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16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 04:27
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Anlage 2
4627/17
Neuausrichtung der Wohnungs- und
Baulandpolitik
Positionspapier des Deutschen Städtetages
-2-
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ....................................................................................................................... 3
1. Für eine sozialgerechte Wohnungs- und Baulandpolitik ......................................... 4
2. Status quo und Herausforderungen ....................................................................... 5
3. Instrumente für die Verbesserung der Flächenverfügbarkeit für den
Wohnungsbau ........................................................................................................ 8
3.1 Kommunales Flächenmanagement intensivieren ........................................ 8
3.2 Planungsrecht anpassen ............................................................................. 9
3.3 Recht harmonisieren – Abwägungsgebot stärken ..................................... 10
3.4 Veräußerungspolitik des Bundes und der Länder bei Liegenschaften
korrigieren .................................................................................................. 11
3.5 Wohnbauland- und Erschließungsfonds auflegen ..................................... 12
3.6 Grundsteuerliche Tarifoption für unbebaute, aber erschlossene
Grundstücke im Innenbereich einräumen .................................................. 12
4. Instrumente der Objektförderung im (bezahlbaren) Wohnungsneubau und der
Qualifizierung von Beständen............................................................................... 13
4.1 Soziale Wohnraumförderung verstetigen und ausbauen ........................... 13
4.2 Förderung bei Modernisierungen im Bestand flexibilisieren....................... 14
4.3 Bindungsdauern verlängern und Belegungsrechte ankaufen .................... 14
4.4 Wohneigentumsbildung zielgenau steuerlich fördern ................................ 15
4.5 Umfang der Normung im Bauwesen reduzieren ........................................ 16
5. Bauplanungs- und ordnungsrechtliche Instrumente zur Bestands- und
Milieuschutzsicherung, Novellierung des Mietrechts und Stärkung der
Subjektförderung .................................................................................................. 16
5.1 Veränderungsprozesse mitgestalten – vorhandene Instrumente nutzen ... 17
5.2 Mietrecht für einen gerechten Interessenausgleich weiterentwickeln ........ 18
5.3 Modernisierung fördern, Verdrängung verhindern ..................................... 20
5.4 Wohngeld dynamisieren und weiterentwickeln, Kosten der Unterkunft
eindeutiger gestalten ................................................................................. 21
Zusammenfassung ................................................................................................... 23
Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages zum voliegenden
Positionspapier ......................................................................................................... 25
Quellen- und Literaturverzeichnis ............................................................................. 26
-3-
Vorwort
„Wohnen ist heute mehr als eine reine Unterkunft. Wohnen ist Teil unserer Kultur und der
Selbstverwirklichung des Menschen!“, so der frühere Kieler Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetages, Günther Bantzer, im Jahre 1980. Diese Feststellung ist so
simpel wie richtig. Und sie gilt noch heute.
Daraus lässt sich ein klarer Anspruch an das Wohnen ableiten. Politisch bedeutet das eine
vielschichtige Herausforderung gerade für das Wohnen in unseren Städten. Die aktuellen
Debatten um „Wohnungsnot“ und „explodierende Mieten“ in den Groß- und Universitätsstädten einerseits sowie „Landflucht“ und „verödende Dörfer“ andererseits zeigen, wie eng der
Erhalt des sozialen Friedens und der Zusammenhalt von Stadt- und Landgesellschaften mit
der erfolgreichen Beantwortung drängender wohnungspolitischer Fragen verbunden sind.
Vor allem die Sicherung und Neuschaffung „bezahlbaren Wohnraums“ müssen für Bund,
Länder und Kommunen eine dauerhafte wohnungspolitische Zielsetzung bleiben. Dies gilt
inzwischen auch für Klein- und Mittelstädte außerhalb der Metropolregionen. Notwendig ist
eine Neuausrichtung der Wohnungs- und Bodenpolitik, denn die zur Verfügung stehenden
Instrumente reichen offenbar nicht durchgängig, um die Wohnungsfrage einer nachhaltigen
Lösung zuzuführen.
Das vorliegende Positionspapier ist das Ergebnis der Arbeit von Mitgliedern aus fünf Fachkommissionen des Deutschen Städtetages (Wohnungswesen, Baurecht, Liegenschaften,
Stadtentwicklungsplanung, Stadtplanung und Städtebau). Damit steht es für eine querschnittsorientierte Betrachtung der Wohnungs- und Bodenpolitik in Deutschland, aber auch
für eine explizit städtische Sicht auf die anstehenden Herausforderungen. Es mündet in einem Forderungskatalog an Bund und Länder, spart aber auch die Selbstverpflichtungen der
Städte für eine aktive Baulandpolitik, die ergebnisorientierte Anpassung von Planungs- und
Genehmigungsverfahren und den Einsatz der zur Verfügung stehenden bodenrechtlichen
Instrumente nicht aus.
Das Papier bildet die aktuelle Klammer für bereits existierende fachspezifische und dezernatsübergreifende Positions- und Eckpunktepapiere des Deutschen Städtetages wie
„Wohnraummangel in Deutschland“, „Strategisches Flächenmanagement und Bodenwirtschaft“, „Wohngeld und Kosten der Unterkunft nach dem SGB II“ sowie „Weiterentwicklung
und Anforderungen an die Strom- und Wärmeeffizienz“. Der Deutsche Städtetag erhofft sich
hiervon einen konzertierten Mehrebenenansatz für eine antizyklische, nachhaltige und sozialgerechte Wohnungs- und Baulandpolitik.
Ich wünsche Ihnen und uns viele Anregungen für den weiteren Diskussionsprozess.
Helmut Dedy
Hauptgeschäftsführer des
Deutschen Städtetages
-4-
Neuausrichtung der Wohnungs- und Baulandpolitik
Positionspapier des Deutschen Städtetages – beschlossen
vom Präsidium am 12. September 2017 in Kassel
1.
Für eine sozialgerechte Wohnungs- und Baulandpolitik
Die Geschichte des Wohnungswesens in Deutschland kennt bereits zahlreiche Antworten
auf die zyklisch auftretende Wohnraumverknappung und Wohnraummangel für gering verdienende Bevölkerungsgruppen: Dazu zählen der Reformwohnungsbau der Weimarer
Republik, der Wiederaufbau in den Nachkriegsjahren, die großen Bauprogramme der 1970er
Jahre, der Boom Mitte der 1990er Jahre und die Eigentumsschaffung bis Mitte der 2000er
Jahre. Ab dem Jahre 2000 setzte sich die Auffassung durch, die „Wohnungsfrage“ sei im
Wesentlichen gelöst. Die Erleichterung darüber, dieses Thema nach vielen Jahrzehnten endlich als erledigt betrachten zu dürfen, entpuppt sich heute jedoch als Trugbild: Der
Wohnraummangel in Wachstumsstädten sowie -regionen und selbst in vielen Mittelstädten,
verbunden mit stetig steigenden Mieten, sind deutlich erkennbar.
Die Lösung der anstehenden Aufgaben ist nicht zuletzt deshalb so schwierig, weil es widerstreitende Entwicklungen gibt: Auf der einen Seite werden mit der Neuschaffung von
Wohnraum weitreichende, auch kostentreibende Ansprüche an verbesserte energetische
und generationengerechte (barrierefreie) Standards verbunden. Auf der anderen Seite aber
greifen übliche wohnungspolitische Steuerungsinstrumente wie die Zinssubvention angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus am Hypothekenmarkt nicht mehr. Und schließlich
soll Wohnraum kostengünstiger erstellt, verkauft und vermietet werden. Dass dies nicht zuletzt aufgrund des vorherrschenden Mangels an Bauflächen kaum zu bewerkstelligen ist, hat
inzwischen alle Handlungsebenen alarmiert. Es handelt sich um eine ressortübergreifende
Thematik, die auf allen politischen Ebenen einer zielorientierten Behandlung bedarf: Weniger
Zyklizität, mehr Kontinuität und ein Gleichgewicht zwischen Anreiz- und Förderinstrumenten
für den freien und den geförderten Wohnungsbau für breite Schichten der Bevölkerung und
gering verdienende Bevölkerungsgruppen. Für eine wirksame und nachhaltige Wohnungspolitik müssen auch die bodenrechtlichen Instrumente, die den Kommunen für die Aktivierung
von Bauland zur Verfügung stehen, geschärft und erweitert werden. Wohnungs- und Bodenpolitik weisen einen untrennbaren Zusammenhang auf.
Neben einer politisch veränderten Wahrnehmung des Themas müssen auch die geänderten
Rahmenbedingungen herausgestellt werden. Eine zunehmende Zahl an Städten verzeichnet
wieder Bevölkerungszuwachs. Diese gute Nachricht relativiert sich bei näherer Betrachtung
aber: So ist das positive Wanderungssaldo häufig auf die durchaus volatile Zuwanderung
aus den EU-Mitgliedsländern, die internationale Migration und die Integration von Geflüchteten zurückzuführen. Überdies ist auch bei einem insgesamt positiven Wanderungssaldo in
den meisten Städten und Regionen ein zeitgleiches und kleinräumiges Nebeneinander von
Wachstum und Schrumpfung zu konstatieren. Selbst wachsende Städte müssen sich bisweilen mit Fragen des Rückbaus auseinandersetzen. Gleichzeitig weisen auch Kommunen mit
rückläufiger Bevölkerungszahl in Teilbereichen Ersatz- und Neubaubedarfe auf. Beide Phänomene gilt es für eine nachhaltige Wohnungspolitik zu berücksichtigen.
Immer mehr Menschen in Deutschland geben 30 Prozent und mehr ihres Einkommens für
die Miete aus, in vielen Fällen bleiben damit zum Leben nur noch Beträge, die unterhalb der
-5Hartz-IV-Sätze liegen. Gemessen an den Einkommensverhältnissen ist die durchschnittliche
Mietbelastung allerdings nicht nur in Schwarmstädten wie Berlin, Köln oder Bonn besonders
hoch, sondern inzwischen auch in vielen Mittelstädten.1
Gerade im Falle weniger stark nachgefragter oder sogar schrumpfender Städte gilt es, Lebensqualität durch Baukultur zu erhalten, weiter zu entwickeln oder neu zu schaffen. Denn
sie macht einen wesentlichen Bestandteil der gefühlten Lebensqualität aus. Im Zusammenspiel mit der sozialen, verkehrlichen und digitalen Infrastruktur lässt sich auf diese Weise ein
in die Zukunft gerichtetes Maß an Lebensqualität auch an diesen Standorten erreichen. Für
große wie kleine, wachsende wie schrumpfende Kommunen gilt es, einen Mehrwert an Baukultur zur Sicherung und Stärkung von lokaler bzw. regionaler Identität zu erkennen und
durch entsprechende Planungskultur und Prozessqualitäten zu erzeugen.2
2.
Status quo und Herausforderungen
Spätestens seit der Finanzkrise im Jahr 2007 haben die Zinsen einen Schwellenwert erreicht, an dem große Kapitalanleger das sogenannte „Betongold“ wieder neu für sich entdeckt haben. Parallel zu den Investitionen in reale Werte wie Immobilien stieg in den letzten
Jahren auch die Nachfrage in den Mittel- und Großstädten in Deutschland durch den Zuzug
von Menschen aus dem Um-, In- und Ausland. Zwischen 2011 und 2015 verzeichneten in
der Spitze die Städte Leipzig mit 10,6 %, Frankfurt am Main mit 9,0 % und Trier mit 8,8 % die
stärkste Zunahme an Haushalten.3 In vielen ländlichen Regionen dagegen oder auch in Regionen mit schwieriger wirtschaftlicher Perspektive wird die Bevölkerung weiter schrumpfen.
Der Wohngeld- und Mietenbericht 2016 der Bundesregierung4 konstatiert, dass sich die Mieten in bestehenden Mietverträgen in den vergangenen Jahren mit jährlich 1,3 Prozent
insgesamt nur leicht oberhalb des allgemeinen Preisniveaus und damit moderat entwickelt
haben. Deutlich spürbar werde die steigende Nachfrage vor allem im Bereich der Erst- und
Wiedervermietungsmieten: Deutschlandweit sind die Angebotsmieten von 2012 bis 2016 um
insgesamt 16 %, das heißt durchschnittlich um 3 % jährlich, gestiegen – allein 2016 um
4,9 %. Aber auch hier bestehen deutliche regionale Unterschiede.
Besonders hohe Mietensteigerungen gab es 2016 in den bereits teuren Großstädten und
Metropolkernen5, wobei gerade in den Regionen München, Stuttgart und Frankfurt am Main
die hohen Mieten stark in das Umland ausstrahlen. In vormals günstigeren Städten wie Berlin (7,6 %), Augsburg (7,0 %) oder Würzburg (8,7 %) haben die Mieten ebenfalls stark
angezogen; deutliche Steigerungen weisen auch kleinere, vor allem wirtschaftsstarke Städte
und Universitätsstandorte auf.6 Zwar hat sich der Anteil der kreisfreien Städte und Landkreise mit steigenden Mieten inzwischen auf 80 % erhöht. In strukturschwachen Regionen mit
Abwanderung und Leerstand stagnieren die Mieten nach wie vor oder gehen zurück7.
Die kalten Nebenkosten, also alle auf Mieter umlegbaren Kosten sind im Berichtszeitraum
von 2012 bis 2016 um 4,1 % und damit etwas stärker als die Verbraucherpreise insgesamt
1
Vgl. Hans Böckler Stiftung (2017)
Vgl. Bundesstiftung Baukultur (2017)
3
Vgl. Empirica (2015)
4
Vgl. Deutscher Bundestag (2017b)
5
München (7,3 %), Düsseldorf (6,1 %) und Frankfurt am Main (6,0 %) mit durchschnittlichen Angebotsmieten zwischen 10 €/m² und 15,67 €/m² nettokalt.
6
z.B. Ingolstadt, Braunschweig, Wolfsburg, Bamberg, Trier, Freiburg im Breisgau.
7
Die Erst- und Wiedervermietungsmieten in ländlichen Kreisen waren im Jahr 2016 mit unter 6 €/m²
vergleichsweise günstig.
2
-6(3,2 %) gestiegen. Das ist jedoch weniger als die Nettokaltmieten im selben Zeitraum
(5,4 %). Dagegen sind die Preise für warme Nebenkosten deutlich um 6,9 % gesunken. Der
Rückgang ist im Wesentlichen auf den Preisrückgang der einzelnen Energieträger zurückzuführen. Von einem dauerhaften Rückgang ist allerdings nicht auszugehen.
Während sich die Wohnimmobilienpreise in den Jahren 2000 bis 2010 mit regionalen Unterschieden weitgehend stabil bis leicht sinkend entwickelten, sind diese insbesondere in den
Großstädten stark angestiegen. In den Jahren 2012 bis 2016 stiegen sowohl der Häuserpreisindex des Statistischen Bundesamtes, als auch die Preise für bestehende und neu
erstellte Wohnimmobilien jeweils um 2 % und 6 %. Starke Unterschiede bestehen abhängig
vom Standort in Preisniveau und Preisentwicklung. Nach Daten der Gutachterausschüsse
kostete ein freistehendes Ein- und Zweifamilienhaus 2014 in den Großstädten durchschnittlich 383.000 Euro und in den ländlichen Kreisen durchschnittlich 135.000 Euro. In den
Metropolkernen wie München, Stuttgart, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf und Hamburg
wurden statistisch durchschnittliche Kaufpreise von über 500.000 Euro erzielt, in ländlichen
Teilen von Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt von rund 100.000 Euro.
Die Kombination der unterschiedlichen Entwicklungstrends führt sowohl zu einer Unterversorgung an Wohnraum in den Ballungsräumen, verbunden mit einem überdurchschnittlichen
Preisanstieg, als auch zu einem Angebotsüberhang in einigen ländlichen Räumen, gekoppelt
an einen Preisverfall. In Teilbereichen mit besonders kurzfristigem Zuzug und überdurchschnittlichem Preisanstieg führt dies wiederum zu Verdrängung und Segregation. Regionen
mit abnehmender Bevölkerung dagegen droht eine Überalterung und Leerstand. Die Einflussmöglichkeiten der Städte auf die skizzierten globalen Entwicklungstrends sind
beschränkt; dennoch müssen die Kommunen handeln.
Der Neubau von Wohnungen zur Befriedigung der Nachfrage und Dämpfung der Preisentwicklung ist der zentrale Ansatzpunkt. 2016 sind deutlich mehr neue Wohnungen gebaut
worden als noch 2011. Ihre Zahl erhöhte sich innerhalb dieses Zeitraumes um 52 % von rd.
180.000 auf knapp 280.000, davon rund 24.500 Sozialwohnungen.8 Zwei Drittel aller neuen
Wohnungen entstanden 2016 in Wachstumsregionen. Auf stagnierende und schrumpfende
Regionen entfielen jeweils etwa 17 % aller Fertigstellungen. Auch die Zahl der Baugenehmigungen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Allerdings hat sich der seit 2009
bestehende Bauüberhang noch verstärkt: 2016 lag die Zahl der Baugenehmigungen mit rd.
375.000 knapp 100.000 über der Anzahl der Fertigstellungen.9 Im Zeitraum 2011 bis 2016
wurden bundesweit für rund 1,7 Millionen Wohnungen Baugenehmigungen erteilt, aber nur
knapp 1,4 Millionen Einheiten fertiggestellt.10 Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes
wurden allerdings im ersten Halbjahr 2017 rund 13.400 bzw. 7,3 % weniger Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt als in den ersten sechs Monaten 2016.11 Der zwischenzeitlich
positive Trend droht womöglich einzubrechen.
Obwohl die Baufertigstellungen seit ihrem Tiefststand 2009 gestiegen sind, lagen die Wohnungsfertigstellungen in den vergangenen Jahren stets unter dem vom BBSR ausgewiesen
Neubaubedarf in Höhe von 350.000 neuen Wohnungen pro Jahr12 Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zufolge sind im Zeitraum 2011 bis 2015 allein in den
sieben größten Städten in Deutschland nur 32 % der benötigten Wohnungen gebaut worden
– dieser Mangel betrifft dort insbesondere die kleinen Wohnungen. Demgegenüber seien im
Vergleichszeitraum in vielen ländlichen Kreisen deutlich mehr Wohnungen gebaut worden
8
Von den 24.550 im Jahr 2016 neu gebauten Sozialwohnungen entfielen allein 9.301 auf NordrheinWestfalen.
9
Vgl. Deutscher Bundestag (2017b)
10
Vgl. Prognos (2017)
11
Vgl. Statistisches Bundesamt (2017)
12
Vgl. BBSR (2015), S. 80.
-7als auf Basis der demografischen Entwicklung und der Leerstände geboten gewesen wäre.13
Eine aktuelle Prognos-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte insgesamt 138 regionale Wohnungsmärkte (Top-7-Städte, B- und C-Standorte)
erheblich angespannt und von einem hohen bis sehr hohen Nachfrageüberhang gekennzeichnet sind. In Deutschland würden zu wenige und zu teure Wohnungen gebaut. Die
Neubautätigkeit im Sozialwohnungsbereich reicht mit rund 25.000 in 2016 errichteten Einheiten bei weitem nicht aus, um den Abgang an Sozialwohnungen zu kompensieren. Insgesamt
existiere ein Bedarf von mehr als 80.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr14. Die Bezahlbarkeit von Wohnraum sei für über die Hälfte der Bevölkerung eine finanzielle Herausforderung,
so Prognos. Und dies gelte nicht nur in den Top-7-Städten: „Bezahlbarer Wohnraum ist kein
Randproblem, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“15 Die genannten 80.000
Sozialwohnungen pro Jahr würden nur die aktuell pro Jahr aus der Bindung fallenden Wohnungen kompensieren. Der Deutsche Städtetag sieht deshalb das Erfordernis, den Bestand
an gebundenen Wohnungen wieder deutlich zu erhöhen und geht daher von einem Bedarf
an 120.000 Sozialwohnungen pro Jahr aus.
Eine antizyklische, sozial gerechte Wohnungspolitik muss aufzeigen, wozu sich eine soziale
Marktwirtschaft bekennen muss, wenn sie negativen marktwirtschaftlich geprägten Extremen
im Wohnungsmarkt wirksam begegnen will. Die Herausforderung liegt insbesondere darin,
die positiv konnotierten marktwirtschaftlichen Triebkräfte nicht zu schwächen. Gleichzeitig
wird es auch darum gehen müssen, wie weit ein sozial-fürsorgerischer Ansatz zur Wohnungsversorgung für gering verdienende Menschen aussehen kann, ohne Anspruchshaltungen und überbordenden Flächen- und Ausstattungsstandards Vorschub zu leisten.
Hierbei wird auch eine Rolle spielen, ob und wie der durchschnittliche Flächenkonsum pro
Kopf auch im geförderten Wohnungssektor auf ein Maß zurückgeführt werden kann, das den
öffentlichen Finanzierungskapazitäten, Nachhaltigkeitskriterien und der gebotenen Verringerung der Lebenszykluskosten des Wohnens Rechnung trägt.
Mit der in Aussicht gestellten Aufstockung der sozialen Wohnraumförderung auf insgesamt
4 Milliarden Euro von 2017 bis 2019 und dem Beschluss des 10-Punkte-Programms über
eine Wohnungsbau-Offensive hat die Bundesregierung durchaus substantielle Verbesserungen für den geförderten Wohnungsbau und programmatische Forderungen für bezahlbares
Bauen und Wohnen auf den Weg gebracht.16
Es muss dennoch konstatiert werden, dass es noch weiterer erheblicher Anstrengungen bedarf, um der hohen Nachfrage wirksamer Rechnung zu tragen. Umso dringender ist es,
unabhängig von den grundsätzlichen Überlegungen für eine nachhaltige Wohnungspolitik,
ergänzend zur Erhöhung des Fördervolumens und zur in Aussicht gestellten aber noch nicht
wirksamen Verbilligung der Abgabe von Bundesliegenschaften, einen Instrumentenmix auf
den Weg zu bringen, der die genannten Zielsetzungen wirksam unterstützt.
Die Ziele der Wohnungsbau-Offensive müssen weiter verfolgt und das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen fortgeführt werden. Das Bündnis ist ein wichtiges Signal der
Bundesregierung für eine kooperative, ergebnisorientierte Wohnungspolitik. Es löst nicht alle
Probleme, schafft aber Problembewusstsein und eine wichtige Kommunikationsebene. Mittels lokaler Bündnisse für Wohnen, bei deren Initiierung Städte vielfach als Vorreiter agieren,
13
Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2017)
Laut Wohngeld- und Mietenbericht 2016 ist der Bestand gebundener Wohnungen nach Schätzungen auf unter 1,5 Mio. Wohnungen im Jahr 2015 gesunken, 1990 waren noch ca. 3 Mio. Wohnungen
in der Bindung. Seither fallen jährlich schätzungsweise 80.000 bis 100.000 Wohnungen aus der Bindung; per Saldo nimmt der Bestand um ca. 65.000 Wohnungen jährlich ab.
15
Vgl. Prognos (2017), S. 33.
16
Vgl. BMUB (2017)
14
-8fördern die Städte das Zusammenwirken mit einer aktiv unterstützenden kommunalen Wohnungswirtschaft, der freien Wohnungswirtschaft und privaten Eigentümern.
Eine Lösung der Wohnungsfrage wird im Spannungsfeld zwischen Allgemeinwohl und Marktwirtschaft weder nur durch Anreize noch ausschließlich durch Regulierung möglich sein. Eine Vernachlässigung der Wohnungsfrage und das alleinige Vertrauen auf die
selbstregulierenden Kräfte des Marktes verbieten sich eingedenk der Erfahrungen aus den
vergangenen Jahrzehnten. Aber auch Dauersubventionierung ist kein Königsweg – zumindest nicht dann, wenn dafür kein dauerhafter Gegenwert besteht: ein dem Verwertungsdruck
entzogener Wohnungsbestand, der für Kommunen voll verfügbar ist.
Die Frage einer stärkeren Gemeinwohlorientierung in der Wohnungspolitik muss in die Anwendungspraxis getragen werden. Das erfordert praxisgerechte Anwendungsszenarien und
die Beobachtung ihrer Folgewirkungen. Den angemessenen Rahmen für einen solchen Diskurs bieten die inzwischen auch auf regionaler und kommunaler Ebene weit verbreiteten
Bündnisse für Wohnen.17 Diese schaffen nicht nur eine konstruktive Kommunikationsplattform für alle Akteure des Wohnungsmarktes, sondern gerade auf lokaler Ebene Transparenz
über die örtlichen Gegebenheiten und verschiedenen Interessenlagen. Gerade die Kooperation zwischen Kommunen und kommunalnahen Wohnungsunternehmen, Genossenschaften
und privaten Eigentümern bietet Anknüpfungspunkte zwischen Fragen der Gemeinwohlorientierung und ökonomisch orientiertem Unternehmenshandeln. Sowohl eine Stärkung der
kommunalen Wohnungswirtschaft und der Wohnungsbaugenossenschaften, als auch alle
Formen der wohnungswirtschaftlichen Vereinbarungen mit den privaten Eigentümerns auf
kommunaler Ebene können in angespannten Wohnungsmärkten einen beruhigenden Effekt
auf die Mietentwicklung haben.18
3.
Instrumente für die Verbesserung der Flächenverfügbarkeit für
den Wohnungsbau
Den Flaschenhals beim Wohnungsbau bilden die Knappheit von Wohnbauflächen und das
Preisniveau für angebotenes Bauland. Diesem muss auf vielerlei Weise begegnet werden:
Die bereits vorhandenen Instrumente, insbesondere die des Bau- und Planungsrechts, müssen konsequent angewandt werden. Daneben gibt es aber Fortentwicklungsbedarf: Zum
einen müssen die Instrumente für beschleunigte Planverfahren und die Möglichkeiten zur
besseren Ausnutzbarkeit der vorhandenen Flächen für den Wohnungsneubau erweitert werden. Hier sind Maßnahmen erforderlich, die von den Städten auch zeitnah eingesetzt werden
können. Zum anderen liegt der Schlüssel zu einer nachhaltigen und gemeinwohlorientierten
Liegenschafts-, Boden- und Wohnungspolitik in einem weitergehenden, eher langfristig umsetzbaren Paradigmenwechsel, weg von einer rein fiskalisch orientierten Flächenpolitik. In
diesem Sinne muss sich der Umgang der öffentlichen Hände mit ihrem Grundstücks- und
Wohnungseigentum grundlegend ändern.
3.1 Kommunales Flächenmanagement intensivieren
Der Deutsche Städtetag hat im Jahr 2014 ein aktualisiertes Positionspapier zum Thema
"Strategisches Flächenmanagement und Bodenwirtschaft"19 beschlossen und damit auch an
die Städte appelliert, im Bereich der Bauland- und Liegenschaftspolitik
17
18
19
Vgl. BBSR (2017)
Vgl. BMJV (2017)
Vgl. Deutscher Städtetag (2014a)
-9
die Entwicklung umfassender Baulandstrategien einschließlich der Freiraumentwicklung,
eine strategische Bodenvorratspolitik,
die Bereitstellung und konditionierte preisreduzierte Abgabe von Grundstücken für bezahlbaren Wohnraum sowie
die Realisierung von Quoten im Rahmen städtebaulicher Verträge und
die Aktivierung von Innenentwicklungspotenzialen voranzutreiben.
In zahlreichen Städten gibt es Wohnbaulandstrategien und sogenannte Baulandbeschlüsse,
die unter anderen regeln, welchen Anteil sozial geförderter oder preislimitierter Wohnungsbau bei der Baulandentwicklung einnehmen soll.20 Dadurch kann eine sozialgerechte
Bodennutzung umgesetzt werden. Zudem müssen die von zusätzlich geschaffenen Baurechten begünstigten Eigentümer an den ursächlich dadurch ausgelösten Kosten und Lasten
angemessen beteiligt werden. Die hierfür geltenden Verfahrensgrundsätze werden transparent und verbindlich festgelegt. Im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme bestehender
Baurechte nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) fehlt allerdings die Möglichkeit, geförderten
bzw. preisgedämpften Wohnungsbau mittels eines öffentlich-rechtlichen Austauschverhältnisses durchsetzen zu können. Auch für diese Fälle muss die Handlungsfähigkeit der Städte
erweitert werden. Bislang erfolgt dies nur auf freiwilliger Basis.
3.2 Planungsrecht anpassen
Der Deutsche Städtetag hat zur Erleichterung der Aktivierung von Wohnbauflächen diverse
Vorschläge zur Novelle des Baugesetzbuchs und der Baunutzungsverordnung21 in den Jahren 2016/2017 unterbreitet. Erreicht werden konnte die Einführung des „Urbanen Gebiets“ in
die Baunutzungsverordnung mit vielfältigen Möglichkeiten der Nutzungsmischung sowie die
befristete Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren zur Erleichterung von Wohnbauvorhaben. Es fehlen aber nach wie vor rechtssichere Regelungen,
um vorrangig Innenbereichsflächen für den Wohnungsbau insbesondere an gemischt genutzten und lärmvorbelasteten Standorten nutzbar machen zu können. So sollte im Wege
einer abgewogenen Bauleitplanung für Aufenthaltsräume auch die Einhaltung von Innenraumpegeln unter Einsatz passiver Lärmschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel besonderer
Fensterkonstruktionen, festgesetzt werden können.
Auch diverse Vorschläge des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen müssen umgesetzt werden: So sollte in Anlehnung an das System der städtebaulichen
Entwicklungsmaßnahmen ein neues Instrument „Innenentwicklungsmaßnahmengebiet“ im
BauGB verankert werden, um den Städten eine Handhabe zu geben, auch dispers verteilte,
kleinere Grundstücke im Innenbereich einer Entwicklung zuführen zu können. Eine Änderung
des Baugesetzbuchs in diesem Sinne ist frühestens für die 19. Legislatur zu erwarten. Sie
sollte darauf abzielen, die Zugangsschwelle für die Kommunen zur Durchführung von Entwicklungsmaßnahmen im Innenbereich zu verringern und die Sozialbindung des Eigentums
stärker zur Geltung zu bringen.
Bei der Baurechtschaffung für den geförderten Wohnungsbau kann eine Präzisierung des
Festsetzungskatalogs in § 9 BauGB einen weiteren Baustein dazu liefern, dass tatsächlich
Mietwohnraum für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen geschaffen wird. Die
Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB zielt zwar darauf ab, dass lediglich solche Wohngebäude errichtet werden können, die nach Art, Größe und Ausstattung der Wohnungen die
Voraussetzungen für eine öffentliche Förderung erfüllen. Es kommt jedoch nicht darauf an,
ob eine solche Förderung auch in Anspruch genommen wird. Angesichts des hohen Bedarfs
20
21
Vgl. Dransfeld/Hemprich (2017)
Vgl. Deutscher Städtetag (2017b)
- 10 an Wohnraum mit einer Mietpreis- und Belegungsbindung sollte sichergestellt werden können, dass auf festgesetzten Flächen für den sozialen Wohnungsbau auch tatsächlich
preisgebundener Wohnraum entsteht.
Darüber hinaus können Erleichterungen beim kommunalen Vorkaufsrecht die gezielte strategische Bodenvorratspolitik der Städte für Wohnungsbau und dazugehörige Infrastruktur
maßgeblich unterstützen: So darf das Vorkaufsrecht derzeit nicht für Zwecke der Bodenbevorratung (zum Beispiel als Reserve für notwendige Ausgleichsmaßnahmen) ausgeübt
werden; auch ist es bei Kauffällen von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz
(WEG) ausgeschlossen. Aus städtebaulicher Sicht kann es aus Gründen des Allgemeinwohls sinnvoll und gar geboten sein, den Gemeinden auch in diesen Fällen ein
Vorkaufsrecht einzuräumen, zum Beispiel durch Bestimmung von Bereichen in einer Satzung nach § 25 BauGB, in denen aus Gründen der Bodenbevorratung bzw. beim Verkauf
von Rechten nach dem WEG ein Vorkaufsrecht bestehen soll.
Soweit Wohnungsbestände nur im Wege eines Anteilsverkaufs der sie tragenden Gesellschaften verkauft werden (sogenannte „Share Deals“), läuft das gemeindliche Vorkaufsrecht
gänzlich ins Leere. Die Diskussion um die Einführung einer Grunderwerbsteuerpflicht auch
für „Share Deals“ sollte daher auch die Prüfung umfassen, ob und wie das gemeindliche
Vorkaufsrecht hierbei zur Anwendung kommen kann.
Ein wirksames Vorkaufsrecht verlangt darüber hinaus nach weiteren Erleichterungen: Die
Entscheidung über dessen Ausübung unterliegt einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung
des Kaufvertrags. Die in der Verwaltung notwendigen Abstimmungen und ggf. erforderlichen
politischen Beschlüsse sind in der Regel innerhalb dieses Zeitraumes nicht herbeizuführen.
Zudem kann, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet, von der Gemeinde eine
Anpassung nur unter sehr aufwändigen Darlegungspflichten verlangt werden.
Schließlich kommen auch der gesetzlichen und der freiwilligen Umlegung für die Bereitstellung von Bauland eine erhebliche und vielfach kostensparende Bedeutung zu. Wenn sich die
Gemeinde an einer freiwilligen Umlegung beteiligt, kann sie im Rahmen des Umlegungsvorteils die Verfahrenskosten und die nicht durch Beiträge gedeckten Sachkosten den
Beteiligten auferlegen. Das sollte auch bei einer gesetzlichen Umlegung ermöglicht werden.
3.3 Recht harmonisieren – Abwägungsgebot stärken
Die kommunale Bauleitplanung muss zunehmend eine Vielzahl fachgesetzlicher Normen
insbesondere zum Natur- und Artenschutz-, Umwelt-, Wasser- und Bodenschutz berücksichtigen. Zwingende Beachtensgebote schränken das der Bauleitplanung innewohnende
Abwägungsgebot ein. Häufig kann eine Abwägung gar nicht mehr stattfinden. Selbst auf der
Ebene der Flächennutzungsplanung bereits abgewogene Bauflächen können sich im Wege
des verbindlichen Bauleitplanverfahrens aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen der maßgeblichen Fachdisziplinen als für den Wohnungsbau nicht mehr aktivierbare Flächen
herausstellen. Das verringert die verfügbare Zahl an potenziellen Wohnbauflächen und häufig auch ihren Umfang erheblich. In der Folge weichen Nettobauflächen deutlich von dem in
Ansatz gebrachten Bruttobaulandpotenzial ab und können teilweise gar nicht oder nur unter
erheblichen und verteuernden Auflagen aktiviert werden.
Der bündelnde Ansatz von Bebauungsplanverfahren droht verloren zu gehen. Eine lösungsorientierte Behandlung im Wege der gerechten Abwägung der ermittelten Belange gegenund untereinander ist vielfach durch Vorrangregelungen oder einzuhaltenden Prüfprogramme aus dem Fachrecht versperrt. Es ist aber erforderlich, die Städte und Gemeinden bei
einer aktiven Baulandpolitik zu unterstützen und die bestehenden Chancen herauszuarbeiten
und umzusetzen. Daher müssen Bundes- und Landesgesetzgeber das Fachrecht mit Auswirkungen auf die Bauleitplanung auf Erforderlichkeit und Angemessenheit hin überprüfen.
- 11 Auf europäischer Ebene muss verstärkt darauf hingewirkt werden, dass durch europäische
Rechtsetzungsakte keine Vorgaben geschaffen werden, die die Kommunen an der Erfüllung
ihrer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben hindern.
3.4 Veräußerungspolitik des Bundes und der Länder bei Liegenschaften
korrigieren
Die bisherigen rechtlichen Rahmenbedingungen, nach der die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ihre Liegenschaften zum höchsten Preis veräußern muss, stehen im
Widerspruch zu den aktuellen und künftigen Herausforderungen einer sozialgerechten
Wohnraumversorgung und den Verpflichtungen des Bundes und der Länder, die Kommunen
bei der Bewältigung dieser Aufgabe zu unterstützen. Zu den bereits gesetzten Impulsen des
Bundes in der Wohnungspolitik sollte auch eine angepasste Veräußerungspraxis bundeseigener Liegenschaften treten. Daher muss das Gesetz über die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben so geändert werden, dass beim Verkauf von entbehrlichen Bundesliegenschaften und der Kaufpreisermittlung vorrangig strukturpolitische und soziale Ziele zu
berücksichtigen sind. Ursächliche Folgekosten einer Wohnbaulandentwicklung auf Konversionsflächen sind bei der Wertermittlung zu berücksichtigen. Gleiches gilt für den Verkauf nicht
mehr benötigter Landesliegenschaften. Darüber hinaus müssen die Kommunen durch eine
frühzeitige und transparente Informationspolitik in die Lage versetzt werden, ihre Planungen
auf das Freiwerden von Konversionsflächen auszurichten. Auch müssen sie prüfen können,
ob das Erstzugriffsrecht ausgeübt werden soll. Die Zweckbindung des Erstzugriffsrechts ist
auf städtebaulich motivierte Grundstücksvorratspolitik zu erweitern.
Als erster, kurzfristig umsetzbarer Schritt muss die „Verbilligungsrichtlinie“22 erweitert und
praxistauglicher gestaltet werden. Diese sieht unter anderen die verbilligte Abgabe von bundeseigenen Liegenschaften an Kommunen oder mehrheitlich kommunal gehaltenen
Gesellschaften zum Zwecke der Bebauung mit sozialem Wohnungsbau vor. Eine Weiterveräußerung der erworbenen Liegenschaften unter Weitergabe des Verbilligungsabschlages
ist jedoch nur an den Kreis der Erstzugriffsberechtigen möglich, was für die Kommunen ein
faktisches Veräußerungsverbot bedeutet. Eine Einbeziehung auch privater Investoren mit
entsprechender Verpflichtung zur Umsetzung der Zweckbestimmung und ggf. dinglicher Sicherung dieser Verpflichtung ist zur Lösung der Wohnraumprobleme erforderlich. Möglichen
Konflikten mit dem Europäischen Beihilfenrecht könnte durch transparente Vergabeverfahren
begegnet werden.
Darüber hinaus ist es zwingend erforderlich, auf eine volumen- bzw. betragsmäßige Deckelung der Verbilligung (derzeit 100 Millionen Euro für alle Standorte in Deutschland und
maximal 350.000 Euro je Grundstücksgeschäft für den Wohnungsbau) zu verzichten. Den
Städten ist die Möglichkeit einzuräumen, bei der Ausübung des Vorkaufsrechts zunächst nur
den planungsunbeeinflussten Wert zu zahlen und die Beteiligung des Bundes an später anfallenden planungsbedingten Wertsteigerungen ggf. durch eine „Nachbesserungsklausel“
vorzusehen. Diese Konditionen haben sich bereits in vielen Fällen bei den sog. „Als-obMaßnahmen“ bewährt und sollten von der Ausnahme zur Regel werden. Die Vorfinanzierung
der Grund-erwerbskosten ist insbesondere für kleine und mittlere Städte mit großen Konversionsflächen auch bei ausgeglichener Haushaltslage nicht leistbar. Eine Erhöhung der
Städtebaufördermittel im Programm Stadtumbau, insbesondere für Konversionsprojekte in
Stadtregionen mit angespannten Wohnungsmärkten, ist zusätzlich erforderlich, um die Potenziale von Konversionsflächen ausschöpfen zu können. Da gerade in wachstumsstarken
Stadtregionen die Nutzung großer Konversionsflächen für neue Stadtquartiere auf Engpässe
in der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere des schienengebundenen ÖV (SPNV, ÖPNV)
22
Vgl. Richtlinie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zur verbilligten Abgabe von
Grundstücken (VerbR), Stand 06.04.2017
- 12 stößt, muss seitens des Bundes und der Länder bei der Finanzierung eine Priorisierung der
für die äußere Erschließung von Konversionsflächen erforderlichen Maßnahmen erfolgen.
3.5 Wohnbauland- und Erschließungsfonds auflegen
Viele Städte scheitern aus rein haushälterischen Gründen daran, Vorkaufsrechte auszuüben,
Bauerwartungsland, Bauflächen oder auch Baulücken zu erwerben. Aufgrund des eingeschränkten Anwendungsbereichs und der eigentumsrechtlichen, prozeduralen und
personellen Hürden machen Kommunen zudem nur zurückhaltend vom Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach § 165 BauGB Gebrauch. Damit läuft ein zentrales
bodenrechtlich wirksames und preisdämpfendes Instrument des Bauplanungsrechts für die
Baulandentwicklung ins Leere. Darüber hinaus ist die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme bislang nicht geeignet, verstreut im Gemeindegebiet gelegene, kleinere Flächen bei nicht
kooperationswilligen Eigentümern mobilisieren zu können. So geraten viele Bauflächen, die
die Städte bei besserer Mittelausstattung oder mittels eines erweiterten Entwicklungsrechts
hätten erwerben können, in den immobilienwirtschaftlichen Verwertungsablauf. Dieser kann
– je nach Anzahl der Verwertungsschritte und involvierten Zwischenerwerber – die Kosten
für erschlossene Bauflächen und die Baukosten erheblich erhöhen und lässt die Kaufpreise
oder Mieten deutlich über das Maß der Umlage der reinen Bauland- und Erstellungskosten
für Wohnimmobilien bzw. der Kostenmieten steigen.
Der Deutsche Städtetag hat den Bund ersucht, die Einrichtung eines angemessen ausgestatteten Wohnbaulandfonds (auf Bundes- oder Landesebene) zu prüfen. Dies wäre ein
Instrument mit preisdämpfender Wirkung, das es Kommunen oder kommunalen Gesellschaften gestatten würde, Wohnbauflächen zu erwerben und an Direktnutzer zu den Bedingungen
der jeweiligen Baulandbeschlüsse zu vergeben. Ein solcher Fonds könnte revolvierend angelegt und sollte so ausgestattet sein, dass mit ihm mindestens 5 bis 10 % des geschätzten
jährlichen Wohnungsbedarfs befriedigt werden könnten. Das entspräche bei einer mittleren
bis hohen Bebauungsdichte Mitteln für den Erwerb von rund 150 bis 600 Hektar Wohnbauland pro Jahr. Die Bereitstellung von Mitteln aus dem Fonds darf bei den Städten nicht als
Schuldenlast gelten, so dass er eine Zuschusskomponente aufweisen müsste. Zusätzliche
Mittel müssten auch zur Finanzierung der notwendigen ergänzenden (Verkehrs-) Infrastruktur bei Baulandentwicklungen im Wege von Stadt-Umland-Kooperationen eingesetzt
werden.23
3.6 Grundsteuerliche Tarifoption für unbebaute, aber erschlossene
Grundstücke im Innenbereich einräumen
Die Notwendigkeit einer Grundsteuerreform ist unbestritten. Ende 2016 hat der Bundesrat
mit breiter Mehrheit ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht, das die bewertungsrechtliche
Grundlage für eine verfassungsfeste Reform der Grundsteuer schaffen soll. Dieser Vorstoß
der Länder ist eng mit dem Deutschen Städtetag abgestimmt worden. Auch die Bundesregierung hat im Dezember 2016 eine Unterstützung der Reformpläne signalisiert. Der Deutsche
Städtetag hat sich bereits im Jahr 2010 dafür ausgesprochen, in die Reformüberlegungen
auch eine bodenpolitische Komponente einzubeziehen: „Zur Unterstützung der bodenpolitischen Ziele der Städte – insbesondere zur Förderung der Innenentwicklung – muss eine
Tarifoption zur Mobilisierung erschlossener, aber unbebauter Grundstücke eingeführt werden.“24 Das aktuell laufende Gesetzgebungsverfahren zur Festlegung einer
Bemessungsgrundlage durch Änderungen im Bewertungsgesetz ist der erste Schritt zur
Neuausrichtung der Grundsteuer. Dieses Verfahren wird vom Deutschen Städtetag aufgrund
23
24
Vgl. Deutscher Städtetag (2016)
Vgl. Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages vom 17.11.2010 – 381. Sitzung
- 13 des allseitig hohen Interesses an einem zügigen Abschluss unterstützt. In einem weiteren
Schritt wird dann auch eine Tarifoption für die Städte zur Mobilisierung von erschlossenen,
aber unbebauten Grundstücken im Innenbereich einzuräumen sein.
4.
Instrumente der Objektförderung im (bezahlbaren)
Wohnungsneubau und der Qualifizierung von Beständen
Sowohl der Bund als auch die Länder müssen ihr Engagement für mehr Wohnungsbau verstärken und diesen mittels geeigneter Förderinstrumente attraktiver gestalten. Dazu gehört
die Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Der Deutsche Städtetag plädiert dafür, dass der
Bund auch nach 2019 hierfür mit in der Verantwortung bleiben muss. Die kurzfristig zusätzlich benötigten bezahlbaren Wohnungen in den Wachstumsregionen kann der öffentlich
geförderte Wohnungsneubau trotz aufgestockter Mittel, verbesserter Förderkonditionen und
einer breiteren Akzeptanz für den Bau dieser Wohnungen nicht alleine liefern. Zudem muss
der Bund – neben Förderlösungen im Bestand, die wesentlich kurzfristiger Wirkung entfalten
und weiteren quartiersbezogenen Fördermaßnahmen – den wichtigen Beitrag von Wohneigentum zur Wohnraumversorgung auch für breite Schichten der Bevölkerung wieder
verstärkt ins Bewusstsein rufen.
4.1 Soziale Wohnraumförderung verstetigen und ausbauen
Bis 2019 hat der Bund seine Fördermittel für die soziale Wohnraumförderung auf insgesamt
4 Milliarden Euro erhöht. Mittel- bis langfristig sollten die Bundesmittel weiter aufgestockt und
verstetigt werden. Die Länder müssen sich überdies verpflichten, die Mittel des Bundes
zweckgebunden für den Bau geförderter Wohnungen einzusetzen. Dazu zählt auch, dass die
Länder zusätzlich eigene Mittel bereitstellen und diese nicht mit dem Einsatz der gestiegenen Bundesmittel zurückfahren. Letztlich sind vor allem die Länder dafür verantwortlich,
attraktive Förderbedingungen zu schaffen. Hierzu zählen die Gewährung von Tilgungszuschüssen und -nachlässen, die Anhebung der Förderpauschalen zum Ausgleich steigender
Baukosten, die Anpassung der zulässigen Eingangsmieten etc. Vor allem in Ballungsräumen
ist ggf. auch eine Anhebung der für die Zielgruppen geltenden Einkommensgrenzen zu prüfen, denn dort haben zunehmend auch Haushalte mit mittlerem Einkommen, insbesondere
junge Familien, Schwierigkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Eine auf die Zukunft gerichtete, antizyklische Wohnraumförderung muss sich der Diskussion
stellen, dem Einsatz öffentlicher Mittel auch einen dauerhaften öffentlichen Zweck gegenüberzustellen. Im Gegensatz zum seit Jahren zu beobachtenden Abschmelzen des
Sozialwohnungsbestandes sollte das Ziel im Aufbau und Erhalt eines „Wohnungsstocks“
liegen, der dauerhaft auch gering verdienenden Menschen zur Verfügung steht.25 Die mit
dem Ziel der Sicherung eines langfristig preiswerten und dauerhaft belegungsgebundenen
Wohnungsbestandes einhergehenden Diskussionen um die sogenannte „Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“ sollten weitergeführt werden. Trotz teils deutlich divergierender
Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Wahl der Mittel, belegt der neu entflammte fachpolitische Diskurs die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit diesem Thema.26
Wenngleich sich der Förderbedarf bezüglich des Wohnungsneubaus vor allem auf die
wachstumsstarken Städte und Regionen konzentriert, sind auch Städte mit entspannten und
teilweise auch schrumpfenden Wohnungsmärkten auf die Bereitstellung von Fördermitteln
25
26
Vgl. von Lojewski (2016)
Vgl. Kuhnert/Leps (2015) und Holm et al. (2017) bzw. Runkel (2017) und Spars (2017)
- 14 angewiesen: Denn unabhängig von der jeweiligen örtlichen Entwicklung am Wohnungsmarkt
stehen alle Städte vor wohnungspolitischen Herausforderungen, zu deren Bewältigung der
Einsatz finanzieller Mittel aus der sozialen Wohnraumförderung unerlässlich ist. Daneben gilt
es aber auch, Stadtumbauprozesse mindestens im bisherigen Umfang zu fördern.
4.2 Förderung bei Modernisierungen im Bestand flexibilisieren
Die Realisierung der Ziele zu Klimaschutz und Energieeinsparung verlangen umfangreiche
energetische Sanierungen im Bestand. Daher ist ein Paradigmenwechsel in der Förderpolitik
für die Bestandssanierung geboten, wenn sich die Sanierungsquote den Klimaschutzzielen
für 2030 und 2050 annähern soll. Die Neuausrichtung der Förderprogramme für energetische Sanierung und Neubau sollte analog zur Harmonisierung der energetischen Standards
(EnEV/EEWärmeG) angegangen werden. Die Förderung muss niedrigschwelliger und an
den Investitionsmöglichkeiten der Hauseigentümer ansetzen, modulare Lösungen fördern
und Quartiersanierungen stärker berücksichtigen. Neben einer Kreditverbilligung mssen Förderprogramme einen Investitionszuschuss anbieten, wenn die Klimaschutzziele ernsthaft
verfolgt werden sollen.27
Für eine große Breitenwirkung von energetischen Sanierungsmaßnahmen im privaten Gebäudebestand, sind eine aufsuchende und individuelle Energieberatung sowie die fachliche
Begleitung von Sanierungen unerlässlich. Hierzu sollten die Kommunen als moderierende
und organisierende Instanz gestärkt und für die Wahrnehmung von Organisations- und Managementaufgaben auch finanziell gefördert werden.
In angespannten Märkten führt die Umlage der Modernisierungskosten auf die Mieter zu weiteren Mieterhöhungen, wobei der Anhebung der Kaltmiete erfahrungsgemäß nicht entsprechende Einsparungen bei den Heizkosten gegenüberstehen. Hier ist der Einsatz von Mitteln
der sozialen Wohnraumförderung erforderlich, um die Mietanhebungen in einem für die einkommensschwächeren Haushalte vertretbaren Rahmen zu halten und Verdrängungseffekte
in energetisch sanierten Wohnungen zu vermeiden. In entspannten Märkten mit fehlenden
Mieterhöhungsspielräumen wird hingegen die energetische Sanierung ohne eine flankierende Förderung finanziell nicht realisierbar sein. Dort unterbleiben dann die energetischen
Sanierungsmaßnahmen aus wirtschaftlichen Gründen. Grundsätzlich sollten die Förderbedingungen für Einzelmaßnahmen der Modernisierung und ihr jeweiliges energetisches
Einsparpotenzial flexibler ausgerichtet sein. Die Systematik der Förderung sollte so geändert
werden, dass auch Maßnahmen gefördert werden, die nicht auf eine umfassende Sanierung
gerichtet sind, aber bei geringen Kosten eine hohe Energieeffizienzverbesserung und eine
hohe CO2-Minderung erwarten lassen.
Da auch Eigentümer für Modernisierungen gewonnen werden müssen, die aufgrund ihres
Alters, ihrer finanziellen Situation oder aus anderen Gründen längerfristige Verpflichtungen
scheuen, sind Anpassungen der Programm-Konditionen sowie Zuschüsse notwendig. Kredite mit langen Laufzeiten sind für diese Bauwilligen nicht attraktiv, auch von steuerlichen
Anreizen können sie weniger profitieren, sodass energetische Sanierungen in ihren Beständen ausblieben.
4.3 Bindungsdauern verlängern und Belegungsrechte ankaufen
Bei der Gestaltung der Förderprogramme sollte eine längere Laufzeit der Belegungsbindungen vereinbart werden. Damit die Attraktivität der Förderung für Investoren auch bei einer
Verlängerung auf 25 bis 30 Jahre aufrecht erhalten wird, sind Anpassungen der Förderkondi27
Vgl. Deutscher Städtetag (2017a)
- 15 tionen notwendig. Selbst noch längere Bindungsdauern sind vorstellbar, sofern es gelingt,
die lebenszyklusorientierten Investitionsstrategien der Investoren innerhalb der Förderkonditionen abzubilden: Längere Bindungsdauern benötigen mehr Fördermitteleinsatz. Sie werfen
überdies die Frage der Zielgenauigkeit der Objektförderung von Neuem auf. Eine Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe im Falle deutlich verlängerter Bindungsdauern sollte
geprüft werden. Sie müsste aber auf angespannte Wohnungsmärkte beschränkt bleiben und
in das Satzungsrecht der Gemeinden überführt werden.
Dauerhafte Belegungsbindungen sind grundsätzlich wünschenswert. Unbefristete Belegungsbindungen setzen allerdings voraus, dass die Wohnungseigentümer nach Ablauf eines
bestimmten Zeitraums eine Kompensation für die dauerhafte Sozialbindung ihres Eigentums
erhalten. Hier setzt auch die Diskussion um eine „Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“ an (vgl.
Kapitel 4.1).
Kurzfristig kann ein zusätzlicher Ankauf von Belegungsrechten zur Entlastung der Wohnungsmärkte in den Ballungsgebieten beitragen. Adressaten des Ankaufs von
Belegungsbindungen können sowohl Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften als auch private (Einzel-)Eigentümer von Mietwohnungen sein. Dabei sind
unterschiedliche Zeiträume der Rechtebindung sowie Wohnungsbelegung und verschiedene
Formen von Darlehens- oder Zuschussgewährungen gegenüber dem Eigentümer möglich.
Auch der verstärkte Einsatz des Instrumentes der „mittelbaren Belegung“ stellt eine sinnvolle
Ergänzung des Instrumentes der Objektförderung dar. Hierbei werden Neubauprojekte zu
den bestehenden Konditionen des geförderten Mietwohnungsneubaus subventioniert. Allerdings unterliegen die neu geschaffenen Wohneinheiten nicht der Bindung, sondern der
Kommune werden Belegungsrechte in freien beziehungsweise frei werdenden Bestandswohnungen eingeräumt. Sofern Investoren keine Belegungsbindungen in ihrem eigenen
Wohnungsbestand nachweisen können, sollte es zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen zulässig sein, dass Ersatzwohnungen auch mittels vertraglicher Vereinbarungen im
Bestand Dritter nachgewiesen werden können. Dass dieses Instrument einen Beitrag zur
Stabilisierung des Wohnungsmarktes leisten kann, hat es bereits in Frankfurt am Main oder
Baden-Württemberg bewiesen.
Der Vorteil der „mittelbaren Belegung“ liegt somit in einem besseren Kosten-NutzenVerhältnis, da anhand der Ausstattung, Lage und des Modernisierungsstands der Bestandswohnungen ein Faktor bestimmt wird, der festlegt, wie viele Bestandswohnungen für eine
Neubauwohnung bereitgestellt werden müssen. Dies hat zur Folge, dass bei konstanter Förderung anstelle einer Wohnung im Neubau häufig mehrere Wohnungen in Bestandsgebäuden mit einer Belegungsbindung belegt werden können.
4.4 Wohneigentumsbildung zielgenau steuerlich fördern
Bund und Länder sind angesichts der Dringlichkeit der Wohnungsfrage aufgefordert, wirksame Maßnahmen zur steuerlichen Förderung der Wohneigentumsbildung und der
Schaffung bezahlbaren Wohnraumes für breite Schichten der Bevölkerung über die soziale
Wohnraumförderung hinaus zu ergreifen. Zielführend erscheinen „Wohneigentumszulagen“
sowie Investitionszulagen (gegebenenfalls ergänzt um eine entsprechende Sonderabschreibung). Zweckgebundene Bürgschaften oder Eigenmittel zur Beteiligung an der Bereitstellung
des für die Finanzierung notwendigen Eigenkapitals können für bestimmte Zielgruppen, wie
junge Familien, der entscheidende Hebel für den Einstieg in die Wohneigentumsbildung sein.
Die eingesetzten Förderinstrumente sollten auf zu bestimmende
Zielgruppen, zum Beispiel differenziert nach Einkommensgruppen, Mehrgenerationenhaushalte,
- 16 Objekte, zum Beispiel Neubau, Erwerb von Neubau oder Erwerb eines (Bestands)Hauses
oder einer Wohnung (i) in bestimmten Lagen, um Suburbanisierung zu vermeiden, (ii) mit
bestimmten Bebauungsdichten und (iii) mit einer Beschränkung der Wohnfläche nach
Haushaltsgröße um Flächeneffizienz zu fördern, Wiederherrichtung von oder Umnutzung
in Häuser und Wohnungen, Aufstockung von Gebäuden zu Wohnzwecken, wobei entsprechend § 6 Abs. 1 des früheren Eigenheimzulagengesetzes die Förderung nur für ein
Objekt pro Person in Anspruch genommen werden kann, und
Standorte ausgerichtet werden. Der räumliche Förderrahmen bedarf in jedem Fall der
Differenzierung, um Fehlanreize an ungeeigneten Standorten zu vermeiden.28
Die Wirksamkeit dieser Fördermaßnahmen muss kontinuierlich geprüft und ihre Ausrichtung
gegebenenfalls nachjustiert werden.
4.5 Umfang der Normung im Bauwesen reduzieren
Im Ergebnis einer gemeinsamen Initiative mehrerer Verbände unter Federführung des Deutschen Städtetages zur „Einrichtung einer Reformkommission zum Thema Beteiligungsverfahren und Relevanzprüfung bei der Normung“ wurde ein Sonderpräsidialausschuss
„Bauen und Wohnen“ beim DIN eingerichtet. Zahlreiche weitere Arbeitsgruppen und Forschungsvorhaben untersuchen und diskutieren konkrete Verbesserungsvorschläge im
Bereich der Normen und Standards im Bauwesen.
Aus Sicht des Deutschen Städtetages setzt adäquate Normung voraus, dass das Kriterium
„Marktrelevanz“ überprüft und um weitere, klar definierte Indikatoren (beispielsweise zu Folgekosten der Normung) bereits vor Beginn des Normungsvorhabens ergänzt wird. Nur so
können Normungsentscheidungen fundiert getroffen werden. Sowohl im Entstehungs- als
auch im Anpassungsprozess einer Norm sollte ein solcher regelmäßig zu prüfender Indikatorenkatalog zur Anwendung kommen, um Klarheit über die Kosten-Nutzen-Effekte zu
erlangen. Zudem ist mehr Transparenz bei der Einreichung, Erarbeitung und Veröffentlichung von Normen anzustreben. Die Normungsarbeit und -inhalte haben sich in den
vergangenen Jahren geändert und reichen heute weit über technische Normen hinaus. Entsprechend sind bislang praktizierte Beteiligungsverfahren in Normungsprozessen nicht mehr
zeitgemäß und müssen angepasst werden. Vergleichbar zu Verfahren der Bürgerbeteiligung
müssen Informationen proaktiv, offen und transparent offline wie online den interessierten
Kreisen zur Verfügung gestellt werden. Die an der Normung beteiligten Kreise dürfen nicht
einer Holschuld unterliegen; vielmehr muss die Normungsinstitution eine Bringschuld gegenüber den Betroffenen einlösen. Dies würde zudem die Belange der Beteiligten in
Normungsprozessen grundsätzlich stärken und eine wirkungsvollere Beteiligung auch auf
internationaler Ebene befördern.
5.
Bauplanungs- und ordnungsrechtliche Instrumente zur
Bestands- und Milieuschutzsicherung, Novellierung des
Mietrechts und Stärkung der Subjektförderung
Gesetzliche Regelungen aus dem Miet-, Bau- und Bodenrecht sowie Rechtsinstrumente zur
Steuerung von Stadt(teil)- und Wohnungsmarktentwicklung eröffnen Städten mit angespannten (Teil-)Märkten zwar Handlungsmöglichkeiten, um Einfluss auf Prozesse zu nehmen, die
mit dem Stichwort „Gentrifizierung“ – eher unscharf – beschrieben werden. Doch sind diese
Instrumente nicht immer passgenau und weisen zudem Lücken auf, die vom Bundes- bzw.
28
Vgl. Deutscher Städtetag (2016)
- 17 Landesgesetzgeber geschlossen werden sollten. Die kommunale Ebene muss sich aber
auch selbst mit der Frage befassen, inwieweit sie die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (tatsächlich) ausschöpft bzw. warum dies ggf. aktuell nicht der Fall ist.
5.1 Veränderungsprozesse mitgestalten – vorhandene Instrumente nutzen
Gentrifizierung politisch und wissenschaftlich bewerten
Gentrifizierung findet bislang in deutschen Städten überwiegend nicht flächendeckend statt,
sondern konzentriert sich auf attraktive, innenstadtnahe Lagen, postindustrielle oder phasenweise marginalisierte Quartiere mit großem baulichen wie räumlichen Potenzial. Soziale
Durchmischung geht immer mit Aufwertung von öffentlichem Raum, teilweiser Sanierung des
Gebäudebestandes, Lückenschließungen sowie Neubau einher und zieht damit höhere
Kauf- und Mietpreise nach sich. Niedrigpreisige Wohnquartiere, die eine Aufwertung ohne
steigende Preise erleben sollen, bilden eine absolute Ausnahme.29
Die seit einigen Jahren breiter gewordene Debatte über Gentrifizierung spiegelt die in immer
mehr Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt zunehmende Gefahr sozialräumlicher Polarisierung wider. Dies ist mit der Angst potenziell betroffener Mieterhaushalte vor dem
Verlust ihrer Wohnung und der Verdrängung aus angestammten Quartieren verbunden. 30
Als langfristige Bestandhalter erfüllen insbesondere die kommunale Wohnungswirtschaft und
die Genossenschaften eine zentrale Funktion sowohl im Hinblick auf die Stabilität von Quartiersstrukturen als auch bei der sozialgerechten Bestandssanierung und der
Aufrechterhaltung eines für Mieter und Vermieter auskömmlichen Mietniveaus. Die Städte
sollten sich dementsprechend weiter zu „ihren“ Wohnungsunternehmen bekennen und gemeinsam mit den Genossenschaften an einer Intensivierung der Partnerschaften31 arbeiten.
Ein wichtiges Instrument – auch zur Integration weiterer lokaler Wohnungsmarktakteure –
sind Bündnisse für Wohnen nicht nur auf Bundes- und Landesebene, sondern auch in den
Kommunen vor Ort.32
Sollen soziale Durchmischung und ein stabiles Mietenniveau in nachfragestarken Städten
und gentrifizierungsaffinen Quartieren gewahrt bleiben, darf es nicht darum gehen, Neubau
und Sanierung per se zu verhindern. Vielmehr muss je nach politischen Zielsetzungen und
Segregationstendenzen das verfügbare förmliche und informelle Instrumentarium angewendet werden, um die soziale Durchmischung zu sichern.
Zwar verfügen die Kommunen über einige teilräumlich wirksame Instrumente, um derartige
Umstrukturierungen in Bestandsquartieren zu steuern; diese sollten aber erweitert und geschärft werden. Dabei geht es nicht darum, notwendige Investitionen für energetische
Sanierungen, generationengerechte Umbauten oder Standardverbesserungen innerhalb des
Wohnungsbestandes zu verhindern oder gar das bestehende Mietniveau zu konservieren.
Vielmehr gilt es, diese Erneuerungsprozesse sozial verträglich zu gestalten, indem Modernisierungen wie Investitionen kontrolliert und Veränderungsprozesse stufenweise erfolgen.
Steuernde und dämpfende Planungsinstrumente einsetzen
Steuerungsmöglichkeiten liefert die Erhaltungssatzung im BauGB einschließlich dem Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Dies setzt
eine Rechtsverordnung der Länder voraus. Zudem können mittels landesrechtlicher Verordnungen (§ 577a Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) erweiterte Kündigungsbeschränkungen bei Wohnungsumwandlung bestimmt werden. Die maximal mögliche Frist
der Kündigungsbeschränkung von zehn Jahren sollte dabei von den Ländern möglichst aus29
30
31
32
Vgl. von Lojewski (2013)
Vgl. Franke, Thomas et al. (2017)
Vgl. BBSR (2016)
Vgl. BBSR (2017)
- 18 geschöpft werden. Gleichzeitig sollte der Bundesgesetzgeber eine Harmonisierung der Veräußerungssperrfrist nach § 173 Abs. 4 Nr. 6 BauGB mit der Kündigungsbeschränkung nach
BGB vornehmen.
Notwendig erscheint auch eine Erweiterung des Genehmigungsvorbehalts bei Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen: Der Genehmigungsvorbehalt sollte nicht, wie bislang,
ausschließlich in Gebieten mit Erhaltungssatzung gelten, sondern unabhängig davon in von
den Gemeinden durch Satzung ausgewählten Gebieten zur Anwendung gebracht werden
können.
Zur Bewahrung kleingewerblicher, „alteingesessener“ Strukturen wäre auch eine Erweiterung
des Anwendungsbereichs der Erhaltungssatzung zu diskutieren. Das Ziel sollte sein, auch
eine städtebaulich prägende, kleinteilige Mischung von Wohnen, Handwerks- und sonstigen
Gewerbetrieben, Einzelhandel und Gastronomie durch eine Satzung schützen zu können.
Die derzeitigen Genehmigungsvorbehalte bieten hierfür keine hinreichende Handhabe.
Im Hinblick auf das Zweckentfremdungsrecht liegt die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Vom Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum – dem
wichtigsten Element einer gebietsbezogenen Wohnungsbestandspolitik – haben inzwischen
zahlreiche Länder Gebrauch gemacht. Zweckentfremdungsverbote sind treffsichere Instrumente für Markteingriffe, für die eine Regulierung im Sinne einer nachhaltigen und sozial
ausgewogenen Stadtentwicklung sinnvoll ist. Auch landesspezifische Regelungen zur Wohnungsaufsicht haben sich in der jüngeren Vergangenheit als angemessenes Instrument zur
Verbesserung der Wohnsituation erwiesen.
Gebietsbezogene Steuerungsmöglichkeiten der Bautätigkeit, des sozialen Ausgleichs und
des Eigentumsübergangs bietet überdies das besondere Städtebaurecht in förmlich festgelegten Sanierungs- bzw. Entwicklungsgebieten nach § 136 BauGB bzw. § 165 BauGB.
Wichtige Voraussetzung für die städtebauliche und soziale Wirksamkeit steuernder Eingriffe
in den Wohnungsbestand ist die Einbettung ordnungs- und planungsrechtlicher Einzelmaßnahmen in integrierte Quartierskonzepte. Sozialraumbezogene Analysen und Strategien
müssen dafür die Basis liefern.
Bauflächenvergabe mit wohnungspolitischen Zielen verbinden
Für den Wohnungsneubau bei angespannten (Teil-)Marktverhältnissen kommen insbesondere die konsequente Anwendung des Instrumentes der Konzeptvergabe und die bedingte
Vergabe von Grundstücken in Betracht. Auf der Erwerberseite bieten sich neben der kommunalen Wohnungswirtschaft vor allem Genossenschaften, Baugemeinschaften aber auch
private Investoren an, welche die vorgegebenen konzeptionellen Anforderungen erfüllen. Die
Bedingungen sollten bspw. auf fixe Endverkaufspreise, gebundene Mieten, soziale Mischungen und Formen der Quersubventionierung zwischen Wohnungen mit höherer und
geringerer Lagegunst abzielen. Als zielführende Instrumente einer nachhaltigen und sozial
ausgewogenen Wohnungspolitik für die zielgruppenadäquate Schaffung neuer Wohnungen
in angespannten Märkten erweisen sich auch Festsetzungen in Bebauungsplänen, flankiert
von städtebaulichen Verträgen zur sozialgerechten Bodennutzung.
5.2 Mietrecht für einen gerechten Interessenausgleich weiterentwickeln
Mietpreisbremse praxisgerecht ausgestalten
Eine abschließende Beurteilung der Wirkung der Mietpreisbremse ist methodisch schwierig.
Die beobachteten Entwicklungen der Nettokaltmieten lassen jedoch vermuten, dass die
Mietpreisbremse in angespannten Wohnungsmärkten nicht die erhoffte Wirkung erreicht. Es
ist nicht zu einem spürbaren Abbremsen der Mietenentwicklung gekommen. Aus der vom
- 19 BMJV beauftragten Studie zur Wirksamkeit der Mietpreisbremse geht hervor, dass in den
untersuchten sieben Fallstudien-Städten33 überwiegend keine Wirkung der Mietpreisbremse
nachweisbar ist.34 Dennoch unterstützt der Deutsche Städtetag das Ziel, dem vielerorts deutlichen Mietenanstieg der vergangenen Jahre in angespannten Wohnungsmärkten auch
mittels miet- oder wirtschaftsstrafrechtlicher Vorschriften entgegenzutreten.
Die in einigen Bundesländern jüngst vorgeschlagene Aufhebung der Kappungsgrenzenverordnung für Bestandsmieten sowie der Mietpreisbremse für Neu- und Wiedervermietungsmieten wird kritisch betrachtet. Auf Ebene einiger Länder sollten allenfalls die hinter
beiden Verordnungen stehenden Gebietskulissen überprüft werden. In den großen Städten
könnte über kleinräumigere innerstädtische Abgrenzungen diskutiert werden.
Den Mietern fehlt bislang das Instrumentarium, um von der Mietpreisbremse Gebrauch zu
machen und sich gegen mögliche Verstöße wirksam zur Wehr zu setzen. Eine Auskunftspflicht des Vermieters gegenüber dem Neumieter in Hinblick auf den vom Vormieter
gezahlten Mietzins würde zu einer wirksameren Mietpreisbremse führen. Auch Aufbau, Gestaltung, Aussagekraft und Aktualität einiger Mietspiegel erschwert es bislang, das jeweils
zutreffende Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete eigenständig festzustellen.
Mietspiegel mit Bedacht weiterentwickeln
Da die Mietpreisbremse in ihrer aktuellen Form auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete abhebt, kommt den örtlichen Mietspiegeln eine deutlich gewachsene Bedeutung als
Referenzmaßstab zu. Die wichtigste Funktion sowohl einfacher als auch qualifizierter Mietspiegel seit der Mietrechtsreform 2001 liegt darin, den Mietvertragsparteien ein von den
Akteuren des örtlichen Wohnungsmarktes anerkanntes Instrument zur Verfügung zu stellen.
Das sorgt für mehr Transparenz und Rechtssicherheit in der Frage der für beide Vertragsparteien angemessenen ortsüblichen Miethöhe innerhalb laufender Mietverhältnisse.
Aktuelle juristische Auseinandersetzungen und öffentliche Debatten im Falle einiger Mietspiegel unterstreichen die mit Einführung der Mietpreisbremse noch gewachsene Bedeutung
des Instruments für die Wohnungsmarktakteure. Mietspiegel müssen deshalb vom Gesetzgeber so gestärkt werden, dass sie weiterhin ihre marktbefriedende Funktion im Hinblick auf
Transparenz und Rechtssicherheit erfüllen können. Änderungen an den Vorgaben zur Erstellung insbesondere qualifizierter Mietspiegel sollten also mit Bedacht vorgenommen werden
und berücksichtigen, dass die in vielen Kommunen über Jahre hinweg erfolgreiche Praxis,
die Mietspiegel nach wissenschaftlichen Grundsätzen gemeinschaftlich mit allen Akteuren
des Wohnungsmarktes zu erarbeiten, nicht in Gefahr gerät. Viele Mietspiegel-Erhebungen
liefern zudem empirische Befunde zum jeweiligen Wohnungsmarkt, die deutlich über die Detailtiefe der amtlichen Statistik hinausgehen.
Zu begrüßen sind Überlegungen zum Abbau datenschutzrechtlicher Hürden bei der Erstellung von Mietspiegeln. Dadurch kann den Kommunen die Vorbereitung einer Datenerhebung
erleichtert werden. Vorgaben zur Dokumentationspflicht des Erstellungsprozesses sollten
präziser gefasst werden, wenn der Fokus dabei auf mehr Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz
der Mietspiegel liegt. Genauere Definitionen und zusätzliche Anforderungen zu Mindeststandards und Aktualitätspflichten dürfen den ohnehin bereits sehr komplexen, zeit- und
kostenaufwändigen Prozess der Erstellung insbesondere qualifizierter Mietspiegel aber nicht
über die Maßen belasten.
Ziel muss es sein, dass Mieter und Vermieter in der Praxis verlässlicher als bisher die jeweils
zulässige ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln können, um somit die Streitanfälligkeit einiger
Mietspiegel zu minimieren. Dazu können Präzisierungen von Mindeststandards im Hinblick
33
34
Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Heidelberg, Köln, München, Münster
Vgl. BMJV (2017)
- 20 auf die Repräsentativität und Aktualität der Daten, die Operationalisierung zentraler Wohnwertmerkmale auf Basis empirisch fundierter Erkenntnisse in der praktischen Anwendung
und der Einsatz von Geoinformationssystemen beitragen. In jedem Fall aber sollte die Fortschreibung qualifizierter Mietspiegel künftig anhand eines sachlich passenderen Index als
dem bisher genutzten Verbraucherpreisindex erfolgen.
Eine Verlängerung des Bezugszeitraumes für die bei der Mietspiegelerstellung zu berücksichtigenden Mieten ist hinsichtlich des Umfangs der Datenbasis nicht zwingend erforderlich.
Denn die Frage der Repräsentativität der erhobenen Daten bemisst sich vor allem anhand
qualitativer Merkmale. Ein verlängerter Bezugszeitraum birgt die Gefahr, die Diskrepanz zwischen dem über Internetportale für alle einsehbaren Angebotsmietniveau und den im
Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten noch zu erhöhen. Die Akzeptanz
der Mietspiegel könnte unter dieser Voraussetzung gerade in den Wohnungsmärkten stark
leiden, in denen die Mietpreisbremse ihre Wirkung entfalten soll.
§ 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) schärfen
Es sollte ein neuer Anlauf unternommen werden, das Wirtschaftsstrafrecht anzupassen, um
auf diesem Wege deutlich überzogenen Mietforderungen Einhalt zu bieten. Durch den
§ 5 WiStG sollen Mieter davor geschützt werden, aufgrund einer örtlich bestehenden unausgewogenen Lage auf dem Mietwohnungsmarkt für die Vermietung von Wohnraum ein
unangemessen hohes Entgelt zahlen zu müssen. Als sogenanntes Verbotsgesetz im Sinne
des § 134 BGB führt ein Verstoß zudem dazu, dass die Mietpreisvereinbarung nichtig ist,
wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 % übersteigt.35
Damit die Regelung wieder ihre marktdisziplinierende und generalpräventive Wirkung erzeugen kann, ist eine Änderung des § 5 WiStG erforderlich, durch die der objektive Aspekt
„geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum“ zur maßgeblichen Voraussetzung für die
Anwendbarkeit der Vorschrift wird. Für die Feststellung einer Mietpreisüberhöhung dürfte
dies im Regelfall ausreichend sein, denn normalerweise sind die Mieter nur dann bereit, derart hohe Mieten zu akzeptieren, wenn ihnen aufgrund der angespannten Wohnungsmarktlage keine Alternative bleibt. Um besonderen, vom Gesetzgeber genau zu beschreibenden Fallkonstellationen Rechnung zu tragen, muss dem Vermieter die Möglichkeit offen
stehen, im Einzelfall nachzuweisen, dass die hohe Miete nicht aufgrund der Marktanspannung, sondern wegen besonderer Umstände im Einzelfall vereinbart wurde.
5.3 Modernisierung fördern, Verdrängung verhindern
Die Frage nach der Verringerung des Prozentsatzes für die Bestimmung der modernisierungsbedingten Mieterhöhung („Modernisierungsumlage“) sowie einer Kappung der möglichen Erhöhung ist unverändert offen. Der Zielkonflikt zwischen Sanierungen im Bestand insbesondere hinsichtlich der energetischen Qualität von Wohnungen und einer gewünschten
moderaten Mietenentwicklung muss gelöst werden. Anforderungen an den Neubau und die
energetische Sanierung von Wohngebäuden müssen neben den Klimaschutzzielen gleichrangig auch den Bau und die Sanierung bezahlbaren Wohnraums berücksichtigen.
Modernisierungsmaßnahmen sind grundsätzlich kein „Selbstläufer“, sondern erfordern verlässliche und günstige Rahmenbedingungen, damit sie wirtschaftlich vertretbar realisiert
werden können. Mögliche Änderungen bei der Modernisierungsumlage müssen sich an den
Zielen einer qualitativ hochwertigen Wohnraumversorgung und der Entwicklung attraktiver
Wohn- und Stadtquartiere auch für einkommensschwächere Haushalte orientieren.
Der Deutsche Städtetag spricht sich dafür aus, dass strikt wirkungsbezogene energetische
Sanierungen sowie der generationengerechte Umbau zügig vorangetrieben werden und entsprechend günstige Rahmenbedingungen für notwendige Investitionen auch bei steigenden
35
Vgl. Deutscher Bundestag (2017a)
- 21 Zinsen bestehen bleiben. Gleichzeitig unterstützt der Deutsche Städtetag Bestrebungen,
überzogene Mietenanstiege und insbesondere „Luxusmodernisierungen“, die zu quartiersbezogener Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte führen, einzuschränken. Der
Bund ist gefordert, erneut Varianten für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Bestimmung der modernisierungsbedingten Mieterhöhung zu prüfen. Hierzu zählt die Festlegung
einer „Grundumlage“ zuzüglich eines je nach Zinsniveau variablen Prozentsatzes für die Kapitalbeschaffungskosten ebenso wie eine absolute Kappungsgrenze, welche einkommensschwächere Mieterhaushalte vor finanzieller Überforderung und damit Verdrängung
schützt.36 Damit Vermieter dennoch gesellschaftlich gewünschte und erforderliche Modernisierungen durchführen, muss der Bund finanzielle Nachteile mittels Zuschussförderungen
ausgleichen. Darüber hinaus sind rechtliche Standards zu energetischen oder generationengerechten Modernisierungen und die damit verbundenen Fördermöglichkeiten mit dem Ziel
zu prüfen, Modernisierung und Bezahlbarkeit besser miteinander in Einklang zu bringen.
So ist beispielsweise die Bedeutung des Nutzerverhaltens bisher in den Regelwerken zur
Gebäudeenergieeffizienz nur unzureichend berücksichtigt. Daher sollten die tatsächlich bei
der Realisierung von Bau- bzw. Sanierungsmaßnahmen erreichten Energieeinsparungen
herangezogen werden, um auf dieser Grundlage das Regelwerk zur Modernisierungsumlage
sachgerecht weiterentwickeln zu können.37
5.4 Wohngeld dynamisieren und weiterentwickeln, Kosten der Unterkunft
eindeutiger gestalten
Der Deutsche Städtetag sieht die Funktionsfähigkeit des Wohngeldes als vorrangige soziale
Leistung zur Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens trotz der Wohngelderhöhung zum Jahr 2016 kritisch. Die fehlende, dauerhafte Anpassung des Wohngeldes
an die Mietpreisentwicklung wirkt sich zudem auf die Anzahl von Haushalten im SGB II aus,
die nur Kosten der Unterkunft beziehen. Dies gilt umso mehr, da die Mieten nach wie vor
deutlich ansteigen. Inzwischen umfasst der kommunale Anteil an den Kosten der Unterkunft
und Heizung im SGB II mehr als 10 Milliarden Euro pro Jahr.38
Abbildung 1: Kosten der Leistungen nach dem SGB II nach Leistungsart und Kostenträger 2006 – 2014 (IAQ 2015)
36
37
38
Vgl. Deutscher Städtetag (2013)
Vgl. Deutscher Städtetag (2017a)
Vgl. IAQ (2015), reine Wohnkosten ohne Kompensation der Ausgaben für Bildung und Teilhabe.
- 22 -
Durch eine generelle Erhöhung des Wohngeldes könnte für wesentlich mehr Haushalte als
bisher die Bedürftigkeit nach dem SGB II vermieden und die positiven Effekte des Wohngeldes bewahrt werden. Das Wohngeld muss dynamisiert werden, um zukünftige Mietpreissteigerungen aufzufangen. Für einige Großstädte mit besonders hohem Mietniveau drängt
sich auf, eine zusätzliche Mietstufe einzuführen. Dies ist besonders in einigen Universitätsstädten erforderlich, in denen auch kleine Wohnungen unverhältnismäßig teuer sind.
Außerdem muss statt der Bruttokaltmiete in Zukunft die Bruttowarmmiete berücksichtigt werden, um den perspektivisch wieder steigenden Energiekosten Rechnung zu tragen. Ein
erster Schritt in diese Richtung könnte die Integration einer Klimakomponente in das Förderkonzept des Wohngeldes sein.
Die Ermittlung existenzsichernder Bedarfe für Unterkunft und Heizung ist für alle Verwaltungen eine besondere Herausforderung. Nicht zuletzt aufgrund der Heterogenität regionaler
Wohnungsmärkte, der großen Diversität der Wohnungstypen und der lokal unterschiedlichen
kommunalen Wohnungspolitik erweisen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen an
die Ermittlungsmethodik nicht nur für die Kommunen, sondern auch die Gerichtsbarkeit als
komplexes Unterfangen und besondere Herausforderung.39 Dazu tragen Erstellung, Anwendung und Rechtssicherheit der durch das Bundessozialgericht geforderten „schlüssigen
Konzepte“ zur Ermittlung angemessener Bedarfe der Kosten der Unterkunft und Heizung bei.
Klarere Regelungen und rechtliche Vereinfachungen sollten die Grundlage für mehr Klarheit
und Rechtssicherheit in diesem Bereich bilden.
39
Vgl. BMAS (2017)
- 23 -
Zusammenfassung
Das Positionspapier ist das Ergebnis der Arbeit von Mitgliedern aus fünf Fachkommissionen
des Deutschen Städtetages (Wohnungswesen, Baurecht, Liegenschaften, Stadtentwicklungsplanung, Stadtplanung und Städtebau) und der Konsultation mit Vertretern der kommunalen und privaten Wohnungswirtschaft. Damit steht es für eine querschnittsorientierte
Betrachtung der Wohnungs- und Bodenpolitik in Deutschland, aber auch für eine explizit
städtische Sicht auf die anstehenden Herausforderungen. Die fachkommissionsübergreifende Arbeitsgruppe hat auf Einladung der Vorsitzenden der FK Wohnungswesen, Frau MeierSienel, am 1. März 2017 in Frankfurt am Main die Grundlagen des Papiers erarbeitet. Eine
anschließende Entwurfsfassung wurde in der 174. Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses des Deutschen Städtetages am 27./28. April 2017 in Bremen behandelt. Das Papier
mündet in Forderungen an Bund und Länder, spart aber auch die Selbstverpflichtungen der
Städte für eine aktive Baulandpolitik, prozessoptimierte Anpassung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und den Einsatz der zur Verfügung stehenden bodenrechtlichen
Instrumente nicht aus.
Eine sozialgerechte Wohnraum- und Baulandpolitik bedarf aus Sicht des Deutschen Städtetages daher folgender Rahmenbedingungen:
Die Ziele der Wohnungsbau-Offensive müssen weiter verfolgt und das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen fortgeführt werden. Das Bündnis ist ein wichtiges Signal
der Bundesregierung für eine kooperative, ergebnisorientierte Wohnungspolitik. Mittels
lokaler Bündnisse für Wohnen, bei deren Initiierung Städte vielfach als Vorreiter agieren,
fördern die Städte das Zusammenwirken mit einer kommunalen Wohnungswirtschaft, die
den Wohnungsbau aktiv befördert, sowie der freien Wohnungswirtschaft und privaten
Eigentümern.
Eine aktive, dem Gemeinwohl verpflichtete Baulandpolitik ist der Schlüssel für eine sozial ausgewogene Stadtentwicklung. Die Städte können mit ihrer Wohnbauland- und
Liegenschaftspolitik eine nachhaltige und an den öffentlichen Interessen ausgerichtete
Entwicklung befördern. Um mehr Wohnbauflächen aktivieren und nachfragegerechte
Angebote zur Wohnraumförderung für breite Schichten der Bevölkerung entwickeln zu
können, muss der Gemeinwohlgedanke auch beim Verkauf von Bundesliegenschaften
gestärkt werden. Dazu gehören auch die Prüfung eines angemessen ausgestatteten
Wohnbauland- und Erschließungsfonds sowie die Einführung einer Tarifoption in der
Grundsteuer zur Mobilisierung erschlossener, aber unbebauter Grundstücke.
Vorgaben durch europäische Rechtsetzungsakte, welche die Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden kommunalen Aufgaben verhindern oder unnötig erschweren,
muss entgegengewirkt werden. Die Bundesregierung muss dafür Sorge tragen, dass die
der Bauleitplanung immanente Abwägung wieder im Mittelpunkt steht. Auch sollte sie
auf die Möglichkeit der Wiedereinführung der bewährten Präklusionsregelung im Bauplanungsrecht hinwirken.
Notwendig ist eine bessere Verzahnung zwischen Umwelt- und Baurecht. Zur Vermeidung langwieriger Einzelgutachten zu artenschutzfachlichen Fragestellungen zu Beginn
von Planungsprozessen sollte der Bund im Bundesnaturschutzgesetz die Vorgabe für
eine nach bundesweit einheitlichen Vorgaben einzurichtende Datenbank mit Kartierungs- und Artendaten regeln, welche auch für Kommunen zugänglich ist. Die Städte
müssen in die Lage versetzt werden, in bestimmten Fällen auch bei gewerblichem Lärm
die Möglichkeiten des passiven Schallschutzes, wie zum Beispiel besondere Fensterkonstruktionen, zur Konfliktbewältigung beim Näherrücken von Wohnen und Gewerbe
nutzen zu können.
- 24
Bund und Länder müssen ihr Engagement für mehr Wohnungsbau verstärken und diesen mittels geeigneter Förderinstrumente attraktiver gestalten. Dazu gehört neben einer
Investitionszulage für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen, gegebenenfalls ergänzt
um eine steuerliche Sonderabschreibung sowie die differenzierte Eigentumsförderung
nach Zielgruppen, Fördergegenständen und Räumen auch, dass der Bund den sozialen
Wohnungsbau weiter mitverantwortet.
Bund und Länder sind aufgefordert, Stadt-Umland-Kooperationen zu fördern und die
rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen. Denn die Städte – insbesondere in den Ballungsräumen – werden die genannten Herausforderungen nicht ohne
die jeweils umliegenden Gemeinden bewältigen können.
Um deutlich überzogenen Mieten Einhalt zu gebieten, müssen den Mietern wirksamere
Instrumente an die Hand gegeben werden. Eine Auskunftspflicht des Vermieters über
den vom Vormieter entrichteten Mietzins würde die Mietpreisbremse effektiver gestalten.
Zudem muss ein neuer Versuch unternommen werden, den § 5 Wirtschaftsstrafgesetz
so zu gestalten, dass er seine marktdisziplinierende und präventive Wirkung erzeugen
kann. Die Mietspiegel als entscheidende Referenz für beide Instrumente müssen in ihrer
öffentlichen Akzeptanz und Rechtssicherheit gestärkt werden, indem der Bund die
Rechtsgrundlagen insbesondere qualifizierter Mietspiegel mit Bedacht weiterentwickelt.
Während wirkungsbezogene energetische Sanierungen sowie der generationengerechte
Umbau vorangetrieben werden und günstige Rahmenbedingungen für notwendige Investitionen bestehen bleiben sollen, gilt es insbesondere „Luxusmodernisierungen“, die
zu quartiersbezogener Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte führen, einzuschränken. Es sollten erneut Varianten für den gesetzlichen Rahmen zur Bestimmung
der modernisierungsbedingten Mieterhöhung geprüft werden. Dazu zählt u.a. die Festlegung einer „Grundumlage“ zuzüglich eines variablen Prozentsatzes für die Kapitalbeschaffung. Eine Kappungsgrenze sollte einkommensschwächere Haushalte vor finanzieller Überforderung und Verdrängung schützen. Ansprüche an Modernisierungen im
Bestand gilt es, zu flexibilisieren, Förderprogramme müssen neu ausgerichtet und energetische Standards harmonisiert werden.
Die vorhandenen bauplanungs- und ordnungsrechtlichen Instrumente zur Bestands- und
Milieuschutzsicherung gilt es zu erweitern und zu schärfen. Dabei geht es nicht darum,
notwendige Investitionen für energetische Sanierungen, generationengerechte Umbauten oder Standardverbesserungen zu verhindern, sondern diese Erneuerungsprozesse
sozialverträglich zu gestalten. Gebietsbezogene Steuerungsmöglichkeiten bietet überdies das besondere Städtebaurecht. Basis der hierfür notwendigen integrierten
Quartierskonzepte müssen sozialraumbezogene Analysen und Strategien sein.
Zur Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens muss das Wohngeld
erhöht und dynamisiert werden, um für wesentlich mehr Haushalte als bisher die Bedürftigkeit nach dem SGB II zu vermeiden, zukünftige Mieterhöhungen aufzufangen und die
positiven Effekte des Wohngeldes zu bewahren. Ziel ist die Entlastung der städtischen
Haushalte: Der kommunale Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung im SGB II
umfasst mehr als 10 Milliarden Euro pro Jahr (reine Wohnkosten, ohne Kompensation
der Ausgaben für Bildung und Teilhabe). Die Ermittlung existenzsichernder Bedarfe für
Unterkunft und Heizung muss durch die Beseitigung der existierenden Rechtsunsicherheiten stabilisiert werden.
- 25 -
Beschluss des Präsidiums des Deutschen Städtetages zum
voliegenden Positionspapier
1. Das Präsidium des Deutschen Städtetages begrüßt das Positionspapier „Neuausrichtung
der Wohnungs- und Baulandpolitik“. Es stellt fest: Mit einer aktiven Wohnbauland- und
Liegenschaftspolitik fördern die Städte eine nachhaltige und an den öffentlichen Interessen ausgerichtete Wohnungspolitik. Hierzu zählen unter anderen
das Zusammenwirken mit einer kommunalen Wohnungswirtschaft, die den Wohnungsbau aktiv befördert, sowie der freien Wohnungswirtschaft und privaten
Eigentümern in lokalen Bündnissen für bezahlbares Wohnen und Bauen,
bodenpolitische Grundsatzbeschlüsse und eine gemeinwohlorientierte Bodenvorratsund Vergabepolitik,
der bedarfsgerechte Einsatz der zur Verfügung stehenden Instrumente zur Flächensicherung und zum Mieterschutz,
prozessoptimierte Bauleitplan- und Baugenehmigungsverfahren.
2. Das Präsidium fordert den Bund auf, bessere Voraussetzungen für eine antizyklische,
nachhaltige und zukunftsgerichtete Wohnungs- und Bodenpolitik zu schaffen, um mehr
Wohnbauflächen aktivieren und nachfragegerechte Angebote für breite Schichten der
Bevölkerung entwickeln zu können.
3. Im Bereich der Wohnungspolitik sieht das Präsidium u.a. das Erfordernis, dass der Bund
den sozialen Wohnungsbau weiter mitverantwortet und Bund und Länder die soziale
Wohnraumförderung verstetigen und ausbauen,
die Ziele der Wohnungsbau-Offensive weiter verfolgt und das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen fortführt,
eine Investitionszulage für den Bau preisgünstiger Mietwohnungen, gegebenenfalls
ergänzt um eine steuerliche Sonderabschreibung sowie eine differenzierte Eigentumsförderung auflegt und Ansprüche an Modernisierungen im Bestand flexibilisiert,
das Mietrecht für einen gerechten Interessenausgleich zwischen Vermietern und
Mietern weiterentwickelt, das Wohngeld dynamisiert und die Kosten der Unterkunft
eindeutiger gestaltet.
4. Im Bereich der Bodenpolitik sieht das Präsidium u.a. das Erfordernis, dass der Bund
und die Länder sich im Umgang mit ihren eigenen potenziellen Wohnbauflächen dem
Gemeinwohlprinzip verpflichten,
das Gemeinwohlprinzip stärker im Bodenrecht verankert,
den Zugriff der Kommunen auf Bauflächen über das besondere Städtebaurecht, erweiterte Vorkaufsrechte und ggf. einen Wohnbaulandfonds verbessert,
das Abwägungsgebot im Bauplanungsrecht wieder stärker in den Mittelpunkt der
Konfliktbewältigung stellt.
- 26 -
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Herausgeber
Deutscher Städtetag
Autoren/Autorinnen
Sebastian Klöppel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Städtetages
Hilmar von Lojewski, Beigeordneter der Deutschen Städtetages
Dr.-Ing. Timo Munzinger, Referent des Deutschen Städtetages
Eva Maria Niemeyer, Hauptreferentin des Deutschen Städtetages
Mitarbeit der Mitglieder und Gäste folgender Fachkommissionen
FK Wohnungswesen
FK Baurecht
FK Liegenschaften
FK Stadtentwicklungsplanung
FK Stadtplanung und Städtebau
Ansprechpartner/in in der Hauptgeschäftsstelle
Beigeordneter Hilmar von Lojewski
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Sebastian Klöppel, E-Mail: sebastian.kloeppel@staedtetag.de
Referent Dr.-Ing. Timo Munzinger, E-Mail: timo.munzinger@staedtetag.de
Hauptreferentin Eva Maria Niemeyer, E-Mail: evamaria.niemeyer@staedtetag.de
ISBN 978-3-88082-313-6
© Deutscher Städtetag Berlin und Köln, September 2017
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