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Kommune
Krefeld
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16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 06:06
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Begründung
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Zur Notwendigkeit der Sicherung der Schullaufbahnen nach § 132c Schulgesetz NRW
Ab dem Schuljahr 2016/17 werden alle Krefelder Hauptschulen auslaufen. Ab dem Schuljahr
2018/19 wird es demnach keinen 7. Hauptschuljahrgang in Krefeld mehr geben.
Gleichzeitig sind die Aufnahmekapazitäten der Krefelder Gesamtschulen aufgrund der seit Jahren bestehenden und weiterhin prognostizierten Anmeldeüberhänge ausgeschöpft, so dass
Schulwechsler aus Gymnasien und Realschulen (im Schnitt der letzten Jahre 70 Kinder am Ende
der Erprobungsstufe und weitere rund 20-25 Kinder jeweils nach Klasse 7 und Klasse 8) dort
nicht aufgenommen werden können. Nur vereinzelt werden Plätze aufgrund von Umzügen, freiwilligen Klassenwiederholungen oder Schulwechseln frei, die aber den Bedarf an Plätzen für
Schulwechsler bei weitem nicht decken können. Zusätzliche Klassen müssen die Gesamtschulen
nach geltender Rechtslage nicht einrichten, um Schulwechsler aufnehmen zu können. (Vgl. Verwaltungsvorschrift zu §12 der APO-SI)
von der RS auf
die HS oder GES
vom GY auf
RS, HS oder GES
% des Jahrgangs
Klasse 10
% des Jahrgangs
Klasse 9
% des Jahrgangs
Klasse 8
% des Jahrgangs
Klasse 7
% des Jahrgangs
Klasse 6
Wechsler in ...
Klasse 5
Durchschnittliche Anzahl der Schulformwechsler 2012-2014:
1
4
0,92%
25
4,98%
11
2,24%
8
1,63%
2
0,33%
0
5
0,57%
45
5,13%
11
1,26%
17
1,96%
5
0,62%
Es stellt sich infolgedessen die Frage, wie die Schullaufbahn derjenigen Kinder gesichert werden
kann, die die Erprobungsstufe an der Realschule nicht erfolgreich absolvieren (§13 Abs. 3 SchulG)
oder eine Klasse zum 2. Mal wiederholen müssen (§50 Abs. 5 Satz 2 SchulG).
Den Empfehlungen der Bildungskonferenz vom 28.November 2014 folgend, ist mit dem 12.
Schulrechtsänderungsgesetz die Möglichkeit geschaffen worden, die Schullaufbahnen dieser
Kinder insbesondere dort sichern zu können, wo es keine Hauptschulen mehr gibt. Ab Klasse 7
kann der Schulträger einer Realschule dort einen Bildungsgang nach §132 c SchulG einrichten,
der zu den Abschlüssen der Hauptschule führt (im Folgenden als Hauptschul-Bildungsgang bezeichnet).
Die Schülerinnen und Schüler in diesem Bildungsgang gemäß § 132 c Abs. 2 SchulG NRW werden
im Klassenverband gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern des Bildungsgangs der Realschule unterrichtet, wobei Formen der inneren und äußeren Differenzierung möglich sind. Schülerinnen und Schüler, die gemäß §13 Abs. 3 SchulG NRW nach der Erprobungsstufe den Bildungsgang der Realschule nicht fortsetzen können, verbleiben somit auf der Schule und werden
entsprechend dem Bildungsgang nach § 132c Abs. 1 SchulG NRW unterrichtet.
Einrichtung des Bildungsgangs als Ausnahme
Die Einrichtung des Bildungsgangs nach § 132c SchulG NRW ist nach der Intention des Gesetzgebers als Ausnahme vorgesehen. Diese Ausnahme setzt voraus, dass eine Sicherung der Schul-
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laufbahnen mit den bestehenden schulorganisatorischen Instrumentarien nicht ohne weiteres
möglich ist. Der Schulträger sieht diese Ausnahme für sein gesamtes Gebiet dadurch gegeben,
dass ab 2016 alle Hauptschulen auslaufen und die bestehenden Gesamtschulen nicht über ausreichende Aufnahmekapazitäten verfügen, um Schüler aus Gymnasien und Realschulen, die an
diesen Schulen ihre Schullaufbahn nicht mehr fortsetzen können, aufzunehmen.
Einrichtung bereits ab 2016/17
Die Verwaltung sieht überdies im Interesse der Schülerinnen und Schüler die Notwendigkeit, den
Hauptschulbildungsgang bereits ab 2016/17 aufzubauen, und nicht erst ab 2018/19, wenn es
endgültig keinen 7. Jahrgang in Krefelder Hauptschulen mehr gibt.
Wenn die Bildungsgänge nicht ab 2016 eingerichtet werden, führt dies in Folge dazu, dass die
Josef-Hafels-Schule voraussichtlich (als einzige verbleibende Gemeinschaftshauptschule)
2016/17 und dann noch einmal 2017/18 jeweils eine neue 7. Klasse, bestehend aus den durchschnittlich 25 abgeschulten Realschülern, einrichten müsste. Die Schulwege der Kinder, die zuvor
eine Realschule besucht haben, würden sich dadurch teilweise deutlich verlängern, da die JosefHafels-Schule in Fischeln liegt und von beispielsweise von Hüls, Elfrath oder Uerdingen aus nur
unter Inkaufnahme eines recht langen Schulweges erreichbar wäre.
Diese Situation (Wechsel in eine neue Schule, längere Schulwege) ist den Kindern angesichts der
Tatsache, dass das Schulgesetz inzwischen eine andere und deutlich bessere Lösung zulässt,
nicht mehr zuzumuten. Die Jugendhilfe hat zudem in den vergangenen Jahren wiederholt darauf
hingewiesen, dass die psychosozialen Folgen eines durch Scheitern verursachten Schulwechsels
gravierend sind und in den betroffenen Familien überdurchschnittlich häufig Hilfen zur Erziehung
notwendig werden, die für den Jugendhilfeträger mit teilweise erheblichen Kosten verbunden
sind.
Einrichtung in den drei verbleibenden Krefelder Realschulen
Die Edmund-ter-Meer-Realschule läuft seit 2013 aus und beherbergt im Schuljahr 2016/17 noch
die Jahrgänge 9-10. Für sie kommt der Hauptschulbildungsgang nicht mehr in Betracht. Die Realschule Oppum läuft ab Sommer 2016 aus. Zwar könnte sie den Bildungsgang noch aufbauen,
jedoch scheint es wenig sinnvoll, eine auslaufende Schule noch zu einer so intensiven Konzeptarbeit zu verpflichten.
Die Bezirksregierung hat mitgeteilt, dass die Einrichtung des Bildungsgangs an nur einer Realschule nicht genehmigungsfähig sei, wenn damit das Ziel verbunden ist, dass dort (unter Bildung
weiterer Klassen) alle Schülerinnen und Schüler einer Kommune aufgenommen werden sollten,
die nach der Klasse 6 die Schulform wechseln. Da im Schnitt jedoch bisher von jeder Realschule
zwischen 3 und 8 Schülerinnen und Schüler nach Klasse 6 an eine Hauptschule wechseln, wäre
eine Realschule, die als alleinige in Krefeld diesen Bildungsgang anbieten würde, automatisch
aufnehmende Schule für die anderen Kinder aus Realschulen. Dies ist auch aus Sicht der Verwaltung nicht vertretbar.
Es wäre demnach die Einrichtung an zwei ausgewählten oder an den drei verbleibenden Realschulen möglich. Im Interesse der Schülerinnen und Schüler sollten zwangsweise Schulwechsel
vermieden werden. Dies spricht für die Einrichtung des Bildungsgangs an allen drei Realschulen.
Auch aus der Gesamtsicht der Krefelder Schullandschaft erscheint es nicht als sinnvoll, wenn nur
zwei von drei Realschulen diesen Bildungsgang anbieten.
Spätestens ab 2018 ist Potenzial im Umfang einer Klassenstärke ohnehin an jeder Realschule
vorhanden (siehe unten).
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Schülerpotenzial für den Hauptschulbildungsgang
Durch die Schließung aller Hauptschulen wird sich die Zusammensetzung der Realschulen grundlegend verändern. Denn auch mit Gründung der 5. Gesamtschule werden nicht alle Kinder mit
Hauptschulempfehlung an Gesamtschulen unterkommen können, da die Gesamtschulen zur
Erfüllung ihres Bildungsauftrags die Heterogenität zu wahren haben und daher Kinder des gesamten Leistungsspektrums aufnehmen müssen.
Etwa 17% aller Viertklässler in Krefeld, die eine städtische weiterführende Schule besuchen, erhalten eine Hauptschulempfehlung, etwa 8% eine eingeschränkte Realschulempfehlung.
Für die kommenden Jahre ergibt sich bei Fortschreibung der aus den vergangenen Jahren gemittelten prozentualen Verteilung folgendes Bild:
in Prozent
2016/2017
2017/2018
2018/2019
2019/2020
2020/2021
HS
17%
299
299
294
280
281
HS/RS
8%
136
137
134
128
128
RS
28%
490
491
482
459
460
RS/GY
10%
212
213
209
199
199
GY
34%
689
691
679
646
647
ohne
3%
44
44
44
41
42
Gesamt*
100%
1766
1771
1740
1656
1660
* Übergänge in die 5. Klassen der städtischen allgemeinen Schulen lt. SEP 2015
Die 5. Klassen der städtischen Gesamtschulen setzen sich im Schnitt der letzten Jahre zu 31% aus
Kindern mit Hauptschulempfehlung und zu 14% aus Kindern mit eingeschränkter Realschulempfehlung zusammen.
Zusammensetzung 5. Klassen an städt.
Gesamtschulen Durchschnitt 2013-2014
l
RS/GY
9%
RS
39%
GY ohne*
2%
5%
HS
31%
HS/RS
14%
(*ohne: Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf erhalten teilweise keine Empfehlung)
Angenommen, diese Zusammensetzung bleibt auch nach Gründung der 5. Gesamtschule im
Schnitt konstant, so würden die städtischen Gesamtschulen mit ihren zukünftig 26 Zügen (ohne
Standort Kerken) zusammen rund 220 Kinder mit HS-Empfehlung und 100 Kinder mit einge-
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schränkter RS-Empfehlung aufnehmen. Rund 60-80 Kinder mit Hauptschulempfehlung und 30-40
mit eingeschränkter Realschulempfehlung werden dann zu den Realschulen gehen.
Für die Realschulen wird es dadurch zu einer deutlich veränderten Schülerschaft kommen. Bisher
waren die Realschulen durchschnittlich folgendermaßen zusammengesetzt:
Zusammensetzung 5. Klassen an
Realschulen Durchschnitt 2013-2014
l
GY ohne*
RS/GY 2% 4%
6%
HS
8%
HS/RS
14%
RS
66%
(*ohne: Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf erhalten teilweise keine Empfehlung)
In Zukunft wird sich dies ändern:
Prognose Zusammensetzung 5. Klasse an
Realschulen
RS/GY GY
7% 2%
ohne
4%
HS
24%
HS/RS
11%
RS
52%
(*ohne: Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf erhalten teilweise keine Empfehlung)
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Auch wenn es sich hierbei um eine modellhafte Betrachtung handelt, so ist angesichts dieser
Größenordnungen doch davon auszugehen, dass in jeder der drei verbleibenden Realschulen in
Zukunft eine erhebliche Anzahl von Schülerinnen und Schülern sein wird (im Schnitt in der Größenordnung einer Klasse), die an ihren Schulen Alternativen zum Realschulbildungsgang benötigen. Im Übrigen gibt es keine Mindestgrößenvorgaben für den Bildungsgang nach § 132c SchulG.
Es besteht seitens des Schulträgers die Pflicht dafür zu sorgen, dass die Schullaufbahnen dieser
Kinder gesichert werden, daher soll der HS-Bildungsgang an allen drei Realschulen eingerichtet
werden.
Sächliche Ausstattung des Bildungsgangs nach § 132c SchulG
Der Hauptschulbildungsgang unterscheidet sich hinsichtlich der angebotenen Schulfächer von
dem der Realschule durch den Bereich der Arbeitslehre ab Klasse 7, der die Fächer Technik,
Wirtschaft und Hauswirtschaft umfasst. Alle drei Realschulen verfügen in ihren Gebäuden über
Räumlichkeiten für Hauswirtschaft und Technikunterricht.
Laut APO S I (§ 14) unterrichtet die Hauptschule die Fächer Mathematik und Englisch auf unterschiedlichen Anspruchsniveaus. Auch in Klasse 10 muss gewährleistet sein, dass die zu den verschiedenen Abschlüssen führenden unterschiedliche Anspruchsebenen (Klasse 10 Typ A und
Klasse 10 Typ B) unterrichtet werden. Diese Vorgaben setzen nicht zwingend eine äußere Differenzierung voraus (die Schulkonferenz kann über die Organisationsform entscheiden), dennoch
ist insgesamt von einem zusätzlichen Bedarf an Differenzierungsräumen auszugehen.
Die Funktionalitäten sind grundsätzlich vorhanden. Sie sind einer Überprüfung zu unterziehen,
um ggf. Anpassungsnotwendigkeiten zu konkretisieren
Personelle Ausstattung der Realschulen mit dem Bildungsgang nach § 132 c SchulG
Für die personelle Ausstattung ist das Land NRW zuständig. Die Relation „Schülerinnen und Schüler je Stelle“ ist an den Realschulen aktuell die ungünstigste an allen weiterführenden allgemeinen Schulen:
Hauptschulen:
17,86
Realschulen:
20,94
Gymnasien Sek. I:
19,88
Gesamtschulen Sek. I:
19,32
Sekundarschulen:
16,27.
Der Schulträger wird sich über den Städtetag NRW und direkt beim Ministerium für Schule und
Weiterbildung dafür einsetzen, dass die Schüler-Lehrer-Relation der Realschulen, die den Hauptschulbildungsgang anbieten, deutlich verbessert.
Darüber hinaus bietet das Regionale Bildungsbüro an, auf Wunsch den fachlichen Austausch zwischen Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen zu begleiten sowie nach Bedarf weitere
Unterstützung zu organisieren, damit der Hauptschulbildungsgang konzeptionell anspruchsvoll
aufgebaut werden kann.
Stellungnahmen der Realschulen
Die Realschulen sind vom Schulträger nach der Sitzung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung am 3. November 2015 zu Stellungnahmen aufgefordert worden, die jedoch noch nicht
vorliegen. Aktuell bezieht sich die Verwaltung auf eine gemeinsame Stellungnahme der drei Realschulen vom Juni 2013. Dort haben sich die Realschulen dazu bekannt, dass sie „allen Kindern
alle Türen“ öffnen und bereits jetzt „integrierte Systeme“ seien. Sie sahen sich zudem „in der
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Verpflichtung den Anforderungen der Schulentwicklung in Krefeld Rechnung zu tragen, indem sie
alle Kindern, die an den Realschulen angemeldet werden, aufnehmen; alle Kinder individuell
nach standardisierten Verfahren fördern; (und) von den Hauptschulen lernen“. Die Verwaltung
sieht die Einrichtung des Hauptschulbildungsgangs als zwingende Voraussetzung dafür an, dass
diese Selbstverpflichtung der drei Schulen tatsächlich umgesetzt werden kann.
Die aktuellen Stellungnahmen werden nachgereicht.
Anhang
Wortlaut des Schulgesetzes:
§ 132c
Sicherung von Schullaufbahnen
(1) Der Schulträger einer Realschule kann dort einen Bildungsgang ab Klasse 7 einrichten, der zu den Abschlüssen
der Hauptschule (§ 14 Absatz 4) führt, insbesondere wenn eine öffentliche Hauptschule in der Gemeinde oder im
Gebiet des Schulträgers im Sinne des § 78 Absatz 8 nicht vorhanden ist. Dies gilt als Änderung der Schule im Sinne
des § 81 Absatz 2. (2) Schülerinnen und Schüler in dem Bildungsgang gemäß Absatz 1 werden im Klassenverband mit
Schülerinnen und Schülern des Bildungsgangs gemäß § 15 Absatz 1 unterrichtet; hierbei sind Formen innerer und
äußerer Differenzierung möglich. § 15 Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt. (3) Schülerinnen und Schüler einer Realschule mit dem Bildungsgang gemäß Absatz 1 Satz 1 können in den Fällen des § 13 Absatz 3 und des § 50 Absatz 5 Satz 2
ihre Schullaufbahn dort fortsetzen.