Daten
Kommune
Krefeld
Größe
3,0 MB
Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 06:22
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Vorsitzende
I
'.
j.l
li:ti",,..,,i
Gregor Kathstede
Postfach 2740
47727 Krefeld
Et
fiX',lT?iitrichevereinisuns
des öffentlichen Rechts
t
^örperschaft
't-1.
,L^ "-q, p-i'r-,,,l
,(;'u [G'+ J;^ 6
.
Tersteegenstraße
I
.
4047
4 Düsseldorf
Telefon (0211) 5970-0
www.kvno.de
Kontakt JohannesReimann
lhr Zeichen
Telefon
Telefax
021115970-8204
E-Mail
Datum
johannes.reimann@kvno.de
021115970-9204
18.02.2015
Unser Zeichen
HVv174t118
Reform des ärztl ichen Bereitschaftsd ienstes
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) hat am
vergangenen Mittwoch, 11. Februar, über die künftige Struktur des ambulant-ärztlichen
Bereitschaftsdienstes entschieden. Bereits im Vorfeld dieses Beschlusses haben sich
zahlreiche Bürger und auch Mandatsträger aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik an uns gewandt und ihre Besorgnis wegen einer möglichen Verschlechterung der
lokalen Strukturen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zum Ausdruck gebracht.
Wir möchten lhnen daher die zentralen Elemente der Beschlussfassung unserer Vertreterversammlung erläutern. Den Wortlaut der Beschlussfassung finden Sie in der beigefügten Anlage. Gestatten Sie uns aber zunächst, die wesentlichen G r ü n d e für die nunmehr
beschlossene Reform darzulegen.
Die bisherige, regionale Organisation des Bereitschaftsdienstes hat in Nordrhein über
viele Jahre hinweg zu lokal unterschiedlichen, kleinteiligen und für die Patienten
nicht immer nachvollziehbaren Regelungen und Strukturen geführt.
Diese Strukturen waren auch unter dem Aspekt der Bedarfsorientierung und der
regionalen Ausgewogenheit zu hinterfragen. So weist etwa die Stadt Köln zehn
Notdienstpraxen auf (ohne fachärztliche Praxen), dagegen Kleve als großer Flächenkreis
keine einzige. Eine ähnlich inhomogene Verteilung weisen die Standorte der fachärztlichen Notdienstpraxen auf.
Die bisherige Struktur des Bereitschaftsdienstes ist zudem von gravierenden Unterschieden in der Dienstbelastung unserer Mitglieder geprägt. Dabeitragen insbesondere
Arzte in jenen ländlichen Kreisen eine überdurchschnittliche Last, die bereits auf
mittlere Sicht von (Haus-)Arztemangel bedroht sind. Eine hohe Dienstbelastung ist jedoch
ein wesentliches Hemmnis für junge Arztinnen und Arzte, die sich mit dem Gedanken
iragen, eine haus- oder fachärztliche Praxis von altersbedingt ausscheidenden Kollegen
zu übernehmen.
Seite 2 zum Schreiben der KVNO
vom 18.02.2015
I
Kassenärztliche Vereinigung
Nordrhein
Die heterogene Organisation des Bereitschaftsdienstes hat darüber hinaus zu höchst
ungleichen finanziellen Belastungen der ca. 16.000 nordrheinischen Vertragsäzte
geführt, die nicht nur die Strukturkosten des lokalen Bereitschaftsdienstes in Form einer
Umlagefinanzierung tragen, sondern auch - durch Voruvegabzug aus der vertragsärztlichen Vergütung - die Honorare der in den Notdienstpraxen erbrachten Leistungen.
Hinzu kommt, dass das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des
Landes NRW (MGEPA) in einer Prüf ung nach S 274 SGB V die Träger- bzw. Organisationsform eines Teils der bestehenden Notdienstpraxen für unzulässig erachtet und
der KVNO eine ,,zeitnahe" Abhilfe aufgetragen hat.
Vordiesem Hintergrund hatdieVertreterversammlung nunmehrein Strukturkonzept
für den künftigen ärztlichen Bereitschaftsdienst mit folgenden Elementen beschlossen:
I
r
r
r
r
r
Für den allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst werden künftig max4l Praxen
betrieben (bisher 61). Zur ergänzenden Versorgung ist gegebenenfalls die Einrichtung von Dependancen mit eingeschränkten Öffnungszeiten möglich.
Um eine ausgewogene Flächenversorgung in ganz Nordrhein zu gewährleisten, wird
die Anzahl der Praxen je Kreis bzw. kreisfreier Stadt festgelegt (vgl. Anlage).
Für einen flächendeckenden kinder- und jungendärztlichen Bereitschaftsdienst werden 15 Notdienstbezirke bestimmt, in denen je eine pädiatrische Notdienstpraxis
eingerichtet wird. ln sechs dieser Bezirke ist die Einrichtung einer Dependance zur
ergänzenden Versorgung möglich.
ln je acht Städten der KV-Region Nordrhein werden HNO- und augenärztliche Notdienstpraxen eingerichtet (s. Anlage).
Die Standorte der Notdienstpraxen werden von der KVNO und ihren Kreisstellen bzw.
den betroffenen Fachgruppen nach Kriterien der Erreichbarkeit und des Bedarfs
bestimmt. Nach Möglichkeit werden die fachärztlichen Dienste eines Bezirks am
Standort der Praxis für den allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst betrieben.
Ergänzend zu den Notdienstpraxen wird ein flächendeckender Fahrdienst eingerichtet. Hierfür wird die KV-Region Nordrhein in acht Fahrdienst-Bezirke aufgeteilt, in
denen jeweils mehrere Fahrzeuge samt Fahrer für dringende Hausbesuche im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes eingesetzt werden. Dieser Fahrdienst
ersetzt die bisher an vielen Orten lokal und nach unterschiedlichen Regeln betriebenen Fahrdienste. Die Koordination erfolgt durch die Arztrufzentrale, die wir seit 2011
gemeinsam mit der KV Westfalen-Lippe am Standort Duisburg betreiben.
Mii der neuen Struktur sollen zum einen die kostspieligen Ressourcen im Fahrdienst
möglichst effizient eingesetzt werden. Zum anderen vermeidet die künftige Regelung
Situationen, die Arztinnen und Arzte bisher immer wieder als bedrohlich wahrgenommen haben, etwa wenn sie in den Nachtstunden mit dem eigenen PKW ohne Begleitung zu Einsätzen an ihnen unbekannten Orten und Wohnquartieren gerufen wurden.
r
Die Zahl der jährlichen Dienststunden je Arzt wird auf eine Höchstzahl begrenzt.
Dadurch können hohe individuelle Belastungen abgebaut und die Dienstfrequenzen
al ler nord rhei n ischen Vertragsärzte ei nander angeg ichen werden.
I
Seite 3 zum Schreiben der KVNO
vom 18.02.2015
r
r
I
Kassenärztliche Vereinigung
Nordrhein
Mit Blick auf die Umsetzung der Reform wird die KVNO - auch im Vorgriff auf die vom
Bundesgesetzgeber mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vorgesehene Kooperationsverpflichtung - eine enge Abstimmung mit dem stationären Sektor vornehmen.
Dies gilt auch für die konkrete Standortwahl von Notdienstpraxen.
ln den zwei Jahren nach Start der Reform werden deren Auswirkungen im Abstand
von zwölf Monaten evaluiert. Dabei sind sowohl Versorgungsaspekte als auch die
Kostenentwicklung einzubeziehen.
Eine zentrale Kritik an der Reform des Bereitschaftsdienstes in den vergangenen Tagen
bezog sich auf die geplante Verringerung der Zahl der Notdienstpraxen. Das
neue Standortkonzept bedeutet jedoch - bezogen auf die gesamte Fläche der KV-Region
Nordrhein - keineswegs einen pauschalen Abbau dieser Strukturen. Vielmehr betrifft die
Schließung bestehender Praxen übenruiegend verdichtete bzw. großstädtische Regionen,
in denen die nächstgelegene Notdienstpraxis auch künftig in einer vertretbaren Zeitspanne erreicht werden kann"
Auch wenn längere Distanzen zu Notdienstpraxen für Patienten lo ka I in der Tat nicht
auszuschließen sind, so wird sich die durchschnittliche Wegezeit zur nächstgelegenen Notdienstpraxis über die gesamte KV-Region Nordrhein hinweg gegenüber dem
Status quo kaum verändern. Zudem ist an den Fahrdienst zu erinnern, der auch immobilen Patienten einen Zugang zum ärztlichen Bereitschaftsdienst ermöglicht.
Überuviegend unbegründet erscheint uns auch die Sorge, die Schließung einzelner Notdienstpraxen zöge eine vermehrte lnanspruchnahme von Klinikambulanzen nach sich.
Wir stellen fest, dass Klinikambulanzen gerade in jenen Städten überdurchschnittlich
frequentiert werden, wo vor Ort mehrere Notdienstpraxen bestehen.
Dieser Zusammenhang bestätigt unsere allgemeine Beobachtung einer weitgehend
unkontrollierten lnanspruchnahme der Kliniken durch die Patienten - entgegen dem
Grundsatz am bu lant vor stationär. Diese ,,Patientenpfade" sind nicht zuletzt eine
Folge der in NRW - gemessen am bundesdeutschen oder europäischen Maßstab - weit
überdurchschnittlichen Zahl an Kliniken bzw. Klinikbetten je Einwohner. Diesem Trend ist
jedoch nicht dadurch entgegenzuwirken, dass parallel zu den Kliniken eine entsprechend
hohe Dichte an Notdienstpraxen in Nordrhein etabliert wird.
Denn auch für die Strukturen und Leistungen im ärztlichen Bereitschaftsdienst gilt das
etz I i c h e G e b of einer,,wirtschaftlichen, ausreichenden, notwendigen und zweckmäßigen Versorgung" (S 12 SGB V) uneingeschränkt. Die verständlichen Wünsche der
Bevölkerung und der Politik nach einer möglichst ortsnahen und umfassenden ärztlichen
(Notdienst)Versorgung können daher nicht der alleinige Maßstab für entsprechende
Standort- und Strukturentscheidungen der KV Nordrhein sein.
g es
Aus dem politischen Raum wurde in den vergangenen Tagen mehr Offenheit oder sogar
das Recht zur Mitberatung etwa durch die Kommunen angemahnt. Wir bitten Sie zu
bedenken: Die Meinungsbildung der KV Nordrhein vollzieht sich in einer größtmöglichen
Transparenz: Unsere Vertreterversammlung, das Organ der Selbstvenvaltung der
KVNO, tagt öffentlich. Sämtliche Beschlüsse der KVNO zur Reform des Notdienstes seit
2012 wurden über die Medien verbreitet und sind auf unserer Website im Wortlaut doku-
Seite 4 zum Schreiben der KVNO
vom'18.02.2015
I
Kassenärztliche Vereinigung
Nordrhein
mentiert. Schließlich agieren wir als Körperschaft nicht im ,,freien Raum", sondern unterliegen selbstverständlich der Rechtsaufsicht durch das MGEPA, das die Entscheidungen unserer Selbstvenirraltung sowie das Venrualtungshandeln der KVNO und damit
auch die organisation des Bereitschaftsdienstes - eng begleitet und prüft.
Hingegen findet der Wunsch einzelner Kommunen nach unmittelbarer politischer Mitsprache hinsichtlich der Struktur und der Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes
seine Grenzen in der klaren Zuweisung unserer Aufgaben und Kompetenzen durch den
Bundesgesetzgeber.
Wir dürfen lhnen gleichwohl versichern, dass sich die Funktions- und Mandatsträger der
KV Nordrhein ihrer Verantwortung für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung in
unserer gesamten KV-Region bewusst sind. Auch künftig profitieren die Menschen
im Landesteil Nordrhein von einer verlässlichen Struktur des ambulanten ärztlichen
Bereitschaftsdienstes. Diese Struktur ist im nationalen und erst Recht im internationalen
Maßstab nach wie vor beispielhaft. Dies gilt auch und gerade für das Kriterium der
Erreichbarkeit.
Für weitere lnformationen stehen wir lhnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
4
Dr. med. Peter Potthoff, Mag. iur.
Anlaqe