Daten
Kommune
Aachen
Dateiname
324975.pdf
Größe
1,1 MB
Erstellt
17.12.18, 12:00
Aktualisiert
27.01.19, 14:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Der Oberbürgermeister
Vorlage
Federführende Dienststelle:
Fachbereich Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen
Beteiligte Dienststelle/n:
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
FB 61/1107/WP17
öffentlich
17.12.2018
Dez. III / FB 61/100
Städteregionsweites Gewerbeflächenkonzept als Fachbeitrag zur
Überarbeitung des Regionalplans Köln
hier: Abschließende Beschlussfassung des Fachbeitrages
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
30.01.2019
05.02.2019
07.02.2019
Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft
Anhörung/Empfehlung
Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss
Anhörung/Empfehlung
Planungsausschuss
Entscheidung
Zuständigkeit
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft nimmt die Ausführungen der Verwaltung
zur Kenntnis. Er empfiehlt dem Planungsausschuss, dass der Fachbeitrag als Grundlage zur
Überarbeitung des Regionalplans durch die StädteRegion Aachen eingereicht wird.
Der Wohnungs- und Liegenschaftsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
Kenntnis.
Er empfiehlt dem Planungsausschuss, dass der Fachbeitrag als Grundlage zur Überarbeitung des
Regionalplans durch die StädteRegion Aachen eingereicht wird.
Der Planungsausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung und die Empfehlungen des
Ausschusses für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft sowie des Wohnungs- und
Liegenschaftsausschusses zur Kenntnis.
Er stimmt zu, dass der Fachbeitrag als Grundlage zur Überarbeitung des Regionalplans durch die
StädteRegion Aachen eingereicht wird.
Vorlage FB 61/1107/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 08.01.2019
Seite: 1/3
Erläuterungen:
Die Verwaltung hatte den Planungsausschusses am 06.09.2018, den Wohnungs- und
Liegenschaftsausschusses am 11.09.2018, den Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Wissenschaft
am 12.09.2018 sowie den Finanzausschuss am 18.09.2018 über die geplante Vorgehensweise zum
städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzept als Fachbeitrag zur Überarbeitung des Regionalplans
Köln informiert.
Die Fachausschüsse hatten die Verwaltung übereinstimmend beauftragt, in enger Abstimmung mit der
StädteRegion Aachen die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die
Entwicklung interkommunaler Gewerbegebiete - unter den in der Septembervorlage (FB
61/1007/WP17) genannten Maßgaben - zu konkretisieren und einen Umsetzungsvorschlag zu
erarbeiten. Außerdem hatte der Planungsausschuss die Verwaltung beauftragt, spätestens in der
ersten Sitzung 2019 einen entsprechenden Kriterienkatalog vorzulegen.
Zwischenzeitlich haben Abstimmungen sowohl mit der StädteRegion, als auch mit der AGIT, welche
mit der Erarbeitung des städteregionalen Gewerbeflächenkonzeptes beauftragt ist, stattgefunden.
Diese Vorgehensweise war erforderlich, da die offenen Fragestellungen und Maßgaben sowohl die
Mustervorlage der StädteRegion als auch das zugrundeliegende städteregionale
Gewerbeflächenkonzept der AGIT betrafen.
In diesem Zusammenhang fand am 14.11.2018 ein konstruktives Abstimmungsgespräch mit
Vertretern der AGIT statt, in dessen Folge eine Überarbeitung und Aktualisierung des
städteregionalen Gewerbeflächenkonzeptes erfolgte. Die vorliegende, als Anlage beigefügte Fassung,
berücksichtigt nun die von der Verwaltung und den Fachausschüssen bemängelten Aspekte und
Formulierungen.
Darüber hinaus fand am 28.11.2018 eine Sitzung der „Arbeitsgruppe städteregionale
Gewerbeflächen“ bei der StädteRegion Aachen statt in der ein Konsens der beteiligten Kommunen zu
der überarbeiteten Fassung hergestellt werden konnte.
Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung vor, das städteregionale Gewerbeflächenkonzept in
der vorliegenden Fassung als Fachbeitrag zur Überarbeitung des Regionalplanes in enger
Abstimmung mit der
StädteRegion Aachen bei der Bezirksregierung einzureichen.
In der oben genannten Sitzung am 28.11.2018 hat die StadteRegion außerdem darüber berichtet,
dass zur Konkretisierung der organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für
die Entwicklung interkommunaler Gewerbegebiete kurzfristig Expertisen von qualifizierten Experten
eingeholt werden sollen. Es bestehen gute Aussichte, diese aus Mitteln der StädteRegion finanzierte
Beauftragung, gefördert zu bekommen.
Vorlage FB 61/1107/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 08.01.2019
Seite: 2/3
Auf dieser Grundlage und den gewonnenen Erkenntnissen wird die Verwaltung in enger Abstimmung
mit der StädteRegion Aachen dann einen konkreten Umsetzungsvorschlag zur Entwicklung
interkommunaler Gewerbegebiete erarbeiten und diesen in den Fachausschüssen vorstellen.
Anlage/n:
- Fachbeitrag Städteregionsweites Gewerbeflächenkonzept
Vorlage FB 61/1107/WP17 der Stadt Aachen
Ausdruck vom: 08.01.2019
Seite: 3/3
Abschlussbericht
Städteregionsweites Gewerbeflächenkonzept
1.
Hintergrund
Vorausschauende und nachhaltige Gewerbeflächenpolitik stellt das zentrale Instrument
kommunaler Standortvorsorge und Standortentwicklung dar, erst recht in Zeiten zunehmender Flächenrestriktionen und sich verschärfender Standortkonkurrenz. Im Rahmen der anstehenden Neuaufstellung des Regionalplans hat die StädteRegion Aachen auf Beschluss
des Städteregionsausschusses vom 13. Juli 2017 die AGIT mit der Erarbeitung eines „Städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes“ beauftragt. Ziel ist es, den Gemeinden ausreichende Spielräume für ihre Gewerbe- und Industrieflächenentwicklung zu bieten, d.h. für eine angemessene Ausstattung und Flexibilität zu sorgen, räumliche, Nutzungskonflikte zu minimieren und die Kräfte der zehn Kommunen interkommunal zu bündeln. Die Konzeption
wird im Rahmen des neuen Regionalplans, der einen Planungszeitraum bis zum Jahr 2035
umfasst, den Status eines Fachbeitrags „Gewerbe“ erhalten.
2.
Regionalökonomische Analyse
Als erster Schritt der Bearbeitung wurde von der AGIT eine regional- bzw. sozioökonomische
Analyse erstellt, die überblicksartig Erkenntnisse über Zustand und Entwicklungstrends der
sozialen Lage, des Wohlstands und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der StädteRegion
und der Stadt Aachen bietet. Schwerpunkte bilden die Bereiche soziodemographische Struktur, Beschäftigung und Unternehmen, Wirtschafts- und Innovationskraft sowie Arbeitslosigkeit und Sozialleistungen.
Im Zuge der von der AGIT erstellten regional- bzw. sozioökonomischen Analyse ging es im
Kern darum, einerseits durch einen Vergleich mit den umliegenden Kreisen (Düren, Euskirchen, Heinsberg) und dem NRW-Durchschnitt sowie andererseits mit strukturell ähnlichen
Verdichtungsräumen (Universitätsstädte Bonn, Münster, Braunschweig mit ihrem jeweiligen
Umland) sowie unter Verwendung von Zeitreihen aus der amtlichen Statistik strukturelle Besonderheiten, Entwicklungen und Trends aufzudecken, um damit grundlegende Erkenntnisse zur sozioökonomischen Lage in Stadt und StädteRegion Aachen gewinnen zu
können. Folgend werden die wesentlichen Erkenntnisse kurz dargestellt, wobei ein detaillierter Überblick der von der AGIT erstellten Abschlusspräsentation entnommen werden kann:
Gemäßigtes Bevölkerungswachstum bis 2025, danach ist mit Einwohnerrückgang zu
rechnen.
Demographischen Entwicklungen der StädteRegion Aachen werden kurz- und mittelfristig
zu keiner verminderten Flächennachfrage für Wohnen und Gewerbe führen, sondern sich
räumlich in gleichzeitig erfolgenden Wachstums- und Schrumpfungsprozessen sowie in
veränderten Infrastrukturbedarfen äußern.
Unterdurchschnittliche Kaufkraft; vor allem bezogen auf Haushalte deutlich unter regionalen Vergleichsgebieten sowie deutschlandweitem Mittel.
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Niedriges verfügbares Einkommen; vor allem gegenüber vergleichbaren Universitätsstädten zeigt sich deutlicher Rückstand, der in den letzten Jahren sogar noch zugenommen
hat!
Um Erklärungsmuster für die unterdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und
den hohen Anteil wirtschaftsschwächerer Bevölkerung der Stadt (und StädteRegion) Aachen
aufzudecken, konnten im Rahmen der sozioökonomischen Analyse verschiedene strukturelle
Einflussfaktoren identifiziert werden:
Ungünstiges Verhältnis von Studierenden zu Einwohnern,
ein hoher Ausländeranteil verbunden mit einer hohen Ausländerarbeitslosigkeit,
trotz sinkenden Arbeitslosenzahlen deutliche Zunahme von Altersarbeitslosen,
ungünstiges Verhältnis von Arbeitslosen zu erwerbsfähiger Bevölkerung
Darüber hinaus spielt auch die Grenzlage (Stichwort „Halbkreisökonomie“) als Einflussgröße
für ein niedrigeres Wohlstandsniveau im deutschlandweiten Vergleich eine Rolle. Den angesprochen Kriterien „hohe Anzahl an Studierenden" und "Grenzlage" wohnen jedoch ebenfalls
positive Effekte inne. So ist die hohe Studierendenanzahl eine positive Kennziffer für den
Forschungs- und Wissenschaftsstandort Aachen, da die große Anzahl Studierender ein
enormes Fachkräftepotential für die Unternehmenslandschaft darstellt. Die Grenzlage steht
einerseits für einen dynamischen, international geprägten Wirtschaftsstandort, andererseits
behindert sie beispielsweise eine Gewerbeflächenentwicklung im Westen und politischadministrative, fiskalische und gesetzliche Strukturen sowie kulturelle Unterschiede (sprachliche Barrieren) sind ein Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung der StädteRegion
Aachen. Enge wirtschaftliche Verflechtungen über die Grenze hinweg bilden gerade bei den
strukturprägenden KMUs im Technologie- bzw. Dienstleistungssektor nach wie vor die Ausnahme, denn die Regel.
3.
StädteRegionaler Gewerbeflächenbedarf & Planungsabsichten
In enger Zusammenarbeit mit den städteregionalen Kommunen und unter Nutzung der aktuellen Ergebnisse der von der AGIT durchgeführten Untersuchung zur Harmonisierung von
Siedlungs- (sfm) & Gewerbeflächen-Monitoring (gfm®), durch die ein deutlich umfangreicheres und präziseres Bild über die gewerblichen Flächenreserven gewonnen werden konnte,
wurde im Rahmen des „Städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes“ die gewerbliche
Reserve- und Bedarfssituation analysiert.
Die Ermittlung der Gewerbeflächenreserven erfolgte zum einen auf Basis der von der Bezirksregierung Köln zur Verfügung gestellten und im Siedlungsflächenmonitoring (sfm) erfassten gewerblichen Reserven und zum anderen durch die in gisTRA® tagesaktuell von den
kommunalen Anwendern gepflegten Datensätze, ermittelten Flächenreserven. Die Gegenüberstellung der beiden Erfassungssysteme ergab einen Unterschied von insg. 180 ha. Das
sfm weist in der StädteRegion Aachen 570 ha (Stand Oktober 2017) an gewerblicher Flächenreserve auf, hingegen sind in gisTRA® insgesamt 390 ha (Stand Juni 2018) Reserveflächen erfasst. Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, wurden auf die in
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gisTRA® erfassten Reserveflächen (insg. 290 ha Netto) ein Brutto-Zuschlag von 20% (58 ha)
und die im sfm ebenfalls erfassten 43 ha MI-Reserven hinzugerechnet.
Die Hauptursachen für die Diskrepanz liegen im Wesentlichen an drei Faktoren:
1)
Brutto- bzw. Nettoerfassung von Gewerbeflächen: sfm-Reserven werden auf FNPEbene (Bruttobauland), gfm®-Reserven (mit Ausnahme mittelfristig verfügbarer Flächen)
auf B-Plan-Ebene erfasst.
2)
Datenaktualität: sfm-Daten berücksichtigen keine aktuellen bauleitplanerischen Entwicklungen und unterjährige Veränderungen im Gewerbeflächenbestand; während gfm®Daten im Idealfall tagesaktuell sind.
3)
Bearbeitungsqualität: Ob bzw. wie tiefgehend die Kommunen die von der BR Köln bereitgestellten individuellen Datensätze überprüft haben, ist nicht eindeutig; bei gisTRA®
handelt es sich um kontinuierlich überprüfte Realdatensätze.
Mit dem im Landesentwicklungsplan NRW festgelegten Ziel 6.1-1 wird definiert, dass die
Regionalplanungsbehörden den zukünftigen wirtschaftlichen Flächenbedarf nach einer landeseinheitlichen Methode zu berechnen haben. Demnach ist die Bedarfsermittlung als
Trendfortschreibung auf Grundlage des Siedlungsflächenmonitorings durchzuführen. Für
diese Trendfortschreibung, also die durchschnittliche jährliche Flächeninanspruchnahme
multipliziert mit der Zahl der Jahre des Planungszeitraumes, wären zwei Monitoringperioden
des Siedlungsflächenmonitorings erforderlich. Da das Siedlungsflächenmonitoring noch nicht
dem vorgegebenen Beobachtungszeitraum des LEP entspricht, werden die Bedarfe im Regierungsbezirk Köln mit der Berechnungsmethode GIFPRO* (Gewerbe‐ und Industrieflächenbedarfsprognose) ermittelt.
Für die StädteRegion Aachen wurde daher im Rahmen des Gewerbeflächenkonzeptes ebenfalls eine Bedarfsabschätzung nach GIFPRO vorgenommen. Anhand der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr 2015, fließt je nach Wirtschaftsbranche die Beschäftigtenzahl in unterschiedlichem Maße in die Berechnungsmethode ein. Durch die Berücksichtigung von empirisch ermittelte Flächenkennziffern nach Verdichtungsraum sowie standardisierten Reaktivierungs-, Verlagerungs-, Neuansiedlungsquoten und einem Planungsaufschlag von 20%, kann der zu erwartende Flächenbedarf einer Kommune ermittelt werden.
Da grundsätzlich jede Bedarfsberechnungsmethode mit Unsicherheiten behaftet ist, wurde
zusätzlich unter Verwendung detaillierter Zeitreihen des regionalen GewerbeflächenMonitorings auf Basis der in gisTRA® erfassten Realdatenbestände, eine Bedarfsermittlung
vorgenommen. Die durchschnittliche Flächeninanspruchnahme der vergangenen sechs Jahre, wird hierbei in die Zukunft fortgeschrieben (Trendfortschreibung) und nähert sich methodisch deutlich stärker an die durch die Landesplanung vorgegebene Monitoring-basierte Berechnung an als GIFPRO.
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Demnach ergibt sich nach GIFPRO ein Bedarf von 474 ha bzw. nach Trendfortschreibung
(basierend auf dem durchschnittlichen Jahresbedarf 2011 bis 2016) ein zu erwartender
(Mindest-)Flächenbedarf von 531 ha für die StädteRegion Aachen.
Abbildung 1: Gewerbeflächenbilanzierung in der StädteRegion Aachen: Reserven und
Flächenbedarfe
Quelle: AGIT.
Betrachtet man die gewerbliche Reserve- und Bedarfssituation der zehn städteregionalen
Kommunen, so zeigt sich ein deutlich heterogenes Bild. Die Spanne reicht von Kommunen,
die den ermittelten Bedarf theoretisch decken könnten (12,5 ha Überschuss), bis hin zur Stadt
Aachen, die ein zu erwartendes Defizit von ca. -147 ha aufweist. Es bleibt jedoch festzuhalten,
dass in sieben von zehn Gemeinden der rechnerische Bedarf bis zum Jahr 2035 nicht anhand
der Reserven gedeckt werden kann!
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Abbildung 2: Kommunale Bilanzierung: Reserven und Flächenbedarfe (in ha)
Quelle: AGIT.
Allerdings muss zwingend berücksichtigt werden, dass in die vorstehende Gewerbeflächenbedarfsberechnung und -bilanzierung die für die StädteRegion Aachen besonders relevanten
Sachverhalte bis dato nicht einfließen. Diese erkennbaren, spezifischen gewerblichen Zusatzbedarfe gilt es aber im Hinblick auf den Zeithorizont 2035 zu berücksichtigen.
Folgende Faktoren für den gewerblichen Zusatzbedarf konnten identifiziert werden:
Flächennachfragen, die nicht bedient werden konnten
Aus Hochrechnung der nicht bedienbaren gewerblichen Flächennachfrage (Angaben der
Kommunen) der letzten Jahre ergibt sich für die gesamte StädteRegion ein (vorsichtig geschätzter) Zusatzbedarf von mindestens 80 ha bis zum Jahr 2035.
Eigentumsverhältnisse/Spekulationsgefahr/Preisgefüge
Um die durch Grundstücksspekulationen privater Eigentümer (überzogene Preiserwartungen,
Erbauseinandersetzungen etc.) dem Gewerbeflächenmarkt faktisch entzogene Flächen auszugleichen, müssen zusätzliche Flächenangebote in einer Größenordnung von 50 ha geschaffen werden.
Strukturwandel Braunkohle („IRR-Zuschlag“)
Im Zuge der Neuaufstellung des LEP wurde in der letzten Legislaturperiode durch die damalige Regierung ein Zusatzbedarf durch den Wegfall von Arbeitsplätzen in der Braunkohle anerkannt. In einem Gutachten für die SPD Landtagsfraktion wurden für die damals noch 15.000
Beschäftigten im „Gewerbebetrieb Braunkohle“ bei einer Arbeitsplatzdichte von 30 – 40 Arbeitsplätzen pro Hektar ein Zusatzbedarf in einer Größenordnung von 500 ha für das gesamte
IRR-Gebiet festgestellt. Dies bedeutet für die StädteRegion Aachen, dass ein zusätzlicher Flächenbedarf von 110 ha besteht, für den ein entsprechendes Angebot mobilisiert werden muss.
* Reduzierung der Reservefläche aufgrund der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes Imgenbroich Nord-West.
**Abweichende Angaben der Stadt Aachen zu der in gisTRA® erfassten Reservesituation aufgrund des laufenden Planverfahrens.
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Anhaltender industrieller Strukturwandel und Grenzlage
Um die Nachteile des anhaltenden Strukturwandels und der Grenzlage auszugleichen, wird
der Kompensations- bzw. Zusatzbedarf für die StädteRegion Aachen bis 2035 auf mindestens
40 ha veranschlagt.
„Technologie“ als regionaler Standortfaktor
Für großmaßstäbliche Technologieprojekte, die insbesondere aus Forschungsinitiativen der
RWTH Aachen, wie z. B. dem StreetScooter, e.GO etc. entstehen, sollten in der Städteregion
Aachen bis 2035 zusätzlich 50 ha Fläche mobilisiert werden.
Überregional bedeutsame Standortfaktoren (Transportkorridore)
Die wachsenden Güterverkehrsströme zwischen den ARA-Häfen und dem europäischen Hinterland werden auch die Flächennachfrage in der StädteRegion Aachen in Bereichen wie
Transport, Logistik, Konfektionierung, Veredlung weiter anheizen; der hierdurch induzierte Zusatzbedarf wird auf mindestens 80 ha geschätzt.
Neben den „allgemeingültigen“ städteregionalen Mehrbedarfen, sollten auch die spezifischen
kommunalen Besonderheiten (Verkehrsanbindung, Altbergbau, Grenzlage, Bevölkerungsstruktur etc.) bei der Bedarfsermittlung nicht außer Acht gelassen werden.
In den ehemaligen Steinkohleförderungsbereichen erschweren die Gefährdungspotentiale des
Untergrunds die Erschließung von Gewerbeflächen und verteuern diese in einem erheblichen
Maße. Davon betroffen sind die Kommunen Alsdorf, Baesweiler, Eschweiler, Stolberg und
Würselen; in besonderem Maße betrifft diese Problematik allerdings Herzogenrath. Der Stadtteil Herzogenrath-Kohlscheid – der insbesondere für die technologie-orientierte Vermarktung
eine besondere Lagegunst aufweist – ist komplett im Gefährdungsbereich des altbergbaulichen oberflächennahen Eigentümerbergbaus. Da im Gegensatz zu den anderen betroffenen
Kommunen Herzogenrath im gegenwärtigen FNP kaum Alternativstandorte für eine gewerbliche Nutzung ausweist und somit in der Vergangenheit trotz einer hohen Nachfrage nur relativ
wenige Gewerbeflächen verkauft hat, wird die Gewerbeflächenprognose hier verzerrt. Hätte
Herzogenrath nur 8 ha Gewerbeflächen zusätzlich verkaufen können, würde die Bedarfsberechnung bis 2035 bei 59,6 ha liegen und entspräche den Reserve- und Potentialflächen. Der
gemittelte Bedarfswert der Trendfortschreibung (59,6 ha) und GIFPRO (29 ha) läge demnach
bei 44 ha.
Um den städteregionalen Kommunen auch im Jahr 2035 noch eine angemessene Ausstattung
und vor allem Flexibilität in der Flächendisposition (Flächenvorratspolitik) für die gewerblichindustrielle Entwicklung zu ermöglichen, wird der städteregionsspezifische, gewerbliche Mehrbedarfe auf mind. 400 ha beziffert. Eine Übersicht der quantifizierten Zusatzbedarfe für die
StädteRegion Aachen, ist in der nachstehenden Abbildung dargestellt
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Abbildung 3: Städteregionale Mehrbedarfe
Quelle: AGIT.
Im Rahmen der von der AGIT geführten Bürgermeistergespräche (11. - 29. Sept. 2017) wurden zunächst die kommunalen Planungsabsichten aufgenommen und erörtert, welche Flächen für den kommunalen Eigenbedarf bzw. für einen städteregionalen Gewerbeflächenpool
in Frage kommen. Insgesamt wurden von den städteregions-angehörigen Kommunen Planungsabsichten in einer Größenordnung von 500 ha angezeigt, die in eine regionalplanerische
Diskussion eingebracht werden können. Auch hier sind – aus unterschiedlichsten Gründen erhebliche kommunale Differenzen festzustellen. Während in der Gemeinde Roetgen aufgrund
von Flächenmangel keine weiteren Planungen umgesetzt werden können, sind in der Stadt
Eschweiler neue Planungsabsichten mit einer Gesamtgröße von 113 ha angezeigt worden.
Die Gesamtgröße der Planungsabsichten für den kommunalen Eigenbedarf beläuft sich auf
334 ha, die drei Teilflächen des interkommunalen Gewerbeflächenpools weisen eine Fläche
von 101 ha auf. Abbildung 4 gibt einen Überblick der Planungsabsichten auf kommunaler
Ebene (Priorisierungen / Details der Planungsabsichten können dem Anhang entnommen
werden).
Eine erste Überprüfung der Planungsabsichten hinsichtlich der potenziellen Neuausweisung
von Industrieflächen ergab, dass dieses in nur sehr begrenzten Umfang möglich ist. Flächenmäßig würden lediglich 12% der Planungsabsichten, also ca. 60 ha, eine GI-Ausweisung zulassen (z.B. aufgrund von Abstandsregelungen oder Bemaßung der Flächen). Daher könnte
die Ausweisung neuer Industrieflächen durch die interkommunale und kreisübergreifende Kooperation zwischen Alsdorf und Aldenhoven (Erweiterung Business Park Alsdorf) dazu beitragen, dass städteregionale Flächenportfolio aufzuwerten und den städteregionsweiten Bedarf
an GI-Flächen abzudecken.
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Abbildung 4 : Kommunale Planungsabsichten in der StädteRegion Aachen (in ha)
Quelle: AGIT.
In einem weiteren Schritt wurden diese Planungsabsichten einer ersten Überprüfung hinsichtlich umweltrelevanter Restriktionen unterzogen und in drei Kategorien eingestuft:
Tabuflächen: Ermittlung kategorisch auszuschließender Flächen (Tabuflächen), auf denen eine Bebauung per Norm oder aus anderweitigen Gründen ausgeschlossen oder nahezu unmöglich ist (FFH-Gebiete, Vogelschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Gesetzlich
geschützte Biotope, Wasserschutzzone I, II, Überschwemmungsgebiete, Bestehende
Siedlungsflächen).
Restriktionsflächen Stufe 1: Bildung von Abstandszonen um Schutzgebiete oder
schutzwürdige Bereiche (100 m Naturschutzgebiete, 300 m FFH-Gebiete & Vogelschutzgebiete, Flächen des Biotopverbunds) um Beeinträchtigungen zu vermeiden.
Restriktionsflächen Stufe 2: Identifikation von Flächen, die eine Zulässigkeit der Flächenentwicklung nicht gänzlich ausschließen, aber aufgrund ihres Schutzstatus, ihrer
Empfindlichkeit und / oder ihrer Schutzwürdigkeit Planungshemmnisse darstellen (Landschaftsschutzgebiete, Wasserschutzzone III, Flächen des Biotopverbunds besonderer
Bedeutung)
Im Ergebnis befinden sich in der StädteRegion Aachen lediglich kleinere Teilflächen in Stolberg und Monschau in der Restriktionsstufe 1. Alle übrigen Planungsabsichten sind entweder
von keiner Restriktion betroffen oder befinden sich innerhalb der Restriktionsstufe 2 und stellen somit aus regionalplanerischer Sicht kein bzw. lediglich ein geringes Planungshemmnis
dar.
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Abbildung 5: Umweltrelevante Überprüfung der Planungsabsichten
Quelle: AGIT.
4.
Handlungsempfehlungen
Die Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit in der Gewerbeflächenstrategie
und die gemeinsame Entwicklung eines städteregionalen Gewerbeflächenpools haben sich
als wichtige und zukunftsweisende Instrumente interkommunaler, vorausschauender und
nachhaltiger Gewerbeflächenpolitik im regionalen Kontext herauskristallisiert,
Hierzu hat die Bürgermeisterkonferenz am 05. März 2018 die Städteregion Aachen beauftragt,
mit Unterstützung der AGIT die Rahmenbedingungen (Organisationsform / LastenNutzenausgleich / Einbindung der Politik) zur Einrichtung eines Gewerbeflächenpools zu prüfen. Bekräftigt wurde die Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit in der StädteRegion Aachen durch die Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung der Bürgermeister am 28. August 2018.
Die gemeinsame Entwicklung (Planung, Realisierung und Vermarktung) neuer, marktfähiger,
bedarfsgerechter und qualitativ hochwertiger Gewerbegebiete (gute Verkehrsanbindung, zusammenhängende Flächen > 5 ha, GI-Flächen, logistikgerechte Bauvorschriften), böte die
Möglichkeit, die vorhandenen Flächenengpässe in der StädteRegion Aachen zu beseitigen
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und allen städteregionsangehörigen Kommunen eine möglichst große Flexibilität im Planungszeitraum bis 2035 zu ermöglichen.
Die angestrebte Entwicklung von interkommunalen und sogar kreisübergreifenden Gewerbegebieten in Alsdorf, Baesweiler und Aldenhoven in Verbindung mit Linnich, würde maßgeblich
zur Deckung des städteregionsweiten Bedarfes beitragen (z.B.: östl. Arrondierung Business
Park Alsdorf, Aldenhoven Testing Center, gemeinsame Flächenentwicklung mit Linnich im Zusammenhang mit der Nachnutzung des ehem. Zechengeländes „Emil Mayrisch“ in Siersdorf).
Mit dem Aldenhoven Testing Center (ATC) steht bereits eine leistungsfähige Testanlage für
die Fahrzeugtechnik der nächsten Generation zur Verfügung. Es ist geplant, den "Campus
Aldenhoven" gemeinsam zu einem interkommunalen und sogar kreisübergreifenden Gewerbegebiet zu erweitern.
Im Rahmen der Annäherung an verschiedene Formen der interkommunalen Zusammenarbeit
wurden weitere bilaterale Gespräche zwischen den städteregionalen Kommunen geführt. Hier
ist insbesondere die städteregional bedeutsame Planungsabsicht zwischen Aachen und Eschweiler im Bereich Kinzweiler zu nennen.
Auch die Kommunen Roetgen, Monschau und Simmerath verfolgen langfristig das Ziel, nach
der zunächst nur in Simmerath möglichen Gewerbegebietsentwicklung, durch eine verstärkte
Kooperation, die wirtschaftliche Weiterentwicklung durch die Bereitstellung ausreichender
Gewerbeflächen - auch interkommunal - zu sichern.
Es besteht eine besondere Herausforderung darin, dass einzelne Kommunen ihre festgestellten gewerblichen Bedarfe nicht auf dem eigenen Stadtgebiet decken können. Eine Kooperation mit Kommunen innerhalb der StädteRegion Aachen, die über ausreichend Reserven bzw.
Flächen verfügen, bietet sich daher an.
Im Rahmen der Erarbeitung des Städteregionsweiten Gewerbeflächenkonzeptes konnten drei
Poolflächen identifiziert werden:
Eschweiler: Weitgehend konfliktfreie, verkehrstechnisch sehr gut angebundene Flächen
entlang der L240 (zwei Teilgebiete ca. 113 ha von denen ca. 50 in den Gewerbeflächenpool eingebracht werden könnten); Ansiedlung regionaler Industrieunternehmen mit Fokus auf die Ansiedlung von hochwertigen Industrie- und Logistikunternehmen (zentraler
Strukturwandel-Gewerbestandort der Region)
Herzogenrath: 8 ha große Fläche südlich des TPH (mit Ausrichtung auf F&E- und hochschulaffine Dienstleistungen)
Würselen: Bereits regionalplanerisch gesicherte Fläche von 43 ha südlich des Flughafen
Merzbrück (Flugplatz-affines Gewerbe)
Im Zuge der Neuaufstellung des Regionalplans für den Regierungsbezirk Köln bringen die
Kommunen Aachen (ca. 73 ha), Stolberg (ca. 20 ha) und Roetgen (ca. 3 ha) ihre auf eigenem
Gebiet nicht mehr realisierbare Gewerbeflächennachfrage ein.
Die neue, multilaterale Gewerbeflächenkooperation wirft eine ganze Reihe von Fragen und
Klärungsbedarfen auf, die im Rahmen einer durch Dritte aufzuarbeitenden Finanz- und
Rechtsexpertise geklärt werden sollen.
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Die Vorteile eines Gewerbeflächenpools liegen:
in der gemeinsamen Wahrnehmung von Chancen und Risiken, in der Kosten- und Einnahmenverteilung je nach Wertigkeit der Fläche,
in der Verringerung des kommunalen Risikos,
in der Bündelung der Verwaltungs- und Finanzressourcen,
in dem flexiblen und nachfrageorientierten Handlungsspielraum bei der Flächendisposition,
in der flächensparenden Gewerbeentwicklung bzw. -lenkung des Flächenverbrauchs auf
geeignete Standorte,
in der Verbesserung der kommunalen und regionalen Wirtschaftsstruktur und Stärkung
der Wettbewerbsfähigkeit durch ein optimiertes Standortangebot.
Die Regionalplanaufstellung befindet sich derzeit noch in der Phase des informellen Planverfahrens. Kommunalspezifische Besonderheiten sowie Anmerkungen und / oder Bedenken
insbesondere hinsichtlich der von der BR Köln ermittelten Kennzahlen (Bedarfe / Reserven)
sollten der BR Köln schriftlich mitgeteilt werden. Ebenso sollten erstellte Gutachten von planerischer Relevanz (z.B.: Positivkarten für Altbaugebiete, o.ä.), sofern noch nicht geschehen, der
BR Köln übermittelt werden, damit vorhandene, nicht umweltrelevante Faktoren bei der Neuaufstellung des Regionalplans Berücksichtigung finden können.
Zudem regen wir im Sinne eines präventiven Strukturwandels an, die Poolflächen durch eine
Regionalplanänderung (2018 – 2020) für eine gewerbliche Nutzung zu sichern und diese nicht
erst in die Neuaufstellung des Regionalplans einzubringen (voraussichtlich nicht vor 2024).
AGIT mbH
Aachen, im November 2018
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Karte: Gewerbliche Planungsabsichten in der StädteRegion Aachen
Stadt Aachen: Auf Grund des laufenden Planverfahrens keine räumliche Konkretisierung der Planungsabsichten
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Priorisierung der kommunalen Planungsabsichten
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