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16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 04:32
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Discussion Paper
16
Berlin-Institut
für Bevölkerung
und Entwicklung
Krise an Europas Südgrenze
Welche Faktoren steuern heute und
morgen die Migration über das Mittelmeer?
Von Reiner Klingholz und Stephan Sievert
Berlin-Institut 1
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Herausgeber:
Berlin-Institut für Bevölkerung
und Entwicklung
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Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Sämtliche, auch auszugsweise Verwertung
bleibt vorbehalten.
Discussion Paper Nr. 16
Oktober 2014
Autoren:
Reiner Klingholz, Stephan Sievert
Datenbank, Dokumentation und Lektorat:
Theresa Damm
Gestaltung:
Jörg Scholz, Köln (www.traktorimnetz.de)
ISBN: 987-3-9816212-3-5
Das Berlin-Institut dankt dem
Auswärtigen Amt für die Ermöglichung
dieses Discussion Papers und
Dr. Steffen Angenendt (SWP) für
hilfreiche Kommentare.
2 Krise an Europas Südgrenze
Über das Berlin-Institut
Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist ein unabhängiger Thinktank, der
sich mit Fragen regionaler und globaler demografischer Veränderungen beschäftigt. Das
Institut wurde 2000 als gemeinnützige Stiftung gegründet und hat die Aufgabe, das Bewusstsein für den demografischen Wandel zu schärfen, nachhaltige Entwicklung zu fördern, neue Ideen in die Politik einzubringen und Konzepte zur Lösung demografischer
und entwicklungspolitischer Probleme zu erarbeiten.
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INHALT
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE ..............................................................................................4
1. DEMOGRAFISCHE TRENDS IN EUROPA UND SEINER SÜDLICHEN NACHBARSCHAFT.....6
2. DIE MIGRATION BEGINNT............................................................................................ 11
3. WARUM SIE KOMMEN ..................................................................................................14
4. NEUE AUFGABEN .........................................................................................................23
ANHANG...........................................................................................................................30
QUELLEN UND ANMERKUNGEN........................................................................................32
Die Autoren
Dr. Reiner Klingholz, 1953, Promotion
im Fachbereich Chemie an der Universität
Hamburg, Direktor des Berlin-Instituts für
Bevölkerung und Entwicklung.
Stephan Sievert, 1982, Masterstudium an der
Universität Maastricht in International Economic
Studies mit dem Schwerpunkt Social Economics.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am BerlinInstitut für Bevölkerung und Entwicklung.
Berlin-Institut 3
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
Starkes Bevölkerungswachstum in
Afrika und dem Nahen Osten
Anders als in Europa wächst in den Weltregionen südlich und östlich des Mittelmeers
die Bevölkerung noch stark. In den Staaten
Nord-, West-, Zentral- und Ostafrikas und des
Nahen Ostens, die als Quelle der Migration
in die EU in Frage kommen, dürfte sich die
Zahl der Menschen bis 2050 auf über 2,7
Milliarden mehr als verdoppeln. Jedoch ist
Bevölkerungswachstum nur ein Grund für
einen wachsenden Migrationsdruck aus diesen Regionen in Richtung Europa.
Viele Faktoren führen zur Migration
Migration entsteht erst aus einem komplexen
Zusammenspiel vieler Faktoren. So besteht
zwischen der EU und der betrachteten
Region ein enormes Wohlstands-, Sicherheits- und Entwicklungsgefälle. Etwa 60
Prozent der afrikanischen Bevölkerung leben
von weniger als zwei US-Dollar am Tag. Das
durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt
in Afrika kaufkraftangepasst rund achtmal
niedriger als in der EU. In der Region Afrika/
Nahost findet sich der größte Teil der am
wenigsten entwickelten Staaten der Erde.
Dabei ist zu beachten, dass es nicht die
ärmsten Menschen sind, die sich auf eine
Wanderung machen, sondern diejenigen, die
über das dafür notwendige Wissen, die Mittel
und Möglichkeiten verfügen. Die Migranten
aus Afrika und dem Nahen Osten stammen
4 Krise an Europas Südgrenze
deshalb kaum aus der armen Landbevölkerung, sondern aus der besser gebildeten
Mittelschicht der Städte.
Anders als Asien und Lateinamerika können
Afrika und der Nahe Osten das volkswirtschaftliche Potenzial ihrer vielen jungen
Menschen kaum nutzen. Der weltweit größte
Jugendüberhang trifft hier auf die höchsten
Quoten an Unterbeschäftigung. Weil für die
stark wachsende Bevölkerung im jungen
Erwerbsalter nicht annähernd genug Arbeitsplätze bereit stehen, steigt die Unzufriedenheit unter den Jungen und damit die Gefahr
sozialer und bewaffneter Konflikte. Diese
wiederum sind ein wesentlicher Grund für die
in jüngster Zeit stark gestiegenen Flüchtlingsströme aus diesen Regionen.
Politische Krisen als Hauptursache für
wachsende Flüchtlingszahlen
Die Migranten aus Afrika und dem Nahen
Osten stammen überwiegend aus Krisenstaaten wie Syrien, Irak, Eritrea oder
Somalia. Sie kommen in der Regel nicht auf
dem Weg der geregelten Zuwanderung, sondern als Asylsuchende und Flüchtlinge. In
den meisten Fällen setzt die Asylsuche den
Akt eines illegalen Grenzübertritts voraus.
Für 2014 sind rund 200.000 solcher irregulären Grenzüberschreitungen zu erwarten.
Wanderungsdruck nimmt zu
Es gilt als wahrscheinlich, dass der Wanderungsdruck weiter zunimmt. Dafür sprechen
nicht nur das anhaltende Bevölkerungswachstum, sondern auch die rasche Urbanisierung und die prinzipiell gute wirtschaftliche Entwicklung in Afrika und dem Nahen
Osten. Auf diesem Weg entsteht überhaupt
erst eine urbane Mittelschicht, die eine Ausreise organisieren und finanzieren kann. Aus
dem gleichen Grund erhöht auch eine verbesserte Bildung das Migrationspotenzial.
Es ist zu befürchten, dass sich die Sicherheitslage in Afrika und dem Nahen Osten
weiter verschlechtert. Fragile Staaten können
zerfallen, wie sich an Sudan und Syrien, womöglich bald auch an Irak oder Libyen zeigt.
Eine Folge von Staatszerfall sind Vertreibung
und Flucht. Letztere findet zunächst innerhalb des jeweiligen Landes statt, greift dann
auf die Nachbarstaaten über und resultiert
zeitverzögert in steigenden Zahlen von Asylbewerbern und Wirtschaftsflüchtlingen in
der EU. Umweltkrisen und der Klimawandel
hingegen führen bisher kaum zu internationalen, wohl aber zu regionalen Wanderungsströmen.
Politische Herausforderungen
Das hohe Maß an Irregularität, die Vermischung von Wanderungsmotiven und der
wachsende Druck auf die EU-Außengrenzen
bedeuten eine Vielzahl von Herausforderungen für die EU. Für viele der ursächlichen
Probleme des wachsenden Zuwanderungsdrucks gibt es mittelfristig keine Lösung.
Gerade deshalb brauchen Deutschland und
die EU ein strategisches Konzept einer Asyl-,
Flüchtlings-, Entwicklungs- und Zuwanderungspolitik, die erstens auf Krisen und neue,
heute nicht absehbare Entwicklungen flexibel
reagieren kann, zweitens die Perspektiven
der Länder des Nahen Ostens und Afrikas
für eine Entwicklung aus eigener Kraft verbessert und drittens den steigenden Bedarf
der eigenen Arbeitsmärkte deckt. Zuwanderung muss zudem gesellschaftsverträglich
organisiert sein, damit mögliche Probleme
in diesem Bereich nicht populistischen, EUfeindlichen Parteien in die Hände spielen.
Folgende Punkte sind dabei zu
berücksichtigen:
Die EU sollte dafür sorgen, dass eine einheitliche Asylpolitik in Form des Common
European Asylum System (CEAS) in nationales Recht gegossen und praktisch umgesetzt
wird. Zudem sollte sie einen fairen Schlüssel
für die Verteilung von Asylsuchenden finden.
Die EU-Mitgliedsländer sollten die Aufnahme einer Tätigkeit während eines laufenden
Asylverfahrens erleichtern. Grundsätzlich
sollten Asylbewerber während des Verfahrens immer auch über andere existierende
Zuwanderungskanäle aufgeklärt werden.
Zur Verhinderung von illegalen Grenzüberschreitungen und Menschenhandel muss die
europäische Grenzschutzagentur Frontex mit
den notwendigen Mitteln ausgestattet werden. Zusätzlich muss die bisher von Italien
geführte Operation „Mare Nostrum“ mit
EU-Mitteln weiter geführt werden, um Flüchtlingen auf See Sicherheit zu bieten.
Die EU sollte stärker mit jenen Staaten
kooperieren, von denen aus die Migranten
über das Mittelmeer gelangen, um die Arbeit
von Schlepperbanden und Menschenhandel
zu unterbinden. Diesen Staaten sollte die EU
als Gegenleistung eine Entwicklungspartnerschaft anbieten.
Jene Länder der EU, die auf Zuwanderung
angewiesen sind, sollten dazu klare Signale
an Drittstaaten aussenden und über legale
Wege der Fachkräftemigration informieren.
Partnerschaften mit einzelnen Ländern wären
sinnvoll, um Projekte auf den Weg zu bringen,
die migrations- und entwicklungspolitische
Ziele miteinander verbinden.
Eine Zunahme des Wanderungsdrucks
erfordert eine Koordination der vielen Akteure im Feld der internationalen Migration.
Deutschland sollte sich als führende Wirtschaftsnation stärker als bisher in multilateralen Foren wie dem Flüchtlingskommissariat
der Vereinten Nationen (UNHCR), der International Organization of Migration (IOM)
oder dem Global Forum on Migration and
Development (GFMD) engagieren.
Die Länder der EU sollten sich ihrer
entwicklungspolitischen und humanitären Verantwortung stellen, um Krisen und
Flüchtlingsströmen präventiv zu begegnen.
Neben humanitärer Soforthilfe zählen zu
den wichtigsten entwicklungspolitischen
Maßnahmen die Verbesserung der Gesundheits- und Bildungssysteme, der Abbau von
Handelsschranken und die freie Entwicklung
des Privatsektors. Im Zentrum der Bemühungen sollte die Schaffung von Arbeitsplätzen
für die wachsende Zahl junger Menschen
stehen. All diese Interventionen bremsen
zudem erwiesenermaßen das starke Bevölkerungswachstum, das sich negativ auf die
Entwicklungsmöglichkeiten der Länder auswirkt. Dass bessere Bildung und wachsender
Wohlstand in den betreffenden Ländern auch
ein steigendes Abwanderungspotenzial bedeuten, ist dabei billigend in Kauf zu nehmen.
Nicht nur weil schlechte Bildung und Armut
keine Alternativen sind, sondern auch, weil
gerade Zuwanderer mit höherer Qualifikation
in Europa gebraucht werden.
Auch deshalb ist bei der anstehenden
Formulierung der UN-Ziele für Nachhaltige
Entwicklung (SDGs) den Bereichen Migration
und Bevölkerungsentwicklung mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Berlin-Institut 5
DEMOGRAFISCHE TRENDS
IN EUROPA UND SEINER
SÜDLICHEN NACHBARSCHAFT
1
Maximale demografische Unterschiede
und Rekordmigration
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich
die Weltbevölkerung verdreifacht. Zugleich
hat sich die Mobilität der Menschen grundlegend verändert. Waren vor 50 Jahren
Reisen mit dem Flugzeug für die allermeisten
Menschen noch unerschwinglich, ermöglichen es Billig-Airlines heute, praktisch jeden
Ort der Welt innerhalb von 24 Stunden zu
erreichen. Hinzu kommt, dass die Globalisierung Informationen über die Lebensbedingungen in allen Ländern weltweit verfügbar
gemacht hat.
Wachsender Wohlstand und bessere Bildung
haben überall in den Industrienationen die
Kinderzahlen sinken und die Lebenserwartung steigen lassen. Als Folge dieses demografischen Wandels werden die Erwerbsbevölkerungen der wohlhabenden Länder
bereits kleiner, die Gesellschaften altern,
mancherorts schrumpfen sie schon.
Wegen des weltweiten Trends zu kleineren
Familien hat sich die Wachstumsrate der
Menschheit seit den 1960er Jahren halbiert.
Weil dieses „niedrige“ Wachstum allerdings
auf einer Basis von heute 7,2 Milliarden Menschen stattfindet, also von doppelt so vielen
Menschen wie in den 1960er Jahren, mehrt
6 Krise an Europas Südgrenze
sich deren Zahl noch immer um die Rekordziffer von rund 80 Millionen im Jahr.1 Dieser
Zuwachs konzentriert sich heute fast ausschließlich in den am wenigsten entwickelten
Staaten der Erde. Deshalb bleibt das Wirtschafts-, Wohlstands- und Sicherheitsgefälle
zwischen den armen und reichen Staaten
hoch, beziehungsweise es wächst sogar.
Ein Ergebnis all dieser Entwicklungen und
regionalen Unterschiede sind Rekordzahlen
von Personen, die ihre Heimat auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen.
Insgesamt lebten 2013 rund 232 Millionen
Menschen, also über drei Prozent der Weltbevölkerung, nicht in dem Land, in dem sie
geboren wurden.2 Unter ihnen sind viele
unfreiwillig gegangen: Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR)
vermeldete für Ende 2013 mit 52 Millionen
Personen den höchsten Stand an Menschen
auf der Flucht seit dem Zweiten Weltkrieg.3
Würden die internationalen Migranten einen
eigenen Staat bilden, wäre dies der fünftgrößte der Welt.
Europa ist von den demografischen Veränderungen in doppelter Hinsicht betroffen.
Weil hier die Nachwuchszahlen früher
zurückgingen als anderswo, ist Europa
heute der demografisch älteste aller Kontinente. Er wird als erster einen Rückgang
der Erwerbs- und der Gesamtbevölkerung
erleben. Er liegt zudem in direkter Nachbarschaft zu Afrika und dem Nahen Osten, zu
jenen Regionen mit dem weltweit höchsten
Bevölkerungswachstum.
Das starke Bevölkerungswachstum in den
Ländern jenseits des Mittelmeeres ist ein
Faktor unter vielen, die sich verstärkend auf
die Migrationsbewegungen auswirken. Aber
ihm kommt eine Schlüsselrolle zu, weil er
auch auf andere migrationsfördernde Faktoren einwirkt, etwa auf die politische Instabilität, auf den schwachen Arbeitsmarkt oder
auf die Begrenztheit natürlicher Ressourcen
wie Trinkwasser oder Ackerland. Das Bevölkerungswachstum macht sämtliche Probleme
des Nahen Ostens und Afrikas tendenziell
größer und erschwert deren Lösung. Wenn
es darum geht, mögliche Wanderungsbewegungen der Zukunft einzuschätzen, stellen die
demografische Entwicklung dieser Regionen
und deren Auswirkungen deshalb einen
Schwerpunkt dar. Betrachtet werden dabei
die Ländergruppen des Nahen Ostens und
von Nord-, West-, Ost- und Zentralafrika*, die
als bedeutendste Quellorte der Mittelmeerwanderung nach Europa gelten. (Daten siehe
Anhang auf Seite 30).
* Diese vier Regionen werden, wenn nicht anders ausgeführt, in dieser Untersuchung als „Afrika“ bezeichnet.
Ist „Gesamtafrika“ gemeint, ist dies gesondert vermerkt.
Zu Afrika zählen im Rahmen dieser Untersuchung alle
Länder des Kontinents mit Ausnahme der Länder im
südlichen Teil – Botsuana, Lesotho, Namibia, Südafrika
und Swasiland. Zum Nahen Osten zählen folgende Länder: Bahrain, Irak, Iran, Israel, Jemen, Jordanien, Katar,
Kuwait, Libanon, Oman, Palästinensische Autonomiegebiete, Saudi-Arabien, Syrien, Vereinigte Arabische
Emirate
Afrika auf dem Weg zu einer
Bevölkerungsgroßmacht
Nach dem Zweiten Weltkrieg und gegen Ende
der Kolonialzeit im Jahr 1950 war Afrika mit
230 Millionen Einwohnern beziehungsweise
8 Personen pro Quadratkilometer noch
sehr dünn besiedelt. Mittlerweile leben im
Schnitt rund 35 Personen auf einem Quadratkilometer und Afrika ist dichter besiedelt
als die USA. Der Grund dafür ist das starke
Bevölkerungswachstum, das zwischen den
Jahren 1950 und 1995 in Afrika einsetzte,
vor allem, weil die zuvor sehr hohen Sterberaten sanken. Gleichzeitig blieben aber die
Fertilitätsraten zunächst auf hohem Niveau,
in manchen Ländern stiegen sie sogar. In der
Folge wuchs die Einwohnerschaft Afrikas bis
1995 auf 717 Millionen und hatte damit fast
die Größe der europäischen Bevölkerung erreicht. Im Nahen Osten war die Bevölkerung
in dieser Zeitspanne von 39 auf 151 Millionen
angewachsen.
Erst verzögert sanken in beiden Regionen
auch die Kinderzahlen je Frau, vor allem dort,
wo das Bildungsniveau stieg und der Arbeitsmarkt für bezahlte Beschäftigung sorgen
konnte. Zunächst war dies in den 1970er
Jahren in den vergleichsweise weit entwickelten Staaten der Fall, in Marokko und in Syrien
und wenig später im Libanon und in Jordanien sowie in weiteren Maghreb-Staaten.4 Heute liegen die Kinderzahlen in fast allen Ländern des Maghreb zwischen zwei und drei.
Im Libanon, Iran und Tunesien liegt der Wert
bei oder gar unter dem bestandserhaltenden
Niveau von 2,1 Kindern je Frau, bei dem eine
Bevölkerung ohne Zuwanderung auf lange
Sicht stabil bliebe.
Selbst in den ärmeren und wenig entwickelten Staaten Afrikas und des Nahen Ostens
geht die Fertilität etwa seit Ende der 1990er
Jahre zurück. Sie hat aber bis heute noch
kein Niveau erreicht, das auf eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums auch
nur hindeuten könnte. So bekommen die
Frauen in Niger im Schnitt noch immer 7,6
Kinder. 6,6 sind es in Somalia sowie der
Demokratischen Republik Kongo (DRC) und
5,6 in Nigeria. Aufgrund dieser Entwicklung
dürften einige Länder Afrikas ihre Einwohner-
zahl bis 2050 verdreifachen, in Einzelfällen
sogar fast vervierfachen. Regional betrachtet
liegen die Kinderzahlen in Zentralafrika (6,1)
am höchsten und in Nordafrika sowie dem
Nahen Osten (3,4 beziehungsweise 2,8) am
niedrigsten.5
1950
1985
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1990
1995
2000 2005
2010
Niger
2015
8
Äthiopien
7
Iran
Ägypten
6
Nigeria
5
Jordanien
Tunesien
4
Spät, aber wenn dann deutlich
In vielen Ländern des Nahen Ostens und Afrikas sind die
Kinderzahlen je Frau in der jüngeren Vergangenheit stark
gesunken – und zwar deutlich schneller als einst in den
Industrienationen. Das könnte auch für diese Regionen längerfristig ein Ende des Bevölkerungswachstums bedeuten, wäre da
nicht noch eine Reihe zum Teil sehr großer Länder wie Nigeria,
wo die Fertilitätsraten nach wie vor extrem hoch liegen.
3
2
1
Entwicklung der Gesamtfertilitätsrate in verschiedenen Ländern
Afrikas und des Nahen Ostens, 1950 bis heute
(Datenquelle: UNPD 2012 Revision)
0
Durchschnittliche Kinderzahl pro Frau
Maximale Unterschiede
Weil die Kinderzahlen in Europa früher zurückgegangen sind als in Afrika und dem Nahen Osten, ist der „alte“
Kontinent im demografischen Wandel weiter fortgeschritten. Hier herrscht bereits Nullwachstum und vielerorts
hat das Schrumpfen begonnen. Es lässt sich künftig nur durch Zuwanderung aufhalten. Afrika und der Nahe
Osten halten dafür ein gewaltiges Angebot bereit.
Natürliche Wachstumsrate, in Prozent (2014)
Ostafrika
Zentralafrika
Nordafrika
Westafrika
Naher Osten*
Europa
EU-28
2,7
3,0
2,2
2,7
1,9
0,0
0,0
Bevölkerung 2050 als
Vielfaches von 2014
2,3
2,6
1,6
2,3
1,6
1,0
1,0
Gesamtfertilitätsrate
(2014)
4,9
6,1
3,4
5,4
2,8
1,6
1,5
* Gewichtet nach Einwohnerzahl der Länder, eigene Berechnung auf Basis des PRB Datenblattes 2014
Natürliches Wachstum in Prozent, Vervielfachung der Bevölkerung bis 2050 und Gesamtfertilitätsrate
(Datenquelle: PRB6)
Berlin-Institut 7
In direkter Nachbarschaft zu Europa liegen die Weltregionen mit dem
stärksten Bevölkerungswachstum.
Sie hatten zum Ende der Kolonialzeit nicht einmal halb so viele
Einwohner wie Europa, dürften
aber bis 2050 mehr als dreieinhalb
Mal so viele haben. Aller Voraussicht nach werden die Unterschiede
auch danach noch größer werden.
2.800
2.680
Während sich aufgrund der sozioökonomischen Entwicklung weltweit ein Ende des
Bevölkerungswachstums gegen Ende des
21. Jahrhunderts ankündigt, bleiben die hier
betrachteten Regionen am längsten auf demografischem Expansionskurs. Weil die Kinderzahlen je Frau in Nordamerika und Europa
bereits unter das Erhaltungsniveau gesunken
sind, weil sie sich in Lateinamerika und Asien
sehr schnell diesem Wert nähern und ihn
vermutlich in den meisten Ländern unterschreiten werden, steht überall dort mittelfristig ein Ende des Bevölkerungswachstums
an. Vor allem in Europa und Ostasien zeichnen
sich bei durchschnittlichen Kinderzahlen von
1,6 respektive 1,5 dauerhaft Fertilitätsraten
unterhalb des Bestandserhaltungsniveaus
ab.7 Heute haben rund 90 Länder weltweit
das bestandserhaltende Fertilitätsniveau von
2,1 Kindern je Frau erreicht beziehungsweise
unterschritten. Zu diesen Niedrig-FertilitätsLändern zählen sämtliche 44 Staaten Europas
(inklusive Russland), aber mit Mauritius,
Libanon, den Vereinigten Arabischen Emiraten
und Katar nur 4 vergleichsweise kleine Länder
der betrachteten Regionen.8
Millionen
Mehr als ein Aufholprozess
2.600
316
Zentralafrika
Westafrika
Ostafrika
Nordafrika
Naher Osten
EU-28
restliches Europa
2.200
2.000
815
1.800
1.600
1.400
139
1.200
869
1.000
8 Krise an Europas Südgrenze
549
800
710
742
340
384
Dividende oder Desaster?
512
400
379
214
26
71
170
1950
67
49
39
361
232
200
235 198
0
2014
Bis 2050 werden nach dem mittleren Szenario der Vereinten Nationen fünf Länder Afrikas die 100-Millionen-Grenze überschreiten:
Für Ägypten, Äthiopien, Tansania, Uganda
und DRC werden bis Mitte des Jahrhunderts
136, 166, 129, 104 respektive 194 Millionen
Einwohner vorhergesagt. Nigeria liegt schon
heute bei 180 Millionen und dürfte bis 2050
auf gut 440 Millionen angewachsen sein.
Die beiden Länder mit dem absolut stärksten
Wachstum, DRC und Nigeria, hätten im Langfristszenario bis 2100 eine Einwohnerschaft
von 260 respektive über 900 Millionen
erreicht. Nigeria, mit der 2,6-fachen Fläche
Deutschlands, hätte dann eine deutlich höhere Bevölkerungsdichte als die Niederlande
heute – vermutlich aber nicht die Möglichkeiten der Holländer, für Wohlstand und
Sicherheit zu sorgen.9 Wie realistisch diese
Szenarien angesichts der Versorgungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten beider Länder
sind und ob die Staaten unter solchen Wachstumsbedingungen überhaupt als nationale
Einheiten bestehen können, ist eine andere
Frage.
600
319
510
252
Insgesamt geht die mittlere Variante der UNBevölkerungsvorausschätzung davon aus,
dass sich die Gesamtbevölkerung in Afrika
und dem Nahen Osten bis 2050 von heute 1,3
Milliarden auf dann 2,7 Milliarden etwa verdoppelt. Mehr als die Hälfte des erwarteten
globalen Bevölkerungszuwachses findet somit
in diesen beiden Regionen statt. Das stärkste
Wachstum wird Zentralafrika erleben, von
heute 142 Millionen auf 316 Millionen im Jahr
2050; das entspricht einer Ver-2,2-fachung.
Andere Szenarien gehen sogar von einem
noch höheren Wachstum aus (siehe
nächste Seite). Dagegen dürfte sich die Einwohnerzahl Europas von 743 auf 710 Millionen reduzieren. Die der Europäischen Union
mit ihren 28 Mitgliedsstaaten (EU-28) wird
sich in etwa auf dem heutigen Niveau von
510 Millionen halten – unter der Annahme,
dass die Zuwanderung auf dem Mittelwert
der vergangenen Jahre bleibt. Auf lange Sicht
ist in Afrika und dem Nahen Osten bis zum
Jahr 2100 mit 4,5 Milliarden Einwohnern zu
rechnen. Allerdings sind solch weitreichende
Szenarien zwangsläufig mit größerer Unsicherheit behaftet.
2.400
1.312
Das Ende des Wachstums naht – aber
nicht in Afrika und dem Nahen Osten
2050
Einwohnerzahl in Europa, EU, Afrika und dem Nahen
Osten, in Millionen
(Datenquelle: UNDP 2012 Revision)
Das Wachstum bedeutet für die betroffenen
Länder eine große Herausforderung, müssen
sie doch für die immer stärker besetzten
Nachwuchskohorten eine Versorgungsinfrastruktur bereit stellen, Schulen und Krankenhäuser bauen, Lehrer und medizinisches
Personal ausbilden. Die hier betrachteten
Regionen müssen damit rechnen, dass sie
2050 über eine Milliarde Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu versorgen haben.
Hinzu kommt ein spezifisches Problem des
Nahen Ostens und Afrikas: Weil in der Mehrzahl der betrachteten Länder die Kinderzahlen in den 1990er Jahren zu sinken begannen
(wenngleich nicht so stark wie in Asien), sind
die letzten besonders geburtenstarken Jahrgänge heute im jungen Erwachsenenalter. Sie
bilden einen so genannten Jugendüberhang
oder Youth Bulge. Wenn sie, insbesondere
die jungen Männer unter ihnen, keinen
adäquaten Platz in der Gesellschaft finden,
wenn sie weder die Chance auf eine auskömmliche Beschäftigung haben noch ihre
Lebenslage durch Auswanderung verbessern
können, steigt die Gefahr sozialer Unruhen
und bewaffneter Konflikte.10,11
Als konfliktträchtig gelten Gesellschaften
mit einem Anteil von mindestens 25 Prozent
15- bis 24-Jähriger an der erwachsenen Bevölkerung.12 Nur wenige Länder der Region
fallen nicht in diese Kategorie, darunter
Tunesien, Algerien, Marokko, Saudi-Arabien
und die Vereinigten Arabischen Emirate. Alle
anderen liegen zum Teil erheblich darüber.
Den größten Jugendüberhang von 35 Prozent
und mehr weisen derzeit Länder wie Burkina
Brisanter Jugendüberhang
Viele junge Menschen sind ein Segen für die Volkswirtschaft – wenn sie alle eine angemessene Beschäftigung
finden können. Gelingt das nicht, ist die Gefahr groß, dass der Jugendüberhang zu bewaffneten Konflikten
führt. Ein Anteil der 15- bis 24-Jährigen an der erwachsenen Bevölkerung von 25 Prozent und mehr gilt in dieser
Hinsicht als besonders riskant.
Prozent
40
E
35
D
30
D
25
20
15
10
5
0
Uganda
Tschad
Somalia
Jemen
Angola
Äthiopien
Burkina Faso
Palästinensische Autonomiegebiete
Mali
Demokratische Republik Kongo
Niger
Ruanda
Südsudan
Elfenbeinküste
Nigeria
Zentralafrikansiche Republik
Sudan
Eritrea
Irak
Ghana
Syrien
Jordanien
Ägypten
Oman
Marokko
Libyen
Libanon
Algerien
Westsahara
Saudi-Arabien
Iran
Israel
Tunesien
Kuwait
Bahrain
Vereinigte Arabische Emirate
Katar
Die so genannte Kinderabhängigkeitsrate
beschreibt, wie viele Personen unter 15
Jahren der Erwerbsbevölkerung von 15 bis
64 Jahren gegenüberstehen. In den meisten
erfolgreichen Schwellenländern Asiens und
Lateinamerikas hat sich die Zahl der Kinder
unter 15 Jahren im Vergleich zu den Personen im Erwerbsalter seit den 1980er Jahren
etwa halbiert. Dort kommen nur noch 25 bis
40 Kinder auf 100 Personen zwischen 15
und 64. Fast überall in West-, Zentral- und
Ostafrika sind es noch etwa 75 Kinder. Nur in
den nordafrikanischen und einigen NahostStaaten ist der Kinderanteil bisher deutlich
gesunken. Afrika südlich der Sahara hat sich
damit weitgehend von der globalen demografischen Entwicklung abgekoppelt.
Anteil der 15- bis 24-Jährigen an der Bevölkerung über 15 Jahren, im Jahr 2015 (Projektion), in Prozent
(Datenquelle: UNPD 2012 Revision)
Faso, Tschad, Somalia, Nigeria, die Palästinensischen Autonomiegebiete oder Jemen
auf. Staaten also, die sich auch ohne größere
statistische Analysen als hochgefährdet für
gewaltsame Konflikte einstufen lassen. Weltweit betrachtet liegen die meisten Staaten
mit Youth-Bulge-Gefahrenpotenzial in Afrika
und dem Nahen Osten.
Die 15- bis 24-Jährigen sind auch diejenigen, die neu auf den Arbeitsmarkt drängen.
Nirgendwo auf der Welt ist diese Gruppe
in der jüngeren Vergangenheit schneller
gewachsen als in Afrika. Nach Angaben der
Weltbank leben in Afrika 200 Millionen Menschen dieser Altersgruppe. Sie stellen annähernd 40 Prozent der Erwerbsbevölkerung
und fast 60 Prozent der Arbeitslosen.13
Allerdings müssen Jugendüberhänge nicht
zwangsläufig zu Konflikten führen. Denn
theoretisch stellen die überproportional vielen jungen Menschen auch einen demografischen Bonus dar, der sich volkswirtschaftlich
nutzen lässt. Damit sich der Bonus in eine demografische Dividende verwandelt, müssen
die vielen Erwerbsfähigen produktiv werden
können. Dazu brauchen sie eine gute Gesundheit, Bildung und Arbeitsplätze. Auf diesem
Weg haben die asiatischen Tigerstaaten
ihren eigenen Jugendüberhang in den 1980er
und 1990er Jahren erfolgreich entschärft.
Das hohe Wirtschaftswachstum in Ost- und
Südostasien ist zu rund einem Drittel auf die
optimale Nutzung des demografischen Bonus
zurückzuführen.14
Berlin-Institut 9
Damit dies auch in Afrika und dem Nahen
Osten gelingt, müssten die wirtschaftlichen,
sozialen und politischen Institutionen der
betroffenen Länder nach dem Vorbild der
Tigerstaaten massiv in ihre Gesundheits- und
Bildungssysteme investieren und für die
junge Bevölkerung produktive Arbeitsplätze
schaffen.15 Das dürfte allein schon aufgrund
der aktuell schlechten Bildungswerte in vielen Ländern schwer werden. In Mali gehen 27
Prozent der Kinder im Grundschulalter überhaupt nicht in die Schule. Im Jemen sind es 13
Prozent, in Ghana 18 und in Eritrea sogar 66
Prozent.16 Der Bildungsmangel wirkt sich zudem verstärkend auf das Bevölkerungswachstum aus, denn Frauen ohne oder mit lediglich
Grundschulbildung bekommen in all diesen
Ländern deutlich mehr Kinder als Frauen mit
mindestens Sekundarbildung.17,18,19, 20 Dort,
wo sich die Bildungswerte bereits verbessert
haben, wie in Ägypten oder Saudi-Arabien,
ist das Bildungssystem meist auf Jobs im
öffentlichen Sektor ausgerichtet und nicht
auf Qualifikation in neuen Technologien, die
globalisierte Unternehmen sich von ihren
Arbeitnehmern wünschen. Junge Menschen
mit höheren Bildungsabschlüssen sind in
diesen Ländern häufig falsch qualifiziert oder
sie finden keine adäquate Beschäftigung auf
dem schwachen Arbeitsmarkt.21
In vielen Ländern der betrachteten Regionen
hat sich aufgrund anhaltend hoher Nachwuchszahlen bis heute noch nicht einmal ein
demografischer Bonus herausgebildet. Iran,
Libanon, Tunesien, Algerien und Ägypten
hätten derzeit von der Bevölkerungsstruktur her die besten Voraussetzungen, ihren
demografischen Bonus in eine Dividende zu
verwandeln, aber dies gelingt bestenfalls in
Ansätzen.22 Der wirtschaftliche Aufschwung
Afrikas und des Nahen Ostens, den Analysten
immer wieder beschwören23, könnte deshalb
sehr viel schwächer ausfallen als erwartet.24
Die Zahl der Menschen im Erwerbsalter
von 15 bis 64 Jahren dürfte sich in den
betrachteten Regionen von heute 770 Millionen bis 2050 auf 1,7 Milliarden erhöhen.
Demgegenüber hat der wirtschaftliche Aufschwung, der sich zumindest in den hohen
Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts
Afrikas widerspiegelt, in den letzten zehn
Jahren gerade für 37 Millionen neue bezahlte
Arbeitsplätze gesorgt.25
Regionale Unterschiede
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle
betrachteten Regionen ein nicht nachhaltiges
Bevölkerungswachstum aufweisen, denn
die wenigsten Länder schaffen es, ihren
nachwachsenden Generationen Chancen auf
ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen. Die
Regionen unterscheiden sich allerdings im
Ausmaß ihrer demografischen Probleme.
Nordafrika ist im demografischen Übergang
am weitesten fortgeschritten. Die Fertilitätsrate liegt zwischen 2 und 3 Kindern je Frau,
nur im Sudan mit 5,2 deutlich darüber. Der
Anteil der Jugendlichen an der Bevölkerung
ab 15 Jahren liegt nur in Ägypten (26 Prozent)
und im Sudan (34 Prozent) noch über dem
als kritisch eingestuften Wert von 25 Prozent.
Die Bevölkerung dürfte bis 2050 um etwa
49 Prozent wachsen, danach aber nur noch
geringfügig. Aufgrund der Bevölkerungsgröße besitzt Ägypten mit seinen 85 Millionen
Einwohnern das größte Migrationspotenzial.
West- wie auch Zentralafrika verzeichnen
die höchsten Fertilitäts-und Wachstumsraten
mit durchschnittlichen Kinderzahlen je Frau
von bis zu 7,6 (Niger). Auch der Jugendüberhang ist in diesen Regionen am höchsten; der
Anteil der Jugendlichen an der erwachsenen
10 Krise an Europas Südgrenze
Bevölkerung erreicht in Tschad 39 und in
Burkina Faso 37 Prozent. Die beiden bevölkerungsreichsten Länder dieser Regionen,
Nigeria (180 Millionen) und die DRC (71
Millionen), haben heute zusammen halb so
viele Einwohner wie die EU-28, laufen aber
bis 2050 auf rund 600 Millionen zu. Bis
2050 dürften in West- und Zentralafrika zusammen über 1,1 Milliarden Menschen leben.
Ostafrika wächst aufgrund leicht niedrigerer Fertilitätsraten etwas langsamer als
West- und Zentralafrika. Unter den großen
Ländern weist Uganda mit durchschnittlich
5,9 Kindern je Frau noch eine sehr hohe
Fertilitätsrate auf; in Kenia, Tansania und
Äthiopien ist sie bereits unter fünf gefallen.
Entsprechend hoch ist der Jugendübergang,
mit Jugendanteilen von 37 Prozent in Äthiopien und 39 Prozent in Uganda. Bis 2050 ist
zu erwarten, dass dann neben Äthiopien auch
Tansania mehr Einwohner haben wird als
das bis dahin bevölkerungsstärkste EU-Land
Großbritannien (80 Millionen).
Im Nahen Osten stellt sich die demografische Lage sehr uneinheitlich dar. Während
die durchschnittlichen Kinderzahlen in
Jemen, Irak und den Palästinensischen Autonomiegebieten bei knapp über 4 liegen,
sprechen sie in Libanon (1,5), Iran (1,8) und
den Vereinigten Arabischen Emiraten (1,8) für
eine sozioökonomisch recht weit entwickelte
Gesellschaft. Dennoch dürfte die Region aufgrund ihrer jungen Bevölkerungsstruktur bis
2050 weiter um 54 Prozent wachsen, danach
aber kaum noch. Das stärkste Wachstum
verzeichnen derzeit Irak, die Palästinensischen Autonomiegebiete und Jemen, wo sich
die Bevölkerung bis 2050 jeweils verdoppeln
dürfte.
2
DIE MIGRATION BEGINNT
Was ist über den Umfang der heutigen
Zuwanderung aus Afrika und dem
Nahen Osten nach Europa bekannt?
Verglichen mit der Gesamtzahl der Zugewanderten leben in Deutschland bis dato nur
wenige Personen aus Afrika und dem Nahen
Osten. Von den rund 16 Millionen Menschen
mit Migrationshintergrund, also den Personen, die entweder direkt zugewandert
sind oder zumindest einen zugewanderten
Elternteil haben, stammen 533.000 Personen beziehungsweise 3,4 Prozent aus Afrika
und schätzungsweise 450.000 Personen
oder 2,9 Prozent aus dem Nahen Osten.26 Die
allermeisten Migranten in Deutschland haben
ihre Herkunft in der Türkei, in EU-Ländern
und weiteren Ländern der ehemaligen
Sowjetunion.27
Unstete Wanderungsströme
Ägypten
Tausend
Ziel Europa
Auf europäischer Ebene stellt sich das Bild
anders dar. Weil die beiden großen EU-Länder Frankreich und Großbritannien aus historischen Gründen andere Zuwanderungs-Netzwerke haben als Deutschland, liegen dort die
Anteile von Migranten aus dem Nahen Osten
Marokko
Iran
Tausend
8
7
Nigeria
Tausend
80
8
70
7
60
6
50
5
40
6
1
–10
0
–20
–1
–30
–2
–40
0
2013
2005
2013
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
5
4
3
1
0
2
Tausend
2
10
3
Syrien
6
3
20
4
Tausend
4
30
5
2005
49 Prozent mehr als 2012. Die Zahl der Zuwanderer aus Syrien stieg am stärksten und
beläuft sich auf 133 Prozent gegenüber dem
Vorjahr.29 Nur ein geringer Teil der Zuwanderung aus diesen beiden Regionen erfolgte
im Rahmen einer geregelten Migration, etwa
über die Blaue Karte Europa oder über eine
Familienzusammenführung. Die Migration
ist zu einem großen Teil auf Flüchtlinge und
Asylsuchende zurückzuführen.
Innerhalb der jüngsten Welle zeichnet sich
allerdings trotz der niedrigen Gesamtzahlen
eine stark zunehmende Migration aus dem
Nahen Osten und Afrika ab: So stieg die Zahl
der nach Deutschland zugewanderten Afrikaner 2013 im Vergleich zu 2012 im Saldo um
125 Prozent. Aus dem Nahen Osten waren es
9
Die Wanderungen aus
Afrika und dem Nahen
Osten nach Europa sind
von kurzfristigen Einflüssen geprägt. So hat
Spanien zu Zeiten seines
Wirtschaftsbooms viele
Marokkaner als Arbeitskräfte angeworben. Die
starke Zuwanderung aus
Syrien nach Deutschland
erklärt sich vor allem
über Flüchtlinge und
Asylsuchende.
Deutschland
Spanien
Italien
Auch die vergleichsweise starke Zuwanderung nach Deutschland in der jüngeren Vergangenheit rekrutiert sich überwiegend aus
Europa: 2013 stammten von den im Saldo zugewanderten 459.000 Personen nichtdeutscher Staatsbürgerschaft rund 75 Prozent aus
Europa, vor allem aus Polen, Rumänien und
Italien. 30.100 kamen aus Afrika, die meisten von ihnen aus Ägypten (3.600), Somalia
(3.600) und Libyen (2.700). Aus dem Nahen
Osten waren es 29.000, insbesondere aus
Syrien (16.700) und Iran (5.400).28
2
1
0
–3
2005
2013
2005
2013
2005
2013
Gesamtwanderungssaldo von Deutschland, Spanien und Italien mit ausgewählten Ländern, in Tausend
(Datenquellen: Eurostat, Destatis, INE, Istat)
Berlin-Institut 11
und Afrika deutlich höher. In Frankreich
leben rund 1,6 Millionen Staatsbürger afrikanischer Länder, vor allem aus den MaghrebStaaten und Senegal. Sie machen zusammen
40 Prozent der ausländischen Bevölkerung
aus.30 Aufgrund der Kolonialgeschichte
und der liberalen Einbürgerungspraxis in
Frankreich liegt der Anteil der Personen mit
afrikanischem Migrationshintergrund Schätzungen zufolge bei rund 2,4 Millionen.31 Auch
in Frankreich hat sich die Zuwanderung aus
afrikanischen Ländern in den vergangenen
Jahren deutlich erhöht. Ähnliches gilt für
Großbritannien, wobei dort die Zuwanderer
vor allem aus den englischsprachigen Ländern im Osten und Süden Afrikas stammen.
Eine relativ junge Zuwanderungsgeschichte
aus Afrika haben Spanien und Italien. Weil
Spanien in der Boomzeit vor der Wirtschaftskrise im Jahr 2007 sehr viele reguläre und
irreguläre Arbeitsmigranten aus Nordafrika
(überwiegend aus Marokko) angelockt hatte,
war die Zahl der dort lebenden Afrikaner
zwischen 1995 und 2007 von 79.000 auf
820.000 angestiegen.32 Mittlerweile ist der
Migrationssaldo der afrikanischen Staatsbürger deutlich negativ.33 Wohin diese Afrikaner
gegangen sind, ist nicht bekannt. Es ist aber
davon auszugehen, dass nur ein kleiner Teil
in die alte Heimat zurückgekehrt ist und der
größere Teil sich den arbeitsmarktbedingten
Migrationsströmen in andere EU-Länder, vor
allem nach Deutschland, angeschlossen hat.
Italien ist weniger aus wirtschaftlichen
Gründen zu einem Zuwanderungsland für
Afrikaner geworden als vielmehr wegen der
Nähe der zu Sizilien gehörenden Pelagischen
Inseln, vor allem Lampedusa. Hier spielen
die Bootsflüchtlinge eine wichtige Rolle. Der
Migrationssaldo von Personen aus afrikanischen Staaten nach Italien stieg zwischen
2000 und 2011 von 45.500 auf 60.300
jährlich.34 Offiziell lebten in Italien 2013 rund
926.000 Staatsbürger afrikanischer Länder,
also wie auch in Spanien deutlich mehr als in
Deutschland.
12 Krise an Europas Südgrenze
Naher Osten
Belgien
Deutschland
Griechenland
Spanien
Frankreich
Italien
Niederlande
Portugal
Großbritannien
Afrika gesamt
Belgien
Deutschland
Griechenland
Spanien
Frankreich
Italien
Niederlande
Portugal
Großbritannien
Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit
1998
2001
2005
–
5.411
–
–
269.937
234.149
12.623
16.252
–
–
–
–
–
–
32.548
–
–
19.482
–
14.146
9.918
1.215
1.274
–
–
–
–
1998
171.124
305.595
12.977
142.816
–
–
175.450
82.467
–
2001
149.863
299.255
–
267.967
–
–
139.627
103.055
398.329
2005
–
276.973
–
644.722
1.510.460
641.755
119.908
–
–
2009
11.974
–
–
10.860
–
22.511
–
440
–
2013
22.919
266.095
–
11.981
–
23.931
14.222
822
–
2009
147.105
285.146
–
1.012.550
–
871.126
99.309
127.475
–
2013
191.542
307.415
–
1.039.056
–
925.953
80.061
102.389
–
Ausländische Bevölkerung nach Herkunftsgebiet in ausgewählten EU Ländern
Nicht verfügbar: –
(Datenquelle: Eurostat, eigene Berechnungen)
Zwangsläufig irregulär
Ein erheblicher Teil der Migration aus Afrika
und dem Nahen Osten ist irregulär: Viele Migranten sind ohne gültige Dokumente unterwegs, sie überqueren Landesgrenzen illegal,
sind Opfer von Menschenhändlern und/oder
sie verlassen sich auf kriminelle Menschenschmuggler.35 Offizielle Zuwanderungszahlen
zeichnen deshalb ein unvollständiges Bild der
wirklichen Situation. Um eine Vorstellung von
den tatsächlichen Migrations- und Flüchtlingsströmen zu bekommen, kann man nur
versuchen, sich aus verschiedenen (jeweils
lückenhaften) Quellen näherungsweise einen
Überblick zu verschaffen. Dazu zählen die
Zahl der an den Grenzen aufgegriffenen Migranten ohne gültige Papiere und der Illegalen,
die innerhalb der EU registriert werden, die
Zahl der Asylgesuche sowie Schätzungen
aufgrund von Kriminalitätsstatistiken.36 Die
meisten Statistiken weisen darauf hin, dass
sich der Migrationsdruck auf die Außengrenzen der EU in jüngster Vergangenheit deutlich
erhöht hat.
So wurden beispielsweise 2013 in Italien
43.000 Personen registriert, die versucht
hatten, die Küste zu erreichen – oft in seeuntüchtigen und überfüllten Booten. Das
waren fast doppelt so viele wie im Mittel der
sieben Jahre zuvor.37 Insgesamt wird die Zahl
der irregulären Grenzüberschreitungen in die
EU 2013 auf 107.365 beziffert – 48 Prozent
mehr als im Vorjahr.38
Für die irreguläre Zuwanderung existieren verschiedene Kanäle, die meist nicht
dauerhaft sind. Sie finden sich stets an den
schwächsten Stellen der Schengen- beziehungsweise der EU-Außengrenzen, die aber,
sobald sie erkannt sind, in der Folge besser
gesichert werden. So gab es lange Zeit eine
hohe irreguläre Migration über die Grenze
zwischen der Türkei und Griechenland. Nach
der Verstärkung der Grenzsicherung durch
die europäische Grenzschutzagentur Frontex
verlagerte sie sich teilweise auf die Grenze
zwischen der Türkei und Bulgarien – bis
Frontex auch dort die Sicherung verstärkte.39
Dafür hat sich 2013 die Zahl der Aufgriffe
an der so genannten Westbalkan-Route, die
über die serbisch-ungarische Grenze verläuft,
gegenüber dem Vorjahr auf 19.500 mehr
Tausend
Im Spiegelbild der Krisen
160
Nicht alle Länder, aus denen irreguläre Zuwanderer kommen, sind auch Länder, deren
Sicherheitslage es wahrscheinlich macht, dass
den Immigranten in EU-Staaten politisches
Asyl gewährt wird. So waren die Menschen,
die 2011 nach Ausbruch des Arabischen
Frühlings in Italien aufgegriffen wurden, überwiegend Tunesier, die kaum eine Chance auf
Asyl hatten. Die im Jahr 2013 Aufgegriffenen
stammten dann überwiegend aus Syrien,
Eritrea und Afghanistan, also aus Ländern mit
massiven Menschenrechtsverstößen. Dass
sich diese Menschen eher eine Anerkennung
als Asylbewerber versprechen, zeigen ebenfalls die jüngsten Zahlen: Wie das Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge im August 2014
vermeldete, war die Zahl der Asylanträge im
120
Wie stark Krisen in Afrika und dem
Nahen Osten den Migrationsdruck auf
Europa beeinflussen, ist am Anstieg
der Asylverfahren innerhalb nur eines
Jahres sichtbar. Asylbewerber zieht es
dabei vor allem in Staaten mit guter
Wirtschaftslage wie Deutschland und
in Länder, in denen sie eine hohe
Anerkennungsquote erwarten können
– etwa Schweden. Weil für Griechenland beides nicht zutrifft und weil es
dort praktisch keine funktionierenden
Asylverfahren gibt, sinken dort die
Asylbewerberzahlen, obwohl das
Land an der Außengrenze der EU liegt.
+66%
150
140
130
110
100
90
80
70
60
50
+38%
40
+53%
+45%
30
+123%
20
+64%
10
Schweden
Italien
Großbritannien
Mit dem Ende des Kalten Krieges erfuhr vor allem Deutschland einen massiven Anstieg von Asylbewerbern.
Insbesondere der Rückgang der weltweiten Krisen und weniger das verschärfte Asylrecht in den meisten
EU-Ländern ließen die Zahlen im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts deutlich sinken. Mit dem Arabischen
Frühling, der sich schnell in ein arabisches Chaos verwandelte, stiegen sie dann wieder deutlich an.
Frankreich
0
Spanien
Bald wie nach dem Kalten Krieg?
Mai 2013
Mai 2014
–15%
Griechenland
Vermutlich werden 2014 noch mehr Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika den
Weg nach Europa suchen als nach dem Ausbruch der Arabellion 2011: Von November
2013 bis Februar 2014 zeigte sich bereits
ein Anstieg von 96 Prozent gegenüber dem
entsprechenden Vorjahresquartal.42 In der
ersten Hälfte des Jahres 2014 kamen dann
mehr als 75.000 Flüchtlinge und Migranten
über das Mittelmeer, knapp 80 Prozent davon nach Italien. Weitere 21.000 Ankünfte
verzeichnete Italien allein in den ersten drei
Juliwochen. Die meisten dieser Menschen
stammten aus Eritrea, Syrien oder Mali und
hatten sich überwiegend über das zunehmend
instabile Libyen auf die gefährliche Reise nach
Europa gemacht. Mehr als 800 Menschen kamen dabei bis einschließlich Juli ums Leben.43
Deutschland
als verdoppelt.40 2013 gab es die meisten
Aufgriffe irregulärer Migranten in Italien und
Malta (40.304), an den Grenzen Bulgariens
und Griechenlands zur Türkei (24.799), an
der griechischen Grenze zu Albanien (8.728)
und an der spanischen Mittelmeerküste
(6.838).41 Trotz des Anstiegs lagen die Zahlen
noch unter dem Wert von 2011 (141.051), als
die Protestbewegungen im Rahmen des „Arabischen Frühlings“ ihren Höhepunkt hatten.
Personen mit anhängigen Asylverfahren am Monatsende, Mai 2013 und Mai 2014, in Tausend
(Datenquelle: Eurostat)
Tausend
450
400
Europäische Union
(28 Länder)
350
Europäische Union
(27 Länder)
300
250
Deutschland
200
Großbritannien
Frankreich
Schweden
Italien
1 50
100
Zahl der Asylbewerber, 1990 bis 2014, in Tausend
(Datenquelle: Eurostat)
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
0
2014 *
50
* Daten für 2014 sind Hochrechnungen ausgehend von
den ersten sechs Monaten, Stand September 2014.
Juli gegenüber dem Vorjahresmonat (Juni
2013) um 76 Prozent gestiegen. Die Mehrzahl
der Asylsuchenden stammte aus Syrien. Ihre
Zahl hat sich in den ersten sieben Monaten
des Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum
verdreifacht. Die Zahl der Iraker hatte sich
fast verdoppelt und den größten Zuwachs
gab es bei den Eritreern: Eine Verdreizehnfachung auf 5.949 Asylanträge gegenüber
den ersten sieben Monaten des Vorjahres.44
In der Prognose für das ganze Jahr könnte die
Gesamtzahl der Anträge auf über 200.000
steigen. Das wären mehr als im Jahr 1993, als
die Jugoslawienkriege Hunderttausende zur
Flucht zwangen.
Berlin-Institut 13
3
WARUM SIE KOMMEN
Welche Faktoren fördern die Migration
aus Afrika und dem Nahen Osten? Und
wie verändern sie sich künftig?
Im Nahen Osten und in Afrika deutet die demografische Entwicklung auf ein wachsendes
Migrationspotenzial hin. Aber Bevölkerungswachstum allein scheint keine Erklärung für
hohe Wanderungszahlen zu sein. Die steigenden Zahlen der jüngeren Vergangenheit
gehen vor allem auf Länder zurück, in denen
massive Menschenrechtsverletzungen, politische Unruhen, Bürgerkriege und zwischenstaatliche Konflikte vorherrschen.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang
der in jüngster Zeit zu beobachtende Anstieg
von Flüchtlingen und Migranten aus Eritrea.
Das Land hat mit 6,5 Millionen Einwohnern
eine recht kleine Bevölkerung. Eritrea ist einer der ärmsten, am meisten abgeschotteten
und politisch repressivsten Staaten der Welt
– eine Art Nordkorea in Afrika. Entsprechend
können die meisten Eritreer darauf hoffen,
Asyl zu erhalten, wenn sie es auf Umwegen in
ein EU-Land oder in die USA schaffen.45
Anfang 2013 lebten etwa 300.000 Eritreer
in Sudan, Äthiopien, Israel oder Europa. Es
wird geschätzt, dass jährlich 60.000 Eritreer
ihrem Land entfliehen, also rund ein Prozent
der Bevölkerung. Lange Zeit war Israel für sie
ein bevorzugtes Ziel, unter anderem weil in
Eritrea eine Minderheit jüdischen Glaubens
lebt. Zwischen 2006 und 2011 schafften es
schätzungsweise 40.000 Eritreer auf dem
Weg über Sudan und den ägyptischen Sinai
14 Krise an Europas Südgrenze
nach Israel. Doch dann begann die israelische Regierung die Grenzen zu schließen,
baute an der ägyptischen Grenze ein Lager
und ließ eritreische Flüchtlinge ins Ausland
zurückschaffen. Die Eritreer suchten daraufhin andere Wege in die Freiheit – neben
dem Sudan unter anderem über Libyen, von
wo sich seither Tausende auf den Weg nach
Europa machen.46
Komplexes Zusammenspiel migrationsfördernder Faktoren
Das Beispiel Eritrea veranschaulicht, wie
vielschichtig Ursachen, Wege und Ziele von
Migration sein können – aber auch, wie
schwer es ist, künftige Migrationsströme
vorherzusagen. Wanderungen sind der mit
Abstand schwierigste Teil demografischer
Projektionen. Anders als die beiden weiteren
demografischen Einflussgrößen, Fertilität und Mortalität, sind die Ursachen für
Migration extrem volatil.
Wie kompliziert es ist, Migrationsvorhersagen zu treffen, wissen auch die Vereinten
Nationen. In ihrer jüngsten Vorschau zur Entwicklung der Weltbevölkerung aus dem Jahr
2012 ziehen sie für ihre Wanderungsprognose Informationen über den zurückliegenden
Verlauf von internationaler Arbeitsmigration
und Flüchtlingsströmen zu Rate. Weil die
Zeit vor 2012 allerdings eine vergleichsweise
wanderungsarme Periode war und sich auch
die Ereignisse um den Arabischen Frühling
noch nicht in den verwendeten Daten widerspiegeln, liefert die Prognose nach heutiger
Erkenntnis geradezu absurde Ergebnisse. Die
Vereinten Nationen kommen nämlich zu dem
Ergebnis, dass die Wanderungszahlen aus
den in der vorliegenden Untersuchung betrachteten Ländern immer weiter sinken und
bis zum Jahr 2100 gegen Null gehen werden.
Dieses Szenario sei „sehr unwahrscheinlich“,
schreiben die Vereinten Nationen selbstkritisch, aber mit der verwendeten Methodik
nicht besser zu erstellen.47
Generell werden in der Literatur verschiedene Gründe beschrieben, die eine Wanderung
beziehungsweise Flucht begünstigen:
1 Demografische Faktoren
Auch wenn demografische Faktoren nicht die
Hauptursache für Migration sind, so haben
sie dennoch einen Einfluss darauf. Das liegt
allein schon daran, dass Länder mit hoher
Fertilität und starkem Bevölkerungswachstum in ihrem sozioökonomischen Entwicklungsstand weit zurückliegen und dadurch
ein hohes Wohlstandgefälle zu den Industrienationen der EU besteht. Wie in Kapitel 1
dargestellt, bedeutet hohes Bevölkerungswachstum immer größer werdende Jahrgänge
von Kindern und Jugendlichen, die für ihre
Bildung und Gesundheit eine angemessene
Infrastruktur und später vor allem Arbeitsplätze für ihre Zukunftssicherung benötigen.
All dies ist in wenig entwickelten Ländern
schwer und unter hohem Bevölkerungswachstum noch schwerer zu gewährleisten.
Dort konkurrieren notgedrungen immer mehr
Menschen um begrenzte Mittel, was die Gefahr von Verteilungskonflikten erhöht.
Die Fertilitätsraten sind in Afrika und dem
Nahen Osten regional betrachtet in den am
wenigsten entwickelten ländlichen Gebieten
am höchsten und liegen dort deutlich über
jenen in Städten. Dennoch steigt der Anteil
der Bevölkerung, der in Städten lebt: Weil fast
überall das Ackerland knapp wird und selbst
für Subsistenzbauern nicht genug Möglichkeiten zur Existenzsicherung vorhanden sind,
ziehen die Menschen verstärkt in die urbanen
Zentren. Mit der Urbanisierung geht ein sozioökonomischer Wandel einher. Zum einen steigen die Zahlen der Slumbewohner und der
informell Beschäftigten. Zum anderen bieten
Städte gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten. Städter haben nicht nur weniger Kinder
als Landbewohner, sie sind im Schnitt auch
besser gebildet, erzielen höhere Einkommen
China
– 72
– 14
Ukraine
– 14
Deutschland
– 10
Thailand
Polen
–6
Rumänien
–5
–3
Serbien
–3
Kuba
Die demografische Entwicklung für die
kommenden zwei bis drei Jahrzehnte ist
weitgehend vorgegeben. Denn die meisten
Menschen, die dann leben werden, sind
heute schon geboren und es ist bekannt, wie
viele Frauen ins fertile Alter hineinwachsen.
Längerfristig hängt die demografische Entwicklung massiv von der sozioökonomischen
Entwicklung der einzelnen Länder ab: Fertilitätsraten sinken mit rückläufiger Kindersterblichkeit, mit wachsendem Bildungsgrad,
mit mehr Wohlstand und einer verbesserten
Gleichstellung der Geschlechter – unter guten
Bedingungen deutlich und schnell.48
Während der demografische Wandel in Europa und
Ostasien schon so weit fortgeschritten ist, dass dort
einzelne Bevölkerungen zu schrumpfen beginnen,
hält das Wachstum vor allem in Afrika weiter an.
Unter den zehn Ländern mit dem größten Bevölkerungszuwachs bis 2060 finden sich fünf afrikanische
und vier asiatische Staaten, aber mit den USA nur ein
Industrieland. Zwischen Europa und Afrika liegen
somit auf kurzer geografischer Distanz die größten
demografischen Unterschiede.
Japan
– 25
Weitere Aussichten
Demografische Spaltung
Russland
– 28
und haben besseren Zugang zu Informationen. Deshalb haben Stadtbewohner eher als
Menschen auf dem Land die Mittel und das
Wissen, eine Auswanderung zu finanzieren
und zu planen. Urbanisierung fördert somit
die Migrationsbereitschaft.
Niger
75
Indonesien
76
In einigen Ländern Nordafrikas und des
Nahen Ostens wie Tunesien, Marokko oder
Iran ist diese Entwicklung zwar eingeleitet und die Frauen bekommen im Schnitt
weniger Kinder, aber die entsprechende
wirtschaftliche Entwicklung hat bisher nicht
stattgefunden, weshalb das Abwanderungspotenzial hoch bleibt. In anderen Ländern
des Nahen Ostens, etwa in Jemen, Irak oder
den Palästinensischen Autonomiegebieten,
liegen die Fertilitätsraten noch auf relativ
hohem Niveau. Die sozioökonomische Entwicklung bietet wenige Anreize für geringere
Familiengrößen. Die allermeisten Länder in
West-, Zentral- und Ostafrika haben noch
sehr hohe Fertilitätsraten. In einigen ist der
einmal begonnene Fertilitätsrückgang sogar
zum Erliegen gekommen.
Das hohe Bevölkerungswachstum auch in
den strukturschwachen ländlichen Gebieten
befördert die Binnenmigration in die Städte.
In Afrika leben bis heute erst 40 Prozent aller
Einwohner in Städten, doch weil die Urbanisierung hier besonders schnell voranschreitet, dürften es bis 2050 nach Schätzungen
der Vereinten Nationen schon 56 Prozent
sein. Allein für Nigeria werden bis zu diesem
Datum 212 Millionen zusätzliche Stadtbewohner vorausgesagt. 2014 hatte Afrika drei
Städte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern:
Kairo, Lagos und Kinshasa. Für 2030 sind
bereits sechs Städte dieser Größenordnung
zu erwarten.49
89
Uganda
USA
98
Pakistan
98
109
Tansania
Äthiopien
114
Dem. Republik Kongo
114
Zu- und Abnahme der Bevölkerung 2013 bis 2060,
in Millionen
(Datengrundlage: UNPD)
364
Nigeria
391
Indien
– 50
0
50
100
150
200
250
300
350
400
Berlin-Institut 15
Bevölkerungsentwicklung in Prozent,
2013 bis 2060
Nur Entwicklung kann das Wachstum bremsen
Bevölkerungswachstum korreliert stark mit dem sozioökonomischen Entwicklungsstand eines Landes. Armut
und Bildungsmangel führen zu hohen Kinderzahlen. Am stärksten wächst die Weltbevölkerung in den am
wenigsten entwickelten afrikanischen Ländern südlich der Sahara.
unter 0
0 bis unter 50
50 bis unter 100
100 bis unter 150
150 und mehr
(Datengrundlage: UNPD)
GRÖNLAND
(DÄNEMARK)
ISLAND
USA
SCHWEDEN
FINNLAND
NORWEGEN
KANADA
WEISSRUSSLAND
IRLAND
DEUTSCHLAND
PORTUGAL
USA
SPANIEN
MAROKKO
ALGERIEN
WESTSAHARA
BAHAMAS
MEXIKO
DOMINIKANISCHE
REPUBLIK
KUBA
BELIZE JAMAIKA HAITI
HONDURAS
GUATEMALA
EL SALVADOR NICARAGUA
KAP VERDE
MAURETANIEN
MALI
PUERTO RICO
(USA)
UKRAINE
ECUADOR
SENEGAL
GAMBIA
GUINEABISSAU
GUINEA
KASACHSTAN
MONGOLEI
BULGARIEN GEORGIEN
USBEKISTAN
ITALIEN
ASERKIRGISIEN
ARMENIEN BEIDSCHAN
TURKMENISTAN TADSCHIKISTAN
TÜRKEI
GRIECHENLAND
SYRIEN
CHINA
TUNESIEN
LIBANON
AFGHANISTAN
IRAK
IRAN
ISRAEL
JORDANIEN
KUWAIT
NEPAL BHUTAN
PAKISTAN
LIBYEN
BAHRAIN
INDIEN
ÄGYPTEN
KATAR
SAUDIVEREINIGTE
BANGLADESCH
ARABIEN
ARABISCHE
EMIRATE
INDIEN
MYANMAR
OMAN
LAOS
NIGER
ERITREA
SUDAN
TSCHAD
TRINIDAD UND
PANAMA
TOBAGO
VENEZUELA
GUYANA
SURINAM
FRANZÖSISCH
KOLUMBIEN
GUYANA
PERU
POLEN
UNGARN
RUMÄNIEN
FRANKREICH
COSTA RICA
RUSSLAND
GROSSDÄNEMARK
BRITANNIEN
BURKINA
FASO
BENIN
NIGERIA
JEMEN
JAPAN
VIETNAM
PHILIPPINEN
KAMBODSCHA
ÄTHIOPIEN
SÜDZENTRALAFR. SUDAN
KAMERUN REPUBLIK
DEMOKRATISCHE
REPUBLIK
KONGO
SÜDKOREA
THAILAND
DSCHIBUTI
TOGO
LIBERIA
GHANA ÄQUAT.
SIERRA LEONE
ELFENBEIN- GUINEA
KONGO
GABUN
KÜSTE
NORDKOREA
SRI LANKA
SOMALIA
BRUNEI
MALAYSIA
UGANDA
KENIA
SINGAPUR
RUANDA
BURUNDI
PAPUANEUGUINEA
INDONESIEN
TANSANIA
OSTTIMOR
BRASILIEN
ANGOLA
MALAWI
SAMBIA
BOLIVIEN
MADAGASKAR
SIMBABWE
PARAGUAY
MOSAMBIK
NAMIBIA BOTSUANA
MAURITIUS
RÉUNION
AUSTRALIEN
SWASILAND
CHILE
LESOTHO
ARGENTINIEN
SÜDAFRIKA
URUGUAY
NEUSEELAND
Demografische Faktoren liefern damit zumindest die Grundlage für eine möglicherweise
weiter ansteigende Migration nach Europa.
Der Umfang der Migration hängt aber letztlich von der Entwicklung der anderen migrationsfördernden Faktoren sowie von deren
Zusammenspiel ab, vor allem von der politischen Stabilität und den Arbeitsmärkten.
Diese wiederum können, wie in den vorigen
Kapiteln beschrieben, nachteilig von einem
starken Bevölkerungswachstum beeinflusst
werden.
16 Krise an Europas Südgrenze
2 Wirtschaftliche Faktoren
Das Wohlstandsgefälle zwischen der EU
einerseits und Afrika und dem Nahen Osten
andererseits ist enorm. Selbst die ärmsten
EU-Staaten Bulgarien und Rumänien erwirtschaften pro Kopf ein etwa dreimal höheres
Bruttoinlandsprodukt als Nigeria oder ein
achtmal so hohes wie Senegal. Etwa 60
Prozent der afrikanischen Bevölkerung leben
von weniger als zwei US-Dollar am Tag.50
Auch im Nahen Osten ist die Armut zum Teil
noch sehr groß.
Zwar weisen Afrika und der Nahe Osten
deutlich höhere Wirtschaftswachstumsraten
auf als die EU, nämlich durchschnittlich 4,2
Prozent in den Jahren von 2009 bis 2013,
während es in der EU nur 0,8 Prozent waren.51 Aber dieses Wachstum, das in vielen
Ländern auf dem Export von unverarbeiteten
Rohstoffen beruht, kommt im Allgemeinen
nicht bei der breiten Masse der Bevölkerung
an. Für die meisten dieser Menschen findet
das Wachstum ohnehin auf einer sehr niedrigen Basis statt. Von einer Angleichung der
Lebensverhältnisse an jene in der EU sind sie
noch extrem weit entfernt, wenn sie überhaupt je stattfinden sollte. So müssten die
Durchschnittseinkommen in Äthiopien jedes
Jahr inflationsbereinigt um zehn Prozent
wachsen, damit die Äthiopier im Jahr 2050
auf dem Niveau Deutschlands angekommen
wären, wenn es hierzulande über den ganzen
Zeitraum überhaupt kein Wachstum gäbe.
Selbst ein Aufschließen auf das Niveau
Bulgariens oder Rumäniens würde unter
diesen Voraussetzungen rund zweieinhalb
Jahrzehnte dauern.52
Die durchschnittlichen Bruttonationaleinkommen pro Kopf und Jahr liegen in den
afrikanischen Regionen zwischen 9.600
(Nordafrika) und 1.570 US-Dollar (Ostafrika)
und bei 24.970 US-Dollar im Nahen Osten
(ohne Syrien). Im Vergleich dazu kommen die
EU auf 34.220 und Deutschland auf 44.545
US-Dollar. Die hohen Werte für Nordafrika
und den Nahen Osten beruhen auf hohen
Öleinnahmen, die wenig über die Einkommen
der Bevölkerung aussagen. Für die gleiche
Arbeit – etwa als Busfahrer oder Lehrer –
verdienen die Menschen in Afrika und dem
Nahen Osten, in regionaler Kaufkraft gemessen, nur einen Bruchteil dessen, was in der
EU üblich ist.53
Ein Hauptgrund für die niedrigen Einkommen sind unzureichende Jobangebote für
die wachsende Bevölkerung. Vor allem
Frauen und junge Menschen finden überwiegend im informellen Bereich oder in
landwirtschaftlichen Familienbetrieben eine
Beschäftigung, wo sie nur geringe oder gar
keine Einkommen erzielen. Insgesamt treffen
in den betrachteten Regionen die größten
Jugendüberhänge der Weltgeschichte auf die
höchsten Quoten der Unterbeschäftigung.54
Und weil sich gerade junge Menschen auf der
Suche nach einem besseren Leben für die
Migration entscheiden, fördert die schlechte
Wirtschaftslage die Abwanderung.
Weitere Aussichten
Für 2014 sagt der African Economic Outlook
für Afrika (ohne Südafrika) ein Wachstum
von 6,8 Prozent und damit deutlich mehr als
im globalen Mittel voraus. Am stärksten soll
es in West- und Ostafrika ausfallen.55 Doch
trotz dieser guten Aussichten schaffen es die
Länder des Nahen Ostens und Afrikas nicht,
ausreichend Jobs für die Erwerbsbevölkerung
zu schaffen, geschweige denn für die jungen
Menschen, die jährlich zusätzlich auf den
Arbeitsmarkt drängen. Dies sind in Gesamtafrika zehn bis zwölf Millionen pro Jahr.56
Für die Nahost-Nordafrika-Region (Mena)
beziffert die Weltbank zwischen 2000 und
2020 allein für die Berufseinsteiger einen zusätzlichen Bedarf von 80 Millionen Arbeitsplätzen.57 Besonders gering ist der Zuwachs
an gut bezahlten Arbeitsplätzen. Weil die
Regierungen der beiden betrachteten Regionen ihre aufgeblähten Verwaltungsapparate
zurückfahren und die verbleibenden Stellen
überwiegend von über 30-Jährigen besetzt
sind, finden junge Menschen dort kaum
Einstiegsmöglichkeiten.58
Einkommensgefälle
Zwischen der EU und ihrer südöstlichen
Nachbarschaft herrschen erhebliche
Einkommensunterschiede. Selbst die
ärmsten EU-Staaten Bulgarien und
Rumänien sind im Vergleich zu den
meisten afrikanischen Ländern sehr
reich. Nur dort, wo Öl und Erdgas aus
dem Boden strömen, stehen die Staaten finanziell besser da. Dieser Wohlstand verteilt sich aber nicht unbedingt
auf die ganze Bevölkerung.
Bruttonationaleinkommen pro
Kopf, in kaufkraftbereinigten
US-Dollar, 2013*
unter 1.000
1.000 bis unter 5.000
5.000 bis unter 10.000
10.000 bis unter 15.000
15.000 bis unter 20.000
20.000 bis unter 25.000
25.000 bis unter 30.000
30.000 und mehr
Datenlücke
(Datenquelle: World Bank)
* Länder, bei denen keine Daten für 2013 verfügbar sind,
beziehen sich auf das aktuellste verfügbare Jahr. Trifft zu auf:
Dschibuti, Palästinensische Autonomiegebiete, Libyen, Bahrain,
Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Ungarn, Lettland,
Litauen, Slowakei, Malta, Slowenien, Zypern, Irland, Luxemburg.
Berlin-Institut 17
Da es keine Anzeichen dafür gibt, dass sich
an dieser Lage etwas Grundlegendes ändert
und es auf absehbare Zeit nicht zu einer
Angleichung der Einkommensverhältnisse
kommen kann, gilt bis auf Weiteres die Faustregel: Wenn der Wohlstand nicht zu den Menschen kommt, kommen die Menschen zum
Wohlstand. Der anhaltende Migrationsdruck
dürfte sich sogar kurzfristig noch erhöhen,
weil durch den wirtschaftlichen Aufschwung
in vielen afrikanischen Ländern immer mehr
Menschen die finanziellen Mittel für eine
Auswanderung aufbringen können.59 Das
häufigste Ziel der Migranten ist dabei nicht
Europa, sondern zunächst ein wirtschaftlich
besser aufgestelltes Land in der Nachbarschaft. Über die Hälfte aller Afrikaner, die ihr
Heimatland verlassen haben, sind in einem
anderen afrikanischen Land untergekommen.60 Diese Migrationserfahrung kommt
den Menschen zugute, wenn sie sich später
in einem nächsten Schritt entschließen, ihren
Kontinent Richtung Europa zu verlassen.
Mit Tunesien, Libyen und Marokko, sowie
Libanon und Jordanien finden sich einige
Länder der betrachteten Regionen in der
Kategorie 2 „hohe menschliche Entwicklung“,
wobei die Vereinten Nationen das ölreiche,
aber zunehmend instabile Libyen in ihrem
jüngsten Index aus Kategorie 1 herabgestuft
haben.61
Am augenfälligsten lässt sich die Lebensqualität an der Lebenserwartung ablesen.
Auch hier zeigt sich ein starker Unterschied
zwischen der EU und den betrachteten
Regionen. So währt ein durchschnittliches
Leben in Zentralafrika gerade einmal 52
Jahre, in Nordafrika immerhin 69 Jahre und
im Nahen Osten sogar 73 Jahre. In der EU
aber haben die Menschen noch einmal 7
Jahre mehr vom Leben. Deutlich wird die
unterschiedliche Lebensqualität auch bei der
Kindersterblichkeit: Während in Zentralafrika
von 1.000 Kindern fast 100 ihren fünften
Geburtstag nicht erleben, in Westafrika 66
und in Nordafrika 33, trifft der frühe Tod in
der EU lediglich 4 von 1.000 Kindern.62
3 Faktoren der Lebensqualität
Menschen wandern nicht nur in Richtung
höherer Einkommen, sondern auch dorthin,
wo sie für sich und ihre Kinder bessere
nicht-materielle Lebensbedingungen, also
mehr Sicherheit, funktionierende Gesundheitsdienste oder bessere Bildungschancen
finden. Auf dem Index für menschliche
Entwicklung (HDI) der Vereinten Nationen,
der die Lebensqualität nach Indikatoren aus
den Bereichen Bildung, Gesundheit und Einkommen bemisst, finden sich mit Ausnahme
von Rumänien und Bulgarien sämtliche EUStaaten in der ersten Kategorie „sehr hohe
menschliche Entwicklung“. Von den Ländern
in Afrika und dem Nahen Osten rangieren
nur wenige reiche Ölstaaten wie Katar oder
Saudi-Arabien ebenfalls in Kategorie 1. In der
vierten und untersten Kategorie „niedrige
menschliche Entwicklung“ sind fast ausschließlich afrikanische Staaten vertreten.
18 Krise an Europas Südgrenze
Die gravierenden Unterschiede haben ihre
Ursache in der weit verbreiteten Armut und
den unzureichenden Infrastrukturen. Noch
immer leben Millionen von Menschen ohne
Zugang zu sauberem Trinkwasser oder sanitärer Grundversorgung. Besonders prekär
ist die Lage in Zentralafrika, wo 45 Prozent
der Menschen keinen Zugang zu sauberem
Trinkwasser haben. Nur wenig besser ist
es in West- und Ostafrika mit 32 respektive
40 Prozent.63 Auch in anderen Bereichen
erschwert die mangelnde Infrastruktur das
tägliche Leben der Menschen. Während in
Nordafrika und dem Nahen Osten fast jeder
Haushalt über Elektrizität verfügt, trifft das
in den anderen afrikanischen Regionen nicht
einmal auf jeden dritten zu.64
Ein Blick auf die Erfolge beim Erreichen der
Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) liefert
ein ähnliches Bild: Die Vereinten Nationen
hatten im Jahr 2001 acht Oberziele formuliert, um bis 2015 weltweit die Armut zu
reduzieren, den Hunger zu bekämpfen, den
Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser
und zu Schulen zu gewähren und so weiter.
Viele Länder, vor allem in Asien, haben dabei
enorme Fortschritte gemacht und die Ziele
zum Teil übererfüllt. Aber insgesamt schneiden jene Länder am schlechtesten ab, die in
dieser Phase ein besonders hohes Bevölkerungswachstum hatten. So hat es Mali seit
1990 zwar geschafft, den Anteil derjenigen,
die von 1,25 US-Dollar am Tag leben müssen,
um gut 50 Prozent zu reduzieren. Weil sich
die Bevölkerung im gleichen Zeitraum aber
verdoppelt hat, gibt es in Mali nach wie vor
die gleiche Anzahl von Menschen in absoluter
Armut.
Auch hier zeigt sich, wie Bevölkerungswachstum und Entwicklungsfähigkeit miteinander
zusammenhängen. Armut, Energiearmut,
mangelhafte Gesundheits- und Bildungssysteme hemmen nicht nur die sozioökonomische Entwicklung, sondern sie bewirken
auch anhaltend hohe Nachwuchszahlen.
Erfahrungsgemäß sinken diese erst, wenn
weniger Kinder in jungen Jahren sterben,
wenn sich die ökonomischen Bedingungen
verbessern und die Menschen für sich eine
Perspektive sehen.
Weitere Aussichten
Gemessen an Gesundheitsindikatoren wie
der Kindersterblichkeit und der Lebenserwartung hat sich die Lebensqualität in den
meisten Ländern der betrachteten Regionen
über die letzten Jahre deutlich verbessert.
Das gleiche gilt für die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und mit Elektrizität. Gerade
in den Ländern mit dem stärksten Bevölkerungswachstum bleiben jedoch die Versor-
gungsleistungen trotz gewisser Fortschritte
absolut unzureichend. In Krisenländern,
wo bewaffnete Konflikte oder Bürgerkriege
herrschen, verschlechtern sich die Leistungen
sogar – zum Teil extrem.
Der Effekt zeigt sich in der Platzierung der
einzelnen Länder im Human Development
Index der Vereinten Nationen: Während sich
weltweit die Lebenslage in den meisten Ländern seit dem Erhebungsbeginn der Daten im
Jahr 1980 verbessert hat, machen wiederum
jene Staaten mit dem stärksten Bevölkerungswachstum die geringsten Fortschritte.
Niger, die Zentralafrikanische Republik oder
DRC sind in ihrem Entwicklungsstand sogar
deutlich hinter den Stand von 1980 zurückgefallen.65 Es ist deshalb zu erwarten, dass das
anhaltende Bevölkerungswachstum mancherorts sogar die bereits erreichten Fortschritte
bei den MDGs wieder zunichtemacht.66
Entwicklungsparadies Europa
Nach den Kriterien der menschlichen Entwicklung steht Afrika südlich der Sahara
weltweit mit Abstand am schlechtesten da.
Dort trifft hohes Bevölkerungswachstum
auf unzureichende Bildungs- und Lebensbedingungen und wirtschaftliche Rückständigkeit. Diesen Kreislauf der Armut zu
verlassen, ist bisher nur wenigen Staaten
Afrikas gelungen.
Index der menschlichen Entwicklung
(Human Development Index), 2013
sehr hohe menschliche Entwicklung
hohe menschliche Entwicklung
mittlere menschliche Entwicklung
niedrige menschliche Entwicklung
Datenlücke
(Datenquelle: UNDP)
4 Politische und Sicherheitsfaktoren
Afrika und der Nahe Osten sind die Weltregionen mit dem höchsten Anteil an Autokratien, nicht demokratischen Regierungen
und gescheiterten Staaten. Während sich auf
dem Index der fragilen Staaten (FSI) sämtliche EU-Länder in den Kategorien „stabil“
bis „nachhaltig“ wiederfinden, leuchten für
fast alle Länder der betrachteten Regionen
die roten Signalfarben auf, die für „Warnung“
bis „sehr hoher Alarm“ stehen. Der FSI wird
von dem unabhängigen Forschungsinstitut
Fund for Peace berechnet und berücksichtigt Daten zur Menschenrechtslage, zur
wirtschaftlichen Stabilität, zur ökologischen
Situation, zu Flüchtlingsproblemen – und
ausdrücklich auch zum Bevölkerungswachstum. In der untersten Kategorie sind fünf
Länder gelistet – Sudan, Südsudan, Somalia,
Zentralafrikanische Republik und DRC, die
allesamt ein sehr hohes Bevölkerungswachstum sowie höchst unzureichende politische
Strukturen aufweisen.67
Die Folgen der Instabilität sind, gerade
in den am stärksten betroffenen Staaten,
soziale Unruhen, bewaffnete Konflikte,
Bürgerkriege, Flucht und Vertreibung. Unter
diesen Bedingungen können ganze Staaten
zerfallen, was in der jüngsten Vergangenheit
in Sudan, Irak und Syrien zu beobachten
war. Wie schon vor über 20 Jahren die
Jugoslawien-Kriege gezeigt haben, sind
schwerwiegende politische Konflikte und
Staatszerfall Haupttreiber für irreguläre Migration und für steigende Asylbewerberzahlen
in der EU.68,69 Während zu Friedenszeiten
die Migration aus wirtschaftlichen Gründen
dominiert, überwiegen in Konfliktphasen die
Sicherheitsüberlegungen.70
Weitere Aussichten
Während nach Ende des Kalten Krieges die
Hoffnung auf eine Demokratisierung und
Stabilisierung Afrikas und des Nahen Ostens
keimte und in vielen dieser Länder tatsächlich gewählte Parlamente autokratische Re-
gime ablösten, haben sich die Zeichen in der
jüngsten Vergangenheit wieder verdüstert.
Nach dem Political Risk Atlas des britischen
Beratungsunternehmens für Sicherheits- und
Risikofragen Maplecroft hat sich die Zahl der
Länder mit „signifikant erhöhtem politischem
Risiko“ seit 2010 um zehn Prozent erhöht.
Die meisten der betreffenden Länder liegen
in Afrika und dem Nahen Osten. Drei Jahre
nach Beginn des Arabischen Frühlings hat
das Institut 60 Prozent der Mena-Staaten auf
ein signifikant erhöhtes politisches Risiko
hochgestuft. Weil die Hochrisikoländer meist
viele Jahre in dieser schwierigen Situation
gefangen bleiben, ist auf absehbare Zeit nicht
mit einer Verbesserung der Lage zu rechnen.
Der Jugendüberhang, die schwierige Lage auf
dem Arbeitsmarkt und das anhaltende Bevölkerungswachstum sprechen dafür, dass sich
künftig weitere Staaten zu Hochrisikoländern
entwickeln könnten.
Berlin-Institut 19
GRÖNLAND
(DÄNEMARK)
ISLAND
USA
SCHWEDEN
FINNLAND
NORWEGEN
KANADA
WEISSRUSSLAND
IRLAND
DEUTSCHLAND
PORTUGAL
USA
SPANIEN
MAROKKO
ALGERIEN
WESTSAHARA
BAHAMAS
MEXIKO
DOMINIKANISCHE
REPUBLIK
KUBA
BELIZE JAMAIKA HAITI
HONDURAS
GUATEMALA
EL SALVADOR NICARAGUA
COSTA RICA
sehr nachhaltig
KAP VERDE
MAURETANIEN
MALI
PUERTO RICO
(USA)
POLEN
UKRAINE
ECUADOR
NIGER
PERU
THAILAND
DSCHIBUTI
DEMOKRATISCHE
REPUBLIK
KONGO
JAPAN
VIETNAM
PHILIPPINEN
KAMBODSCHA
ÄTHIOPIEN
SÜDZENTRALAFR. SUDAN
KAMERUN REPUBLIK
TOGO
LIBERIA
GHANA ÄQUAT.
SIERRA LEONE
ELFENBEIN- GUINEA
KONGO
GABUN
KÜSTE
SÜDKOREA
SRI LANKA
SOMALIA
BRUNEI
MALAYSIA
UGANDA
KENIA
SINGAPUR
RUANDA
BURUNDI
PAPUANEUGUINEA
INDONESIEN
TANSANIA
OSTTIMOR
ANGOLA
MALAWI
SAMBIA
BOLIVIEN
MADAGASKAR
SIMBABWE
weniger stabil
PARAGUAY
NAMIBIA
MOSAMBIK
BOTSUANA
MAURITIUS
RÉUNION
AUSTRALIEN
SWASILAND
CHILE
LESOTHO
ARGENTINIEN
hohe Warnung
JEMEN
NORDKOREA
BRASILIEN
stabil
Warnung
ERITREA
SUDAN
BURKINA
FASO
BENIN
NIGERIA
nachhaltig
sehr stabil
MONGOLEI
BULGARIEN GEORGIEN
USBEKISTAN
ITALIEN
ASERKIRGISIEN
ARMENIEN BEIDSCHAN
TURKMENISTAN TADSCHIKISTAN
TÜRKEI
GRIECHENLAND
SYRIEN
CHINA
TUNESIEN
LIBANON
AFGHANISTAN
IRAK
IRAN
ISRAEL
JORDANIEN
KUWAIT
NEPAL BHUTAN
PAKISTAN
LIBYEN
BAHRAIN
INDIEN
ÄGYPTEN
KATAR
SAUDIVEREINIGTE
BANGLADESCH
ARABIEN
ARABISCHE
EMIRATE
INDIEN
MYANMAR
OMAN
LAOS
TSCHAD
TRINIDAD UND
PANAMA
TOBAGO
VENEZUELA
GUYANA
SURINAM
FRANZÖSISCH
KOLUMBIEN
GUYANA
SENEGAL
GAMBIA
GUINEABISSAU
GUINEA
KASACHSTAN
UNGARN
RUMÄNIEN
FRANKREICH
Weltkarte
Fragile States
Index 2014
RUSSLAND
GROSSDÄNEMARK
BRITANNIEN
SÜDAFRIKA
URUGUAY
sehr hohe Warnung
Alarm
hoher Alarm
sehr hoher Alarm
(Datenquelle: Fund For Peace)
Als Frühindikator für das, was die EU an
Flüchtlingsströmen und Asylbewerbern
möglicherweise zu erwarten hat, können die
Zahlen der Migranten in die Nachbarstaaten
der Krisenländer dienen. Denn weil es kaum
reguläre Auswanderungsmöglichkeiten aus
den Hochrisiko-Staaten gibt, bleibt für jene,
die um Leib und Leben fürchten müssen, nur
die Flucht über die nächste Grenze.
So herrscht in Somalia seit 2007 mehr oder
weniger ununterbrochen Bürgerkrieg. Dadurch stieg von 2006 bis 2007 die Zahl der
internally displaced persons (IDPs), also der
innerhalb des eigenen Landes Geflohenen,
von 400.000 auf eine Million. Sie hat sich
bis 2009 auf 1,6 Millionen erhöht, bevor sie
bis 2013 auf 1,1 Millionen sank. Viele haben
sich über die Grenze ins Nachbarland Kenia
gerettet. Dort stieg die Zahl der SomaliaFlüchtlinge zwischen 2006 und 2013 von
20 Krise an Europas Südgrenze
Zerbrechliche Region
NEUSEELAND
Im Nahen Osten und Afrika liegen die meisten Staaten, deren staatliche Organisation
gefährdet ist. Kein Wunder, dass sich dort die politischen Krisen häufen. Tendenziell
weisen die fragilsten Staaten auch ein sehr hohes Bevölkerungswachstum auf.
174.000 auf 475.000.72 Auch ins benachbarte Äthiopien, das Land mit den meisten
Flüchtlingen in Afrika73, und sogar nach
Eritrea haben sich immer mehr Flüchtlinge
aus Somalia abgesetzt. Erst mit großer Verzögerung stiegen dann auch die Zahlen der
somalischen Flüchtlinge nach Europa.74
Aufgrund dieser Erkenntnisse und der tendenziell wachsenden Zahl an Konflikten im
Nahen Osten und in Afrika könnten sich die
Flüchtlingszahlen in den kommenden Jahren
weiter erhöhen.
5 Bildung
Ähnliches gilt für Syrien, wo seit 2011 Bürgerkrieg herrscht. Dort betrug die Zahl der
IDPs 2013 rund 6,5 Millionen. 585.000
konnten sich in die Türkei absetzen, 851.000
in den Libanon, 585.000 nach Jordanien und
213.000 in den Irak.75 Diesen Zahlen stehen
für 2013 rund 12.000 Asylerstanträgen von
Syrern in Deutschland gegenüber. Dass es bei
anhaltendem Konflikt deutlich mehr werden,
zeigt sich bereits an den 15.600 Asylerstanträgen aus Syrien im ersten Halbjahr 2014.
EU-weit waren die Syrer in diesem Zeitraum
die mit Abstand größte Gruppe unter den
Asylbewerbern.76
Mit besserer Bildung wächst die Wahrscheinlichkeit für eine Auswanderung. Bildung
steigert die Aussichten, in einem neuen
Land ökonomischen Erfolg zu haben. Viele
Menschen investieren sogar deshalb in ihre
eigene Bildung oder in die ihrer Kinder, weil
sie wissen, dass sie dadurch ihre Chance auf
eine Auswanderung erhöhen können.77 Das
wird auch an den Auswanderungsquoten von
Afrikanern nach Bildungsabschluss deutlich:
Danach begeben sich bis zu hundert Mal
mehr Personen mit Hochschulausbildung auf
eine Wanderung, als Personen, die maximal
eine Grundschulausbildung absolviert
haben.78
Studien zeigen, dass Wirtschaftsmigranten,
Flüchtlinge und anerkannte Asylbewerber
aus Afrika und dem Nahen Osten nach
Deutschland im Schnitt eine fast doppelt so
hohe Akademikerquote aufweisen wie die
einheimische deutsche Bevölkerung.79 Das
zeigt, dass insbesondere gut und hoch Qualifizierte auswandern und auch die Mittel dafür
aufbringen können.
Mehr Investitionen in Bildung in Afrika und
dem Nahen Osten, von den meisten betroffenen Staaten erwünscht und von der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
gefordert und gefördert, haben somit mittelfristig einen stimulierenden Effekt auf die
Migration. Dies gilt insbesondere dann, wenn
der Arbeitsmarkt nicht mit dem Zuwachs an
besser Qualifizierten Schritt halten kann.
Weitere Aussichten
Der globale Trend zeigt, dass sich die Bildungswerte in nahezu allen Ländern der
Welt deutlich verbessern.80 Hier wirken sich
nationale Initiativen aus, die internationale
Entwicklungszusammenarbeit und die MDGs.
Nur in jenen Ländern, die in Bürgerkrieg und
Chaos versinken, oder dort, wo es angesichts
des starkes Bevölkerungswachstums unmöglich ist, ausreichend Lehrer und Schulen
bereit zu stellen, stagnieren die Bildungswerte oder gehen sogar zurück.
Mit besserer Bildung wachsen einerseits die
Chancen, dass junge Menschen zu dem wirtschaftlichen Aufstieg ihrer Länder beitragen
und eine demografische Dividende ermöglichen. Höhere Bildung hat zudem den mit
Abstand größten Einfluss auf den Rückgang
der Kinderzahlen und ist damit das beste
und effizienteste Instrument gegen hohes
Bevölkerungswachstum.81 Mit höherer Qua-
lifikation steigt andererseits aber auch die
Wahrscheinlichkeit, dass besser Qualifizierte
ihr Humanvermögen im Ausland anbieten.
Besondere Risiken birgt die Variante „bessere Bildung und zu wenige Arbeitsplätze“.
Dann wächst das Konfliktpotenzial, weil gut
ausgebildete junge Menschen, die zudem
überwiegend in den urbanen Zentren leben,
eher bereit und in der Lage sind, ihrem
Unmut in gewaltsamen Protesten Luft zu
machen, als eine ungebildete, arme Landbevölkerung. Auch beim Thema Bildung ergibt
sich eine klare Abwanderungstendenz also
erst durch die Wechselwirkung verschiedener
Faktoren.
6 Umwelt
Medien und auch die Umweltwissenschaft
diskutieren immer wieder einen migrationsfördernden Effekt von Umweltzerstörung.
Empirisch lassen sich die dabei gelegentlich
angekündigten apokalyptischen Flüchtlingswellen nach Europa aber nicht oder nur in
Kombination mit anderen Faktoren nachweisen. Allein die Tatsache, dass Länder mit
großer Umweltzerstörung häufig auch Auswanderung verzeichnen, erklärt noch keinen
ursächlichen Zusammenhang.82
Es sind tendenziell die Ärmsten der Armen
und die weniger gut Gebildeten in den ländlichen Regionen, die am stärksten unter
Umweltschäden leiden – unter Dürren, Überflutungen, Waldverlust, Verschmutzungen
und Grundwasserabsenkung.83 Die von Naturkatastrophen Geschädigten haben deshalb
selten die Möglichkeit, sich international auf
die Wanderschaft zu machen. Das hat sich
bei den Zyklonen gezeigt, die regelmäßig auf
die Küste von Bangladesch treffen, aber auch
bei den Trockenperioden im Sahel in den
1970er Jahren, Mitte der 1980er und zum Teil
auch 2012. Wanderungsbewegungen in diesen Gebieten waren überwiegend regionaler
Natur, häufig nur bis in die nächsten Lager
mit Hilfsgütern.
Weitere Aussichten
Zumindest regional dürfte sich die Zahl der
Umweltflüchtlinge künftig erhöhen. Denn in
vielen armen Ländern verschlechtert sich die
Umwelt rapide.84 Vor allem in den afrikanischen und nahöstlichen Trockenzonen, die
sowohl von hohem Bevölkerungswachstum
als auch von starker Bodenerosion betroffen
sind, wird sich der Druck auf die labilen
Ökosysteme verschärfen. Angesichts des
Klimawandels, der etwa für Westafrika über
die nächsten 100 Jahre einen Temperaturanstieg um 3,6 Grad bei gleichzeitig sinkenden Niederschlägen erwarten lässt, dürften
die Flüchtlingsströme aus diesen Gebieten
zunehmen.85 Ebenfalls betroffen wären
küstennahe Millionenstädte wie Lagos oder
Alexandria, wo der zu erwartende Anstieg
der Meeresspiegel in einigen Jahrzehnten einzelne Stadtteile unbewohnbar machen dürfte.
Wasserprobleme häufen sich in Gebieten
mit starkem Bevölkerungswachstum. Drei
der bevölkerungsreichsten Länder Afrikas
liegen überwiegend im Flussgebiet des Nils.
Äthiopien, Sudan und Ägypten teilen sich das
Wasser, das zu 85 Prozent vom Blauen Nil
stammt. Dieser entspringt im äthiopischen
Hochland. Ägypten und der Sudan sind komplett auf diesen Zustrom angewiesen, denn
auf ihrem Territorium fällt zu wenig Regen,
um den Nil aufzufrischen. Bereits seit 1997
ist die Verfügbarkeit von Wasser in Ägypten
unter den Wert von 1.000 Kubikmetern pro
Person und Jahr gefallen, der international als
Limit für Wasserknappheit gilt.
Bis 2050 dürfte sich die Bevölkerung dieser
drei Länder nahezu verdoppeln. Am stärksten
wächst dabei die Zahl der Menschen – und
damit der Bedarf an Wasser – in Äthiopien.
Berlin-Institut 21
Dies wird deutlich am Grand Ethiopian
Renaissance Dam, den Äthiopien derzeit
unweit der Grenze zu Sudan baut. Mit
diesem größten Staudammprojekt Afrikas
wird Äthiopien seinen Nachbarn Sudan und
Ägypten weiteres Wasser abgraben, weshalb
Ägypten bereits mit Krieg gedroht hat, sollte
der Damm tatsächlich wie geplant bis 2017 in
Betrieb genommen werden.86, 87
Auch hier zeigt sich, dass vor allem ein
Zusammenspiel verschiedener Kräfte –
Bevölkerungswachstum, Wassermangel,
Klimawandel und wachsende Konfliktwahrscheinlichkeit – in Zukunft für stärkere
Wanderungsströme sorgen dürfte.
Weitere Aussichten
Wachsende Zahlen von Zuwanderern in Europa bedeuten einen Ausbau der MigrantenNetzwerke. Je besser diese organisiert sind,
desto mehr Unterstützung können neue Migranten von ihnen erwarten. Ausgelöst durch
Krisen und Flüchtlingswellen entstehen zudem neue Diaspora-Bevölkerungen, die zuvor
kaum eine Bedeutung hatten – aus Syrien,
Eritrea oder Nigeria. Hinzu kommt, dass sich
die Kommunikation über Telefon und Internet
ständig verbessert und Informationen über
Migrationskanäle und Schlupflöcher, über
Einkommensmöglichkeiten oder veränderte
Einwanderungs- und Asylgesetze praktisch
ohne Zeitverzug zu potenziellen Auswanderern gelangen.
7 Migranten-Netzwerke
Traditionell halten Ausgewanderte engen
Kontakt zu Familienmitgliedern und Freunden in ihrer Heimat. Auf diese Weise entstehen formelle und informelle Netzwerke vor
nationalem, religiösem oder ethnischem Hintergrund, die von großem Nutzen für weitere
Migranten sind. Diese Netzwerke dienen dem
Erfahrungsaustausch über Einkommens- und
Jobmöglichkeiten und über Migrationswege.
Sie vermitteln tendenziell ein positives Bild
des EU-Wohlstands und der Sicherheitslage.
Sie helfen Neuankömmlingen, sich in der
Fremde einzuleben oder eine Beschäftigung
zu finden.88 Solchen Netzwerken folgend,
gelangen viele Migranten nach dem Passieren einer EU-Außengrenze in ein anderes
EU-Land, wo sie Menschen der gleichen
Herkunft finden.
22 Krise an Europas Südgrenze
8 Migrationspolitik in den
Ländern der EU
Länder mit liberalen Zuwanderungsgesetzen
und mit einem hohen Bedarf an Arbeitskräften aus dem Ausland sind besonders attraktiv für Zuwanderer, ebenso Länder, die regelmäßig Amnestien für Irreguläre erlassen. Das
Asylrecht hat zwar prinzipiell nichts mit dem
Zuwanderungsrecht zu tun, aber wenn auch
dieses liberal gestaltet ist, lockt es ebenfalls
viele Migranten an, auch solche, die sich
überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen
zur Auswanderung entschlossen haben.
Gegenüber anderen der oben genannten
Faktoren hat die Einwanderungsgesetzgebung der einzelnen Staaten jedoch einen
begrenzten Einfluss auf die Zuwanderung.89
Zwar hat die restriktivere Asylpolitik in vielen
EU-Ländern auf den ersten Blick über die
letzten beiden Jahrzehnte zu einem starken
Rückgang der Anerkennung von Asylanträgen
geführt – und in der Folge auch zu einem
Abflauen der Anträge. Aber dieser Rückgang
gründet weniger auf den Gesetzen als vielmehr darauf, dass die politischen Krisen, die
nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einen
vorübergehenden Höhepunkt gefunden
hatten, wieder zurückgingen.90 Umgekehrt
beruht der massive Anstieg von Asylbewerberzahlen in der jüngsten Vergangenheit
keinesfalls auf einer möglichen Veränderung
des Asylrechts, sondern auf der Zunahme der
politischen Krisen, vor allem im Nahen Osten
und in Afrika.
Weitere Aussichten
Soweit die Migration in die EU durch rechtliche Regeln bestimmt wird, hängt sie erstens
von der Politik der gesteuerten Zuwanderung
ab, die wiederum mit dem Bedarf an Arbeitskräften zusammenhängt. Zweitens wird
Zuwanderung von der Ausgestaltung des
Asylrechts beeinflusst und von der Frage, wie
sich diese Rechtslage praktisch durchsetzen
lässt. Und drittens von der Frage, wie sich
irreguläre Migration durch Grenzsicherung
oder andere Maßnahmen unterbinden lässt.
Angesichts der Tatsache, dass der Wanderungsdruck eher wachsen dürfte, werden die
Faktoren zwei und drei künftig eine bedeutsamere Rolle einnehmen.
4
NEUE AUFGABEN
Welche außenpolitisch relevanten
Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten ergeben sich aus dem
wachsenden Migrationsdruck?
Nur ein kleiner Teil der Migranten aus Afrika
und dem Nahen Osten kommt derzeit auf
dem Weg der geregelten Arbeitsmigration,
also über die Blaue Karte EU, über die
Positivliste der Bundesagentur für Arbeit
oder über andere Möglichkeiten im Rahmen
des Aufenthaltsgesetzes, nach Deutschland.
Die Mehrheit sind Flüchtlinge, Asylsuchende
oder Wirtschaftsmigranten, die nicht auf
dem regulären Weg einreisen dürfen, sowie
Personen, die ihre Migrationsentscheidung
aus einer Mischung dieser Faktoren getroffen
haben.
Irreguläre Migranten untergraben jede Form
von sicherer und geregelter Zuwanderung,
auf die Deutschland und Europa in Zukunft
immer stärker angewiesen sein werden. Das
hohe Maß an Irregularität und der wachsende Druck auf die Grenzen bedeuten für die
Länder der EU eine Vielzahl von Herausforderungen. Die zentrale Aufgabe wird dabei sein,
einerseits offen für die Zuwanderung von Arbeitskräften und den Schutz von Bedürftigen
zu sein, andererseits irreguläre Migration zu
unterbinden. Aus mindestens zwei Gründen
dürfte dies in Zukunft schwieriger werden.
Erstens wird die Zahl potenzieller Zuwanderer steigen, und zweitens vermischen sich
die Wanderungsmotive der Migranten immer
stärker.
Die sechs Gründungsstaaten der Europäischen Gemeinschaften haben den Vorläufer
der heutigen EU einst aufgebaut, um durch
wirtschaftliche Verflechtungen den Nationalismus einzudämmen. Heute bedeutet Nationalismus eine große Gefahr für die Existenz
der EU-28. Er kann geschürt werden, wenn
Zuwanderung nicht gesellschaftsverträglich
organisiert wird und mögliche Probleme in
diesem Bereich zu einer Plattform für populistische, EU-feindliche Parteien werden.
Auch aus diesem Grund ist ein sorgsamer
Umgang mit dem Thema Migration geboten.
Da sich keine Patentlösung für den aus unterschiedlichen Gründen wachsenden Zuwanderungsdruck abzeichnet und weil einige der ursächlichen Probleme mittelfristig überhaupt
nicht zu lösen sind, brauchen Deutschland
und die EU ein strategisches Konzept der
Zuwanderungs-, Asyl-, Flüchtlings- und Entwicklungspolitik, das erstens den Bedarf der
Arbeitsmärkte deckt, zweitens auf Krisen und
neue, heute nicht absehbare Entwicklungen
möglichst flexibel reagieren kann und drittens die Perspektiven der Länder des Nahen
Ostens und Afrikas für eine Entwicklung aus
eigener Kraft verbessert. Folgende Punkte
sind dabei zu berücksichtigen:
1 Asylpolitik
Aufgrund des Schengen-Abkommens und
des gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraumes kann die Asylpolitik der EU-Länder
nicht mehr nur oder gar ausschließlich
national gedacht werden, sondern muss
einer einheitlichen Strategie folgen. Die Mitgliedstaaten der EU haben mit dem Common
European Asylum System (CEAS) bereits
Schritte in diese Richtung unternommen.
Es bleibt allerdings ein Bedarf für mehr
Kooperation. Dabei geht es sowohl um die
Harmonisierung nationaler Asylverfahren als
auch um die Frage, welcher Mitgliedstaat für
welche Asylbewerber zuständig ist. Aktuell
unterscheiden sich die Asylverfahren unter
den Mitgliedstaaten zum Teil erheblich, was
sich auch in den Asylzahlen zeigt. So gewährte das vergleichsweise kleine Schweden im
Jahr 2013 rund 24.000 Menschen Asyl oder
Flüchtlingsstatus. Das entsprach einer Quote
von über 50 Prozent positiver Beschlüsse.
Deutschland folgte in absoluten Zahlen auf
Platz zwei mit 20.000 positiven Beschlüssen und 56.000 Ablehnungen, lag mit einer
sogenannten Gesamtschutzquote von 26,4
Prozent allerdings unter dem EU-Mittel von
34 Prozent. Die niedrigste Schutzquote verzeichnete Griechenland mit 3,8 Prozent.91
Weil die verschiedenen EU-Staaten eine unterschiedlich restriktive Asylpolitik praktizieren, und weil die wirtschaftsstärksten Länder
für Asylbewerber besonders attraktiv sind,
gibt es in der EU ein klares System nationaler
Zuständigkeiten. Grundsätzlich gilt nach
dem sogenannten Dublin-Verfahren, dass der
Mitgliedstaat, den der Asylbewerber zuerst
betreten hat, auch zuständig für das Asylverfahren ist. Die Staaten an der Peripherie werden für die höhere Belastung durch die EU
finanziell entschädigt. Allerdings mehren sich
die Stimmen, die mit dem aktuellen System
nicht zufrieden sind. Immer wieder gibt es
Hinweise darauf gibt, dass Absprachen nicht
eingehalten und Asylbewerber nach Betreten
Berlin-Institut 23
eines EU-Landes weitergleitet werden.92 Daher besteht weiterhin Diskussionsbedarf über
nationale Zuständigkeiten. Insbesondere
stellt sich die Frage nach einem fairen Schlüssel für die Verteilung von Asylbewerbern auf
die Mitgliedstaaten, der idealerweise Faktoren wie Wirtschaftsstärke, Zuwanderungsbedarf und bestehende Migranten-Netzwerke
berücksichtigt.
Ein zusätzliches Dilemma der europäischen
Asylpolitik ist der Zugang nach Europa. Da
Schutzsuchende nur in einem EU-Land einen
Asylantrag stellen können, gleichzeitig aber
keine Möglichkeit haben, regulär einzureisen,
beginnt selbst der eigentlich humanitäre
Akt des Asyls fast zwangsläufig mit einem
illegalen Akt. Davon gibt es nur wenige Ausnahmen, etwa wenn sich Deutschland bereit
erklärt, ein Kontingent von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen aufzunehmen, die dann
per Flugzeug nach Deutschland kommen
können.
Handlungsmöglichkeiten
Zweite Phase des CEAS implementieren.
Im März 2013 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen
Union die letzten beiden Gesetzestexte
der zweiten Phase des CEAS. Der Prozess,
gemeinsame Mindeststandards für Asyl zu
schaffen, sollte damit nach den weitgehend
enttäuschenden Dokumenten der ersten
Phase vorangetrieben werden. In der Tat
halten die insgesamt drei Richtlinien und
zwei Verordnungen einige Neuerungen bereit – gerade für jene Personen, die nicht als
Asylberechtigte oder Flüchtlinge anerkannt
werden, aber subsidiären Schutz genießen.
Erstes Ziel sollte es daher sein, sicherzustellen, dass die Dokumente in allen Mitgliedsstaaten zeitnah in nationales Recht gegossen
und auch praktisch umgesetzt werden.
24 Krise an Europas Südgrenze
An weiterer Harmonisierung in der EU
arbeiten. Trotz der jüngsten Verbesserungen
bleiben die Asylsysteme in der EU de facto
weiterhin in nationaler Hand. So können die
Mitgliedstaaten noch immer eigenständig
sichere Drittstaaten definieren und Arbeitserlaubnisse großzügiger oder restriktiver
ausgestalten. Ziel muss es daher sein, an
einer weiteren Harmonisierung zu arbeiten
und Europa zu einem gemeinsamen Asylraum
umzubauen. Langfristig ist ein einheitliches
EU-Asylverfahren (Joint Processing) anzustreben. Auch Asylbearbeitungsstellen (Joint
Processing Centers), die sich außerhalb der
EU-Grenzen befinden, können eine Verbesserung bedeuten. Im Idealfall tragen sie dazu
bei, das Problem der illegalen Einreise von
Asylbewerbern zu lösen und gleichzeitig die
Zahl der Menschen zu senken, die sich auf gefährliche Passagen in die EU begeben. Sollte
es gelingen, gemeinsame EU-Asylverfahren
durchzusetzen, wäre es einfacher, einen Verteilungsschlüssel zu entwerfen, der die Asylberechtigten auf die verschiedenen Mitgliedstaaten verteilt. Das Dublin-Verfahren, das
einst vor dem Hintergrund der Balkan-Krise
und einer viel kleineren EU, in der fast jeder
Mitgliedstaat Außengrenzen hatte, konzipiert
wurde, würde damit überflüssig.
Synergien zwischen Asyl- und Zuwanderungspolitik nutzen. Weil die EU und insbesondere wirtschaftlich erfolgreiche Staaten
wie Deutschland Zuwanderung brauchen,
stellt sich die Frage, ob sich Asyl- und Zuwanderungspolitik nicht synergetisch nutzen
lassen. Naheliegend wäre es zum Beispiel,
die Aufnahme einer Tätigkeit während eines
laufenden Asylverfahrens zu erleichtern. So
ist zu begrüßen, dass Deutschland über die
EU-Vorgaben hinausgeht und die Arbeitsaufnahme schon deutlich schneller als nach
neun Monaten erlaubt. Grundsätzlich sollten
Asylbewerber während des Verfahrens immer auch über die anderen existierenden
Zuwanderungskanäle nach Deutschland
aufgeklärt werden. Inwiefern auch abgelehn-
te aber nicht zurückgeführte Asylbewerber
die Chance erhalten sollten, sich auf dem
Arbeitsmarkt zu profilieren, muss die Politik
diskutieren und entscheiden.
2 Sicherung der EU-Außengrenzen
Irreguläre Zuwanderung gefährdet die
staatliche Souveränität und Sicherheit und
ist deshalb als potenzielle Bedrohung einzustufen.93 Migranten, die ohne gültige Einreisedokumente in Richtung EU unterwegs sind,
landen fast zwangsläufig zuerst an einer der
EU-Außengrenzen. Die Grenzbeamten sind
verpflichtet, Personen ohne gültige Visa oder
Aufenthaltstitel, mit falschen oder ungültigen
Reisedokumenten oder solche, gegen die ein
Ausweisungsbescheid vorliegt, zurückzuweisen. Zur Verhinderung von illegalen Grenzüberschreitungen und Menschenhandel hat
die europäische Grenzschutzagentur Frontex
in den vergangenen Jahren deutlich mehr Mittel erhalten. Sie hat dabei bestimmte Grenzen
besser abgesichert, dadurch aber andere
Migrationskanäle attraktiver gemacht – insbesondere die Wege über das zentrale Mittelmeer. Unterm Strich, das zeigen die steigenden Zahlen der Asylbewerber, konnte die
Arbeit von Frontex die irreguläre Migration
keineswegs unterbinden. Allerdings lägen die
irregulären Migrantenzahlen ohne Frontex
sehr wahrscheinlich deutlich höher.
Trotz des berechtigten Anspruchs auf sichere
Außengrenzen darf die EU ihre humanitäre
Verantwortung nicht vergessen. Menschen
auf der Flucht sind besonders schutzbedürftig. Weil der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte eine direkte Rückführung
der Flüchtlinge an die afrikanischen Küsten
im Februar 2012 als „nicht vereinbar“ mit der
Europäischen Menschenrechtskonvention
eingestuft hat94, nehmen seit Oktober 2013
italienische Handels- und Marineschiffe
im Rahmen der Operation „Mare Nostrum“
Personen auf See auf und gewähren ihnen
erst einmal Sicherheit auf italienischem
Boden. Allein zwischen Januar und Juli 2014
sind insgesamt 64.000 Personen über das
Mittelmeer in Italien angekommen.95 Die
italienische Regierung sieht sich durch diese
Aufgabe überproportional belastet und hat
angekündigt, die Operation aus finanziellen
Gründen am 18. Oktober 2014 zu beenden.96
Handlungsmöglichkeiten
Frontex Plus stärken. Ohne funktionierende
Grenzkontrollen, ohne eine Kontrolle der
irregulären Migration und des Menschenschmuggels ist weder eine organisierte,
reguläre Migration noch eine faire Asyl- und
Flüchtlingspolitik möglich.97 Daher ist die
europäische Grenzschutzagentur Frontex
mit klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sowie den notwendigen Mitteln
auszustatten, auch um die Zusammenarbeit
mit den Grenzbehörden außerhalb der EU zu
verbessern. Grundsätzlich sollte Frontex über
Frontex Plus ab Herbst 2014 in der Lage sein,
weitgehend die Aufgaben der italienischen
Initiative Mare Nostrum zu übernehmen.
Dazu zählt neben der Überwachung der Grenzen auch die Rettung von in Seenot geratenen
Booten. Helfen sollte dabei das neu installierte Überwachungssystem Eurosur.
3 Kooperation mit den Nachbarstaaten jenseits des Mittelmeers
Die Sicherheitsbehörden jener Länder, aus
denen sich die Migranten auf den direkten
Weg nach Europa machen, haben häufig wenig Interesse und Möglichkeiten, ihre eigenen
Grenzen zu kontrollieren. Dies aber wäre
notwendig, damit die Zahl derjenigen, die
versuchen, auf unsicheren und gefährlichen
Wegen irregulär in die EU zu gelangen, nicht
weiter ansteigt und sich damit die Gefahr von
Unglücken auf See häuft. Erschwert wird die
Grenzkontrolle durch die aktuell instabile
Lage in Libyen und anderen nordafrikanischen Nachbarstaaten.
Handlungsmöglichkeiten
Bilaterale Abkommen schaffen. Die EU
sollte stärker mit jenen Staaten kooperieren,
aus denen die Migration ihren Verlauf nimmt.
Explizites Ziel sollte es sein, Schlepperbanden und Menschenhandel zu unterbinden
und damit zu verhindern, dass Boote mit
irregulären Migranten überhaupt in See stechen. Die Kooperation darf sich jedoch nicht
nur auf Sicherheitsfragen beschränken, also
die Ausbildung von Sicherheitskräften unterstützen oder die Finanzierung technischer
Grenzschutzmaßnahmen, sondern sie sollte
sich zu einer strategischen Partnerschaft
weiterentwickeln. Dazu gehören Projekte der
Entwicklungszusammenarbeit, Kontingente
für in der EU benötigte Arbeitskräfte, Stipendien für Studierende (siehe auch Punkt 4),
Ausbildungspartnerschaften und Abkommen
zur Rückführung von irregulären Migranten.
Solche Partnerschaften sind auch notwendig,
um politische Krisen in den betreffenden
Ländern zu lösen beziehungsweise zu
verhindern.
4 Organisation der legalen
Migration
Die EU braucht aufgrund ihrer demografischen Entwicklung künftig mehr Zuwanderung aus Drittstaaten. Ohne eine gesteuerte
Zuwanderung würde es beispielsweise für
Deutschland schwieriger, seine herausragende wirtschaftliche Position zu verteidigen.
Und ohne wirtschaftliches Gewicht verlöre
das Land außenpolitischen Einfluss – auch
bei der Gestaltung der EU-Zuwanderungspolitik. Deutschland dürfte selbst bei steigenden
Erwerbsquoten von Frauen und älteren Arbeitnehmern sowie einer jährlichen Zuwanderung von im Saldo 200.000 Personen bis
2050 rund sechs Millionen Erwerbspersonen
verlieren.98 Auch in den anderen Ländern
der EU herrscht trotz der vielerorts hohen
Arbeitslosigkeit in manchen Branchen bereits
ein Arbeitskräftemangel, zum Beispiel im Gesundheitssektor und im Bereich Wissenschaft
und Technik.99
Handlungsmöglichkeiten
Drittstaatenzuwanderung fördern. Um die
langfristig notwendige Zuwanderung von
talentierten Personen in die EU zu sichern
und dem Bild einer abgeschotteten „Festung
Europa“ vorzubeugen, sollte die EU klare Signale der legalen Migration und Mobilität von
Fachkräften sowie der Offenheit gegenüber
Zuwanderung nach außen senden.
Personen aus Drittstaaten sollte ein unbürokratischer Weg zu den Arbeitsmärkten
eröffnet werden. Die Blaue Karte EU, die eine
Zuwanderung von Fachkräften ermöglicht,
aber bislang wenig genutzt wird, sollte besser
international vermarktet, Studierenden und
Forschenden sollte der Zugang erleichtert
werden. Gleiches gilt für die anderen Zuwanderungsmöglichkeiten, etwa die Positivliste
für Ausbildungsberufe der Bundesagentur für
Arbeit oder das Visum zur Arbeitsplatzsuche
für qualifizierte Fachkräfte. Weiterhin sollte
über rechtliche Erleichterungen nachgedacht
werden, etwa die Verlängerung des Visums
zur Arbeitsplatzsuche oder die Honorierung
von Deutschkenntnissen durch niedrigere
Einkommensgrenzen im Rahmen der Blauen
Karte.
Erfahrungen mit Mobilitätspartnerschaften
sammeln. Die EU sollte die Möglichkeiten
von Mobilitätspartnerschaften stärker nutzen, mit denen sich migrations- und entwicklungspolitische Ziele verbinden lassen.100
Diese sollten bilateral organisiert sein und
aus geografischen Gründen im südlichen
Mittelmeerraum beginnen, zumal dort einige vergleichsweise stabile Staaten liegen,
Berlin-Institut 25
deren Entwicklung einen positiven Effekt
auf die Gesamtregion haben könnte. Ziel der
Partnerschaften sollte es sein, bestimmte
Berufsgruppen, etwa Gesundheitsfachkräfte
und Ingenieure für die Zuwanderung in die
EU zu gewinnen und junge Menschen in
Ausbildungsberufen zu qualifizieren. Bis dato
existieren nur Pilotprojekte für derartige
Partnerschaften, deren Erfolge nicht repräsentativ sind. Umso wichtiger wären weitere
Projekte, um Erfahrungen zu sammeln und
ihr Gelingen zu verbessern.
Vorteile der zirkulären Migration nutzen.
Migration ist heutzutage längst keine endgültige Entscheidung mehr. Vielmehr ist die
temporäre Migration der Normalfall, denn
die Mehrheit der Zuwanderer geht irgendwann wieder in ihr Heimatland zurück oder
wandert auf der Suche nach besseren Möglichkeiten in ein Drittland weiter.101 Schon die
Wanderung per se bietet Vorteile für Herkunfts- und Zielländer: Migranten haben häufig erst in den Zielländern die Möglichkeit, ihr
Humanvermögen gewinnbringend zu nutzen.
Sie überweisen nach Schätzungen der Weltbank von ihren Einkommen in der Diaspora
jährlich über 500 Milliarden US-Dollar in die
Herkunftsländer, wovon ein Teil in die Ausbildung von Kindern und Verwandten fließt.102
Migration ist nach Angaben der OECD zu
einem wichtigen Instrument der Entwicklung
geworden.103 Wandern Migranten dann nach
einiger Zeit zurück, entsteht eine zirkuläre
Migration. Dabei nehmen die Rückkehrer neu
erworbenes Wissen und persönliche Kontakte mit, sie können Wirtschafts- und Handelsbeziehungen aufbauen.
Zirkuläre Migration ist somit eine zwangsläufige und positive Folge von Wanderungen.
Sie lässt sich aber nicht als Konzept umsetzen. Denn das hieße, bestimmte Migranten
von vorneherein auf eine befristete Zuwanderung zu verpflichten, wie es einst die (untaugliche) Idee bei der sogenannten Gastarbeiter-
26 Krise an Europas Südgrenze
migration war. Sinnvoller ist es, die Vorteile
zirkulärer Migration zu fördern – etwa durch
die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft, welche das Pendeln zwischen
zwei Ländern erleichtert – und diese Vorteile
besser zu nutzen – etwa durch den Ausbau
von Migranten-Netzwerken und bilateralen
Wirtschaftskontakten zwischen Diaspora und
Heimatregionen.
EU als Zuwanderungsziel besser vermarkten. Die Länder der EU sollten Zuwanderungsportale einrichten, in denen die Angebote und Bedürfnisse ihrer Arbeitsmärkte
deutlich werden. Diese Portale sollten die
Möglichkeiten der regulären Zuwanderung erklären, Zuwanderungsverfahren beschreiben
und die Erwartungen an potenzielle Zuwanderer deutlich machen. Sie sollten Interessenten ferner die Möglichkeit geben, sich
schon in ihrer Heimat auf einen Aufenthalt in
der EU vorzubereiten, Internet-Sprachkurse
zu belegen, Jobangebote zu studieren und
mit Arbeitgebern zu korrespondieren. Vorbild
für solche Portale könnte die Website des
kanadischen Ministeriums Citizenship and
Immigration Canada (www.cic.gc.ca) sein,
die übersichtlich gestaltet alle Informationen
bereithält, die potenzielle Zuwanderer benötigen. In Deutschland sollte die Plattform
„Make it in Germany“ nach dem kanadischen
Vorbild ausgebaut und offensiver vermarktet
werden.
5 Zusammenarbeit mit
supranationalen und
multilateralen Akteuren
Eine Zunahme des Wanderungsdrucks erfordert eine Koordination der vielen Akteure
im Feld der internationalen Migration. Mit
UNHCR, der International Organization
for Migration (IOM) und der International
Labour Organization (ILO) gibt es gleich
mehrere multilaterale Organisationen mit
umfassenden Kompetenzen in Migrationsfragen. Sie übernehmen Aufgaben, die
Nationalstaaten oder Staatenverbünde wie
die EU gar nicht leisten können. Dazu gehört
etwa das Erheben von Daten zu weltweiten
Migrationsströmen, die Untersuchung der
Auswirkungen von Migration in Entwicklungsländern oder die unabhängige Beratung
von Auswanderungsstaaten. Einzelstaaten
oder die EU müssen mit diesen Organisationen zusammenarbeiten und sie finanzieren.
Nur so lassen sich die vielfältigen Herausforderungen der internationalen Migration
analysieren und besser bewältigen.
Handlungsmöglichkeiten
Führungsrolle in internationalen Organisationen übernehmen. Außenpolitische
Verhandlungen zu Migrationsfragen, die
sogenannte Migrationsdiplomatie, stecken
noch in den Kinderschuhen. Traditionell sind
sie eher auf die Verhinderung von Zuwanderung ausgerichtet und weniger auf die immer
notwendiger werdende geregelte Zuwanderung in die Arbeitsmärkte. Deutschland als
führende Wirtschaftsnation sollte sich stärker
als bisher in multilateralen Organisationen
engagieren, um diesen Interessen Gehör
zu verschaffen. Diese können, wie oben beschrieben, wichtige Aufgaben übernehmen,
die Nationalstaaten vorenthalten bleiben.
Notwendig dafür ist allerdings, dass sich
die verschiedenen Akteure auf dem Feld der
Migration effektiv koordinieren – auch um
Redundanzen in der Arbeit zu vermeiden.
GFMD lösungsorientierter ausgestalten.
Ein geeignetes Forum zur Koordination
ist das Global Forum on Migration and
Development (GFMD), eine Initiative der
Vereinten Nationen. Hier kommen Staaten
mit NGOs, Migrationsexperten und -verbände
zusammen und bearbeiten Themen an der
Schnittstelle von Migration und Entwicklung.
Trotz seiner informellen Rolle bietet das
GFMD eine gute Möglichkeit, verschiedene
Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen
und deren Informationen zu nutzen. Gerade
6 Humanitäre und entwicklungspolitische Verantwortung
NGOs wissen oft sehr genau über lokale Gegebenheiten, Migrationsanlässe und Unterstützungsbedarf in Krisenfällen Bescheid und
sollten dementsprechend in den politischen
Diskussionsprozess eingebunden werden. In
der Vergangenheit haben die jährlichen Treffen des GFMD häufig nur zu generellen und
unverbindlichen Absichtserklärungen geführt. Als Gastgeber eines jährlichen GFMDMeetings könnte Deutschland dazu beitragen,
spezifischere Themen auf der Tagungsagenda
zu verankern: Etwa die Auswirkung aktueller
politischer Krisen auf Wanderungsströme,
die Erfahrung mit bilateralen Entwicklungsund Migrationspartnerschaften, die Vermischung von Wanderungsmotiven oder eine
regionale Betrachtung von Wanderungsgründen und -strömen. Auf den jährlichen Treffen
sollten zudem klare Empfehlungen und Leitlinien verabschiedet werden.
Entwicklungsrückstände verringern. In Afrika und dem Nahen Osten liegt ein Großteil
der am wenigsten entwickelten Länder der
Welt. Um diese Staaten bei ihrer Entwicklung
Der Bevölkerungsdruck in vielen Herkunftszu unterstützen, sind folgende grundsätzliche
staaten von Migranten kann, wie in den
Maßnahmen von Bedeutung: Nahrungssichervorigen Kapiteln gezeigt, eine Reihe von
politischen, sozialen und wirtschaftlichen Pro- heit durch bessere Landwirtschaftstechniken
und Ausbau der Lebensmittelmärkte; Abbau
blemen nach sich ziehen. Dies macht sozioökonomische und politische Verbesserungen von Handelsschranken; Verbesserung der
Regierungsführung; Förderung von Transpain diesen Ländern umso dringender. Wenn
renz in Verwaltung und Justiz, von politischer
die Länder der EU hierzu beitragen können,
Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen und
kommen sie nicht nur ihrer globalen Verantder freien Entwicklung des Privatsektors. Im
wortung nach, sondern sie federn auch den
Zentrum aller Bemühungen sollte die SchafWanderungsdruck ab. Die Entwicklung der
fung von Arbeitsplätzen für die wachsende
asiatischen Staaten hat gezeigt, wie schnell
Zahl junger Menschen stehen. Voraussetzung
der Prozess aus Wirtschaftsaufschwung und
dafür sind unter anderem ausländische Innachlassendem Bevölkerungsdruck funktiovestitionen, die wiederum auf verlässliche
nieren und welchen befriedenden Effekt die
Verbesserung der Lebensbedingungen haben gesetzliche Rahmenbedingungen und stabile
politische Verhältnisse angewiesen sind.
kann.
Schnittstellen stärken. Auf Basis eines
solchen Erfahrungsaustauschs zwischen
Staaten, internationalen Organisationen und
NGOs könnten Ziele und Schritte festgelegt
werden, wie die gewonnenen Erkenntnisse
praktisch umzusetzen wären. Für Letzteres
stehen wiederum spezialisierte Organisationen wie die IOM oder UNHCR zur Verfügung.
Damit eine derartige Verzahnung funktioniert, bedarf es zuständiger Arbeitsgruppen
– sowohl bei Organisationen wie dem GFMD
als auch in den nationalen Regierungen. Die
Arbeitsgruppen sollten auch zwischen den
GFMD-Treffen ihre Arbeit fortsetzen und die
Ergebnisse der Treffen auf die Agenda ausführender Organisationen und der nationalen
Regierungen bringen. Gerade im Bereich der
Schnittstellen zwischen den verschiedenen
Akteuren besteht ein deutliches Verbesserungspotenzial. Auch hier könnte Deutschland eine führende Rolle einnehmen.
Bei aller Notwendigkeit, die Staaten Afrikas
und des Nahen Ostens bei ihrer Entwicklung
zu unterstützen, also präventiv weiteren
Krisen vorzubeugen: Angesichts der momentanen politischen Unruheherde wird auch die
humanitäre Soforthilfe immer wichtiger. Humanitäre Hilfe ist immer nur eine kurzfristige
Möglichkeit, vor Ort und in den direkten Nachbarstaaten einer Krisenregion menschliches
Elend zu verhindern. Sie kann aber dazu beitragen, dass aus lokalen Wanderungsströmen
keine weiteren Krisenherde entstehen.
Handlungsmöglichkeiten
Humanitäre Soforthilfe sichern. Wo Menschen vor Gewalt und Verfolgung in Nachbarländer fliehen, wo sie von Hunger und
Krankheit bedroht sind, sollten Deutschland
und die EU die erfahrenen internationalen
Organisationen bei ihren Hilfsmaßnahmen
finanziell und logistisch unterstützen. Sie
sollten darüber hinaus Konzepte für die Verbindung von humanitärer Hilfe und strukturbildender Entwicklungshilfe entwickeln. Dies
ist gerade angesichts der wachsenden Zahl an
Krisen geboten, die sich im schlimmsten Fall
auf weitere Gebiete ausweiten.
Gesundheitssysteme verbessern. Um
den Ländern eine Entwicklung aus eigener
Kraft zu ermöglichen, sind je nach Entwicklungsstand unterschiedliche Interventionen
notwendig. Fragile Staaten brauchen andere
Unterstützung als Niedrigeinkommensländer
am Beginn ihrer Industrialisierung. Die wenigen aufsteigenden Staaten der betrachteten
Regionen wiederum bedürfen eher der wirtschaftlichen Kooperationen als klassischer
Entwicklungshilfe.104 Länder, die noch ein
hohes Bevölkerungswachstum verzeichnen,
benötigen vor allem verbesserte Gesundheitssysteme, Impfstoffe und sauberes Trinkwasser. Diese Interventionen erhöhen die
Überlebenswahrscheinlichkeit von Kindern.
Ein Rückgang der Kindersterblichkeit wiederum ist die Grundvoraussetzung dafür, dass
die Menschen in armen Ländern aus freien
Stücken kleinere Familien zu planen.105 Damit
entsteht ein Bedarf an Mitteln zur Familienplanung, der dann auch zu decken ist.
Berlin-Institut 27
Interventionsmöglichkeiten auf dem demografischen Entwicklungspfad
Kindersterblichkeit
senken
Familienplanung und
Sexualaufklärung
anbieten
Gruppe A
Angemessene
Beschäftigung
schaffen
Humanpotenzial
optimal nutzen
Gruppe B
Gruppe C
Geburtenrate
sinkt,
demografischer
Bonus entsteht
Länder mit
anhaltend hohem
Bevölkerungswachstum
Neue Familienbilder
verbreiten
Länder mit
verlangsamten
Bevölkerungswachstum
Gleichstellung von
Frauen fördern
Geburtenrate
sinkt weiter,
demografische
Dividende wird
nutzbar
Bildungsniveau
anheben
Anteil der
Älteren, zu
Versorgenden
steigt
Länder mit niedrigem
Bevölkerungswachstum
und einem hohen Anteil an
erwerbsfähiger Bevölkerung
Soziale
Sicherungssysteme
aufbauen
(Datenquelle: Eigene
Darstellung nach GIZ106)
Schritt für Schritt zum höheren
Lebensstandard
Je nach Entwicklungsstand haben die ärmeren Länder
einen spezifischen Unterstützungsbedarf. Dort, wo
noch hohes Bevölkerungswachstum vorherrscht,
kann dieses durch bessere Gesundheits- und Bildungssysteme und ein ausreichendes Angebot von
Arbeitsplätzen gedämpft werden.
28 Krise an Europas Südgrenze
In Sekundarbildung investieren. Eng
verknüpft mit einer Verbesserung der Gesundheitssysteme ist die Bildung. Sie ist der
wichtigste Hebel für Entwicklung, wobei Sekundarbildung für Frauen den größten Effekt
nach sich zieht. Derart qualifizierte Frauen
bekommen nicht nur später und weniger
Kinder als Frauen mit weniger Schulbildung,
sie ziehen auch gesündere Kinder groß und
sorgen dafür, dass diese ihrerseits eine gute
Ausbildung erlangen. Bildung ist statistisch
nachweisbar der wichtigste Faktor für öko-
nomisches Wachstum.107 Diese Erkenntnis
schlägt sich bislang nicht in den Investitionen
der Entwicklungszusammenarbeit und der
nationalen Regierung im Bildungssektor nieder. Unternähmen die Regierungen der armen
Länder Bildungsanstrengungen, wie einst in
dem Entwicklungsland Südkorea, und würden sie dafür sorgen, dass sämtliche Jungen
und Mädchen eine Schule besuchen, dann
wäre nicht nur ein wirtschaftlicher Aufstieg in
Afrika und dem Nahen Osten wahrscheinlich,
sondern allein Afrikas Bevölkerung wüchse
bis 2050 um eine viertel Milliarde Menschen
weniger.108
Demografische Entwicklung bei der Entwicklungszusammenarbeit beachten. Die
europäische Entwicklungszusammenarbeit,
in Deutschland insbesondere von der GIZ
betrieben, arbeitet auf vielfältiger Ebene
mit Ländern der hier untersuchten Regionen
zusammen. Viele der oben beschriebenen
Maßnahmen gehören zum Aufgabenbereich
der GIZ. Diese Aktivitäten werden im Allgemeinen sektoral geplant und umgesetzt
– selbst wenn sie eine Wirkung auf andere
Sektoren haben. Würden solche „Nebenwirkungen“ stärker berücksichtigt und gezielt
genutzt, ließe sich in vielen Fällen ein größerer Entwicklungseffekt erreichen. Deshalb
ist es wichtig, die demografischen und
ökonomischen Wirkungen spezieller Interventionen in Ländern mit unterschiedlichem
Entwicklungsstand zu kennen. Projekte zur
Gesundheitsversorgung, zur Gleichstellung
von Frauen und Männern, zu schulischer und
beruflicher Bildung sowie zur Schaffung von
Arbeitsplätzen könnten dann besser aufeinander abgestimmt werden.109
Demografische Entwicklung in der Post2015-Agenda berücksichtigen. Im Jahr
2015 läuft die Frist für die MDGs ab. Die Vereinten Nationen diskutieren und beraten bereits ausführlich über die nachfolgende Agenda – die Ziele für Nachhaltige Entwicklung
(SDGs). Diese Debatte schenkt den Bereichen
Migration und Bevölkerungsentwicklung bis
dato kaum Aufmerksamkeit. In der Formulierung der neuen Entwicklungsagenda ist die
Situation der Migranten lediglich als Unterpunkt in zwei Zielen aufgegriffen – und zwar
so nachrangig, dass diese Punkte im Laufe
des Zielfindungsprozesses gänzlich entfallen
könnten.110 Damit würde das Thema aus der
entwicklungspolitischen Agenda der nächsten Dekaden verschwinden. Weil die Bevölkerungsdynamik einen entscheidenden Einfluss
auf die Entwicklungsfähigkeit der Länder
Afrikas und des Nahen Ostens hat, und hohes
Bevölkerungswachstum die einmal erzielten
Erfolge bei den MDGs bedroht, sollte sich die
EU massiv dafür einsetzen, dass demografische Fragen stärker bei der Formulierung der
SDGs berücksichtigt werden. Dies gilt unter
anderem für die positiven Auswirkungen von
Migration auf die Entwicklung der Herkunftsländer, also für Rücküberweisungen und die
Nutzeffekte zirkulärer Migration.
Fazit
Gelingt es nicht, dem erhöhten Wanderungsdruck über die genannten Handlungsfelder zu
begegnen, drohen Deutschland und der EU schwerwiegende negative Konsequenzen. Im
In- und Ausland führen die Katastrophen auf dem Mittelmeer und unhaltbare Zustände in
den Auffanglagern zu schlechter Presse und damit einem Image, das sich ein reicher und
zivilisierter Kontinent nicht leisten kann. Mit einer weitgehenden Öffnung der Grenzen
aus humanitären Gründen würde sich die EU allerdings andere Probleme einhandeln:
Denn wenn in der EU-Bevölkerung der Eindruck unkontrollierter Zuwanderung entsteht,
bei der nicht mehr zwischen Wirtschaftsmigranten und Asylsuchenden zu unterscheiden
ist, werden sich die Vorbehalte gegenüber Zuwanderern wieder intensivieren. „Die Vermischung der Wanderungsmotive“, schreibt dazu UNHCR, „ist ein Grund dafür, dass der
weit verbreitete Eindruck von Asylmissbrauch entsteht, der zudem von Politikern und den
Medien verstärkt wird“.111
Von derlei Vorbehalten sind andere europäische Staaten schon heute deutlich stärker
betroffen als Deutschland, was sich exemplarisch bei der vergangenen Wahl zum Europaparlament gezeigt hat. Ultimativ können Ressentiments gegenüber Zuwanderern und
ein Wiedererstarken von Nationalismus sogar die europäische Freizügigkeit gefährden
– nämlich dann, wenn sich die europäischen Staaten in der Frage der Verteilung von Asylsuchenden untereinander nicht mehr vertrauen.
Es gehört zum Grundverständnis europäischer Kultur, Menschen in Not und bei politischer Verfolgung zu helfen. Die große Aufgabe der kommenden Jahre wird daher sein,
unter erschwerten Voraussetzungen eine Migrations- und Flüchtlingspolitik zu verfolgen,
die weder zu restriktiv ist, noch die bestehenden Grenzen der Aufnahmebereitschaft
vernachlässigt. Davon können nicht nur Migranten profitieren, sondern auch die Mitglieder der EU.
Berlin-Institut 29
ANHANG
Region
Nordafrika
Ostafrika
Westafrika
Zentralafrika
Land
Ägypten
Algerien
Libyen
Marokko
Sudan
Tunesien
Westsahara
Äthiopien
Burundi
Dschibuti
Eritrea
Kenia
Komoren
Madagaskar
Malawi
Mauritius
Mayotte
Mosambik
Réunion
Ruanda
Sambia
Seychellen
Simbabwe
Somalia
Südsudan
Tansania
Uganda
Benin
Burkina Faso
Elfenbeinküste
Gambia
Ghana
Guinea
Guinea-Bissau
Kap Verde
Liberia
Mali
Mauretanien
Niger
Nigeria
Senegal
Sierra Leone
Togo
Angola
Äquatorialguinea
Gabun
Kamerun
Kongo
Kongo, Demokratische Republik
Sao Tome und Principe
Tschad
Zentralafrikansiche Republik
30 Krise an Europas Südgrenze
Einwohnerzahl,
2014
Einwohnerzahl
2050p
Bevölkerungs- BevölkerungsBevölkerungs- Gesamtwachstum,
fertilitätsrate, anteil
anteil der
der unter
2010–2015p 2013*
65-Jährigen
15-Jährigen,
und Älteren,
p
2015
2015p
Millionen
214
83,4
39,9
6,3
33,5
38,8
11,1
0,6
384
96,5
10,5
0,9
6,5
45,5
0,8
23,6
16,8
1,2
0,2
26,5
0,9
12,1
15,0
0,1
14,6
10,8
11,7
50,8
38,8
340
10,6
17,4
20,8
1,9
26,4
12,0
1,7
0,5
4,4
15,8
4,0
18,5
178,5
14,5
6,2
7,0
139
22,1
0,8
1,7
22,8
4,6
69,4
0,2
13,2
4,7
Millionen
319
121,8
54,5
8,4
42,9
77,1
13,2
0,8
869
187,6
26,7
1,2
14,3
97,2
1,5
55,5
41,2
1,2
0,5
59,9
1,1
25,4
44,2
0,1
26,3
27,1
24,8
129,4
104,1
815
22,1
40,9
42,3
4,9
45,7
24,5
3,5
0,6
9,4
45,2
7,9
69,4
440,4
32,9
10,3
14,5
316
54,3
1,6
3,3
48,6
10,6
155,3
0,4
33,5
8,5
Prozent
1,7
1,6
1,8
0,9
1,4
2,1
1,1
3,2
2,8
2,6
3,2
1,5
3,2
2,7
2,4
2,8
2,8
0,4
2,7
2,5
1,2
2,7
3,2
0,6
2,8
2,9
4,0
3,0
3,3
2,7
2,7
2,8
2,3
3,2
2,1
2,5
2,4
0,8
2,6
3,0
2,5
3,9
2,8
2,9
1,9
2,6
2,7
3,1
2,8
2,4
2,5
2,6
2,7
2,6
3,0
2,0
3,4
3,5
2,9
2,4
2,6
5,2
2,2
2,4
4,9
4,1
6,1
3,4
4,7
4,3
4,3
4,4
5,5
1,4
4,1
5,7
2,4
4,0
6,0
2,4
3,8
6,6
7,0
5,3
5,9
5,4
4,9
5,9
4,9
5,6
4,3
5,1
5,0
2,6
4,7
6,1
4,1
7,6
5,6
5,3
4,9
4,7
6,1
6,2
4,9
4,1
5,1
5,0
6,6
4,3
6,6
6,2
Prozent
31,2
30,9
28,4
29,4
27,9
40,5
23,2
26,1
43,2
41,4
44,9
33,6
43,0
41,8
41,7
41,7
44,8
18,9
43,7
45,1
24,7
41,5
46,3
22,2
38,5
46,7
41,5
44,7
47,9
43,7
42,2
45,0
41,0
45,7
38,0
41,8
41,0
28,2
42,3
47,5
39,7
50,1
44,4
43,3
40,9
41,6
44,6
47,0
38,5
38,3
42,5
42,5
44,5
41,4
47,9
39,2
Prozent
5,1
5,9
4,7
5,0
5,1
3,3
7,5
2,8
3,1
3,5
2,4
4,1
2,3
2,8
2,8
2,8
3,3
9,5
2,5
3,3
9,0
2,5
2,6
7,8
3,8
2,8
3,5
3,2
2,4
2,8
2,9
2,4
3,2
2,3
3,4
3,1
3,0
5,3
3,0
2,7
3,2
2,6
2,7
2,9
2,7
2,7
2,9
2,4
2,8
5,0
3,2
3,4
2,9
3,2
2,4
3,8
Pro Kopf
Bruttonationaleinkommen,
2013*
kaufkraftbereinigte
US-Dollar
–
10.850
12.990
28.110
7.000
2.370
10.960
–
–
1.350
820
–
1.180
2.250
1.560
1.350
760
17.220
–
1.040
–
1.430
3.070
23.270
1.560
–
2.190
1.750
1.370
–
1.780
1.560
2.900
1.620
3.880
1.160
1.240
6.220
790
1.540
2.850
910
5.600
2.240
1.750
1.180
–
6.770
23.240
17.220
2.660
4.720
680
2.950
2.000
600
Region
Naher Osten
EU-28
p
Einwohnerzahl,
2014
Einwohnerzahl
2050p
Bevölkerungs- BevölkerungsBevölkerungs- Gesamtwachstum,
fertilitätsrate, anteil
anteil der
der unter
2010–2015p 2013*
65-Jährigen
15-Jährigen,
und Älteren,
p
2015
2015p
Millionen
235
1,3
Bahrain
34,8
Irak
78,5
Iran
7,8
Israel
25,0
Jemen
7,5
Jordanien
2,3
Katar
3,5
Kuwait
5,0
Libanon
3,9
Oman
4,4
Palästinensische Autonomiegebiete
29,4
Saudi-Arabien
22,0
Syrien
9,4
Vereinigte Arabische Emirate
510
11,1
Belgien
7,2
Bulgarien
5,6
Dänemark
82,7
Deutschland
1,3
Estland
5,4
Finnland
64,6
Frankreich
11,1
Griechenland
63,5
Großbritannien
4,7
Irland
61,1
Italien
4,3
Kroatien
2,0
Lettland
3,0
Litauen
0,5
Luxemburg
0,4
Malta
16,8
Niederlande
8,5
Österreich
38,2
Polen
10,6
Portugal
21,6
Rumänien
9,6
Schweden
5,5
Slowakei
2,1
Slowenien
47,1
Spanien
10,7
Tschechische Republik
9,9
Ungarn
1,2
Zypern
Millionen
361
1,8
71,3
100,6
11,8
42,5
11,5
3,0
6,3
5,3
5,1
8,9
40,4
36,7
15,5
512
12,1
5,1
6,4
72,6
1,1
5,7
73,2
10,7
73,1
6,0
60,0
3,6
1,7
2,6
0,7
0,4
16,9
9,4
34,1
9,8
17,8
11,9
5,0
2,0
48,2
11,2
9,0
1,4
Prozent
Land
Projektion
* Verzeichnet Werte für das Jahr 2013 oder das
aktuellste Jahr, für das Daten verfügbar sind.
Datenquelle: United Nations, Department of Economic
and Social Affairs, Population Division (2013): World
Population Prospects: The 2012 Revision.
–
1,7
2,9
1,3
1,3
2,3
3,5
5,9
3,6
3,0
7,9
2,5
1,8
0,7
2,5
–
0,4
–0,8
0,4
–0,1
–0,3
0,3
0,5
0,0
0,6
1,1
0,2
–0,4
–0,6
–0,5
1,3
0,3
0,3
0,4
0,0
0,0
–0,3
0,7
0,1
0,2
0,4
0,4
–0,2
1,1
Prozent
–
2,1
4,1
1,8
3,0
4,4
3,5
2,1
2,4
1,5
2,8
4,1
2,9
3,0
1,8
1,5
1,8
1,5
1,7
1,4
1,5
1,8
2,0
1,3
1,9
2,0
1,4
1,6
1,5
1,6
1,6
1,4
1,7
1,4
1,2
1,2
1,3
1,9
1,3
1,5
1,3
1,5
1,3
1,5
–
21,6
39,2
24,1
28,0
39,1
33,4
13,6
24,6
19,4
21,9
39,0
28,3
34,5
16,1
–
17,2
14,0
17,3
12,9
16,1
16,5
18,1
14,7
17,6
21,6
14,0
14,6
15,5
15,4
17,3
14,2
16,8
14,4
15,1
14,4
15,1
17,3
15,2
14,5
15,5
15,4
14,8
16,6
Prozent
–
2,3
3,2
5,5
10,9
3,0
3,6
0,9
2,4
8,8
3,0
3,1
3,0
4,3
0,5
–
18,6
19,9
18,6
21,4
18,4
20,4
18,7
20,2
18,1
12,6
21,7
19,0
18,6
15,7
14,4
17,7
18,1
18,7
15,3
19,4
15,4
20,0
13,6
17,9
18,3
17,6
17,6
12,8
Pro Kopf
Bruttonationaleinkommen,
2013*
kaufkraftbereinigte
US-Dollar
–
36.140
15.220
15.600
32.140
3.820
11.660
123.860
88.170
17.390
52.170
4.900
53.780
–
58.090
–
40.280
15.200
44.440
44.540
24.230
38.480
37.580
25.630
35.760
35.090
34.100
20.370
21.390
23.080
59.750
26.400
43.210
42.540
22.300
25.350
18.060
44.660
24.930
27.680
31.850
25.530
20.930
29.570
Mit Ausnahme:
Gesamtfertilitätsrate: Population Reference Bureau
(2014): 2014 World Population Data Sheet.
Washington, DC.
BNI pro Kopf: World Bank (2014): World Development
Indicators. Washington, DC.
Berlin-Institut 31
QUELLEN UND ANMERKUNGEN
1
Alle Daten zur Bevölkerungsentwicklung stammen, wenn nicht
anders angegeben, aus folgender
Quelle: United Nations, Department
of Economic and Social Affairs,
Population Division (2013): World
Population Prospects: The 2012
Revision. Medium Fertility.
10
Kröhnert, S. (2006): Warum entstehen Kriege? Welchen Einfluss die
demografische und ökonomische
Entwicklung auf die Entstehung
bewaffneter Konflikte haben. Berlin:
Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung.
11
2
United Nations Department for
Economic and Social Affairs (2013):
232 million international migrants
living abroad worldwide – new UN
global migration statistics reveal.
Pressemeldung vom 11.09.2013.
Department of Public Information.
http://esa.un.org/unmigration/
wallchart2013.htm (abgerufen am
22.08.2014).
3
United Nations High Commissioner
on Refugees (2014): UNHCR 2013:
Global Trends 2013. War’s Human
Cost. Genf.
4
Oudah-Bededi, Z., Vallin, J. und
Bouchoucha, I. (2012): Unexpected
developments in Maghrebian
Fertility. Population & Societies. Nr.
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for Demographic Studies.
Cincotta, R. P., Engelman, R. und
Anastasion, D. (2003): The Security
Demographic – Population and Civil
Conflict After the Cold War.
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International.
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Kröhnert, S. (2006): Warum entstehen Kriege? Welchen Einfluss die
demografische und ökonomische
Entwicklung auf die Entstehung
bewaffneter Konflikte haben. Berlin:
Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung.
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Bulge: A Demographic Dividend or
Disaster? In: Adeoti, J. O. et al. (Hg.):
Foresight Africa. Top Priorities for
the Continent 2012. Washington, DC:
Brookings. S. 9-12.
14
5
Population Reference Bureau
(2014): 2014 World Population Data
Sheet. Washington, DC. Eigene
Berechnungen.
6
Population Reference Bureau
(2014): 2014 World Population Data
Sheet. Washington, DC.
7
Klingholz, R. (2014): Sklaven des
Wachstums. Die Geschichte einer
Befreiung. Frankfurt: Campus Verlag.
8
Population Reference Bureau
(2014): 2014 World Population Data
Sheet. Washington, DC.
9
Population Reference Bureau
(2014): 2014 World Population Data
Sheet. Washington, DC.
Eigene Berechnungen.
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Entwicklung.
15
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East and North Africa. Population
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16
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for children of primary school age.
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Language=eng# (abgerufen am
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Statistique, Institut National de la
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Health and Demographic Survey
2013. Preliminary Report. Rockville:
Demographic and Health Surveys
Program.
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Ghana Multiple Indicator Cluster
Survey with an Enhanced Malaria
Module and Biomarker 2011. Final
Report. Accra.
20
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Office [Eritrea] und ORC Macro
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Health Survey 2002. Calverton.
21
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North Africa: Demographic Opportunity or Challenge? Washington, DC:
Population Reference Bureau.
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Economic and Social Affairs,
Population Division (2013): World
Population Prospects: The 2012
Revision, eigene Berechnungen.
23
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Africa. München: Roland Berger
Strategy Consultants GmbH.
24
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of Emerging Market Economies.
Vol. 5. Nr. 3. S.215-267.
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a Demographic Dividend. In: Africa
and the Demographic Dividend.
Washington, DC. www.prb.org/
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26
Woellert, F. und Klingholz, R.
(2014): Neue Potenziale. Zur Lage der
Integration in Deutschland. Berlin:
Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung.
Aus den Mikrozensus-Daten lässt sich
für den Nahen Osten lediglich die
Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund aus Iran, Irak und
Libanon separat beziffern. Es sind
112.000, 148.000 respektive
114.000. Für die anderen Länder
lassen die Fallzahlen keine statistische Auswertung zu. Da aus dem
Nahen Osten ansonsten vor allem
Migranten aus Syrien in Deutschland
leben, ergibt sich die geschätzte
Gesamtzahl von 450.000.
27
Woellert, F. und Klingholz, R.
(2014): Neue Potenziale. Zur Lage der
Integration in Deutschland. Berlin:
Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung.
28
Statistisches Bundesamt (2014):
Bevölkerung und Erwerbstätigkeit.
Vorläufige Wanderungsergebnisse.
Wiesbaden.
29
Statistisches Bundesamt (2014):
Bevölkerung und Erwerbstätigkeit.
Vorläufige Wanderungsergebnisse.
Wiesbaden.
30
Institut national de la statistique et
des études économiques. (2014):
Résultats du recensement de la
population 2011. NAT1 - Population
par sexe, âge et nationalité.
www.insee.fr/fr/themes/tableau_
local.asp?ref_id=NAT1&millesime=
2011&niveau=3&nivgeo=FE&codg
eo=1. (abgerufen am 22.08.2014).
31
Institut national de la statistique et
des études économiques. (2014) :
Résultats du recensement de la
population 2011. IMG1B – Les
immigrés par sexe, âge et pays de
naissance. www.insee.fr/fr/themes/
tableau_local.asp?ref_id=IMG1B&
millesime=2011&niveau=1&typgeo=
FE&codgeo=1.
(abgerufen am 22.08.2014).
32
Eurostat (2014): Online-Datenbank. Luxemburg.
33
Instituto Nacional de Estadística
(INE). (2014) : Migraciones
exteriores (Año 2013). Resultados
provisionales. Tabelle 1.19.
www.ine.es/jaxi/menu.do?type=
pcaxis&path=/t20/p277/prov/
e01/&file=pcaxis. (abgerufen am
21.08.2014).
34
Eurostat (2014): Online-Datenbank. Luxemburg.
35
United Nations High Commissioner for Refugees (o.J.): All in the
same boat: The challenges of mixed
migration. www.unhcr.org/
pages/4a1d406060.html.
(abgerufen am 20.08.2014).
36
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Statistical Online Population Database. Genf.
37
United Nations High Commissioner for Refugees (o.J.): All in the
same boat: The challenges of mixed
migration. www.unhcr.org/
pages/4a1d406060.html. (abgerufen am 20.08.2014).
38
Frontex (2014): Annual Risk
Analysis 2014. Warschau.
39
Europäische Kommission (2014):
Fünfter Halbjahresbericht zum
Funktionieren des Schengen-Raums.
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für Schüler
2 Ungleiche
Nachbarn
3 Glaube, Macht 4 Schwieriges
Wachstum
und Kinder
(2009)
Die demografische
Entwicklung in
Deutschland und
Frankreich verläuft
gegensätzlich – mit
enormen Langzeitfolgen
(2010)
Erobern religiöse
Menschen mit
vielen Nachkommen
die Welt?
(2010)
Bevölkerungsdynamik – das
vergessene
Thema der Entwicklungspolitik
(2011)
Wie sich mit Stipendienprogrammen
Begabte finden und
fördern lassen
(2012)
Was frühkindliche
Sprachförderung
leisten kann
7 Alt aber
glücklich
8 Das Trilemma
des Wachstums
9 Bildung wirkt
11 Demografisches Neuland
12 Anleitung zum
Wenigersein
(2012)
Führt eine
schrumpfende und
alternde Bevölkerung zu weniger
Wohlstand?
(2012)
Bevölkerungswachstum, Energieverbrauch und
Klimawandel – drei
Probleme, keine
Lösung?
10 Wohnen im
demografischen
Wandel
(2013)
Schneller noch als
Deutschland muss
Japan Antworten auf
eine schrumpfende
und alternde Gesellschaft finden
(2013)
Vorschlag für eine
Demografiestrategie
13 Bildung von
klein auf sichert
Zukunft
14 Die Zukunft
15 Russland neu
des Generationen- gezählt
vertrags
(2014)
(2013)
Warum frühkindliche
Förderung
entscheidend ist
(2014)
Wie sich die Lasten
des demografischen
Wandels gerechter
verteilen lassen
1 Kleine Erfolge
(2009)
Auch wenn es in
Deutschland 2008
weniger Nachwuchs
gab: Die Menschen
bekommen wieder
mehr Kinder – vor
allem im Osten der
Republik
(2012)
Lebenslanges Lernen
für Wachstum und
Wohlstand
(2012)
Der Einfluss demografischer Faktoren
auf die Preisentwicklung von
Wohnimmobilien
6 Dem Nachwuchs eine
Sprache geben
Was die jüngsten
Zensusergebnisse
über Russlands
Bevölkerungsentwicklung verraten
Berlin-Institut 35
Berlin-Institut
für Bevölkerung und Entwicklung
Schillerstraße 59
10627 Berlin
www.berlin-institut.org