Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 05:01
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Nr.
4413 /17/1
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 63 Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Bauen, Wohnen und Mobilität
24.01.2018
Betreff
Schrott- / Problemimmobilien - Definitionserklärung
Anträge der SPD vom 05.09.17 und Fraktion Die Linke vom 19.09.2017
Beschlussentwurf:
Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen ja
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
X nein
Begründung
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Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 4413 /17/1
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
Die Begriffe Schrott- und Problemimmobilien werden oft gleichwertig verwendet, sind aber zu differenzieren.
1. Definitionserklärung
Schrottimmobilien:
Es handelt sich um Immobilien, die wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben bzw. am Markt zu
platzieren sind und die unter wirtschaftlich vertretbarem Aufwand auch nicht mehr in einen Zustand zu bringen sind, in dem sie auch langfristig am lokalen und regionalen Immobilienmarkt zu
platzieren wären.
In Bezug auf die Stadtentwicklung und den Stadtumbau werden oft schon verwahrloste, leerstehende Immobilien als "Schrottimmobilien" bezeichnet.
Für die Bauaufsichtsbehörde sind solche Schrottimmobilien dann relevant, wenn von ihnen eine
direkte physische Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht oder zu erwarten
ist. Wenn insbesondere der öffentliche Raum gefährdet wird, besteht sofortiger Handlungsbedarf. Dieser beschränkt sich jedoch vor dem Hintergrund der Eigentümerverantwortung in der
Regel auf Absperr- und Sicherungsmaßnahmen in "Ersatzvornahme", welche das Erscheinungsbild der Immobilie dann meist noch weiter verschlechtern, wie z. B. die Häuser Lindenstraße 5-7.
Problemimmobilien:
Das äußere Erscheinungsbild ist nachrangig, da hier der Fokus auf dem Inneren der Gebäude
liegt.
Für die „Arbeitsgruppe Problemimmobilien“ sind nur bewohnte Gebäude von Interesse. Die
Häuser befinden sich oftmals in einem vernachlässigten Zustand. Die Umstände, in denen Menschen dort leben, sind oft katastrophal und gehen einher mit großen hygienischen und brandschutztechnischen Mängeln, wie z.B. das Fehlen von gesicherten Rettungswegen. Erfahrungsgemäß wurden oft ungenehmigte Umbauten und Nutzungsänderungen vorgenommen.
Immer mehr Immobilieneigentümer vermieten die Wohnungen in solchen Gebäuden teilweise
mit erheblichen Mängeln zu überhöhten Mieten an Zuwanderer. Gleichzeitig treten Vermieter
teilweise als Scheinarbeitsgeber auf. Dies macht das Eingreifen der Stadt zum Schutz vor unzumutbaren Wohnverhältnissen erforderlich.
2.
Bericht über die 1. Aktion aus Sicht des Fachbereichs 63 / Bauaufsicht
Am 22.09.2017 wurden die Häuser Seidenstr. 31 und 33 im Rahmen einer konzertierten Aktion
von Polizei, Feuerwehr, Bauaufsicht und weiteren Ämtern aufgesucht.
Seidenstr. 31:
Aus bauaufsichtlicher Sicht führten folgende Mängel zu einer konkreten Gefährdung der Nutzer
des Gebäudes Seidenstraße 31 und machten die Nutzungsuntersagung des gesamten Gebäudes
unumgänglich:
•
•
der ungenügende 1. Rettungsweg durch den innenliegenden, nicht zu entrauchenden
Treppenraum
die fehlenden oder ungenügenden Brandschutzabschottungen des Treppenraumes zu
einigen Wohnungen und zum Keller
Begründung
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•
•
•
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die teilweise nicht vorhandenen 2. Rettungswege
der teilweise ersichtliche unfachmännische Zustand der elektrischen Anlage und die daraus resultierende Gefahr eines Entstehungsbrandes
die großen Mengen von Brandlasten in Form von Müll und Sperrmüll
die teilweise offensichtlich ungesunden hygienischen Zustände, wie z. B. Schimmel in den
Wohnungen und erheblicher Rattenbefall im Keller
sowie die ungenehmigten Umbauten und Nutzungsänderungen
Die Bewohner wurden über die Nutzungsuntersagung persönlich und teilweise mit Hilfe der
Dolmetscher durch die Bauaufsicht informiert und darauf hingewiesen, kurzfristig die nötigsten
Dinge einzupacken.
Der Fachbereich Soziales hatte für diesen Fall Notunterkünfte und Mitarbeiter bereitgestellt. Die
Bewohner wurden mit einem bereitgestellten Bus zu den Notunterkünften in Form von ausgestatteten Wohnungen gebracht.
Vorher wurde ein Termin für Montag, den 25.09.2017 um 10:00 Uhr vor dem Haus Seidenstraße
31 vereinbart, um den Bewohnern die Möglichkeit zu geben, weitere Sachen aus ihren Wohnungen holen zu können. Weitere Termine wurden zugesagt.
Seidenstr. 33:
Die Verhältnisse im Haus 33 waren weniger beeinträchtigend als im Haus 31, so dass von einer
Nutzungsuntersagung abgesehen werden konnte.
Für vorgenommene Umbauten und Nutzungsänderungen lagen keine Baugenehmigungen vor.
Alle Brandlasten und das Gerümpel im Treppenraum und Dachgeschoss waren zu entfernen. Das
galt auch für das Dachgeschoss, da hier wirksame Löscharbeiten unnötig erschwert würden. Die
Kellergeschosse waren brandschutztechnisch vom Treppenraum abzuschotten. Der Rettungsweg
über die Notleiter war auf Funktion und Standsicherheit zu überprüfen.
3.
Informationen zum Förderantrag
Der Förderantrag zur Aufnahme in das Modellvorhaben Problemimmobilien wurde am
30.11.2017 bei der Bezirksregierung eingereicht.
Die Vorlage zum Förderantrag war am 23.11. im Planungsausschuss und am 5.12. im Hauptausschuss und Rat, mit dem Beschluss zur Beauftragung der Verwaltung, den Förderantrag zu stellen.
Die Vorlage 4634/17 ist im Sitzungsdienst einzusehen.
Aus der Begründung des Förderantrags:
Über den Veränderungsnachweis sollen für die Thematik "Problemimmobilien" für die Jahre
2018 - 2021 jeweils 1.200.000 € beim FB 21 (PSP-Element 7.621.201.700.100, Kostenart
78212000 - Erwerb von bebauten Grundstücken) im Haushalt 2018 etatisiert werden. Dabei wird
von einem Fördersatz von 95 % (= 1.140.000 €/a) ausgegangen.
Mit Einführung der Freizügigkeitsregelung durch die Europäische Union ist die Anzahl der Zuwanderer aus dem EU-Ausland auch in Krefeld stark gestiegen. Damit einhergehend hat gleich-
Begründung
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zeitig die Armutszuwanderung deutlich zugenommen und bedingt durch ein z.T. geringes Bildungsniveau sinken die Chancen der Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt. Damit steigt gleichzeitig
die Zahl der Sozialtransferbezieher deutlich an. Vor allen Dingen ist ein Anstieg des Zuzugs von
Bürgern aus dem südosteuropäischen Raum zu verzeichnen und konzentriert sich in den südlichen innerstädtischen und daran angrenzenden Bereichen. Betroffen sind strukturschwache,
citynahe Quartiere mit vernachlässigten, größtenteils gründerzeitlichen Wohnungsbeständen
und hoher Fluktuation. Diese entwickeln sich immer mehr zu Zuwanderungsstadtteilen. Nicht
investitionsbereite Immobilieneigentümer und teilweise prekäre und unzumutbare Miet- und
Wohnverhältnisse wirken sich in der Folge negativ auf das ganze Quartier und darüber hinaus
aus. Missstände im Umfeld ziehen weitere Missstände nach sich. Dies führt zu einer Destabilisierung und gleichzeitiger Stigmatisierung der Stadtteile. Die Quartiere stehen damit auf der Kippe.
Die Stadt Krefeld verzeichnete in den letzten Jahren einen Bevölkerungsrückgang. So sank die
Einwohnerzahl von ca. 240.000 in 2006 auf 232.000 in 2015. Die Tendenz sieht wieder einen
leichten Zuwachs in den Bevölkerungszahlen seit 2015.
Einerseits ist dies bedingt durch die Flüchtlingskrise und zunehmende Zuwanderungssituation,
andererseits aber auch auf Grund des steigenden Wohnungsdrucks im Großraum Düsseldorf.
Der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung Krefelds liegt derzeit bei
rund 15,9 % und stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an.
Die größte ausländische Gruppe kommt dabei mit 82% aus Europa. Die meisten Ausländer mit
jeweils ca. 30 % kommen aus Süd- und Osteuropa sowie der Türkei. Mit 28% stellen die Türken
die größte ausländische Gruppe dar. Der Anteil der türkischen Bevölkerung nimmt in den letzten
Jahren stetig ab, dafür steigt der Anteil der Polen, Rumänen und Bulgaren weiter an.
Die Innenstadt Krefelds wurde 2010 in das Bund-Länder-Förderprogramm „Stadtumbau-West“
aufgenommen. Damit bekam die Stadt trotz angespannter Haushaltslage die Möglichkeit richtungsweisende öffentliche Investitionen zu tätigen. Das Handlungskonzept für das Stadtumbaugebiet wurde zwischenzeitlich fortgeschrieben und ist richtungsweisend für die nächsten Jahre,
um städtebauliche Strukturen weiterhin nachhaltig zu verbessern. Maßnahmen im öffentlichen
Raum reichen jedoch nicht aus, um ein Quartier zu stabilisieren.
Zwar werden im Rahmen des Stadtumbau-West-Förderprogramms seit 2012 auch finanzielle
Anreize für private Immobilieneigentümer durch das Hof- und Fassadenprogramm geschaffen,
jedoch werden hiermit nur die handlungsfähigen und investitionsbereiten Eigentümer erreicht.
Die Eigentümer sogenannter Problemimmobilien sind oft nicht in der finanziellen Lage, sind mit
der Unterhaltung und Instandhaltung der Immobilie überfordert oder handeln in unseriöser,
profitorientierter Absicht.
Inzwischen wurden 40 Problemimmobilen identifiziert, verteilt auf drei örtliche Schwerpunktgebiete. Ein Teil der baulich stark vernachlässigten Gebäude befindet sich im südlichen Bereich der
Innenstadt innerhalb des Stadtumbaugebietes. Aber auch unmittelbar angrenzend an das Stadtumbaugebiet südlich im Bereich Lehmheide (statistischer Bezirk 052) sowie östlich im Bereich
Schinkenplatz (statistischer Bezirk 042) tragen eine Vielzahl verwahrloster Immobilien zur Destabilisierung der Wohnquartiere bei und wirken negativ bis weit in das Fördergebiet.
Die Stadt selbst ist personell nur punktuell in der Lage bei massiven sicherheitsrelevanten Mängeln an den Wohngebäuden einzugreifen. Die anstehenden umfangreichen Aufgaben sind allerdings nicht ohne Unterstützung zu bewältigen. Daher ist beabsichtigt, ergänzend einen Sanierungsträger zu beauftragen. Der Sanierungsträger soll als Treuhänder der Stadt die Vorbereitung
und Durchführung von geeigneten Maßnahmen sowie ggf. ergänzend vorbereitende Untersu-
Begründung
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chungen als Grundlage zur Entscheidung über weiterführende Maßnahmen, den Ankauf von
Immobilien sowie die Durchführung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen übernehmen.
Die Möglichkeiten zum Erwerb der Problemimmobilien über Zwangsversteigerung oder einen
freihändiger Erwerb sollen vorab geprüft werden. Beim Ankauf ist zu klären, in wie weit Dritte
wie z.B. das städtische Wohnungsunternehmen Wohnstätte Krefeld beteiligt werden können.
Die Stadt beabsichtigt Immobilien in den oben genannten Problemquartieren durch Erwerb vom
Markt zu nehmen. Dabei soll zunächst geprüft werden, inwieweit ein Abriss der Gebäude mit
anschließender Herrichtung des Grundstücks für eine öffentliche Nutzung infrage kommt oder
alternativ durch eine Ertüchtigung die Wohngebäude wieder am Markt platziert werden können.
Die Stadt Krefeld ist ohne die Unterstützung einer Förderung nicht in der Lage, Maßnahmen gegen die deutliche Zunahme sogenannter Problemimmobilien zu ergreifen. Im Rahmen des Modellprojektes sollen 6 Mio. EUR für die oben genannten Maßnahmen in den nächsten 5 Jahren
im Haushalt der Stadt verankert werden. Der Förderungssatz zu diesem 2017 erstmals aufgelegten Programm betrug 95 %. Dies ist auch Grundlage der Etateinplanung für 2018 ff. Eine Entscheidung über den konkreten Förderungssatz ist erst im Frühjahr 2018, nach Bildung einer neuen Bundesregierung, zu erwarten.
Weitere Informationen können beim Fachbereich 61 / Stadtplanung (Ansprechpartnerin: Frau
Causin) eingeholt werden.
4.
Weitere Informationen
Das Bundesministerum für Umwelt, Naturschutz, Bau und Umwelt bietet eine Broschüre Verwahrloste Immobilien – Leitfaden zum Einsatz von Rechtsinstrumenten beim Umgang mit verwahrlosten Immobilien – „Schrottimmobilien“ an, die dort angefordert werden kann.
Begründung
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