Daten
Kommune
Krefeld
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Erstellt
16.07.18, 14:02
Aktualisiert
25.01.19, 06:45
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Vorlage des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld
öffentlich
Datum 30.07.2015
Nr.
1642 /15
Anlage-Nr.
FB/Geschäftszeichen: - 31 - Fachbereich Bürgerservice/31 Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Haupt- und Beschwerdeausschuss
29.09.2015
Betreff
Anregungen und Beschwerden nach § 24 GO NRW, hier: Eingabe des Herrn Neuhaus gegen die Erhöhung
des Hebesatzes der Grundsteuer B in der Stadt Krefeld
Beschlussentwurf:
Der Haupt- und Beschwerdeausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis und erklärt die
Eingabe für erledigt.
Unmittelbare finanzielle Auswirkungen
ja
X nein
Finanzielle Auswirkungen und Begründung auf den Folgeseiten
Begründung
Seite 1
Finanzielle Auswirkungen
Vorlage-Nr. 1642 /15
Die unmittelbaren finanziellen Auswirkungen des Beschlusses sind im Haushaltsplan berücksichtigt:
ja
nein
Innenauftrag:
Kostenart:
PSP-Element:
Nach Durchführung der Maßnahme ergeben sich keine Auswirkungen auf die Haushaltswirtschaft:
Personalkosten
Sachkosten
Kapitalkosten
(Abschreibungen oder Zinsen)
Kosten insgesamt
abzüglich
0,00 EUR
- Erträge
- Einsparungen
0,00 EUR
Bemerkungen
Begründung
Seite 2
Mit E-Mail vom 19.07.2015 hat sich Herr Neuhaus an Herrn Oberbürgermeister Kathstede gewandt und aufgrund der Erhöhung der Grundsteuer B zum 01.01.2015 Beschwerde eingelegt
und darum gebeten, die Hebesatzerhöhung zurückzunehmen. Die E-Mail des Herrn Neuhaus
vom 19.07.2015 (Anlage 1) sowie eine ergänzende E-Mail des Herrn Neuhaus vom 20.07.2015
(Anlage 2) sind beigefügt.
Die Eingabe des Herrn Neuhaus wurde inhaltlich durch den Fachbereich 21 - Zentraler Finanzservice und Liegenschaften - geprüft. Das Prüfergebnis wird wie folgt dargestellt:
Am 18.06.2015 hat der Stadtrat die Festsetzung der Steuerhebesätze für die Realsteuern in der
Stadt Krefeld – Realsteuerhebesatzsatzung – für das Jahr 2015 mit der Maßgabe beschlossen,
den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 533 v. H. anzuheben. Zuvor war die letzte Erhöhung des
Hebesatzes bei der Grundsteuer B für die Stadt Krefeld zum Jahre 2002 (von vormals 440 v. H.
auf 475 v. H.) beschlossen worden.
In der dem aktuellen Beschluss vom 18.06.2015 zugrunde liegenden Beratungsvorlage (Nr.
269/14/1) wurde der finanzielle Deckungsbetrag dieser ertragsorientierten Maßnahme dargestellt. Diese stellt eine finanzwirtschaftliche Maßnahme dar, die in das umfassende „Haushaltssicherungskonzept der Stadt Krefeld für die Jahre 2015 – 2020“ (Vorlage Nr. 1556/15) eingebunden ist und nicht isoliert betrachtet werden darf. Sie ist nach Auffassung von Politik und Verwaltungsleitung notwendig, um über die bereits ergriffenen bzw. geplanten Maßnahmen zur strukturellen Haushaltskonsolidierung hinaus den Haushaltsausgleich (im Zeitraum bis 2020) zu erreichen. Es wurde aufgrund der städtischen Finanzsituation der Stadt Krefeld nach intensiver Sachprüfung keine Alternative zu der Erhöhung der Grundsteuer B gesehen. Auch die vom Petenten
in seiner Zuschrift zitierten „Tipps zu Sparpotenzialen aus dem Kommunalkompass des Bundes
der Steuerzahler (BdSt)“ wurden in diese Prüfung einbezogen, soweit die darin enthaltenen Vorschläge zur Sanierung von Kommunalhaushalten in Krefeld nicht bereits seit Jahren ohnehin realisiert sind. Die Tatsache, dass die Erhöhung des Grundsteuer B-Hebesatzes eine Vielzahl von
Bürgerinnen und Bürgern betrifft, dient letztlich der Steuergerechtigkeit, da eine breite Bevölkerungsschicht zur Konsolidierung des Haushaltes und zur Sicherstellung der städtischen Infrastruktur beiträgt.
Die Grundsteuer, die zu den sog. Realsteuern gehört, ist ihrem Wesen nach eine Objektsteuer,
die ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse und die persönliche Leistungsfähigkeit des
Steuerschuldners an das Steuerobjekt anknüpft (BVerfG – 18.02.2009 – 1 BvR 1334/07). Im Mittelpunkt der Steuer steht demnach der Grundbesitz, also ein Objekt, und nicht die individuelle
(Lebens-)Situation einer natürlichen oder juristischen Person.
Nach § 77 Gemeindeordnung NRW hat die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel u. a. aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Im interkommunalen Vergleich sind inzwischen Hebesätze von 600 – 800 v. H., insbesondere bei Kommunen in der Haushaltssicherung, keine Seltenheit. Nach geltender Rechtsprechung hat selbst ein Grundsteuerhebesatz von 910 v. H. keine „erdrosselnde Wirkung“ (OVG
NRW – 04.07.2015 – 15 B 571/14). Eine Erhöhung auf 533 v. H. liegt daher im vertretbaren Rahmen.
Die Steuer darf somit - gemessen an einer normalen finanziellen Leistungskraft - keine „erdrosselnde Wirkung“ haben. Auch darf die Kommune bei ihrer eigenverantwortlichen Abschätzung
des Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, d. h. evident willkürlichen Entschließungskriterien
tragend werden lassen oder gar den zu bestimmenden Hebesatz ohne jede Würdigung seiner
Wirkungen auf die Steuerpflichtigen ermitteln. Dem Rat der Gemeinde kommt durch Verfas-
Begründung
Seite 3
sungsrecht ein Entschließungsspielraum zu, der oftmals als „Satzungsermessen“ bezeichnet wird.
Die gerichtliche Kontrolle hat sich auf die Überprüfung, ob die Grenzen des „Satzungsermessens“
eingehalten worden sind, zu beschränken. Das bedeutet, dass der innerhalb dieser Grenzen des
„Satzungsermessens“ für die Gemeinde verbleibende weite Beurteilungsfreiraum der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist. Dementsprechend sind weder die Gerichte, noch die Aufsichtsbehörde, noch der jeweilige Steuerpflichtige befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend demokratisch legitimierten - Satzungsgebers zu stellen. Die Beschlussfassung des Rates der Stadt Krefeld über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze (und der Fixierung des Hebesatzes von 533 v. H. für die Grundsteuer B) für das Haushaltsjahr 2015 ist somit rechtskonform
erfolgt.
Kann die Steuer nur in einem Einzelfall nicht mehr aufgebracht werden, so bietet sich hierfür –
bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - die Möglichkeit eines (teilweisen) Billigkeitserlasses nach § 227 Abgabenordnung (AO) oder einer Stundung nach § 222 AO an. Hierzu bedarf es
dann allerdings eines gesonderten und begründeten Antrages an die kommunale Finanzbehörde
sowie einer nachfolgenden Sachverhaltsprüfung. Soweit der Petent in seiner Zuschrift darstellt,
dass er Ertragsausfälle durch Objektleerstand zu verzeichnen habe, darf darauf hingewiesen
werden, dass hier u. U. ein Antrag auf Grundsteuererlass nach § 33 Grundsteuergesetz (GrStG)
gestellt werden kann (Ertragsausfall wegen „nicht zu vertretendem“ Leerstand). Ein solcher Antrag kann allerdings immer nur im Nachhinein für den Erlasszeitraum innerhalb der gesetzlichen
Ausschlussfrist nach § 34 GrStG gestellt werden – also beispielsweise für das Jahr/den Erlasszeitraum 2015 ab Anfang 2016 innerhalb der Ausschlussfrist bis zum 31.03.2016. Hierbei handelt es
sich immer um eine Einzelfallentscheidung mit einer individuellen Fallprüfung unter Berücksichtigung der zeitaktuellen Rechtsprechung der bundesdeutschen Obergerichte.
Schließlich sei noch angemerkt, dass Zahlungen – die wie angekündigt – unter Vorbehalt geleistet werden, nach ständiger Rechtsprechung einen Rechtsbehelf nicht ersetzen. Ohne ausdrücklichen Rechtsbehelf führt eine Zahlung unter Vorbehalt zur Erfüllung des Anspruchs (OVG NRW –
11.04.2011 – 8 A 589/10, DAR 2011, S. 427). Der Zahlungsvorbehalt hindert vor allem nicht die
Rechtskraft (Unanfechtbarkeit) des Abgabenbescheides (Tipke/Kruse, § 224 Tz. 8; Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO 2010, § 224 Rz. 22; OVG NRW – 30.04.2013 – 15 A 621/13).
Fazit:
Nach alledem bestehen hinsichtlich der unter dem 16.07.2015 ausgefertigten und nach § 122 AO
bekanntgegebenen steuerlichen Änderungsbescheide der Stadt Krefeld weder formell- noch materiell-rechtliche Bedenken. Auch die weiteren Ausführungen des Petenten in seinen Eingaben
haben hierauf keine Auswirkungen.
Es wird empfohlen, die zum 01.01.2015 vorgenommene Erhöhung des Grundsteuer BHebesatzes von 470 v. H. auf 533 v. H. nicht zurückzunehmen.