Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 05:07
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TOP 9
Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 06.08.2015
Nr.
1680 /15
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 61/02 Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Verwaltung, Vergabe, Ordnung und Sicherheit
26.08.2015
Betreff
Gefahren durch sog. Schrottimmobilien
- Anträge der Fraktionen SPD vom 09.07.2015, CDU vom 13.07.2015
- Antrag der FDP-Fraktion vom 16.04.2015 (BauA)
Beschlussentwurf:
Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen
ja
X nein
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 1680 /15
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
Die SPD-Fraktion bittet mit Antrag vom 09.07.2015 und die CDU-Fraktion mit Antrag vom
13.07.2015 um einen Bericht der Verwaltung zum Umgang mit verwahrlosten Immobilien
(„Schrottimmobilien“) in Krefeld.
In letzter Zeit häufen sich die Presseberichte zu verwahrlosten Immobilien („Schrottimmobilien“)
in Krefeld, von denen, auf Grund ihres maroden Zustands, möglicherweise eine Gefährdung ausgeht. Oftmals haben sich Dach- und Fassadenteile gelöst, die auf die öffentliche Verkehrsfläche
zu fallen drohen.
Daher steht oftmals die Frage im Raum, in wie weit die Verwaltung gegen die Gefahrenlage und
den allgemein schlechten Gebäudezustand vorgehen kann.
Unter dem Link „http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/
Broschueren/verwahrloste_immobilien_broschuere_bf.pdf“ hat das Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit umfassendes Informationsmaterial für die bestehende Problemlage zusammengestellt.
Zusammengefasst kommt folgendes Instrumentarium generell in Betracht:
I. Bauplanungsrecht
Aus dem Bereich Bauplanungsrecht können folgende Rechtsinstrumente zur Anwendung kommen:
Verbindliche Bauleitplanung
Städtebauliche Gebote gemäß §§ 175 ff. BauGB
Enteignung nach § 85 BauGB
Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB
Vorkaufsrechtsatzung nach § 25 BauGB
Erhaltungssatzung nach § §172 ff. BauGB
Städtebauliche Sanierungsmaßnahme nach §§ 136 ff. BauGB und
Stadtumbaumaßnahmen nach §§ 171a ff. BauGB.
Verbindliche Bauleitplanung
Durch Bauleitplanung, insbesondere durch den Erlass von Satzungen zum B-Plan, leitet und begrenzt die Gemeinde die Bau- und Handlungsfreiheit des Eigentümers, dessen Eigentumsrechte
durch das Grundgesetz geschützt sind. Durch die in § 9 BauGB abschließend aufgezählten Festsetzungen im B-Plan werden die Gemeinden in ihrer Planungshoheit auf städtebauliche Ziele und
Zwecke beschränkt. Der B-Plan schafft Rechts- und Investitionssicherheit für die Zulassung von
Vorhaben und bildet zugleich die Grundlage für den Vollzug notwendiger Maßnahmen im Vorfeld, etwa für die Erschließung von Baugebieten oder die Neuordnung von Grundstücken.
Unter Umständen können Eigentümer sogar zur Verwirklichung der im B-Plan getroffenen Festsetzungen verpflichtet werden. Wegen ihres normativen Charakters können Festsetzungen in
rechtsverbindlichen B-Plänen durch Instrumente wie Gebote nach §§ 176, 178, 179 BauGB
durchgesetzt werden oder nach § 85 BauGB Grundlage einer Enteignung sein.
Städtebauliche Gebote gemäß §§ 175 ff. BauGB
Die städtebauliche Gebote gemäß §§ 175 ff. BauGB kommen für Maßnahmen der Instandsetzung, der Standardverbesserung / Modernisierung, der Anpassung und des Abbruchs von verwahrlosten Immobilien in Betracht.
Als Voraussetzung für die Anwendung gilt:
Begründung
Seite 3
• Sie müssen aus städtebaulichen Gründen erforderlich sein; sie lassen sich aus formellen oder
informellen Planungen sowie aus dem allgemeinen städtebaulichen Kontext ableiten.
• Die alsbaldige Durchführung muss erforderlich sein.
• Es besteht die Pflicht für die Kommune mit den Betroffenen zuvor zu sprechen.
• Die Kommune soll die Betroffenen hinsichtlich der Durchführung und eventueller öffentlicher
Fördermöglichkeiten beraten.
Modernisierungsgebot gemäß § 177 Abs. 2 BauGB
Durch dieses Gebot kann die Verpflichtung des Eigentümers zur Beseitigung der im Inneren und
Äußeren der baulichen Anlage vorhandenen Missstände ausgesprochen werden.
Von Missständen ist dann auszugehen, wenn die bauliche Anlage insbesondere nicht den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entspricht. Durch das Gebot
soll ein neuer verbesserter Standard geschaffen werden, wobei hierbei Ober- und Untergrenzen
Beachtung finden müssen. Auch muss dieser verbesserte Standard nach ganz herrschender Meinung technisch möglich, baurechtlich zulässig und wirtschaftlich vertretbar sein (Modernisierung
gemessen an dem Aufwand für die Alternative Abbruch und Neuaufbau die Grenze des wirtschaftlich Sinnvollen) .
Das Modernisierungsgebot kommt dann in Betracht, wenn noch eine Nutzung vorliegt und städtebauliche Gründe die alsbaldige Beseitigung der Missstände geboten erscheinen lassen. Eine
solche Situation wird gegeben sein, wenn das betreffende Grundstück in einem Aufwertungsoder Stabilisierungsbereich liegt.
Fazit:
Die Hauptrestriktion für die Gemeinde in der Anwendung liegt in der Verpflichtung zur Erstattung unrentierlicher Kosten.
Instandsetzungsgebot gemäß § 177 Abs. BauGB
Mit diesem Gebot kann die Gemeinde den Eigentümer zur Beseitigung der im Inneren und Äußeren der baulichen Anlage vorhandenen Mängel verpflichten.
Mängel im Sinne des § 177 Abs. 3 BauGB sind Verschlechterungen des ursprünglichen Zustands
der baulichen Anlage, die insbesondere durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinflüsse oder
Einwirkung Dritter verursacht worden sind. Beispiele hierfür sind:
• die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage wird nicht nur unerheblich beeinträchtigt,
• die bauliche Anlage beeinträchtigt nach ihrer äußeren Beschaffenheit das Straßen- und Ortsbild nicht nur unerheblich,
• die bauliche Anlage ist erneuerungsbedürftig und soll wegen ihrer städtebaulichen, insbesondere geschichtlichen oder künstlerischen Bedeutung erhalten bleiben.
Die Maßnahmen müssen nach ganz herrschender Meinung technisch möglich, baurechtlich zulässig und wirtschaftlich vertretbar sein. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit wird danach bemessen, ob die Instandsetzung gemessen am Aufwand für die Alternative eines Abbruchs und Neuaufbaus die Grenze des wirtschaftlich Sinnvollen überschreitet.
Der Eigentümer hat die Kosten insoweit zu tragen, als er sie durch eigene oder fremde Mittel
decken und die sich daraus ergebenden Kapitalkosten sowie die zusätzlich entstehenden Bewirtschaftungskosten aus Erträgen der baulichen Anlage aufbringen kann.
Fazit:
Das Instandsetzungsgebot ist nur wenig angewendet worden.
Limitierende Faktoren dabei sind:
• Der Zustand der baulichen Anlage kann derart ruinös sein, dass der Erlass nicht mehr wirtschaftlich vertretbar ist.
Begründung
•
Seite 4
Die nichtrentierlichen Kosten überschreiten die Möglichkeiten bzw. die Bereitschaft der erstattungspflichtigen Gemeinde.
Rückbau- und Entsiegelungsgebot gemäß § 179 BauGB
Der Eigentümer kann zur Duldung der völligen oder teilweisen Beseitigung einer baulichen Anlage verpflichtet werden, wobei ihm die Möglichkeit gegeben werden muss, diese auch selber vorzunehmen.
Das Gebot greift, wenn die bauliche Anlage den Festsetzungen eines Bebauungsplanes nicht entspricht und ihnen nicht angepasst werden kann oder sie Missstände oder Mängel i.S. des § 177
Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 aufweist, die auch durch Modernisierung oder Instandsetzung nicht behoben werden können.
Der Vollzug setzt ein, wenn bei Wohnraum zum Zeitpunkt der Beseitigung angemessener Ersatzwohnraum für die Bewohner unter zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht oder dem
Inhaber von überwiegend gewerblichen oder beruflichen Zwecken dienenden Räumen, der eine
anderweitige Unterbringung anstrebt, anderer geeigneter Geschäftsraum zur Verfügung steht.
Bei Entstehen von Vermögensnachteilen hat die Gemeinde eine angemessene Entschädigung in
Geld zu leisten. Der Eigentümer kann eine Übernahme des Grundstückes verlangen, wenn wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist, das Grundstück zu behalten.
Anpassungsgebot gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 BauGB
Der Eigentümer wird verpflichtet ein vorhandenes Gebäude oder eine vorhandene sonstige bauliche Anlage an die Festsetzungen eines Bebauungsplanes anzupassen.
Tatbestandsvoraussetzung dabei ist:
• das vorhandene Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen entsprechen nicht den Festsetzungen eines Bebauungsplanes oder
• eine geringfügige Bebauung soll dem Zulässigkeitsrahmen des § 34 BauGB angepasst werden.
Fazit:
Das Anpassungsgebot stellt eine sehr spezifische Fallkonstellation dar, die in der Praxis so gut
wie nie eingesetzt worden ist.
Enteignung gemäß § 85 BauGB
Das Enteignungsrecht des BauGB bietet keine Rechtsgrundlage für Enteignungsmaßnahmen im
Bereich der verwahrlosten Immobilien.
In folgenden Fallkonstellationen kann sie aber Relevanz erhalten:
- bei der Durchsetzung von Festsetzungen eines Bebauungsplanes (auf den überplanten Flächen können sich verwahrloste Immobilien befinden)
- im Rahmen des Erlasses eines Bau- oder Anpassungsgebotes
- im Geltungsbereich einer Satzung nach § 171d BauGB um bauliche Anlagen aus den Gründen
des § 171 d Abs. 3 BauGB zu erhalten oder zu beseitigen.
Fazit:
Anwendungsfälle im Bereich verwahrloster Immobilien sind bisher nicht bekannt.
Vorkaufsrecht gemäß §§ 24 und 25 BauGB
Die Gemeinde kann das Vorkaufsrecht beim (Ver-)Kauf von Grundstücken ausüben, wenn das
Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt.
Das allgemeine Vorkaufsrecht gilt für Grundstücke
Begründung
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• im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes unter den Voraussetzungen des § 24 Abs.1 Nr. 1
BauGB,
• gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in einem Umlegungsgebiet,
• gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten und Entwicklungsbereichen,
• gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus,
• gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung,
• Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplanes für bestimmte Flächen,
• in Gebieten Nach §§ 30, 33 und 34 Abs. 2 BauGB unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1
Nr. 6 BauGB sowie
• gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 7 BauGB in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten.
Das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB gilt für
• unbebaute Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, wenn die Gemeinde
durch Satzung ihr Vorkaufsrecht begründet,
• bebaute und unbebaute Grundstücke, wenn die Gemeinde für ein Gebiet städtebauliche
Maßnahmen in Betracht zieht und zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung
durch Satzung Vorkaufsrechtsflächen bezeichnet.
Das Vorkaufsrecht ist nach § 26 BauGB in Fällen von Verkäufen unter Verwandten, bei Grundstücken von bestimmten öffentlichen Bedarfsträgern sowie von Kirchen und Religionsgemeinschaften und bei Grundstücken, für die Planfeststellungsverfahren nach § 38 BauGB eingeleitet sind,
ausgeschlossen.
Im Zwangsversteigerungsverfahren ist das Vorkaufsrecht ebenfalls ausgeschlossen.
Fazit:
Die Anwendungsmöglichkeiten sind in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt:
• im Bereich der verwahrlosten Immobilien liegen in der Regel nur wenige Kaufverträge vor,
• die tatbestandlichen Voraussetzungen schränken die Anwendbarkeit ein,
• die Vorschriften zum Vorkaufsrecht finden in Zwangsversteigerungsverfahren keine Anwendung.
Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
In einem Erhaltungsgebiet bedürfen u.a. der Rückbau oder die Änderung baulicher Anlagen der
Genehmigung. Die Genehmigung darf unter den Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 BauGB versagt werden,
• wenn die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das
Ortsbild, die Stadtgestaltung oder das Landschaftsbild prägt oder
• sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist.
Die Gemeinde kann die Erhaltungssatzung in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige
Satzung förmlich festgelegen.
Fazit:
Die Aufstellung einer Erhaltungssatzung kann erforderlich sein, wenn ein Gebiet eine städtebauliche Eigenart auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt aufweist und in diesem Gebiet (einzelne)
Begründung
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bauliche Anlagen zwar verwahrlost sind, aber dennoch allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen eine prägende Wirkung oder besondere Bedeutung im Sinne des § 172
Abs. 3 BauGB aufweisen. Mit dem Genehmigungsvorbehalt nach § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann
u.a. der Rückbau und die Änderung der baulichen Anlage(n) unter den Voraussetzungen des §
172 Abs. 3 BauGB versagt werden.
Die Versagung kann für die Gemeinde Kostenfolgen auslösen, denn der Eigentümer hat einen
Übernahmeanspruch, wenn ihm die Erhaltung nicht zuzumuten ist. Der Verwahrlosungszustand
selbst kann mithilfe der Erhaltungssatzung nicht beseitigt werden.
Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen gemäß §§ 136 ff. BauGB
Durch eine Sanierungssatzung wird ein Gebiet, in dem städtebauliche Sanierungsmaßnahmen
durchgeführt werden sollen, festgelegt. Als städtebauliche Sanierungsmaßnahmen nach §§ 136
ff. BauGB gelten solche Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Die einheitliche Vorbereitung und zügige
Durchführung muss im öffentlichen Interesse liegen.
Vor Erlass einer Sanierungsatzung ist durch vorbereitende Untersuchungen zu ermitteln, ob die
Voraussetzungen vorliegen. Hierbei sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander
und untereinander abzuwägen. Ein wichtiger Punkt ist dabei der Gebietsbezug. Eine Einleitung
eines Sanierungsverfahrens kann nicht erfolgen, wenn es sich nur um einzelne punktuelle Erneuerungsmaßnahmen handelt. Es muss ein Quartiersbezug gegeben sein. Auch muss gewährleistet
sein, dass die Sanierungsmaßnahmen zügig durchgeführt werden können, hierzu müssen die
erforderlichen Finanzmittel bereit stehen.
Die Instandsetzung einzelner verwahrloster Immobilien ist eine punktuelle Einzelmaßnahme ohne Quartiersbezug und hohem Finanzbedarf. Die Vorrausetzungen für die Anwendung des Sanierungsrechts für solche Instandsetzungsmaßnahmen sind daher nicht gegeben (siehe Weiteres
auch in Vorlage Nr. 1603/15).
Stadtumbaubaumaßnahmen gemäß § 171a ff. BauGB
Das gemäß § 171b Abs. 1 und 2 BauGB von der Gemeinde erarbeitete städtebauliche Entwicklungskonzept und die Festlegung des Stadtumbaugebietes bieten eine rechtliche Basis für die
Begründung der alsbaldigen Erforderlichkeit des Einsatzes von städtebaulichen Geboten für den
Einsatz der Sicherungssatzung nach § 171d BauGB.
Im Stadtumbaugebiet sind die §§ 137 und 164a BauGB entsprechend anzuwenden. Damit wird
im Einzelfall die Finanzierung von Planungs-, Beratungs- und Moderationsleistungen zur Bewältigung der Problematik ermöglicht.
Nach § 171d BauGB kann die Gemeinde in Stadtumbaugebieten oder Teilen davon eine Satzung
von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus veranlassen. Die gesetzlich bestehende Auskunftspflicht der Eigentümer und der sonstigen Nutzungsberechtigten kann bei der Vorbereitung
einer solchen Satzung für den Umgang mit verwahrlosten Immobilien erhebliche Bedeutung erlangen, da sie den Gemeinden Zugang zu wichtigen Beurteilungskriterien verschafft.
Im Gebiet einer Sicherungssatzung steht der Gemeinde das Instrument der Veränderungssperre
nach § 14 Abs. 1 BauGB zur Verfügung. Hierdurch können unerwünschte Entwicklungen verhindert werden.
Im Gebiet einer Sicherungssatzung steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zu.
Im Geltungsbereich einer Satzung besteht die Möglichkeit der Enteignung. Diese darf aber nur
dann erfolgen, um einen den städtebaulichen und sozialen Belangen Rechnung tragenden Ablauf
der Stadtumbaumaßnahmen auf der Grundlage eines Stadtentwicklungskonzeptes oder eines
Sozialplanes zu sichern.
Begründung
Seite 7
Gesamtfazit zum Bauplanungsrecht
Aufgrund der erheblichen fachlichen, organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen sowie
der Haushaltssituation der Stadt Krefeld wird der Einsatz des Instrumentariums des Bauplanungsrechts kaum zur Anwendung kommen, da in den meisten Fällen der sog. Schrottimmobilien die Stadt in finanzielle Vorleistung treten muss und die unrentierlichen Kosten von ihr ohnehin erstattet werden müssen. Dies ist in Zeiten des Nothaushalts nicht möglich. Ebenso ist für
eine erfolgversprechende Wahrnehmung dieses Aufgabengebietes ein entsprechender Kümmerer in der Verwaltung notwendig, den es in dieser Form bisher nicht gibt.
Letztendlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die betroffenen Eigentümer oft auch den Klageweg beschreiten, so dass sich unter Umständen Verfahren über Jahre hinweg ziehen können und
ein schnelles Eingreifen unmöglich machen.
II. Bauordnungsrechtliche Befugnisse
Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für ein ordnungsbehördliches Einschreiten ergibt sich
aus der Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes. Während es in den Bauordnungen der übrigen
Bundesländer eine spezielle Ermächtigungsgrundlage für den Umgang mit verwahrlosten Immobilien gibt, fehlt es der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen an einer solchen speziellen Ermächtigungsgrundlage.
Daher ist ein ordnungsbehördliches Einschreiten in Nordrhein-Westfalen nur auf Grundlage der
Generalermächtigung der Bauordnung möglich, wonach die Bauordnungsbehörden nach pflichtgemäßen Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, um die von baulichen Anlagen ausgehenden Gefahren zu beseitigen.
Ein solcher Gefahrenzustand ist beispielsweise dann gegeben, wenn lose Dach- oder Fassadenteile auf die öffentliche Verkehrsfläche zu fallen drohen.
Als geeignete Maßnahme zur Beseitigung dieser Zustände käme die Befestigung oder Entfernung der losen Dach- oder Fassadenteile in Betracht, welche auch gegebenenfalls durch
Zwangsmittel durchgesetzt werden kann. Dies könnte die Androhung und Festsetzung eines
Zwangsgeldes oder einer Ersatzvornahme sein.
Das Zwangsgeld, welches beliebig oft wiederholt werden kann, stellt lediglich ein Beugemittel
dar, welches allerdings keine unmittelbare Auswirkung auf den Gefahrenzustand hat.
Verspricht ein solches Zwangsgeld keinen Erfolg (mehr), kommt die Androhung und Festsetzung
einer Ersatzvornahme in Betracht. Dabei wird die aufgegebene Maßnahme, wie zum Beispiel die
Beseitigung der Gefahrenlage, durch einen geeigneten Dritten auf Kosten der Eigentümer durchgeführt.
Eine Ersatzvornahme kommt auch dann in Betracht, wenn ein Fall von „Gefahr im Verzug“ vorliegt. Hier erfolgten in der Vergangenheit mehrfach Einsätze durch die Feuerwehr, welche lose
Dach- und Fassadenteile entfernte. Auch kommt hier die Absperrung einzelner Bereiche der öffentlichen Verkehrsfläche durch die Verwaltung in Betracht.
Die entstehenden Kosten werden zunächst durch die Stadt Krefeld als Auftraggeberin getragen
und den Eigentümern später durch einen Kostenfestsetzungsbescheid zur Zahlung aufgegeben.
Bei jeder aufgegebenen Maßnahme ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Dieser besagt, dass bei der Auswahl aus mehreren gleich geeigneten Mitteln jenes zu wählen ist, welches den Betroffenen, hier die Eigentümer der jeweiligen Immobilie, am geringsten
belastet. Demnach darf den Eigentümern beispielsweise bei einzelnen losen Dach- oder Fassadenteilen keine vollständige Gebäudesanierung aufgegeben werden.
Auch sind bei sämtlichen in Betracht kommenden Maßnahmen die Grundrechte des Einzelnen zu
beachten. Die vorstehend näher erläuterten Maßnahmen stellen einen Eingriff in die Eigentums-
Begründung
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garantie aus Art. 14 Grundgesetz dar, welche ebenfalls nur dann gerechtfertigt ist, wenn der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird.
Das Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG NRW) hat den Sinn und Zweck bei Missständen an Wohnraum auf die Eigentümer einzuwirken und somit Mieter zu schützen. Da die in Rede stehenden
Gebäude in fast allen Fällen leerstehend sind, bietet das WAG NRW keine Ermächtigungsgrundlage, um gegen den Zustand der in Rede stehenden Gebäude vorzugehen (siehe hierzu auch Vorlage Nr. 448/14).
In der ständigen Verwaltungspraxis ist die oben erläuterte Vorgehensweise meist mit einem erheblichen Zeit- und Personalaufwand verbunden. Besonders bereitet hier regelmäßig die Ermittlung der Ordnungspflichtigen Probleme.
In vielen Fällen sind die Eigentümer nur schwer ermittelbar, so dass hier regelrechte Nachforschungen mit vorhanden Kataster- oder Steuerdaten betrieben werden müssen.
Häufig befinden sich die in Rede stehenden Gebäude im Eigentum von Erbengemeinschaften, so
dass zunächst eine Ermittlung der einzelnen Erben über das Amtsgericht erfolgt, woraus oftmals
ein Schriftwechsel mit Anwaltskanzleien oder Nachlassverwaltern resultiert.
In einer Vielzahl der Fälle lässt sich trotz hohem Ermittlungsaufwand keine zustellfähige Anschrift
ermitteln, so dass die erforderlichen Maßnahmen nicht per Ordnungsverfügung aufgegeben
werden können.
Selbst wenn entsprechende Maßnahmen mit einer Ordnungsverfügung aufgegeben werden
können, so sieht es fast ausnahmslos so aus, dass die ermittelten Eigentümer aufgrund einer
Zahlungsunfähigkeit weder in der Lage sind entsprechende Gebäudeinstandsetzungen selbst
durchzuführen, noch die festgesetzten Zwangsgelder oder Kosten der Ersatzvornahmen zu tragen.
Zur effektiven Gefahrenbeseitigung erfolgen daher in den meisten Fällen zum einen Einsätze
durch die Feuerwehr um akute Gefährdungen zu beseitigen und zum anderen entsprechende
Absperrmaßnahmen durch die Verwaltung, um die Personen im öffentlichen Verkehrsraum zu
schützen.
Anschließend wird versucht, die entstandenen Kosten im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens beizutreiben, welche allerdings im Regelfall erfolglos verlaufen.
Bestimmungen des Wohnungsaufsichtsgesetzes NRW (WAG NRW) vom 10.04.2014
Die Stadt Krefeld nimmt die Aufgaben der Wohnungsaufsicht nach dem Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG) als Selbstverwaltungsaufgabe wahr. Zuständiger Ansprechpartner in der Stadtverwaltung Krefeld ist der Fachbereich 21 – Zentraler Finanzservice und Liegenschaften -. Die Wohnungsaufsicht unterstützt hilfebedürftige Wohnungssuchende bei der Beschaffung von Wohnraum und wirkt auf die Beseitigung von Missständen hin. Dasselbe gilt, wenn ein Missstand
durch Verwahrlosung von Wohnraum droht, zum Beispiel bei Vernachlässigung notwendiger
Erhaltungsmaßnahmen.
Darüber hinaus geht die Stadt Krefeld im Rahmen der Bestimmungen gegen die Überbelegung
von Wohnraum vor. Das Wohnungsaufsichtsgesetz findet keine Anwendung bei eigengenutztem
Wohnraum und ersetzt auch nicht die Mieterschutzbestimmungen, wonach ein Mieter zunächst
einmal seine Ansprüche aus dem Mietvertrag geltend machen muss. Das Gesetz ist nicht bei
Missständen anwendbar, die auf das Verschulden der Bewohnerschaft zurückzuführen sind.
Ebenfalls nicht Gegenstand der Wohnungsaufsicht ist die Kontrolle leerstehenden Wohnraums.
Wohnraum ist umbauter Raum, der tatsächlich und rechtlich zur dauernden Wohnnutzung geeignet und vom Verfügungsberechtigten dazu bestimmt ist.
Ein Missstand liegt dann vor, wenn eine Wohnung nicht über folgende Mindestausstattung verfügt:
Begründung
1.
ausreichende natürliche Belüftung
2.
Schutz gegen Witterungseinflüsse und Feuchtigkeit
3.
Anschluss von Energie-Wasserversorgung und Entwässerung
4.
Feuerstätte oder Heizungsanlage
5.
Anschluss für eine Kochküche oder Kochnische und
6.
sanitäre Einrichtung
Seite 9
Die Ausstattung muss funktionsfähig und nutzbar sein. Eine Überbelegung liegt vor, wenn für
jede Bewohnerin oder jeden Bewohner nicht eine Wohnfläche von 9 Quadratmeter, für jedes
Kind bis 6 Jahren nicht eine Wohnfläche von 6 Quadratmeter vorhanden ist.
Die Stadt Krefeld trifft die erforderlichen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie kann
Maßnahmen zur Beseitigung der Missstände anordnen beziehungsweise unter bestimmten Voraussetzungen Wohnraum für unbewohnbar erklären, bei Überbelegung die Räumung bis zur
ordnungsgemäßen Belegung verlangen.
Verfügungsberechtigte und die Bewohnerschaft haben Auskünfte zu geben, Unterlagen vorzulegen und zur Verfügung zu stellen, soweit dies zur Durchführung des Gesetzes erforderlich ist.
Die Beauftragten der Stadt Krefeld sind berechtigt, mit Einwilligung der Bewohnerschaft Grundstücke und Wohnräume zu angemessenen Tageszeiten nach vorheriger Ankündigung zu besichtigen. Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen das Wohnungsaufsichtsgesetz verstößt handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 Euro belegt werden.
Die in dem Zusammenhang in der Praxis häufig gestellten Fragen und die hierzu möglichen Antworten hat das für die Wohnungsaufsicht im Lande NRW zuständige „Ministerium für Bauen,
Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW“ in der anliegenden Synopse zusammengestellt.
§ 10 Abs. 1 des WAG NRW regelt im Übrigen das „Satzungsrecht für Gebiete mit erhöhtem
Wohnbedarf“. Danach kann die Gemeinde durch Satzung Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf festlegen, in denen Wohnraum nur mit Genehmigung zweckentfremdet werden darf. Das
ist eine Änderung gegenüber der Fassung des § 40 Abs. 4 des WFNG NRW, in dem bei fast gleichem Wortlaut die Gemeinde Gebiete festlegen konnte, in denen Wohnraum nur mit Genehmigung anderen als Wohnzwecken zugeführt werden oder leer stehen darf. Eine solche Satzung
kann allerdings nur für freifinanzierte Wohnungen gelten, da die Bestimmungen über das Verbot
der Zweckentfremdung von Sozialwohnungen bereits im § 21 Abs. 3 WFNG NRW geregelt sind.
Bei einem erhöhten Wohnungsbedarf müsste ein unausgeglichener Wohnungsmarkt zugrunde
liegen. Dies wäre aus verschiedenen Gründen dann gegeben, wenn ein quantitativer Überhang
an wohnungssuchenden Haushalten vorhanden wäre, der einem unterdurchschnittlichen Wohnungsangebot gegenüber stünde, die Mietpreise in der Weise überhöht wären, dass die Wohnungen aus Kostengründen nicht mehr nachgefragt würden oder die Nachfrage auf kein entsprechendes Angebot trifft. Diese Konstellationen sind am Markt jedoch in Krefeld nicht oder nur
zum Teil erkennbar. Sie führen – auch nach Einschätzung der Wohnstätte Krefeld AG - in der
Summe nicht zu einem angespannten oder überteuerten Wohnungsmarkt.
Zum Thema „Einführung einer Zweckentfremdungsverordnung“ hatte die Verwaltung bereits in
der Sitzung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Mobilität am 21.10.2014 mit der Vorlage
Nr. 356/14 umfassend berichtet. Auch zum jetzigen Zeitpunkt ist in Krefeld keine wohnungswirtschaftliche Versorgungsgefährdung durch Abbruch, Umwandlung oder Leerstände zu konstatie-
Begründung
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ren. Die Voraussetzungen für den Erlass einer kommunalen Zweckentfremdungssatzung liegen
damit aus Sicht der Verwaltung für Krefeld weiterhin nicht vor.