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Kommune
Krefeld
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16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 06:17
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 14.08.2014
Nr.
/14
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 30/3 0419/14 Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Verwaltung, Vergabe, Ordnung und Sicherheit
03.09.2014
Betreff
Eckpunktepapier Vergaberecht unter besonderer Berücksichtigung politischer Gremien
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss nimmt die Vorlage zur Kenntnis.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen
ja
X nein
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. /14
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
A. Vorbemerkung
Das Vergaberecht regelt die Beschaffung durch staatliche oder staatsnahe Rechtsträger. Es erfasst jede Beschaffung von Sach- oder Dienstleistungen.
Das deutsche Vergaberecht ist zweigeteilt:
- Das EU-Recht verpflichtet oberhalb bestimmter Auftragswerte (EU-Schwellenwerte) zur europaweiten Ausschreibung öffentlicher Aufträge
- Aufgrund deutschen Rechts besteht aber auch unterhalb der EU-Schwellenwerte die Verpflichtung zu einer nationalen öffentlichen Ausschreibung.
Für das gesamte Verfahren gelten folgende Vergabegrundsätze:
- Das Wettbewerbsprinzip schreibt der öffentlichen Hand vor, möglichst viele Bieter am Vergabeverfahren zu beteiligen.
- Das Transparenzgebot verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, das Verfahren nach eindeutigen und im Voraus festgelegten Vorgaben durchzuführen.
- Das Diskriminierungsverbot gebietet, alle Bieter und Sachverhalte gleich zu behandeln und zu
bewerten.
- Das Gebot der Losvergabe dient dazu, mittelständische Interessen durch Teilung der Aufträge
in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen.
- Der Grundsatz der Bietereignung bestimmt, dass Aufträge nur an fachkundige, leistungsfähige,
gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen zu vergeben sind.
- Das Wirtschaftlichkeitsgebot bestimmt, dass der Zuschlag grundsätzlich nicht auf das billigste,
sondern auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen ist.
B. wesentliche Schritte im Vergabeverfahren
I. Feststellung des Beschaffungsbedarfes
Die Beschaffungsentscheidung selbst ist dem Vergabeverfahren vorgelagert.
Vor Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens hat eine Bedarfsfeststellung zu erfolgen. Bei Entscheidung für die Beschaffung eines bestimmten Wirtschaftsgutes hat der öffentliche Auftraggeber Bestimmungsfreiheit. Das eigentliche Vergaberecht regelt insoweit nicht, was der öffentliche
Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.
II. Schätzung des Auftragswertes
Im Anschluss an die Feststellung des Beschaffungsbedarfs muss der Auftraggeber den NettoWert ermitteln. Entscheidend ist der Wert der Gesamtmaßnahme, nicht der der einzelnen Gewerke.
Begründung
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Anhand des Auftragswertes wird festgestellt, ob die erforderlichen Haushaltsmittel für einen
geplanten Auftrag zur Verfügung stehen. Zudem kann erst mithilfe der geschätzten Kosten der
Gesamtmaßnahme die richtige Vergabeart festgelegt werden.
III. Nationale oder europaweite Vergabe? Bedeutung der Schwellenwerte
Wenn der zu erwartende Auftragswert nach Schätzung des öffentlichen Auftraggebers einen EUSchwellenwert überschreitet, muss ein europaweites Vergabeverfahren durchgeführt werden.
Unterhalb dieser Schwellenwerte gilt allein das nationale Recht. Der Schwellenwert ist dabei für
die einzelnen Bereiche Bau-, Liefer- und Dienstleistung unterschiedlich hoch.
Zur Zeit bestehen folgende Schwellenwerte für EU-weite Verfahren:
- Sonstige Liefer- und Dienstleistungsaufträge
sowie VOF-Verfahren
207.000 €
-Bauleistungen
5.186.000 €
IV. Vergabearten und deren Wahl
Sowohl unterhalb als auch oberhalb der Schwellenwerte stehen der öffentlichen Hand verschiedene Arten von Vergabeverfahren zur Verfügung.
In EU-weiten Verfahren (oberhalb der Schwellenwerte) sind dies das Offene Verfahren, das
Nichtoffene Verfahren und das Verhandlungsverfahren (mit/ohne Teilnahmewettbewerb).
Im nationalen Verfahren (unterhalb der Schwellenwerte) sind dies die Öffentliche Ausschreibung, die Beschränkte Ausschreibung und die Freihändige Vergabe. Die Verfahren oberhalb und
unterhalb der Schwellenwerte gleichen sich hinsichtlich der rein formellen Durchführung, so
dass sie im Folgenden gemeinsam dargestellt werden.
a) Öffentliche Ausschreibung/Offenes Verfahren
In diesem Verfahren wird eine unbeschränkte Anzahl von Bieterinnen und Bietern durch öffentliche Bekanntmachung zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Als Regelverfahren ist es durch
strenge Form- und Fristvorschriften gekennzeichnet.
b) Beschränkte Ausschreibung/Nichtoffenes Verfahren
Dieses Verfahren ist unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte nur zulässig, wenn bestimmte
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind (z.B.: beschränkter Kreis von Unternehmen, kein wirtschaftliches Ergebnis einer vorangegangenen öffentlichen Ausschreibung oder Dringlichkeit u.a.).
Bei dieser Verfahrensart dürfen nur die Bieterinnen und Bieter ein Angebot abgeben, die hierzu
aufgefordert werden (begrenzter und geeigneter Bewerberkreis). Auch für diese Verfahren gelten zwingende Formvorschriften.
c) Freihändige Vergabe/ Verhandlungsverfahren
Dieses Verfahren ist unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte nur in abschließend geregelten
Ausnahmefällen gestattet (z.B.: es kommt aus besonderen Gründen nur ein Unternehmen in
Betracht, besondere Dringlichkeit, besondere schöpferische Fähigkeiten erforderlich oder Leistung ist nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar u.a.).
Bei diesem „weniger förmlichen“ Verfahren fordert der Auftraggeber in der Regel mindestens
drei Bewerberinnen oder Bewerber zur Angebotsabgabe auf.
Begründung
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Eine freihändige Vergabe und beschränkte Ausschreibung ist im Unterschwellenbereich zudem
zulässig, wenn sie durch Ausführungsbestimmungen von einem Bundesminister - ggf. - Landesminister- bis zu einem bestimmten Höchstwert zugelassen ist. Von dieser Möglichkeit hat das
Land NRW mit dem Wertgrenzenerlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom
26.11.2013, derzeit befristet bis zum 31.12.2018, Gebrauch gemacht:
Hiernach können im Regelfall VOB-Vergaben bis 100.000 € freihändig vergeben, bis 1.000.000 €
beschränkt ausgeschrieben werden; VOL-Vergaben können bis 100.000 € wahlweise freihändig
vergeben oder beschränkt ausgeschrieben werden.
In Bezug auf die unter a) bis c) dargestellten Verfahren ist dem öffentlichen Auftraggeber nicht
gestattet, frei zu entscheiden, welches genannten Vergabeverfahren zur Anwendung kommt. Die
Rangfolge der Vergabeverfahren stellt sich vielmehr wie folgt dar:
Grundsätzlich ist öffentlich auszuschreiben. Begründete Ausnahmefälle rechtfertigen die Durchführung einer beschränkten Ausschreibung und einer freihändigen Vergabe, wobei die beschränkte Ausschreibung der freihändigen Vergabe vorgeht.
V. Prüfung und Wertung der Angebote
Die Prüfung und Wertung der Angebote durch die öffentliche Hand erfolgt in vier Wertungsphasen, deren Reihenfolge grundsätzlich zwingend einzuhalten ist.
Auf der 1. Stufe ist zu prüfen, ob die Angebote die formellen Voraussetzungen erfüllen. Zu unterscheiden ist zwischen Verstößen, die zwingend zum Angebotsausschluss führen (z. B. Fehlen wesentlicher Preisangaben oder der Unterschrift) und Verstößen, bei denen der öffentlichen Hand
ein Ermessen in Bezug auf den Ausschluss zusteht (z.B. ein Angebot enthält nicht einen bestimmten geforderten Nachweis).
Auf der 2. Stufe wird die Eignung der Bieter auf Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit aufgrund der von den Bietern eingereichten Eigenerklärungen und Nachweise geprüft.
Auf der 3. Stufe erfolgt die Prüfung der Angemessenheit der Preise. Angebote, bei denen der
Preis im Verhältnis zur Leistung als unangemessen niedrig erscheint, sollen zunächst aufgeklärt
und ggf. ausgeschlossen werden. Denn hier besteht wegen fehlender Kostendeckung die Gefahr
einer mangelhaften Leistung.
Auf der 4. Stufe wird das wirtschaftlichste Angebot nach den in der Vergabebekanntmachung
angegebenen Zuschlagskriterien ermittelt. Das ist nicht zwangsläufig das billigste Angebot. Die
Entscheidung über die Erteilung des Zuschlags darf ausschließlich durch Wertung der zuvor bekanntgemachten Zuschlagskriterien erfolgen.
VI. Zuschlagserteilung
Hat der Auftraggeber im Rahmen der Bewertung der noch im Wettbewerb befindlichen Angebote das wirtschaftlichste Gebot ermittelt, so erteilt er auf dieses Gebot den Zuschlag. Dadurch
kommt ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen Auftraggeber und dem Bestbieter zu den in den
Vergabeunterlagen festgelegten Bedingungen zustande.
Die übrigen Bieter, die bei dem Auftrag nicht zum Zuge gekommen sind, sind in EU-weiten Verfahren vom Auftraggeber vor der Zuschlagserteilung zwingend zu unterrichten; in nationalen
Verfahren sollen die Bieter lediglich vorab informiert werden.
Begründung
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C. Beteiligung politischer Gremien im Vergabeverfahren
Die Ausschüsse entscheiden in den Angelegenheiten, die ihnen durch Gesetz, durch Satzung, die
Zuständigkeitsordnung oder vom Rat im Einzelfall zur Entscheidung übertragen sind im Rahmen
der vom Rat bereitgestellten Haushaltsmittel. Sind Bauangelegenheiten betroffen, so berät der
zuständige Fachausschuss über konzeptionelle und inhaltliche Fragen des Bauvorhabens vor.
Dem Ausschuss für Bauen, Wohnen und Mobilität obliegt generell gemäß § 11 Absatz 3 der Zuständigkeitsordnung die Entscheidung über Baumaßnahme, wenn die dort genannten Wertgrenzen überschritten sind, es sei denn, dass einem einzelnen Ausschuss eine Entscheidungskompetenz besonders zugewiesen oder eine Zuständigkeit einer Bezirksvertretung gegeben ist. Für
Vergaben gilt das Verfahren entsprechend, bezogen auf die Zuständigkeit des Ausschusses für
Verwaltung, Vergabe, Ordnung und Sicherheit. Hierzu wird auf den als Anlage beigefügten Auszug aus der Zuständigkeitsordnung verwiesen.
Der Rat ist als Teil der vollziehenden Gewalt durch Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Gesetzesbindung wird nach dem nordrheinwestfälischen Gemeindeverfassungsrecht
durch verschiedene Systeme ausreichend sichergestellt.
Als internes Kontrollsystem dient die Pflicht des Oberbürgermeisters, rechtswidrige Ratsbeschlüsse zu beanstanden und ggf. die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde einzuholen, § 54
Abs. 2 Satz 1 GO NRW.
Kommt der Oberbürgermeister seiner diesbezüglichen Pflicht nicht nach, so kann die Rechtsaufsichtsbehörde ihn anweisen, § 122 Abs. 1 GO NRW.
Daher orientiert sich die Entscheidung der politischen Gremien an den zwingenden gesetzlichen
Vorgaben des Vergaberechts. Die Verwaltung erläutert insoweit im Rahmen der Beschlussvorlage den alleinig mit den gesetzlichen Anforderungen des Vergaberechts übereinstimmenden Entscheidungsvorschlag.
In diesem Zusammenhang gilt es zu bedenken, dass die Bieter des Vergabeverfahrens jederzeit
einen gesetzlichen Anspruch auf ein rechtsfehlerfreies Vergabeverfahren haben und bei Verletzung subjektiver Rechte gegenüber der Kommune Schadensersatzansprüche geltend machen
können.
D. Rechtsschutz der Bieter
Für europaweit ausgeschriebene öffentliche Aufträge besteht die Möglichkeit, Rechtsschutz
durch ein sog. Nachprüfungsverfahren, zu erlangen. Zuständig ist die Vergabekammer bei der
Bezirksregierung, deren Entscheidung auf Antrag durch den Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf überprüft wird. Das Nachprüfungsverfahren dient neben der Erzwingung einer
ordnungsgemäßen Vergabe oftmals der Vorbereitung von Schadensersatzverfahren. Die Entscheidung der Vergabekammer und des Vergabesenats hat Bindungswirkung in nachfolgenden
Schadensersatzverfahren.
Begründung
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Die Vergabekammer untersagt nach Eingang des Nachprüfungsantrages zunächst die Zuschlagserteilung, so dass der Auftraggeber den Auftrag nicht an den Bestbieter erteilen darf. Die
Folge ist, dass der Auftraggeber in dem Zeitraum der Verfahrensdauer lediglich Interimsvergaben
durchführen darf. Diese sind meist erheblich teurer, wodurch die Kommune einen, u.U. ganz
erheblichen, finanziellen Schaden erleidet. Es gilt zudem zu bedenken, dass bei einer Umgehung
der Vorgaben bei EU-weiten Verfahren u. U. auch ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet
werden kann.
Als Schadensersatzansprüche der Bieter kommen grundsätzlich gegen den Auftraggeber Ersatz
der Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren und der Kosten der Angebotserstellung in
Betracht. Neben diesen Vermögensschäden ist aber auch in Einzelfällen Schadensersatz wegen
entgangenem Gewinn möglich.
Im Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte gibt es keinen Rechtsschutz vor den Vergabekammern. Der benachteiligte Bieter kann allerdings - abhängig von der Höhe – Schadensersatz
beim zuständigen Amtsgericht bzw. Landgericht geltend machen.
- Anlage: Auszug der Zuständigkeitsordnung der Stadt Krefeld vom 05.03.2012