender Matrix ein grober Überblick zu den wesentlichen
Wechselwirkungen gegeben werden.
09.06.2015
170
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Tab. 12: Matrix zu den wesentlichen Wechselwirkungen zwischen den
betroffenen Schutzgütern im Plangebiet
Leserichtung
Mensch
Pflanzen/
Tiere
Boden
Wasser
Vielfalt der
Standort für Gewässer
Arten und
Siedlung und als LandStrukturen
Verkehr (+) schaftsbild
verbessert die
prägendes
ErholungsElement (+)
wirkung (+)
Mensch
Klima/
Luft
Frisch- und
Kaltluftversorgung angrenzender
Siedlungsräume (+)
Schadstoffbe
lastungen (-)
Pflanzen/
Tiere
Boden
Lebensraum
für Pflanzen
und Tiere (+)
Lebensraumverlust durch
Bebauung (-)
Landschaft
Kultur- u.
Sachgüter
Landschaft
als
Erholungsraum (+)
Historische
Bausubstanz
erhöht die
Attraktivität
als
Erholungsraum (+)
Alte Gebäude
bieten
Lebensraum
(+)
Verlust von
Bodenfunktionen
durch Versiegelung, Schadstoffeinträge,
Verdichtung (-)
Entsiegelung (+)
Wasser
Verringerung der
Grundwasserneu
bildung durch
Versiegelung,
Schadstoffeinträge (-)
Belastungen
durch Siedlung,
Industrie und
Verkehr (-)
Klima/ Luft Riegelbebauung
als Schallschutzmaßnahme
behindert Frischluftzufuhr (-)
Filter- und
Pufferfunktion für
Schadstoffe,
Einfluss auf
die Grundwasserneubildungsrate
(+)
Kaltluftproduktion,
klimatisch
ausgleichend
(+)
Bereicherung
des Landschaftsbilds
(+)
Landschaft
Historische
Gebäude
bereichern
das Ortsbild
(+)
Denkmalschutz
und -pflege (+)
Kultur- u.
Sachgüter
Verlust
historischer
Bausubstanz (-)
+ positive Wirkung, - negative Wirkung
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171
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
6.2
VII. Umweltbericht
Belange des besonderen Artenschutzes
Durch die Novellierungen des Bundesnaturschutzgesetzes wurde das
deutsche Artenschutzrecht an die europarechtlichen Vorgaben angepasst.
Vor diesem Hintergrund müssen die Artenschutzbelange bei allen Bauleitplanverfahren und baurechtlichen Genehmigungsverfahren beachtet
werden. Hierfür ist eine Artenschutzprüfung (ASP) durchzuführen, die sich
in folgende drei Stufen unterteilt:
Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum, Wirkfaktoren, siehe Kapitel 6.1.2)
Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
Stufe III: Ausnahmeverfahren.5
Für die im Plangebiet nachgewiesenen planungsrelevanten Arten ist eine
Prüfung auf die artenschutzrechtlichen Zugriffs- und Störungsverbote
gemäß § 44 BNatSchG erforderlich. § 44 Abs. 1 BNatSchG führt eine Reihe
von Verbotstatbeständen für besonders und streng geschützte wild
lebender Tiere und Pflanzen auf (Zugriffsverbote). Danach darf besonders
geschützten Tieren nicht nachgestellt werden, sie dürfen nicht gefangen,
verletzt oder getötet werden. Darüber hinaus ist es verboten, ihre
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten aus der Natur zu entnehmen, sie zu
beschädigen oder zu zerstören.
Die streng geschützten Tierarten und die europäischen Vogelarten dürfen
zusätzlich während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten nicht derart erheblich gestört werden,
dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert.
Ebenso dürfen wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten
oder ihre Entwicklungsformen nicht aus der Natur entnommen sowie ihre
Standorte nicht beschädigt oder zerstört werden.
Eine Ausnahme gilt gemäß § 44 BNatSchG für in Anhang IV der FFHRichtlinie aufgeführte Tierarten (hier alle Fledermausarten) und
europäische Vogelarten: Es liegt ein Verstoß gegen oben erstgenannte
Verbote nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff
5
Quelle: Artenschutz in der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben
Gemeinsame Handlungsempfehlung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen
und Verkehr NRW und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und
Verbraucherschutz NRW vom 22.12.2010.
09.06.2015
172
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im
räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich,
können dazu auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt
werden (Stufe II).
Können oben genannte Voraussetzungen nicht erfüllt werden, ist zu
prüfen, ob die Ausnahmetatbestände nach § 45 BNatSchG (Stufe III)
vorliegen.
Im Folgenden werden die im Plangebiet nachgewiesenen planungsrelevanten Arten jeweils einzeln (sog. Art-für-Art-Analyse, Stufe II) im
Hinblick auf die oben aufgeführten Anforderungen artenschutzrechtlich
beurteilt. Dabei stellen die Grundlage für die Beurteilung im Hinblick auf
Fledermäuse die Ergebnisse von zwei gutachterlichen Untersuchungen dar.
Zum einen wurde im Rahmen einer ökologischen Untersuchung von IVÖR
im Frühjahr/Sommer 2008 das Plangebiet im Hinblick auf mögliche
Sommerquartiere („Wochenstuben“ zur Jungenaufzucht) untersucht und
beurteilt. Zum anderen liegt ergänzend eine Fledermaus-Kartierung zur
Erfassung von möglichen Zwischen- (Schwärm- und Balzaktivitäten) und
Winterquartieren (Winterschlaf) vor, welche im Herbst/ Winter 2008/2009
durchgeführt wurde.
Das Büro IVÖR wurde im Januar 2015 beauftragt, die weitere Gültigkeit der
ökologischen Untersuchung sowie der Fledermausuntersuchungen zu
bewerten. Das Büro kommt nach überschlägiger Prüfung zu dem Ergebnis,
dass die im Gutachten getroffenen Aussagen weiterhin Gültigkeit haben.
Die vorhandene Flora und Fauna Plangebiet weisen keinen Anhaltspunkt
auf, der eine neue Bestandserhebung und Neubewertung auslösen könnte.
Bestand
Ergebnisse der Fledermauskartierung durch IVÖR
(Untersuchungszeitraum April bis Juli 2008 )
Hinweise auf aktuelle (Sommer-) Fledermausquartiere konnten im Rahmen
der durchgeführten Kartierung nicht festgestellt werden. Mehrere, im
nördlichen Teil des Plangebiets vorhandene ruinenartige Gebäude wurden
jedoch intensiv in die Jagdflüge der dort fliegenden Fledermäuse
einbezogen. Ob in diesen Gebäuden auch Fledermausquartiere vorhanden
sind, konnte im Rahmen der vorliegenden Untersuchung aufgrund der
teilweisen Unzugänglichkeit nur eingeschränkt überprüft werden. In den
Gebäuden des Howinol-Werkes, die aktuell teilweise als Lager sowie als
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Kulturwerkstatt genutzt werden, zum überwiegenden Teil aber nicht
genutzt und als Ruine für die Fledermäuse frei einfliegbar sind, konnten bei
intensiver Suche keine Hinweise auf aktuelle oder ehemalige
Fledermausquartiere festgestellt werden. Ca. 80-90 % dieses Gebäudekomplexes waren zugänglich und konnten von den Kellerräumen bis in das
oberste Stockwerk auf Fledermausvorkommen hin kontrolliert werden. Die
weiter südlich angrenzenden Gebäude und Lagerhallen-Ruinen auf dem
Grundstück innerhalb des GE 1 werden ebenfalls intensiv durch jagende
Fledermäuse genutzt. Für ein auf dem Grundstück befindliches turmartiges
Gebäude teilte der Eigentümer des nördlich angrenzenden Geländes eine
aus dem Jahr 2007 stammende Beobachtung in der Dämmerung
ausfliegender Fledermäuse mit. Dieses Vorkommen konnte im Rahmen der
aktuellen Untersuchungen nicht bestätigt werden. Demgegenüber ist eine
Bedeutung einzelner Gebäude des Plangebietes als Winterquartier für
Arten, welche in Höhlen und Kellern sowie Spalten überwintern, nicht
auszuschließen. Nach einem im März 2008 erfolgten Kälteeinbruch konnte
Anfang April 2008 (14. KW) bei kühler Witterung eine zwischen den
Gebäuden im Park Müncker jagende Zwergfledermaus festgestellt werden.
Dieser jahreszeitlich frühe Nachweis kann unter den herrschenden
Witterungsbedingungen als Hinweis auf ein in der nächsten Umgebung
existierendes Winter- oder Zwischenquartier gedeutet werden.
Insbesondere aufgrund dieser Hinweise auf mögliche Zwischen- und
Winterquartiere wurde seinerzeit eine ergänzende Fledermauskartierung
beauftragt, auf deren Ergebnisse im Folgenden zurückgegriffen werden
kann.
Ergebnisse der Fledermauskartierung durch Echolot
(Untersuchungszeitraum August 2008 bis Februar 2009)
Der relativ späte Untersuchungszeitraum im Spätherbst 2008/ Winter 2009
diente dem Nachweis der Nutzung der Gebäude als Balz- und
Winterquartiere für Fledermäuse. Die Untersuchung umfasste eine
Durchführung abendlicher Ausflugskontrollen mit dem Einsatz von
Ultraschall-Detektoren sowie eine Kontrolle von Gebäuden auf eine
Quartiersnutzung durch Fledermäuse.
Während der ersten beiden abendlichen Begehungen am 19.09.2008 und
13.10.2008 konnten auf dem gesamten Untersuchungsgelände einzelne
jagende und vorbei fliegende Zwergfledermäuse nachgewiesen werden.
Diese jagten sowohl zwischen den Gebäuden als auch im Bereich der
vorhandenen Vegetationsstrukturen im Bereich der „Villa Müncker“ sowie
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174
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
auf dem Grundstück der „Rheinufer Immobilien“. Auch entlang der
Rheinpromenade konnten jagende Zwergfledermäuse beobachtet werden.
Während des dritten Begehungstermins am 17.11.2008 gelangen keine
Fledermausnachweise.
Zum Zeitpunkt der Detektorbegehungen gab es keinerlei Nachweise einer
Quartiernutzung der Gebäude durch die erfassten Arten. Es konnte weder
Schwärmverhalten noch an den Gebäuden ein- oder ausfliegende Tiere
oder eine erhöhte Aktivität, die auf eine Quartiernutzung deuten könnte,
festgestellt werden. Das Vorhandensein kopfstarker Quartiere von
Fledermäusen zum Untersuchungszeitpunkt kann daher ausgeschlossen
werden.
Des Weiteren wurden am 02.02.2009 die Gebäude zwischen
Rheinpromenade und „Hohenbudberger Straße“/ „Dujardinstraße“ auf das
Vorhandensein potenzieller und aktuell genutzter Quartiermöglichkeiten
begutachtet. Da einige der Gebäude in einem sehr schlechten
Erhaltungszustand sind und nicht alle Gebäude zugänglich waren, konnten
diese nicht im Innenbereich begutachtet werden. Untersucht wurden alle
Räume (vom Dach- bis zum Kellerbereich) der Gebäude des ehemaligen
„Howinolwerkes“, die komplett aus Backstein gemauert sind. Sowohl
außen als auch innen waren zahlreiche Spalten und Ritze zwischen den
Backsteinen vorhanden, in denen Fledermäuse ihre Quartiere haben
könnten. Aufgrund fehlender Fensterscheiben war es in dem Gebäude sehr
zügig, so dass sie daher im Winter nicht frostfrei sind. Auch die Spalten
außen an der Fassade werden als nicht frostsicher beurteilt. Die daran
angrenzenden Gebäude (GE 2) konnten aufgrund ihres schlechten
baulichen Erhaltungszustandes nicht begutachtet werden. Nach Angaben
eines Anwohners am 02.02.2009 befinden sich jedoch unter den
Gebäuden ausgedehnte Kellerräume, die begehbar sind und zahlreiche
Hohlräume aufweisen, die von Fledermäusen als Quartiere genutzt werden
könnten. Bis auf ein Gebäude (Sitz des Fanfaren- und Karnevalsvereins)
wurden auf dem Gelände der Spedition „Müncker“ alle weiteren Gebäude
auf potenzielle und aktuell genutzte Fledermausquartiere untersucht. Auch
bei diesen Gebäuden handelt es sich um Backsteinbauten, die im
Außenbereich zahlreiche Hohlräume aufweisen, die Fledermäusen als
Quartiere nutzen können. Die Innenräume sind dagegen als
Fledermausquartier größtenteils ungeeignet. Alle Räume werden als
Lagerraum bzw. die „Villa Müncker“ als Büro- und Wohnraum genutzt. In
den Innenbereich der Villa haben Fledermäuse keinen Zugang, da diese
bis zum Dach ausgebaut ist und die Fenster zu keiner Zeit länger
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
aufstehen. Ebenso wenig bieten die Lagerhallen im Innenbereich attraktive
Möglichkeiten zur Quartiernutzung. Es sind lediglich kleine Hohlräume
vorhanden, die jedoch ebenfalls nicht frostsicher sind. Die beiden
Gebäude, die zum Zollamt gehören, sind aufgrund ihrer aktuellen Nutzung
durch die Behörde im Innenbereich nicht als Fledermausquartier geeignet.
Auch die Außenbereiche der beiden Gebäude weisen so gut wie keine
Hohlräume auf, lediglich zwischen Hauswand und Dachrinne sind kleine
Spalten vorhanden. Das Gebäude des „Werftamtes“ konnte von innen
nicht untersucht werden, im Außenbereich konnten keine größeren
Hohlräume gefunden werden. Ganz im Süden des Plangebietes steht eine
weitere Lagerhalle. Der Zugang ist für Fledermäuse durch kleine Spalten
möglich, jedoch bietet auch hier der Innenbereich keine größeren
attraktiven Hohlräume, die Fledermäusen als Quartiere dienen können.
Außen sind unter der Dachverblendung größere Quartiermöglichkeiten
gegeben.
Insgesamt betrachtet weisen alle begutachteten Gebäude im
Außenbereich kleine bis mittelgroße Hohlräume auf, die von Fledermäusen
als Quartier genutzt werden können. Aufgrund ihrer relativ geringen Tiefe
sind diese jedoch nicht frostfrei, so dass eine Nutzung als Winterquartier
ausgeschlossen werden kann. Die Innenräume sind größtenteils
ungeeignet, da in diesen wenn überhaupt lediglich kleine Hohlräumen
vorhanden sind, die nur von Einzeltieren als Quartier genutzt werden
können. Lediglich in den Gebäuden des ehemaligen „Howinolwerkes“
wurden auch im Innenbereich mehrere größere Hohlräume gefunden, die
jedoch auch nicht frostsicher sind. In keinem der begutachteten Gebäude
wurden zum Untersuchungszeitpunkt Fledermäuse oder Spuren dieser
gefunden. Keine Aussagen können dagegen zu den Kellerräumen der
Gebäude auf dem Gelände des GE 2 getroffen werden. Diese könnten von
verschiedenen Fledermausarten zur Überwinterung genutzt werden.
Beschreibung der einzelnen Arten und Angaben zum Vorkommen im
Plangebiet
Zwergfledermaus:
Die Zwergfledermaus ist die wohl bundesweit häufigste Fledermausart und
auch in Nordrhein-Westfalen weit verbreitet. Sie ist vorwiegend eine
'Hausfledermaus',
d. h.
ihr
Verbreitungsschwerpunkt
liegt
in
Siedlungsbereichen, wo sie meist engste Spalten an Gebäuden, wie sie
hinter Holzverkleidungen, Fensterläden, in Rollladenkästen oder im
Mauerwerk existieren, als Sommerquartiere nutzt. Die Quartiere werden
09.06.2015
176
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
häufig gewechselt (im Durchschnitt alle 11-12 Tage), eine einzige
Wochenstubenkolonie benötigt somit eine Vielzahl geeigneter Verstecke.
Männchen nutzen auch Quartiere in Wäldern, insbesondere in
Baumhöhlen und hinter abgeplatzter Rinde. Wanderungen einzelner
Individuen von bis zu 770 km sind beobachtet worden, in der Regel sind
Zwergfledermäuse aber sehr ortstreu. Zwischen Sommer- und
Winterquartier liegen meist Distanzen bis zu 50 km. Die Tiere verlassen
ihre Quartiere kurz nach Sonnenuntergang und sind meist die gesamte
Nacht über aktiv. Die Jagdgebiete dieser typischen Dorffledermaus
befinden sich in der Regel in geringer Entfernung zu den Tagesschlafplätzen, können aber auch 4 km vom Quartier entfernt sein.
Zwergfledermäuse können sich unterschiedlichste Landschaftsstrukturen
als Jagdgebiete erschließen. In Siedlungen jagen sie an Laternen oder
Straßenbäumen, außerhalb des Siedlungsraumes sind sie an Gewässern,
an Hecken und auch in Wäldern zu finden. Ein durch Hecken oder andere
lineare Landschaftselemente vernetzter Landschaftsraum bietet
Zwergfledermäusen ideale Lebensbedingungen. Gejagt werden Mücken,
Kleinschmetterlinge und andere Fluginsekten bis 10 mm Größe. Dabei
kann sich der Aktionsradius eines Tieres, abhängig vom Nahrungsangebot,
über mehr als 50 ha erstrecken. Der Jahresablauf der Zwergfledermaus
stellt sich wie folgt dar: Von November bis März/April halten die Tiere
Winterschlaf; Wochenstuben bestehen von April bis August, die
Hauptpaarungszeit ist von Ende August bis September.
Im Plangebiet wurde die Zwergfledermaus immer wieder an verschiedenen
Stellen, sowohl einzeln als auch mit maximal vier gleichzeitig jagenden
Tieren beobachtet. Auch frei einfliegbare Gebäude und Ruinen werden
offensichtlich in die Jagdflüge einbezogen. Die Kontrolle einzelner
Gebäude auf Hangplätze erbrachte allerdings keine entsprechenden
Hinweise. Es ist daher – trotz vieler geeigneter Strukturen – unwahrscheinlich, dass sich hier Sommerquartiere frei hängender Tiere befinden.
Zumindest kann die Existenz größerer Kolonien ausgeschlossen werden.
Einzelne Tagesverstecke der spaltenbewohnenden Zwergfledermaus sind
allerdings nicht vollständig auszuschließen.
Aus den Ergebnissen der ergänzenden Untersuchung durch Echolot lässt
sich ebenfalls ableiten, dass zum Untersuchungszeitpunkt keine aktuell
genutzten Zwergfledermausquartiere nachweisbar sind. Die erfolgten
Nachweise beziehen sich ausschließlich auf fliegende und jagende Tiere.
09.06.2015
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Bebauungsplan Nr. 772
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VII. Umweltbericht
Vertreter der Gattung Myotis:
Die Arten der Gattung Myotis, zählen zu den gefährdeten und stark
gefährdeten Fledermausarten in NRW. Bartfledermäuse (Myotis
brandtii/Myotis mystacinus) nutzen im Sommer vereinzelt auch Gebäude
als Wohnstätten, überwintern jedoch bevorzugt in unterirdischen
Quartieren (Stollen, Höhlen, Keller). Sicher nachgewiesen werden konnte
im Rahmen der Kartierung von IVÖR die Wasserfledermaus (Myotis
daubentonii), die überall dort vertreten ist, wo große Seen und Teiche
vorhanden sind. Die in ganz Deutschland verbreitete Wasserfledermaus ist
eine typische Baumfledermaus. Wälder haben als Quartierstandorte eine
herausragende Bedeutung, insbesondere, wenn sie in der Nähe von
Gewässern liegen. Die Sommerquartiere befinden sich überwiegend in
Baumhöhlen, meist nach oben ausgefaulten Spechthöhlen, seltener auch
in Spalten und Astlöchern. Die Jagd findet über offenen Wasserflächen wie
windgeschützten Stillgewässern, langsam fließenden Bächen und
kleineren Flüssen statt. Seltener jagt sie auch an wasserfernen Stellen wie
Waldlichtungen und Wiesen. Entfernungen von 7 – 8 km zwischen Quartier
und Jagdgebiet können problemlos zurückgelegt werden. Als Winterquartiere dienen großräumige Höhlen, Stollen, Felsenbrunnen, alte
Eisenbahn- und Straßentunnel, aber auch Gebäudehohlräume, Keller und
Eiskeller mit einer hohen Luftfeuchte und Temperaturen zwischen 3-6 °C.
Die Wasserfledermaus konnte mit mehreren Tieren über dem Rhein,
zumeist nahe der Wasseroberfläche jagend, festgestellt werden.
Auch im Rahmen der ergänzenden Fledermauskartierung durch Echolot
konnten im September / Oktober 2008 einzelne fliegende und jagende
Fledermausarten der Gattung Myotis nachgewiesen werden.
Großer Abendsegler:
Der Große Abendsegler kommt in ganz Deutschland vor, aufgrund seiner
Zugaktivität jedoch in regional unterschiedlichen Dichten. In NordrheinWestfalen wird er als gefährdete wandernde Tierart eingestuft, auf
Bundesebene gilt er als gefährdet. Für Deutschland ergibt sich aufgrund
der geografischen Lage eine besondere Verantwortung als Durchzugs-,
Paarungs- und Überwinterungsgebiet des größten Teils der zentraleuropäischen Population. Als Habitate werden Wälder und Parks genutzt, wobei
Laub- und Auenwälder mit viel Alt- und Totholz besonders wichtig sind.
Spechthöhlen in Laubbäumen sind bevorzugte Quartiere, aber auch
Nistkästen werden oft angenommen. Im Winter kann man die Tiere auch in
Gebäuden und Felsspalten finden. Als Jagdgebiete werden
unterschiedliche, insektenreiche Landschaftsteile genutzt, sofern sie einen
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
hindernisfreien Flugraum bieten. Gerne werden Wasserflächen, Talwiesen
und lichte Wälder, aber auch abgeerntete Felder und beleuchtete Flächen
im Siedlungsbereich nach Fluginsekten abgesucht. Abendsegler nutzen
mehrere Jagdgebiete, die sie allabendlich in einer bestimmten Reihenfolge
anfliegen. Als Beute werden Insekten mit einer Flügelspannweite ab 9 mm
aufgenommen, z. B. Maikäfer, Junikäfer, Eintagsfliegen und Schmetterlinge. Die Sommer- und Winterquartiere können weit voneinander entfernt
liegen. Die weiteste festgestellte Wanderstrecke beträgt etwa 1.600 km.
Die Kartierergebnisse zeigen, dass der Abendsegler den Rhein und die
unmittelbar angrenzenden Uferbereiche zur Jagd nutzt. Die Art wurde mit
ein bis zwei Tieren über dem Rhein und dem angrenzenden Plangebiet bei
intensivem Jagdflug beobachtet. Innerhalb des unmittelbaren
Siedlungsbereichs wurden keine Abendsegler festgestellt. Die Kartierung
im Herbst/Winter 2008/2009 erbrachte keinen Nachweis für das
Vorkommen des Abendseglers.
Rauhautfledermaus
Auch die Rauhautfledermaus ist eine Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie
und somit eine streng geschützte Art. Sie gilt in NRW als gefährdete
wandernde Art und in Deutschland ist ihr Status unbekannt, eine
Gefährdung wird jedoch angenommen. Die Art ist dafür bekannt, dass sie
sich im Bereich strukturierter Wälder (feuchte Wälder, Auwälder) und
Parklandschaften oft in der Nähe größerer Gewässer aufhält. Die
Rauhautfledermaus ist eine Langstrecken wandernde Art, die sich u. a. an
Gewässern und Auenbereichen orientiert. Aufgrund der Nähe zum Rhein ist
es nicht auszuschließen, dass sie im Frühjahr und im Spätsommer/Herbst,
also zur Wanderungszeit vermehrt am Rhein und auf dem Plangebiet
auftauchen könnte.
Turmfalke:
Der Turmfalke ist in allen Teilen Mitteleuropas ein verbreiteter und meist
häufiger Brutvogel und gilt im Rheinland nach dem Mäusebussard als der
meist verbreitete Greifvogel. Er ist lediglich aufgrund seiner Listung in der
EG-Artenschutzverordnung Nr. 338/97 (Verordnung über den Schutz von
Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des
Handels; EG-ArtSchV) streng geschützt. Der Turmfalke besiedelt Kulturland
aller Art (mit Ausnahme völlig ausgeräumter Ackersteppen). Offene
Landschaften, insbesondere strukturreiche Agrarlandschaften, in
Kombination mit zumindest kleineren Wäldern, Feldgehölzen oder
Baumreihen, aber auch Siedlungen mit Kirchtürmen, Burgen, hohen
09.06.2015
179
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Gebäuden o. ä. sind bevorzugte Lebensräume. Die Jagdreviere liegen in
freien Flächen mit niedriger oder lückiger Vegetation. Innerhalb des
Plangebietes kommen hierfür nur wenige Brachflächen und der Uferbereich
des Rheins in Frage. Typischerweise liegen die Jagdhabitate von in
Großstädten brütenden Turmfalken aber im Außenbereich, oft mehrere
Kilometer vom Neststandort entfernt. Die Nahrung ist sehr vielseitig und
besteht aus kleinen Bodentieren, besonders Kleinnagern (vor allem
Wühlmäusen); daneben werden Spitzmäuse, Maulwürfe, Reptilien und
gelegentlich auch Kleinvögel genommen, seltener Insekten und
Regenwürmer.
Im Untersuchungszeitraum wurde für ein Paar des Turmfalken auf Grund
der Beobachtungen (Füttern, Balz) Brutverdacht für ein höheres Gebäude
im nördlichen Bereich des Plangebiets geäußert.
Allgemeine Beschreibung der Auswirkungen und Darstellung der
Betroffenheit
Zwergfledermaus:
Bei Durchführung des Bebauungsplans Nr. 772 wird ein Teil des
Jagdhabitats der Zwergfledermaus zerstört. Das Grundstück stellt
allerdings nur einen geringen Anteil der insgesamt von dieser Art in
räumlich und zeitlich wechselnden Nutzungsmustern zur Nahrungssuche
aufgesuchten Flächen dar. Im Umfeld des Plangebiets sind ausreichend
große und geeignete Flächen und Strukturen vorhanden, die ebenfalls als
Jagdgebiete bzw. als Hangplätze dienen können, so dass
Ausweichhabitate vorhanden sind. Dies gilt insbesondere auch für den
städtischen Raum mit Gebäuden unterschiedlichster Bauart und aller
Altersstrukturen, mit Brachflächen, Gärten, Parks und anderen, von den
Fledermäusen nutzbaren Bestandteilen. Der potenzielle Verlust von
Quartieren, deren Vorhandensein im Rahmen der vorliegenden
Untersuchung nicht vollständig ausgeschlossen werden konnte, würde für
die lokale bzw. regionale Zwergfledermauspopulation zwar eine erhebliche
Beeinträchtigung bedeuten, die aber durch die Schaffung neuer Quartiere
im Zuge der Baumaßnahmen weitgehend gemildert werden kann. Zudem
steht den Fledermäusen gerade im Siedlungsraum eine große Auswahl an
potenziell geeigneten Quartieren zur Verfügung, in welche die flexiblen, an
die dynamischen Verhältnisse im Siedlungsraum des Menschen
angepassten Tiere ausweichen können.
09.06.2015
180
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Vertreter der Gattung Myotis:
Die Untersuchungsergebnisse weisen für die Wasserfledermaus den Rhein
und die unmittelbaren Uferbereiche als Jagdgebiet aus. Innerhalb des
unmittelbaren Siedlungsbereichs wurden keine Wasserfledermäuse
festgestellt. Es ist anzunehmen, dass die Art ihre Sommerquartiere in
Wäldern mit höhlenreichen Altbaumbeständen außerhalb des
Innenstadtbereichs besitzt und verschiedene Gewässer, insbesondere
auch den Rhein, nacheinander nach Beutetieren absucht. Eine direkte
Betroffenheit durch den Bebauungsplan ist für die Wasserfledermaus nach
den derzeitigen Kartierungsergebnissen nicht gegeben, da ihr Jagdhabitat
keinen Veränderungen unterworfen wird und die Wasserfledermaus keine
Gebäude bewohnende Fledermausart ist. Im Winter ist ein Beziehen
unterirdischer Quartiere jedoch nicht auszuschließen. Deshalb ist
zumindest die Existenz von Winterquartieren einzelner Tiere in
verborgenen Gebäudeteilen nicht 100%ig auszuschließen.
Im Zuge der Erfassung von Zwischen- und Winterquartieren konnten keine
aktuell besetzten Quartiere von Vertretern der Gattung Myotis festgestellt
werden (Echolot 2009).
Rauhautfledermaus
Aufgrund der Vorliebe der Art, Baumquartiere zu nutzen und nur einzelner
Nachweise von fliegenden und jagenden Tieren im Herbst/Winter
2008/2009 wird sie im Folgenden nicht mehr intensiv betrachtet, da keine
direkte Betroffenheit besteht.
Großer Abendsegler:
Es ist anzunehmen, dass die Art ihre Zwischenquartiere in Wäldern mit
höhlenreichen Altbaumbeständen außerhalb des Innenstadtbereichs oder
in alten Parks mit entsprechendem Großhöhlenbestand besitzt und den
Rhein als Jagdgebiet wie auch als Leitlinie während der Wanderungsflüge
nutzt. Eine direkte Betroffenheit durch den Bebauungsplan, welcher den
Rhein nicht betrifft, ist für den Abendsegler daher nicht gegeben. Dennoch
ist – wie auch bei den Myotis-Arten – zumindest die Existenz von
Winterquartieren einzelner Tiere in verborgenen Gebäudeteilen nicht
vollständig auszuschließen. Aktuell besetzte Winterquartiere konnten
jedoch im Rahmen der veranlassten Kontrolle auf Winterquartiere nicht
nachgewiesen werden (Echolot 2009).
09.06.2015
181
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Turmfalke:
Der Turmfalke besitzt im Plangebiet einen Brutplatz (Gebäudebrüter), der
voraussichtlich bei Durchführung der Bebauungsplanung verloren gehen
wird. Eine erhebliche Beeinträchtigung durch das geplante Vorhaben ist
jedoch nicht zu erwarten, da im Umfeld des Plangebiets ausreichend viele
potenziell geeignete Brutplätze in Baumgruppen oder an hohen Gebäuden
vorhanden sind. Eventuelle Nahrungsflächenverluste können auf Grund
der hohen Mobilität der Art durch Jagd im Umfeld ohne weiteres
kompensiert werden. Die Jagdhabitate liegen vornehmlich im Rand- und
Außenbereich der Stadt, deshalb spielt das Plangebiet selbst als
Nahrungsfläche nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Spezielle Artenschutzrechtliche Beurteilung
Die im Plangebiet als planungsrelevant geltenden Arten sind bezüglich der
artenschutzrechtlichen Zugriffs- und Störungsverbote des § 44 BNatSchG
wie folgt zu bewerten:
Zwergfledermaus:
Die Zwergfledermaus nutzt das Plangebiet intensiv als Jagdhabitat.
Diesbezüglich ist das Vorhaben als unkritisch anzusehen. Zum einen
unterliegen die Jagd- und Nahrungsbereiche wie auch die Flug- und
Wanderkorridore einer Art nicht a priori den Artenschutzbestimmungen, es
sei denn, sie stellen einen essenziellen Habitatbestandteil dar und die
Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind in ihrer Funktion auf deren Erhalt
angewiesen. Dies ist hier nicht der Fall. Das Plangebiet stellt nur einen
geringen Anteil der insgesamt von der Zwergfledermaus in räumlich und
zeitlich wechselnden Nutzungsmustern zur Nahrungssuche aufgesuchten
Flächen dar. Im Umfeld sind ausreichend große und geeignete Flächen und
Strukturen vorhanden, die ebenfalls als Jagdgebiete dienen können, so
dass Ausweichhabitate vorhanden sind. Es liegt somit keine erhebliche
Störung vor, die eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der
lokalen Population nach sich ziehen könnte. Ein möglicher Verlust von
Orientierungspunkten oder Leitlinien ist hier ebenfalls unerheblich, da sich
die Tiere auf die neue Situation schnell einstellen können und an
entsprechend geeigneten Strukturen im Siedlungsraum kein Mangel
herrscht.
Darüber hinaus sind erhebliche Störungen der nachgewiesenen
Fledermäuse in ihren Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und
Wanderzeiten, die zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der
09.06.2015
182
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
lokalen Population führen würden, unter Beachtung geeigneter
Vermeidungsmaßnahmen (ökologische Baubegleitung, Einbau von
künstlichen Quartierhilfen bei Neubau von Gebäuden) durch den Abriss
und der Umgestaltung des Geländes nicht gegeben.
In Bezug auf das Zerstörungsverbot von Fortpflanzungs- und Ruhestätten
konnten im Rahmen der ökologischen Untersuchung des Plangebiets
durch IVÖR keine aktuell besetzten Sommerquartiere für Fledermäuse
nachgewiesen werden. Einzelne Tagesverstecke der spaltenbewohnenden
Zwergfledermaus
konnten
allerdings
auch
nicht
vollständig
ausgeschlossen werden. Auch aus den Ergebnissen der Untersuchung im
Herbst / Winter 2008 / 2009 durch Echolot lässt sich ableiten, dass zum
Untersuchungszeitpunkt keine aktuell genutzten Zwergfledermausquartiere durch den Abriss der Gebäude bei Durchführung der Bauleitplanung vernichtet werden würden. Sollten jedoch Hohlräume an oder in
den Gebäuden als Wohnstätten zeitweise von einzelnen Tieren dennoch
genutzt werden, sind diese nicht kopfstark, so dass durch das Vorhaben
zunächst nur Einzeltiere von der Zerstörung der Quartiere betroffen wären.
Zwar wurden bei den beiden Begehungen im September und Oktober
mehrere Zwergfledermäuse jagend im Untersuchungsgebiet angetroffen,
jedoch nicht in auffällig großer Individuenzahl. Die erbrachten
Beobachtungen einzelner jagender und vorbei fliegender Zwergfledermäuse deuten gegebenenfalls, auf sehr kleine Quartiergesellschaften im
Gebiet hin. Sollten die Lebensstätten von Einzeltieren oder kleinen
Quartiersgesellschaften verloren gehen, ist davon auszugehen, dass die
ökologischen Funktionen dieser ggf. betroffenen Lebensräume im
räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden, da für Einzeltiere in
unmittelbarer Nähe Ausweichquartiere zur Verfügung stehen. Auch ist es
wahrscheinlich, dass Tiere aus Quartieren außerhalb der Untersuchungsfläche das Untersuchungsgebiet zur Jagd nutzen. Zudem sind
Zwergfledermäuse äußerst flexibel in ihrer Quartierwahl und sind fähig,
sich neue Lebensräume und auch Quartiere zu erschließen. Diese könnten
sie vermutlich u. a. in der nebenan liegenden Siedlung auch finden.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass durch den Abriss und den Neubau
von Gebäuden und der Umgestaltung des angrenzenden Geländes aktuell
keine erheblichen Auswirkungen auf die lokale Fledermauspopulation zu
erwarten sind. Aufgrund der ökologischen Anpassungsfähigkeit der
Zwergfledermaus sowie der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen wird
sich der Eingriff nicht negativ auf den günstigen Erhaltungszustand der
lokalen Zwergfledermaus-Population auswirken.
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Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Wasserfledermaus, Großer Abendsegler:
Beide Arten nutzen den Rhein und seine unmittelbaren Uferbereiche als
Jagdhabitat sowie (wahrscheinlich) als Leitlinie während der saisonalen
Wanderungen. Quartiere dieser Arten sind im Plangebiet nicht zu erwarten.
Jedoch kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass einzelne Tiere
in verborgenen Gebäudeteilen oder Höhlenbäumen Sommer-, Zwischenoder Winterquartiere besitzen. Beim Abriss dieser Strukturen könnten hier
evtl. vorhandene Tiere verletzt oder getötet werden. Entsprechende
Vermeidungsmaßnahmen können dieses Risiko jedoch weitgehend
mindern.
Die – ohnehin zeitlich begrenzte – Baumaßnahme im unmittelbar am
potenziellen Wanderkorridor gelegenen Plangebiet führt nicht zu
erheblichen Störungen während Wanderungen der vorgenannten Arten. Sie
können den Rhein nach wie vor als Leitstruktur zur Orientierung nutzen.
Veränderungen baulicher Art, wie sie allenthalben entlang des gesamten
Stroms stattfinden, sind für die wandernden Fledermäuse kein Hindernis.
Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Populationen
beider Arten ist somit nicht zu besorgen.
Turmfalke:
Der Turmfalke verliert mit der Umgestaltung des Plangebiets keine für die
Art wesentlichen Nahrungsflächen. Wie schon bei der Zwergfledermaus
angeführt, unterliegen die Jagd- und Nahrungsbereiche wie auch die Flugund Wanderkorridore einer Art zunächst nicht den Artenschutzbestimmungen, es sei denn, sie stellen einen essenziellen
Habitatbestandteil dar und die Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind in
ihrer Funktion auf deren Erhalt angewiesen. Dies ist auch beim Turmfalken
nicht der Fall. Auch der mögliche Verlust des Brutplatzes im Falle der
Realisierung des Bebauungsplans ist aus avifaunistischer und artenschutzrechtlicher Sicht nicht gravierend. Der Turmfalke ist in NRW
flächendeckend verbreitet und einer der häufigsten Greifvögel. Die Art ist
bezüglich der Nistplätze sehr flexibel und brütet oft – wie auch hier – in
der unmittelbaren Nähe des Menschen. Gebäudenischen dienen häufig als
Ersatz bzw. Erweiterung der ursprünglichen Nistplätze in Felswänden. Beim
vorhabensbedingten Verlust des derzeitigen Brutplatzes ist davon
auszugehen, dass das hier ansässige Turmfalkenpaar auf andere
geeignete Strukturen (z. B. andere höhere Gebäude, Brückenpfeiler) im
Umfeld des Plangebiets ausweicht. Selbst im ungünstigsten Fall der
Verwaisung des Brutplatzes ist eine Verschlechterung des Erhaltungs-
09.06.2015
184
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
zustandes der lokalen Population nicht zu erwarten. Geringfügige, selbst
stärkere Bestandsschwankungen treten bei vielen Arten immer wieder auf
und können in der Regel durch einen Fortpflanzungsüberschuss und
Zuwanderung relativ schnell wieder ausgeglichen werden, vorausgesetzt
die Habitatverhältnisse sind für die betreffende Art geeignet. Insbesondere
für großflächig verbreitete, vitale Populationssysteme mit hoher
Individuendichte wie beim Turmfalken sind auftretende Brutplatzverluste
wie im vorliegenden Fall nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die
Population verbunden. Da der Turmfalke hinsichtlich des Neststandortes
ein weites Spektrum besitzt und auch künstliche Brutplätze annimmt, kann
dem
vorhabenbedingten
Brutplatzverlust
durch
entsprechende
Vermeidungsmaßnahmen entgegengewirkt werden. Ferner kann eine
Störung und ggf. Tötung von Tieren während der Brutzeit durch eine
Bauzeitenregelung vermieden werden.
Insgesamt sind die Zugriffsverbote des § 44 BNatSchG im vorliegenden Fall
wie folgt zu beurteilen: Zwar werden Teillebensräume streng geschützter
Arten vorhabenbedingt in Anspruch genommen, jedoch sind im näheren
und weiteren Umfeld geeignete Teilhabitate mit für die betreffenden Arten
ebenfalls geeigneten Strukturen und Ausstattungen vorhanden. Sie
können daher in die benachbarten Lebensräume ausweichen (sofern eine
echte Betroffenheit überhaupt gegeben sein sollte). Auch ist das Vorhaben
nicht erheblich im Sinne der populationsrelevanten Fitness. Die das
Plangebiet als Teillebensraum, z.B. als Brut- und Jagdhabitat nutzenden
Tiere können auch weiterhin ihren Beitrag zum Genpool der nächsten
Generationen, d. h. zum Fortbestand der lokalen Population leisten. Die
ökologischen Funktionen der von dem Vorhaben betroffenen
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten werden im räumlichen Zusammenhang
weiterhin erfüllt. Die Zugriffs- und Störungsverbote nach § 44 BNatSchG
sind daher im Falle des Bebauungsplanes Nr. 772 nach derzeitigem
Sachstand nicht gegeben.
Bewertung
In der Summe sind unter Berücksichtigung der vorgesehenen
Vermeidungsmaßnahmen keine erheblichen Beeinträchtigungen der im
Plangebiet nachgewiesenen planungsrelevanten Tierarten zu erwarten, die
ein Verbot des Planvorhabens nach § 44 BNatSchG oder die Beantragung
einer Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG erforderlich machen.
Im Plangebiet sind jedoch eine Vielzahl geeigneter Strukturen für
potentielle Quartiere (Fortpflanzungs- und Ruhestätten) vorhanden, die mit
09.06.2015
185
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
vertretbarem Aufwand kaum vollständig erfasst werden können. Zudem
kann sich die Quartiernutzung bis zur tatsächlichen Inanspruchnahme der
Untersuchungsfläche noch ändern. Zur Vermeidung der Zerstörung
potentiell besetzter Lebensstätten während der Abriss- oder
Baumaßnahmen ist aus diesen Gründen eine Unterrichtungsverpflichtung
zur Meldung besetzter Niststandorte von Vögeln oder Quartiere von
Fledermäusen an die Untere Landschaftsbehörde vorgesehen. Weiterhin
soll durch eine Ökologische Baubegleitung insbesondere eine Zerstörung
bisher unentdeckter Niststandorte/ Quartiere und damit die Tötung von
Tieren vermieden werden. Darüber hinaus sind an den Fassaden neu zu
errichtender Gebäude vorsorglich als lokale Naturschutzmaßnahme
Fledermaus-Quartierhilfen
als
Ersatzquartiere
vorgesehen,
um
sicherzustellen, dass die ökologischen Funktionen der betroffenen
Lebensräume im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden und
sich der Erhaltungszustand der lokalen Fledermauspopulation nicht
verschlechtert.
Auch wenn der Verlust eines Nistplatzes für den Turmfalken keine
gravierenden Auswirkungen auf die Population aufweist, wird im Sinne der
Vermeidung sowie der besonderen Verantwortung für streng geschützte
Tierarten im Bebauungsplan ein Nistkasten für Turmfalken festgesetzt.
Zudem wird festgesetzt, dass Abriss- und Sanierungsarbeiten sowie
Entfernungen von Sträuchern und Bäumen außerhalb der gesetzlich
festgelegten Brutzeit (01.03. bis 30.09. des Jahres) durchzuführen sind.
Um die Effizienz der im Zuge der Baumaßnahmen durchgeführten
Artenschutzmaßnahmen zu überprüfen und rechtzeitig Fehlentwicklungen
entgegen wirken zu können, ist eine jährliche Kontrolle der geschaffenen
Fledermaus-Quartiershilfen und des Nistkasten für den Turmfalken als
Monitoringmaßnahme vorgesehen (vgl. Kap. 10).
6.3
Schutzgebiete
Das
Plangebiet
liegt
außerhalb
des
Geltungsbereichs
des
Landschaftsplanes. Als nächstgelegenes Schutzgebiet ist das
Landschaftsschutzgebiet „Rheinuferbereich“ zu nennen. Es dient der
Erhaltung und Wiederherstellung der standorttypischen, inzwischen selten
gewordenen Auenvegetation und insbesondere dem Biotop- und
Artenschutz. Des Weiteren dem Erhalt eines in seiner Eigenart schönen
Landschaftsbildes. Durch die Umsetzung der Ziele des Bebauungsplans
Nr. 772 sind keine negativen Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet „Rheinuferbereich“ zu erwarten, da in diesem Rheinabschnitt das
09.06.2015
186
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Ufer u. a. aus Hochwasserschutzgründen bereits vollständig verbaut ist.
Zudem ist keine Einleitung von belastetem Niederschlagswasser oder
Abwässern in den Rhein vorgesehen, womit eine Beeinträchtigung der
Wasserqualität des Rheins verbunden sein könnte.
In ca. 3,5 km Entfernung befindet sich ein Teilbereich des Flora-FaunaHabitat-Gebiets (FFH-Gebiet) „Rhein-Fischschutzzonen zwischen Emmerich
und Bad Honnef“. Das FFH-Gebiet umfasst einen Abschnitt des Rheins am
Naturschutzgebiet „Die Spey“, das am südöstlichen Stadtrand von Krefeld
liegt. Die betreffenden Rheinabschnitte besitzen eine besondere
Bedeutung als Laichplätze, Jungfisch-, Nahrungs-, und Ruhehabitate
insbesondere für die im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten
Wanderfische, aber auch für die Nichtwanderfische Groppe und potentiell
Steinbeißer.
Weil die Einleitung von belastetem Niederschlagswasser oder von
Abwässern in den Rhein ausgeschlossen werden kann, kann eine
Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder
den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen ausgeschlossen werden.
Schutzgebiete nach der EU-Vogelschutz-Richtlinie sind durch die Planung
voraussichtlich nicht betroffen. Auch liegt der Planungsbereich nicht
innerhalb eines Wasserschutzgebiets.
6.4
Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen
Tab. 13: Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen
Schutzgut
prognostizierte
Umweltauswirkungen
Menschen/
Bevölkerung/
Gesundheit
- Lärmimmissionen
- Beeinträchtigungen durch die Ansiedlung
von Gewerbebetrieben in GE 1 bis GE 3
- Gefahren durch potentielle Störfälle
- Verbesserung der Naherholungsfunktion
- Geruchsimmissionen
••••
•
- Verlust schützenswerter Mauervegetation
im Bereich der Flächen für
Hochwasserschutzmaßnahmen
- - Verlust von Mauervegetation bei
potentiellen Sanierungsarbeiten an o. g.
Mauern
o
Pflanzen und Tiere/
Biotope/
Biologische Vielfalt
09.06.2015
Einschätzung
der
Erheblichkeit
•
+
••
•••
187
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
Schutzgut
VII. Umweltbericht
prognostizierte
Umweltauswirkungen
- Verlust von Mauervegetation durch evtl.
Treppenanlagen zum Unteren Werft
- Verlust von Mauervegetation im weiteren
Plangebiet
- Beeinträchtigung des Parks Villa Müncker
- Verlust von Biotopstrukturen im
Plangebiet
- geplante Baumpflanzungen
- Beeinträchtigung der Avifauna (insgesamt)
- potentielle Abriss- oder
Sanierungsarbeiten während der
Vogelbrutzeit
Boden
Wasser
Luft/
Klima
Landschaft/
Landschafts-/
Ortsbild
09.06.2015
- schädliche Bodenveränderungen auf
Altlastflächen bei geplanter empfindlicher
Nutzung wie z.B. Wohnen
- schädliche Bodenveränderungen auf
Altlastenverdachtsflächen (insgesamt)
- Versiegelung bisher unversiegelten
Bodens
- ggf. Entsiegelung
- Dachbegrünung
- Beeinträchtigungen durch Baustelleneinrichtung und das Lagern von
Baumaterial
- ggf. stoffliche Einträge durch Kfz-Verkehr
und gewerbliche Produktion
- Verringerung der
Grundwasserneubildungsrate
- Schadstoffeinträge in das Grundwasser
durch Altlasten
- Beeinträchtigung des Rheins
-
Einschätzung
der
Erheblichkeit
••
••
•
••
+
•
•••
•••
•
••
+
+
•
•
•
o
o
NO2-Immissionen
Feinstaub-Immissionen
Benzol-Immissionen
klimatische Zusatzbelastung (insgesamt)
Beeinträchtigung bedeutender Frischluftleitbahnen oder klimatischer Ausgleichsräume
- Dachbegrünung
•••
•/••
•
o
o
- Verbesserung des Ortsbildes
- ggf. Verlust ortsbildprägender hist.
Gebäude
+
•••
+
188
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
Schutzgut
Kultur- und
Sachgüter
Besonderer
Artenschutz
VII. Umweltbericht
prognostizierte
Umweltauswirkungen
Einschätzung
der
Erheblichkeit
- ggf. Sanierung und Wiedernutzung von
hist. Gebäuden
+
- nach heutigem Sachstand keine
Beeinträchtigung von Bodendenkmälern
- Beeinträchtigung von eingetragenen
Denkmälern und denkmalwerter
Bausubstanz
- Verluste nicht denkmalgeschützter
historischer Bausubstanz
- Vervollständigung beeinträchtigter
Denkmalensembles
o
o
••
+
Unter Berücksichtigung der vorgesehenen
Vermeidungsmaßnahmen sind keine erheblichen
Beeinträchtigungen der im Plangebiet nachgewiesenen
planungsrelevanten Tierarten zu erwarten, die ein Verbot des
Planvorhabens nach § 44 BNatSchG oder die Beantragung einer
Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG erforderlich machen.
Legende der Bewertungsstufen
7.
Voraussichtliche
Umweltauswirkungen
Kurzdarstellung
Einschätzung der
Erheblichkeit
positive Wirkung
+
erheblich im positiven Sinne
keine Beeinträchtigung
o
nicht erheblich
geringe Beeinträchtigung
•
nicht erheblich
mittlere Beeinträchtigung
••
bedingt erheblich
hohe Beeinträchtigung
•••
erheblich
sehr hohe Beeinträchtigung
••••
sehr erheblich
Ergebnis der Prüfung anderweitiger Planungsmöglichkeiten
Standortalternativen und Begründung zur Auswahl
Das Plangebiet liegt planungsrechtlich im Innenbereich der Stadt Krefeld
und umfasst im Wesentlichen eine Wiedernutzung bzw. Umnutzung bereits
in der Vergangenheit industriell genutzter Flächen. Die Planung beinhaltet
die Zielsetzung, diesen aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Rhein für
Krefeld einzigartigen Standort zu revitalisieren, indem ein Nebeneinander
von gewerblichen und kulturellen Nutzungen sowie städtisches Wohnen
ermöglicht wird.
09.06.2015
189
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Aufgrund der besonderen Lage des Plangebiets kommen keine weiteren
Standortalternativen in Betracht, die diese spezifische Zielsetzung
aufgreifen würden.
Aus Sicht von Umwelt, Natur und Landschaft ist zudem grundsätzlich eine
Innenentwicklung zu befürworten, da dadurch bisher unbeanspruchte
Flächen im Außenbereich geschont werden. Darüber hinaus sind die
überplanten
Flächen
im
Plangebiet
aufgrund
der
hohen
Flächenversiegelung und der langjährigen industriellen Nutzung bereits
stark vorbelastet. Im Rahmen der Umweltprüfung sind die betroffenen
Umweltbelange im Plangebiet näher untersucht worden. Die Ergebnisse
dieser Prüfung sind in den Kapiteln des Umweltberichts ausführlich
dargestellt.
Alternative Bebauungskonzepte und Begründung zur Auswahl
Der vorliegende Bebauungsplan basiert im Wesentlichen auf dem
Siegerentwurf des 2003 durchgeführten Wettbewerbs zum Projekt
„RheinBlick“. Im Zuge der weiteren Planung wurde dieser Entwurf in
einigen Bereichen noch modifiziert und/ oder noch weiter ausdifferenziert.
Planungsbegleitend wurden die einzelnen Planideen jeweils im Hinblick
auf mögliche erhebliche Umweltauswirkungen untersucht. Aus der Vielzahl
an Überlegungen wird im Folgenden ein Überblick über die wesentlichen
unterschiedlichen Planungsansätze gegeben:
Riegelbebauung entlang der Dujardinstraße:
Um die lärmabschirmende Wirkung von Gebäuden zu nutzen war zeitweise
angedacht, entlang der Dujardinstraße eine geschlossene Riegelbebauung
zu realisieren. Von dieser Planung musste Abstand genommen werden, da
dadurch die Durchlüftung des Bereichs stark beeinträchtigt und die
lufthygienische Situation wesentlich verschlechtert worden wäre. Ferner
wären auf diese Weise die geplanten Sichtachsen zum Rhein hin versperrt
und so die Erlebbarkeit des Bereichs beeinträchtigt worden.
Platz südlich der Villa Müncker:
Ursprünglich sah der Planentwurf vor, den zentralen Platz südlich der Villa
Müncker von Uerdingen aus offen zugänglich zu gestalten und eine
Blickachse zum Rhein hin zu ermöglichen. Um die schalltechnischen
Immissionswerte für Mischgebiete einzuhalten, wurde schalltechnisch
überprüft, inwiefern ein Lückenschluss zwischen Gebäuden erforderlich
ist. Durch den teilweisen Ausschluss von Wohnnutzungen und die Schall-
09.06.2015
190
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
schutzfestsetzungen wurde zugunsten der Sicht- und Wegebeziehungen
der baulichen Öffnung der Vorrang eingeräumt.
Park der Villa Müncker:
Zeitweise war geplant, den denkmalgeschützten Park für die Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Nachdem im Rahmen der beauftragten
Altlastenuntersuchung eine Bodenbelastung festgestellt worden ist,
musste von dieser Idee jedoch Abstand genommen werden, weil in einer
öffentlichen Grünanlage ein direkter Kontakt von spielenden Kindern mit
offenem Boden nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Eine
Sanierung ist nicht möglich, da dann das Denkmal „Parkanlage“ zerstört
werden würde.
Gewerbegebiete im Norden:
Aufgrund der Lärmimmissionssituation im nördlichen Plangebiet und der
unmittelbaren Nähe zum CHEMPARK von CURRENTA bedingt sich die
Einstufung als Gewerbegebiet. Der Planungsansatz ggf. auch den
nördlichen Bereich als Mischgebiet einzustufen, war deshalb nicht
umsetzbar. Insbesondere innerhalb der ermittelten Achtungsgrenze sind
aus Störfallgesichtspunkten spezifische Restriktionen erforderlich, die
eine potentielle Wohnnutzung ausschließen.
8.
Entwicklung des Umweltzustandes bei Nichtdurchführung der
Planung
Bei Nichtdurchführung der Planung würde der derzeitige Umweltzustand
weitestgehend erhalten bleiben. Die brach gefallenen Bereiche würden
sich entsprechend der natürlichen Sukzession weiterentwickeln. Darüber
hinaus würde in einem Industriegebiet ein geringerer Anreiz bestehen, das
Ortsbild des Plangebiets aufzuwerten. Dies bedeutet, dass keine
Verbesserung des Ortsbildes und der Naherholungsfunktion im Plangebiet
zu erwarten wäre.
Bei Nutzungsaufgabe würden der vorhandene hohe Versiegelungsanteil
weiterhin Natur und Landschaft beeinträchtigen. Brachliegende un- oder
teilversiegelte Flächen würden sich im Rahmen der natürlichen Sukzession
entwickeln. Aufgrund der gestörten Bodenverhältnisse ist die potentiell
natürliche Vegetation im Plangebiet nicht bestimmbar.
09.06.2015
191
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
9.
Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich
9.1
Vermeidungs- und Verringerungsmaßnahmen
Zur Vermeidung und Verringerung negativer Umweltauswirkungen sind
folgende Maßnahmen vorgesehen:
Schutz vor Auswirkungen möglicher Störfälle:
Kennzeichnung der sog. Achtungsgrenze.
Ausschluss betrieblicher Wohnnutzung in den Gewerbegebieten GE 1,
GE 2 und GE 3.
Unzulässigkeit von Einrichtungen mit hohem und intensivem
Publikumsverkehr in GE 1.
Immissionsschutz:
Gliederung der Gewerbegebiete GE 1, GE 2, GE 3 und GE 4 gemäß der
Abstandsliste zum Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Natur,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 06. Juni 2007.
Hinweis auf Vorbelastung mit gewerblichen Geruchsimmissionen.
Festlegung von Emissionskontingenten nach DIN 45691
Passiver Lärmschutz:
Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung der auf das Plangebiet
einwirkenden Geräuschimmissionen (vertragliche Regelungen über die
Verlagerung von Schiffswartepositionen, vertragliche Verpflichtung zur
Herstellung eines Baukörpers mit lärmabschirmender Wirkung).
Darstellung der innerhalb des Bebauungsplangebiets anliegenden
Gewerbe- und Verkehrslärmbelastungen, jeweils gesondert für die Tagund die Nachtzeit, in Beikarten zum Bebauungsplan.
Festsetzung von je nach Raum- und Nutzungsart differenziert
bemessenen einzuhaltenden Innenpegeln in schutzbedürftigen
Räumen von Wohn- und Arbeitsstätten; dadurch Wahrung eines hohen
Schallschutzniveaus für alle zulässigen Nutzungsarten.
Festsetzung von Vorkehrungen zur Sicherung einer ausreichenden
Belüftung bei geschlossenen Fenstern, soweit ein ausreichendes
Schalldämmmaß nicht bereits durch zum Lüften teilgeöffnete Fenster
erreicht wird.
Ausschluss von Wohnnutzungen in bestimmten Bereichen der
Mischgebiete MI 1.1 und MI 2.3.
09.06.2015
192
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Denkmalschutz:
Nachrichtliche Übernahme eingetragener Denkmäler in den
Bebauungsplan.
Orientierung der Höhe baulicher Anlagen (Trauf- und Firsthöhen) an den
vorhandenen Denkmälern.
Abstimmung von Maßnahmen an Denkmälern mit der Unteren
Denkmalbehörde.
Hinweis auf die denkmalwerte Bausubstanz
Hinweis auf Anzeige- und Meldepflicht nach §§ 15 und 16
Denkmalschutzgesetz NRW.
Artenschutz:
Ökologische Baubegleitung während der Bauphase bei Abriss- und
Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden in den Gewerbegebieten und den
Mischgebieten MI 1.1 und MI 1.2. Dabei Abstimmung mit der Unteren
Landschaftsbehörde bei der Stadt Krefeld.
Hinweispflicht auf besetzte Niststandorte oder Quartiere von
Fledermäusen oder Vögeln, sofern diese während der Baumaßnahmen
festgestellt werden. In diesem Fall umgehende Unterrichtung der
Unteren Landschaftsbehörde.
Anbringung eines Turmfalken-Nistkastens in Gewerbegebiet GE 2 an
einem Gebäude innerhalb der mit mindestens fünf Vollgeschossen zu
bebauenden Fläche. Durchführung der Maßnahme in Abstimmung mit
der Unteren Landschaftsbehörde.
Anbringung
von
Quartierhilfen
für
Fledermäuse
in
den
Gewerbegebieten und im Mischgebiet MI 1:. Jeweils zwei
Quartiershilfen an den östlichen, zum Rhein hin orientierten Fassaden
der Gebäude je angefangene 10 m Fassadenlänge der Gebäude. Die
Vorschlagsliste für Fledermausquartierhilfen basiert auf den
Empfehlungen der Artenschutzgutachten IVÖR 2008 und Echolot 2009.
Die einzelnen Maßnahmen zum Artenschutz (für Tierarten) sind mit der
Unteren Landschaftsbehörde abzustimmen.
Durchführung von Abriss- und Sanierungsarbeiten sowie Entfernung
von Sträuchern und Bäumen außerhalb der gesetzlich festgelegten
Brutzeit (01.03. bis 30.09. des Jahres).
Artenschutz/ Mauervegetation:
Innerhalb der Flächen für Hochwasserschutzmaßnahmen:
Kennzeichnung schützenswerter Pflanzenstandorte und die Festlegung
ggf. erforderlicher Schutzmaßnahmen bei Baumaßnahmen.
09.06.2015
193
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Bei Mauerwerksanierungen Schutz der vorhandenen MauerpflanzenGesellschaften mit geeigneten Vorrichtungen.
Kontinuierliche Entfernung von vorhandenem Gehölzaufwuchs an und
auf den Mauern.
Bei Abriss- und Sanierungsmaßnahmen an Mauern Abstimmung der
verschiedenen Maßnahmen mit der Unteren Landschaftsbehörde.
Baumschutz
Erhaltungsbindung für den Baumbestand des Parks der Villa Müncker.
Hinweis auf Unberührtheit der Baumschutzsatzung.
Anpflanzbindung für neue Bäume im öffentlichen Verkehrsraum und in
den Baugebieten.
Grundwasserschutz:
ggf. Versickerung von unbelastetem Niederschlagswasser (bei
Abstimmung von geplanten Baumaßnahmen und Versickerungseinrichtungen mit der Unteren Wasserbehörde.)
Bodenschutz/Gesundheitsschutz:
Bei Nutzungsänderungen oder baulichen Veränderungen ist im Rahmen
des erforderlichen Genehmigungsverfahrens eine Detail-Untersuchung
des Bodens und ggf. ein Sanierungskonzept erforderlich, welche mit
der Stadt Krefeld, Fachbereich Umwelt, abzustimmen sind. Die Tiefe
des erforderlichen Bodenaushubs wird im nachgelagerten
Genehmigungsverfahren festgelegt.
In dem Bebauungsplan wird auf die erhöhten städtebaulichen
Dichtewerte reagiert, indem als Ausgleich Dachbegrünungen (extensive
Begrünung) bzw. Tiefgaragenbegrünungen (intensive Begrünung)
festgesetzt werden.
9.2
Ausgleichsmaßnahmen
Eine Ausgleichsverpflichtung gemäß § 1a Abs. 3 BauGB entfällt, weil das
Plangebiet im Innenbereich gemäß § 34 BauGB liegt und im Zuge des
Bebauungsplanverfahrens keine zusätzlichen Baurechte geschaffen
werden. Damit wären die durch die Planung zu erwartenden Eingriffe
bereits vor der planerischen Entscheidung zulässig gewesen. In diesen
Fällen entfällt gemäß § 1a Abs. 3 BauGB die Ausgleichsverpflichtung im
Rahmen der Eingriffsregelung.
Unabhängig von den Anforderungen der Eingriffsregelung sind im
Umweltbericht im Rahmen der baurechtlichen Umweltprüfung gemäß § 2
09.06.2015
194
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Abs. 4 in Verbindung mit Anlage 1 BauGB Aussagen zu Ausgleichsmaßnahmen nachteiliger Umweltauswirkungen zu treffen.
Im Bebauungsplan sind im Rahmen von Anpflanzbindungen zusätzliche
Baumpflanzungen vorgesehen. Neben der beabsichtigten städtebaulichen
Wirkung, führen diese Gehölzpflanzungen zu einem gewissen Ausgleich für
die zu erwartenden Verluste an Vegetationsstrukturen im Plangebiet.
Insbesondere durch Pflanzung einheimischer und früchtetragender Arten
könnte für die Fauna im Plangebiet ein Beitrag zum Ausgleich im Hinblick
auf die zu erwartenden Verluste an Nahrungsflächen geschaffen werden.
Im Bebauungsplan wird zudem auf die erhöhten städtebaulichen
Dichtewerte reagiert, indem als Ausgleich Dachbegrünungen bzw.
Tiefgaragenbegrünungen festgesetzt werden. Diese Maßnahme bietet
positive Synergieeffekte für das Stadtklima und die Entwässerung.
10.
Maßnahmen zur Überwachung der Umweltauswirkungen
Nach § 4c BauGB überwachen die Gemeinden erhebliche Umweltauswirkungen, die auf Grund der Durchführung der Bauleitpläne eintreten.
Dadurch sollen insbesondere unvorhergesehene negative Umweltauswirkungen frühzeitig ermittelt werden und die Möglichkeit eröffnet
werden, in diesem Fall geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.
Schutzgut Tiere und Biologische Vielfalt/ Artenschutz:
Jährliche Kontrolle der geschaffenen Nisthilfe bzw. Quartiere auf Bruterfolg
bzw. Nutzung als Quartier, um die Effizienz durchgeführter Artenschutzmaßnahmen zu überprüfen und um rechtzeitig Fehlentwicklungen
entgegensteuern zu können. Der Naturschutzbund Krefeld/Viersen hat sich
bereit erklärt, hier Unterstützung bei der Beratung zur Anbringung und der
Kontrolle von Nisthilfen zu liefern.
Schutzgut Mensch/ Lärm:
Im Zuge der Lärmminderungsplanung durch den Fachbereich Umwelt der
Stadt Krefeld wird die Lärmbelastungssituation im Plangebiet überwacht.
Dieses stadtweit angelegte Monitoring lässt jedoch nur eine grobe
Betrachtung zu. Deshalb sind zusätzlich folgende Überwachungsmaßnahmen erforderlich:
Die Planungen des angrenzenden Bebauungsplanes Nr. 677/II sehen unter
anderem vor, die Hohenbudberger Straße in Richtung Nordwesten zu
verlegen. Zudem ist langfristig eine Entwicklung zu weniger störendem
09.06.2015
195
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Gewerbe im Plangebiet sowie im näheren Umfeld wahrscheinlich. Sofern
diese Entwicklungen Realität werden, würde die Belastung im Plangebiet
durch Lärmimmissionen voraussichtlich deutlich abnehmen. Sollte dieser
Fall eintreten, könnte deshalb ein Planerfordernis vorliegen, die derzeit im
Plangebiet festgesetzte Schallschutzmaßnahmen unter Umständen wieder
zurückzunehmen oder die Einstufung der Art der baulichen Nutzung zu
überprüfen. Der Fachbereich Stadtplanung der Stadt Krefeld stellt sicher,
die Entwicklungen im Umfeld des Plangebiets laufend zu beobachten und
bei Eintreten oben genannter Entwicklungsmöglichkeiten zu prüfen, ob
eine Bebauungsplanänderung erforderlich ist.
Des Weiteren wird auf die Unterrichtungspflicht der Behörden nach § 4
Abs. 3 BauGB hingewiesen. Danach sind die Behörden aufgefordert, wenn
ihnen bei der Durchführung eines Bauleitplans Erkenntnisse über
erhebliche, insbesondere unvorhergesehene negative Umweltauswirkungen vorliegen, die Gemeinde darüber zu unterrichten. Die sich hieraus
ergebenden Pflichten zur Überwachung sind als Maßnahmen im Sinne des
Monitorings gemäß BauGB zu werten.
11.
Allgemeinverständliche Zusammenfassung
Die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 772 führt voraussichtlich zu
einer Beeinträchtigung von Umweltbelangen. Die voraussichtlich
erheblichen Umweltauswirkungen sind im Rahmen von Gutachten zu den
Themenfeldern Seveso-II-Richtlinie, Lärm-, Luft- und Geruchsimmissionen,
zu Altlasten und Versickerungsmöglichkeiten sowie unter ökologischen
Aspekten untersucht worden.
Im Rahmen der Umweltprüfung sind nach Auswertung der Gutachten
folgende Umweltauswirkungen als erheblich eingestuft worden:
Eine sehr erhebliche Beeinträchtigung des Schutzguts Menschen/
Bevölkerung/ Gesundheit durch Lärmimmissionen ist zu erwarten. Deshalb
werden im Bebauungsplan bestimmte schützenswerte Nutzungen in den
Gewerbegebieten sowie in Teilbereichen der Mischgebiete MI 1.1 und
MI 2.3 Wohnnutzungen ausgeschlossen. Darüber hinaus werden als
Schallschutzmaßnahmen zum Schutz vor Gewerbelärmimmissionen sowie
als Schallschutzmaßnahmen zum Schutz vor Verkehrslärmimmissionen
bestimmt, dass für Aufenthaltsräume, in denen als Schutzgut die
Nachtruhe (gesunder Schlaf) maßgeblich ist, Innenpegel nach VDIRichtlinie 2719 von 30 dB(A) einzuhalten sind. Für Aufenthaltsräume, in
denen als Schutzgut die ungestörte Kommunikation maßgeblich ist, muss
09.06.2015
196
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
ein Innenpegel von 40 dB(A) eingehalten werden. Auf diese Weise können
gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Plangebiet sichergestellt
werden.
Ferner sind Überschreitungen der Grenzwerte für Stickstoffdioxid
prognostiziert worden (Jahresmittelwerte). Diese Problematik kann in der
Bebauungsplanung jedoch sektoral nicht gelöst werden. Der Gutachter
weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Minderungsmaßnahmen
großflächig und dauerhaft angewendet werden müssten, um eine deutliche
Senkung der Luftimmissionen zu erreichen. Dafür ist insbesondere die
Luftreinhalteplanung ein geeignetes Instrument.
Das Ortsbild des Plangebiets zeichnet sich durch seine historische
Bausubstanz aus, die teilweise unter Denkmalschutz steht. Wenn in
hohem Maße historische Bausubstanz, die nicht denkmalgeschützt ist, im
Zuge der Durchführung der Bebauungsplanung verloren gehen würde, wäre
dies als erhebliche Beeinträchtigung des Schutzguts Landschaft/ Ortsbild
einzustufen.
In Teilbereichen sind Altlasten festgestellt worden, die voraussichtlich eine
erhebliche Beeinträchtigung darstellen, sofern dort empfindliche Nutzungen wie Wohnen oder Kinderspiel umgesetzt werden sollen. Durch einen
Bodenaustausch kann in diesem Fall eine erhebliche Beeinträchtigung
vermieden werden.
An mehreren Mauern im Plangebiet ist schützenswerte Mauervegetation
festgestellt worden. Dies betrifft insbesondere die alten Mauern zum
Rhein. Sollten aus Hochwasserschutzgründen Sanierungsarbeiten an
diesen Mauern erforderlich werden, wären erhebliche Beeinträchtigungen
des Schutzguts Pflanzen/ Biologische Vielfalt nicht auszuschließen.
Deshalb werden im Bebauungsplan spezielle Schutzmaßnahmen zur
Vermeidung vorgesehen.
Im Plangebiet sind planungsrelevante Arten nachgewiesen worden, die
dem besonderen Artenschutz unterliegen. Dazu gehören verschiedene
Fledermausarten sowie als Brutvogel der Turmfalke. Unter
Berücksichtigung der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen sind keine
erheblichen Beeinträchtigungen der im Plangebiet nachgewiesenen
planungsrelevanten Tierarten zu erwarten, die ein Verbot des
Planvorhabens nach § 44 BNatSchG oder die Beantragung einer
Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG erforderlich machen.
09.06.2015
197
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VII. Umweltbericht
Des Weiteren sind im Plangebiet diverse Brutvögel nachgewiesen worden.
Um eine erhebliche Beeinträchtigung der Avifauna während der Brutzeit zu
vermeiden, ist deshalb die Festsetzung vorgesehen, dass Baumaßnahmen
außerhalb des potentiellen Brutzeitraumes vom 01. März bis
30. September durchgeführt werden müssen.
Als Monitoringmaßnahme sind eine jährliche Kontrolle der geplanten
Fledermaus-Quartiershilfen sowie des vorgesehenen Nistkastens für
Turmfalken vorgesehen. Des Weiteren ist durch den Fachbereich
Stadtplanung der Stadt Krefeld eine Überwachung der gewerblichen und
der Verkehrsentwicklung im näheren Umfeld des Plangebietes geplant. Bei
Erforderlichkeit wird eine Bebauungsplanänderung veranlasst. Ferner sind
die Behörden aufgefordert, wenn ihnen bei der Durchführung eines
Bauleitplans Erkenntnisse über erhebliche, insbesondere unvorhergesehene negative Umweltauswirkungen vorliegen, die Stadt Krefeld darüber umgehend zu unterrichten.
09.06.2015
198
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
VIII. Umsetzung der Planung
VIII. Umsetzung der Planung
1.
Bodenordnung
Zur Umsetzung der Ziele des Bebauungsplanes ist voraussichtlich keine
amtliche Bodenordnung erforderlich.
2.
Städtebauliche Verträge
Zur Umsetzung des Bebauungsplans sind städtebauliche Verträge
zwischen der Stadt Krefeld und den Eigentümern der zu überplanenden
Grundstücke erforderlich. In diesen Verträgen sollen u. a. Regelungen zu
Infrastrukturkostenbeiträgen und zu möglichen Kostenübernahmen der
Gutachten getroffen werden. Für das gegliederte Mischgebiet MI 1 mit den
Teilgebieten MI 1.1 und MI 1.2 soll eine Bauzeitenregelung öffentlichrechtlich gesichert werden. Mit dem Betreiber des Hafenkrans soll eine
Regelung zur Einstellung der Krannutzung getroffen werden.
Weiterhin wird ein trilateraler Vertrag zwischen der Stadt Krefeld
(Hafenbehörde), dem Hafen Krefeld und dem Chempark-Betreiber
erarbeitet. Hierin soll geregelt werden, dass die Genehmigung zum Setzen
und Betreiben von Schifffahrtszeichen von dem Rhein-km 765,15- 765,35
der Bayer AG aufgegeben und an eine alternative Warteposition an der
Hafennordspitze dauerhaft verlagert wird.
3.
Kosten und Finanzierung
Die Kosten werden im weiteren Verfahren ermittelt.
______________________________________________________________
Krefeld, den _________________
Fachbereich 61
Stadtplanung
Geschäftsbereich V
Planung, Bau und
Gebäudemanagement
Norbert Hudde
Fachbereichsleiter
Martin Linne
Beigeordneter
09.06.2015
199
Bebauungsplan Nr. 772
der Stadt Krefeld
Der Rat der Stadt Krefeld hat die vorstehende Begründung des
Bebauungsplanes Nr. 772 in seiner Sitzung am
beschlossen und zur erneuten öffentlichen Auslegung bestimmt.
Krefeld, den ________________
DER OBERBÜRGERMEISTER
Gregor Kathstede
Die vorstehende Planbegründung hat gemäß § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch in
dem Zeitraum vom ____________________ bis einschließlich
____________________ öffentlich ausgelegen.
Krefeld, den ________________
DER OBERBÜRGERMEISTER
Im Auftrag
Norbert Hudde
Fachbereichsleiter
09.06.2015
200