Daten
Kommune
Krefeld
Größe
318 kB
Datum
10.07.2018
Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 06:26
Stichworte
Inhalt der Datei
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Nr.
5237 /18
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Ausschuss für Umwelt, Energie, Ver- u. Entsorgung sowie Landwirtschaft 10.07.2018
Betreff
Klimaschutz in der Bauleitplanung. Antrag der SPD-Fraktion vom 24.04.2018.
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss für Umwelt, Energie, Ver- und Entsorgung sowie Landwirtschaft nimmt die Vorlage der
Verwaltung zur Kenntnis.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen ja
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
X nein
Begründung
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Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 5237 /18
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
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Die SPD-Fraktion beantragte mit Schreiben vom 24.04.2018 das Thema Klimaschutz in der Bauleitplanung
auf die Tagesordnung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Ver- und Entsorgung sowie Landwirtschaft
am 09.05.2018 zu setzen. Die Verwaltung soll antragsgemäß darlegen, welche Klimaschutzmaßnahmen
im Rahmen der Bauleitplanung im Hinblick auf die Festsetzung von Bebauungsplänen (§ 9 Abs. 1 BauGB i.
V. m. BauNVO) und auf den Abschluss von städtebaulichen Verträgen (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 u. 5 BauGB) in
Krefeld bereits Beachtung finden bzw. welche Klimaschutzmaßnahmen aus Sicht der Verwaltung unter
Berücksichtigung der Stadtentwicklungsplanung sinnvoll zur Anwendung gelangen können.
1.) Sachstand Klimaschutz und Klimaanpassung für Krefeld
Die Stadt Krefeld ist seit mehr als 15 Jahren auf mehreren Ebenen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung im Zusammenhang mit Stadtentwicklung und Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterwegs. So hat die Stadt verschiedene Konzepte zum Klimaschutz entwickelt, auf deren Grundlage entweder Klimaschutz-Einzelmaßnahmen umgesetzt oder die für die Beurteilung von Vorhaben und Plänen im
Stadtgebiet herangezogen werden. Die wichtigsten Konzepte waren z. B. das CO2-Minderungskonzept
(2004), das Klimaschutz- und Klimaschutzmanagementkonzept für Schul- und Sportgebäude (2010) und
die erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb "KWK Modellkommune NRW" (2012 - 2017) mit der erfolgreichen Inbetriebnahme von Kraft-Wärme-Kopplungssystemen in Krefelder Stadtquartieren.
Bei Einzelvorhaben (überwiegend bei Wohngebäuden) in Krefeld werden häufig Energieerzeuger für regenerative Energien genehmigt: Photovoltaik-Anlagen, Solar-Kollektoren und Wärmepumpen. Als diesbezügliches Projekt hat die SWK mit Unterstützung der Stadt in den Jahren 2009 bis 2012 größere Photovoltaikanlagen auf Dächern geeigneter Liegenschaften der Stadt Krefeld installiert. Zusätzlich besteht eine
Bürger-Photovoltaik-Anlage auf dem Rathaus der Stadt Krefeld. Im Zuge des Neubaus von Wohngebäuden werden nach wie vor Dachbegrünungen auf Wohngebäuden beantragt und genehmigt.
In den letzten Jahren sind neue Entwicklungen in der E-Mobilität hinzugekommen. So hat die SWK z. B.
ein Carsharing-Konzept kombiniert mit E-Fahrzeugen und E-Ladeinfrastruktur entwickelt, so dass im Krefelder Stadtgebiet bereits einige Ladestationen für E-Fahrzeuge entstanden sind und das Carsharing-Netz
weiterentwickelt wird. Darüberhinaus befinden sich Stadt und SWK in konzeptionellen Überlegungen,
Fördermittel z. B. aus dem Sofortprogramm Saubere Luft zu nutzen, um E-Fahrzeuge zu beschaffen, die
Ladeinfrastruktur in Krefeld auszubauen und das Mobilitätsverhalten z. B. durch den attraktiven Ausbau
der Radwege und verbesserte ÖPNV-Angebote zu verändern und schließlich auch ein Mobilitätskonzept
aufzustellen.
Diese Krefelder Konzepte und Einzelvorhaben verfolgen u. a. zwei wichtige Klimaschutzziele: a) die Implementierung technisch und wirtschaftlich effizienter, moderner Energie- und Mobiltätssysteme und b)
die Reduktion der Anteile fossiler Energieträger an Energieproduktion und Energieverbrauch im Stadtgebiet und damit die Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen und anderer Zusatztreibhausgase. Diese
Ziele stellen nicht nur einen Beitrag zur Verringerung des Anstiegs der regionalen und globalen Lufttemperaturen und seinen bekannten Folgewirkungen dar, sondern liefern auch Beiträge zum nachhaltigen
Umgang mit wirtschaftlichen Ressourcen, Umwelt- und Naturschutzbelangen, zur Verbesserung der Luftqualität, zur gesundheitlichen Vorsorge und zu wirtschaftlichen Einsparungen in Krefeld.
Klima und Klimaentwicklungen werden sowohl als Umweltbelange in der Stadtplanung bzw. Stadtentwicklung als auch als Schutzgut in der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und in der Strategischen
Umweltprüfung (SUP) sowie als wichtiges ökologisches Element im Naturschutz und in der Landschaftsplanung berücksichtigt. So wurde im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplans der Belang Klima
durch eine gesamtstädtische Klimaanalyse (2003) erfasst und als eine Grundlage für die Ermittlung der
FNP-Entwicklungsziele und -flächen im Stadtgebiet herangezogen. Die Ergebnisse und klimatischen Planungsempfehlungen der gesamtstädtischen Klimaanalyse werden seitdem bei der Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen im Stadtgebiet herangezogen, um bei den Überlegungen zu den Auswirkungen eines Planes auf das städtische Klima die Strukturen des Plangebietes nach Möglichkeit zu optimieren
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und anzupassen. Je nach Lage, Größe und anderen räumlichen Gegebenheiten des Plangebietes ist es
aber oft nicht möglich, dem Belange Klima im Zusammenhang mit der Abwägung anderer Planungsbelange mehr Vorrang zu geben oder klimabedeutsame Maßnahmen überhaupt einzuführen. Die Betrachtung
des Klimas und die Umsetzung von Klimaschutz- oder Klimaanpassungsmaßnahmen ist in der Bauleitplanung stets einer Einzelfallbetrachtung unterzogen.
Im Zuge der Betrachtung der Folgen des Klimawandels für Krefeld werden die Auswirkungen z. B. durch
Intensität und Häufigkeit von Starkniederschlägen in die Planung der Anpassung der Siedlungsentwässerungssysteme an höherer Entwässerungsmengen einbezogen. Die Ermittlung des Umfangs von Starkniederschlägen und des diesbezüglich Anpassungsumfangs der Entwässerung wird hier angestrebt. Andere
Überlegungen zur Klimaanpassung richten sich auf die Gestaltung von Stadtstrukturen, um der erhöhten
Hitzebelastung in der Stadt zu begegnen, z. B. durch die Ausrichtung von Gebäuden, mehr Grün in der
Stadt oder durch das Offenhalten von Ventilationsbahnen und Kaltluft-Sammelgebieten im Stadtgebiet.
Diese Klima bezogenen Aktivitäten der Stadt Krefeld, sowohl bei Einzelvorhaben als auch bei Plänen und
Konzepten, sollen nach Möglichkeit durch die Aufstellung eines integrierten Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzeptes gebündelt und durch Festlegung von Leitbildern, Zielen, Standards, Aufgaben und
Prüfaufträgen sowie Einzelmaßnahmen gesteuert werden können. Im Zuge der Aufstellung des Konzeptes
werden sich die Fragestellungen auch auf die planungsrechtlichen Möglichkeiten der Festlegung von Klimaschutzzielen für die Bauleitplanung und der Festsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Bebauungsplänen richten.
2.) Klimaschutz in der Bauleitplanung und in städtebaulichen Verträgen
Der Antrag der SPD-Fraktion bezieht sich auf die planungsrechtlichen Regelungen des § 9 BauGB über die
Inhalte des Bebauungsplans, die aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden können. § 9 BauGB
steht im engen Zusammenhang mit dem ebenso genannten § 11 BauGB und zur Baunutzungsverordnung
(BauNVO). Gem. § 9 (1) Nr. 1.-22. BauGB können sowohl Art und Maß der Bebauung, die Bauweise und
Flächen mit bestimmten, definierten Nutzungszwecken, als auch bestimmte Gebiete festgesetzt werden
(§ 9 (1) Nr. 23. - 25. BauGB). Klimaschutzrelevant können demnach Gebiete sein, in denen
§ 9 (1) Nr. 23. BauGB
•
a) zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
•
b) bei Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von
Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen
werden müssen;
§ 9 (1) Nr. 24. BauGB
• die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere
Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden
baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen;
§ 9 (1) Nr. 25. BauGB
•
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher
Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen, b) Bindungen für Bepflan-
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zungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von
Gewässern;
§ 9 (1) Nr. 26. BauGB
•
... .
Für die planungsrechtliche Umsetzung klimarelevanter Maßnahmen und ihre Festsetzung in einem Bebauungsplan bedarf es letztlich der städtebaulichen Begründung. Hier wäre nachzuweisen, dass die festzusetzende Klimaschutz-Maßnahme tatsächlich als klimaschutzrelevant für den aufzustellenden Bebauungsplan oder das festzusetzende Gebiet einzustufen ist. Der entsprechend festgesetzte Klimaschutzzweck muss auch nachweislich zum angestrebten Erfolg führen. Die im SPD-Antrag genannten Maßnahmen können grundsätzlich als klimaschutz- oder klimaanpassungsrelevant eingestuft werden:
• günstiges Verhältnis von Gebäudefläche zu Gebäudevolumen
•
Ausrichtung und verschattungsfreie Anordnung des Baukörpers zur Nutzung der Sonneneinstrahlung
•
Fassaden- und Dachbegrünung bei Gewerbebauten
•
Regulierung zentraler und dezentraler Erzeugung, Nutzung und Speicherung von Strom, Wärme
und Kälte aus erneuerbaren Energien oder durch Kraft-Wärme-Kopplung oder mit Anforderungen
an die energetische Qualität von Gebäuden
•
Vorschriften zur Einhaltung von Energieeffizientsstandards bei Wohn-, Büro und Dienstleistungsgebäuden
•
Erstellung eines Energiekonzeptes durch den Grundstückeigentümer oder durch Anforderungen
an die Wärme- und Kälteversorgung
was laut SPD-Antrag in anderen Städten bereits umgesetzt werde. Diesen Anregungen lassen sich noch
weitere klimaschutzrelevante Maßnahmen hinzufügen:
•
Verbindliche Festlegung von Klimaschutz- und Klimaanpassungszielen und -standards:
•
für die Verwendung emissionsarmer Heizungsanlagen und Energieträger im Plangebiet
•
eines Strom- und Wärmeanteils aus regenerativen Energien vor Ort (Photovoltaik, Solarthermie,
Geothermie) im Plangebiet
•
Energieverbrauchsstandards für Gebäude nach EEV
•
der Gebäudeanordnung sowohl aus Gründen der optimalen Solar-Nutzung als auch für eine gute
Durchlüftung des Plangebietes,
•
eines Grünflächenanteils (Fassaden- und Dachbegrünung, Grünflächen und Baumstandorte) im
Bebauungsplan zum Ausgleich thermischer Belastungen,
•
Prüfung der Möglichkeiten zur Errichtung von Ladeinfrastruktur für Fahzeuge (E-Fahrzeuge, EBikes) im Bebauungsplangebiet,
•
Bestimmung eines Versiegelungsgrades zur Verringerung der Heizflächen im Bebauungsplangebiet.
Die Prüfung der Umsetzung klimaschutzrelevanter Maßnahmen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans
erfolgt als Einzelfallentscheidung bezogen auf den jeweils aufzustellenden Bebauungsplan (s. o.). Planungsrechtliche Festsetzungen gemäß § 9 BauGB zu den Belangen des Klimaschutzes oder anderer (Umwelt-) Belange gestalten sich schwierig, da eine Reihe anderer planungsrechtlicher Grundsätze in unzulässiger Weise eingeschränkt werden können.
Für die Erreichung der Ziele der Luftreinhalteplanung in Krefeld konnten allerdings Festsetzungen in Bebauungsplänen erreicht werden, da hier ein konkreter planungsrechtlicher Bezug zu § 9 (1) Nr. 23 a)
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BauGB besteht. Die luftschadstoffmindernden Festlegungen in den Bebauungsplänen sind gleichzeitig
klimaschutzrelevant.
Wichtigste Voraussetzung für planungsrechtliche Festsetzungen nachweislich wirksamer KlimaschutzMaßnahmen ist aber die allgemeine, konzeptionelle Festlegung von Leitbildern und Klimaschutzzielen im
Rahmen eines Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzeptes. Auf dieser Grundlage kann durch einzelfallbezogene Prüfung von Bebauungsplänen ermittelt werden, welche klimaschutzrelevanten Maßnahmen
in einem Bebauungsplan umgesetzt und ggf. auch festgesetzt werden können. Bis ein integriertes Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept aufgestellt wird, sollte die Prüfung und planerische Abwägung von
Klimschutmaßnahmen auf Bebauungsplanebene wie bisher der planungsbezogenen Einzelentscheidung
vorbehalten bleiben.