Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 05:04
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 29.09.2016
Nr.
3176 /16
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 200/br Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften
26.10.2016
Rat
03.11.2016
Betreff
Auswirkungen aus der Einführung des § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG)
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss empfiehlt / der Rat der Stadt Krefeld beschließt die Abgabe der Optionserklärung
dahingehend bei der Finanzverwaltung einzureichen, dass die
Altregelung über den 31.12.2016 hinaus weiter angewendet wird.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen ja
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
X nein
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 3176 /16
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
Vorbemerkung
Mit Artikel 12 des sog. „Steueränderungsgesetzes 2015“ vom 02.11.2015 wurde das Umsatzsteuerrecht für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) auf eine völlig neue Grundlage gestellt.
Mit Wirkung ab dem 01.01.2017 wird durch die Einführung des § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG)
die umsatzsteuerliche Betrachtung der Tätigkeiten von jPöR tendenziell deutlich ausgeweitet.
Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand
Umsatzsteuerlicher Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausübt. JPöR waren unter
diesen Voraussetzungen nach bisheriger Rechtslage im Wesentlichen mit ihren Betrieben gewerblicher Art im Sinne des Körperschaftsteuerrechts unternehmerisch tätig.
Nach dem neuen § 2b UStG werden jPöR, verkürzt ausgedrückt, nur noch dann nichtunternehmerisch tätig, wenn sie in Ausübung öffentlicher Gewalt (hoheitlich) handeln und eine Behandlung als Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Wann eine größere Wettbewerbsverzerrung nicht anzunehmen ist, wird in den Absätzen 2 und 3
des § 2b UStG aufgeführt (z.B. geringfügige Tätigkeiten und bestimmte Kooperationsleistungen).
Demnach unterliegen Tätigkeiten, die auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, nach
neuem Recht der Umsatzbesteuerung, auch wenn es sich dabei nicht um einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) i.S.d. Körperschaftsteuerrechts handelt.
Dies betrifft u.a. den bisher steuerrechtlich generell nicht relevanten Bereich der Vermögensverwaltung (z.B. Vermietung und Verpachtung).
Für Tätigkeiten, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt erbracht werden, muss anhand der Vorgaben des neuen § 2b UStG im Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit Umsatzsteuer in
Rechnung zu stellen ist.
Weiteres Vorgehen
Es ergeben sich somit bereits für das Jahr 2016 folgende Handlungsnotwendigkeiten:
- Einleitung der Bestandsaufnahme, indem eine Einnahme- und Vertragsinventur durch den
Fachbereich 20 / Eigene Steuerangelegenheiten vorgenommen wird;
- Überprüfung der Ausgabenpositionen, um ggf. Vorsteuerabzug (§15 UStG) zu generieren, der
unmittelbar oder mittelbar mit der Erfassung und Versteuerung
„neuer Umsätze“ im Sinne des § 2b UStG zusammenhängt;
- Aufsetzen einer Projektstruktur, auf welche Weise die an der Informationsgewinnung beteiligten Fachbereiche und Mitarbeiter zukünftig (nach der Einnahme- und
Begründung
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Vertragsinventur) in die Lage versetzt werden können, sämtliche notwendigen und relevanten
Informationen für eine sachgerechte umsatzsteuerliche Beurteilung
liefern zu können;
- Anpassung der Prozessorganisation in steuerlichen Angelegenheiten an die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen, um der Stadt Krefeld als
Steuerschuldner -auch zukünftig- ein in steuerlicher Hinsicht gesetzeskonformes Handeln
(Stichwort: Tax-Compliance) zu ermöglichen.
Es wird erforderlich sein, Verträge, Vereinbarungen und sonstige Kooperationen der Stadt Krefeld in allen Verwaltungsbereichen (Kernbereiche, Eigenbetriebe, Regiebetriebe) zu erfassen und
steuerlich zu bewerten, sowie gegebenenfalls steueroptimierte Alternativlösungen aufzuzeigen
und mit umzusetzen. In diesem Zusammenhang hat eine Erfassung der bestehenden steuerlichen Risiken und deren Bewertung zu erfolgen.
Hier sei bereits angemerkt, dass die dargestellten Handlungsprozesse und auch der anschließende Regelbetrieb eine Aufstockung des Personalbestands erforderlich macht.
Diese Einschätzung teilt auch der Deutsche Städtetag, der in seinem BdK-Verteiler vom
24.09.2015 zur „Neuregelung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft der öffentlichen
Hand“ ausführt: „Die Neuregelung wird von den Kommunen im Interesse der Rechts- und Planungssicherheit grundsätzlich begrüßt, bringt aber zugleich auch erhebliche umsatzsteuerliche
wie administrative Zusatzbelastungen für die kommunalen Haushalte mit sich“.
Optionsregelung nach § 27 Abs. 22 UStG
Die Gesetzesänderung hat erhebliche Bedeutung für viele jPöR und gilt grundsätzlich bereits für
Umsätze, die ab dem 01.01.2017 getätigt werden.
Um jedoch einen geordneten Wechsel in das neue Besteuerungssystem zu ermöglichen hat der
Gesetzgeber in § 27 Abs. 22 UStG eine langfristige Übergangsregelung in das Umsatzsteuergesetz
aufgenommen.
Danach können jPöR eine Optionserklärung bei dem für sie zuständigen Finanzamt abgeben und
damit längstens bis zum 31.12.2020 weiterhin nach alter Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG in der am
31.12.2015 geltenden Fassung) besteuert werden.
Diese Optionserklärung muss spätestens bis zum 31.12.2016 beim zuständigen Finanzamt eingehen (Ausschlussfrist!). Es empfiehlt sich für die bessere Nachvollziehbarkeit die Abgabe der Optionserklärung in Schriftform.
Diese Erklärung kann nicht auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen beschränkt werden
und ist durch den gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten abzugeben.
Sollte sich nach Abgabe der Optionserklärung herausstellen, dass die Neuregelung (§ 2b UStG)
für die Besteuerung der Stadt Krefeld günstiger ist, ist ein Widerruf der Optionserklärung auch
rückwirkend möglich, vgl. § 27 Abs. 22 Satz 6 UStG.
Begründung
Seite 4
Die Oberfinanzdirektion empfiehlt die Abgabe der Optionserklärung auch dann, wenn noch nicht
abschließend beurteilt werden kann, ob die gesetzliche Neuregelung günstiger ist als die bisherige Rechtslage.
Zu beachten ist, dass nach derzeitiger Auffassung nach einem Wechsel zum neuen Recht die
Rückkehr zur Altregelung nicht möglich ist.
Fazit
Die zu ergreifenden Handlungsmaßnahmen sind zeitintensiv, insbesondere die Analyse der Ausgangsleistungen und die Überlegungen zur Vertragsprophylaxe. Hinzu kommt, dass die Finanzverwaltung bisher keine Ausführungsbestimmungen zum § 2b UStG bekanntgegeben hat. Mit
einem Erlass des Bundesfinanzministeriums ist nach derzeitigen Verlautbarungen erst im Spätherbst 2016 / Frühjahr 2017 zu rechnen.
Im Hinblick auf die bis zum 31.12.2016 abzugebende Optionserklärung ergibt sich hierdurch zeitlicher und sachlicher Druck.
Der Ausschuss empfiehlt / der Rat der Stadt Krefeld beschließt die Abgabe der Optionserklärung
dahingehend bei der Finanzverwaltung einzureichen, dass die Altregelung über den 31.12.2016
hinaus weiter angewendet wird. Diese Vorgehensweise hat nach derzeitiger Einschätzung keine
negative Auswirkung auf den steuerlichen Status der Stadt Krefeld.