Daten
Kommune
Krefeld
Größe
5,2 MB
Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 06:27
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Sachverhalt zur Verwaltungsvorlage
Vorlage Nr. 2669/16
Rechtsverbindlicher Bebauungsplan und Plangebiet
Der seit dem 10. Dezember 1966 rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 74 – Gladbacher
Straße/ Lehmheide – setzt unter anderem für die westliche Seite der Gladbacher Straße
zwischen Heideckstraße und Ispelsstraße Mischgebiete (MI) mit einer straßenseitigen bis
zu viergeschossigen, geschlossenen Bauweise sowie Grund- und Geschossflächenzahlen
von 0,3 GRZ bzw. 1,0 GFZ fest. In den zurückliegenden Grundstücksbereichen ist zum Teil
eine eingeschossige Bebauung in offener Bauweise mit Grundflächenzahlen zwischen
0,4 GRZ und 0,8 GRZ möglich. Des Weiteren setzt er im südlichen Teil ein Gewerbegebiet
(GE), sowie die Flächen der Regenbogenschule, des Jugendzentrums St. Martin sowie Teile
des Hauptfriedhofes (Alter Teil) als Gemeinbedarfsflächen fest. Die überbaubaren Flächen
sind durch Baugrenzen ausgewiesen. Der ursprüngliche Geltungsbereich des
Bebauungsplanes Nr. 74 wurde durch die Bebauungspläne Nr. 74 2. Änderung und die
Pläne Nr. 611/I (v) und 611/II partiell überholt. Diese Pläne weisen die Bauflächen
ausschließlich als „Allgemeine Wohngebiete“ (WA) aus.
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Sachverhalt zur Verwaltungsvorlage
Vorlage Nr. 2669/16
Planungsanlass
Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplanes ist ein Bauantrag zur Nutzungsänderung
eines Ladenlokals in ein Wettbüro an der Gladbacher Straße. Das Vorhaben ist gemäß dem
rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 74 in Verbindung mit der anzuwendenden
Baunutzungsverordnung von 1962 planungsrechtlich als Gewerbebetrieb allgemein
zulässig. Nach Definition der aktuellen BauNVO 1990 handelt sich dabei um eine
Vergnügungsstätte gem. § 6 Abs. 2 Nr. 8.
Mit der 3. vereinfachten Änderung des Bebauungsplanes Nr. 74 soll durch eine Ergänzung
der textlichen Festsetzungen ein Ausschluss von Vergnügungsstätten erreicht werden.
Ziel, Zweck und wesentliche Auswirkung der 3. vereinfachten Änderung
Der Trend zur Errichtung neuer Vergnügungsstätten in Gestalt von Spielhallen, Wettbüros,
Sexshops, Sex Kinos, Peepshows, Stripteaseshows und vergleichbaren Unternehmen führt
auch in Krefeld zunehmend zur Ansiedlung derartiger Betriebe, insbesondere in leer
stehenden, bislang gewerblich genutzten Gebäuden. In Folge dieser Entwicklung sind
insbesondere zwei Auswirkungen zu konstatieren: Bei einer räumlichen Häufung von
Vergnügungsstätten sind potenziell negative Auswirkungen auf das Erscheinungsbild und
„Image“ einzelner Straßen und ganzer Quartiere mit der Folge negativer städtebaulicher
Fehlentwicklungen zu befürchten. Zudem besteht die Gefahr, dass in Folge der Häufung
von Vergnügungsstätten für den Grundstückseigentümer erzielbaren Renditen, die Bodenund Mietpreise in der Umgebung ein solches Maß erreichen, dass mittel- bis langfristig
„klassische“ Betriebe oder Mieter nicht mehr „mithalten“ können.
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Sachverhalt zur Verwaltungsvorlage
Vorlage Nr. 2669/16
Die Gladbacher Straße wird im Zentrenkonzept 2014 der Stadt Krefeld im Abschnitt von
Obergath bis zum Deutschen Ring als Nahversorgungszentrum definiert. Sie ist mit ihrem
beidseitig durchgängig zu verzeichnenden Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatz
zentraler Bestandteil des Nahversorgungszentrums Gladbacher Straße (NVZ 15). Darüber
hinaus ist die Gladbacher Straße als eine Haupterschließungsstraße von Süden kommend
in Richtung Innenstadt stadtbildprägend.
Gleichzeitig empfiehlt das im Jahre 2012 vom Rat der Stadt Krefeld beschlossene
Vergnügungsstättenkonzept, als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne von § 1
Abs. 6 Nr. 11, eben für solche Mischgebiete (MI) mit Nahversorgungsfunktion einen
Ausschluss von Vergnügungsstätten wie Spielhallen und Wettbüros, zur Vermeidung von
Nutzungskonflikten mit sozialen und öffentlichen Einrichtungen sowie zur Sicherung des
Bodenpreisgefüges, da sie nicht die städtebauliche Robustheit besitzen, um
Vergnügungsstätten aufzunehmen.
Hier sollen durch den Ausschluss erstens von Vergnügungsstätten aus dem Glücksspielund dem Erotikbereich und zweitens von Bordellen und bordellartigen Gewerbebetrieben
die Sicherung der Versorgungsfunktion und ein Schutz vor möglichen Trading-downEffekten erreicht werden. Im Hinblick eines in unmittelbarer Nachbarschaft zum
beantragten Objekt bereits genehmigten und vorhandenen kleineren Wettbüros ist eine
Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Änderung des Planrechtes auch
erforderlich, indem eine Häufung dieser Nutzung frühzeitig unterbunden wird.
Ein weiteres städtebauliches Ziel der Änderung ist der Erhalt und der Schutz der in diesem
Stadtteil vorherrschenden Wohnnutzung sowie die Vermeidung von Konflikten mit der in
unmittelbarer
Nachbarschaft
vorhandenen
Regenbogenschule
als
Gemeinschaftsgrundschule mit Ganztagsbetreuung sowie dem Jugendzentrum und
Kindergarten St. Martin.
Von dem Ausschluss ausgenommen bleiben Discotheken, Nachtlokale und -clubs mit
kulturellem Schwerpunkt und Multiplexkinos, da die Auswirkungen dieser Nutzung auf das
Boden- und Mietpreisgefüge und mögliche Trading-down-Effekte als weniger problematisch
eingeschätzt werden. Darüber hinaus lässt sich für diese Nutzung eine verträgliche
Einbindung zum Beispiel hinsichtlich des Immissionsschutzes und der verkehrlichen
Erschließung ausreichend auf der Ebene der Baugenehmigung regeln.
Städtebauliche Beurteilung der 3. vereinfachten Änderung
Die Zielsetzung der 3. vereinfachten Änderung entspricht den Vorgaben und Empfehlungen
des am 31.10.2012 durch den Rat der Stadt Krefeld beschlossenen
Vergnügungsstättenkonzeptes. Mit dem Konzept wurden einerseits geeignete Standorte für
Automatenspielhallen und Wettbüros in Krefeld identifiziert und andererseits
städtebaulich sensible Gebiete festgelegt, die vor einer Ansiedlung solcher Einrichtungen
geschützt werden sollen. Da die bisherigen baurechtlichen Regelungen und insbesondere
die Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes Nr. 74 nicht ausreichen, um
die oben beschriebene negative Entwicklung im Plangebiet und den unmittelbar
angrenzenden Wohngebieten auszuschließen und die bisherige Struktur zu schützen sowie
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Sachverhalt zur Verwaltungsvorlage
Vorlage Nr. 2669/16
die Entwicklung zu sichern, werden mit der 3. vereinfachten Änderung des
Bebauungsplanes Nr. 74 die Empfehlungen des Vergnügungsstättenkonzeptes im
Planbereich rechtsverbindlich umgesetzt.
Inhalt der 3. vereinfachten Änderung
Die textlichen Festsetzungen werden wie folgt ergänzt:
Art der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 BauGB)
Ausschluss bestimmter Nutzungsarten (§ 1 Abs. 5, 6 und 9 BauNVO)
In den im Plangebiet festgesetzten Misch- (MI) und Gewerbegebieten (GE) sind
• Vergnügungsstätten – mit Ausnahme von Discotheken, Nachtlokalen und -clubs
mit kulturellem Schwerpunkt und Multiplexkinos – nicht zulässig,
• Bordelle und bordellartige Betriebe nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
Baugesetzbuch (BauGB) gemäß Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBL. I S. 2414) in der
derzeit gültigen Fassung,
Baunutzungsverordnung (BauNVO) gemäß Bekanntmachung vom 23.01.1990 (BGBl. I S.132) in
der derzeitig gültigen Fassung,
Planzeichenverordnung (PlanzV 90) gemäß Bekanntmachung vom 18.12. 1990 (BGBL.1991 I S.
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Planverfahren
Folgende Fachbereiche der Bauverwaltung und Träger öffentlicher Belange gem. § 4 BauGB
wurden beteiligt:
05 – Marketing und Stadtentwicklung
Keine Bedenken.
FB 21 – Zentraler Finanzservice und Liegenschaften
Auf dem städtischen Grundstück Gladbacher Straße 239 ist ein Erbbaurecht für das
Zukunftsforum Krefeld e.V. bestellt. Das Grundstück ist mit einem Mehrfamilienhaus
bebaut und wird als Mehrgenartionenhaus zur Förderung des Zusammenlebens von
Jung und Alt betrieben. Diese Nutzung muss erhalten bleiben.
Ansonsten keine Bedenken.
Beurteilung:
Die beschriebene Nutzung ist auch weiterhin möglich. Der Stellungnahme wird
gefolgt.
FB 36 – Umwelt
Keine Bedenken.
FB 61 – Stadtplanung – Untere Denkmalbehörde
Keine Bedenken.
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Vorlage Nr. 2669/16
FB 61 – Stadtplanung – Stadterneuerung
Die vorgesehen Änderung zur Umsetzung des Vergnügungsstättenkonzeptes werden
grundsätzlich begrüßt.
Da es sich hier um eine Änderungen nach heutiger BauNVO (1990) eines
Bebauungsplanes auf Grundlage der BauNVO (1962) handelt, sollte geprüft werden,
ob als Rechtsgrundlage neben § 1 (5 u. 9) BauNVO auch § 1 (6 u. 9) BauNVO
anzugeben sind.
In Anbetracht der Problematik der unterschiedlichen Baunutzungsverordnungen
wird
vorgeschlagen,
in
Anlehnung
an
die
Begrifflichkeiten
des
Vergnügungsstättenkonzeptes eine gegenüber dem Entwurf geänderte Formulierung
der textlichen Festsetzungen zu wählen.
Beurteilung:
Im Vorentwurf zur Beteiligung der Behörden und Abstimmung innerhalb der
Bauverwaltung wurde zunächst als Vorschlag zur Änderung ein Textbaustein
gewählt, der sich an die Formulierung in bereits rechtskräftigen Bebauungsplänen
mit ähnlichen städtebaulichen Zielen anlehnt. Da die Änderung auf Grundlage des
seit dem Jahre 2012 beschlossenen Vergnügungsstättenkonzeptes erfolgt und als
dessen Umsetzung in der verbindlichen Bauleitplanung begründet wird, ist eine
Anpassung an die Formulierungen und Empfehlungen dieses Handlungskonzeptes,
sowie der Hinweis auf die zugrunde gelegten Rechtsgrundlagen angebracht.
Der Stellungnahme und den Hinweisen wurde gefolgt und bei der Beteiligung der
Öffentlichkeit durch einmonatige Auslegung bereits berücksichtigt.
FB 61 – Stadtplanung – Stadtentwicklung
Keine Bedenken.
FB 62 – Vermessungs- und Katasterwesen
Keine Bedenken.
FB 63 – Bauaufsicht
Keine Bedenken.
Der die Änderung auslösende Bauantrag zur „Nutzungsänderung eines Ladenlokals
in ein Wettbüro“ wurde aufgrund des einleitenden Beschlusses zur 3. vereinfachten
Änderung des Bebauungsplanes Nr. 74 vom 25.02.2016, rechtskräftig mit der
Bekanntmachung im Krefelder Amtsblatt Nr. 17 vom 10.03.2016, gem. § 15
Baugesetzbuch (BauGB) für ein Jahr bis zum 20.03.2017 zurückgestellt, da bei
Zulassung der geplanten Baumaßnahme die städtebaulichen Interessen unmöglich
oder wesentlich beeinträchtigt würden.
FB 62 – Vermessungs- und Katasterwesen
Keine Bedenken.
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Sachverhalt zur Verwaltungsvorlage
Vorlage Nr. 2669/16
FB 66 – Tiefbau
Keine Bedenken.
Beteiligung der Öffentlichkeit
Den von der Änderung des Bebauungsplanes betroffenen Bürgern wurde gem. § 13 (2)
Ziff. 2 BauGB im Rahmen der öffentlichen Auslegung in den Räumen des Fachbereiches 61,
Stadtplanung, vom 01.04. bis 02.05.2016 Gelegenheit gegeben, Stellungnahmen
abzugeben. Die Bekanntmachung der Offenlage fand ortsüblich im Krefelder Amtsblatt Nr.
12 am 24.03.2016 statt.
Der Öffentlichkeit wurde gem. § 13 (3) Satz 2 BauGB mitgeteilt, dass von einer Prüfung
gem. § 2 (4) BauGB zur Ermittlung erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt abgesehen
wurde.
Stellungnahmen
Es wurden keine Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit abgegeben.
Verfahrensabschluss
Durch die Änderung des Bebauungsplanes werden die Grundzüge der Planung nicht
berührt und die Änderung begründet kein Vorhaben, das einer Pflicht zur Durchführung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG unterliegt oder dieses vorbereiten würde. Auch
bestehen keine Anhaltspunkte für die Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b
genannten Schutzgüter.
Darüber hinaus wurde die Änderung des Bebauungsplanes als Umsetzung des am
31.10.2012 vom Rat der Stadt Krefeld als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne
von § 1 Abs. 6 Nr. 11 beschlossene Vergnügungsstättenkonzept in der verbindlichen
Bauleitplanung durchgeführt.
Unter diesen Voraussetzungen kann die Änderung gemäß § 13 BauGB im vereinfachten
Verfahren durchgeführt werden.
Die Verwaltung schlägt die vorliegende 3. vereinfachte Änderung zum Satzungsbeschluss
vor.
Aufhebung Restgebiet Einleitender Beschluss Bebauungsplan Nr. 611im Geltungsbereich
des Bebauungsplanes Nr. 74
Am 28. April 1994 fasste der Rat der Stadt Krefeld den Einleitenden Beschluss zur
Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 611 – südlich Lehmheide/ östlich Heideckstraße,
der in weiten Teilen den Bebauungsplan Nr. 74 überplanen sollte. Zwischenzeitlich wurde
in zwei unabhängigen Verfahren als Teilbereiche des ursprünglichen Bebauungsplan Nr.
611 die Bebauungspläne Nr. 611/I (v) und 611/II weitergeführt und am 7. November 2003
bzw. 10. Januar 2014 rechtskräftig. Diese Satzungspläne setzen in ihrem Geltungsbereich
die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 74 außer Kraft.
Da die Geltungsbereiche der beiden Bebauungspläne Nr. 611/I (v) und 611/II nicht in
Gänze mit dem Geltungsbereich des Einleitenden Beschlusses des Bebauungsplanes
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Vorlage Nr. 2669/16
Nr. 611 übereinstimmen, bleibt der Einleitende Beschluss für einen Restbereich (siehe
Anlage) bestehen. Da jedoch auszuschließen ist, dass für diesen Teilbereich das
Bebauungsplanverfahren Nr. 611 weiter betrieben wird, ist der Einleitende Beschluss
entbehrlich und kann aufgehoben werden.
Die Verwaltung empfiehlt, den Einleitenden Beschluss des Bebauungsplanes Nr. 611 vom
28.04.1994 im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 74 aufzuheben.
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